Franz Tikal (Hrsg.) in Zusammenarbeit mit R. Bienemann und L. Heckmann Schneidkantenpräparation Ziele, Verfahren und Messmethoden Berichte aus Industrie und Forschung kassel university press Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar ISBN 978-3-89958-494-3 2009, kassel university press GmbH, Kassel www.upress.uni-kassel.de Druck und Verarbeitung: Unidruckerei der Universität Kassel Printed in Germany III Vorwort Der Produktionsstandort Deutschland ist gekennzeichnet durch seine inno- vative Leistungsfähigkeit, durch die sich trotz hoher Lohnkosten wettbe- werbsfähige und qualitativ hochwertige Produkte herstellen lassen. Damit die Wettbewerbsfähigkeit erhalten bleibt, ist eine ständige Verbesserung der Verfahren, deren Flexibilität, der Produktionsmittel und der Prozesssicher- heit unter der verstärkten Einbeziehung des Menschen notwendig. Die heutige flexible Produktionstechnik ist gekennzeichnet durch eine im- mer höhere Leistungsvielfalt. Werkzeuge müssen den Anforderung der hohen wechselnden Belastungen und der gleichzeitigen hohen Standzeit gerecht werden. Zusätzlich erschwert dies den Einsatz von Werkstoffen mit enormen Festigkeitseigenschaften. Im Bereich der Präzisionswerkzeuge erbringen Werkzeuge mit Geometrien, die die modernen Schneidstoffe und innovativen Beschichtungen berücksichtigen, ein völlig neues Leistungspro- fil. Einen wesentlichen Anteil haben dabei die Gestaltung der Mikrogeomet- rie der Schneidkante und die Topographie der schneidennahen Oberflächen. Das vorliegende Buch entstand aus einem Forschungsvorhaben, das sich mit der Kantenpräparation von Werkzeugschneiden beschäftigte. Inhalt des Buches ist es, eine Übersicht der auf dem Markt existierenden Verfahren zu geben. Dabei steht die Serienreife und die Einsatzfähigkeiten der Verfahren im Vordergrund. Zudem werden die Reproduzierbarkeit und die messtech- nische Erfassung der Kantenpräparation betrachtet. Anzumerken ist, dass sich sowohl die Verfahren als auch die Messtechnik auf diesem Gebiet in einer rasanten Entwicklung befinden. Die einzelnen Fachaufsätze lassen sich in • Grundlagen, • Kantenpräparationsverfahren und • Messtechnik gliedern. Das Buch gibt einen Überblick über die gängigsten Kantenpräparations- techniken und deren messtechnische Erfassung. Mein besonderer Dank gilt den Autoren der einzelnen Beiträge und allen Personen, die zur Erstellung dieses Buches beigetragen haben. Besonders erwähnen möchte ich hier Herrn Dr.-Ing. S. Holsten, Herrn Dr.-Ing. C. Cortes, Herrn Dipl.-Ing. R. Bienemann und Herrn Dipl.-Ing. L. Heckmann. Franz Tikal IV Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung und Zielsetzung 1 2. Grundlagen 3 2.1 Ziele 3 1 Ziele der Schneidkantenpräparation 3 2 Kantenarchitekturen und Verlauf 4 3 Wirkkette und Verbesserungsaspekte 7 4 Definition der Schneidkantenpräparation 8 5 Auswahl der Schneidkantenpräparation 9 6 Wirtschaftlichkeit 10 7 Zusammenfassung 11 8 Literatur 11 2.2 Mikroprozesse an der Schneidkante 12 1 Allgemeines 12 2 Präparationsverfahren 16 2.1 Strahlen 19 2.2 Bürsten 20 2.3 Schleppschleifen 20 3 Messtechnik 21 4 Verschleiß 22 4.1 Drehen 23 4.2 Bohren 23 4.3 Fräsen 23 4.4 Schneidstoffeinfluss 24 5 Beanspruchungen 24 5.1 Kräfte 25 5.2 Spannungen 26 5.3 Temperatur 26 V 5.4 Besonderheiten der Mikrozerspanung 26 6 Literatur 31 3. Präparationsverfahren 34 3.1 Bürsten 34 1 Prinzip 34 1.1 Parameter, welche die Größe der Kantenverrundung beeinflussen 35 1.2 Parametereinfluss auf die Form der Kantenverrundung 36 1.3 Reproduzierbarkeit der Kantenverrundung 37 2 Maschinen 37 2.1 Oszillationstisch 37 2.2 Planetenpoliertisch 38 2.3 Revolvertisch 39 2.4 Schwenkspindel 40 2.5 Bürst-Poliermaschine „BP-Smart“ 41 2.6 Bürst-Poliermaschine „BP-MX“ 42 3 Peripherie 42 3.1 Reinigung 42 3.2 Vermessung der Schneidkante 43 4 Anwendungen 44 4.1 Wendeschneidplatten 44 4.2 Bohrer 45 4.3 VHM-Schaftfräser 45 4.4 Gewindebohrer 46 4.5 Sägezähne 47 4.6 Schneidstempel und Matrizen 47 5 Ergebnisse 48 5.1 Radien 48 5.2 Oberflächenverbesserung 49 VI Inhaltsverzeichnis 5.3 Standzeitverbesserung 50 6 Grenzen 51 7 Literatur 52 3.2 Magnetfinishing 53 1 Verfahrensprinzip 54 2 Technische Realisierung 55 2.1 Kinematische Abläufe 55 2.2 Maschineller Aufbau 58 2.3 Prozesssteuerung 60 2.4 Automatisierung 61 3 Anwendungen und Ergebnisse 64 3.1 Feinstentgratung 64 3.2 Schneidkantenverrundung 65 3.3 Polieren von Oberflächen 67 4 Zusammenfassung und Ausblick 69 5 Literatur 70 3.3 Kantenpräparation an Wendeschneidplatten 71 1 Wichtigkeit der mikrogeometrischen Bearbeitung der Schneidkante 72 2 Schneidkanten werden über ihre Geometrie definiert 73 2.1 Typen von Schneidkantenarchitekturen 73 2.2 Definition der Verrundung 74 3 Übersicht von gängigen Fertigungsverfahren zum Kantenverrunden 76 3.1 Feinschleifen 76 3.2 Gleitschleifen 77 3.3 Bürstprozess 78 3.4 Trocken- bzw. Nassstrahlen 79 4 Wahl der Fertigungsverfahren 80 5 Messtechnik zur Erfassung der verrundeten Kante 81 VII 6 Leistungsvergleich der verschiedenen Formen 83 7 Einfluss der Kantenverrundung auf die Spanbildung 83 8 Literatur 86 3.4 Thermisches Entgraten - TEM 87 1 Der Grat 88 1.1 Gratdefinition 89 2 TEM 89 2.1 Thermische Entgratmethode 89 2.2 Verfahren 90 2.3 Vorteile des Verfahrens 91 2.4 Entgratqualität 92 2.5 Kantenverrunden 92 2.6 Anlagentechnik 92 2.7 Vor- und Nachbehandlung 93 2.8 Entgratbeispiele TEM 94 3 Vorrichtungstechnik 95 3.1 Beispiele Vorrichtungstechnik 96 4 Schlusswort 96 5 Literatur 97 3.5 Gleitschleppschleifen 98 1 Schleppschleifverfahren, ein modernes Verfahren zu Entgratung und Kantenverrundung von Werkzeugen. 98 2 Funktion der Maschine 100 3 Einflussparameter 102 3.1 Schleifmedia 102 3.2 Drehrichtung 105 3.3 Drehzahl 107 3.4 Bearbeitungszeit 109 3.5 Werkstückgröße 109 VIII Inhaltsverzeichnis 3.6 Eintauchtiefe 110 4 Bearbeitungsbeispiele 111 4.1 Entgraten von Zerpanwerkzeugen 111 5 Verrunden von Schneidkanten 112 6 Polieren von beschichteten und unbeschichteten Zerspanwerkzeugen 116 3.6 Kantenverrundungsprozesse vor dem Beschichten von Zerspanwerkzeugen 119 1 Eingangskontrolle / Entschichtung 119 2 Entgraten 120 3 Kantenverrundung 121 4 Beschichtung 124 5 Ausgangskontrolle 127 6 Zusammenfassung 128 3.7 Schneidkantenpräparation für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge 130 1 Schneidkantenpräparation von VHM-Bohrern 132 2 Schneidkantenpräparation von VHM-Schaftfräsern 134 3 Schneidkantenpräparation von Abwälzfräsern 140 4 Charakterisierung der Schichtgüte und ihre Abhängigkeit von der Schneidkantenpräparation 141 5 Schneidkantenpräparation nach dem Beschichten 143 6 Die wichtigsten Verfahren zur Schneidkantenpräparation 143 7 Zusammenfassung 144 8 Literatur 145 4. Messtechnik 146 4.1 Optische Messung von Schneidkanten 146 1 Optische Schneidkantenmessung - Grundlagen 146 1.1 Musterprojektions-Verfahren 147 1.2 Fokusbasierte Verfahren 151 IX 2 Optische Schneidkantenmessung - Durchführung 153 3 Vorteile optischer 3D- Messverfahren 156 3.1 Auflösungsgrenze taktiler Systeme 156 3.2 Auflösung optischer Verfahren 158 3.3 Nachweis der absoluten Messgenauigkeit 159 4 Software zur 3D-Bewertung von Schneidkanten 159 4.1 Beispiel einer automatischen Schneidkantenmessung 161 5 Ausblick 162 6 Literatur 162 4.2 Geometrie und Verschleißmessung von Schneidkantenverrundungen mit Fokus-Variation 163 1 Einleitung 164 2 3D Messung und Analyse von Werkzeugen 165 3 Resultate 171 4 Verschleißmessung an Kanten 171 5 Verschleißmessung an Ecken 173 6 Real3D – 360° Geometriemessung an Schneidwerkzeugen 175 7 Zusammenfassung 178 8 Literatur 179 Schlagwortverzeichnis 180 Autorenverzeichnis 186 Firmenverzeichnis 190 Abbildungsverzeichnis X Abbildungsverzeichnis Abb. 1.1: Beispiel einer Schneidkantenpräparation: (Verrundung) mit Beschichtung .......................................... 1 Abb. 1.2: Gestaltungsaspekte von Zerspanwerkzeugen ................... 2 Abb. 2.1: Verbesserung der Schneidkantenbedingung durch Schneidkantenpräparation (nach Cortes 2009) .................. 4 Abb. 2.2: Verschiedene Schneidkantenpräparationsgeometrien (Cortes, 2009)..................................................................... 5 Abb. 2.3: Verschiedene Verläufe der Schneidkantenpräparation:................................................. 6 Abb. 2.4: Wirkkette für die Verbesserung der Leistung eines Präzisionszerpanwerkzeugs (Cortes, 2009) ....................... 7 Abb. 2.5: Ziele der Schneidkantenpräparation (Cortes, 2009) .......... 8 Abb. 2.6: Berücksichtigte Faktoren bei der Wahl der Schneidkantenpräparation (Cortes, 2009).......................... 9 Abb. 2.7: Anteilige Kosten bei der Herstellung von Zerspanungswerkzeugen (Friemuth, 2002)...................... 10 Abb. 3.1: Charakterisierung der Schneidkantenarchitektur ............. 13 Abb. 3.2: Charakterisierung der Schneidkantenarchitektur ............. 14 Abb. 3.3: Asymmetrische Kantenprofile .......................................... 15 Abb. 3.4: Mögliche Präparationsverfahren ...................................... 17 Abb. 3.5: Wirkzusammenhänge bei der Kantenpräparation ............ 18 Abb. 3.6: Einfluss der Strahldüse auf das Arbeitsergebnis.............. 19 Abb. 3.7: Abtragvorgang beim Bürsten ........................................... 20 Abb. 3.8: K-Faktormodell................................................................. 22 Abb. 3.9: Auswirkung der Kantenpräparation.................................. 25 Abb. 3.10: Veränderung der Scherung am Schneidkeil................... 27 Abb. 4.1: Die Gleitbewegung der Bürste auf der Kante erzeugt eine Verrundung............................................................... 35 XI Abb. 4.2: Radienformen (v.l.: Wasserfall, exakter Radius, Trompete); S = Spanfläche; F = Freifläche....................... 36 Abb. 4.3: Oszillationstisch ............................................................... 38 Abb. 4.4: Planetenpoliertisch........................................................... 39 Abb. 4.5: Revolvertisch ................................................................... 40 Abb. 4.6: Schwenkspindel ............................................................... 40 Abb. 4.7: Bürstmaschine BP-Smart................................................. 41 Abb. 4.8: Bürstmaschine BP-MX..................................................... 42 Abb. 4.9: Das Konturenmessgerät “Novagraph” tastet die Schneidkante mechanisch ab........................................... 43 Abb. 4.10: Die eingelesene Messkurve wird auf einem Bildschirm sichtbar gemacht............................................. 44 Abb. 4.11: Wendeschneidplatten..................................................... 44 Abb. 4.12: Bohrerspanntrommel...................................................... 45 Abb. 4.13: Einsatz der Gerber MB-M Combi zur Bearbeitung von Schaftfräsern ............................................................. 46 Abb. 4.14: Revolvertisch ................................................................. 47 Abb. 4.15: HM-Stempel + Matrize ................................................... 48 Abb. 4.16: Einfluss der Bürstzeit auf die Radiusänderung .............. 49 Abb. 4.17: Oberflächenverbesserung durch Bürsten....................... 50 Abb. 5.1: Arbeitsprinzip für Schaftwerkzeuge.................................. 54 Abb. 5.2: Gleichmäßiger Bearbeitungsdruck über die Länge des Werkzeuges...................................................................... 56 Abb. 5.3: Selektive Auswahl der Bearbeitung.................................. 56 Abb. 5.4: Arbeitsprinzip für Tieflochbohrer ...................................... 57 Abb. 5.5: Magnetfinish-Prozessmodul............................................. 58 Abb. 5.6: Vielfalt der Anwendungen durch Baukastenprinzip.......... 59 Abb. 5.7: Datenbank mit Werkzeugdaten (blau) und Prozessdaten (rot) ............................................................ 61 Abb. 5.8: Automatische Magnetfinishmaschine mit Roboterführung des Werkzeuges..................................... 63 Abbildungsverzeichnis XII Abb. 5.9: Implementierung des Verfahrens in eine Werkzeugschleifmaschine................................................ 64 Abb. 5.10: HSS-Gewindebohrer M6, 2. Zahn; 80-fach vergrößert......................................................................... 65 Abb. 5.11: VHM-Kugelfräser D = 1,0 mm; 60-fach vergrößert......... 66 Abb. 5.12: TiN-beschichteter M8 Gewindebohrer............................ 68 Abb. 5.13: Rauhigkeitsprofil eines beschichteten Tieflochbohrers vor und nach Magnetfinish...................... 68 Abb. 6.1: Genormte Kantenformen.................................................. 74 Abb. 6.2: Verschiedene Kantengeometrien (B. Denkena, März 2005) ................................................................................ 75 Abb. 6.3: Mit Wendeschneidplatten bestückte Feinschleifanlage.... 76 Abb. 6.4: Gleitschleifanlage............................................................. 78 Abb. 6.5: REM-Aufnahme von verschieden bearbeiteten Schneidkanten auf Bohrwerkzeugen................................ 80 Abb. 6.6: Radienlehre, gemessen mit dem Messprogramm ODSCAD .......................................................................... 82 Abb. 6.7: Spanbildung (W. König, 1997) ......................................... 84 Abb. 6.8: Prozesskräfte in Abhängigkeit des Spanwinkels (Schumann, 2007) ............................................................ 85 Abb. 7.1: Innenliegender Grat, Bohrkappe ...................................... 88 Abb. 7.2: Durchgangsbohrung mit Bohrkappe................................. 88 Abb. 7.3: Werkstück mit Grat; Gratwurzel + Gratfahne = Grat ........ 89 Abb. 7.4: Thermisches Abtragen in der Fertigungstechnik.............. 90 Abb. 7.5: Entgratverfahren .............................................................. 91 Abb. 7.6: Entgratkammer ................................................................ 93 Abb. 7.7: Al-Steuerblöcke................................................................ 94 Abb. 7.8: Pneumatikbauteil vor TEM - nach TEM............................ 95 Abb. 7.9: Stahldrehteil vor TEM - nach TEM ................................... 95 Abb. 7.10: Kurzes Drehteil .............................................................. 96 Abb. 7.11: Gehäusebauteil.............................................................. 96 XIII Abb. 7.12: Hydraulikschieber........................................................... 96 Abb. 8.1: Schleppschleifmaschine................................................... 99 Abb. 8.2: Prinzipskizze Gleitschleppschleifen ............................... 100 Abb. 8.3: Aufnahme für Schaftwerkzeuge (angetriebener Halter) . 101 Abb. 8.4: Sonderaufnahme für Wendeschneidplatten (angetriebener Halter) .................................................... 101 Abb. 8.5: Angetriebener Halter mit Schnellspannaufnahmen für Schaftwerkzeuge............................................................ 101 Abb. 8.6: Walnussschalengranulat ................................................ 103 Abb. 8.7: HSC-Granulat ................................................................ 103 Abb. 8.8: SIX-Granulat .................................................................. 104 Abb. 8.9: QZ 1-3-Granulat............................................................. 104 Abb. 8.10: Rechtslauf .................................................................... 106 Abb. 8.11: Linkslauf....................................................................... 106 Abb. 8.12: Schneidkante Fräser HM, Linkslauf, nach 10min, r = 22 µm (Six 70/16)...................................................... 106 Abb. 8.13: Schneidkante Fräser HM, Rechtslauf, nach 10min, r = 33 µm (Six 70/16)...................................................... 106 Abb. 8.14: Maschinenkinematik Gleitschleppschleifen.................. 107 Abb. 8.15: HSS-Gewindebohrer vor Bearbeitung; starker Grat sichtbar........................................................................... 111 Abb. 8.16: HSS-Gewindebohrer nach Bearbeitung gratfrei und Kanten verrundet............................................................ 111 Abb. 8.17: Fräswerkzeug .............................................................. 112 Abb. 8.18: REM-Aufnahme, Schneidkante unbearbeitet ............... 113 Abb. 8.19: REM-Aufnahme, Schneidkante bearbeitet ................... 113 Abb. 8.20: REM-Aufnahme............................................................ 113 Abb. 8.21: Auswertung Messmaschine: Schneidkante Bohrer 10 mm unbearbeitet........................................................ 114 Abb. 8.22: Auswertung Messmaschine: Bohrer 10mm bearbeitet........................................................................ 115 Abbildungsverzeichnis XIV Abb. 8.23: Droplets vor Bearbeitung; 2000x vergrößert ................ 118 Abb. 8.24: Droplets nach Bearbeitung; 2000x vergrößert ............. 118 Abb. 9.1: Grate.............................................................................. 120 Abb. 9.2: Inhomogene Schneidkante nach dem Entgraten ........... 121 Abb. 9.3: Schneidkante (Fuß) nach dem Verrunden ..................... 121 Abb. 9.4: Schneidkante (Kopf) nach dem Verrunden .................... 122 Abb. 9.5: Messprotokoll der Schneidkantenverrundung................ 122 Abb. 9.6: Beschichtungstechnologie ARC..................................... 124 Abb. 9.7: Beschichtungstechnologie Sputtern............................... 125 Abb. 9.8: Oberflächenstruktur ARC-Beschichtung ........................ 125 Abb. 9.9: Oberflächenstruktur Sputter-Beschichtung .................... 126 Abb. 9.10: Thermische Isolierung des Substrates ......................... 126 Abb. 9.11: Querschliff AlTiN-Beschichtung (Nanocomposite) ....... 127 Abb. 9.12: Kalottenschliff unter der Mikroskop .............................. 127 Abb. 9.13: Rockwelleindruck ......................................................... 128 Abb. 9.14: Überblick Beschichtungsfabrik ..................................... 129 Abb. 10.1: Schartigkeit .................................................................. 131 Abb. 10.2: Die Schwerpunkte des Beitrages ................................. 132 Abb. 10.3: Einfluss der Schneidkantenpräparation beim Bohren mit beschichteten Vollhartmetallbohrern......................... 133 Abb. 10.4: Optimale Schneidkantenradien für zwei Werkstoffe..... 134 Abb. 10.5: Rattern beim Fräsen, verursacht durch zu scharfe Ecken ............................................................................. 135 Abb. 10.6: Verschleißverlauf beim Fräsen mit und ohne Schneideckenpräparation (Daten siehe Abb. 10.5) ........ 136 Abb. 10.7: Verschleissbilder der Rundfase nach Lf=60m Fräsweg nach Schneidkantenpräparationen mit verschiedenen Radien.................................................... 137 Abb. 10.8: Wichtigste Verschleißarten eines Abwälzfräserzahnes ....................................................... 140 XV Abb. 10.9: Schneidkantenpräparation von Abwälzfräsern durch nasses Mikrostrahlen...................................................... 141 Abb. 10.10: Charakterisierung der Schichtgüte an der Schneide.. 142 Abb. 10.11: Beeinflussung des Schichtverhaltens durch unterschiedliche Schneidkantenpräparationen............... 142 Abb. 10.12: Vor- und Nachteile der Schneidkantenpäparation nach dem Beschichten ................................................... 143 Abb. 10.13: Die wichtigsten Verfahren zur Schneidkantenpräparation und ihre wichtigsten Merkmale........................................................................ 144 Abb. 10.14: Die Schneidkantenpräparation ist ein integrierter Bestandteil moderner Beschichtungssysteme................ 145 Abb. 11.1: Automatisch gelegte Schnittlinien, Schartigkeit (ODSCAD Software)....................................................... 147 Abb. 11.2: Streifenprojektion mit Phasenauswertung.................... 148 Abb. 11.3: Konfokales Mikroskop, Prinzip ..................................... 151 Abb. 11.4: Schneidkantenmessung an einer Wendeschneidplatte mit dem Streifenprojektions- Verfahren........................................................................ 154 Abb. 11.5: Konturverfolgung an einer Ecke einer Wendeschneidplatte ....................................................... 155 Abb. 11.6: Auflösungsgrenzen durch Taster-Abmessungen ......... 156 Abb. 11.7: Einfluss von Messfehlern auf die gut/schlecht- Selektion......................................................................... 157 Abb. 11.8: Messgeräteprüfung an einem Schneidkantennormal (Streifenprojektion) ......................................................... 159 Abb. 11.9: Streifenprojektions-Sensor mit blauer LED- Lichtquelle, Schneidkantensoftware ............................... 160 Abb. 11.10: Automatisch erstelltes Messprotokoll einer stark gekrümmten, benutzten Schneidkante an der Ecke einer Wendeschneidplatte (Streifenmessverfahren)....... 161 Abb. 12.1: Hochauflösendes 3D Oberflächenmesssystem InfiniteFocus zur optischen Schneidkantengeometriemessung und Verschleißanalyse .......................................................... 166 Abbildungsverzeichnis XVI Abb. 12.2: Messprinzip der Fokus-Variation:................................. 167 Abb. 12.3: Schneidkante mit Verrundung und die von der Analysesoftware ermittelten Werte, a, b, h, r und K........ 168 Abb. 12.4: Schneidkante mit Negativfase und die von der Analysesoftware ermittelten Werte: ................................ 169 Abb. 12.5: Beispiel für die Einpassung eines Korbbogens inklusive Toleranzband zur Beurteilung von verlaufenden Verrundungen. .......................................... 169 Abb. 12.6: Bestimmung von Rauheitskennwerten entlang der Schneidkante.................................................................. 170 Abb. 12.7: Automatische Bestimmung des verschlissenen Materials durch Differenzanalyse. .................................. 171 Abb. 12.8: Ein mit InfiniteFocus erstellter 3D Datensatz des Bohrers zur Verschleißmessung..................................... 172 Abb. 12.9: 3D Datensatz der Kante............................................... 174 Abb. 17.10:Senkrecht zur Schneidkante extrahiertes Höhenprofil ..................................................................... 174 Abb. 12.11:3D Datensatz der Bohrerecke..................................... 175 Abb. 12.12: Volumenverschleiß an der Bohrerecke ...................... 175 Abb. 12.13: Motorische Dreh- und Schwenkeinheit zur Messung von Schaftwerkzeugen für die Real3D Messung. ........... 176 Abb. 12.14: 3D-Messung eines Fräsers ........................................ 177 Abb. 12.15: 3D-Messung eines Gewindebohrers.......................... 178 XVII Diagrammverzeichnis Diagramm 4.1: Verschleißtest ......................................................... 51 Diagramm 5.1: Einfluss der Kantenpräparation an HSS Bohrern (Reich, et al., 2007)................................................ 67 Diagramm 6.1: Vergleich der Verfahren auf Oberflächenrauheit..... 81 Diagramm 8.1: Kantenverrundung beim Einsatz verschiedener Granulate ............................................................. 105 Diagramm 8.2: Einfluss der Drehzahl auf Ecken- und Schneidkantenverrundung bei HM Fräsern.......... 108 Diagramm 8.3: Einfluss der Bearbeitungszeit auf die Größe der Verrundung .......................................................... 108 Diagramm 8.4: Schartigkeit eines HM-Fräsers.............................. 109 Diagramm 8.5: Eintauchtiefe mit schnellem Halter........................ 110 Diagramm 8.6: Eintauchtiefe mit langsamem Halter ..................... 110 Diagramm 8.7: Messergebnisse Schneidkante Bohrer 10mm unbearbeitet ......................................................... 114 Diagramm 8.8: Messergebnisse Schneidkante Bohrer 10mm bearbeitet ............................................................. 115 Diagramm 10.1: Verschleißverlauf beim Fräsen bei verschiedenen Radien der Schneidkantenpräparation im Vergütungsstahl (Daten siehe Abb. 10.7) ....................................... 138 Diagramm 10.2: Verschleißverlauf beim Fräsen mit verschiedenen Radien der Schneidkantenpräparation im Kaltarbeitsstahl ..... 139 Diagramm 10.3: Optimale Schneidkantenradien für zwei Werkstoffe in Abhängigkeit des Fräserdurchmessers ............................................ 140 Tabellenverzeichnis XVIII Tabellenverzeichnis Tabelle 4.1: Systematischer Versuchsplan Bürstbearbeitung .........36 Tabelle 5.1: Bezeichnung des Baukastenprinzips............................59 Tabelle 8.1: Einfluss der Bearbeitungszeit auf die erreichte Rauhigkeit .................................................................117 Tabelle 12.1: Kantenradien (µm) für 10 extrahierte Höhen- profile, sowie Mittelwert (Mitw.) und Standard- abweichung (Std.) vor und nach Gebrauch des Bohrers......................................................................173 C.J. Cortes, F. Tikal Grundlagen 1 Einleitung und Zielsetzung Die Forderung nach Konzepten zur Erhöhung der Produktivität bei gleich- zeitiger Steigerung von Produktqualität und Prozesssicherheit zur Senkung der Fertigungskosten ist ein stetes Ziel auch in der spanenden Fertigung. Moderne Werkzeugmaschinen mit deutlich erhöhtem Leistungsvermögen, einer hohen Verfahrensvielfalt zur Komplettbearbeitung in einer Maschine und einer gesteigerten Präzision verlangen nach einer gezielten Weiterent- wicklung der Präzisionswerkzeuge hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit, Flexibilität, Präzision, Standzeit und einer geringeren Umweltbelastung. Neben der Weiterentwicklung der Schneidstoffe und Beschichtungen sind die Anpassung der Makrogeometrie an die Bearbeitungsaufgabe und den Schneidstoff sowie die Verbesserung der Meso- und Mikrogeometrie der Schneide, derzeitige Entwicklungsschwerpunkte. Abb. 1.1: Beispiel einer Schneidkantenpräparation: (Verrundung) mit Beschichtung Die zuverlässige Kontrolle dieser Aspekte beeinflusst die Qualität und Zuverlässigkeit der Zerspanwerkzeuge. Im Bezug auf die Anwendung defi- niert der Schneidstoff die thermischen und mechanischen Eigenschaften. Diese Ausrichtung am geforderten Anforderungsprofil hinsichtlich Warm- härte, Verschleißfestigkeit und Zähigkeit des Schneidstoffes in Verbindung mit der Beschichtung und der Geometrie ist für die Leistungspotenziale der Werkzeuge entscheidend. Die Geometrie des Werkzeugs berücksichtigt den Keilwinkel, den Span- und Freiwinkel und andere makrogeometrische Einleitung und Zielsetzung 2 Merkmale um die Spanabnahme, die Spanbildung und den Spantransport durchzuführen und die Prozesskräfte aufzunehmen. Die Scheidkantenpräpa- ration (vergl. Abb. 1.1, Abb. 2.2, Abb. 2.7) hat dabei die Aufgabe die Schneide des Werkzeugs zu stabilisieren, die Schartigkeit der Kante zu reduzieren und damit günstige Voraussetzungen für die Bearbeitung und Maximierung der Standzeit der Werkzeuge zu schaffen. Abb. 1.2: Gestaltungsaspekte von Zerspanwerkzeugen C.J. Cortes, F. Tikal Grundlagen 3 Schneidkantenpräparation Ziele C.J. Cortes1 und F. Tikal2 Abstract: Die Schneidkantenpräparation (SKP) ist ein wesentlicher Aspekt bei der Entwicklung und Herstellung von Präzisionswerkzeugen. Dieses Kapitel präsentiert eine Einführung zum Thema der SKP mit folgenden Schwerpunkten: • Ziele des SKP, • Kantenarchitektur und Verlauf, • die generierten Wirkkette durch die Anwendung der SKP, • die Definition der SKP, • die Aspekte für der Auswahl der SKP und am Ende einige • wirtschaftliche Aspekte Schlagwörter: Schneidkantenpräparation, Schneidkantenradius, Schneidkantenverrundung, Präzisionswerkzeuge. 