Christoph Scherrer Hans Böckler Stiftung A r b e i t s p a p i e r 45 Zukunft der Wirtschaft Zukunft der Wirtschaft AP #45-Umschlag 28.09.2001 13:38 Uhr Seite 1 1Arbeitspapier 45 Zukunft der Wirtschaft Eine Literaturstudie Christoph Scherrer 2 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 AutorInnenverzeichnis Stefan Beck, geb. 1968, Diplom-Politologe, Doktorand an der Universität Gesamthochschule Kassel zum Thema „Ostdeutschland in der Globalisierung“. Gülay Caglar, geb. 1973, Dipl. Pol., Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachgebiet Globalisierung & Politik an der Universität Gesamthochschule Kassel. Christian Kellermann, geb. 1974, Mag. rer. pol., promoviert zur Zeit an der Universität Gesamthoch- schule Kassel zum Thema „Der Internationale Währungsfonds in einem veränderten internationalen Finanzumfeld“ und arbeitet zudem als Finanzanalyst bei einer Investmentbank in Frankfurt. Frank Klobes, geb. 1965, mag. rer. pol., ist Doktorand beim Betriebsrat Volkswagen-Kassel und promo- viert zum Thema „Implikationen der Globalisierung für politische Handlungsstrategien gewerkschaftlicher und betrieblicher Interessenvertretung“ an der Universität Gesamthochschule Kassel. Kai Mosebach, geb. 1970, Diplom-Politologe, promoviert zur Zeit an der Universität/Gesamthochschule Kassel zum Thema „Internationale Bankenregulierung – zur Emergenz eines globalen Politikfeldes“ und arbeitet zudem als freier Mitarbeiter beim entwicklungspolitischen NGO WEED e.V. sowie in der gewerk- schaftsnahen Erwachsenenbildung. Prof. Dr. Christoph Scherrer, lehrt Globalisierung und Politik an der Universität Gesamthochschule Kassel, FB Gesellschaftswissenschaften, Nora-Platiel-Straße 1, 34127 Kassel, Tel.: (05 61) 8 04 30 95/32 53, Fax (05 61) 8 04 34 64. Impressum Herausgeber: Hans-Böckler-Stiftung Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderungswerk des DGB Hans-Böckler-Straße 39 40476 Düsseldorf Telefon: (02 11) 77 78-127 Fax: (02 11) 77 78-283 E-Mail: Frank-Gerlach@boeckler.deLothar-Kamp@boeckler.de Redaktion: Frank Gerlach, Referat Forschungsförderung ILothar-Kamp, Referat Technologie Best.-Nr.: 11045 Gestaltung: Horst F. Neumann Kommunikationsdesign, Wuppertal Produktion: Der Setzkasten GmbH, Düsseldorf Düsseldorf, Oktober 2001 DM 17,00 / e 8,69 3Inhalt Geleitwort 5 Executive Summary 7 Wachstumsperspektiven der deutschen Wirtschaft 7 Die Zukunft des „rheinischen Kapitalismus” 9 Unternehmensstrategien: Global und Digital 11 Einleitung 15 1. Wachstum, Wettbewerb, Institutionen 17 1.1 Theoretische Erklärungsmuster der Wirtschaftsentwicklung 17 1.2 Wachstumstrends der deutschen Wirtschaft 19 1.3 Wettbewerbssituation der deutschen Wirtschaft 28 1.4 Institutionelle Dynamik: Die Zukunft des rheinischen Kapitalismus 33 2. Vorbild USA: New Economy und Jobwunder 37 2.1 New Economy 37 2.2 Jobwunder 41 3. Digitale Revolution und Unternehmensstrategien 45 3.1 Unternehmensmodelle und -strategien 45 3.2 Wandel der Produktionsorganisation 49 3.3 Neue Marktstrategien im digitalen Zeitalter 57 3.4 Revolution des Produktentstehungsprozesses 59 4. Entflechtung der Deutschland AG? Investmentbanking, Shareholder Value 63 und Corporate Governance 4.1 Die Zukunft des deutschen Finanzsektors 63 4.2 Shareholder Value und Corporate Governance 70 5. Demographischer Wandel und seine Folgen für die deutsche Wirtschaft 81 5.1 Der säkulare Trend alternder Gesellschaften in den OECD-Staaten 81 5.2 Bevölkerungsentwicklung, Zuwanderung und Arbeitsmarkt: Entwicklungsszenarien für die 82 Bundesrepublik Deutschland 5.3 Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) 84 5.4 Die Zukunft der Gesundheit – Krankenversicherung und Pflegeversicherung vor der 88 demographischen Herausforderung 5.5 Altersgerechte Arbeitspolitik: Innovation und Beschäftigung in einer alternden 92 Erwerbsbevölkerung 4 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 6. Internationaler Steuerwettbewerb, Fiskalföderalismus und die Zukunft 95 der Staatsfinanzen 6.1 Globalisierung, internationaler Steuerwettbewerb und die Europäische Wirtschafts- 95 und Währungsunion (EWWU) 6.2 Kooperativer versus kompetitiver Fiskalföderalismus: Die Reform des deutschen 99 Finanzausgleichs 7. Regulierung der Wirtschaft 103 7.1 Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion 103 7.2 Trends in der Wettbewerbspolitik 106 7.3 Trends in der Industrie-, Struktur- und Regionalpolitik 113 7.4 Trends in der Deregulierungspolitik 116 7.5 Trends in der Migrationspolitik 118 7.6 Schlussbemerkung 119 Literaturverzeichnis 121 Anhang 153 Selbstdarstellung der Hans-Böckler-Stiftung 159 5Geleitwort Im Zeichen des Wandels von Wirtschaft und Gesellschaft sind Zukunftsfragen aus guten Gründen fester Bestandteil der gesellschaftspolitischen, gewerkschaftspolitischen und wissenschaftlichen Diskussion geworden. Die Debatten folgen nicht nur