1 Ziele der Schneidkantenpräparation Eine gesinterte oder geschliffene scharfe Schneidkante weist eine Reihe von Mikrodefekten auf, wie z. B. Mikroausbrüche, Schartigkeit, Grate, Schäden auf der Oberflächen (im Kantenbereich der Span- und Freifläche), die oftmals Keimstellen für fortschreitende Schädigungen darstellen (Abb. 2.1 links). Diese Mikrodefekte generieren unstabile Schnitte, hohen Verschleiß, niedrige Zuverlässigkeit des Werkzeugs und eine Verschlechterung der 1[1] cjcortesr@unal.edu.co 2[2] tikal@uni-kassel.de Einleitung und Zielsetzung 4 Werkstückqualität. Eine gezielte Schneidkantenpräparation reduziert diese negativen Auswirkungen. Die Verfahren zur Schneidkantenpräparation generieren neben einer definierten Kantenkontur mit einer reduzierten Schartigkeit eine Stabilisierung der Schneide, eine Verbesserung der kan- tennahen Oberflächenstruktur und Oberflächenrauhigkeit sowie einen ver- besserten Spanablauf (Abb. 2.1 rechts). Dies führt zu einer Erhöhung der Standzeit und Prozesssicherheit der Werkzeuge und zu einer besseren Werkstückqualität (siehe Abb. 2.4). Abb. 2.1: Verbesserung der Schneidkantenbedingung durch Schneidkantenpräparation (nach Cortes 2009) 2 Kantenarchitekturen und Verlauf Die Schneidkante entsteht durch die Verschneidung von Span- und Freifläche beim Sintern oder Schleifen und einer oftmals nachgeschaltenen Feinbearbeitung. Sie weist folgende Formen auf: Scharfe Kante, Kante mit Verrundung, Kante mit Einfach- oder Doppelfase und Kombination von Fase plus Verrundung. C.J. Cortes, F. Tikal Grundlagen 5 Abb. 2.2: Verschiedene Schneidkantenpräparationsgeometrien (Cor- tes, 2009) Die Auswahl einer spezifischen Kantenarchitektur ist in Abhängigkeit der Anwendung (Drehen, Fräsen, Bohren, Feinbearbeitung, Hartbearbeitung, Hochgeschwindig-keitspanung) und im Zusammenhang mit dem Schneidstoff (HSS, Hartmetall, Keramik, CBN, PKD und der dazugehörigen Beschichtung) zu wählen. Neben der Form ist die Größe und der Verlauf der Schneidkanten- präparation von entscheidender Bedeutung. Eine Verrundung ist im Allgemeinen für die Schneidstoffe Diamant, PKD, HSS und Hartmetalle (HM) und für den Bereich der Feinbearbeitung zweckmäßig. (Schutz-) Fasen haben sich für CBN und Keramik, beim Einleitung und Zielsetzung 6 Hartdrehen und der Grobbearbeitung bewährt (Choudhury, 2005), (Fang, 2005). Wichtig ist, dass die gewählte Geometrie, bei der Spanung, innerhalb des Schneidkörpers Druckspannungen induziert, um bei Schneidstoffen mit niedriger Biegefestigkeit und Bruchzähigkeit, schädigende Zugspannungen zu reduzieren. Die Größe der Kantenpräparation ist normalerweise für HSS kleiner zu wählen, als für HM. Dies berücksichtigt, dass die Biegebruchfestigkeit und Bruchzähigkeit für HSS größer ist als für HM (Rech, 2005). Hinweis: die Fasenbreite liegt in der Regel in einem Intervall von 30µm < bn < 300µm und der Fasewinkel im Bereich von 10°< γb < 45°. Als Beispiel, eine gängige Schneidkantengeometrie für CBN Werkzeuge: bγ=150µm mit γb=15° oder eine Doppelfase mit bγ=150µm, bn=35µm, γb1=15° und γb2=30°. Zusätzlich ist eine Verrundung der Fasen mit rn=20µm zur weiteren Stabilisierung der Schnittkante bei schweren Schnitten zweckmäßig. Abb. 2.3: Verschiedene Verläufe der Schneidkantenpräparation: a) kontinuierlich b) diskontinuierlich, aber stetig c) diskontinuierlich und unstetig d) komplex Zusätzlich zur Schneidgeometrie und deren Größe ist der Verlauf der Schneidkantenpräparation ein wesentliches Kriterium. Abb. 2.3 zeigt verschiedene Verläufe von Schneidkantenverrundung. Der Verlauf bei rundlaufenden Werkzeugen mit radial angeordneten Schneiden z. B. bei Bohrwerkzeugen oder Stirnfräsern ist wegen der Variation der Schneidenwinkel und der unterschiedlichen Schnittgeschwindigkeit entlang der Hauptschneide, zu berücksichtigen. Ein besonderes Augenmerk ist dabei dem Übergang von der Hauptschneide in die Nebenschneide zu widmen. C.J. Cortes, F. Tikal Grundlagen 7 3 Wirkkette und Verbesserungsaspekte Eine gezielte Schneidkantenpräparation soll Defekte der Schneidkante beseitigen und eine definierte Kontur generieren. Die Reduzierung der Schartigkeit, die Änderung der Mikrostrukturierung der Span- und Freiflä- che bewirken eine Minimierung von lokalen Spannungsspitzen und damit eine Steigerung der Kantenfestigkeit. Dies beeinflusst die thermomechani- schen Variablen der Zerspanung (Temperatur- und Spannungsfeld), die Tribologischen- und Schmierungseigenschaften, die Spantrennung, die Spanbildung und den Spanablauf und bildet die Basis für nachfolgende Beschichtungen. Ebenso beeinflusst sie die Auswahl der Technologiewerte. Abb. 2.4: Wirkkette für die Verbesserung der Leistung eines Präzisi- onszerpanwerkzeugs (Cortes, 2009) Diese vorhergehenden Aspekte haben Auswirkungen auf die Stabilität der Bearbeitung, die Randzonenbeeinflussung, die Rauheit der bearbeiteten Werkstückoberflächen, die Genauigkeit der Bearbeitung und das Verhalten der Beschichtung. Das Ergebnis dieser Wirkkette (Abb. 2.4), ist bei einer guten Kantenpräparation eine deutliche Steigerung der Werkzeugstandzeit, eine Verbesserung der Bearbeitungsqualität und die Erhöhung der Prozess- sicherheit. Die beschriebene Wirkkette zeigt die Wichtigkeit der Schneid- kantenpräparation im Herstellungsprozess von Präzisionswerkzeugen. Einleitung und Zielsetzung 8 4 Definition der Schneidkantenpräparation Die Schneidkantenpräparation und besonders die Schneidkantenverrundung erfolgt durch einen Feinbearbeitungsprozess nach dem Schleifen bzw. Fertigsintern wodurch konvexe Oberflächenprofile erzeugt werden. Die Querschnitte dieser konvexen Oberflächen zeigt die Abb. 2.5. Generell hat der Präparationsprozess die Aufgabe die Schartigkeit der Schneidkante zu reduzieren und die Mikrostruktur der Span- und Freifläche im Schneidkantenbereich zu verbessern. Bei der Schneidkantenpräparation sind folgende drei Schwerpunkte zu berücksichtigen: • Stabilisierung der Schneidkante • Reduzierung der Schneidkantenschartigkeit • Verbesserung der Mikrostrukturierung und Oberflächenrauhigkeit der Span- und Freifläche Abb. 2.5: Ziele der Schneidkantenpräparation (Cortes, 2009) Die Änderung der Mikrostrukturierung steht im Zusammenhang mit dem Übergang von einer anisotropen Struktur (richtungsabhängig) zu einer leicht anisotropen oder einer isotropen Struktur. C.J. Cortes, F. Tikal Grundlagen 9 5 Auswahl der Schneidkantenpräparation Die Auswahl der günstigsten Verfahren zur Schneidkantenpräparation zur Erzeugung der geforderten Merkmale (Geometrie der Kontur, Schartigkeit und Mikrostrukturierung der Span- und Freifläche), sowie die Einhaltung der betreffenden Toleranzen für eine spezifische Anwendung hat in Abhän- gigkeit der multiplen Faktoren (Abb. 2.6) zu erfolgen: Dies sind z. B. der Anfangszustand der Kante (Größe der Mikroausbrüche, Schartigkeit, Grate, Größe der Schäden auf der Oberflächen, Anisotropie der Mikrostrukturie- rung, usw.). Abb. 2.6: Berücksichtigte Faktoren bei der Wahl der Schneidkanten- präparation (Cortes, 2009) Ebenso ist der Einsatz der Werkzeuge für die verschiedenen Bearbeitungs- verfahren (Drehen, Bohren, Fräsen, Hartbearbeitung, Hochgeschwindig- keitsspanen, Mikrozerspanung), die Bearbeitungsparameter (Schnittiefe, Schnittgeschwindigkeit, Vorschub, Kühlschmierung, Mindest- Spanungstiefe), der Werkstoff einschließlich seiner Wärmebehandlung (Zerpanbarkeit), die Makrogeometrie (der Spanwinkel, und die Variation der Spanwinkel im Verlauf der Schneidkante), der Schneidstoff (Eigen- schaften und Zustand des Substrats (Biegebruchfestigkeit, Bruchzähigkeit, Korngröße), und die Beschichtung (Beschichtungsarchitektur, Beschich- Einleitung und Zielsetzung 10 tungsdicke, Haftfestigkeit) von entscheidender Bedeutung. Diese Auswahl ist komplex und weist eine multiple Zielsetzung auf. Die Erstbestimmung der Kantenpräparation mit ihren Merkmalen und Toleranzgrenzen fordern umfangreiche experimentelle Versuche (Cortes, 2009). 6 Wirtschaftlichkeit Die Anwendung einer angemessenen Schneidkantenpräparation, durch ein geplantes, reproduzierbares und kontrollierbares Verfahren, ermöglicht die Realisierung eines hohen wirtschaftlichen Profits im Vergleich zu den Kos- ten der Kantenpräparation. Abb. 2.7 zeigt die anteiligen Kosten bei der Herstellung von Zerspanungswerkzeugen. Die Kantenpräparationskosten betragen zwischen 10% und 14% der Herstellkosten (Friemuth, 2002). Allgemein gilt, die Anwendung der Kantenpräparation impliziert für der Hersteller Mehrkosten von (10-14%) aufgrund der notwendigen Maschinen und Anlagen, Energie, Raumkosten, Fertigungslöhne, Instandhaltung und des Verbrauchsmaterials. Für den Anwender ergibt die Kantenpräparation ebenfalls eine Kostenerhöhung pro Werkzeug, die im Gegenzug zu einer Erhöhung der Standzeit, Reduzierung der Neben- und Lagerkosten und zur Erhöhung der Prozesssicherheit führt. Abb. 2.7: Anteilige Kosten bei der Herstellung von Zerspanungs- werkzeugen (Friemuth, 2002) Hinsichtlich die Erhöhung der Standzeit zeigen Versuche in diesem Zu- sammenhang, die Größenordnung der Verbesserung (Denkena B, 2005) (Biermann D, Weinert K, Felderhoff F, Mohn T, Terwey I, 2008) (Rech J, 2006). Beim Bohren wurde eine Erhöhung der Standzeit von ca. 360% erreicht. C.J. Cortes, F. Tikal Grundlagen 11 In der gleichen Weise wurde für Fräsen eine Erhöhung der Standzeit um das Vierfache gegenüber der Standzeit von Werkzeugen mit scharfer Kante ermittelt. Beim Feindrehen lag die Erhöhung bei ca. 200% (Cortes, 2009). Damit sind die Präparationskosten von 10 – 14% gerechtfertigt. 7 Zusammenfassung Die Schneidkantenpräparation ist ein wesentlicher Abschnitt der Werkzeugherstellung und auch der Werkzeugaufbereitung. Er verlangt aber das notwendige Wissen über die vielfältigen Herstellverfahren sowie über die notwendige zu erzeugende Geometrie für das jeweilige Werkzeug und dessen Einsatzbedingungen. 8 Literatur Biermann D, Weinert K, Felderhoff F, Mohn T, Terwey I (2008) Die Werkzeugherstellung als Schlüssel zu optimalen Zerspanprozessen. In: VDI-Z Integrierte Produktion, August 2008:20-22 Cortes Rodriguez CJ (2009) Cutting edge preparation of precision cutting tools by applying micro-abrasive jet machining and brushing. Dissertation. Universität Kassel Choudhury IA, See NL, Zukhairi (2005) Machining with chamfered tools. In: Journal of material processing technology 170: 115-120 Denkena B (2005) Lasertechnologie für die Generierung und Messung der Mikrogeometrie an Zerspanwerkzeugen: Ergebnisbericht des BMBF Verbundprojektes GEOSPAN. DIN (1988) DIN 6582: ergänzende Begriffe am Werkzeug, am Schneidkeil und an der Schneide Fang N, Wu Q (2005) The effect of chamfered and honed tool edge geometry in machining of three aluminium alloys. In: International Journal of machine tools and manufacture 45: 1178-1187 Friemuth T (2002) Herstellung spanender Werkzeuge. VDI Verlag, Düsseldorf Rech J (2005) Cutting edge preparation and surface issues. In: International conference smart solutions for metal cutting, HSS Forum, Aachen. Rech J, Yen YC, Schaff M, Hamdi H, Altal T, Bouzakis K (2005) Influence of cutting edge radius on the wear resistance of PM-HSS milling inserts. In: Wear 259:1168-1176 Rech J (2006) Influence of cutting edge preparation on the wear resistance in high speed dry gear hobbing. In: Wear 261:505-512 Risse K (2006) Einflüsse von Werkzeugdurchmesser und Schneidkanten- verrundung beim Bohren mit Wendelbohrern in Stahl. Dissertation. RWTH Aachen. 12 Mikroprozesse an der Schneidkante Grundlagen Mikroprozesse an der Schneidkante S. Holsten3 Abstract: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über wesentliche Aspekte der wissenschaftlichen Forschung zum Thema Kantenpräparation im Bereich spanabhebenden Formgebung. Die mikroskopischen Eingriffsbedingungen werden dabei genauso behandelt wie die Beanspruchungen, der Verschleiß und Aspekte der Messtechnik Schlagwörter: Stand der Technik, Grundlagen 1 Allgemeines In der Zerspanung werden unterschiedliche Schneidkantenpräparationen eingesetzt, um die Schneidkante zu stabilisieren, Kerbverschleiß zu reduzieren, die Oberflächenqualität zu erhöhen oder bei der Grobbearbeitung die Schneidkante durch eine Schutzfase zu entlasten. Die Schneidkantenarchitektur beeinflusst dabei die Ausprägung der Deformationszonen, die Temperaturverteilung, die Eigenspannungen und die Schnittkräfte, sodass Verschleißbeständigkeit und Oberflächenintegrität des Bauteil maßgeblich von der Schneidkantengestaltung abhängen. (Yen, Y.C., Jain, A., Altan, T. 2004). Abb. 3.1 zeigt unterschiedliche Aspekte der Schneidkante, die benutzt werden können, um eine Schneidkantenpräparation vollständig zu 3 Dr. Sven Holsten, sven.holsten@phoenixcontact.com S. Holsten Grundlagen 13 beschreiben. Zu nennen sind vor allem die Art und das Ausmaß der Kantenverrundung. Daneben spielen die Oberflächentopografie sowie die Schartigkeit des Kantenprofils eine entscheidende Rolle. Aber auch Keil- und Spanwinkel tragen ihren Teil zur Wirkung der Kantenpräparation bei, da sie festlegen, in welchem geometrischen Eingriffverhältnis der Schneidkeil wirkt. Letztendlich bestimmt gerade das geometrische Eingriffsverhältnis über die Schneidwirkung und Stabilität des Schneidkeils. Abb. 3.1: Charakterisierung der Schneidkantenarchitektur Günstige Schneidkantenarchitekturen beeinflussen die Leistung eines Zerspanwerkzeugs auf zwei Weisen. Zum einen kann durch die Kantenpräparation die Zuverlässigkeit moderner Schneidstoffe merklich erhöht werden. Zum anderen wird das Versagen der Schneidkante herausgezögert und somit die Standzeit merklich erhöht. Die Werkzeugendkunden realisieren somit drastische Kostenreduzierungen und Leistungssteigerungen. Und das unabhängig von der Frage, ob konfektionierte Standard- oder Spezialwerkzeuge eingesetzt werden. In der Vergangenheit hat die Kantenpräparationstechnologie mit der rasanten Entwicklung des Schneidstoffsektors kaum mitgehalten, daher wird derzeit im Kantensektor geforscht. Und obwohl die Fertigungsprozesse der Werkzeugentwickler in höchstem Maß effektiv sind, bleibt ein Bedarf an Kantensäuberung und Kantengestaltung bestehen. Dabei ist die Anwendung der Präparationstechnologie für viele Anwender mehr Kunst als Wissenschaft, und Gleitschleifen gilt meist als prozesssichere 14 Mikroprozesse an der Schneidkante Fertigungsalternative, die vor allem durch die Anlagenflexibilität und das Anwenderwissen begrenzt ist. Problematisch ist der Umstand, dass bei dem Verfahren die Schneidenecken meist zu stark bearbeitet werden, und das Arbeitsergebnis schwer zu steuern ist, da die Ausgangsqualität der Bauteile sehr stark variiert. Infolgedessen sind die Streubreiten der Präparationen groß und Kantenpräparationsprobleme stehen an der Tagesordnung (Schaffer, Bill. 2005). An eine ideale Schneidkantenverrundung werden eine Reihe von Anforderungen gestellt. So müssen die präparierten Kanten anwendungstechnischen Anforderungen (Geometrie, Variabilität) genügen, wobei die Streuung innerhalb enger Grenzen liegen muss. Darüber hinaus müssen unterschiedliche Eingangsbedingungen (Schartigkeit, Grat, Abmaße) gezielt einstellbar sein. Insbesondere die Reduzierung von Graten sowie der Schartigkeit ist eine Grundvoraussetzung, um reproduzierbare Kantengeometrien zu erzeugen (Denkena, B. (Hg.) 2005). Die Gestalt der Schneidkantenarchitektur hat in der Mesozerspanung deutlichen Einfluss auf das Arbeitsergebnis. Die damit verbundenen Zerspanvorgänge rücken derzeit in das Forschungsblickfeld, um den Verschleiß zu minimieren, die Standzeit zu maximieren oder Mikro- / Meso- / Nanozerspanung durchzuführen (Fang, N. 2003). Mögliche Kantenprofile zeigt Abb. 3.2: Abb. 3.2: Charakterisierung der Schneidkantenarchitektur Die Schneidkantenpräparation besteht entweder aus einem Anfasen oder dem Anbringen einer Verrundung an die Schneidkante. Beim Anfasen entstehen neue scharfe Schneiden, die bei längerem Einsatz wiederum zu S. Holsten Grundlagen 15 Ausbrüchen führen können. Zudem entstehen höhere Kräfte bei der Bearbeitung mit gefasten Werkzeugen als bei Verrundeten. Ein weiterer Vorteil verrundeter Schneidkanten ist, dass bei einer Vergrößerung der Spanungstiefe die Bearbeitungskräfte weniger steigen als bei Gefasten. Dies ist direkt auf den wirksamen Spanwinkel an der Schneidkante zurückzuführen. Entlang der Fase bleibt der Spanwinkel konstant negativ, und die Schnittkräfte steigen stärker an (Denkena, et al. 2002). Die Erforschung des Einflusses der Schneidkantengeometrie war bisher auf den mittleren Kantenradius beschränkt. Aktuelle Erkenntnisse zeigen jedoch, dass auch die Mikroarchitektur einen wesentlichen Einfluss auf die Zerspankräfte und den Werkzeugverschleiß hat. Symmetrische Kantenverrundungen stellen in der Praxis aber eher die Idealisierung dar. Darüber hinaus zeigen asymmetrische Geometrien mitunter besseres Einsatzverhalten. Zur Charakterisierung der Asymmetrie wurde daher ein K-Faktor-Modell eingeführt. Abb. 3.3: Asymmetrische Kantenprofile Hierbei werden gerade Schneidkanten bis zum Scheitelpunkt unterstellt und die Abweichung von dieser Idealkontur numerisch bestimmt. Der K-Faktor stellt in diesem Zusammenhang das Längenverhältnis der Spanflächenabweichung zur Freiflächenabweichung dar. Zusätzlich ist der Abstand zwischen höchstem Kantenpunkt und idealem Schnittpunkt (Δr) sowie die Winkellage der zugehörigen Verbindungslinie anzugeben. Ein kleines Δr bezeichnet somit ein scharfkantiges Werkzeug, wohingegen K > 1 ein zur Spanfläche geneigtes Profil repräsentiert. Da das vorgestellte Modell die Spanungstiefe sowie den Anstellwinkel unberücksichtigt lässt, sind alle Kenngrößen wechselseitig abhängig, und ihre Wirkung kann nicht unabhängig im Zerspanprozess bewertet werden. Versuche belegen dennoch eine Abhängigkeit der Vorschub- und Abdrängkräfte sowie eine Unabhängigkeit der Schnittkraft vom K-Faktor (Denkena, B., Boehnke, D., Léon-Garcia, L. 2005). 16 Mikroprozesse an der Schneidkante 2 Präparationsverfahren Bei der konventionellen Kantenpräparation wird die Mikrogeometrie durch eine Prozesskette von Schleif-, Bürst-, Strahl- und Beschichtungsverfahren erzeugt. Dabei beruhen die Prozessparameter traditionell eher auf Erfahrungswerten, denn auf systematisch erworbenem Wissen. Die Qualitätsüberwachung erfolgt dabei bislang nur unter Laborbedingungen. Die Grundlagenversuche haben verfahrensabhängige Wirkungspotenziale ergeben. Beim Bohren sind demnach Standwegssteigerungen von bis zu 30 % durch große zur Spanfläche geneigte Kantenverrundungen möglich, während beim Drehen kleine symmetrische Radien vorteilhaft sind. Insgesamt kann laut einer repräsentativen Umfrage im Vorfeld eines BMBF-Projekts die Herstellzeit durch eine Optimierung der Kanten- präparationsmesskette um ein Drittel gekürzt und Kosten um 50 % gesenkt werden. Zusätzlich erhöht sich das Leistungsvermögen der Werkzeuge um bis zu 200 %. (Denkena, B. (Hg.) 2005) Die eingesetzten Präparationsverfahren sind in hohem Maß voneinander abhängig und beeinflussen sich wechselseitig. Daher ist es von großer Bedeutung, diese Wechselwirkungen zu verstehen und technologische Schnittstellen zwischen den Bearbeitungsschritten eindeutig und prozess- abhängig zu definieren. Unter den spanenden Fertigungsverfahren besitzt das Schleifen eine besondere Bedeutung. Aufgrund der Verfahrensvielfalt können unterschiedlichste Geometrien, Abtragraten und Oberflächen- qualitäten erzeugt werden. Geschliffene Hartmetall- und Cermet- Sinterlegierungen weisen aufgrund der Beanspruchung normalerweise hohe Druckeigenspannungen in der Randzone auf. Auftretende Probleme resultieren dabei häufig aus unzureichender Kühlung. Durch thermische Überlastung kommt es dann zu einer Schädigung der Binderphase und einer Versprödung der Werkstoffrandzonen. Die nachfolgende Kantenpräparation erfolgt großtechnisch überwiegend durch Strahlen oder Bürsten. (Denkena, B. (Hg.) 2005). S. Holsten Grundlagen 17 Abb. 3.4: Mögliche Präparationsverfahren Die Wahl des Präparationsverfahren richtet sich somit nach der angestrebten Schneidkantenarchitektur, deren Wirkzusammenhänge in Abb. 3.5 zusammengefasst sind. Die Wahl der Schleifrichtung hat dabei großen Einfluss auf die Kantenschartigkeit, die wiederum das Verschleißverhalten beeinflusst. Beim Strahlen der Schneidkante erfolgt der Abtrag mit Hilfe loser Abrasivkörner, die durch Trägermedien beschleunigt und auf die Schneidkante geschleudert werden. Durch die wiederholte Beanspruchung kleiner Teilbereiche beim Strahlen ermüden Bereiche der Schneidkante. Zusätzlich werden Druckeigenspannungen erzeugt. Beim Bürsten kommt dagegen überwiegend das Umfangsbürsten zum Einsatz (Denkena, et al. 2003). In Abhängigkeit vom gewünschten Kantenradius werden überwiegend drei Präparationsverfahren eingesetzt. Scharfe Kanten (r < 5 µm) entstehen demnach durch das Schleifen der Spanflächen. Mittlere Schneidkanten 18 Mikroprozesse an der Schneidkante (5 µm < r < 20 µm) können durch Mikrostrahlen der Span- und Freiflächen erzeugt werden. Bürsten der Schneidkanten erzeugt große Schneidradien (r > 20 µm). Strahlen und Bürsten zeichnen sich vor allem durch ihren geringen finanziellen Aufwand aus. Mit aufwendigen Hilfsmitteln können Kanten auch durch Magnetfinish oder Laserstrahlen präpariert werden. Die Radien liegen in diesem Fall im Bereich von 30 – 50 µm. Rotierende Werkzeuge stellen eine besondere Herausforderung dar, weil diese Werkzeuge für gewöhnlich komplexe Topografien besitzen. Reproduzierbare Arbeitsergebnisse sind insgesamt schwer zu erreichen, ebenso Radien kleiner 10 µm. Gleitschleifen zielt auf diese Anwendungsgruppe (Risse, K. 2006). Abb. 3.5: Wirkzusammenhänge bei der Kantenpräparation Zur Kantenverrundung kann Sandstrahlen, Bürsten oder Gleitschleifen großtechnisch eingesetzt werden. Durch die Bearbeitung erfahren die Werkzeuge effektiv eine Änderung der Oberflächenstruktur. Gleitschleifen erzeugt dabei homogene zuverlässige Verrundungen, wohingegen Sandstrahlen empfindlich auf veränderte Ausgangslagen durch Grate o. ä. reagiert. Ebenso wirken sich Strahldüse und Strahldauer extrem auf das Arbeitsergebnis aus. In der industriellen Fertigung ist darüber hinaus die für den Prozess erforderliche gleichmäßige Werkzeugrotation nicht zwangsläufig gegeben. Schließlich pflügen sich einige Aluminiumkörner tief in die gestrahlte Oberfläche ein, was den Beschichtungsvorgang S. Holsten Grundlagen 19 aufgrund der lokalen Leitfähigkeitsminderung stören kann (Rech, J. et al. 2005). 2.1 Strahlen Die Strahlverfahren haben sich für komplexe Schneidengeometrien als geeignet erwiesen, weil vergleichsweise gleichmäßige Verrundungen er- zeugt werden, und das Verfahren universell einsetzbar und flexibel ist. Während Strahlen mit feinen Aluminiumoxid Partikeln bzw. mit Hochdruckwasserstrahl keine signifikanten Geometrieänderungen hervorruft, bewirken größere Strahlmittel deutliche Radiuserhöhungen. Abb. 3.6: Einfluss der Strahldüse auf das Arbeitsergebnis Dabei ist der Abtrag an der Kante naturgemäß größer als an der Werkzeugfläche. Die punktuelle Belastung beim Aufprall einzelner Partikel bewirkt im Kantenbereich demnach stärkere Deformationen und Rissinitiierungen als auf der Werkzeugfläche. Somit können im Kantenbereich bei niedriger Belastung einzelne Karbide bzw. Korngruppen aus dem Sintergefüge herausgeschlagen werden, während die Werkzeugflanken unbeeinflusst bleiben. Die Abtragmenge ist abhängig von den Werkstoffeigenschaften, dem Keilwinkel und den beim Aufschlag der Partikel wirkenden Belastungen. Da die beschriebenen Mikroausbrüche stochastisch verteilt auftreten, entsteht die Verrundung kontinuierlich und folgt daher einer Zufallsverteilung (Denkena, B. (Hg.) 2005). 20 Mikroprozesse an der Schneidkante 2.2 Bürsten Die Verrundung mit rotierenden Korund-, Diamant- oder Siliziumkarbid belegten Bürsten hat sich für den Materialabtrag an der Schneidkante ebenfalls als sehr leistungsfähig erwiesen. Allerdings ist die geometrische Flexibilität der Schneidkantenformung eingeschränkt. Ein wesentlicher Nachteil ist in diesem Zusammenhang die unzureichende Bestimmung des Bürstenverschleißes. Abb. 3.7: Abtragvorgang beim Bürsten Eine enge Tolerierung der zu erzeugenden Schneidkantenverrundungen bzw. die Prozesssteuerung ist daher erschwert. Die Bürstverfahren umfassen eine Vielzahl von Stellgrößen. Neben dem Aufbau des Werkzeugs (Drahtbelegung, freie Drahtlänge, Drähtezahl oder Drahtdurchmesser, - form) sind technologische Parameter (Drehzahl, Eingriffstiefe, Eingriffswinkel, Bürstdauer) zur Eingriffcharakterisierung erforderlich. Durch die Prozessauslegung können unterschiedliche Ziele wie ein hoher Materialabtrag oder die Gleichmäßigkeit des Arbeitsergebnisses gesteuert werden. In der Regel liegen in der gebürsteten Fläche Druckeigenspannungen vor. (Denkena, B. (Hg.) 2005) 2.3 Schleppschleifen Durch Schleppschleifen können rotierende Werkzeuge gezielt verrundet werden. (Denkena, B. (Hg.) 2005) Das Verfahren scheint wegen seiner Kinematik geeignet, reproduzierbare kleine Radien (< 10 µm) erzeugen zu können. Die zu bearbeitenden Werkzeuge werden in der Schleppschleifmaschine in die Satellitenträger eingespannt, die ihrerseits mittels eines Trägerarms auf einer Kreisbahn durch den Behälter mit dem S. Holsten Grundlagen 21 Schleifmedium geführt werden. Das Aufprallen und Abgleiten des Mediums an den Werkzeugen erzeugt die Schleifwirkung an den betroffenen Stellen. Die Werkzeuge rotieren zusätzlich um die eigene Achse, was eine gleichmäßige Behandlung aller Werkzeugbereiche gewährleistet. Infolge wechselnder Hebelarmverhältnisse treten jedoch keine kritischen, kinematischen Änderungen der Anströmgeschwindigkeit auf. Grobes Schleifgranulat (> 2 mm) bewirkt eine unregelmäßige Kantenformung, wohingegen feines Korn (< 0,1 mm) gut regelbare Verrundungen erzeugt. Ein wichtiger Einflussfaktor ist die Eintauchtiefe. Größere Eintauchtiefen bewirken größere Radien bei konstanten Peripheriebedingungen. Die Standweguntersuchungen zeigen, dass verrundete Kanten bei gleicher Belastungsexposition weniger ausbrechen, was auf eine geringe Kerbschwächung infolge der Schartigkeitseinebnung durch das Gleitschleifen hindeutet. Der Hauptverschleiß tritt dann an der Schneidecke auf. Standwegerhöhungen von 360 % (unbeschichtet) sind realisiert worden. Bereits bei einer Verrundung von 4 µm tritt eine merkbare Kantenstabilisierung auf. (Risse, K. 2006) 3 Messtechnik Zur Messung der Kantenverrundung wird ein Sensor benötigt, der sowohl in der Tiefe als auch lateral eine sehr hochauflösende Messung erlaubt. Um eine Verrundung von 10 µm Radius zu vermessen wird idealerweise ein Auflösungsvermögen von weniger als 1 µm benötigt. Dies macht optische Sensoren zwingend erforderlich. Um günstige Messbedingungen zu erhalten, sollte die Probe annähernd symmetrisch zum Lichtstrahl ausgerichtet sein und günstige optische Eigenschaften besitzen. Stark geneigte Messflächen bereiten diesbezüglich Probleme. Der Sensor sollte darüber hinaus dynamisch reagieren, da große Reflexionsgradienten auftreten. Taktile Messgeräte bereiten aufgrund der Tastspitzenproblematik z. T. Probleme. Im Bereich bis etwa 30 µm ist die Streifenlichtprojektion vorteilhaft. (Denkena, B. (Hg.) 2005) Bei der Entwicklung neuartiger Schneidkantearchitekturen ist die Bestimmung des mittleren Kantenradius häufig zu ungenau. Die Charakterisierung entsprechend des K-Faktormodells ist hier aussagekräftiger. Der K-Faktor ist das Verhältnis der Verlängerungen der geraden Span- und Freiflächen und indiziert, ob eine Schneidkante zur Span- oder Freifläche geneigt ist. Die Abflachung ist durch den Abstand zwischen idealem und realem Schnittpunkt repräsentiert. Das auf der Streifenlichtprojektion basierende Kantenmessgerät ermittelt die Kenngrößen automatisch und 22 Mikroprozesse an der Schneidkante reproduzierbar. Die zusätzliche Bestimmung der Schartigkeit ist im Wesentlichen eine Rauheitsmessung, bei der die Messposition an der Kantenspitze liegt. Die Messung muss auf dem höchsten Punkt erfolgen. Eine Anforderung, die mit kleineren Radien zunehmend schwerer ist. Für den Vergleich mit Messdaten nach dem Einsatz ist eine hochgenaue Ausrichtung der Messdaten erforderlich, die anhand der unverschlissenen Flanken von Span- und Freifläche durchgeführt wird. (Zepke, S. 2006) Abb. 3.8: K-Faktormodell Die Schneidkantenabschnitte des K-Faktor-Modells besitzen einen wesentlichen Einfluss auf den Zerspanprozess. Einerseits bestimmt der Freiflächenabschnitt die Reibverhältnisse zwischen Werkzeug und Bauteil (Kontaktlänge, Temperatur, Passivkräfte). Andererseits bestimmt das Verhältnis die Verschiebung des effektiven Spanwinkels bei geringen Spanungstiefen. Traditionell erfolgt die Kantenmessung taktil. 4 Verschleiß In Abhängigkeit des Fertigungsverfahrens und des eingesetzten Präparationsverfahrens wird unterschiedliches Verschleißverhalten nachgewiesen. Scharfe beschichtete Werkzeugkanten erhöhen S. Holsten Grundlagen 23 beispielsweise das Risiko eines vorzeitigen Werkzeugausfalls infolge der Spannungskonzentration in der Beschichtung. (Bouzakis, K.-D. et al. 2000) 4.1 Drehen Beim Drehen steigt der Verschleiß durch das Anbringen großer Verrundungen schneller an. Vorschub- und Schnittkraft steigen ebenfalls mit zunehmendem Radius an, allerdings steigt die Vorschubkraft stärker als die Schnittkraft. Bei sehr kleinen Freiflächenverrundungen wird die Kante jedoch instabil. Beste Ergebnisse liefert die sogenannte Wasserfallverrundung, bei der die Verrundung auf der Spanfläche nahezu doppelt so groß wie auf der Freifläche ist. Diese Werkzeuge zeigen auch die niedrigsten Temperaturen und niedrigsten Vergleichsspannungen. Die Verschleißform ändert sich in diesem Fall zunehmend von Freiflächen- in Kolkverschleiß. (Denkena, B. (Hg.) 2005) 4.2 Bohren Beim Bohren erhält man die größten Standmengen unabhängig von der Symmetrielage bei vergleichsweise großen Verrundungen. Falls kleine Verrundungen gewünscht sein sollten, sind zur Spanfläche verrundete Kanten sinnvoll. Allerdings ist die Kantenverrundung beim Bohren prinzipbedingt eher ungleichmäßig. Mit zunehmendem Kantenradius steigt in jedem Fall die Prozesssicherheit der Verrundung. Alle bisher genannten Verrundungsverfahren arbeiten beim Bohren eher integral und erlauben keine gezielte, variable Gestaltung der Kantengeometrie. Meistens werden die Verfahren nicht im Regelkreis betrieben und umfassen schwer steuerbare Randbedingungen. Ebenso ist der Einrichtprozess z. T. aufwändig. Alle Ergebnisse normal verrundeter Kanten zeigen veränderliche Kantengeometrien in einem breiten Toleranzband. Eine unkontrollierte Verrundung der Schneidenecke hat signifikanten Einfluss auf die Werkzeugleistungsfähigkeit. (Denkena, B. (Hg.) 2005) 4.3 Fräsen Beim Fräsen mit stärker auf der Freifläche verrundeten Werkzeugen wird die Schneide stärker thermo-mechanisch beansprucht. Dies verursacht einen zunehmenden Werkzeugverschleiß. Zudem sind die Werkzeuge instabiler, so dass Ausbrüche entstehen. Ist die Kante auf der Spanflächenseite etwas stärker verrundet, ist das Verschleißverhalten besser. (Denkena, B. (Hg.) 2005) 24 Mikroprozesse an der Schneidkante 4.4 Schneidstoffeinfluss 4.4.1 Hartmetall Beschichtete Hartmetall-Zerspanwerkzeuge verschleißen in Abhängigkeit der Kantenpräparation unterschiedlich. Der effektive Kantenradius setzt sich dabei aus Kantengeometrie und Schichtdicke zusammen. Verrundete Schneidkanten (35 µm) zeigen beim Fräsen bessere Schnittleistung mit deutlich erhöhter Standzeit. Dabei besteht eine Wechselwirkung zur Schnittgeschwindigkeit. Der Initialverschleiß ist wegen der größeren Reibfläche bei dem kleinen Radius zunächst kleiner, wächst im Eingriff aber überproportional an und überholt den großen Radius, was zu kürzeren Standwegen führt. Das Präparationsverfahren „Sandstrahlen“ trägt im Vergleich zum Gleitschleifen vor allem Bindermaterial aus der Oberfläche ab, was nachhaltig das Verschleißverhalten verschlechtert. (Bouzakis, K.- D., et al. 2003) 4.4.2 Schnellarbeitsstahl Das Verschleißverhalten von HSS-Wendeschneidplatten kann beim Fräsen durch verrundete Kanten stabilisiert werden. Insgesamt zeigen geringe Verrundungen das beste Verschleißverhalten beim Fräsen. (Rech, J. et al. 2005) Minimale Verrundungen (5 µm) führen dagegen zum Spontanausfall. Bei Radien im Bereich von 10 – 20 µm liegt ein lokales Optimum vor. (Rech, J. 2006) 5 Beanspruchungen Untersuchungen belegen die weitreichende Auswirkung der Kantenpräparation auf das Zerspanwerkzeug und dessen Leistungsvermögen. Abb. 3.9 bennent die wichtigsten Wirkzusammenhänge sowie deren Auswirkung auf das Zerspanungssystem. S. Holsten Grundlagen 25 Abb. 3.9: Auswirkung der Kantenpräparation 5.1 Kräfte Simulationen belegen, dass die Schnitt- und Vorschubkräfte mit der Kantenverrundung ansteigen, da die Scherung infolge der Stumpfung mehr Energie benötigt. Darüber hinaus bewirken reduzierte Scherwinkel einerseits dickere Späne und andererseits eine Ausweitung der Deformationszone. Zusätzlich steigt der Anteil der sogenannten Pflügarbeit. (Yen, Y.C., Jain, A., Altan, T. 2004) Erwartungsgemäß wird die Vorschubkraft dominant von der Kantenarchitektur (Verrundung / Schutzfase) beeinflusst, während die Schnittkraft dominant durch die Schnittgeschwindigkeit festgelegt ist. (Özel, T., Hsu, T.K., Zeren, E. 2005) Starke Wechselwirkungen bestehen zur Geschwindigkeit, zur Werkstückhärte und zum Vorschub. (Özel, T., Hsu, T.K., Zeren, E. 2005) Die Vorschubkraft wächst dabei kontinuierlich bis zum Wert der Schnittkraft an, wenn die Spanungstiefe in die Größenordnung der Kantenverrundung gelangt. Bei verrundeten Schutzfasen steigt die Vorschubkraft graduell mit dem Fasenwinkel, der Fasenbreite oder Fasenverrundung. Dementsprechend ist die Spanbildung bei scharfen Werkzeugen am einfachsten und am effektivsten. Gleichwohl kommt es zu einer Spannungskonzentration bei scharfen Werkzeugen, sodass der Kerbverschleiß hier höher ist. (Shatla, M., Kerk, C., Atlan, T. 2001) 26 Mikroprozesse an der Schneidkante 5.2 Spannungen Schneidkantenverrundungen erhöhen die Eigenspannungen in der Bauteiloberfläche und verlagern das Maximum der hydrostatischen Druckanteile tiefer in die Werkstückoberfläche, wobei die Dicke der beeinflussten Zone aber unverändert bleibt. Der Abstand des sogenannten Stagnationspunkts von der bearbeiteten Oberfläche wächst ebenfalls mit der Schneidkantverrundung. Infolge der ebenfalls auftretenden Temperatur- erhöhungen steigt bei Verrundungen auch das Risiko von Zugeigenspannungen und ggf. von Phasenumwandlungen. Bei Cr-Ni- Stählen ist deswegen auch das Risiko von Zugeigenspannungen infolge der geringen Wärmeleitfähigkeit stark erhöht. (Nasr, M.-N.-A., Ng, E.-G., Rahman, M., Elbestawi, M.-A. 2006) 5.3 Temperatur Die Maximaltemperatur der Scheidenspitze ist i. a. unempfindlich gegenüber Geometrieänderungen der Schneidkante. Demgegenüber steigt die Spanflächentemperatur nahezu linear mit dem Kantenradius. Ebenso wachsen die lokalen Umformgrade in der sekundären Scherzone mit dem Kantenradius, sodass an verrundeten Kanten mehr Energie dissipiert wird, die allerdings durch die größere Kontaktfläche großflächiger verteilt ist. Infolge dessen hängt die Temperatur parabolisch vom Kantenradius ab. (Yen, Y.C., Jain, A., Altan, T. 2004) Vergleicht man die Temperaturverteilung von verrundeten, gefasten und scharfen Werkzeugen, zeigt sich, dass das Temperaturmaximum unabhängig von der Kantenpräparation stets an der Spanfläche zu finden ist. Die Temperaturverteilung kann direkt durch die Kantenbearbeitung beeinflusst werden, d. h. die Lage des Maximums zur Schneidkante ändert sich. Die höchsten Temperaturen werden bei gefasten Werkzeugen gefolgt von verrundeten und scharfen Werkzeugen festgestellt. (M’Saoubi, R., Chandrasekaran, H. 2004) 5.4 Besonderheiten der Mikrozerspanung In der konventionellen Zerspanung können die Wirkmechanismen im wesentlichen auf Schervorgänge zurückgeführt werden. In der Mikrozerspanung versagen diese Beschreibungsmodelle jedoch vielfach. So kann das Schermodell beispielsweise nicht das duktile, aber scherspanfreie Spanbildungsverhalten spröder Materialien (Silikon, Glas) im Bereich der Mikrozerspanung erschöpfend erklären. Die Formgebung entspricht in diesem Bereich eher einem Extrusionsmodell, das mit Hilfe der Molekulardynamik begründbar ist. Darüber hinaus kann in der S. Holsten Grundlagen 27 Mikrozerspanung auch der Schneidkanteneffekt (ploughing, size-effect) nicht vernachlässigt werden. Tatsächlich sind die effektiven Spanwinkel (unabhängig vom Nennspannwinkel) stets negativ, sobald die Spanungstiefe kleiner als der Kantenradius ist. ⎟ ⎠ ⎞ ⎜ ⎝ ⎛ −+−= − R h eff 1cos 2 1 2 1 max, πγ (1) Dieser negative Spanwinkel erzeugt einen der Schneidkante im Werkstück vorlaufenden, nach unten gerichteten hydrostatischen Druckspannungs- zustand, der die Bruchzähigkeit erhöht und die Spanbildung bei spröden Werkstoffen erst möglich. Liegt die Spanungstiefe jedoch unterhalb der sogenannten Stagnationslinie treten nur noch nach unten gerichtete oder elastische Deformationsfelder auf, d.h. es findet keine Spanbildung mehr statt. Man spricht von „Pflügen“ (ploughing). Bei der Mikrozerspanung schert das Material nicht entlang der Scherebene, sondern wird nach oben extrudiert. Würde Scherung ablaufen, betrüge der Scherwinkel effmax,4 γρπφ +−= , wobei ρ den Reibungswinkel repräsentiert. Abb. 3.10: Veränderung der Scherung am Schneidkeil Dieser theoretische Scherwinkel ist in der Mikrozerspanung aber nicht nachweisbar. (Denkena, B. (Hg.) 2005) Die Höhe des Stagnationspunktes ist abhängig von der Kantengeometrie und steigt mit Radius oder Fasenbreite. (Rech, J. 2006) Verrundungen erzeugen mehr hydrostatische Druckspannungen als Schutzfasen. (Keong, C., et al. 2006) Bei der Mikrobearbeitung spröder Werkstoffe läuft die Spanbildung nur unterhalb einer kritischen Spanungstiefe ab. Durch Ultraschall lässt sich diese Grenze 28 Mikroprozesse an der Schneidkante nach oben verschieben, was auf eine Reduzierung der Pflügarbeit hindeutet. (Hagedorn, M. 2006) Bei der Zerspanung spröder Materialien (Glas o.ä.) existiert ein Übergang von sprödem zu duktilem Spangebungsverhalten, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind. Zum einen muss die Spanungstiefe kleiner als der Schneidkantenradius sein. Zum anderen muss der Schneidkantenradius im Nanometerbereich liegen. In diesem Größenbereich genügt das Stoffverhalten nicht mehr der kontinuummechanischen Betrachtungsweise der FEM, sodass molekular-dynamische Simulationen zuverlässiger sind. So erkennt man, dass in diesem Anwendungsfall die Vorschubkraft stets größer als die Schnittkraft ist. Darüber hinaus bewirkt eine Vergrößerung der Spanungstiefe eine Reduktion des hydrostatischen Drucks, wodurch sich die Hemmung der Risseinleitung reduziert. Vergrößert sich dagegen der Schneidkantenradius, reduziert sich die Scherspannung im Bereich der Schneidkante, bis ab einem bestimmten Niveau keine Spanbildung mehr stattfindet und das Material spröde einreißt. (Bouzakis, K.-D., et al. 2003) Im Bereich der Mikrozerspanung treten prinzipbedingt nur negative (effektive) Spanwinkel auf. Dies ist zwangläufig mit einer Steigerung der Pflügarbeit verbunden, sodass die Spanbildung instabil und unstetig abläuft. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die kritische Spanungstiefe. Diese hängt maßgeblich von der Kantengeometrie, d.h. der Werkzeugschärfe und dem Reibkoeffizienten zwischen Bauteil und Werkzeug ab. Beispielsweise ist die kritische Spanungstiefe umso niedriger je höher der Reibkoeffizient ist. Voraussetzungen für duktiles Spanen (spröder Materialien) ist demnach, dass die Spanungstiefe kleiner als der Kantenradius ist, und dass der Kantenradius im Nanometerbereich liegt. Der wirksame Reibwert setzt sich aus einem adhäsiven und einem Pflügreibanteil gleichermaßen zusammen. Der Pflügreibanteil beschreibt den Widerstand gegen das Eindringen beim Verformen eines Körpers. Der Gesamtreibwert hängt von der Werkzeugschärfe und den tribologischen Eigenschaften wie der Gleitgeschwindigkeit, der Oberflächengüte und dem Kontaktgebiet bzw. der Temperatur ab. Der Zusammenhang zwischen kritischer Spanungstiefe und Reibwinkel lautet: ⎟ ⎟ ⎠ ⎞ ⎜ ⎜ ⎝ ⎛ ⎟ ⎟ ⎠ ⎞ ⎜ ⎜ ⎝ ⎛ −−⋅= 24 cos1 min, μρπ Rh krit (2) wobei (Nasr, M.-N.-A., Ng, E.-G., Rahman, M., Elbestawi, M.-A. 2006) ploughadhäsiv N T F F μμμ +== (3) S. Holsten Grundlagen 29 Duktile Spanungsvorgänge bei ursprünglich spröden Materialien wie Glas oder Silizium sind das Resultat hydrostatischer Druck- und Scherspannungszustände in der Deformationszone, durch welche die Spannungsintensität der Bruchfestigkeit (KI) reduziert wird. Darüber hinaus kann die Streckgrenze erhöht sein. Bedingungen sind Schneidradien im Nanometermaßstab sowie Spanungstiefen unterhalb des Kantenradius. Die kritische Spanungstiefe ergibt sich durch 222 22 hRhffRRh krit −−−−= (4) wobei f den Vorschub und h die Spanungstiefe repräsentieren. Im duktilen Schnitt ist die Vorschubkraft größer als die Schnittkraft. (Fang, F.G., Wu, H., Liu, Y.-C. 2005) Mikro- und Nanozerspanung zeichnet sich durch eine Reihe von Besonderheiten wie abweichender Kraftverteilung, Größeneffekte, Spanform und Oberflächenmorphologie aus. Begründungen deuten auf nichtlinearen Energieumsatz durch plastische Verformung und Abstumpfung der Schneide als Ursachen des Größeneffekts. Werkzeuggeometrie (eff. Spanwinkel) bzw. Schärfe der Schneide legen den Kraftverbrauch und die minimale Spandicke fest. Ebenso spielt die Gefügestruktur eine Rolle. Es gibt Hinweise auf Einflüsse durch lokale Reibkoeffizienten. Alles zusammen deutet auf eine kritische Spanungstiefe von 0,3 × R hin. FEM Analysen zeigen, die Kaltverfestigung bewirkt höhere Vergleichsspannungen in der Deformationszone bzw. bearbeiteten Oberfläche sowie niedrigere Umformgrade in der primären und sekundären Scherzone. Darüber hinaus wirken die gleichen Verschleißeinflüsse wie bei der Makrozerspanung. Experimente zeigen, dass die Kringelung des Spans mit der Spanungstiefe und der Geschwindigkeit steigt. Die Verformungs- energie bleibt bis zu einer Spanungsdicke von 100 nm konstant, um bei kleinerer Dicke überproportional anzusteigen (Größeneffekt). Es muss bemerkt werden, dass bei H / R < 1 stets negative eff. Spanwinkel entstehen ⎟ ⎠ ⎞ ⎜ ⎝ ⎛ − = − r Hr 1 sinγ (5) Der Scherwinkel wächst mit der Spanungstiefe bis zu etwa 15000 nm, um danach wieder zu fallen Dabei liegt eine Wechselwirkung mit der 30 Mikroprozesse an der Schneidkante Schnittgeschwindigkeit vor. Es kann gezeigt werden, dass der Reibungskoeffizient )tan( )tan( γ γμ ⋅− ⋅+ = tc ct FF FF (6) ebenfalls nicht linear mit der Spanungsdicke ansteigt. (Reibungs-Größen- Effekt). Die Rauhigkeit steigt an, wenn h < R, was auf den Seitwärtsfluss beim Mikropflügen zurückgeführt werden kann (Fang, N. 2003). S. Holsten Grundlagen 31 6 Literatur Arefin, S.,Li,X.-P., Rahman,M., Liu, K. 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Mit der vorgestellten Bürst-Poliertechnologie der Firma Gerber lassen sich kostengünstige Mikrogeometrien mit definierten Radiengrößen von 0,005 bis 0,15 mm fertigen. Gleichzeitig wird eine Verringerung der Rauhigkeit und Schartigkeit der Schneide durch den Poliervorgang erzielt. Das Verfahren eignet sich für alle Seriengrößen und ist bei vielen Werkzeugherstellern weltweit im Einsatz. Schlagwörter: Bürsten, Mikrobearbeitung 1 Prinzip Lässt man eine Bürste, die mit Poliermittel bestrichen oder aus Borsten besteht in die das Poliermittel eingearbeitet ist, längere Zeit über ein scharfkantiges Metallstück gleiten, so stellt man fest, dass die Kanten verrundet wurden. Dabei hat die Aussenform des Metallstückes rund, 4 René Gerber AG, CH-3250 Lyss. E-mail:stefan.gerber@gerber-maschinen.ch 5 MAW Werkzeugmaschinen GmbH, D-71069 Sindelfingen. E-mail: jwagner@maw-gmbh.de S. Gerber, J. Wagner Präparationsverfahren 35 quadratisch, dreieckig oder gewellt, keinen Einfluss auf das Arbeitsergebniss. Eine regelmässige und reproduzierbare Kantenverrundung ist nur mit einer klar definierten Technik möglich. Abb. 4.1: Die Gleitbewegung der Bürste auf der Kante erzeugt eine Verrundung 1.1 Parameter, welche die Größe der Kantenverrundung beeinflussen Die folgenden Parameter beeinflussen die Grösse der Verrundung: Bürstendrehzahl, Bürstdauer, Zustelltiefe, Borstentyp, Borstendichte und das Poliermittel. (vergl. Tabelle 4.1) 36 Bürsten Tabelle 4.1: Systematischer Versuchsplan Bürstbearbeitung 6 1.2 Parametereinfluss auf die Form der Kantenverrundung Die Form der Verrundung wird durch die folgenden Parameter beeinflusst: Zustelltiefe, Winkel zwischen Bürstrichtung und Kante, Bürstendrehzahl, Bürstzeit und der Borstentyp. Dabei werden grundsätzlich drei Formen unterschieden: „Wasserfall“, „exakter Radius“ und „Trompetenform“. Abb. 4.2: Radienformen (v.l.: Wasserfall, exakter Radius, Trompete); S = Spanfläche; F = Freifläche 6 Schneidkantenpräparation, Prof. Dr. Tikal, M.Sc. C. Cortes, Universität Kassel 2007 S. Gerber, J. Wagner Präparationsverfahren 37 1.3 Reproduzierbarkeit der Kantenverrundung These: Mit der gleichen Bürste, den gleichen Maschineneinstellungen sowie dem gleichen Poliermittel wird man auf gleichen Werkzeugen immer auch das gleiche Ergebnis erzielen Ein Untersuchungsbericht zur definierten Schneidkantenverrundung an VHM-Spiralbohrern, welcher am Werkzeug-Forschungsinstitut GFE in Schmalkalden erstellt wurde, bestätigt diese These. Dort haben die Bürstversuche gezeigt, dass es durch das Verfahren Bürsten möglich ist, in Abhängigkeit vom geschliffenen Ausgangszustand der Bohrer, eine definierte Kantenverrundung reproduzierbar herzustellen.7 2 Maschinen Die GERBER Bürst-Poliertechnologie hat dank ihrer Vorteile Einzug bei nahezu allen großen und mittleren Werkzeugherstellern gefunden. Die Vorteile der Technologie liegen in der einfachen Beherrschbarkeit des Bürstprozesesses mit Genauigkeit im µ-Bereich, den geringen Investitions- und Prozesskosten sowie der Umweltfreundlichkeit. Für das Entgraten, das Anbringen definierter Schneidkantenverrundungen und das Polieren von Schneidwerkzeugen hat GERBER unterschiedliche Maschinenkonzepte realisiert. Allen Lösungen ist gemeinsam, dass eine oben angeodnete Tellerbürste die Schneidkanten bestreicht. 2.1 Oszillationstisch Für Werkzeuge bei denen die Schneidkanten in einer Ebene liegen (oder nahezu in einer Ebene), eignet sich ein Oszillationstisch. Die 7 GFE – Gesellschaft für Fertigungstechnik und Entwicklung e.V., Untersuchungsbericht zur definier- ten Kantenverrundung von VHM-Spiralbohrern, Dipl.-Ing. Petra Preiß, Juli 2006 38 Bürsten Rotationsbewegung des Werkzeugträgers gewährleistet eine gleichmäßige Verrundung an der gesamten Außenkontur der Schneide. Die Oszillationsbewegung des Tisches sorgt dafür, dass sich die Bürste über die ganze Standzeit plan abnutzt. Durch wechselnde Drehrichtungen der Bürste, wird ein Verlust der Borstenspannkraft vermieden. Abb. 4.3: Oszillationstisch Typische Anwendungen: Verrunden von Wendeschneidplatten, Schneidstempel und Matrizen, Bohrer- Stirnschneiden 2.2 Planetenpoliertisch Der Planetenpoliertisch eignet sich für die gleichen Anwendungsfälle wie der Oszillationstisch, ist jedoch für größere Stückzahlen konzipiert. Die Werkzeugträger führen, in Bezug zur Bürste, eine Oszillations- bewegung aus, da Tisch- und Bürstenachse zueinander versetzt sind Bei dieser Anordnung nutzt sich die Bürste plan ab. S. Gerber, J. Wagner Präparationsverfahren 39 Abb. 4.4: Planetenpoliertisch 2.3 Revolvertisch Für rotationssymmetrische Werkzeuge, welche am Aussendurchmesser bearbeitet werden sollen, wird ein Revolvertisch eingesetzt. Die Achse des Revolvertisches lässt sich in Bezug zur Bürstenachse verstellen, so dass das Werkzeug bezüglich der Bürste leicht oszilliert. 40 Bürsten Abb. 4.5: Revolvertisch Typische Anwendun- gen für Gewindebohrer, Bohrer, Schaftfräser 2.4 Schwenkspindel Die Schwenkspindel wird grundsätzlich auf dem Oszillationstisch aufgebaut. Sie hat im Vergleich zum Revolvertisch zwei Freiheitsgrade mehr. Sie ist horizontal im Bereich von –90° bis 90° und vertikal von 0° bis 90° schwenkbar. Abb. 4.6: Schwenkspindel Typische Anwendun- gen für Kugelfräser, Werkzeuge mit großem Drallwinkel, Einzel- werkzeuge. S. Gerber, J. Wagner Präparationsverfahren 41 2.5 Bürst-Poliermaschine „BP-Smart“ Abb. 4.7: Bürstmaschine BP-Smart Die BP-Smart ist mit dem Oszillationstisch (Abb. 4.3) ausgerüstet. Als Option kann sie zusätzlich mit der Schwenkspindel (Abb. 4.6) bestückt werden. Die BP-Smart eignet sich auf Grund ihrer Flexibilität hervorragend für kleine Serien oder für Forschung und Entwicklung. 42 Bürsten 2.6 Bürst-Poliermaschine „BP-MX“ 3 Peripherie 3.1 Reinigung Je nachdem, ob mit Bürsten und Polierpasten oder mit Polierkörnern durchsetzten Bürsten gearbeitet wird, müssen unterschiedliche Reinigungsverfahren angewendet werden. Nach der Bearbeitung mit Pasten kommen die Werkstücke leicht fettig aus der Maschine. Mit einem mehrstufigen Ultraschall-Reinigungsbad und Abb. 4.8: Bürstmaschine BP-MX Die BP-MX ist modular aufgebaut und mit einer Vielzahl und ständig erweiterbaren Optionen erhältlich: • Planetenpoliertisch (Abb. 4.4) • Revolvertische (Abb. 4.5) • Planeten- und Revolver-tische in abgewandelter Form, z.B. schwenkbar • luftgekühlter Arbeitsbereich • flüssigkeitsgekühlter Arbeitsbereich • automatische Zustelltiefe • automatische Pastenzuführung • Tischarretierung für automatische Beschickung S. Gerber, J. Wagner Präparationsverfahren 43 entsprechenden Reinigungszusätzen sind die Pasten und Materialabriebe problemlos zu entfernen. Wenn ohne Pasten, d.h. mit Polierkörnern durchsetzten Borsten verrundet wird, genügt zur Reinigung in der Regel ein wässriges Reinigungsbad. 3.2 Vermessung der Schneidkante Als Peripherie-Gerät zu den Kantenverrundungsmaschinen hat GERBER ein Werkstatt taugliches taktiles Präzisionsmessgerät entwickelt. Anhand der Messergebnisse lassen sich die Parameter der Maschine unmittelbar anpassen. Abb. 4.9: Das Konturenmessgerät “Novagraph” tastet die Schneid- kante mechanisch ab. 44 Bürsten Abb. 4.10: Die eingelesene Messkurve wird auf einem Bildschirm sichtbar gemacht 4 Anwendungen 4.1 Wendeschneidplatten Für Wendeschneidplatten aus Hartmetall, CBN, PKD und Keramik. kommt der Oszillationstisch (Abb. 4.3) oder der Planetentisch (Abb. 4.4) zur Anwendung. Abb. 4.11: Wendeschneidplatten S. Gerber, J. Wagner Präparationsverfahren 45 4.2 Bohrer Mit dem Verfahren werden primär die Stirnschneiden von VHM-Spiral- und Einlippen-Tieflochbohrern verrundet sowie die von HSS-Spiralbohrern entgratet. Diese Aufgabe wird mit dem Gerber Bürstverfahren sehr effizient gelöst. Die Bohrerspanntrommel (Abb. 4.12) wird dabei auf dem Oszillationstisch (Abb. 4.3) oder bei größeren Stückzahlen auf dem Planetenpoliertisch (Abb. 4.4) aufgenommen. Die Schneidecken müssen beim GERBER Verfahren nicht gesondert geschützt werden. Abb. 4.12: Bohrerspanntrommel 4.3 VHM-Schaftfräser VHM-Schaftfräser werden in der Schwenkspindel oder dem Revolvertisch gespannt. Die Verrundung der Umfangsschneiden lässt sich mit einem Revolvertisch realisieren. 46 Bürsten Abb. 4.13: Einsatz der Gerber MB-M Combi zur Bearbeitung von Schaftfräsern 4.4 Gewindebohrer Verrunden von VHM- sowie Entgraten von HSS-Gewindebohrern aufge- spannt auf einem Revolvertisch S. Gerber, J. Wagner Präparationsverfahren 47 Abb. 4.14: Revolvertisch 4.5 Sägezähne Bei der Bearbeitung von Sägezähnen erfolgt eine Verrundung der Schneid- zähne aus HSS, Bimetall oder Vollhartmetall. 4.6 Schneidstempel und Matrizen Schneidstempel und Matrizen aus Werkzeugstahl und Hartmetall werden auf dem Oszillationstisch (Abb. 4.3) verrundet 48 Bürsten Abb. 4.15: HM-Stempel + Matrize 5 Ergebnisse 5.1 Radien Jüngste Forschungsergebnisse belegen, dass es mit der GERBER Bürsttech- nologie möglich ist, eine definierte und reproduzierbare Schneidkantenver- rundung an Werkzeugschneiden zu fertigen. Die erzielbare Radiengröße liegt im Bereich 0,005 < r < 0,15 mm. Abb. 4.16 zeigt die Veränderung der Schneidkante in Abhängigkeit zur Bürstzeit am Beispiel einer HSS-Matrize. S. Gerber, J. Wagner Präparationsverfahren 49 Abb. 4.16: Einfluss der Bürstzeit auf die Radiusänderung8 5.2 Oberflächenverbesserung Durch den Bürstvorgang wird die von der Bürste bestrichene Fläche poliert und kann dadurch zu einem verbesserten Spanfluss führen. Wie die nachfol- gende Grafik9 zeigt, wird gleichzeitig die Schartigkeit der Schneide Rt redu- ziert. 8 Manufacturing Tool-Coating-Compatible Stamping and Fine Blanking Tool Surfaces, Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. F. Klocke, Dr.-Ing. C. Zeppenfeld, Dipl.-Ing. P. Mattfeld, Dipl.-Ing. M. Zimmermann, Laboratory for Machine Tools and Production Engineering, RWTH Aachen University, 2008 9 GFE – Gesellschaft für Fertigungstechnik und Entwicklung e.V., Untersuchungsbericht zur definier- ten Kantenverrundung von VHM-Spiralbohrern, Dipl.-Ing. Petra Preiß, Juli 2006 50 Bürsten Abb. 4.17: Oberflächenverbesserung durch Bürsten 5.3 Standzeitverbesserung Bürstversuche an der Universität Kassel belegen, dass durch die Schneid- kantenpräparation mit Gerber Bürst-Poliertechnologie eine signifikante Standzeitverbesserung der Werkzeuge erzielt wird. S. Gerber, J. Wagner Präparationsverfahren 51 Diagramm 4.1: Verschleißtest10 6 Grenzen Mit der GERBER Bürst-Poliertechnologie lassen sich generell alle zugäng- lichen Schneidkanten verrunden. Auf Grund der Prozesskinematik liegen die Einsatzgrenzen beim Verrunden von Stufenbohrern bei den unteren Stufen oder beim Polieren der Spiralnut von Bohrwerkzeugen. 10 Cutting-Edge Preparation with the BP-Smart Machine, Prof. Dr. Tikal, M.Sc. C. Cortes, Universität Kassel, Jan. 2008 52 Bürsten 7 Literatur Mattfeld, P.; Zimmermann, M. (2008) Laboratory for Machine Tools and Production Engineering, RWTH Aachen University W. Thiel Präparationsverfahren 53 Päparationsverfahren Magnetfinishing Dr.rer.nat. Wolfgang Thiel11 Abstract: Mit dem Magnetfinish-Verfahren ist es möglich, die Schneidkanten von Werkzeugen gezielt und reproduzierbar zu bearbeiten. Ebenso gelingt es durch Polierung der Span- und Freiflächen, die Reibung und die Adhäsion zwischen Werkzeug und Werkstoff wirksam zu vermindern. Das erschließt Potentiale für Standwegverlängerungen bzw. leistungsfähigere Schnittparameter. Das Verfahren kann sowohl als Vorbereitung einer Beschichtung, als auch zur Nachbehandlung eingesetzt werden. Die industriellen Anwendungen des Magnetfinishverfahrens zeichnen sich durch kürzeste Prozesszeiten und komplette Automatisierung aus. Schlagwörter: Magnetfinish, Kantenverrundung, Schneidkantenpräparation, Polieren, Reproduzierbarkeit, Automatisierung 11 Dr.rer.nat. Wolfgang Thiel Magnetfinish GmbH, CH 6370 Oberdorf NW, thiel@magnetfinish.com 54 Magnetfinishing 1 Verfahrensprinzip Das Magnetfinishverfahren zeichnet sich durch seine Universalität aus. Neben der Schneidkantenverrundung ist eine vorgängige Feinentgratung und eine nachgängige Politur der Span- und Freiflächen möglich. Letzteres sowohl vor, als auch nach dem Beschichten. Diese Vielseitigkeit liegt im Verfahrensprinzip begründet, das hier näher vorgestellt werden soll. Abb. 5.1: Arbeitsprinzip für Schaftwerkzeuge Das Magnetfinishverfahren arbeitet mit zwei speziellen Komponenten: a) einem rotierenden Magnetfelderzeuger und b) einem mitbewegtem magnetabrasiven Pulver Der Magnetfelderzeuger ist rotationssymetrisch aus einem Array von Per- mantmagneten aufgebaut. Das Korn des magnetabrasiven Pulvers besteht aus einem Gitter mit abrasiven und magnetischen Bestandteilen, welche fest miteinander verbunden sind. Die magnetischen Bestandteile haben die Funktion, das Pulverkorn im Magnetfeld zu halten, während die abrasiven W. Thiel Präparationsverfahren 55 Komponenten die Schneidfunktion bei der Relativbewegung zwischen dem Pulverkorn und der zu behandelnden Oberfläche übernehmen. Zur Bearbeitung von Schneidwerkzeugen wird der Magnetfelderzeuger als zylindrischer Körper (Magnetkopf) ausgeführt. Die Außenflächen des Zy- linders sind durch einen Mantel aus einem unmagnetischen Stoff z.B. Alu- minium umgeben, so dass die magnetischen Feldlinien nur an der inneren Flachseite des Zylinders austreten. Auf dieser Fläche haftet das permant- magnetische Pulver in einer Schichtdicke von 5-7mm. Zu dieser Fläche wird die zu bearbeitende Werkzeugoberfläche in einen definierten Abstand ge- bracht, so dass der Spalt zwischen Magnetfläche und Werkzeugoberfläche vollständig mit magnetabrasivem Pulver gefüllt ist. Bei Rotation des Magnetkopfes entsteht eine Relativbewegung des Pulvers zur Werkstückoberfläche. Diese ermöglicht die gewünschte abrasive Bear- beitung. Durch den Einsatz von Permanentmagneten wird eine besonders intensive Pulverhaftung erzielt, die einen hohen Arbeitsdruck des Pulvers auf die zu bearbeitende Oberfläche ermöglicht. Die magnetische Haftung des Pulvers erlaubt zudem eine extrem hohe Bahngeschwindigkeit der Pulverkörner relativ zur behandelten Oberfläche, die um den Faktor 5 grö- ßer ist als z.B. beim Schleppschleifen. So werden Prozesszeiten im einstelli- gen Sekundenbereich erzielt. 