der verständlichen Neugier, wissen zu wollen, was uns die nahe oder ferne Zukunft beschert. Vielmehr sind sie durch den Anspruch motiviert, bedeutsame gesellschaftliche Entwicklungen rechtzeitig erkennen und erklären, steuern und beeinflussen zu können. Prozesse gesellschaftlichen Wandels treffen selten alle gleich. Je nach Geschlecht, Alter, Qualifikation, Beruf und anderen Merkmalen beinhalten sie neue Risiken und Chancen. Zukunftsdebatten zielen nicht zuletzt darauf, diese Differenzen rechtzeitig wahrzunehmen und einen sozialen Ausgleich zu ermöglichen. Für eine aktive, dialogorientierte und solidarische Zukunftsgestaltung sind Zukunftsdebatten deshalb ein unverzicht- barer Bestandteil. Die Hans-Böckler-Stiftung und die Otto-Brenner-Stiftung haben das gemeinsame Ziel, den gesellschaftli- chen Zukunftsdiskurs und insbesondere die Suche der Gewerkschaften nach tragfähigen Zukunftskonzep- ten zu begleiten. Die besondere Aufgabenstellung beider Stiftungen liegt darin, wissenschaftliche Analyse gesellschaftspolitischen Debatten und politischen Entscheidungsprozessen zugänglich zu machen sowie einen fruchtbaren Dialog zwischen Wissenschaft und politischer Praxis zu befördern. Um diesem Anspruch auch mit Blick auf den aktuellen Zukunftsdiskurs gerecht zu werden, der in den Gewerkschaften insgesamt geführt wird und der in der neuen Zukunftsdebatte der IG Metall ein Forum hat, hat die Hans-Böckler-Stiftung in Kooperation mit der Otto-Brenner-Stiftung wissenschaftliche Experti- sen initiiert und gefördert. Sie sollen gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse über Umfang und Tiefe beobachtbarer gesellschaftlicher Veränderungsprozesse überblicksartig zusammenstellen und damit Orien- tierungswissen für politische Reform- und Entscheidungsprozesse liefern. Acht Forschungsteams haben fünf Schlüsselthemen des Zukunftsdiskurses bearbeitet: „Zukunft der Arbeit“, „Zukunft der Gewerkschaften“, „Zukunft der Wirtschaft“, „Zukunft der Gesellschaft“ und „Zukunft der Politik“. Die Studien, die in sehr kurzer Zeit entstanden sind, erheben nicht den Anspruch, die umfangrei- chen Themenstellungen in ihrer gesamten Breite abzudecken. Dennoch wollen sie einen Einblick in zentra- le Sichtweisen und Argumentationsstränge geben, wie sie im Wissenschaftsdiskurs verhandelt werden. Ein Arbeitskreis der Otto-Brenner-Stiftung hat die Entstehung der Studien kritisch und konstruktiv begleitet. Die Hans-Böckler-Stiftung veröffentlicht die Expertisen in ihrer Reihe „Arbeitspapiere“. Nicht jede referierte Position wird widerspruchslos bleiben. Doch wenn die Studien ein Anreiz – vielleicht auch ein Stachel – sind, den Zukunftsdiskurs zu bereichern und zu intensivieren, dann haben sie aus Sicht der beiden Stiftun- gen ihren Zweck erfüllt. Prof. Dr. Heide Pfarr Dr. Klaus Lang Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung Geschäftsführer der Otto-Brenner-Stiftung 6 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 7Executive Summary Wachstumsperspektiven der deutschen Wirtschaft Das Wirtschaftswachstum bleibt ein wichtiger Indikator der Gesellschafts- und Beschäftigungsentwicklung. Neben der technologischen Entwicklung wird das Wirtschaftswachstum durch die internationalen Trends, die Entwicklung und Nutzung des Arbeitskräftepotenzials und die wirtschaftspolitische Steuerung bein- flusst. Zunehmende Bedeutung kommt der anhaltenden Umweltproblematik zu, sowohl als Risikofaktor wie auch als Modernisierungspotenzial. 1. Wachstum mit geringen Beschäftigungsimpulsen Mit im Durchschnitt 2 bis höchstens 2,5 Prozent wird das jährliche Wirtschaftswachstum auch in den kom- menden Jahren unter der Schwelle bleiben, ab der es zu einer erheblichen Ausweitung der Beschäftigung kommt. Eine Reduzierung des Erwerbspersonenpotenzials infolge des demographischen Wandels wird erst nach dem Jahr 2010 spürbar. Modellrechnungen zeigen für Deutschland einen altersbedingten Rückgang der Bevölkerung auf 56,4 Millionen im Jahr 2050 auf. Bei einer jährlichen Zuwanderung zwischen 100.000 und 300.000 Personen variieren die Vorhersagen zur Bevölkerungsentwicklung im Jahr 2050 zwischen 60 und 75 Millionen Einwohnern. Langfristig können der Alterungsprozess und die dadurch bedingte Verringerung des Arbeitskräfteange- bots durch die – auch nachfragepolitisch sinnvolle – Erhöhung der Frauenerwerbsquote und eine verstärk- te Zuwanderung gebremst werden. Die Gleichstellung der Geschlechter im Erwerbsleben erfordert die Bereitstellung einer angemessenen sozialen Infrastruktur und der Alterungsprozess eine Anpassung beste- hender Weiterbildungssysteme, die zum einen die älteren Erwerbstätigen angemessen fördert und zum anderen die soziale Polarisierung in qualifizierte und unqualifizierte Beschäftigte vermindert. Ohne weiter- gehende beschäftigungspolitische Maßnahmen und eine verteilungs- und geldpolitisch abgestimmte Stär- kung der Binnennachfrage wird die Arbeitslosigkeit bis 2010 jedoch nicht deutlich unter die 4-Millionen- Grenze sinken. Die staatliche Handlungskompetenz ist aber durch die europäische Integration eingeschränkt. Geld- und Währungspolitik obliegt der supranationalen Ebene. Kompetenzverluste sind auch in der Wettbewerbspolitik, der Industrie- und Regionalpolitik und der Deregulierungspolitik erkennbar. 