2 Technische Realisierung 2.1 Kinematische Abläufe Nur einer der beiden Magnetköpfe, der s.g. Arbeitskopf (in Abb. 5.1 der obere), leistet die Polierarbeit. Der zweite, schwächere Magnetkopf dient der Verteilung des magnetabrasiven Pulvers. Er wird deshalb nur mit 10% der Drehzahl des Arbeitskopfes angetrieben. Das zu bearbeitende Schaft- werkzeug wird symmetrisch zwischen den beiden Magnetköpfen positio- niert. Seine Drehung dient lediglich der gleichmäßigen Bearbeitung des Werkzeugumfanges und leistet keinen eigenen Beitrag zur Polierarbeit. Das magnetabrasive Pulver wird über die gesamte Länge des Werkzeuges gleichmäßig auf dessen Oberflächen gepresst (Abb. 5.2). So wird im Gegen- satz zu allen Verfahren mit abrasivem Schüttgut eine konstante Bearbei- tungsqualität von der Spitze des Werkzeuges bis zum Schaft erzielt. 56 Magnetfinishing Abb. 5.2: Gleichmäßiger Bearbeitungsdruck über die Länge des Werkzeuges Durch die Steuerbarkeit der Eintauchposition des Werkzeuges gelingt mit dem Magnetfinishverfahren eine nahezu vollständige Separierung der zwei Aufgabenklassen: a) Spannutpolierung und b) Kantenpräparation. Abb. 5.3: Selektive Auswahl der Bearbeitung W. Thiel Präparationsverfahren 57 Abb. 5.3 zeigt für die jeweilige Aufgabe die Einstellung der zwei kinemati- schen Prozessparameter, Drehrichtung des Arbeitskopfes und Eintauchposi- tion. In der Variante links läuft das magnetabrasive Pulver durch die Span- nut. In der Variante rechts gegen die Schneidkante. Eine besondere Bedeutung kommt der Spannutpolierung bei Tieflochboh- rern zu. Diese müssen auf ihrer gesamten Spannutlänge die entstehenden Späne schnell und reibungsarm abtransportieren. Adhäsion zwischen Span und Spannut kann schnell zum Versiegen des Spantransportes und in der Folge zum Bruch des Tieflochbohrers führen. Insbesondere beim Bohren von Stoffen großer Zähigkeit wie Aluminium und Titan ist eine Spannutpo- lierung für den High Speed Cutting Einsatz des Tieflochbohrers unabding- bar. Die über die Länge gleichmäßige Politur der Spannut von Tieflochboh- rern ist eine besondere Herausforderung. Das Gleiche gilt für die Schneid- kantenverrundung von Schaftfräsern, wenn deren axiale Erstreckung größer als der Radius der Magnetköpfe ist und der Verrundungsradius konstant über die gesamte Funktionslänge anzubringen ist. Das Magnetfinish Verfah- ren ist in der Lage, derartigen Herausforderungen mit einer speziellen Ki- nematik zu begegnen. Abb. 5.4: Arbeitsprinzip für Tieflochbohrer 58 Magnetfinishing Dabei wird das Werkzeug kontinuierlich zwischen den beiden Magnetköp- fen hindurchgezogen. Die Vorschubgeschwindigkeit dieser linearen Bewe- gung wird von der gewünschten Intensität der Bearbeitung gesteuert. Ein Limit für die Länge des zu bearbeitenden Werkzeuges existiert bei dieser Methode nicht. In der Praxis wurden Werkzeuge bis 30xD erfolgreich bear- beitet. Die hier beschriebenen kinematischen Abläufe prädestinieren das Magnetfi- nish Verfahren für die Bearbeitung unterschiedlichster schneidender Werk- zeuge. Im folgenden Kapitel wird die maschinentechnische Realisierung gezeigt. 2.2 Maschineller Aufbau Abb. 5.5 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Magnetfinish-Prozessmoduls. Die beiden Magnetköpfe 1 und 2 werden von Getriebemotoren angetrieben. Beide Einheiten sind auf den Schlitten einer Doppelführung montiert. Über diese wird der Abstand der Magnetköpfe an den Werkzeugdurchmesser adaptiert. Der Arbeitskopf und das ihm anhaftende Prozesspulver werden ständig mit einer Flüssigkeit gespült. Das befreit das Prozesspulver von den abgetragenen Materialbestandteilen (Mikrospänen) und steigert seine Stand- zeit. Gleichzeitig verhindert die Spülung eine Erwärmung der Werkzeuge. Abb. 5.5: Magnetfinish-Prozessmodul W. Thiel Präparationsverfahren 59 Dieses Prozessmodul ist die Basis für den Aufbau verschiedener anwen- dungsspezifischer Maschinenkonstruktionen nach dem Baukastenprizip. Abb. 4.6 zeigt als Beispiel den Aufbau einer Magnetfinish-Maschine zur Bearbeitung von Kreissägeblättern. Abb. 5.6: Vielfalt der Anwendungen durch das Baukastenprinzip Pos. Nr. Benennung Beschreibung 1 Sub-Modul 1 Station zur Bearbeitung von Zahnflanken 2 Sub-Modul 2 Station zur Kantenverrundung 3 Sub-Modul 3 Sägeblattantriebsstation 4 Spülsystem 5 Pulvernachfüllgerät (automatisch) 6 Pulververteiler (automatisch) Tabelle 5.1: Bezeichnung des Baukastenprinzips 60 Magnetfinishing Die Intensität der Bearbeitung der Zahnflanken wird durch die Achsverstel- lung am Sub-Modul 1 in Richtung y eingestellt. Bei der Kantenverrundung wird die Bearbeitungsintensität durch die x-Achse des Sub-Modul 2 einge- stellt. Die Adaption an unterschiedliche Durchmesser erfolgt im Zusam- menwirken der x-Achse des Sub-Moduls°1 mit der x-Achse des Sub- Moduls°2. 2.3 Prozesssteuerung Die Reproduzierbarkeit der Bearbeitungsergebnisse hängt wie bei jedem abrasiven Prozess von den Langzeiteigenschaften des Abrasivmediums ab. Beim Magnetfinish Verfahren gibt es zwei ständig wirkende Teilprozesse mit denen diese Abrasivwirkung konstant gehalten wird: a) Pulvernachdosierung Das Korn des Prozesspulver verschleißt durch Kontakt mit dem zu bearbeitenden Material, aber auch durch Reibung mit seinen Nach- barn. Wird eine bestimmte geometrische Korngröße unterschritten, wird das Korn nicht mehr im Magnetfeld gehalten und durch das ständig fließende Spülmittel abtransportiert. Dieser Verlust wird au- tomatisch gemessen und durch eine Dosiereinrichtung mit frischem Prozesspulver ausgeglichen. Durch diesen permanent wirkenden Kompensationsmechanismus bleibt die Verteilung zwischen älterem und neuerem Prozesspulver zeitlich konstant und so auch dessen Abrasivwirkung. b) Pulververteilung Die Pulverschicht weist plastische Eigenschaften auf. Das zu bear- beitende Werkzeug hinterlässt deshalb im Prozesspulver Bearbei- tungsspuren. Damit jedes neue zu bearbeitende Werkzeug die glei- chen Bedingungen vorfindet, wird zwischen zwei Bearbeitungen au- tomatisch eine Neuverteilung des Prozesspulvers vorgenommen. Da- zu fahren die beiden Magnetköpfe für eine kurzen Moment auf eine Distanz, in welcher die beiden Magnetfelder sich überlagern. Durch unterschiedliche Rotationsgeschwindigkeiten findet ein Austausch von Prozesspulver zwischen den Magnetköpfen statt. Außerdem wird das Prozesspulver auf jedem der Magnetköpfe gleichmäßig ver- teilt. Die konstant gehaltene Abrasivität des Prozesspulvers ist die Voraussetzung dafür, dass mit den gleichen kinematischen Parametern und der gleichen angewandten Bearbeitungszeit auch stets die gleichen Ergebnisse erzielt W. Thiel Präparationsverfahren 61 werden. Kinematische Parameter und Bearbeitungszeit werden unter einer frei wählbaren Werkzeugbezeichnung in einer Datenbank hinterlegt. Abb. 5.7: Datenbank mit Werkzeugdaten und Prozessdaten Jeder Werkzeugtyp wird über einen Datensatz definiert. Er besteht aus den das Werkzeug beschreibenden Daten und den Prozessparametern. Bei Neu- anlage eines Werkzeugtyps werden die Daten im Editiermodus eingegeben. Automatisch wird ein Vorschlag für die drei Prozessparameter, Pulversorte, Eintauchposition und Prozesszeit, erzeugt. Im Produktionsmodus müssen lediglich die Datensätze über ihre Namen bzw. Artikelnummern identifiziert und in die CNC-Steuerung geladen werden. 2.4 Automatisierung Aufgrund des kompakten Aufbaues der Komponenten und der konstanten Abrasivwirkung des Prozesspulvers bietet das Magnetfinish Verfahren beste Voraussetzungen zur Automatisierung. Prinzipiell zu unterscheiden sind Maschinen, welche die Werkzeuge mit NC-Achsen führen und solche, die 62 Magnetfinishing hierfür einen Roboter einsetzen. Beiden gemeinsam ist das Greifen der Werkzeuge an ihrem Schaft mittels 3-Backengreifer aus einem Werkzeug- magazin und das Führen in den eigentlichen Prozessraum zwischen die beiden rotierenden Magnetköpfe. Zwischen den Magnetköpfen können verschiedene vorprogrammierte Positionen eingenommen werden, um die gewünschten Wirkungen zu erzielen. Im Allgemeinen wird nur 1 Werkzeug in den Prozessraum eingeführt. Auf- grund der kurzen Bearbeitungszeiten (im Mittel 10-20s) sind dennoch hohe Durchsätze zu erzielen. Durch die Einzelbearbeitung ist es aber möglich, die Prozessparameter exakt an Geometrie und Bearbeitungsziel jedes Werk- zeugtyps anzupassen und somit ein stets optimales und reproduzierbares Ergebnis zu erhalten. Im mannlosen Betrieb gelingt damit die vollautomati- sche Bearbeitung unterschiedlichster Aufgaben, von der Polierung eines beschichteten 30xD-Tieflochbohrers bis zur Kantenverrundung eines 12mm Schaftfräsers in einem Durchgang. Dieser automatische Mischbetrieb prä- destiniert das Verfahren vor allem für die effiziente Bearbeitung kleiner Losgrößen bis herunter zu n=1. Abb. 5.8 zeigt eine Magnetfinish Maschine für die automatische Bearbei- tung von 120 Werkzeugen im Mischbetrieb. Die Maschine arbeitet mit zwei voneinander unabhängigen Werkzeugmagazinen. Das ermöglicht Be- und Entladung des einen Magazins, während die Werkzeuge des anderen Maga- zins bearbeitet werden. Nebenzeiten für das Be- und Entladen der Werkzeu- ge entfallen somit. Optional kann die Maschine so programmiert werden, dass die Werkzeuge nach ihrer Bearbeitung noch in ihrer Einspannung entmagnetisiert und im Ultraschallbad gereinigt werden. W. Thiel Präparationsverfahren 63 Abb. 5.8: Automatische Magnetfinishmaschine mit Roboterführung des Werkzeuges Der geringe Raumbedarf und die Automatisierung der Abläufe ermöglichen auch die Integration des Magnetfinish Verfahrens in bestehende oder ange- passte Bearbeitungsmaschinen. 64 Magnetfinishing Abb. 5.9: Implementierung des Verfahrens in eine Werkzeugschleif- maschine Abb. 5.9 zeigt die Einbindung des Magnetfinish Verfahrens in eine Werk- zeugschleifmaschine. Dabei kommt eine den räumlichen Gegebenheiten angepasste Bearbeitungseinheit, bestehend aus zwei angetriebenen Magnet- köpfen, zum Einsatz. Diese Einheit wird im Wechselmagazin für Schleif- scheiben gelagert. Nach der Geometrieerstellung des Werkzeugs mittels herkömmlicher Schleifscheiben wird diese Einheit automatisch eingewech- selt, um die Schneidkanten zu präparieren. Das zu behandelnde Werkzeug verbleibt dabei in seiner Einspannung. 3 Anwendungen und Ergebnisse 3.1 Feinstentgratung Grate an den Schneidkanten, hervorgerufen vom Schleifprozess, müssen beseitigt werden. Gratbehaftete Schneidkanten neigen beim Ersteinsatz des Werkzeuges zu Kantenausbrüchen und in der Folge zu beschädigten Ober- flächen bzw. vorzeitigem Werkzeugausfall. Das Magnetfinishverfahren ist geeignet, derartige Schleifgrate zu entfernen, weil es bei Wahl der entspre- chenden Prozessparameter die an der Schneidkante überstehenden Grate abbricht, ohne dabei die Frei- und Spanfläche zu stark in Mitleidenschaft zu ziehen. W. Thiel Präparationsverfahren 65 Abb. 5.10: HSS-Gewindebohrer M6, 2. Zahn; 80-fach vergrößert nach Schleifen: schartig u. grat- haltig 15s Magnetfinishing: Schartigkeit u. Grat beseitigt, Politur der Schleifriefen Abb. 5.10 zeigt das Ergebnis einer Entgratung, bei der gleichzeitig die Schartigkeit, die ebenfalls vom Schleifprozess herrührte, deutlich reduziert werden konnte. Die Feinstentgratung von Schneidkanten mit dem Magnetfi- nishverfahren geht bei länger gewählter Prozesszeit in eine Verrundung der Schneidkante im einstelligen Mikrometerbereich über. 3.2 Schneidkantenverrundung Neuere Forschungsergebnisse (Denkena, Kramer, et al., 2007) zeigen, dass durch eine anwendungsorientierte Kantenpräparation relevante Standweger- höhungen bis zum Faktor vier und darüber hinaus realisierbar sind. Mit dem Magnetfinishverfahren ist es möglich, auch die Schneidkanten von Mikro- werkzeugen gezielt zu präparieren. Abb. 5.11 zeigt die umlaufende gleich- mäßige Verrundung der Schneidkante eines 1mm Kugelfräsers. Neben der Schneidkantenverundung wurde auch eine Politur der Span- und Freiflächen erzielt, was die Oberflächenrauhigkeit und damit das Eindrehmoment we- sentlich verbesserte. 66 Magnetfinishing Abb. 5.11: VHM-Kugelfräser D = 1,0 mm; 60-fach vergrößert Vor MF-Bearbeitung: scharfe Kanten Nach 20s Bearbeitung: gleich- mäßige Kantenverrundung, R=5 µm Bei der Schneidkantenverrundung kommt dem Magnetfinishverfahren die Feinkörnigkeit seines Prozesspulvers zu Gute (wählbar zwischen 40 und 250 µm). Dadurch wird neben der erzielten Verrundung auch die Schartig- keit der Schneidkante eliminiert. Dieser Effekt stabilisiert die Schneidkante und minimiert Mikroausbrüche beim Ersteinsatz des Werkzeuges. Bei einer nachfolgenden Beschichtung werden durch Kantenpräparation Eigenspan- nungen der Beschichtung besser verteilt und dadurch die Schichthaftung erhöht (Morstein 2008). Die erreichbaren Standwegverlängerungen differieren mit dem zu spanen- den Material. Oftmals erbringt eine auf den Einsatzfall zugeschnittene Kan- tenpräparation kombiniert mit einer Standardbeschichtung eine größere Leistungssteigerung als die Wahl einer aufwändigeren Beschichtung ohne vorherige Kantenpräparation. /Diagramm 5.1/ zeigt die Standmengenzu- nahme mit TiN-beschichteten HSS-Bohrern. Links ohne Kantenpräparation und rechts mit (Exemplarstreuungen spiegeln unterschiedliche Einsatzbe- dingungen). W. Thiel Präparationsverfahren 67 Diagramm 5.1: Einfluss der Kantenpräparation an HSS Bohrern (Reich, et al., 2007) 3.3 Polieren von Oberflächen Ein weiteres Anwendungsgebiet für das Magnetfinish-Verfahren ist das Polieren der Frei- und Spanflächen. Bei Auswahl der entsprechenden Pro- zessparameter durchströmt das magnetabrasive Pulver die Spannut. Die Glättung der Spannut führt beim Werkzeugeinsatz zu geringeren Bearbei- tungskräften, sowie reduziertem Adhäsionsrisiko. Diese Vorteile kommen besonders beim Bohren von Werkstoffen wie Titan und Aluminium zum Tragen. Die Elastizität des Prozesspulvers gestatten den Einsatz des Verfah- rens sowohl vor, als auch nach dem Beschichten. Bei der Schichtnachbe- handlung werden auch die Droplets entfernt. 68 Magnetfinishing Abb. 5.12: TiN-beschichteter M8 Gewindebohrer Nach Beschichtung: Droplets Nach MF-Bearbeitung: Droplet entfernt und Rauhigkeit redu- ziert Besonders vorteilhaft sind Schichtnachbehandlungen bei Tieflochbohrern. Hier können kombiniert mit einer vorausgegangenen Präparation der Schneidkanten große Performancesprünge erzielt werden. Abb. 5.13: Rauhigkeitsprofil eines beschichteten Tieflochbohrers vor und nach Magnetfinish Abb. 5.13 zeigt das gemessene Rauhigkeitsprofil in der Spannut eines VHM-Tieflochbohrers vor und nach dem Polieren. Speziell bei Anwendun- gen, in denen Materialien zum Verschweißen mit dem Werkzeug neigen, wird eine Nachbehandlung der Beschichtung erst den sicheren Werkzeug- einsatz ermöglichen. Das Magnetfinish Verfahren zeichnet sich bei der W. Thiel Präparationsverfahren 69 Senkung der Oberflächenrauhigkeit im Vergleich mit anderen Behand- lungsverfahren durch besonders hohe Poduktivität aus (Michalke 2007). 4 Zusammenfassung und Ausblick Das Magnetfinish Verfahren ist universell für verschiedenste Schneidwerk- zeuge einsetzbar. Seine reproduzierbaren Wirkungen können in automati- schen Abläufen gesteuert werden und reichen von der Feinstentgratung, über die Kantenverrundung bis zur Senkung der Oberflächenrauhigkeit. Damit kommt diesem Verfahren ein hohes Potential für die Steigerung der Leistungsfähigkeit von Schneidwerkzeugen zu (Denkena, Breidenstein, et al., 2007). Das heute eingesetzte Prozesspulver erlaubt die Bearbeitung von HSS, Hartmetall und allen gängigen Beschichtungen. Neueste Untersuchungen zeigen die prinzipielle Anwendbarkeit auch für CBN- und PKD- Schneidstoffe (Patz 2008). Die Weiterentwicklung des Prozesspulvers lässt künftig auch für diese superharten Schneidstoffe einen wirtschaftlichen Einsatz des Magnetfinish Verfahrens erwarten. 70 Magnetfinishing 5 Literatur Denkena B, Kramer N, Siegel F, Kästner J (2007) Leistungsoptimierung an der Schneidkante. VDI-Z Special Werkzeuge II/2007:24-26, Springer VDI-Verlag Morstein M (2008) Siliziumhaltige Nanokomposit-Schichten für anspruchsvolle Zerspanungsaufgaben. 18. Tagung IAK Diamant Werkzeuge, Frauenhofer Institut IST Braunschweig Reich S, Möller S (2007) Untersuchungen zur spanenden Bearbeitung rostfreier Stähle. Berichte aus dem Institut für Werkzeugtechnik und Qualitätsmanagement, Schmalkalden Dez. 2007 Denkena B, Breidenstein B, Köhler J, Kramer N (2007) Performance Enhancement of Coated Tungsten Carbide Drills by Pre- and Post-Coating Surface Preparation. Proc. 6th International Conference "THE Coatings 2007", October 25 - 26, Institute of Production Engineering and Machine Tools, Hannover S. 247-255 Michalke T, Jungblut F, Mumme F (2007) Mechanical Pre- and Post-Treatment of PVD-coated Cutting Tools. Proc. ICMCTF 2007, San Diego USA Patz M (2008) Zonenübergänge prozesssicher zerspanen. ATZ produktion 1/2008/4: 40-45 T. Guter Präparationsverfahren 71 Kantenpräparation an Wendeschneidplatten Kantenpräparation an Wendeschneidplatten – der Schlüssel zu leistungsstarker Zerspanung Tim Guter, Kennametal Technologies GmbH12 Abstract: Die Abhandlung stammt aus dem Gebiet der zerspanenden Fertigungstechnik und stellt die Bedeutung der Schneidkantenpräparation an Wendeschneidplatten dar. Es wird gezeigt, welche Kantenarchitekturen es gibt und wie diese messtechnisch charakterisiert werden. Verschiedene Verfahren, die Schneidkanten verrunden, werden vorgestellt und miteinander verglichen. Abschließend wird auf die Messtechnik und auf den Mikroprozess Spanbildung an der Schneide eingegangen. Schlagwörter: Kantenpräparation, Kantenverrundung, Sinterhaut, Fein- schleifen, Gleitschleifen, Bürsten, Nass- und Trockenstrahlen, Spanbildung 12 Dipl. Ing. (BA) Tim Guter, Kennametal Technologies GmbH, Wehlauer Straße 73, 90766 Fürth, tim.guter@kennametal.com 72 Kantenpräparation an Wendeschneidplatten 1 Wichtigkeit der mikrogeometrischen Bearbeitung der Schneidkante Die Leistung von Zerspanwerkzeugen wird von folgenden vier Komponenten bestimmt: • Substrat des Grundkörpers • Makrogeometrie • Mikrogeometrie an der Schneide • Beschichtung Diese vier Komponenten sind auf den Bearbeitungsfall abgestimmt, das heißt von der Geometrie des Werkstücks und vom zu zerspanenden Werkstoff. Die Schneidkantenpräparation wird als mikrogeometrische Bearbeitung der Schneidkante bezeichnet. Ziel der Schneidkantenpräparation ist es zum einen, fertigungstechnisch entstandene Pressgrate und leichte Kantenbeschädigungen, die durch die nachgeschaltete Schleifbearbeitung auftreten können, zu entfernen. Zum anderen wird an die Schneidkante eine kontrollierte Form angebracht. Das kontrollierte präparien der Schneidkanten des Schneidkörpers hat den Zweck, vorschnellen Verschleiß zu vermeiden und vor übermäßiger Kantenbelastung zu schützen (Adolf Bösl, März 2007). Die Gefahr von Mikroausbrüchen wird hierdurch ebenfalls gesenkt und die Stabilität der Kante erhöht, was zum Beispiel im Einsatz bei unterbrochenem Schnitt sehr wichtig ist. Die Standzeit und die Wirtschaftlichkeit des Werkzeuges werden dadurch optimiert. Es ist auch zu erkennen, dass die Oberflächenqualität des Werkstücks verbessert wird. Ein positiver Nebeneffekt der Verrundungsverfahren ist das Entfernen der Sinterhaut an der Schneide, welche gesinterte Hartmetallschneidstoffe cha- rakteristischerweise besitzen. Die Sinterhaut ist zwischen 1 µm und 10 µm dick und gewöhnlich als inhomogen in Form und Struktur einzustufen. Für eine Vielzahl von Anwendungsfällen ist jedoch eine glatte Oberfläche und eine geometrisch sehr genau bestimmte Form erforderlich. Deshalb wird ein Großteil der gesinterten Rohhartmetallteile einer Weiterbearbeitung unterzogen. T. Guter Präparationsverfahren 73 Diese Bearbeitung erfolgt durch: • abrasive Bearbeitung (Schleifen, Läppen, Polieren, Honen, Bürsten, Strahlen) • funkenerosive Bearbeitung (Fadenerodieren, Senkerodieren) • spanende Bearbeitung (Drehen und Bohren Co-reicher HM-Sorten) • elektrochemische Bearbeitung (elektrochem. Schleifen, Elysieren) Mit Hilfe dieser Verfahren werden Oberflächenqualitäten erreicht, die den bestehenden Anforderungen an die Rautiefe gerecht werden. Gängige Ver- fahren die zum Kantenverrunden von Wendeschneidplatten genutzt werden können sind: • Feinschleifen • Gleitschleifen • Bürsten • Strahlen und werden im Folgenden näher erläutert. Einige dieser Verfahren können sowohl Kantenverrunden als auch Oberflächenqualitäten erhöhen. 2 Schneidkanten werden über ihre Geometrie definiert 2.1 Typen von Schneidkantenarchitekturen Die Form der Schneidkante ist in der Norm folgendermaßen unterteilt: 74 Kantenpräparation an Wendeschneidplatten ©Kennametal Abb. 6.1: Genormte Kantenformen Eine scharfe Schneide, wie sie Typ F beschreibt und wie man sie von Reib- ahlen kennt, ist bei Wendeschneidplatten nicht üblich. Auf die Schneidplatte wird eine Schutzfase geschliffen. Die Kanten der Schutzfase werden dann in einem anderen Arbeitsgang verrundet. Das Schaubild zeigt, dass die Kantenpräparationen in die Grundoperationen Fasen und Verrunden eingeteilt werden können. Die Möglichkeit, eine Schneidplatte nur durch Sintern ohne Nachbehandlungen herzustellen, ist bei Schruppplatten mit großer Kantenverrundung möglich. 2.2 Definition der Verrundung Für eine präzise Herstellung der Mikrogeometrie auf der Schneidkante wird eine eindeutige Charakterisierung benötigt. Besitzt die Schneidkante eine Schutzfase, kann die Breite und die Lage zu Frei- bzw. Spanfläche gemes- sen werden. Die genaue Charakterisierung einer Verrundung gestaltet sich hingegen schwieriger, denn nicht nur die Größe der Verrundung ist für die Zerspanleistung maßgebend sondern auch die Form. Eine Möglichkeit besteht durch die Verwendung des kappa-Faktors Κ. Er beschreibt den Quotienten aus den Verlängerungen von Span- und Freiflä- che zur spitzen Kante. Der Wert ∆r drückt den Abstand der nicht mehr vorhandenen spitzen Schneide zum höchsten Punkt der abgerundeten Schneide aus. Zur Verdeutlichung dienen folgende Beispiele: T. Guter Präparationsverfahren 75 Abb. 6.2: Verschiedene Kantengeometrien (B. Denkena, März 2005) Das heißt: α γ S S K = K < 1  Verrundung neigt sich zur Spanfläche K = 1  bisher optimaler Fall, Mittelpunkt des Kreisradius liegt auf Winkelhalbierender des Keilwinkels K > 1  Verrundung neigt sich zur Freifläche In der zerspanenden Werkzeugbranche sind Schneidkantenradien mit K < 1 als Wasserfallgeometrien bekannt. Bei konstanten Sγ und Sα sagt Δr aus, ob die Schneide eher scharfkantig ist (Δr niedrig) oder der Radius vom Ausse- hen eher einer Fase gleicht (Δr hoch). Mit diesem Modell kann man die Schneide für wissenschaftliche Untersu- chungen ausreichend beschreiben, jedoch fehlt unter anderem eine Winkelangabe von ∆r zu einer Bezugsfläche, um die Geometrie absolut zu bestimmen. 76 Kantenpräparation an Wendeschneidplatten 3 Übersicht von gängigen Fertigungsverfahren zum Kan- tenverrunden 3.1 Feinschleifen Als Feinschleifen wird das Spanen mit vielschneidigem Werkzeug aus gebundenen, hochharten Schleifmitteln bezeichnet. Werkzeug und Werk- stück berühren sich während des kompletten Bearbeitungsprozesses. Da- durch wird hohe Genauigkeit in Maß und Form erreicht. Motordrehzahl, Anpressdruck, Feinschleifdauer sowie Art und Beschaffen- heit der Schleifscheibe bestimmen das Ergebnis des Feinschleifprozesses. Die Schleifscheibe weist in diesem Fertigungsverfahren eine besondere Beschaffenheit auf. Abrasiv-Körner sind in eine flexible Bindung eingebet- tet. Bei hohem Anpressdruck legt sich die flexible Bindung um die Wende- schneidplatte und erzeugt „Wasserfallgeometrien“ mit K < 1 bis hin zu fasenähnlichen Kantenpräparationen. Abb. 6.3: Mit Wendeschneidplatten bestückte Feinschleifanlage T. Guter Präparationsverfahren 77 Der Vorteil dieser Bearbeitung liegt darin, dass mehrere Schneiden einer Wendeschneidplatte gleichzeitig bearbeitet werden können (wie in Abb. 6.3 dargestellt). Abhängig vom Schneidkörper werden Schneidecke und Nebenschneide nicht immer verrundet und müssen separat verrundet werden. Da mit dem Feinschleifverfahren nicht alle Seiten bearbeitet werden können, kann die Sinterhaut nicht vollständig entfernt werden. 3.2 Gleitschleifen Gleitschleifen gehört zu den trennenden Herstellungsverfahren und dient zur Oberflächenbearbeitung bzw. Kantenverrundung von Hartmetallwerkzeugen Bei diesem Verfahren werden die Werkzeuge in eine Vorrichtung gespannt und in eine Trommel getaucht. In dieser Trommel befindet sich Schüttgut, das aus Schleifkörpern und meist aus einer wässrigen Lösung besteht. Die Vollhartmetallwerkzeuge werden in der Vorrichtung durch die Trommel geführt. Durch die Reibung des Werkzeugs mit dem Schüttgut wird Material abgetragen (Tim Guter, 2008). Das Schüttgut besteht wie viele Schleifme- dien z.B. aus SiC, das mit Kühlschmierstoff vermengt ist. Durch Vibrieren der Trommel verstärkt sich der Schleifprozess. Dieses Verfahren wird als rationelles Verfahren in der Massenproduktion angesehen. Der Einsatz umfasst das Entgraten, Reinigen, Entfetten, Entzundern, Entrosten, Konser- vieren, Kugelpolieren und Druckentgraten und kann auch zum Verrunden von Wendeschneidplatten verwendet werden. Die Sinterhaut wird bei diesem Verfahren völlig entfernt. Ein weiterer Vorteil ist, dass man große Stückzahlen gleichzeitig bearbeiten kann. Als Folge fallen die Bearbeitungskosten auf das einzelne Werkzeug bezogen relativ niedrig aus. Gleitgeschliffene Wendeschneidplatten besitzen eine sehr gute Oberfläche. Durch die fehlende Flexibilität des Prozesses können keine K-Werte un- gleich 1 erzeugt werden. Mit dem Gleitschleifprozess werden Verrundungen bis 20 µm erzielt. Kantenverrundungen über diesem Wert würden die Pro- zesszeit sehr stark erhöhen und die Schneidecke zu stark verrunden. 78 Kantenpräparation an Wendeschneidplatten Abb. 6.4: Gleitschleifanlage Die Abb. 6.4 zeigt Wendeschneidplatten, die auf eine Vorrichtung aufge- steckt sind und in das Schüttgut eintauchen. 3.3 Bürstprozess In der mechanischen Fertigung oder in der Bearbeitung von Werkstoffen ist Bürsten eine weit verbreitete Fertigungsart. Beim Bürstverrunden wird das Vollhartmetallwerkzeug durch eine rotieren- de Bürste geführt und die Schneide verrundet. Die Bürste besteht aus Nylonfäden, die mit Korund (Al2O3) oder Diamant belegt sind. Beim Bürsten besteht die Gefahr, dass sich Nylonreste an der Schneidkante ablagern. Diese müssen zwingend durch nachgeschaltete Reinigungsverfahren entfernt werden, da sie sich negativ auf die Schichthaf- T. Guter Präparationsverfahren 79 tung von PVD- und CVD-Hartstoffschichten auswirken. Dadurch kann keine konstante Standzeit gewährleistet werden. Um den Nylonabrieb der Bürste so klein wie möglich zu halten und eine möglichst glatte Oberfläche zu erzielen, werden viele Bürstprozesse nass durchgeführt, was gekapselte Maschinen voraussetzt. Das Kühlmedium legt sich um die Bürstfilamente, wodurch die Bürste weniger abrasiv arbeitet und die Werkzeugoberflächen glatter werden als beim Trockenbürsten. Unabhängig vom Material braucht die Bürste eine Einlaufzeit, damit die Enden der Filamente abgerundet werden und weniger aggressiv verrunden. Beim Verrunden der Wendeschneidplatten muss der Verschleiß der Bürste im NC-Programm der Maschine berücksichtigt werden. Die Stärke der Verrundung hängt ab von der Körnung und Drehzahl der Bürste und der Bürstzeit. Durch die flexible Werkstückführung durch die Bürste können unterschiedliche K-Werte erzeugt werden. Die Bürstriefen entfernen die Sinterhaut nicht komplett und erzeugen eine schlechte Oberfläche auf dem Werkstück, wie man bei der Aufnahme durch das Rasterelektronenmikroskop (Abb. 6.5) deutlich erkennt. 3.4 Trocken- bzw. Nassstrahlen Die variablen Einstellgrößen beim Trockenstrahlen sind Abstand und Win- kel der Düsen sowie Strahldruck und –zeit. Die Wendeschneidplatten wer- den in diesem Verfahren auf eine Vorrichtung aufgesteckt, die von mehre- ren Düsen mit Strahlgut bestrahlt werden, welche per Absperrventil weg- oder zugeschaltet werden können. Über das Venturi-Prinzip wird das Strahlgut angesaugt und mit ca. 2,5 bis 4 bar auf den Schneidkörper gebla- sen. Die Größe der Verrundung richtet sich nach der Größe des Strahlkorns, das während der Bearbeitung verschleißt und an Volumen verliert. Das für das Trockenstrahlen zu kleine Strahlgut wird über einen Zyklon getrennt. Der Nassstrahlprozess erfolgt in vielerlei Hinsicht analog zum Trocken- strahlprozess. Das Strahlgut wird beim Nassstrahlen mit einer Flüssigkeit vermischt. Vorteile des Strahlens sind die kurze Prozesszeit und die Möglichkeit, den Κ-Faktor zu verändern. Der konstante Prozess ermöglicht die Entfernung der kompletten Sinterhaut. Beim Strahlen entsteht eine gleichmäßig raue Oberfläche, die optisch einen matten Eindruck vermittelt. Diese wirkt sich vorteilhaft auf manche Beschichtungstypen aus, da die Schicht an der offen- porigen Struktur besser haftet. 80 Kantenpräparation an Wendeschneidplatten Als nachteilig erweist sich die bei Strahlprozessen übliche Passivstrahlung. Streuungen des Düsenstrahls verrunden Kanten, welche im jeweiligen NC- Satz nicht vorgesehen sind. Leichte Bearbeitungsriefen sind auch beim Strahlen auf dem Werkzeug zu sehen. Die verschiedenen Verrundungsverfahren haben Vor- und Nachteile. Durch Kombination der Fertigungsverfahren lassen sich manche Vorteile verbin- den. 4 Wahl der Fertigungsverfahren Die Soll-Oberfläche der behandelten Werkzeuge ist maßgebend für die Herstellung. Folgende Abb. 6.5 zeigt die Verrundungen auf Vollhartmetallbohrern. Der Keilwinkel der Bohrer ist größer und weist eine reine Verrundung auf. Nassstrahlen Gleitschleifen Bürsten – Al 2 O 3 -Bürste Bürsten - Diamantbürste ©Kennametal Abb. 6.5: REM-Aufnahme von verschieden bearbeiteten Schneid- kanten auf Bohrwerkzeugen Ansonsten erfolgt das Verrundungsverfahren der Wendeschneidplatten analog zu den Verrundungsverfahren der Vollhartmetallbohrer. Die Werk- zeuge wurden mit einem Rasterelektronenmikroskop untersucht und T. Guter Präparationsverfahren 81 700fach vergrößert. Folgendes Diagramm stellt die Rauheit der Oberflä- chen in unterschiedlichen Fertigungsverfahren dar: 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 Strahlen Gleitschleifen Bürsten Feinschleifen R a u ig k e it i n µ m Ra Rz ©Kennametal R a u ig k e it i n µ m Diagramm 6.1: Vergleich der Verfahren auf Oberflächenrauheit Die Wahl der Verrundungsverfahren hängt vom Produkt und vom Bearbei- tungsfall ab. Jedoch können bestimmte Verrundungsverfahren nicht generell dem Einsatzgebiet Drehen oder Fräsen zugeordnet werden. Abhängig von dem verwendeten Substrat als Grundkörper fallen einige Verrundungsverfahren weg. Strahlprozesse sind wegen der spröden Be- schaffenheit nicht für Keramik geeignet. Die Kante würde Mikroausbrüche aufweisen und hätte eine zu hohe Schartigkeit. Aus diesem Grund kann auch CBN und PKD nicht gestrahlt werden. PKD und Keramik werden gebürstet. CBN wird gebürstet und feingeschliffen. Cermets werden wie Hartmetall bearbeitet; es kommen also alle Verrundungsverfahren in Frage. Die in dieser Abhandlung erwähnten Verrundungsverfahren haben keinen Einfluss darauf, ob das Werkzeug nachgeschliffen werden kann oder nicht. 5 Messtechnik zur Erfassung der verrundeten Kante Für die Messung der Schneidkante werden taktile und optische Messgeräte verwendet. In der Werkzeugindustrie ist beim Messen der Schneidkante ein Wandel zu optischen Messsystemen zu beobachten. Die Gründe sind fol- gende: 82 Kantenpräparation an Wendeschneidplatten Mit Genauigkeiten unter 1µm und einer hohen Reproduzierbarkeit ist opti- sches Messen um ein Vielfaches genauer als taktile Messsysteme. Messfeh- ler, die durch zerstörte Tasternadeln oder den Radius an der Nadelspitze entstehen, gibt es bei optischen Verfahren nicht. Eventuelle Zerstörungen an den Werkstücken sind ausgeschlossen. Optische Messgeräte verwenden unterschiedliche Funktionsweisen; hier einige als Beispiel. Streifenlichtprojektionsmethode (SLP); dort werden Lichtstreifen auf die Schneidkante projiziert und deren Verzerrung über eine CCD-Kamera gemessen. Das folgende Bild zeigt 100 Lichtstreifen. Die Markierungen kennzeichnen die Grenzen der Messstrecke. Abb. 6.6: Radienlehre, gemessen mit dem Messprogramm ODSCAD Tiefenschärfemessung; durch vertikales Scannen werden topografische und geometrische Informationen über die Veränderung des Fokus gemessen. Optische Messgeräte benötigen bei der Messung der Kantenverrundung keine aufwändige Ausrichtung der Probe verglichen mit taktilen Systemen. Freifläche und Spanfläche sind allerdings so auszurichten, dass sie von der Kamera des optischen Messgerätes erfasst werden können. Theoretisch besteht die Gefahr, dass manche Beschichtungen wegen einer matten Ober- fläche das Licht zu stark streuen oder wegen einer glatten Oberfläche zu stark glänzen und somit die Kamera die Flächen und die Verrundung nicht erkennen kann. Es wurde experimentell festgestellt, dass die üblichen Be- schichtungen der zerspanenden Werkzeuge solche Effekte nicht aufweisen. Mit diesen optischen Messmethodiken werden mehrere Punkte auf der Haupt- und Nebenschneide sowie der Schneidecke gemessen. Durch Messvorrichtungen, z.B. Anschläge oder Messprismen, kann die Messdauer herabgesetzt werden. Um eine hohe Reproduzierbarkeit zu erreichen, ist ein vollautomatisierter Messablauf von Vorteil. Um die größtmögliche Genauigkeit des Messgerä- tes zu nutzen, muss der manuelle Einfluss des Bedieners auf ein Minimum beschränkt und ein allgemeiner Messablauf generiert werden. T. Guter Präparationsverfahren 83 6 Leistungsvergleich der verschiedenen Formen Die Prozesskräfte und das Zerspanverhalten beim Orthogonaleinstechdrehen wurden empirisch ermittelt. Mit Erhöhung von Sα , Sγ und ∆r steigen die Schnittkraft Fc und die Vorschubkraft Ff an. Die Vorschubkraft Ff steigt tendenziell stärker als die Schnittkraft Fc. Im Gegensatz dazu weisen die Prozesskräfte keine deutliche Variation bei der Erhöhung von K auf (B. Denkena, März 2005). Versuche an mehreren Werkstoffen bewiesen, dass die Prozesskräfte werkstoffunabhängig sind. Der Formfaktor K hat größeren Einfluss auf das Standzeitverhalten. Die Schneidkanten mit Sα < 20 µm und K = 1,8 weisen die höchsten Standzei- ten auf. Im Gegensatz dazu werden die niedrigsten Standzeiten bei den Schneidkanten mit Sα > 70 µm und K=0,5 beobachtet. Eine Verringerung der Standzeit ist darüber hinaus bei K = 1,0 und Sα < 35 µm zu beobachten. Die Ursache für eine solche Verringerung liegt an der niedrigeren Stabilität der Schneidkante bei einer gleichzeitigen Verringerung beider Schneidenab- schnitte Sα und Sγ (B. Denkena, März 2005). Ein K-Faktor von 1,8 erweist sich bei Sα < 20µm als sehr langlebig. Liegt Sα darunter, hat dies einen starken Abfall der Standzeit zur Folge. Schon geringe Abweichungen und Toleranzen in der Fertigung bringen eine starke Schwankung der Standzeit mit sich. Generell niedrigere Standzeiten sind bei K = 0,5 zu erkennen. Schneiden mit K = 1 zeigen konstante Ergebnisse im Standzeitverhalten und sind somit unabhängig von Fertigungsschwankun- gen. Ähnliches Verhalten ist beim Außenlängsdrehen zu beobachten. 7 Einfluss der Kantenverrundung auf die Spanbildung Die Größe der Verrundung wirkt sich auf die Spanbildung aus. Dies lässt sich am Beispiel der Hartbeartung erläutern. Die Abb. 6.7 zeigt die Bildung eines Sägezahnspanes während der Zerspanung eines gehärteten Werkstof- fes. Die Werkstofftrennung beginnt mit einem Riss in der Werkstückober- fläche, dieser setzt sich unter dem Winkel der größten Schubspannung fort. Der dabei entstandene Werkstoffpartikel wird so weit aufgeschoben, bis ansteigende Druckspannungen wieder zur Rissentstehung führen und der Spanbildungsmechanismus erneut beginnt. Dieser Mechanismus geschieht bei Spanungsdicken, die über dem Wert der Kantenverrundung liegen. Bei Spanungsdicken, die kleiner sind als der Wert der Kantenverrundung, ent- steht ein Fließspan. Die Kantenverrundung muss ausreichend groß sein, damit die Biege- und Schubspannungen auf den Keil in Druckspannungen umgewandelt werden. Ist die Kantenverrundung sehr klein gewählt, geschieht die Spanumformung auf der spitzen Kante. Die Folgen sind ein sehr hoher Druck und Tempera- 84 Kantenpräparation an Wendeschneidplatten turbelastung der Schneide. Es kommt zum schnellen Verschleiß und niedri- ger Standzeit. Bei zu großer Auslegung der Kantenverrundung dagegen sind diese Kräfte auf den Schneidkeil zu groß, was zum Ausbrechen der Schneidkanten führen kann. Die Leistung der Wendeplatte hängt also von der Kantenverrundung ab. Abb. 6.7: Spanbildung (W. König, 1997) Verändert man die Kantenverrundung und lässt den Vorschub konstant, ändert sich der Spanwinkel. Der Spanwinkel wird bei einer großen Kanten- verrundung negativ und es herrscht nicht nur Fließspanbildung sondern die Prozesskräfte steigen proportional an. Wie folgende Abbildung zeigt, stei- gen bzw. fallen Ff, Fp und Fc unterschiedlich stark. Pro Zunahme bzw. Ab- nahme des resultierenden Spanwinkels steigt die Vorschubskraft um 5%, die Schnittkraft um 1,5 % und die Passivkraft um 4 %. Dies gilt sowohl für weiche als auch für harte Werkstoffe, da die starke Wärmeentwicklung in der Umformzone den Werkstoff duktiler werden lässt als bei Umgebungs- temperatur. T. Guter Präparationsverfahren 85 F F C F f F P - Spanwinkel + 1,5% / ° 5% / ° 4% / ° Abb. 6.8: Prozesskräfte in Abhängigkeit des Spanwinkels (Schu- mann, 2007) Die Kantenverrundung ist ein sehr wichtiger Fertigungsschritt in der Pro- duktion eines Vollhartmetallwerkzeuges. Die Beschaffenheit, Form und Größe der Verrundung wirkt sich direkt auf die Standzeit und somit die Wirtschaftlichkeit eines Werkzeuges aus. Um die Wirtschaftlichkeit zu steigern, ist es unerlässlich, die Kantenverrundung weiter zu erforschen, aber auch weiterhin nach Fertigungsverfahren zu suchen, die die Schneid- kante noch präziser in optimierter Form präparieren. 86 Kantenpräparation an Wendeschneidplatten 8 Literatur Bösl, Adolf Kantenverrundung an Wendeschneidkörpern, Evaluierung unterschiedlicher Kantenverrundungsverfahren für tangential angeordnete Frässchneidkörper; Fachhochschule Amberg-Weiden, Kennametal Technologies GmbH; März 2007 Guter, T., Ermittlung einer geeigneten messtechnischen Möglichkeit zur exakten Bestimmung sowie Untersuchungen von Verfahren zur Herstellung von Schneidkantengeometrien an Vollhartmetallbohrern; Diplomarbeit Berufsakademie Mosbach, Kennametal Technologies GmbH; September 2008 Denkena, B. Lasertechnologie für die Generierung und Messung der Mikrogeometrie an Zerspanwerkzeugen; Ergebnisbericht des BMBF Verbundprojektes GEOSPAN; Projektzeitraum 01.01.2002 – 31.03.2005 Schumann, W. Das Bearbeiten harter Eisenwerkstoffe mit geometrisch bestimmter Schneide; IDR 41 III/2007 G. Gölz Präparationsverfahren 87 Thermisches Entgraten - TEM Innovative Entgratverfahren im Maschinenbau Günter Gölz13 Abstract: Der Grat als solcher ist ein lästiges von keinem gewolltes Nebenprodukt, das bei vielen Bearbeitungsprozessen entsteht. In der heutigen Technik ist das prozesssichere Entgraten ein äußerst wichtiger Teil in der Herstellungskette der Werkstücke. Ein sicher entgratetes Werkstück ist sehr oft von äußerst wichtiger Bedeutung für die Funktion von Baugruppen oder Systemen. ( Hydraulik, Pneumatik, Dieseleinspritztechnik etc. ) Was entgraten bedeutet ist letztendlich nicht eindeutig beschrieben, entgraten sagt lediglich aus, dass fest am Werkstück anhaftendende Materialrückstände zu entfernen sind. Es wird nichts über den Ausgangszustand wie Gratdicke und Gratlänge noch über den Endzustand ausgesagt. Es gibt eine Vielzahl von Entgratverfahren für unterschiedlichste Entgrataufgaben. Ihr Einsatz hängt von der Werkstückgeometrie, dem Werkstoff, der Funktion des Werkstückes und der Lage der Grate, ob innen- oder außenliegend ab. Welches Entgratverfahren letztendlich sinnvollerweise zur Anwendung kommt, erfordert einen hohen Kenntnisstand über Werkstoffe, Bearbeitungsverfahren, Bauteilfunktion, Wärmebehandlung und die Oberflächenveredelung. Schlagwörter: thermisches Entgraten 13 Günter Gölz, Benseler Entgratungen GmbH, 71672 Marbach/N., Tel.: 07144/903-21, Mobil: 0171/3645929, e-mail.: guenter.goelz@benseler.de 88 Innovative Entgratverfahren im Maschinenbau 1 Der Grat Innenliegende Gratsituationen und Bohrungsverschneidungen Abb. 7.1: Innenliegender Grat, Bohrkappe Abb. 7.2: Durchgangsbohrung mit Bohrkappe G. Gölz Präparationsverfahren 89 1.1 Gratdefinition Grat ist ein auf einer Werkstückoberfläche bei der Herstellung eines Werk- stücks entstandener Körper, der über die angestrebte und tatsächlich vor- handene Werkstückoberfläche hinausragt und im Vergleich zum Werkstück meist ein geringes Volumen hat. Die Gratsituation beeinflusst die Qualität der Entgratung! Abb. 7.3: Werkstück mit Grat; Gratwurzel + Gratfahne = Grat 2 TEM 2.1 Thermische Entgratmethode Die Thermisch-chemisch wirkende Entgratmethode zählt zu den abtragen- den Verfahren. ( DIN 8590 ) 90 Innovative Entgratverfahren im Maschinenbau Abb. 7.4: Thermisches Abtragen in der Fertigungstechnik Verfahrensvarianten: • Ätzabtragen • Thermisch-chemisches Entgraten Sie zählt zu den ungezielt wirkenden Entgratverfahren. Der Grat selbst wird sicher entfernt, sei es an einer innen liegenden Boh- rungskreuzung oder an sonst einer Bauteilstelle, sei sie auch noch so unzu- gänglich im Werkstück versteckt (Ringeinstich mit radialer Verschneidung). An der Werkstückoberfläche selbst findet kein Abtrag statt. 2.2 Verfahren In einem Druckbehälter (Brennkammer) wird Brenngas (CH4) mit Sauer- stoff (O2) verbrannt. Dabei werden die am Werkstück anhaftenden Grate der in der Kammer befindlichen Bauteile verbrannt. Der Verbrennungsvorgang dauert nur wenige Millisekunden, so, dass das Werkstück nicht die Zeit hat sich wesentlich zu erwärmen. Durch den schlagartigen Temperaturanstieg (bis zu 3000 °C) werden die Gratfahnen, welche eine große Oberfläche, aber ein kleines Volumen auf- weisen, überhitzt, d.h. die Grate können die Wärme nicht aufnehmen, fan- G. Gölz Präparationsverfahren 91 gen an zu glühen und verbrennen schließlich durch das Vorhandensein von freiem Sauerstoff. (Abb. 7.5) Abb. 7.5: Entgratverfahren 2.3 Vorteile des Verfahrens • Entgratung! Unter hydraulischen und pneumatischen Bedingungen • kann sich nichts mehr lösen. • Prozesssicherheit! Es kann kein Grat “vergessen” werden. • Kein Sekundärgrat! Die Kante wird versiegelt. • Gleichbleibender Prozess! Es ist immer ein “scharfes Werkzeug” im Einsatz 92 Innovative Entgratverfahren im Maschinenbau 2.4 Entgratqualität Die Entgratqualität hängt von verschiedenen Faktoren ab: • Größe und Lage des Grates • Verhältnis Gratvolumen zu Gratoberfläche • Zünd- und Schmelztemperatur sowie Wärmeleitfähigkeit des Werk- stoffes • Werkstückgeometrie: Kantenausbildung, stumpfwinklig bis spitz- winklig • Werkstückvolumen zu Gasvolumen. • Gasfülldruck und Mischungsverhältnis der beiden Gase • Vorrichtungstechnik 2.5 Kantenverrunden Bei Eisenwerkstoffen und Guss lassen sich leichte Radien im hundertstel Millimeter Bereich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erzielen. Bei Austeniten ist in der Regel ein Verrunden nicht möglich (Ni-Anteil, hochwarmbeständig). Der Werkstoff Aluminium lässt sich ebenfalls nicht verrunden, sondern auch nur scharfkantig gratfrei entgraten. Die Gründe hierfür sind die natürliche Oxidhaut mit einem ca. dreimal so hohen Schmelzwert wie der Grundwerkstoff und die sehr gute Wärmeleitfä- higkeit des Aluminiums. 2.6 Anlagentechnik Die Entgratkammer (Abb. 7.6) ist an einem pressenähnlichen Gestell befes- tigt. Zum Verschließen der Entgratkammer sind auf einem Rundtakttisch 6 sogenannte Schließteller angeordnet. Diese werden hydraulisch mit der Entgratkammer druckdicht verschlossen. Zum befüllen der Kammer sind in der Maschine je ein Gas- und ein Sauer- stoffdosierzylinder angeordnet. Über die Steuerung wird das Mischungsverhältnis und das Gasvolumen vorgegeben. Wenn die Zylinder mit der entsprechenden Menge an Gas bzw. Sauerstoff gefüllt sind, werden die beiden Gase hydraulisch über einen Mischblock in die Entgratkammer gepresst. G. Gölz Präparationsverfahren 93 Nach verschließen der Ventile wird über einen Zündfunken das Gemisch gezündet. Abb. 7.6: Entgratkammer 2.7 Vor- und Nachbehandlung Die zu entgratenden Werkstücke müssen frei von losen Spänen und Späne- nestern sein, ebenso sollten die Bauteile gereinigt sein. Da nach dem Verbrennungsvorgang die Bauteile mit Oxiden behaftet sind, werden diese anschließend gereinigt, dies kann durch Beizen (ohne Werk- stoffabtrag) oder mittels bestimmter neutraler Reiniger mit Ultraschallunter- stützung geschehen. 94 Innovative Entgratverfahren im Maschinenbau 2.8 Entgratbeispiele TEM Abb. 7.7: Al-Steuerblöcke G. Gölz Präparationsverfahren 95 Abb. 7.8: Pneumatikbauteil vor TEM - nach TEM Abb. 7.9: Stahldrehteil vor TEM - nach TEM 3 Vorrichtungstechnik Da beim Thermischen Entgraten außer den heißen Verbrennungsgasen auch ein recht hoher Druck entsteht, ist es notwendig die Bauteile durch einen Formschluss zwischen Werkstück und Vorrichtung an der eingebrachten Stelle zu halten. Für rotationsförmige Teile kann man sich vorstellen, dass die Teile auf einen Bolzen aufgefädelt, oder in einer Bohrung versenkt werden. 96 Innovative Entgratverfahren im Maschinenbau 3.1 Beispiele Vorrichtungstechnik Abb. 7.10: Kurzes Drehteil Abb. 7.11: Gehäusebauteil Abb. 7.12: Hydraulikschieber 4 Schlusswort Das Thema “Entgraten” und der Einsatz von maschinellen Entgratverfahren gewinnen auch in der Zukunft weiter an Bedeutung. Diverse Entwicklungs- tendenzen belegen dies: Im Vergleich zum wachsenden internationalen Wettbewerb bewegen sich die Lohnkosten immer noch auf einem hohen Niveau. G. Gölz Präparationsverfahren 97 Die manuelle Entgratung ist ein monotoner Arbeitsgang, darüberhinaus häufig mit Gefahren für die Gesundheit verbunden. Die Entwicklung der Produkte geht zu immer höheren Leistungen bei gerin- gerem Gewicht. Dies erfordert festere und dadurch schwerer zerspanbare Werkstoffe, sowie geometrisch kompliziertere Konstruktionen. Resultate hieraus sind eine stärkere Gratbildung und ein höherer Entgrataufwand. Ebenfalls eine verstärkte Gratbildung bewirkt die Entwicklung neuer Schneidstoffe zu höheren Leistungen und Standzeiten, wenn nicht im Sinne der Gratminimierung verfahren wird. 5 Literatur Thilow, A.P. Entgrattechnik – Entwicklungsstand und Problemlösungen, expert verlag, 2005 98 Gleitschleppschleifen Präparationsverfahren Gleitschleppschleifen Helmut Gegenheimer 14 Abstract: Ein Verfahren zur Oberflächen- und Kantenpräparation stellt das Schleppschleifen dar. Aufgrund verschiedenster Einflussfaktoren, kann dieser Prozess so ausgerichtet werden, um ein weites Spektrum von Anwendungen abzudecken. In diesem Text erfolgt eine kurze Beschreibung der Parameter und deren Einfluss speziell auf die Gebiete Schneidkantenverrundung und Polieren von Zerspan- werkzeugen. Schlagwörter: Gleitschleppschleifen, Oberflächen- und Kantenpräparation 1 Schleppschleifverfahren, ein modernes Verfahren zu Entgratung und Kantenverrundung von Werkzeugen. In der idustrieellen Fertigung kommt das Schleppschleifverfahren immer häufiger zur Anwendung. Sein Einsatzspektrum reicht vom Polieren künstlicher Kniegelenke über das Glätten von Zahnflanken bei Getriebezahnrädern in der Formel 1, bis hin zur Bearbeitung von Schneidwerkzeugen. Das Schleppschleifen kommt immer dann zum Einsatz, wenn hochwertige Oberflächen, hohe Traganteile oder definierte Kantenverrundung gefragt sind. Die Arbeitsergebnisse sind prozesssicher und reproduzierbar. 14 Dipl.-Ing. (FH) Helmut Gegenheimer, OTEC Präzisionsfinish GmbH, Dieselstr. 8-12, D-75334 Straubenhardt-Feldrennach, Tel. +49 (0) 7082 / 491110, e-mail: h.gegenheimer@otec.de H. Gegenheimer Präparationsverfahren 99 Der Aufbau von Schleppschleifmaschinen ist relativ einfach. Sie benötigen wenig Aufstellraum und der Invest ist überschaubar. Das Verfahren ist umweltfreundlich und bietet neben einer breiten Auswahl an Schleifmittel die Möglichkeit, eine Vielzahl von Parametern zu beeinflussen, um so den gestiegenen Anforderungen an Werkstoffe und Geometrie Rechnung zu tragen Abb. 8.1: Schleppschleifmaschine 100 Gleitschleppschleifen 2 Funktion der Maschine Verfahrensbeding wird beim Schleppschleifen, wie die Abb. 8.2 zeigt, eine Vielzahl von Werkstücken in vertikal angeordnete Spannzangen (siehe Abb. 8.3 -Abb. 8.5) aufgenommen. Für die Bearbeitung taucht das Werkzeug in ein ruhendes Schleif- oder Poliermedium ein. Es rotiert dabei um die eigene Achse und bewegt sich gleichzeitig auf einer Planetenbahn. Abb. 8.2: Prinzipskizze Gleitschleppschleifen Durch das Halten der Werkstücke in Spannzangen wird ein gegenseitiges Beschädigen der Werkzeuge untereinander verhindert. Jedes der hier aufgeführten Spannsysteme hat Vor- und Nachteile und ist für einen bestimmten Einsatzbereich konzipiert. H. Gegenheimer Präparationsverfahren 101 Das Spannen der Werkzeuge über die Kunststoffbuchsen (Abb. 8.3) ist besonders geeignet für Losgrößen unter 100 Stück. Es überzeugt durch seine preiswerten Spannzangen, die in verschiedenen Ausfertigungen, passend für unterschiedliche Durchmesser, einfach und mit geringem Aufwand wechselbar sind. Zusätzlich gibt es noch eine Reihe unterschiedlicher Sonderaufnahmen, die z.B. für Aufnahme von Wendeschneidplatten (Abb. 8.4) geeignet sind. Bei den Schnellspannaufnahmen (Abb. 8.5) werden die Werkzeuge über Federkraft gehalten und können mittels eines Hebels einfach und schnell gelöst und ausgetauscht werden. Dieses System eignet sich besonders für Losgrößen über 100 Stück, da der Spannbuchsenwechsel minimal aufwendiger ist. Abb. 8.3: Aufnahme für Schaftwerkzeu- ge (angetriebener Halter) Abb. 8.4: Son- deraufnahme für Wendeschneid- platten (ange- triebener Halter) Abb. 8.5: Angetriebe- ner Halter mit Schnellspannauf- nahmen für Schaft- werkzeuge Im Schleppschleifprozess umströmt das Schleifmedium gleichmäßig das Werkstück. Durch den entstehenden Anpressdruck und die Relativgeschwindigkeit werden die Werkstücke bearbeitet. Je nach Maschinenausführung können bei einem Durchmesser von maximal 65 mm bis zu 60 Werkstücke auf einmal bearbeitet werden. Typische Bearbeitungszeiten für das Kantenverrunden von Hartmetallwerkzeuge sind 2-10 Minuten. Für das Polieren von Kniegelenken werden bis zu 2 Stunden benötigt. 102 Gleitschleppschleifen 3 Einflussparameter Aufgrund des Wirkprinzips des Schleppschleifens, ergeben sich folgende Einflussparameter, welche auf die Ergebnisse einen wesentlichen Einfluss haben. 3.1 Schleifmedia Durch die Auswahl der entsprechenden Schleifmedia, kann die Bearbeitung wesentlich beeinflusst werden. Die zur Geltung kommende Faktoren sind die Korngröße, die Härte und die Dichte der Media. In diesem Bericht sollen nur die gebräuchlichsten Media für die Bearbeitung von Zerspanungswerkzeugen betrachtet werden. In anderen Anwendungs- gebieten können auch Media, beispielsweise aus Keramik-Kunststoff- Formkörpern eingesetzt werden. Speziell bei den Walnusschalengranulaten ( Abb. 8.6) können Schleif- oder Polierzusätze (wie z.B. Polierpaste P 17) zugegeben werden. Dabei dient das Granulat selbst, in diesem speziellen Fall, nur als Trägermaterial für die Pasten. Diese bestehen im Wesentlichen aus einem Schleif- oder Polierpulver und einem Haftöl. Die Pasten sind verantwortlich für die Abtragsleistung, sowie die Beschaffenheit der Kanten und Flächen der Werkstücke . Bei den anderen Media wie HSC, SIX, QZ wird Öl zur Unterdrückung der Staubbildung zugegeben. Auch hier gilt, dass verschiedene Mediagruppen auf entsprechende Anforderungen abgestimmt sind. H. Gegenheimer Präparationsverfahren 103 Walnussschalengranulat Abb. 8.6: Walnussschalen- granulat • Zur Bearbeitung von HSS-Werkzeugen z.B. mit H 1/400 • Zum Polieren, geringem Entgraten und Verrunden der Kanten • Abtragsleistung, je nach Schleif- oder Polierzusatz: gering • Empfehlung: Mischung aus H 1/100 (70%) und (ca. 30%) H 1/400 • Zusatz Polierpaste: P 17 • Erzielbare Rauhigkeiten: bis zu 0,02 µm (bei entsprechender Vorarbeit) • Schüttdichte Media: 0,9-1,1 kg/Liter Korngrößen: H1/50= 3-5 mm H1/200=1,3-1,7 mm H1/400=0,4-0,8 mm H1/100= 1,6-2,5 mm H1/300=0,8-1,4 mm H1/500= 0,2-0,4 mm HSC-Granulat Abb. 8.7: HSC-Granulat • Bearbeitung von HSS- und Hartmetall- werkzeugen • Entgraten und Kantenverrunden von HSS-Werkzeugen • Glätten beschichteter Werkzeuge, Entfer- nen von Droplets • Glätten und polieren von Hartmetall- Werkzeugen • Kantenverrunden von Hartmetall bis max. 10µm • Entfernung von Lot-Rückständen • Abtragsleistung (je nach Körnung): mittel bis stark • Erzeugt sehr hohe Oberflächengüte, z.B. Rz.0,5 (vorher Rz 2,5) • Empfehlung: Mischung aus SiC und Wal- nussgranulat, • z.B. HSC 1/300 (Mischung aus SiC 70 und H 1/300) 104 Gleitschleppschleifen Korngrößen: H1/50= 3-5 mm H1/200=1,3-1,7 mm H1/400=0,4-0,8 mm Schüttdichten: SIC 70 ca. 2 kg/Liter HSC 1/300: 1,32 kg/Liter SiC 70 = 212 µm H1/100= 1,6-2,5 mm H1/300=0,8-1,4 mm H1/500= 0,2-0,4 mm H1/… ca. 0,9-1,1 kg/Liter SIX-Granulat Abb. 8.8: SIX-Granulat, z.B. SIX 70/16 • Bearbeitung von Hartmetallwerkzeugen, Glätten und Kantenverrunden von Zerspanwerkzeugen bis max. 30 µm • Entgraten und Kantenverrunden von Ge- windebohrern • Bearbeitung von Wendeschneideplatten • Abtragsleistung: stark • Erzeugt hohe Oberflächengüte • Empfehlung: Mischung aus SiC und kera- mischen Granulat z.B. SIX 70/16 (Mi- schung aus SIX 70 und KXMA 16) • Schüttdichte SiX 70/16: 2,0 kg/Liter QZ 1-3 Abb. 8.9: QZ 1-3-Granulat • sehr starke Kantenverrundung ab etwa 30 µm • Abtragsleistung etwa doppelt so stark wie SIX • Bisher größte Kantenverrundung von 0,11 mm nach 35 Minuten erreicht • Edelkorund mit einer Größe von 1-3 mm • QZ1-3 verursacht besonders bei kleineren Kantenradien unter 30µm eine rauere • Oberfläche als SIX und HSC Granulat. • Schüttdichte: 2,1 kg/Liter Die Standzeit der Media schwankt zwischen 200 (Walnussgranulate) und 400 Betriebsstunden (SIX Granulate). In dieser Zeit nimmt die Polier- und Schleifwirkung um ca. 20% ab. Die Verringerung wird im Wesentlichen durch die Verrundung der Schleifkörner verursacht. Allerdings spielen auch H. Gegenheimer Präparationsverfahren 105 der Abtrag des Medias und der Werkstücke eine große Rolle. Um dies zu überwachen, sind die Schleppschleifmaschinen mit einem integrierten Be- triebsstundenzähler, der die Standzeit erfasst, ausgestattet. Diagramm 8.1: Kantenverrundung beim Einsatz verschiedener Gra- nulate Aus dem Diagramm ist das unterschiedliche Verrundungsvermögen der einzelnen Media bei Hartmetall deutlich zu erkennen. Das HSC Granulat verrundet etwa bis zu einem Grenzwert von 15 µm. Dadurch ist eine gleichmäßige Verrundung auch bei komplexeren Strukturen, zu erzielen. Bei HSS Werkstoffen liegt der Grenzwert bei ca. 25 µm. Es ist noch anzumerken, dass die stärker verrundeten Medias, wie z. B.: QZ 1-3 bei geringen Verrundungen (15 µm) eine deutliche höhere Schartigkeit auf der Schneidkante erzeugen wie z.B. ein HSC 1/300. Deshalb ist es ratsam die geforderte Verrundung dem Schleifmittel anzupassen. Z.B. 15 µm Verrundung = HSC 1/300, 50 µm Verrundung: QZ 1-3. 3.2 Drehrichtung Mit der richtigen Drehrichtung kann die Bearbeitung gezielt gesteuert wer- den. Um eine starke Schneidkantenverrundung zu erzeugen, eignet sich die Drehrichtung Rechtslauf (Abb. 8.10) gegen die Schneide, also im Uhrzei- gersinn (von oben auf den Schaft gesehen). Bei Anforderung, beste Oberflä- chenqualität und geringste Schneidkantenverrundung, kommt der Linkslauf, 106 Gleitschleppschleifen also die Drehrichtung mit der Schneide gegen den Uhrzeigersinn, zum Einsatz. Abb. 8.10: Rechtslauf Abb. 8.11: Linkslauf o Gute Bearbeitung der Spannut o Kantenverrundung an Haupt und Nebenschneiden o Hauptbearbeitung im Schneid- kantenrücken o Gute Bearbeitung der Spannut o Kaum Kantenverrundung an Haupt- und Nebenschneiden Abb. 8.12: Schneidkante Fräser HM, Linkslauf, nach 10min, r = 22 µm (Six 70/16) Abb. 8.13: Schneidkante Fräser HM, Rechtslauf, nach 10min,r = 33 µm (Six 70/16) Will man einen möglichst gleichmäßigen Kantenradius erzielen, ist ein Rechts-/Linkslauf zu je 50% einzustellen. Diese gleichmäßige Kantenver- rundung maximiert lt. Kundenaussagen die Standzeiten bei HM-Bohrern am effektivsten. H. Gegenheimer Präparationsverfahren 107 3.3 Drehzahl Die bei der Bearbeitung einzustellende Drehzahl, ist mit verantwortlich für den Bearbeitungsdruck. Zusammen mit Dichte, Korngrösse und Härte der eingesetzten Media ist die Drehzahl bestimmend für die Abtragsleistung. Eine zu hoch gewählte Drehzahl führt zu einem unvollständigem Umspülen des Werkzeugs mit dem entsprechendem Media. Dadurch erfolgt eine ungleichmäßige und unzureichende Bearbeitung in der Spannut. Dabei können die auftretenden Kräfte, gerade bei dünnen und langen Werkstücken, zum Bruch des Werkzeugs führen. Die Otec Maschinen ermöglichen eine stufenlose Einstellung der Rotor und der Sonnenraddrehzahl innerhalb gewisser Grenzen. Die Drehzahlen des Rotors (Z1) sind z. B. bei einer DF 4 tools von 15-45 1/min frei wählbar. Das entspricht einer absoluten Geschwindigkeit von 0,25 bis 0,75 m/sec. Die Drehzahl des Planetenrades des Eigenrotationshal- ters (Z2) ist von 46 bis 140 1/min stufenlos regelbar. Das entspricht einer absoluten Geschwindigkeit von 0,3 bis 0,9 m/sec. Die Drehzahl des Werk- stückes um die eigene Achse (Z4) ist maximal 500 1/min. Dies entspricht bei einem Werkstückdurchmesser von 10 mm 0,26 m/sec. Abb. 8.14: Maschinenkinematik Gleitschleppschleifen Praktische Tests haben ergeben, dass mit höherer Drehzahl (auch bei höhe- rer Eigenrotation), die Gleichmäßigkeit der Kantenverrundung leidet. So werden bei Gewindebohrern und HM Fräsern die Spitzen und Ecken un- gleich stärker verrundet werden. 