2. Notwendige Zuwanderung Nach der Mehrheit der vorliegenden Studien und Prognosen ist auch nach der EU-Osterweiterung nicht mit einer ‘dramatischen’ Zuwanderung zu rechnen. Aufgrund der langfristigen demographischen Entwicklung ist Zuwanderung arbeitsmarkt- und wachstumspolitisch notwendig. Das anhaltende Problem der Arbeits- losigkeit ist davon unabhängig (zu lösen). Eine arbeitsmarktpolitische ‘Konkurrenzperspektive’ zwischen Zuwanderung und Arbeitslosigkeit konterkariert die unbedingt notwendige Integration von Zuwanderern, schwächt lediglich die Angebotsseite (Gewerkschaften, Arbeitnehmer, Arbeitslose) des Arbeitsmarktes und behindert die anzustrebende Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen bereits hier lebender MigrantInnen der zweiten und dritten Generation. Die Zuwanderung von ArbeitsmigrantInnen kann eben- falls zu einer Verbesserung der Finanzierung des arbeitsmarktvermittelten sozialen Sicherungssystems der Bundesrepublik Deutschland beitragen. Eine Zuwanderung sollte jedoch nicht von utilitaristischen Gesichts- punkten abhängig gemacht werden. Ein solcher Umgang mit der im Zuge der EU-Osterweiterung zu erwar- tenden Arbeitskräftemigration ist nicht nur politisch gefährlich, sondern ist auch empirisch nicht begründet. Das Beispiel USA illustriert nicht nur komplementäre positive Einkommens- und Beschäftigungseffekte der Immigration, sondern auch die schwache Evidenz negativer Einkommenseffekte bei gering Qualifizierten. 8 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Die Überlegenheit einer qualifikationsbezogenen Einwanderungspolitik konnte bislang nicht nachgewiesen werden. 3. Bedingtes Vorbild USA Die Hoffnungen auf eine New Economy haben sich nicht erfüllt. Der zunehmende Einsatz von Informati- onstechnologien hat weder zu sektorübergreifenden signifikanten Produktivitätssteigerungen geführt noch ein dauerhaft hohes und zugleich inflationsneutrales Wirtschaftswachstum ermöglicht. Massive Investitio- nen in Informationstechnologien haben zwar zum langen Clinton-Boom beigetragen, doch entscheidend war eine wachstumsorientierte Geldpolitik und die auf andere Länder nur bedingt übertragbare Bereitschaft des Auslands, hohe Leistungsbilanzdefizite zu finanzieren. Beides trug zudem maßgeblich zum sogenann- ten Jobwunder bei. Darüber hinaus erklären die folgenden Faktoren das hohe Beschäftigungsniveau der letzten Jahre: hohe Frauenerwerbstätigkeit, starke Arbeitskräfteimmigration, absolut niedrigeres Produkti- vitätsniveau, ausgeprägte Lohnspreizung und günstiges Innovationsklima. Wenngleich die Übertragung einiger wirtschaftspolitischer Institutionen und Maßnahmen der USA durchaus wünschenswert und zumin- dest in mittlerer Sicht auch realisierbar wären, können insgesamt vom Nachahmen des US-amerikanischen Vorbildes keine signifikanten Wachstumsimpulse erwartet werden. 4. Strukturwandel: kein Anlass für Optimismus – das regionale Gefälle bleibt Der sektorale Trend zur Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft vollzieht sich langsam und ohne Aus- sicht auf umfangreiche Beschäftigungszuwächse, welche den gebremsten Rückgang im verarbeitenden Gewerbe überkompensieren könnten. Im Ansatz vorhandene Wachstumspotentiale in einzelnen Bereichen der Informations- und Kommunikationswirtschaft bedürfen zu ihrer vollen Entfaltung der wirtschaftspoliti- schen Unterstützung. Ein schneller Aufholprozess der ostdeutschen Wirtschaft auf annähernd 80 Prozent der westdeutschen Wirtschaftsleistung bis zum Jahr 2010 ist nicht zu erwarten. Die vergleichsweise schwache Exportkraft und ausgeprägte Binnenorientierung der ostdeutschen Wirtschaft machen eine transfer- und verteilungspoliti- sche Unterstützung weiterhin unverzichtbar. Eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit muss an der Verbes- serung der regionalen Wirtschaftstruktur und der Produktivkraft und nicht am Einkommen ansetzen. Das Ziel der Herstellung gleichmäßiger Lebensverhältnisse könnte vor dem Hintergrund haushaltspolitischer Konsolidierungszwänge und verschärfter regionaler Standortkonkurrenz gefährdet sein. Zudem verringert der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt den finanzpolitischen Handlungsspielraum der Mitglieds- staaten und damit die Möglichkeit, die wirtschaftliche Entwicklung strukturschwacher Regionen zu fördern. Die aufgewertete europäische Regionalpolitik geht mit einem Zentralisierungstrend einher, mit dem die struktur- und regionalpolitischen Kompetenzen der Mitgliedsstaaten durch strikte Subventionskontrollen und regionalpolitische Vorgaben im Rahmen der Strukturfonds beschnitten werden. 5. Unsicherheitsfaktor Umwelt Umweltpolitisch besteht weiterhin Anlass zur Sorge. Die Ressourcen- und Umweltbelastung ist immer noch zu hoch und ein alleiniges Vertrauen auf die technologische Innovationskraft und regulative Marktmecha- nismen ist nicht gerechtfertigt. Der verstärkte Eingriff in die Natur durch Bio- und Gentechnologie verschärft umwelt- und gesundheitspolitische Risiken und insbesondere weitere ernährungs- und landwirtschaftliche Krisen können nicht ausgeschlossen werden. Die jüngste internationale Entwicklung im Bereich der Klima- politik ist bedenklich und erhöht den Druck hinsichtlich weitergehender Maßnahmen in den Bereichen Kli- maschutz und Energieverbrauch. Eine nachhaltige Umweltentlastung ist bislang auch nicht aufgrund des Trends zur Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft zu erwarten. Der Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologien bewirkt keine umfassende Dematerialisierung ökonomischer und gesell- 9schaftlicher Prozesse, sondern ist selbst mit spezifischem Ressourceneinsatz und komplementär induzierten Umweltbelastungen verbunden. Eine nachhaltige Entlastung der natürlichen Grundlagen erfordert verstärk- te politische Maßnahmen, die an der Regulation sozialer Verhältnisse ansetzt und gegebenenfalls auch im Konflikt zur ökonomischen Verwertungslogik durchzusetzen ist. Eine Reduzierung der Umweltbelastung steht aber nicht im Widerspruch mit der sozio-ökonomischen Entwicklung und dem Erhalt beziehungswei- se der Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Zukunft des „rheinischen Kapitalismus” Die Zukunft des “rheinischen Kapitalismus” als Ausdruck der institutionellen Konfiguration und Verschrän- kung von Wirtschaft und Gesellschaft bleibt umkämpft. Der Druck hinsichtlich der „Deutschland AG” und dem deutschen Modell der industriellen Beziehungen wird anhalten, ihr Ende auszurufen ist jedoch eben- so verfrüht wie kontraproduktiv. Die Stärken hinsichtlich der langfristigen Entwicklung wie auch der zwei- felhafte ‘Erfolg’ einer arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen Deregulierung nach dem angelsächsisch- amerikanischen Vorbild geben hinreichend Anlass, bestehende institutionelle Formen nicht vorschnell preiszugeben. 6. Anhaltende Exportstärke des „Modell Deutschland” Entgegen der suggestiv geführten „Standortdebatte” ist die gesamtwirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit auch zukünftig als gut einzuschätzen. Die Exportstärke der deutschen Wirtschaft wird aller Voraussicht nach weiter anhalten und äußert sich auch im Handel mit den ostmitteleuropäischen Ländern. Von den zuletzt im internationalen Vergleich und Zeitverlauf gesunkenen Lohnstückkosten geht im Zusammenhang mit der relativen Schwäche des EURO eine exportfördernde Wirkung aus. Trotz möglicher Aufwertungstendenzen des EURO kann gegenwärtig nicht von einem entscheidenden Anstieg der Lohnstückkosten ausgegangen werden. Ebenso wie die Handelsentwicklung liefert auch die Entwicklung der Direktinvestitionen keinen Beweis für eine sich verschlechternde Wettbewerbsposition. Die jüngsten Trends bei den Direktinvestitio- nen sind Ausdruck einer strategischen Positionierung der Unternehmen in der Globalisierung. Sektorale Schwächen sind im internationalen Vergleich allenfalls in spezifischen Bereichen der Dienstleistungen sowie der Informations- und Kommunikationstechnologie auszumachen. Umgekehrt schnürt allerdings eine wei- terhin an den Lohnkosten und staatlichen Leistungen ansetzende Erhöhung der Exportstärke die Binnen- nachfrage ein und wirkt kontraproduktiv auf das Wachstum der nicht überwiegend exportorientierten Wirt- schaftsbereiche. Darüber hinaus wird durch eine solche Wettbewerbsstrategie Anpassungsdruck auf andere Länder ausgeübt und die europäische Wachstumsdynamik beeinträchtigt. 7. Sozialversicherungen unter Druck Seit Beginn der neunziger Jahre wurden verschiedene Regelungen getroffen, die die Anpassungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Auswirkungen des demographischen Wandels in den Jahren 2010-2030 sichern sollten. Die 2001 umgesetzte Rentenreform, die eine Teilkapitaldeckung in die gesetz- liche Rentenversicherung einführt, wird als Paradigmenwechsel interpretiert, insofern die Beitragssatzstabi- lität zum Leitziel der Gesetzlichen Rentenversicherung erhoben wurde. Die Beitragssatzfixierung auf 22 Pro- zent bis zum Jahr 2030 begrenzt den Lohnnebenkostenanstieg für die Arbeitgeber, während die Erwerbstätigen wegen der privaten Zusatzvorsorge eine zusätzliche Finanzierungslast tragen werden. Der demographische Wandel wird ebenfalls die gesetzliche Krankenversicherung und die Pflegeversiche- rung ab 2010 je