108 Gleitschleppschleifen Diagramm 8.2: Einfluss der Drehzahl auf Ecken- und Schneidkan- tenverrundung bei HM Fräsern Um eine gleichmäßige Kantenverrundung von Werkzeugen zu erzielen haben sich folgende Einstellungen als günstig erwiesen: Rotordrehzahl (Z1): 15-25 1/min, Eigenrotationshalter (Z2) möglichste geringe Drehzahl und langsame Rotation des Werkstückes (Z4). Dies wird durch die Verwendung von 2-motorigen Antrieb und Halter mit langsamer Eigenrotation erreicht. Mit 2-motorigen Antrieben kann die Übersetzung zwischen Z1 und Z2 stufenlos eingestellt werden. Diagramm 8.3: Einfluss der Bearbeitungszeit auf die Größe der Verrundung H. Gegenheimer Präparationsverfahren 109 3.4 Bearbeitungszeit Über die Länge der Bearbeitungszeit kann der Prozess gezielt gesteuert werden. Die Bearbeitungszeit hängt von den Eingangsgrößen und der Zielsetzung ab. Für die Dropletentfernung beträgt die Bearbeitungszeit nur wenige Sekunden, zum Kantenverrunden dagegen werden mehrere Minuten benö- tigt. Bei den Media ist zu beachten, dass ein grobes Media stärker (bei gleicher Zeiteinheit) abträgt, als ein feines. Bei Maschinenparametern wie beispielsweise der Drehzahl gilt, je höher die Drehzahl, desto höher der Abtrag. Festzuhalten ist, dass die Verrundung/Zeiteinheit mit der Dauer der Bearbei- tungszeit abnimmt. Das heißt die Verrundung geht zunächst schnell vonstat- ten und wird dann immer langsamer, bis sie einen Grenzwert erreicht. Die anfänglich hohe Schartigkeit verringert sich kontinuierlich mit der Erhöhung der Bearbeitungszeit. Bei der Bearbeitung von Hartmetall lassen sich Schartigkeiten von unter 1,0 µm erzielt. Diagramm 8.4: Schartigkeit eines HM-Fräsers 3.5 Werkstückgröße Der Einfluss der Eigenrotation auf das Ergebnis der Schneidkantenverrun- dung ist zu vernachlässigen, da dieser minimal ist. Entsprechend geringe Einflüsse auf das Bearbeitungsergebnis zeigen der Werkstückdurchmesser und die Länge der Werkzeuge. 110 Gleitschleppschleifen 3.6 Eintauchtiefe Die Eintauchtiefe ist ein wichtiger Parameter. Aufgrund des statischen Druckes, steigt der Anpressdruck des Medias mit der Eintauchtiefe. Im Allgemeinen kann man sagen, dass pro 100 mm Eintauchtiefe die Verrun- dungsgröße um bis zu 30% variiert. Diagramm 8.5: Eintauchtiefe mit schnellem Halter Diagramm 8.6: Eintauchtiefe mit langsamem Halter Zusammenfassend ist erkennbar, dass die unterschiedlichen Arbeitsergeb- nisse zum einen von der Dichte der verwendeten Media abhängen und zum anderen von der Wahl einer geeigneten Drehzahl, da sich bei zu geringen Drehzahlen nur geringe Fortschritte erzielen lassen. H. Gegenheimer Präparationsverfahren 111 Bei den DF Tool Maschinen kann die Eintauchtiefe an der Steuerung vorgegeben werden. Beim Eintauchen der Werkstücke in der Media, wird die Werkstücklänge über einen Laser gemessen, wodurch eine genaue Posi- tionierung gegeben ist und sich daraus eine hohe Prozesssicherheit ergibt. 4 Bearbeitungsbeispiele 4.1 Entgraten von Zerpanwerkzeugen Die Gratbildung, während des Herstellungsprozesses von Werkzeugen, ist besonders bei HSS Werkzeugen ein Problem. Werkstück: Meist Gewindebohrer Werkstoff: Vorwiegend aus HSS Bearbeitungsziel: Entfernen des Schleifgrates, Verrunden der Schneid- kanten (i. A. 10-15 µm bei Gewindebohrern M10) Media: Vorzugsweise SIX Granulate Drehrichtung: 50% Rechts- 50% Linkslauf Bearbeitungszeit: 6 – 8 Minuten je nach Stärke des Grates und der Gratwurzel Abb. 8.15: HSS-Gewindebohrer vor Bearbeitung; starker Grat sichtbar 8.16: HSS-Gewindebohrer nach Bearbeitung gratfrei und Kanten verrundet 112 Gleitschleppschleifen Vorteile: Schnelle und effektive Entfernung des Grates bei gleichzeiti- ger Glättung der Spannut. Im selben Zuge wird eine Kantenverrundung erzeugt. Nachteile: Der Übergang von Gratentfernung hin zu einsetzender Kan- tenverrundung ist sehr gering. Die Ausgangsqualität der Werkstücke sollte sehr gleichmäßig sein. Darum muss ein sehr starker Gart vorher entfernt werden (z.B. mit einer Bürste). 5 Verrunden von Schneidkanten Werkstücke: Zerspanwerkzeuge aller Art mit einer geforderten Kantenverrundung. Werkstoff: Alle eingesetzten Schneidstoffe, vorwiegend Hartme- tall Bearbeitungsziel: Verrundung von Haupt- und Nebenschneiden zum direkten Einsatz oder vor dem Beschichten Media: HSC-Granulate bei geforderter Kantenverrundung bis 15 µm SIX-Granulate bei geforderter Kantenverrundung bis 30 µm QZ 1-3 bei geforderter Kantenverrundung von mehr als 30 µm Drehrichtung: 100% Rechtslauf Bearbeitungszeit: 1 – 20 Minuten, je nach gewünschter Kantenverrun- dung Abb. 8.17: Fräswerkzeug H. Gegenheimer Präparationsverfahren 113 Abb. 8.18: REM- Aufnahme, Schneid- kante unbearbeitet Abb. 8.19: REM- Aufnahme, Schneid- kante bearbeitet Abb. 8.20: REM- Aufnahme Vorteile: • Sehr genaue und gleichmäßige Verrundung der Schneiden bei gleichzeitiger Glättung der Spannuten. • Optische Aufwertung des Werkzeuges • Sehr hohe Reproduzierbarkeit • Kein anderes Verfahren auf dem Markt verrundet und glättet bei einer gleichzeitig derartig hohen Genauigkeit, Gleichmä- ßigkeit und einfachen Handhabung, wie das Gleitschleppschleif- Verfahren. • Optimale Anwendbarkeit, da Geometrie und Größe der Werkzeuge für das Verfahren genutzt werden. • Gute Hafteigenschaften bei anschließender Beschichtung und Erhöhung der Laufruhe im Einsatz. 114 Gleitschleppschleifen Abb. 8.21: Auswertung Messmaschine: Schneidkante Bohrer 10 mm unbearbeitet Diagramm 8.7: Messergebnisse Schneidkante Bohrer 10mm unbe- arbeitet H. Gegenheimer Präparationsverfahren 115 Abb. 8.22: Auswertung Messmaschine: Bohrer 10mm bearbeitet Diagramm 8.8: Messergebnisse Schneidkante Bohrer 10mm bear- beitet 116 Gleitschleppschleifen 6 Polieren von beschichteten und unbeschichteten Zerspanwerkzeugen Werkstücke: Zerspanwerkzeuge aller Art Werkstoff: HSS und Hartmetall Bearbeitungsziel: Glätten der Spannuten vor und nach dem Beschichten. Entfernen der durch die Beschichtung entstandenen Droplets. Media: HSC Granulate Drehrichtung: 20% Rechts- und 80% Linkslauf bei gewendelten Werkzeugen. 50% Rechts- und 50% Linkslauf bei nicht gewendel- ten Werkzeugen und Wendeschneidplatten. 80% Rechts- und 20% Linkslauf bei gleichzeitig ge- forderter Kantenverrundung. Bearbeitungszeit: Beschichtete Werkzeuge: Max. 3 Minuten davon max. 30 sec. Rechtslauf. Bei längerem Rechtslauf kann die Beschichtung der Haupt- und Nebenschneiden be- schädigt werden. Droplets werden in 1-2 Minuten entfernt Unbeschichtete Werkzeuge: Je nach Bearbeitungsfort- schritt und geforderter Oberfläche 5 bis 20 Minuten. H. Gegenheimer Präparationsverfahren 117 HM- Fräser Drehzahl 20 min-1; Rechtslauf Bearbeitungszeit [min] Rauhigkeit Ra [µm] 0 0,8 5 0,6 10 0,4 15 0,4 20 0,3 Tabelle 8.1: Einfluss der Bearbeitungszeit auf die erreichte Rauhigkeit Vorteile: • Schnelle und einfache Glättung der Spannuten mit oder ohne Ver- rundung der Schneidkanten. • Sichere und schnelle Entfernung von Droplets nach dem Beschich- ten. • Resultat sind gute Hafteigenschaften bei anschließender Beschich- tung, sowie eine optische Aufwertung des Werkzeuges durch die gleichmäßige Politur. • Eine Verringerung der Aufbauschneidenbildung durch glatte Span- nuten, sowie eine Erhöhung der Schnittgeschwindigkeit um bis zu 100% und eine Reduzierung der Arbeitstemperatur. • Diese Vorteile führen zu einer Erhöhung der Werkzeugstandzeiten. 118 Gleitschleppschleifen Abb. 8.23: Droplets vor Bearbeitung; 2000x vergrößert Abb. 8.24: Droplets nach Bearbeitung; 2000x vergrößert M. Weigand Präparationsverfahren 119 Kantenverrundungsprozesse vor dem Be- schichten von Zerspanwerkzeugen Am Beispiel eines HSS-Wälzfräsers Manfred Weigand 15 Abstract: Die Beschichtung ist ein wesentlicher Bestandteil in der Aufbereitungskette von Zerspanwerkzeugen. Doch im Vorfeld müssen diese Werkzeuge (Bohrer, Fräser, Gewindebohrer, Wälzfräser etc.) nach dem (Nach-) Schleifen mit speziellen Verfahren beschichtungs- und somit anwendungstauglich gemacht werden. Insbesondere die Kantenverrundung spielt hier eine wesentliche Rolle. Diese Art der Vorbereitung wiederum würde auch einem unbeschichteten Werkzeug eine deutlich verbesserte Performancesteigerung bringen. Schlagwörter: Beschichten 1 Eingangskontrolle / Entschichtung Bei der Eingangskontrolle sollten bei einem Beschichtungsunternehmen folgende Merk-male eines Werkzeuges kontrolliert werden: • (Nach-) geschliffene Oberfläche – insbesondere in Bezug auf Schleifbrand (HSS) • Schneiden – Restverschleiß sowie Grate 15 Dipl.-Ing. Manfred Weigand, CemeCon AG, Adenauerstrasse 20A4, 52146 Würselen, Tel.:02405 4470 135, Mobil:0171 9700746, e-mail:manfred.weigand@cemecon.de 120 Kantenverrundungsprozesse vor dem Beschichten Um diese Kontrolle möglichst effizient vornehmen zu können, wird das Werkzeug (HSS & HM) vor der Kontrolle entschichtet. Abb. 9.1: Grate 2 Entgraten HSS Werkzeuge müssen vor der eigentlichen Schneidkantenpräparation entgratet werden, da ein überbeschichteter Grat im Einsatz sofort brechen würde und somit die Schneidkante frei läge. Dies würde einen direkten Angriff für Verschleiß bedeuten. Die Schneidkante selber ist nach dem Entgratprozess relativ inhomogen, da der Grat immer unterschiedlich bricht. Im folgenden Schritt (Schneidkan- tenverrundung) muss die Schartigkeit der Schneidkante egalisiert werden. M. Weigand Präparationsverfahren 121 Abb. 9.2: Inhomogene Schneidkante nach dem Entgraten 3 Kantenverrundung HSS: Nun muss die Schneidkantenverrundung an das Werkzeug sowie die Bearbeitung angepasst werden. Wichtig ist hierbei, die verschieden großen Spandicken (Kopf-Flanke-Fuß), die der Zahn „sieht“ in der Präparation zu berücksichtigen. Somit muß der Kopf eine andere Schneidkantenverrundung aufweisen als die Flanke oder der Zahnfuß. Abb. 9.3: Schneidkante (Fuß) nach dem Verrunden 122 Kantenverrundungsprozesse vor dem Beschichten Abb. 9.4: Schneidkante (Kopf) nach dem Verrunden Abb. 9.5: Messprotokoll der Schneidkantenverrundung VHM: Hartmetallwerkzeuge werden wie HSS-Werkzeuge mit einem Strahlverfahren präpariert. Aufgrund der deutlich höheren Härte des Hartmetalls ist es jedoch deutlich schwieriger, eine genau definierte Schneidkantenverrundung auf dem Werkzeug aufzubringen. Eine einfache M. Weigand Präparationsverfahren 123 Erhöhung des Strahldruckes oder der Strahldauer kann hier ggfs. sogar negative Einflüsse haben. Des Weiteren ist darauf zu achten, dass die Schneidkante nach der Vorbehandlung auch die gewünschte Geometrie aufweist. So sind folgende Geometrien realisierbar: • Wasserfall • Trompetenform • Viertelkreis Ein Beispiel für solch eine Kantenverrundung mit Viertelkreischarakter ist in Abb. 9.5 zu erkennen. Die entscheidende Rolle bei dem gewählten Naßstrahlverfahren (Mischung von Edelkorund und Wasser) sind die • Wirtschaftlichkeit, • Reproduzierbarkeit • und Prozesssicherheit. Der Aufwand für die Vorbehandlung sollte im Allgemeinen so gering sein, dass der Maschinenbediener die Anlage quasi nebenbei bedienen kann. Somit sind nur automatisierte Lösungen ggfs. auf Mehrspindelanlagen für eine hohe Wirtschaftlichkeit, gepaart mit höchster Qualität, möglich. Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt bei der Wirtschaftlichkeit und Reproduzierbarkeit ist die Aufbereitung des Stahlmittels. Separatoren trennen das verbrauchte Material vom noch verwendbaren und speisen das „Gute“ wieder in den Kreislauf ein. Solche Separatoren rechnen sich meistens schon nach wenigen Monaten Betriebsdauer. Idealerweise werden sämtliche Prozesse, wie sie oben beschrieben wurden und im Weiteren noch unten aufgeführt werden, aus einer Hand geliefert und installiert. Nur so ist eine optimale Abstimmung aller Parameter gewährleistet. Nicht selten haben „zusammengewürfelte“ Lösungen trotz bester Technologien eine deutliche schlechtere Performance als aufeinander abgestimmte. Diese sogenannten TurnKey-Solutions haben außerdem den Vorteil, nur einen einzigen Ansprechpartner für eine komplette Fertigungslinie zu haben. Diese Art der Vorbehandlung hat jedoch auch noch andere Eigenschaften. 124 Kantenverrundungsprozesse vor dem Beschichten Das Naßstrahlverfahren ist zum Einen aufgrund seines schonenden „Abtrages“ sowohl für HSS als auch Hartmetall einsetzbar, zum Anderen aber auch hervorragend als Reparaturmaßnahme bei • Co-Leaching (Cobald-Auswaschungen) • Co-Smearing (Cobald-Aufschmierungen) sowie zum Reinigen stark verschmutzter Oberfächen geeignet. 4 Beschichtung Die Beschichtung bildet sozusagen die Kür des gesamten Prozesses. Man unterscheidet zwischen mehreren Beschichtungsverfahren, im Folgenden sind die zwei am weitesten verbreiteten Technologien aufgeführt: Abb. 9.6: Beschichtungstechnologie ARC M. Weigand Präparationsverfahren 125 Abb. 9.7: Beschichtungstechnologie Sputtern Abb. 9.8: Oberflächenstruktur ARC-Beschichtung 126 Kantenverrundungsprozesse vor dem Beschichten Abb. 9.9: Oberflächenstruktur Sputter-Beschichtung Der am häufigsten eingesetzte Schichtwerkstoff ist AlTiN (Aluminium- Titan-Nitrid), wobei der Aluminium-Anteil deutlich größer als der Titan- Anteil ist. Hintergrund ist die gewollte Bildung von Al2O3 (Aluminium- oxid), da diese chemische Zusammensetzung die Vorteile der hohen Härte kombiniert mit einer hervorragenden Wärmeisolierung. Die Aufgabe der Beschichtung besteht zum einen natürlich in einem hohen Verschleißwider- stand, zum anderen aber auch in einer thermischen Isolierung des Substrates – z.B. Vermeidung von Kolk bei HSS-Wälzfräsern! Die im Prozess entste- hende Wärme soll nach Möglichkeit über den Span abgeführt werden und nicht in das Substrat gelangen. Abb. 9.10: Thermische Isolierung des Substrates M. Weigand Präparationsverfahren 127 Abb. 9.11: Querschliff AlTiN-Beschichtung (Nanocomposite) 5 Ausgangskontrolle Die folgende Ausgangskontrolle wird standardmäßig bei jeder Beschichtungscharge durchgeführt. Hierbei wird mittels einer rotierenden Kugel, die in einer Diamantsuspension läuft, ein Krater, die so genannte Kalotte, durch die Beschichtung hindurch in das Substrat geschliffen. Abb. 9.12: Kalottenschliff unter der Mikroskop 128 Kantenverrundungsprozesse vor dem Beschichten Mittels eines Schichtdickenmeßprogramms kann nun nach einer einfachen mathematischen Formel die Schichtdicke bestimmt werden. Des Weiteren wird das Interface (Übergang der Beschichtung zum Substrat) beurteilt. Dies gibt Aufschluss über die Schichthaftung, da die rotierende Kugel bei einer schlechten Schichthaftung das Interface schädigen würde. Abb. 9.13: Rockwelleindruck 6 Zusammenfassung Wie aus den oben aufgezeigten Arbeitschritten deutlich wird, hat heutzutage ein Beschichtungsunternehmen deutlich mehr zu leisten als lediglich eine Standardbeschichtung auf das Werkzeug aufzubringen. Die fachgerechte Konstruktion einer Beschichtung im Allgemeinen, für Wälzfräser im Besonderen, ist heutzutage die Aufgabe von Experten, die unter anderem auch fundiertes Wissen über die Zerspanung, die Werkzeuge sowie die des Schleifens besitzen müssen. Und zu eben dieser Konstruktion gehört auch die fachgerechte Präparation von Zerspanungswerkzeugen M. Weigand Präparationsverfahren 129 Abb. 9.14: Überblick Beschichtungsfabrik 130 Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge Präparationsverfahren Schneidkantenpräparation für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge Tibor Cselle16 Abstract: Langsam ist es allgemein akzeptiert, dass die eben hochqualita- tiv geschliffenen Schneiden von Zerspanwerkzeugen vor dem Beschichten präpariert werden müssen. Warum? Damit sie rich- tig stabil werden und damit das Potential der Schichten zur Leistungssteigerung noch mehr ausgenutzt wird. Wie man die Schneiden optimal vorbereiten soll, hängt von vie- len Parametern ab, in erster Linie: - von der Art des Werkzeuges (Schlicht- oder Schruppwerk- zeug) - vom zu bearbeitenden Werkstoff und - von den Schnittparametern. Der Beitrag versucht die wichtigsten Einflüsse mit Hilfe von In- dustriebeispielen aufzuzeigen, um den Schleifern und Beschich- tern praktische Hilfestellungen zur optimalen Schneidkantenprä- paration zu geben. Schlagwörter: Schneidenstabilität, praktische Empfehlungen zum Behandeln von Zerspanwerkzeugen vor und nach dem Beschichten, Hochleistungsschichten 16 Dr. – Ing. Tibor Cselle, PLATIT AG, Moosstrasse 68, CH-2540 Grenchen, e-mail: t.cselle@platit.com T.Cselle Präparationsverfahren 131 Abb. 10.1: Schartigkeit Jedem Fräser-Lehrling wurde schon vor 50 Jahren beigebracht, wie er die scharfgeschliffene Werkzeugschneide mit Diamantfeile abziehen soll. Wa- rum? Um die Schneide zu entgraten, die “Haiverzahnung“, die Ausbröcke- lungen zu eleminieren, also um die Schneide zu stabilisieren. Für die heuti- gen Hochleistungswerkzeuge sind die Ziele die gleichen, wobei die gute Beschichtbarkeit der Schneide noch als wichtiges Kriterium bzw. Zielset- zung für die Schneidkantepräparation dazu kam. Alles geschieht um die Zerspanungsleistung zu erhöhen. Der Beitrag zeigt den Einfluss der Schneidkantenpräparation mit Hilfe von praktischen Bei- spielen • für verschiedene beschichtete Werkzeuge (bzw. Zerspanverfahren) • durchgeführt mit den gängigsten Verfahren • in Abhängigkeit der erzielten Formen, Oberflächengüten und Schneidstoffe (Abb. 10.2). 132 Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge Abb. 10.2: Die Schwerpunkte des Beitrages Durch die Auswertung der zahlreichen Anwendungen versuchten wir allgemeingültige Aussagen für den Einfluss der Schneidkantenpräparation von beschichteten Werkzeugen abzuleiten. 1 Schneidkantenpräparation von VHM-Bohrern Das Beispiel der Abb. 10.3 zeigt, dass sowohl das entsprechende Schleifen (Eckenfreiwinkel), als auch die optimierte Verrundung der Schneidkante (durch Bürsten) die Standzeit des Bohrers massgeblich beeinflußt. T.Cselle Präparationsverfahren 133 geschliffen R = 3 µm R1 = 11 µm R2 = 15 µm R3 = 21 µm -100 0 100 200 300 400 500 600 0 10 20 30 40 50 60 E c k v e rs c h le is s V B ; [u m ] Bohrweg [m] Schneide geschliffen verrundet R=15 µm ohne Eckenfreiwinkel mit Eckenfreiwinkel ohne Verrundung mit Eckenfreiwinkel und Verrundung R=15 µm Abb. 10.3: Einfluss der Schneidkantenpräparation beim Bohren mit beschichteten Vollhartmetallbohrern Verfahren Grundlochbohren Werkstoff Kaltarbeitsstahl - 1.2379 - X155CrVMo12-1 Härte HRC = 22 Werkzeug nACo-beschichtet Durchmesser d = 5 mm Kühlung trockene Luft Vorschub fz = 0.3 mm Zustellung ap=15 mm Schnittgeschwindigkeit vc = 75 mm/min Der optimale Schneidkantenradius hängt in erster Linie vom zu bohrenden Werkstoff und vom Werkzeugdurchmesser ab (Abb. 10.4). 134 Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge Abb. 10.4: Optimale Schneidkantenradien für zwei Werkstoffe in Abhängigkeit des Bohrerdurchmessers 2 Schneidkantenpräparation von VHM-Schaftfräsern Fräser mit verschiedensten Schichten erzeugten starkes Rattern und erzielten ähnliche Leistungen (Abb. 10.5). Die Schwingungen wurden von den zu scharfen Ecken hervorgerufen, was auch zu dem häufigen Ausbruch der Fräserecken führte. T.Cselle Präparationsverfahren 135 Abb. 10.5: Rattern beim Fräsen, verursacht durch zu scharfe Ecken Verfahren Gleichlauffräsen Werkstoff 1.2312 - 40CrMnMoS8-6 Festigkeit Rm = 1000 N/mm 2 Härte HRC = 32 Werkzeug VHM – TiN beschichtet Durchmesser d = 12 mm Zähnezahl z = 4 Kühlung trockene Luft 6 bar Vorschub fz = 0.1 mm/z; Zustellung ae = ap = 6 mm Schnittgeschwindigkeit vc = 200 mm/min Das Rattern konnte durch Stabilisierung der Fräserecken massgeblich reduziert und die beste Schicht gefunden werden (Abb. 10.6). 136 Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge Abb. 10.6: Verschleißverlauf beim Fräsen mit und ohne Schneideckenpräparation (Daten siehe Abb. 10.5) Die gleichen Fräser zeigen ein interessantes Verschleissverhalten, wenn die Rundfasen mit unterschiedlichen Schneidkantenverrundungen versehen werden (Abb. 10.7). T.Cselle Präparationsverfahren 137 (keine) Verrundung = 0 µm Verrundung = 10 µm Verrundung = 15 µm Verrundung = 20 µm Verrundung = 30 µm Verrundung = 40 µm Abb. 10.7: Verschleissbilder der Rundfase nach Lf=60m Fräsweg nach Schneidkantenpräparationen mit verschiedenen Radien Werkstoff 1.7225 – 42CrMo4 – 4140H Werkzeug AlTiN-beschichtet Durchmesser d = 10mm Zähnezahl z = 4 Kühlung trockene Luft Vorschub fz = 0.1 mm/z Zustellung ae = 1 mm; ap = d Schnittgeschwindigkeit vc = 140 m/min Im Vergütungsstahl zeigen die Rundfasen mit größeren Radien ein immer besser werdendes Verschleissverhalten. Nach dem optimalen R=30 µm bricht des Leistungsverhalten aber ein (Abb. 10.8). 138 Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge Diagramm 10.1: Verschleißverlauf beim Fräsen bei verschiedenen Radien der Schneidkantenpräparation im Vergütungsstahl (Daten siehe Abb. 10.7) Dieser abrupte Leistungsabfall kann nach dem Überschreiten des optimalen Abzuges auch bei anderen Werkstoffmaterialien festgestellt werden (Abb. 10.2) T.Cselle Präparationsverfahren 139 0 20 40 60 80 100 120 0.00 10.00 20.00 30.00 40.00 50.00 60.00 S ta n d z e it ; [ % ] Verrundung; R [um] Standzeit Poly. (Standzeit) Diagramm 10.2: Verschleißverlauf beim Fräsen mit verschiedenen Radien der Schneidkantenpräparation im Kaltarbeitsstahl Werkstoff 1.2379 - X155CrVMo12-1 Werkzeug nACRo-beschichtet Durchmesser d = 10 mm Zähnezahl z = 4 Vorschub fz = 0.05 mm/z Zustellung ae = 0,25 x d; ap = 1,5 x d Schnittgeschwindigkeit vc = 150 m/min Speziell bei der Bearbeitung höher legierter und gehärteter Werkstoffe ist die Wahl von optimalen Schneidkantenradien von entscheidender Bedeutung. Bei zu „scharfen“ Schneiden beträgt die Standzeit nur 20% gegenüber der Standzeit von optimal verrundeten Schneiden. Bei einer zu großen Kantenverrundung, die einem vorweggenommenen Verschleiß entspricht, sinkt die Standzeit ebenfalls drastisch ab (Diagramm 10.2) Optimale experimentell ermittelte Schneidkantenverrundungen zeigt (Diagramm 10.3). 140 Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge Diagramm 10.3: Optimale Schneidkantenradien für zwei Werkstoffe in Abhängigkeit des Fräserdurchmessers 3 Schneidkantenpräparation von Abwälzfräsern Die Schneidkantenpräparation (Entgraten, Verrunden und Abziehen der Schneiden muss auf dem Zahngrund, auf der Zahnflanke und auf dem Zahnkopf gleichmässig sein. Ansonsten treten ungleichmässige Verschleisse auf (Abb. 10.8). Abb. 10.8: Wichtigste Verschleißarten eines Abwälzfräserzahnes T.Cselle Präparationsverfahren 141 Das zur Schneidenpräparation von Abwälzfräsern meistens verwendete nasse Mikrostrahlen gleicht die Unregelmässigkeiten hervorragend aus (Abb. 10.9). 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 0 5 10 15 20 25 30 35 Nach Schleifen (scharf) nassgestrahlt Verrundung; R [µm] Standmenge; Anzahl Werkstücke Abb. 10.9: Schneidkantenpräparation von Abwälzfräsern durch nas- ses Mikrostrahlen Werkstoff 27MnCr5 (270HB) Werkzeug S290, AlTiN-beschichtet Schnittgeschwindigkeit vc = 140 m/min Spanungsdicke hmax = 0,3 Kühlung trocken Standzeitkriterium VBmax = 0,1 mm Modul = 2 Wie auch bei anderen Zerspanverfahren festzustellen ist, führt eine zu starke Verrundung der Schneide, zu einer Verringerung der Standzeit. 4 Charakterisierung der Schichtgüte und ihre Abhängig- keit von der Schneidkantenpräparation Direkt an der Schneide bleibt keine Schicht sehr lange erhalten. Die Güte der Schicht kann dadurch charakterisiert werden, wie lange die Abstände CPoR und CPoC klein gehalten werden können (Abb. 10.10). 142 Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge 1. Direkt an der scharfen Schneide weist die PVD-Schicht eine enorm hohe interne Spannung auf. Schneidkeil 3. Die Güte der Schicht kann durch ihre Fähigkeit charakterisiert werden wie lange und wie klein die Abstände CPo R and CPO C durch die Schicht gehalten werden können. 2. Wegen dieser hohen internen Spannung platzt die Schicht direkt an der Schneide nach wenigen Schnitten ab. CPo C CPoR CPo R : coating's peeling off an der Spanfläche CPoC : coating's peeling off an der Freifläche 4. Die Ziele der Schneidkantenpräparation sind; - der Schicht zu helfen die Abstände CPo R und CPo C lange klein zu halten und dafür - die Schneide zu “entschärfen“ - einen weichen Übergang für die Schicht zwischen Span- und Freifläche zu schaffen - dadurch die interne Spannung der Schicht zu reduzieren - aber dabei das Werkzeug nicht stumpf zu machen Abb. 10.10: Charakterisierung der Schichtgüte an der Schneide Die Schneidkantenpräparation beeinflusst die Güte der Schicht massgeblich (Abb. 10.11). Abb. 10.11: Beeinflussung des Schichtverhaltens durch unterschied- liche Schneidkantenpräparationen T.Cselle Präparationsverfahren 143 5 Schneidkantenpräparation nach dem Beschichten Wenn die Schicht direkt an der Schneide schnell abplatzt, kann eine Schneidkantenbehandlung nach dem Beschichten, das grossflächige Abplatzen der Schicht verlangsamen und weitere Vorteile bringen. Diese Nachbehandlung beinhaltet aber auch wichtige Nachteile (Abb. 10.12). - Schneidkantenverrundung & Dropletentfernung in einem Schritt Schneide nach Beschichten Schneide “freigesetzt“ nach dem Beschichten - Unterbrechung der Schichtstruktur an einer langen Linie - Direkter Kontakt von HM und Werkstoff - Schlechtere chemische und Wärmeisolierung VORTEILE: - Vermeidung von grossen zusammen- hängenden Ausbrüchen von HM+Schicht - Ausgleich des Antenneneffektes (z.T.) NACHTEILE: - Niedrige Schichtdicke in der Nähe der Schneide - Schnellerer Werkzeugverschleiss - Eindruck einer schlechten Beschichtung Abb. 10.12: Vor- und Nachteile der Schneidkantenpäparation nach dem Beschichten 6 Die wichtigsten Verfahren zur Schneidkantenpräparati- on Zur Durchführung der Schneidkantenpräparation stehen verschiedene Methoden und Geräte zur Verfügung. Sei es hier dem Verfasser gestattet, die wichtigsten Verfahren nach seiner Erfahrung zu vergleichen (Abb. 10.13). 144 Schneidkantenpräp. für zu beschichtende Zerspanwerkzeuge Abb. 10.13: Die wichtigsten Verfahren zur Schneidkantenpräparation und ihre wichtigsten Merkmale 7 Zusammenfassung Aus den Versuchen beim • Bohren, Fräsen, Gewinden und Abwälzfräsen mit Vollwerkzeugen • Drehen mit Wendeschneidplatten und • mit vollen und gelöteten Sägewerkzeugen bei denen die Schneiden durch die Verfahren • Schleifen, Bürsten, Mikrostrahlen, Schleppschleifen und Magnetfi- nish vorbehandelt wurden, lassen sich die folgenden Aussagen ableiten:  Eine optimale Schneidkantenpräparation ist bei Hochleistungswerk- zeugen enorm wichtig und kann bedeutsame Leistungssteigerungen erreichen.  Die optimalen Parameter der Schneidkantenpräparation hängen stark von den zu bearbeitenden Materialien, von den Schnittparametern und von den Werkzeugabmessungen ab.  Die Schneidkantenpräparation ist sehr “empfindlich“, falls die opti- malen Werte der Schneidkantenpräparation überschritten werden, fällt die Zerspanleistung rapide ab.  