nach zugrundegelegten Modellannahmen mehr oder weniger stark belasten. Während der unmittelbare Effekt einer schrumpfenden Bevölkerung für relativ gering angesehen wird, ist in der wissen- 10 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 schaftlichen Literatur insbesondere die Frage umstritten, ob die Zunahme höherer Altersgruppen zu höhe- ren medizinischen Kosten führen wird. Entscheidend für die finanzielle Stabilität der sozialen Sicherungssysteme ist jedoch weniger der gesell- schaftliche Altenquotient, sondern das Verhältnis von Erwerbstätigen zu Versicherten. Die akuten und zukünftigen Finanzierungsengpässe der sozialen Sicherungssysteme werden bis zum Jahr 2010 stärker von der Zunahme atypischer Beschäftigungsverhältnisse und Massenarbeitslosigkeit als von den Folgen der demographischen Entwicklung betroffen sein. Die kurzfristigen Finanzierungsengpässe ließen sich durch vielfältige Maßnahmen abschwächen. Längerfristig wird jedoch durch Zuwanderung und die verstärkte För- derung der Erwerbsquote von Frauen und gering qualifizierten ArbeitnehmerInnen die Erwerbstätigenquo- te erhöht werden müssen, sofern die Arbeitskräftenachfrage auf einem vergleichbaren Niveau bleibt. Eine alternde Bevölkerung bedeutet zudem, dass in Zukunft die über 45-jährigen die (relative) Mehrzahl der erwerbstätigen Bevölkerung ausmachen werden und die Altersumschichtung zum Wettbewerbsfaktor wird. Dies erfordert gerade im Bereich der betrieblichen Personal-, Gesundheits- und Weiterbildungspolitik sowie der regionalen Innovations- und Beschäftigungspolitik erheblichen Anpassungsbedarf. 8. Staat ohne Geld? Die Steuerreform 2000 führt zu einer breiten Absenkung der nominalen Steuersätze und einer Netto-Ent- lastung von circa 94 Milliarden Mark bis zum Jahr 2005. Die Unternehmenssteuerreform zielt auf eine ver- besserte internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und eine größere Attraktivität des Wirt- schaftsstandortes Deutschland für ausländischer Kapitalanleger. Entgegen politischen Rechtfertigungen für die steuerlichen Entlastungen der Unternehmen war jedoch die effektive Steuerlast von deutschen Kapital- gesellschaften vor der Unternehmenssteuerreform im internationalen Vergleich keineswegs hoch. Die aber- malige Absenkung der nominellen Steuersätze für Kapitalgesellschaften droht im europäischen Umfeld einen Steuersenkungswettlauf auszulösen. US-amerikanische Erfahrungen der achtziger Jahre lassen auch vermuten, dass es Interessensvertretern in Zukunft gelingen könnte, über die Ausweitung von Steuer- schlupflöchern auch diesen geringen nominellen Steuersätzen zu entkommen. Die internationale Steuerkonkurrenz wird sich in den nächsten Jahren verschärfen, wenn es nicht gelingt, internationale Besteuerungsstandards durchzusetzen. Während im Bereich indirekter Steuern im Prozess der europäischen Integration einige gemeinsame Regelungen gefunden werden konnten (Mehrwertsteuer) und durch das Wachstum grenzüberschreitender Online-Geschäfte („BIT-Steuer”) mögliche Anreize beste- hen, die internationale Kooperation hier auszuweiten, treten politische Initiativen für die internationale Besteuerung von Kapitaleinkommen und Unternehmen auf der Stelle. Der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt verpflichtet die Teilnehmerstaaten der Europäischen Wirt- schafts- und Währungsunion (EWWU) zu einer mittelfristigen Rückführung ihrer staatlichen Neuverschul- dung. Der Finanzplan des Bundesfinanzministers zielt bis zum Jahr 2006 auf einen ausgeglichenen Haus- halt, so dass staatliche Steuereinnahmen in Zukunft vermehrt für den Schuldenabbau eingesetzt werden. Insgesamt besteht die Gefahr, dass durch das Zusammenspiel von Senkung der Steuersätze, mangelnder internationaler Steuerkooperation und Schuldenabbau die Fähigkeit zur Finanzierung zentraler staatlicher Aufgaben empfindlich eingeschränkt werden wird. 9. Entflechtung der „Deutschland AG” Die Ausrichtung der privaten Großbanken auf das Investmentbanking wird sich trotz Trendwechsels an den Aktienbörsen fortsetzen. Das Privatkundengeschäft gewinnt jedoch aufgrund des Übergangs zur anteiligen Kapitaldeckung der Altersvorsorge wieder an Attraktivität. Entsprechend aussichtsreich gilt das Allfinanz- konzept, welches einerseits das alte Universalbankprinzip auf Versicherungsleistungen ausdehnt und ander- 11 seits aber eine „Multispezialisierung” auf die profitabelsten Geschäftszweige beinhaltet. Die damit einher- gehende Konzentration im Finanzsektor wird durch die Vereinheitlichung des europäischen Finanzmarktes noch beschleunigt. Die neuen grenzüberschreitenden Allfinanzkonzerne werden tendenziell weniger an den Standort Deutschland gebunden sein. Die traditionell engen Verbindungen zwischen Hausbank und Industrieunternehmen, die die „Deutschland AG” kennzeichnete, werden deshalb lockerer ausfallen, zumal sich die großen Unternehmen auch direkt an institutionelle Investoren wenden können. Die mächtige Stel- lung der Allfinanzkonzerne und der institutionellen Investoren auf den Finanzmärkten ist nicht vergleichbar mit dem Einfluss der Banken im alten System der Unternehmenssteuerung (Corporate Governance) über langfristige Kreditbeziehungen, Beteiligungen und Aufsichtsratsmandate. Die Konkurrenz der institutionel- len Investoren untereinander (Benchmarking) bedingt ein Interesse an der kurzfristigen Steigerung des Unternehmenswerts (Shareholder Value). Die Orientierung an den Interessen der Anteilseigner wird aus mehreren Gründen zunehmen. Zum einen schafft die institutionelle Verankerung des Investmentbanking Akteure, die mit Blick auf höhere Börsenkur- se die Aufteilung oder Neuzusammensetzung von Unternehmen betreiben. Zum anderen bedarf es zur Nutzung des günstigen internationalen Kapitalangebots einer erhöhten Unternehmenstransparenz gegenü- ber Investoren, die nicht über Hausbank-Insiderwissen verfügen. Flankiert und forciert wird die Shareholder- Value-Orientierung durch politische Gesetzgebungsinitiativen. Die Vermarktlichung der Unternehmenskon- trolle wird insbesondere durch die drastische Steuersenkung auf Erträge aus dem Verkauf von Unternehmensbeteiligungen erleichtert. Eine vollständige Übernahme des angelsächsischen Systems ist gleichwohl mittelfristig nicht zu erwarten. Beharrungskräfte gehen von der weiterhin relativ geringen Bedeutung des Kapitalmarktes, der Stärke der klein- und mittelständischen Unternehmen und der institu- tionellen Verankerung der Mitbestimmung aus. Die Ausrichtung auf den Shareholder Value geht auf Kosten der Mitsprachemöglichkeiten weiterer sogenannter Stakeholder, insbesondere Belegschaften und deren Interessenvertretungen. Das Prinzip der Mitbestimmung steht somit unter Druck. 10. EU-Deregulierungspolitik Die Deregulierungspolitik der Europäischen Kommission fördert Privatisierungs- und Liberalisierungsten- denzen auf den Gemeinschaftsmärkten (vor allem im Bereich der Dienstleistungen). Die Europäische Kom- mission zielt damit darauf ab, nationale Monopole aufzubrechen und staatliche Einflussmöglichkeiten auf die wirtschaftliche Entwicklung (z.B. über Subventionen) einzugrenzen. In der Zukunft sind im Zuge der europäischen Deregulierungspolitik weitergehende Privatisierungs- und Liberalisierungstendenzen zu erwarten. Unternehmen werden dadurch verstärkt unter Wettbewerbsdruck geraten und werden folglich ihre Fusionsaktivitäten intensivieren. Insofern wird durch die Deregulierungspolitik der Europäischen Kom- mission ein Konzentrationstrend in der europäischen Wirtschaft angestoßen. Dieser Trend wird zusätzlich durch die europäische Wettbewerbspolitik unterstützt: Die industriepolitische Ausrichtung der europäischen Wettbewerbsregeln fördert die Fusionsaktivitäten europäischer Unternehmen und beschleunigt somit Kon- zentrationsbewegungen auf dem gemeinsamen Markt. Zudem werden mit dem „Statut der Europäischen Aktiengesellschaft” die gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Fusions- maßnahmen europäischer Unternehmen geschaffen. Unternehmensstrategien: Global und Digital Digitale Revolution und Globalisierung haben neue Managementkonzepte hervorgebracht, die insbeson- dere die Koordination der Prozessketten verändern. 12 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 11. Internationale Netzwerkbildung: Vermarktlichung betrieblicher Beziehungen Die digitalen Technologien haben den internationalen Wettbewerb weiter zugespitzt. Sie sind sowohl Trei- ber als auch Managementinstrumente der Unternehmensinternationalisierung. Fusionen und Akquisitionen, Kooperationen und Neuinvestitionen sowie Outsourcing führen zur fortwährenden Bildung weltweiter kon- zerninterner und konzernübergreifender Netzwerke. Die Unternehmensnetzwerke nutzen dabei zwei stra- tegisch bedeutende Effekte aus. Zum einen werden Economies of Scale-Effekte genutzt, die durch Markt- macht und Skalenerträge dem Kostendruck Rechnung tragen und zum anderen Economies of Scope-Effekte, die durch Marktspezialisierung und Produktdiversifizierung den Absatz erhöhen. Zur erfolg- reichen Umsetzung dieser Strategien bedarf es eines hohen Grades an Organisationsflexibilität und Dezen- tralisierung. Der Schlüssel zur Steuerung und Flexibilitätsgewährleistung der weltweiten Netzwerke ist die digitale Technologie. Der Übergang von einer direkten und direktiven hierarchischen Unternehmenssteue- rung zu einer indirekten Steuerung durch Vermarktlichung der inner – und interbetrieblichen Beziehungen sowie eines auf neuen Kommunikationsprozessen basierenden sozialintegrativen Koordinationsmechanis- mus, ist Ausdruck eines der Netzwerkarchitektur angepassten Steuerungsmechanismus. Dezentralisierung und Vermarktlichung begründen jedoch auch Dysfunktionalitäten, die sich in ‘strukturellen Egoismen’ und zentrifugalen Kräften äußern. Somit ist es nicht verwunderlich, wenn sich zum Haupttrend zur fortwähren- den Globalisierung, Unternehmensdezentralisierung und Netzwerkbildung eine Gegentendenz bildet, die sich in einer Re-Zentralisierung von strategisch bedeutenden, ökonomischen und machtpolitischen Funk- tionen ausdrückt. 