Deswegen ist die Schneidkantenpräparation ein enorm wichtiger Be- standteil aller Beschichtungssysteme für die zerspanende Industrie (Abb. 10.14). T.Cselle Präparationsverfahren 145 Abb. 10.14: Die Schneidkantenpräparation ist ein integrierter Be- standteil moderner Beschichtungssysteme 8 Literatur Cselle, T.: Influence of Edge Preparation on the Performance of Coated Cutting Tools Invited talk on the International Conference on Metallurgical Coatings and Thin Films, San Diego, April/2007 – Download: www.platit.com Cselle, T.: Einfluss der Schneidkanten-Präparation auf die Leistung von beschichteten HPC-Zerspanwerkzeugen - High Performance Cutting (HPC), Aachen, 29./30.04.2008 Preiß, P.; Cselle, T.: Einfluss der Schneidkantenpräparation und Beschichtung auf das Leistungsvermögen von Präzisionszerspanungswerkzeugen Tagungsband zur 8. Schmalkalder Werkzeugtagung, Schmalkalden, 05./06.11.2008 Cselle, T. Büchel, C. Coddet, O. Lümkemann, A. Morstein, M. Prochazka, J.: Die Bedeutung der Schneiden-Mikrogeometrie für beschichtete Hochleistungswerkzeuge Swissmem – 8. Zerspanungsseminar, Zürich, Olten, Yverdon, Jan/2009 146 Optische Messung von Schneidkanten Messtechnik Optische Messung von Schneidkanten R. Hainich17 Abstract: Optische Verfahren zur Schneidkantenmessung bieten gegenüber taktilen Lösungen den Vorteil der schnellen Erfassung und automatischen Ausrichtung einer großen Anzahl von Radien, geringer Folgekosten und einfacher Handhabung, darüber hinaus die Möglichkeit der schnellen Messung weiterer Parameter. Im folgenden stellen wir die wesentlichen optischen Messverfahren, ihre Prinzipien, spezifischen Eigenschaften und ihre praktische Anwendung vor. Schlagwörter: Optische Messtechnik, Schneidkantenmessung, Streifenprojektion, Infinite-Focus, Konfokales Mikroskop, Radiennormal 1 Optische Schneidkantenmessung - Grundlagen Wesentliche optische Verfahren für die Schneidkantenmessung sind zur Zeit die Streifenprojektion sowie Fokus-basierte Mikroskopieverfahren. Weitere Verfahren wie Interferometrie, Triangulationsverfahren u.a. spielen in die- sem Applikationsbereich nur eine untergeordnete Rolle. Im Folgenden 17 rolf.hainich@gfmesstechnik.com R. Hainich Messtechnik 147 werden daher schwerpunktmäßig die genannten wichtigeren Verfahren und ihre Anwendung erläutert. Diese sind in der Lage, die Schneidkante flächenhaft zu erfassen und damit wesentlich mehr Informationen zu liefern als taktile Verfahren, z.B. über Scharten, Rauhigkeit usw.. Kantenradien werden durch Einfügen von Schnittlinien im fertiggemessenen 3D-Datensatz bestimmt (Abb. 11.1). Diese Schnittlinien liefern nicht nur einen Überblick über ein ganzes Seg- ment einer Schneide, sie werden auch automatisch quer zur Schneide ausge- richtet. Abb. 11.1: Automatisch gelegte Schnittlinien, Schartigkeit (ODSCAD Software) 1.1 Musterprojektions-Verfahren Wir betrachten im Folgenden die Streifenprojektion. Diese ist generell gesehen, ein Spezialfall der allgemeinen Musterprojektion (structured light projection). Andere Projektionsmuster haben sich jedoch als wenig vorteil- haft erwiesen, abgesehen von Spezialanwendungen, so dass Streifenprojek- tion und ‚structured light’ oft synonym verwendet werden. Das Streifenprojektionsverfahren lässt sich am einfachsten ausgehend vom Lichtschnittverfahren erklären. Trifft ein schmaler Lichtstreifen auf ein Objekt, „schneidet“ er es quasi in zwei Hälften, und die Schnittlinie, von der 148 Optische Messung von Schneidkanten Seite betrachtet, gibt Auskunft über die Form des Objekts. Die subjektiv von einer beliebigen Position aus gesehene Form der Schnittlinie lässt sich geometrisch punktweise auswerten, wie eine einfache Triangulation. Für eine vollständige Vermessung einer Oberfläche könnte man viele sol- cher Schnittlinien aneinander reihen. Unter der Voraussetzung, dass sowohl vom Projektor als auch von der Kamera aus alle Teile der zu messenden Objektoberflächen zu sehen sind, kann so die Form vollständig vermessen werden. Ist dies nicht der Fall, müssen mehrere Messungen von verschiede- nen Positionen aus kombiniert werden. Die Projektion einzelner Lichtschnit- te nacheinander erfordert jedoch eine erhebliche Zeit. Daher erfand man die Streifenprojektion, bei der quasi viele parallele Lichtschnitte gleichzeitig projiziert und ebenso gleichzeitig von einer Kamera aufgenommen werden. Die Streifenprojektion bietet jedoch wesentlich mehr als lediglich eine beschleunigte Messung. Sie kann wesentlich genauer sein als das einfache Lichtschnittverfahren. Dazu wird nicht einfach der Ort eines Lichtstreifens ermittelt, sondern es werden außerdem die Intensitäten eines kontinuierli- chen Helligkeitsverlaufs zwischen den hellen und dunklen Streifenpartien ausgewertet. Abb. 11.2: Streifenprojektion mit Phasenauswertung Sind die Helligkeitsverläufe des emittierten Lichtmusters bekannt (und ebenso eventuelle Grauwertverläufe der gemessenen Oberfläche), so lassen sich auf diese Weise die Streifenpositionen und somit die gemessenen Hö- R. Hainich Messtechnik 149 henwerte um ein vielfaches genauer bestimmen, in der Praxis um das 10- bis 50-fache. Dabei werden verschiedene physikalische Tatsachen genutzt: zum einen sind projizierte Streifen von natur aus nicht vollständig scharf. Zum anderen gleicht die Positionsbestimmung von Streifen innerhalb eines regelmäßigen Musters einer Phasenmessung. Damit können Rechenverfahren zum Einsatz kommen, wie sie z.B. in der Interferometrie üblich sind. Konkret ist z.B. die Auswertung per Fourieranalyse möglich, die im komplexen Fall nicht nur die Frequenzen, sondern auch die Phasen verschiedener Spektralanteile eines Wellenmusters auswirft. Durch die Spektrale Separation kann zudem die hier ausschließlich interessierende Grundwelle des Musters herausgefil- tert werden. Von besonderem Vorteil ist dabei, dass für die Fourieranalyse ein hocheffizientes und schnelles Rechenverfahren, die so genannte Fast- Fourier-Transformaton (FFT) zur Verfügung steht. Betrachtet man die Vorgänge im Einzelnen so zeigt sich, dass eine genaue ‚Triangulation’ auf Basis dieses Verfahrens bereits mit relativ breiten, proji- zierten Streifen möglich ist, die aber annähernd sinusförmig moduliert sein sollten. Weiters sind zur einwandfreien Bestimmung aller Flächenpunkte aus der Signalphase mindestens 3 phasenverschobene Streifenmuster erfor- derlich (Abb. 11.2), da nur dann stets eine verwertbare Streifenflanke F auf jeden Objektpunkt liegt. Genauer betrachtet, ist in der Praxis der Intensitätsverlauf eigentlich ein Stufenmuster, denn er wird i.d.R. mittels eines aus einzelnen Bildpunkten aufgebauten Displays erzeugt. Praktisch liegen jedoch die Stufen an der Auflösungsgrenze der Abbildungsoptik und verschwimmen somit, dazu kommt eine gewisse Unschärfe da ja der Projektor 3-dimensionale Objekte beleuchtet und somit ein erheblicher Schärfentiefen-bereich genutzt wird, und drittens werden die durch die Stufen bedingten, höheren Bildfrequenzen letztlich bei der Analyse herausgefiltert. Wichtig ist neben der Messgenauigkeit die eindeutige Zuordnung der gese- henen Streifen. Im Falle stetiger Oberflächen ohne verdeckte Teile kann dies noch einfach durch Abzählen erreicht werden. Andernfalls werden beispielsweise mehrere Muster aus sukzessive breiter werdenden schwarzen und weißen Streifen projiziert. Die Codierung kann so gewählt werden, dass die hell/dunkel- Folgen der aufeinander folgenden projizierten Bilder für jeden der schmalsten Streifen eine individuelle binäre Zahl ergeben, die die beleuchteten Objektpunkte eindeutig zuordnet und zudem hohe Fehlersi- cherheit bietet (Graycodes). Bei hinreichend intakten Schneidkanten kann allerdings hierauf verzichtet werden, da hier nicht mit verdeckten Streifen zu rechnen ist. Somit ist diese 150 Optische Messung von Schneidkanten Anwendung bereits mit 3-4 Phasenbildern hervorragend bedient, was eine Aufnahme des gesamten Tiefenbereichs bereits im Bruchteil einer Sekunde ermöglicht. Zu beachten ist, dass generell bei der Streifenprojektion quer zu den Streifen liegende Objektstrukturen etwas besser aufgelöst werden als parallele, so dass für spezielle Messprobleme durchaus auch andere Mustertypen in Frage kommen könnten. Praktisch erwiesen sich solche Ansätze jedoch nie als insgesamt vorteilhaft. Insbesondere bei der Schneidkantenmessung spielt dieser Aspekt grundsätzlich keine Rolle, da die Schneidkante prinzipiell immer quer zu den Streifen ausgerichtet wird und somit das Verfahren in jedem Fall optimal funktioniert. Da bei der Streifenprojektion Intensitätsvariationen entscheidend für die Genauigkeit der Messung sind, werden die Linearität und Gleichmäßigkeit, sowie die zeitliche Konstanz der verwendeten Projektionsdisplays erhöhte Anforderungen gestellt. Linearitäten besser als 1%, wie sie hier gefordert werden, sind z.B. mit den in Videoprojektoren meist üblichen Flüssigkris- tall-Displays (LCD) kaum zu erreichen, hinzu kommen Temperatureinflüs- se, die bei längeren Messzeiten die Kalibrierung der Geräte beeinträchtigen können. Vorteile bieten hier die Mikrospiegel-Displays wie sie Texas Instruments, noch als einziger Anbieter, seit mehr als 10 Jahren fertigt. Diese Displays basieren auf winzigen Kippspiegeln, die zu Millionen aus einem einzigen Silizium-Wafer in bis zu 43 Prozessschritten herausgeätzt werden, zusam- men mit der ebenfalls im Wafer untergebrachten Steuerschaltung. Elektro- statische Kräfte lenken die nur 13 Mikrometer kleinen Spiegel bis zu mehre- ren 10.000 mal pro Sekunde aus. Dabei profitiert die Technologie vom Effekt der so genannten Hyperelastizität des hoch reinen Silizium-Materials, d.h. die dünnen Federstreifen, an denen die Spiegel aufgehängt sind, ermü- den auch bei jahrzehntelangem Dauerbetrieb nicht. Grauwerte, und dies prädestiniert die DLP-Displays besonders für das hier besprochenen Mess- verfahren, werden durch digitale Zeitsteuerung, d. h. Änderung der ‚An’- und ‚Aus’-Zeiten der einzelnen Spiegel erzeugt. Dabei ermöglicht die hohe Kippgeschwindigkeit die Modulation innerhalb der typischen Zeit eines einzelnen Videobildes, d.h. <20ms, bereits auf weniger als 1/1000 genau. Neben der Grauwert-Linearität spielt die räumliche und zeitliche Konstanz der Reflektionsparameter eine Rolle. Diese ist bei DLP-Displays unübertrof- fen da ja nur Spiegel eine Rolle spielen, hier eine Aluminium-Beschichtung, deren Reflektionsgrad sich praktisch nicht ändert. Dies bedingt auch eine hervorragende Temperaturkonstanz, wichtig für die Messtechnik, da sonst die Kalibrierung bis zur Messung bereits wieder obsolet sein könnte. R. Hainich Messtechnik 151 Somit bietet die Streifenprojektion insbesondere mit DLP, bei der 3D- Formmessung und somit auch für die Schneidkantenmessung hervorragende Voraussetzungen. Zusammenfassend zeichnet sich die Streifenprojektions- technik durch eine relativ schnelle Arbeitsweise (Erfassung des gesamten Höhenbereichs mit einer kurzen Bildsequenz) und eine sehr gute Höhenauf- lösung aus. Ein in der Praxis relevanter Vorteil dürfte auch der große Ar- beitsabstand von typisch 5cm sein. Die große Tiefenschärfe und Skalie- rungstoleranz der Streifenmuster erlaubt darüber hinaus die Realisierung von Geräten mit Zoom-Optik für eine Messfeldvariation von typisch 3:1. 1.2 Fokusbasierte Verfahren Im Bereich der Mikrokonturerfassung gibt es neben der Streifenprojektion verschiedene Verfahren, die auf der Interferenz oder auf der Fokussierung von Licht beruhen. 1.2.1 Konfokale Mikroskopie Abb. 11.3: Konfokales Mikroskop, Prinzip Bei der konfokalen Mikroskopie wird das Licht eines Lasers oder einer punktförmigen Lichtquelle über eine Mikroskopoptik auf einen Punkt des zu messenden Volumens fokussiert und durch die gleiche Optik wird über einen Strahlteiler das von diesem Punkt zurückgeworfene Licht auf einen ebenfalls punktförmigen Fotodetektor geleitet. Ist im Fokus des Messstrahl kein reflektierendes Objekt vorhanden, geht durch die Verteilung des Lichts auf eine größere Objektfläche hierbei sehr viel an Intensität verloren. Die gemessene Intensität hängt also - unter anderem - stark vom Fokus und 152 Optische Messung von Schneidkanten somit vom Objektabstand ab. Durch Variation dieses Abstandes unter Ver- folgung der Intensitätsänderung lässt sich so die Objektposition ermitteln. Der Höhenbereich muss also bei fokusbasierten Verfahren entweder durch Variation des Objektabstandes bei Aufnahme entsprechend vieler Gesamt- bilder abgetastet werden, oder es wird (unter Voraussetzung einer gewissen Stetigkeit der Objektoberfläche) der Objektabstand oder die Fokuslänge während eines lateralen Scanvorganges variiert, wobei je Objektpunkt im- mer noch mehrere Belichtungen nötig sind. Daher benötigen fokusbasierten Verfahren gegenüber der Streifenprojektion vom Prinzip her längere Mess- zeiten. Die konfokale Mikroskopie erfasst im Prinzip einzelne Punkte pro Aufnah- me. Um eine Flächenabtastung bei gleichzeitig (notwendigem) hohen Kon- trast der Punktlichtquelle zu ermöglichen, wird die Punkt-Sequentielle Abtastung (Scanning) z.B. mittels einer Nipkow-Scheibe erreicht. Ebenso möglich ist der Einsatz von Displays als Lichtquelle (wobei einzelne Bild- punkte sequentiell angesteuert werden), oder eines Laserscanners. Anstelle eines einzelnen Lichtdetektors kommt auch ein Kamerachip in Frage. So lassen sich im Prinzip Objektpunkte relativ schnell abscannen. Eine weitere Möglichkeit stellt die Erzeugung mehrerer Lichtpunkte gleich- zeitig dar. Bei geeigneten Objektstrukturen und hinreichenden Abständen beeinflussen sich diese gegenseitig nur unwesentlich, was aber nicht allge- mein vorausgesetzt werden kann. Eine Verbesserung kann hier durch Varia- tion der Helligkeit der Lichtpunkte entsprechend der lokalen Reflektivität des Messobjekts erreicht werden. 1.2.2 Das Infinite-Focus-Verfahren Beim Infinite-Focus-Verfahren wird statt weniger Punkte ein komplettes Bild aufgenommen und es werden lokal Kontrastwerte aus Gruppen be- nachbarter Bildpunkte ausgewertet. Rückschlüsse auf die Höhe einzelner Pixel sind hier in gewissen Genauigkeitsgrenzen möglich. Allerdings ver- ringert diese Methode auch die Lateralauflösung des Höhenbildes. Bei Mikrostrukturen kann im Gegensatz zu makroskopischen Objekten meist mit genügend Detailrauhigkeit gerechnet werden um diese Art der Auswertung zuzulassen (glatte Strukturen würden keine Kontraste liefern, aber diese entsprächen in Bereichen nahe der Lichtwellenlänge einem Spie- gel, der optische Verfahren ohnehin vor Problemen stellen würde). Aus dem gleichen Grund funktioniert auch eine optische Maus auf nahezu jeder Oberfläche. Durch sequentielle Aufnahme einer größeren Zahl von Bildern bei kontinu- ierlicher Variation der Objektdistanz wird dann das Höhenbild erstellt. R. Hainich Messtechnik 153 Bei Fokusbasierten Verfahren ist die Höhenauflösung allgemein insofern problematisch, als sie auf einem mehr oder weniger breiten Maximum der fokusabhängigen Lichtausbeute beruht (Abb. 11.3), also nicht wie die Strei- fenprojektion auf die relativ fein auflösende Auswertung von Flanken der Intensitätskurven zurückgreifen kann. Beim Infinite-Focus-Verfahren ist das Kontrastmaximum prinzipbedingt noch breiter [Scherer, 2006], mithin weniger eindeutig lokalisierbar. Eine weitere Einschränkung fokusbasierter Verfahren kann in den benötig- ten kurzen Abständen zwischen Messobjekt und Mikroskopobjektiv liegen, was vor allem die Handhabung betrifft. Die erreichbare Höhenauflösung bei fokusbasierten Verfahren hängt von der Konvergenz des Lichtbündels ab, somit liegen die Messabstände in der Größenordnung des Objektivdurch- messers, mithin wenige Millimeter. 1.2.3 Interferometrische Verfahren Abschließend sei noch die Interferometrie (z.B. auch Weisslichtinterfero- metrie) erwähnt. Der Aufbau ist ähnlich dem Konfokalmikroskop, dem vom Objekt reflektierten Licht wird zum Sensor hin jedoch zusätzlich ein Teil des direkten Lichtes der Lichtquelle überlagert, so dass Interferenz, also partielle Auslöschung oder Verstärkung durch die Wellenüberlagerung auftritt. Der Höhenmessbereich ist ebenso wie die - hier sehr gute - Höhen- auflösung durch die Lichtwellenlänge bedingt und konstruktive Interferenz tritt nur in einem extrem kleinen Bereich auf. Der Höhenbereich muss hier in sehr vielen Schritten von weniger als einem Mikrometer sequentiell abgetastet werden, was zu erheblicher Langsamkeit führt. 2 Optische Schneidkantenmessung - Durchführung Anhand des Streifenmessverfahrens betrachten wir den prinzipiellen Ablauf einer optischen Schneidkantenmessung (Abb. 11.4). Die Schneidkante wird zunächst von ihrer Form her als einfacher Keil auf- gefasst. Zu messen ist vorwiegend der Kantenradius, gelegentlich sind Öffnungswinkel gefragt sowie weitere Parameter wie Schartigkeit und Rauheit, oder die Formerfassung von Krümmung, Ausbrüchen, Flächen- krümmung etc. Einige dieser Parameter sind offensichtlich nur der optischen Messung mit vertretbarem Aufwand zugänglich. Bei der Messung wird die Kante quer zu dem Messstreifen ausgerichtet, um eine optimale Erfassung ihrer Form zu gewährleisten, insbesondere auch um sicherzustellen, dass alle Teile der Form im Blickwinkel sowohl der Kamera als auch des Projektors liegen. 154 Optische Messung von Schneidkanten Die Kamera wird auf die Schneidkante fokussiert, bei gekrümmten Kanten wird ein mittlerer Wert verwendet. Der Projektor wird nie fokussiert, seine Streifen können bzw. sollen ja sogar Unschärfen aufweisen, da nur Grau- wertgradienten interessieren. Abb. 11.4: Schneidkantenmessung an einer Wendeschneid- platte mit dem Streifenprojektions-Verfahren Messzeit ca. 2 Sekunden Es folgt eine ganz normale Erfassung der kompletten 3D-Form. Dabei wird die gemessene Fläche in einem Volumen abgetastet, das z.B. bei der Strei- fenprojektion eine Höhe von ca. ¼ der Messfeldlänge haben kann. Typische Messfeldlängen liegen dabei zwischen 0,8 mm und 4 mm, je nach Messob- jekt und zu messendem Kantenradius. Bei einer Kamera-Auflösung von z.B. 1600x1200 Bildpunkten ist dabei eine Lateralauflösung bis 0,5 Mikrometer möglich. Vertikalauflösungen können bedingt durch die beschriebenen Eigenschaften des Streifenmessverfahrens sogar bei einem Bruchteil davon liegen. Somit lassen sich Kantenradien bis zu wenigen Mikrometern sinnvoll bestimmen (zur Bestimmung eines Radius sind offensichtlich mehrere Bildpunkte brauchbarer Genauigkeit innerhalb des Kantenbereichs nötig). Beim optischen Verfahren wird eine Schnittlinie quer zur Schneidkante erst nach der Messung bestimmt und automatisch ausgerichtet. Die zweidimen- sionalen Querschnittsdaten werden dann aus dem dreidimensionalen Daten- R. Hainich Messtechnik 155 satz entnommen. Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist die Möglichkeit, gleich mehrere Schnittlinien zu bestimmen, und dies sogar bei gekrümmten Schneidkanten in optimaler Weise, indem die Linien jeweils quer zur Kante ausgerichtet werden (Abb. 11.5). Abb. 11.5: Konturverfolgung an einer Ecke einer Wendeschneid- platte Wird nun für jede einzelne Schnittlinie der Kantenradius (durch Einpassen eines Kreissegments) ermittelt, so lassen sich nicht nur Radien sondern auch deren Streuung, Kantenrauheit und -Schartigkeit sehr schnell ermitteln. Insbesondere muss auch eine gekrümmte Kante nur einmal justiert werden, und dies nicht einmal genau. Zusätzlich lassen sich zuverlässige Mittelwerte für den Radius ermitteln, unter Eliminierung einzelner Ausreißer, was eine zuverlässige Basis für die Optimierung von Verrundungsverfahren darstellt. Neben den einfachen Parametern lässt sich bei optischen Verfahren die gesamte Schneidkante mit allen Merkmalen dreidimensional darstellen, z.B. können Ausbrüche genau erfasst und vermessen werden, und es sind somit jederzeit detaillierte Schlussfolgerungen über die Effekte verschiedener Verrundungsradien, Materialien, Schnittgeschwindigkeiten etc. möglich. 156 Optische Messung von Schneidkanten 3 Vorteile optischer 3D- Messverfahren Schneidkanten zeichnen sich im allgemeinen dadurch aus, dass die Geomet- rieelemente sehr klein sind und sich oft in Bereichen mit starker Oberflä- chenkrümmung (z.B. Ecke einer Wendeschneidplatte) befinden. Rauheit und Bearbeitungsfehler führen zu Schwankungen der Geometrie über der Länge, die bei der optischen Messung problemlos mitberücksichtigt werden. Ein besonderer Vorteil optischer Meßmethoden liegt darin, dass die Quer- ausrichtung der Schneide relativ unproblematisch ist. Beim taktilen Messen ergeben sich bei Winkelfehlern in der Justage des Prüflings auch Radiusfeh- ler, da die Messnadel sich dann schräg über die Kante bewegt. 3.1 Auflösungsgrenze taktiler Systeme Abb. 11.6: Auflösungsgrenzen durch Taster-Abmessungen Beim Messen mit taktilen Messgeräten kann zudem nur die Bewegungslinie des Mittelpunktes der Tastkugel verfolgt werden. Die anschließende Rekon- struktion des Profilverlaufes setzt eine genaue Kenntnis der Geometrie des Tasters voraus. Dies kann nur mittels relativ großer Tastkugeln realisiert werden. Die Folgen sind limitierte Auflösung und systematische Messfehler bei Verschleiß des Tasters. R. Hainich Messtechnik 157 Abb. 11.7: Einfluss von Messfehlern auf die gut/schlecht-Selektion Abb. 11.7 zeigt, in welchem Maße Messfehler die Verteilung gemessener Radien vergrößern. Während weniger als 0,5% der Teile tatsächlich außer- halb des Toleranzbereiches liegen, führen systematische Messfehler von 2 µm und eine etwas erhöhte Streuung des taktilen Messgerätes bereits dazu, dass sich 10% der Messwerte außerhalb des Toleranzbereiches befinden. Ebenso ist es möglich, dass ein Messfehler die gemessene Abweichung vom Sollwert reduziert und dadurch ein schlechtes Teil nicht zurückgewiesen wird. Um dies zu verhindern, müssen Streuung und systematische Fehler ermittelt und der Akzeptanzbereich entsprechend verringert werden. Bei der Verwendung des taktilen Messgerätes müssten deshalb z.B. 30% aller Teile zurückgewiesen werden. Eine sinnvolle Lösung ist der Einsatz eines besseren Messgerätes. Optische Messgeräte liefern durch die Auswertung vieler Einzelradien und durch die unproblematische Handhabung sehr genaue Ergebnisse. Der gesamte Mess- vorgang ist sehr schnell und es entstehen praktisch keine laufenden Materi- alkosten (Tastspitzen). Diese Investition kann sich also sehr schnell amorti- sieren. 158 Optische Messung von Schneidkanten Zusammengefasst ergeben sich mit optischen Meßsystemen u.a. folgen- de Vorteile: • Das Objekt kann mittels Kamerabild positioniert werden • Eine Aufspannung ist nicht notwendig, da keine Kräfte während der Messung auf das Messobjekt übertragen werden • Die Schneidkante wird per Software dreidimensional ausgerichtet und Radiusfehler durch Verkippung werden damit vermieden • Die Messzeit beträgt nur einige Sekunden • Die Auflösung wird nicht durch die Tastspitze eingeschränkt • Umfangreiche Datenerfassung (komplette 3D-Formmessung) • Frei von Verschleißteilen und damit verbundenen Folgekosten • Es werden mehrere hundert Schnittlinien gleichzeitig erfasst und bewertet • Die statistische Bewertung minimiert den sonst deutlichen Einfluss der Oberflächenrauheit bzw. der Materialkörnung • Zusätzliche Bewertungsmöglichkeiten (Ausbrüche, Rauheit, Chip- ping) 3.2 Auflösung optischer Verfahren Da die optische Messungen naturgemäß auf Licht im sichtbaren Bereich basieren, ist die Grenze der Messauflösung eine Funktion der Lichtwellen- länge, die für rotes Licht bei 600 nm und für blaues Licht bei 400 nm liegt. Bei Auswertung der Phase oder interferometrischen Verfahren werden in Einzelfällen 20 nm Höhenauflösung genannt. Die Lateralauflösung selbst guter Lasermikroskope liegt jedoch kaum unter 200 nm. Bei der Schneidkantemessung, die im optischen Fall eine komplette Former- fassung beinhaltet, ist zunächst die Lateralauflösung der verwendeten Ka- meras eine Begrenzung, bei 0,8 mm Messfeld und 1600 Pixeln über der Sensorlänge z.B. 500 Nanometer. Die Höhenauflösung ist je nach Verfahren deutlich besser, bei Messung eines Verrundungsradius bietet dies jedoch keine wesentlichen Vorteile mehr. Insgesamt ist die Auflösung optischer Verfahren also mit einigen 100 nm anzusetzen. Im Vergleich mit taktilen Verfahren, bei denen der Radius der verwendeten Messtaster sowie mechanische Toleranzen eine Rolle spielen, ist das allerdings sehr gut. Einschränkungen ergeben sich nur bei Messob- R. Hainich Messtechnik 159 jekten mit extremen optischen Eigenschaften. So können transparente Ob- jekte (Diamantwerkzeuge) nur mit speziellen Verfahren gemessen werden. Die meisten Schneidwerkzeuge sind für die meisten optischen Messverfah- ren geeignet. 3.3 Nachweis der absoluten Messgenauigkeit Zum Nachweis der absoluten Messgenauigkeit wurden z.B. Radiennormale entwickelt, deren Radius, Winkel und Abweichungen von einer Idealgeo- metrie vom Schweizer Bundesamt für Metrologie Metas zertifiziert werden. Durch schrittweise Verbesserung des Herstellungsverfahrens wurde die Unsicherheit auf weniger als 1 µm reduziert. Die Überprüfung aller Messge- räte mit diesen Normalen stellt sicher, dass weder unzulässige Streuung der Messwerte noch unzulässige systematischen Abweichungen auftreten. Abb. 11.8: Messgeräteprüfung an einem Schneidkantennormal (Streifenprojektion) Die Standardabweichung beträgt bei 19 µm Radius nur 0,1 µm 4 Software zur 3D-Bewertung von Schneidkanten Für den praktischen Einsatz eines Messgerätes ist neben der Datenerfassung eine Software notwendig, welche die Bewertung der Daten ermöglicht. Dabei kommt es insbesondere auf die vollständige Verfügbarkeit aller rele- vanten Bewertungsfunktionen, intuitive Bedienbarkeit, und weitgehende Automatisierung der Bewertungsabläufe an, um auch große Messreihen und Routineaufgaben effizient zu realisieren. Die Vielzahl der mit optischen Verfahren erfassten Daten stellt dabei we- sentlich größere Anforderungen, ermöglicht aber auch weit umfangreichere Auswertungen als bei taktilen Verfahren. 160 Optische Messung von Schneidkanten Als Beispiel sei hier das Softwarepaket ODSCAD betrachtet. Dieses ermög- licht zum Beispiel: • Erstellung automatischer Mess- und Bewertungsabläufe • Automatische 3D-Ausrichtung, Konturverfolgung und senkrechte Schnittselektion mehrerer hundert Einzelschnitte • Radienmessung mit statistischer Auswertung • Visualisierung von 3D-Daten und Einzelschnitten entlang des Kan- tenverlaufes • Bewertung asymmetrischer Kanten • Bewertung von Chipping / Ausbrüchen • Vergleich mit vordefinierter Idealgeometrie • Umfangreicher geometrischen Auswertungen, Bemaßung etc. Abb. 11.9: Streifenprojektions-Sensor mit blauer LED-Lichtquelle, Schneidkantensoftware R. Hainich Messtechnik 161 4.1 Beispiel einer automatischen Schneidkantenmessung Abb. 11.10: Automatisch erstelltes Messprotokoll einer stark ge- krümmten, benutzten Schneidkante an der Ecke einer Wende- schneidplatte (Streifenmessverfahren). Innerhalb weniger Sekunden sind 50 Querradien bestimmt. Die in der prak- tischen Anwendung oft sehr komplexe Aufgabe der Radienbestimmung an nicht idealen Formen übernimmt ein speziell hierfür entwickelter Algorith- mus. 162 Optische Messung von Schneidkanten 5 Ausblick Optische Messverfahren werden zur Zeit ständig weiterentwickelt. Zum einen steht die Handhabung im Vordergrund, was vor allem die Gerätekon- struktion betrifft. Der schnellen Messung muss eine schnelle Positionierung der Prüflinge entsprechen. Halbleiter-Lichtquellen (LED) reichen dank hohem Wirkungsgrad und effizienter Lichtführung bereits an die Leistung mittlerer Halogenlampen heran. Damit werden die Geräte kompakter und leichter, und die Lebens- dauer der Lichtquelle kann mit z.B. 50.000 spezifizierten Betriebsstunden als praktisch unbegrenzt angesehen werden. Für die Schneidkantenanwen- dung ergeben sich z.B. bei Einsatz blauer Leuchtdioden Vorteile. Deren kürzere Lichtwellenlänge und schmalere spektrale Bandbreite (einfachere Korrektur der Kameraobjektive) ermöglichen eine deutliche Verbesserung der maximalen Messauflösung. Bei der Software gab es in letzter Zeit stetige Fortschritte unter anderem bei den Auswertungsalgorithmen, die ebenso wie die neuen Lichtquellen vor allem der präzisen Messung auch kleinster Schneidkantenradien zugute kommen. In der Werkzeugtechnik gewinnt die optische Präzisionsmesstechnik neben der Schneidkantenverrundung zunehmend Bedeutung für die Komplett- Vermessung und -Digitalisierung von Wendeschneidplatten und Kleinwerk- zeugen. 