12. Desintegration der Produktionskette: Auslagerung der Fertigung Die Anforderungen des internationalen Wettbewerbs veranlassen die Unternehmen zur Beschleunigung der Produktzyklen und zum Ausbau der Produktvielfalt. Die Time to Market- und Produktdiversifikationsstrate- gie stellen die Unternehmen vor enorme Flexibilitäts-, Kapital- und Innovationsanforderungen. Dem begeg- nen sie mit Plattform-, Gleichteile- und Modularstrategien, vernetztes Simultaneous Engineering und ver- stärktem Outsourcing von Produktion. Digital vernetztes Simultaneous Engineering verkürzt die Produktentwicklungszeiten signifikant. Durch cross-funktionales Entwickeln kann die Produktentwicklung parallel zum Produktionslinienengineering und zur Einkaufs- und Komponentenstrategie durchgeführt wer- den. Über digitale Netzwerke können in Realtime alle an der Entwicklung beteiligten Firmen und Unter- nehmensbereiche, vom Rohstofflieferanten bis zum Maschinen- und Werkzeugbau, in den Produktenste- hungsprozess eingebunden werden. Mögliche Schnittstellenprobleme zwischen den Akteuren und Entwicklungsstufen sollen durch Projektorganisationsmanagement abgebaut werden. Die Frage, ob das e- Engineering den Trend zur Dezentralisierung und räumlichen Entkoppelung der Entwicklungstätigkeit ein- leiten wird, ist derzeit nicht eindeutig zu beantworten. Die Auslagerung der Fertigung betreiben Großunternehmen, weil sie zum einen immer weniger gewillt sind, Risiken der Kapitalvorhaltung und Produktionsschwankung zu tragen, und zum anderen kaum noch in der Lage sind, den Flexibilitätsanforderungen der Produktion gerecht zu werden. Sie konzentrieren sich auf ihre Kernkompetenzen, insbesondere die Produktentwicklung. Die InfoCom Industrie des Silicon Valleys bei- spielsweise hat fast vollständig die Fertigung auf Contract Manufacturers (Auftragsfertiger) übertragen beziehungsweise ganze Produktionsstätten an Turn-key manufacturers verkauft. Digitale Plattformen sind die Basis zur Integration von Prozessen entlang der komplexer gewordenen Wertschöpfungskette und zum prozessorientierten Management. In der deutschen Technologie- und Automobilbranche sind ähnliche Ent- wicklungen sichtbar, beispielsweise in Form von Betreibermodellen. Doch es gibt auch Trend hemmende Faktoren, die im Bereich der Automobilindustrie, im Gegensatz zur ‘New Economy’, in den jahrzehntelang gewachsenen Produktionsstrukturen, in den unterschiedlichen Produkteigenschaften und der gewerk- schaftlichen Gegenmacht liegen. 13 13. Business Migration: Von der Fertigung zur Dienstleistung Die Umsetzung der Time to Market-Strategie, die Kundebeziehungspflege und die Erweiterung der Pro- duktpalette um Dienstleistungs- und Multimedia-Angebote sind zukunftsweisende Bausteine zum Unter- nehmenserfolg. Der Einsatz digitaler Technologien ist Dreh- und Angelpunkt zur Umsetzung dieser strate- gischen Zielsetzungen. Ein Internet-gestütztes Customer Relationship Management soll die Interaktion mit dem Kunden und das Identifizieren der Kundenwünsche vorantreiben und bei zukünftiger Integration in eine Business Intelligence Solution die Zukunftsvision der Automobilhersteller der Order to Delivery-Zeit (Bestellung bis zur Auslieferung) innerhalb von zwei Wochen realisieren. Der Trend zur langfristigen Kun- denbindung geht komplementär mit der Business Migration, dem Trend, weg von der Fertigungstätigkeit hin zum Dienstleistungs- und Multimedia-Geschäftsbereich. 14 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 15 Einleitung Während noch zu Beginn des letzten Jahres die zukünftige Entwicklung der Wirtschaft in Deutschland durch das Modell des „angelsächsischen” Kapitalismus unter dem Schlagwort New Economy weitgehend vorge- zeichnet schien, stellen die Kursstürze an den Börsen, die abgeflaute Konjunktur in den USA und das spek- takuläre Scheitern der Shareholder-Value-Strategie des DaimlerChrysler Konzerns eine lineare Trendverlän- gerung in Frage. Angesichts der sichtbar gewordenen Schwächen des angelsächsischen Modells und der ungebrochenen Exportstärke der deutschen Wirtschaft wurde vielleicht vorschnell das Ende des „rheini- schen” Kapitalismus postuliert. Aus der Debatte um das sogenannte Jobwunder der USA sind als offene Fragestellungen noch die Bedeutung von Lohnspreizung, von Frauenerwerbstätigkeit und verstärkter Arbeitskräftezuwanderung übrig geblieben. Gleichwohl kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich eini- ge der unter dem Begriff New Economy gefassten Tendenzen