6 Literatur Frankowski, G., Chen, M., Huth, T.: Real-time 3D Shape Measurement with Digital Stripe Projection by Texas Instruments Micromirror Devices (DMD) Proc. Of SPIE-Vol. 3958(2000), pp. 90 - 106 Liedmann M.: Mikrostreifen-Projektion zur fertigungsnahen Qualitätsüberwachung, in: Workshop „Messtechnik in der Mikro- und Präzisionsfertigung“ in der Reihe „Praxis der Mikrofertigung“, 08./09.März 2006 Scherer, S.: Fokusvariation zur Messung von Mikrostrukturen im Mikro- und Nanometerbereich, in: Workshop „Messtechnik in der Mikro- und Präzisionsfertigung“ in der Reihe „Praxis der Mikrofertigung“, 08./09.März 2006 Morstein, M,: Siliziumhaltige Nanokomposit-Schichten für anspruchsvolle Zerspanungsaufgaben. Industrie-Arbeitskreis CVD-Diamant-Werkzeuge, 18. Treffen, 28.2.2008 M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi Messtechnik 163 Optische 3D Messung der Schneidkantenver- rundung Geometrie und Verschleißmessung von Schneidkantenverrundungen mit Fokus-Variation Dr. Manfred Prantl, Dr. Reinhard Danzl, Franz Helmli, Alicona Ima- ging GmbH18 Abstrakt: Um die Qualität von Schneidwerkzeugen wie Bohrer, Gewinde- schneidwerkzeuge oder Wendeschneidplatten beurteilen zu können, ist es notwendig deren genaue Geometrie im Besonde- ren auch an der Schneidkante zu messen. Zusätzlich soll auch der Verschleiß nach ihrem Gebrauch in der industriellen Ferti- gung erfasst werden. Dadurch können Maßnahmen gesetzt wer- den, um sowohl die Qualität und Lebensdauer der Werkzeuge als auch die Geschwindigkeit des Fertigungsprozesses zu erhö- hen. Im Folgenden wird ein optisches 3D Messgerät basierend auf Fokus-Variation vorgestellt, das hochauflösende Messungen ermöglicht. Aufgrund der speziellen Technologie werden auch extrem steile Flanken gemessen und neben der 3D Information ein perfekt registriertes Echtfarbbild des Werkstücks gewonnen. Anhand verschiedener Applikationen soll demonstriert werden, dass auch extrem kleine Bauteile, wie Bohrer mit Durchmessern von wenigen hundert Mikrometern oder Kantenradien von Wendeschneidplatten mit bis zu 3µm, gemessen werden kön- 18 Dr. Manfred Prantl, manfred.prantl@alicona.com Dr. Reinhard Danzl, reinhard.danzl@alicona.com Franz Helmli, franz.helmli@alicona.com Alicona Imaging GmbH, Teslastraße 8, A-8074 Grambach, Österreich, www.alicona.com 164 Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung nen. Durch spezielle Registrierungsalgorithmen wird es mög- lich, die dreidimensionale Struktur von Werkzeugen sowohl mit dem CAD Modell zu vergleichen als auch einen Vergleich der Werkzeuge vor und nach dem Gebrauch durchzuführen. Damit wird z.B. der Abtrag und die Menge des verschlissenen Volu- mens ermittelt. Schlagwörter: Schneidkantenverrundung, Verschleißmessung, optische 3D Messung, Fokus-Variation, InfiniteFocus, Real3D 1 Einleitung Die dreidimensionale Messung von Bohrern, Fräsern und Wendeschneid- platten ist ein wichtiger Bestandteil der Qualitätskontrolle in der industriel- len Fertigung, da die Form und der Verschleiß der Schneidkanten erhebli- chen Einfluss auf die Qualität der gefertigten Teile haben. Unter anderem beeinflusst die Werkzeuggeometrie die mögliche Geschwindigkeit in der Fertigung sowie die Lebensdauer der Werkzeuge. Da diese Werkzeuge oft eine sehr komplizierte Geometrie mit steilen Flanken und Hinterschneidun- gen aufweisen, ist deren dreidimensionale Messung eine große Herausforde- rung für optische Oberflächenmessgeräte. Traditionellerweise werden Schneid- und Fräswerkzeuge entweder mit taktilen Messgeräten oder durch Auswertung von 2D Bildern analysiert, die ein Profil der Schneidkante zeigen. Die Nachteile von taktilen Messgeräten sind, dass sie einerseits sehr lange für die Messung eines Werkzeugs benöti- gen und dass andererseits die Geometrie des Messtasters das Messresultat beeinflussen kann. Außerdem sind einige Messungen an den Schneidkanten aufgrund der Härte des Werkzeugmaterials und des damit verbundenen Verschleißes an den Messtastern nicht sehr wirtschaftlich. Die Auswertung von 2D Bildern ist für einfache Messungen in denen keine Verdeckungen auftreten möglich. Es eignet sich aber nicht für die meisten Messungen bei denen echte 3D Informationen benötigt werden. Dazu zählen z.B. konkave Regionen oder komplexe Bauteile wie Bohrer oder Fräswerkzeuge. In den letzten Jahren haben sich optische 3D Messmethoden in unterschied- lichsten Bereichen mehr und mehr durchgesetzt (JIANG 2007). Die 3D Mes- sung von Bohrern und Wendeschneidplatten ist aufgrund der steilen Flanken und der komplizierten Geometrie allerdings oft mit optischen Messgeräten nur schwer möglich. Weißlichtinterferometer z.B. erlauben meist nur eine Messung von Flankenwinkeln bis zu 30°, was für die Messung von Schneid- kantenradien in der Regel nicht ausreicht. M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi Messtechnik 165 Eine optische Oberflächenmesstechnologie, die auch für die Messung von sehr steilen Flankenwinkeln geeignet ist, ist Fokus-Variation (ISO 25178-6). In diesem Beitrag soll demonstriert werden, wie ein Messgerät, das auf der Fokus-Variation basiert, für die dreidimensionale Messung von Bohrern und Wendeschneidplatten verwendet werden kann. Dieses Messgerät erfüllt einerseits die Anforderung, steile Flanken hochauflösend zu messen, ande- rerseits erlaubt es Messungen über relativ große Bereiche mit sehr hohen Auflösungen. Zudem bietet ein als „Real3D“ bezeichneter Messmodus auch noch die Möglichkeit die komplette 3D Geometrie von Schneidwerkzeugen inklusive von z.B. Hinterschnitten zu erfassen. Nach Beschreibung des 3D Messgerätes und seiner Messmöglichkeiten in Abschnitt 2 werden in Abschnitt 3 Geometrie- und Verschleißmessungen an verschiedenen Werkzeugen demonstriert. 2 3D Messung und Analyse von Werkzeugen Ein Messgerät, das auf der Technologie der Fokus-Variation basiert und für die Untersuchungen in diesem Beitrag verwendet wird, ist das hochauflö- sende optische Messsystem InfiniteFocus des Unternehmens Alicona Ima- ging GmbH (Abb. 12.1). Um eine Messung durchzuführen, wird das zu analysierende Werkstück vom Sensor vertikal gescannt, während kontinuierlich Daten aufgenommen werden. Da das System eine limitierte Tiefenschärfe aufweist und daher je nach Oberflächengeometrie nur bestimmte Bereiche gleichzeitig scharf abgebildet werden, wird ein 3D Datensatz berechnet, indem die Variation der Schärfe während des vertikalen Scanvorgangs für jeden einzelnen Mess- punkt analysiert wird (SCHERER 2007). (Abb. 12.2) illustriert an einem Zahnrad das Messprinzip. 166 Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung Abb. 12.1: Hochauflösendes 3D Oberflächenmesssystem InfiniteFo- cus zur optischen Schneidkantengeometriemessung und Verschleiß- analyse M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi Messtechnik 167 Abb. 12.2: Messprinzip der Fokus-Variation: Durch Veränderung der Fokusebene relativ zum Objekt (1. Zeile, Bild 1 und 2) und der Bestimmung des optimalen Fokuswertes für jeden Messpunkt (1.Zeile, Bild 3) wird ein 3D Datensatz der Probe ermittelt, der nicht nur Tiefeninformation sondern auch Echtfarbinformation enthält. Zusätzlich zu den 3D Daten liefert das Messgerät für jeden Messpunkt auch Echtfarbinformation, die perfekt zu den Höhendaten registriert ist. Diese Farbinformation erlaubt dem Benutzer sehr oft eine Klassifizierung in Regi- onen, die unbenutzt sind und Regionen, in denen Verschleiß aufgetreten ist. Zusätzlich wird für jeden Messwert ein Maß für seine Wiederholbarkeit analytisch ermittelt. Diese Wiederholbarkeit ist dabei eine Abschätzung der Standardabweichung der z-Koordinate des Messpunktes wie sie bei wieder- holter Messung auftreten würde. Dieses Wiederholbarkeitsmaß kann für 168 Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung verschiedene Untersuchungen verwendet werden, unter anderem zur Ab- schätzung der Qualität einzelner Messpunkte, der Filterung von Messpunk- ten mit schlechter Wiederholbarkeit, der Detektion von Vibrationen wäh- rend der Messung oder anderer noch nicht bekannter äußerer Einflüsse. Um die Geometrie und den Verschleiß der Werkzeuge zu quantifizieren, stehen dem Benutzer eine Vielzahl an unterschiedlichen Analysemöglich- keiten zur Verfügung. Um zum Beispiel die Geometrie einer Schneidkante zu messen, werden Höhenprofile automatisch senkrecht zur Schneidkante extrahiert und nach unterschiedlichen Gesichtspunkten analysiert. Dazu zählt unter anderem die Einpassung von Kreisen in den obersten Bereich der Kante, um das Ausmaß der Schneidkantenverrundung zu quantifizieren. Ebenso werden Längen- und Winkelinformation über Stütz- oder Negativfa- sen an den Schneidkanten ermittelt. Bei nicht kreisförmig sondern verlau- fend verrundeten Schneidkanten (Korbbögen) kann auch ein Vergleich mit einem optimal eingepassten Korbbogen mit Toleranzband gerechnet wer- den. Abb. 12.3, Abb. 12.4 und Abb. 12.5 illustrieren einige der möglichen Auswertungen an den extrahierten Querschnittsprofilen. Abb. 12.3: Schneidkante mit Verrundung und die von der Analyse- software ermittelten Werte, a, b, h, r und K. M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi Messtechnik 169 Abb. 12.4: Schneidkante mit Negativfase und die von der Analyse- software ermittelten Werte: Np1, Np2 ( projizierte Fasenlänge ), Nt ( wahre Fasenlänge ), r ( Schneidkantenradius ), Winkel 1 ( Spanwinkel ), Winkel 2 ( Winkel Negativfase ), Winkel 3 ( Freiwinkel ) Abb. 12.5: Beispiel für die Einpassung eines Korbbogens inklusive Toleranzband zur Beurteilung von verlaufenden Verrundungen. Die Sollform des Korbbogens ist frei definierbar. Ein anderer wichtiger Parameter für die Beschreibung der Qualität des Werkzeugs ist die Rauheit der Oberfläche. Diese kann gemäß dem aktuells- ten Entwurf der ISO Norm 25178 (ISO 25178-2) zur flächenhaften Analyse 170 Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung von Oberflächen oder gemäß profilbasierter ISO Normen (ISO 4287) (ISO 4288) berechnet werden. Die Kenntnis der Oberflächenrauheit hat einen entscheidenden Einfluss auf die Fertigung, da sie unter anderem beeinflusst, wie gut das Material abgespant werden kann. Zur Ermittlung dieser Kenn- größen wird automatisch auf dem Datensatz der Schneidkante ein Tiefen- profil extrahiert und dieses Profil normgerecht ausgewertet. Abb. 12.6: Bestimmung von Rauheitskennwerten entlang der Schneidkante. Ein weiterer wichtiger Parameter ist das Volumen des während der Ferti- gung verschlissenen Werkzeug-Materials. Um das Volumen zu messen, kann folgendermaßen vorgegangen werden: • 3D Messung des Werkstücks vor Gebrauch in der industriellen Ferti- gung. • 3D Messung des Werkstücks nach Gebrauch. • Automatische Ausrichtung der beiden 3D Datensätze zueinander. • Berechnung der Differenz der beiden 3D Datensätze. • Berechnung des Volumens des Differenzmodells. Die automatische Ausrichtung der beiden 3D Datensätze ist notwendig, um zu gewährleisten, dass die Differenz korrekt von zueinander korrespondie- renden Punkten berechnet wird. Eine detaillierte Beschreibung dieses Vor- gangs ist z.B. in (DANZL 2006) zu finden. Abb. 12.7 illustriert diesen Vor- gang graphisch. M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi Messtechnik 171 Abb. 12.7: Automatische Bestimmung des verschlissenen Materials durch Differenzanalyse. 3 Resultate Im Folgenden werden Geometrie- und Verschleißmessungen an Bohrern beschrieben, die mit dem InfiniteFocus System durchgeführt worden sind. Einerseits sind dies Verschleißmessungen an einer Ecke sowie Messungen an einer Kante des Bohrers. Ein mit InfiniteFocus gemessener 3D Datensatz des Bohrers ist in Abb. 12.8 dargestellt. Die Bereiche, die für die Ver- schleißmessung herangezogen wurden, sind durch Kreise markiert. 4 Verschleißmessung an Kanten Um die Geometrie und den Verschleiß einer Bohrerkante zu bestimmen, wurde zunächst ein 3D Datensatz der Bohrerkante mit InfiniteFocus erstellt (Abb. 12.9a). Die 3D Darstellung zeigt den Verlauf der leicht abgerundeten Kante sowie schräge Strukturen an der Flanke des Werkzeugs. Anschlie- ßend wurde der Bohrer in der Fertigung eingesetzt und die Kante ein weite- res Mal mit InfiniteFocus gemessen (Abb. 12.9b). Der resultierende 3D Datensatz der verschlissenen Kante zeigt eine deutlich größere Kantenver- 172 Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung rundung. Außerdem ist das Ausmaß der Verrundung bei der verschlissenen Kante inhomogener als bei der originalen. Um das Ausmaß des Verschleißes zu messen wurden 10 Höhenprofile in äquidistanten Abständen normal zur Kante extrahiert und anschließend analysiert. Das exemplarische Höhenprofile für den originalen und den gebrauchten Fräser sind in Abb. 17.10a und Abb. 17.10b dargestellt. In dieses Profil wurden einerseits 2 Linien entlang der Flanken eingepasst; um den Flankenwinkel der Flächen zu messen und andererseits Kreise in den obersten Bereich, um das Ausmaß der Kantenverrundung zu quantifizieren. Beide Profile in Abb. 17.10 besitzen sehr ähnliche Achsenskalierungen und zeigen, wie stark die Verrundung der Kante durch den industriellen Einsatz des Fräsers zugenommen hat. Abb. 12.8: Ein Fräser zur Verschleißmessung. Der im Detail untersuchte Bereich ist durch einen Kreise markiert. In Tabelle 12.1 sind die gemessenen Radien für die 10 horizontalen Profile für beide Bauteile aufgelistet. Zudem werden statistische Auswertungen der Messungen wie Mittelwert und Standardabweichung angegeben. Aus diesen Daten geht hervor, dass das originale Bauteil einen sehr kleinen mittleren Radius von ca. 4.7µm aufweist, während das verschlissene Bauteil einen etwa doppelt so großen mittleren Radius zeigt. Interessant ist auch die Zu- nahme der Standardabweichung auf das Dreifache, was auf einen relativ ungleichmäßigen Verschleiß der Kante schließen lässt. M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi Messtechnik 173 # 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Mitw. Std. Org. 3,55 3,95 5,77 4,66 5,4 3,59 3,61 7,33 4,49 5,22 4,76 1,23 Verw 11,1 8,18 16,6 6,01 10,08 4,96 8,02 7,23 16,2 8,46 9,68 3,95 Tabelle 12.1: Kantenradien (µm) für 10 extrahierte Höhenprofile, sowie Mittelwert (Mitw.) und Standardabweichung (Std.) vor und nach Gebrauch des Bohrers. Die Standardabweichung beim originalen Bohrer beinhaltet die Vari- ation des Bohrers, die Standardabweichung beim gebrauchten Bau- teil beinhaltet die Variation des Fräsers inklusive evtl. entstandener Ausbrüche. 5 Verschleißmessung an Ecken Weiters wurde eine Messung des Verschleißes an einer Bohrerecke durch- geführt. Dazu wurde der Bohrer vor und nach dem Gebrauch in der Ferti- gung gemessen. Anschließend wurde die Differenz der beiden 3D Datensät- ze berechnet, sodass ein 3D Datensatz des verschlissenen Materials erzeugt werden konnte. Um diese Differenz zu berechnen, wurden beide 3D Model- le zueinander ausgerichtet, um zu vermeiden, dass unterschiedliche Berei- che voneinander abgezogen werden. In Abb. 12.11a ist ein mit InfiniteFocus gemessenes 3D Modell der origina- len Bohrerecke dargestellt, während Abb. 12.11b ein 3D Modell des ge- brauchten Werkzeugs zeigt. Beide 3D Modelle wurden mit dem von Infini- teFocus gemessenen Echtfarbbild überlagert. Dieses ermöglicht eine sehr schnelle und einfache Klassifizierung in originale (dunkel) und verschlisse- ne Bereiche (hell). Nach der Ausrichtung der zwei 3D Modelle zueinander wurde ein Diffe- renzhöhenmodell berechnet (Abb. 12.12a), das eine Quantifizierung des verschlissenen Volumens ermöglicht (~601400µm³). Eine weitere Möglichkeit, die Menge des verschlissenen Materials zu mes- sen, ist die Extraktion von Höhenprofilen des originalen und verschlissenen Bohrers, die überlagert werden (Abb. 12.12b). Diese Darstellung erlaubt eine gute Visualisierung jener Regionen, die sehr stark abgetragen sind und jener Bereiche, die kaum von Verschleißerscheinung betroffen sind. 174 Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung Abb. 12.9: 3D Datensatz der Kante (a) vor und (b) nach Gebrauch in der Fertigung. Abb. 17.10: Senkrecht zur Schneidkante extrahiertes Höhenprofil (a) vor Gebrauch und (b) nach Gebrauch in der Fertigung. Der Radi- us der Kantenverrundung steigt ungefähr auf das doppelte. M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi Messtechnik 175 Abb. 12.11: 3D Datensatz der Bohrerecke (a) vor und (b) nach dem Einsatz in der Fertigung. Die hellen Berei- che in Abb. (b) erlauben die Klassifizierung der verschlissenen Regi- onen. Abb. 12.12: Volumenverschleiß an der Bohrerecke (a) 3D Datensatz des verschlissenen Volumens an der Bohrerecke. (b) Überlagerung eines Höhenprofils, das vom originalen Bohrer und eines, das vom verschlissenen Bohrer extrahiert wurde. Die Profile zeigen die Menge und die Regionen des Materialverschleißes. 6 Real3D – 360° Geometriemessung an Schneidwerkzeu- gen Gerade bei der Geometriemessung von kleinen Bohrern, Fräsern oder Ge- windeschneidwerkzeugen stößt die taktile Messtechnik schnell an ihre Grenzen. Aber auch optische Verfahren, die 3D Daten nur aus einer Blick- richtung aufnehmen können, sind nicht in der Lage die komplexe Geometrie solcher Bauteile inklusive Hinterschliffen oder konkaven Strukturen zu erfassen. Eine Lösung für diese Probleme stellt die „Real3D“ Technologie- erweiterung für das InfiniteFocus Messsystem dar. Hierbei wird das zu 176 Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung messende Bauteil mittels einer hochpräzisen Dreh- und Schwenkeinheit (Abb. 12.13) so manipuliert, dass automatisch Messungen aus unterschiedli- chen Sichtrichtungen aufgenommen werden. Diese werden anschließend zueinander registriert und in einen kompletten 3D Datensatz des Werkzeugs verschmolzen, welche mit diversen Analysewerkzeugen (z.B. Schnittprofil- analyse, Einpassen von Regelgeometrien, Differenzanalyse zu CAD Modell oder Meisterbauteil, etc) ausgewertet werden (Abb. 12.14, Abb. 12.15). Abb. 12.13: Motorische Dreh- und Schwenkeinheit zur Messung von Schaftwerkzeugen für die Real3D Messung. Die Einheit wird auf den Probentisch des InfiniteFocus Geräts aufge- baut. M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi Messtechnik 177 Abb. 12.14: 3D-Messung eines Fräsers (a) Eine 360° 3D Messung eines Fräsers (Radius ~ 570 µm) mit eingepasstem Zylinder. (b) Die Schnittebene wurde automatisch normal zur Achse des Fräsers eingepasst. (c) Die zur Schnittebene gehörende Schnittkurve wird durch das Einpassen von Formelemen- ten (z.B. Kreise) ausgewertet. 178 Optische 3D-Messung der Schneidkantenverrundung Abb. 12.15: 3D-Messung eines Gewindebohrers (a) Eine 360° 3D Messung eines Gewindebohrers. (b) Analyse des Querschnittsprofils mit Hilfe des umschreibenden Kreises (Durch- messer ~ 4.5mm). (c) Eine Einzelmessungen zur Erzeugung des gesamten 3D Datensatzes von (a). 7 Zusammenfassung Es wurde eine Methode vorgestellt, mit der es möglich ist, Bohrer, Gewin- deschneidwerkzeuge oder Wendeschneidplatten mittels eines hochauflösen- den optischen Messgerätes dreidimensional zu messen. Im Unterschied zu vielen anderen optischen 3D Messsystemen ist InfiniteFocus in der Lage auch sehr steile Flanken zu messen. Außerdem liefert das Gerät nicht nur 3D Daten sondern auch perfekt registrierte Echtfarbinformation. Anhand verschiedener Analyse-Methoden wurde aufgezeigt, wie das Gerät verwendet wird, um die Verrundung von Schneidkanten oder das Volumen des verschlissenen Materials zu messen. Außerdem wurde demonstriert, dass mit dem Gerät einerseits sehr große Bereiche (ganze Bohrer) als auch sehr kleine Bereiche (Kantenradien mit bis zu 2µm Radius) gemessen wer- den. Die Verwendung der Real3D Technologie erlaubt es auch Geometrien mit Verdeckungen komplett zu erfassen. M. Prantl, R. Danzl, F. Helmi Messtechnik 179 Diese Kombination aus hochgenauer 3D Messung über große Bereiche auch an steilen Kanten, der Erfassung von komplexen Geometrien, sowie robus- ter Analyse-Funktionen machen InfiniteFocus ideal für die Messung unter- schiedlichster Bohr-, Fräs- und Schneidwerkzeuge. 8 Literatur R. Danzl, S. Scherer & O. Kolednik (2006): Automatic Registration of corresponding fracture surfaces,Proc. 12th Int. Metallographie-Tagung, Leoben. S. 127-134 ISO 25178-2: Geometrical product specifications (GPS) -- Surface texture: Areal -- Part 2: Terms, definitions and surface texture parameters, Entwurf ISO 25178-6: Geometrical product specifications (GPS) -- Surface texture: Areal -- Part 6: Classification of methods for measuring surface texture, Entwurf ISO 4287 (1997): Geometrische Produktspezifikationen (GPS) - Oberflächenbeschaffenheit: Tastschnittverfahren - Benennungen, Definitionen und Kenngrößen der Oberflächenbeschaffenheit ISO 4288 (1998): Geometrische Produktspezifikation (GPS) - Oberflächenbeschaffenheit: Tastschnittverfahren - Regeln und Verfahren für die Beurteilung der Oberflächenbeschaffenheit, Deutsche Fassung EN ISO 4288:1997 X. Jiang, P.J. Scott, D.J. Whitehouse & L. Blunt (2007): Paradigm shifts in surface metrology. Part II. The current shift, Proc. of the Royal Society, Vol. 463, Nr. 2085, S. 2071-2099 S. Scherer (2007): Fokus-Variation zur optischen 3-D-Messung im Mikro- und Nanobereich, In „Handbuch zur Industriellen Bildverarbeitung: Qualitätssicherung in der Praxis“, Fraunhofer IRB Verlag, 513 Seiten, ISBN 978-3-8167-7386 180 Schlagwortverzeichnis Schlagwortverzeichnis Schlagwörter Seite A Asymmetrische Kantenprofile 15 Automatisierung 61, 63, 159 B Beschichten 54, 67, 112, 116, 119, 143, 143 Bürsten 16, 17, 18, 20, 34, 37, 42, 50, 73, 78 – 81, 132, 144 Bürstmaschine 41, 42 C Charakterisierung der Schneidkante 13, 14 Co-Leaching 124 Co-Smearing 124 D Doppelfase 4, 6 E Entgraten, thermisch 95 Entgratverfahren 87, 90, 91, 96 F Fase 4, 6, 15, 75 Fasenbreite 6, 25, 27 181 Fasenwinkel 25 Feinschleifen 73, 76, 81 Focus, infinite 152, 153, 165, 171 – 173, 175, 176, 178, 179 G Gewindebohrer 46, 65, 68, 107, 111, 119, 178 Gleitschleifen 13, 18, 21, 24, 73, 77, 80, 81 Gleitschleppschleifen 98, 100, 107 Grundlagen 12, 146 Granulat 102, 104 Grat 3, 9, 14, 64, 87 – 92, 111, 112, 119, 120 H Hochleistungsschichten 130 HSC-Granulat 103, 105, 112, 116 I Ideale Schneidkante 14 K K-Faktormodell 15, 21, 22 Kantenfestigkeit 7 Kantenform 74 Kantenpräparationskosten 10 M Magnetfinish 18, 53, 54, 56, 58 – 69 182 Schlagwortverzeichnis Makrogeometrie 1, 9, 72 Mehrkosten 10 Messtechnik 21, 81, 150, 175 Messtechnik, optisch 162 Messtechnik, optisch 3D 147, 151, 156, 159, 163 – 167, 170 – 179 Mikroskop 158 Mikroskop, konfokal 151 – 153 Mikrobearbeitung 27 Mikrodefekte 3 Mikrostruktur 7 – 9, 152 Mikrozerspanung 26 – 28 O Oberflächenpräparation 98 Oberflächenverbesserung 49, 50 Oszillationstisch 37 – 41, 44, 45, 47 P Planetenpoliertisch 38, 42, 45 Polieren 37, 51, 67, 68, 73, 98, 101, 103, 116 Präparationsverfahren 16, 17, 24, 34, 98, 130 Präparationsverfahren, chemisch 17, 73 Präparationsverfahren, thermisch 16, 17 Präparationsverfahren, mechanisch 17 Präzisionswerkzeuge 1, 3, 7 Pulvernachdosierung 60 Pulververteilung 60 183 Q QZ Granulat 102, 104, 105, 112 R Radienform 36 Radiennormal 159 Radius 21, 23, 24, 27, 36, 36, 57, 75, 82, 154, 155, 158, 159, 172, 177, 178 Real 3D 165, 175, 176, 178 Reproduzierbarkeit 37, 60, 82, 113, 123 Revolvertisch 39, 40, 42, 45, 46 S Schartigkeit 2 – 4, 7 – 9, 13, 14, 17, 22, 34, 49, 65, 81, 105, 109, 120, 131, 147, 153, 155 Schichtgüte 141, 142 Schleifmedia 102 Schleppschleifen 20, 55, 98, 100, 102, 144 Schneidenstabilität 13, 72, 83 Schneidkantenarchitektur 3, 4, 12 – 14, 17, 25, 71, 73 Schneidkantengeometrie 6, 14, 15, 23, 24, 27, 28, 75 Schneidkantenmessung 22, 146, 150, 151, 153, 154, 161 Schneidkantenpräparation 1, 3 – 11, 12, 13, 14, 16, 18, 24 – 26, 34, 50, 56, 65 – 67, 71, 72, 74, 76, 98, 120 130 – 134, 137 – 140, 141 – 145 Schneidkantenradius 15, 17, 21, 23, 24, 26 – 29, 106, 133, 153 – 155 Schneidkantenverrundung 6, 8, 13, 15, 16, 18, 20, 21, 23, 184 Schlagwortverzeichnis 25, 26, 35 – 37, 54, 57, 59, 62, 65, 66, 69, 74, 77, 82 – 85, 98, 104 – 108, 112, 116, 119, 121 – 123, 136, 139, 143, 162, 163, 168, 172, 174 Schutzfase 12, 25, 27, 74 Schwenkeinheit 176 Schwenkspindel 40, 40, 45 Sinterhaut 72, 77, 79 SIX-Granulat 102, 104, 106, 111, 112 Spanbildung 2, 7, 25 – 27, 71, 83, 84 Standzeit 1, 2, 4, 7, 10, 13, 14, 24, 38, 50, 72, 79, 83 – 85, 97, 104, 106, 117, 132, 139, 139, 141 Strahlen 16 – 19, 24, 73, 79 – 81, 144 Strahlen, nass 79, 80, 141 Strahlen, trocken 79 Streifenlichtprojektion 21, 21, 82 Streifenprojektion 146 – 151, 154, 159, 160 T Trompetenform 36, 36, 123 V Verschleiß 3, 12, 14, 15, 20, 21, 22 – 25, 51, 72, 79, 84, 120, 136, 138 – 140, 156, 163, 164, 167, 168, 171 – 173, 175 Verschleißarten 140 Verschleißmessung 163, 165, 171 – 173 185 W Wasserfall 23, 36, 36, 75, 76, 123 Walnussschalengranulat 103 Wirtschaftlichkeit der Schneidkanten- präparation 10, 85 186 Autorenverzeichnis Autorenverzeichnis Bienemann, Dipl. – Ing. R. Institut für Produktionstechnik und Logistik Fachgebiet Produktionstechnik und Werkzeugmaschinen Universität Kassel Kurt-Wolters-Straße 3 D-34127 Kassel E-mail: bienemann@uni-kassel.de Cortes Rodriguez, Carlos J., Dr.-Ing. Institut für Produktionstechnik und Logistik Fachgebiet Produktionstechnik und Werkzeugmaschinen Universität Kassel und Department of Mechanical Engineering and Mechatronics National University of Colombia E-mail: cjcortes@unal.edu.co Cselle, Dr. – Ing. T. PLATIT AG Moosstrasse 68 CH-2540 Grenchen E-mail: t.cselle@platit.com Danzl, Dr. R. Alicona Imaging GmbH Teslastraße 8 A-8074 Grambach E-mail: reinhard.danzl@alicona.com 187 Gegenheimer, Dipl. – Ing. (FH) H. OTEC Präzisionsfinish GmbH Dieselstr. 8-12 D-75334 Straubenhardt-Feldrennach E-mail: h.gegenheimer@otec.de Gerber, S. René Gerber AG Werkstrasse 35 CH-3250 Lyss E-mail: stefan.gerber@gerber-maschinen.ch Gölz, G. Benseler Entgratungen GmbH Max-Eyth-Straße 6 D-71672 Marbach a. N. E-mail: guenter.goelz@benseler.de Guter, Dipl. – Ing. (BA) T. Kennametal Technologies GmbH Wehlauer Straße 73 D-90766 Fürth E-mail: tim.guter@kennametal.com Hainich, Rolf GFMesstechnik GmbH (GFM) Warthestraße 21 D-14513 Teltow / Berlin E-mail: rolf.hainich@gfmesstechnik.com 188 Autorenverzeichnis Heckmann, Dipl. – Ing. L. Institut für Produktionstechnik und Logistik Fachgebiet Produktionstechnik und Werkzeugmaschinen Universität Kassel Kurt-Wolters-Straße 3 D-34127 Kassel E-mail: heckmann@uni-kassel.de Helmi, F. Alicona Imaging GmbH Teslastraße 8 A-8074 Grambach E-mail: franz.helmi@alicona.com Holsten, Dr. – Ing. S. Institut für Produktionstechnik und Logistik Fachgebiet Produktionstechnik und Werkzeugmaschinen Universität Kassel Kurt-Wolters-Straße 3 D-34127 Kassel sven.holsten@phoenixcontact.com Prantl, Dr. M. Alicona Imaging GmbH Teslastraße 8 A-8074 Grambach E-mail: manfred.prantl@alicona.com 189 Thiel, Dr.rer.nat. W. Magnetfinish GmbH Dallenwilerstrasse 20 CH-6370 Oberdorf E-mail: thiel@magnetfinish.com Tikal, Prof. Dr. – Ing. F. Institut für Produktionstechnik und Logistik Fachgebiet Produktionstechnik und Werkzeugmaschinen Universität Kassel Kurt-Wolters-Straße 3 D-34127 Kassel E-mail: tikal@uni-kassel.de Wagner, J. MAW Werkzeugmaschinen GmbH Industriestraße 6 D-71069 Sindelfingen E-mail: jwagner@maw-gmbh.de Weigand, Dipl. – Ing. M. CemeCon AG Denauerstrasse 20A4 D-52146 Würselen E-mail: manfred.weigand@cemecon.de 190 Firmenverzeichnis Firmenverzeichnis Alicona Imaging GmbH Teslastrasse 8 A-8074 Grambach Tel: +43 (0) 316 4000 700 Fax: +43 (0) 316 4000 711 E-mail: info@alicona.com Web: http://www.alicona.com Benseler Holding GmbH & Co. KG Zeppelinstraße 28 D-71706 Markgröningen Tel: +49 (0) 7145 999 0 Fax: +49 (0) 7145 999 299 E-mail: info@benseler.de Web: http://www.benseler.de CemeCon GmbH Incorporating Coating Technology Adenauerstraße 20 A4 D-52146 Würselen Tel: +49 (0) 2405 4470 100 Fax: +49 (0) 2405 4470 399 E-mail: info@cemecon.de Web: http://www.cemecon.de 191 René Gerber AG Maschinenbau Werkstrasse 35 CH-3250 Lyss Tel: +41 (0) 32 384 1487 Fax: +41 (0) 32 384 3285 E-mail: info@gerber-maschinen.ch Web: http://www.gerber-maschinen.ch GFMesstechnik GmbH (GFM) Warthestraße 21 D-14513 Teltow / Berlin Tel: +49 (0) 3328 9360 0 Fax: +49 (0) 3328 305188 E-mail: info@gfmesstechnik.com Web: http://www.gfmesstechnik.de IPL, Universität Kassel Kurt-Wolters-Straße 3 D- 34125 Kassel Tel: +49 (0) 561 804 - 3236 Fax: +49 (0) 561 804 - 2045 E-mail: huelsmann@uni-kassel.de Kennametal GmbH & Co. KG Werkzeuge + Hartstoffe Wehlauer Str. 73 D-90766 Fürth Tel: +49 (0) 911 9735 219 Fax: +49 (0) 911 9735 514 E-mail: info@kennametal.com Web: http://www.kennametal.com 192 Firmenverzeichnis Magnetfinish GmbH Dallenwilerstrasse 20 CH-6370 Oberdorf Tel: +41 (0) 41 618 07 10 Fax: +41 (0) 41 618 07 19 E-mail: info@magnetfinish.com Web: http://www.magnetfinish.com MAW Werkzeugmaschinen GmbH Industriestraße 6 D 71069 Sindelfingen Tel: +49 (0) 7031 7376 0 Fax: +49 (0) 7031 382005 E-Mail: info@maw-gmbh.de Web: http://www.maw-gmbh.de OTEC Präzisionsfinish GmbH Dieselstraße 8-12 D-75334 Straubenhardt-Feldrennach Tel: + 49 (0) 7082 4911 20 Fax:+ 49 (0) 7082 4911 29 E-mail: info@otec.de Web: http://www.otec.de 193 Platit AG Advanced Coating Systems Moosstrasse 68 CH-2540 Grenchen Tel: +41 (0) 32 654 26 00 Fax: +41 (0) 32 654 26 83 E-mail: info@platit.com Web: http://www.platit.com