technischer und wirtschaftlicher Art trotz der derzeitigen Rückschläge weiter entfalten werden. Die digitale Revolution wird weiter voranschreiten, sodass deren Auswirkungen hinsichtlich Produktivität, inflationsneutralem Wachstumspotenzial, Beschäftigung und neuer Steuerungsformen der Prozessketten einer Analyse bedürfen. Auch ist zu vermuten, dass trotz der kürzlichen Kursstürze der Trend zur Finanzie- rung von Unternehmenstätigkeiten und Unternehmensübernahmen über die Börse nicht gestoppt ist. Ent- sprechend werden Managementkonzepte wie Shareholder Value weiterhin in der Diskussion bleiben. Ebenso ist wahrscheinlich, dass die Globalisierung wirtschaftlicher Aktivitäten fortschreiten wird. Dies wirft einerseits die Frage auf, welcher Anteil an den Wertschöpfungsketten im jeweiligen Land verbleiben wird. Andererseits stellt sich die Frage nach den staatlichen Handlungsmöglichkeiten und inwiefern sich die Steuerungsformen einzelner Politikebenen verändern. Die vorliegende Studie wertet volks- und betriebswirtschaftliche sowie politik-ökonomische Literatur hin- sichtlich möglicher Zukunftsszenarien der deutschen Wirtschaft aus. Nach einer einführenden Diskussion ökonomietheoretischer Ansätze hinsichtlich der Auswahl zentraler Bestimmungsfaktoren und Erklärungs- modelle wird zunächst den makroökonomischen Wachstumsperspektiven vor dem Hintergrund der ein- gangs aufgezeigten Entwicklungen nachgegangen. Gut 10 Jahre nach der Wiedervereinigung verharrt die Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau und die Hoffnung auf einen raschen Aufholprozess Ostdeutschlands hat sich spätestens seit dem drastischen Wachstumseinbruch Mitte der neunziger Jahre als Illusion erwiesen, zwischenzeitlich ist der Abstand sogar wieder gewachsen. Wie werden die Potenziale für ein Wachstum in einer Größenordnung, welche einen Abbau der Arbeitslosigkeit ermöglicht, eingeschätzt und begründet? Werden langfristige Entwicklungsperspektiven mit in Betracht gezogen, zeigt sich, dass sowohl ökologische Fragestellungen als auch die demographischen Trends nicht ignoriert werden dürfen. In der anhaltenden „Standortdebatte” ist dagegen die internationale Wettbewerbsfähigkeit zur zentralen Variable der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung avanciert. Wie lässt sich die Position der deutschen Wirtschaft im internationalen Wettbewerb anhand einschlägiger Indikatoren einschätzen und wie erfolgreich ist eine auf nationale Wettbewerbsvorteile abzielende Politik? Derartige Fragen haben zuletzt die Diskussion um die Zukunft des „rheinischen” im Vergleich zum „anglo-amerikanischem” Kapita- lismus genährt. Im Zuge der New-Economy-Diskussion wird die These vertreten, dass die digitale Revolution hohe Produk- tivitätszuwächse hervorgebracht hat, die das Wachstumspotenzial einer Volkswirtschaft signifikant erhöhen. Andere sehen hingegen diese Produktivitätszuwächse nur auf die Computer- und Halbleiterindustrie beschränkt und können keine Ausstrahlung auf den großen Rest der Wirtschaft im Datenmaterial erkennen. Digitale Revolution und Globalisierung haben dennoch neue Managementkonzepte vorangetrieben, die 16 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 insbesondere die Koordination der Prozessketten verändern. Neue Produktions- und Marktstrategien ver- ändern Entwicklungsprozesse, Fertigungstiefen und Geschäftsbereiche. Ferner wird untersucht, inwieweit der Trend zur Kapitalmarktorientierung von produktiven Unternehmen fortgeschrieben werden kann. Diesbezüglich werden einerseits die Strukturveränderungen der Finanzmärk- te in den Fokus geraten, insbesondere die Veränderungen des Bankensystems und das Auftreten von Investmentfonds und Pensionskassen. Andererseits wird das Shareholder-Value-Konzept analysiert, dessen Anwendung zu institutionellen Veränderungen der Corporate Governance in Deutschland führt. Steht infol- ge dieser Trends die „Deutschland AG” vor ihrer Entflechtung? Die zukünftige wirtschaftliche und soziale Entwicklung wird aber nicht nur von den Unternehmensstrategi- en und ihrem Bestreben nach Wettbewerbsfähigkeit abhängen. In einer gesellschaftsorientierten Perspek- tive ist zunächst die Zukunft des deutschen Sozialversicherungssystems und des Arbeitsmarktes vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung zu betrachten. Welche politischen und gesellschaftlichen Optionen bestehen angesichts des Alterungstrends? Zunehmend aus der Wettbewerbsperspektive wird auch die staatliche Steuerpolitik diskutiert. Welche Konsequenzen hat die jüngste Steuerreform und ist ein der Globalisierung geschuldeter Steuerwettbewerb sinnvoll und notwendig? Beispielsweise stellt sich die Frage, inwieweit verteilungs- und regionalpolitische Ziele auch vor dem Hintergrund der europäischen Sta- bilitätspolitik verdrängt werden und sich der Staat vom Wohlfahrtsstaat zum „nationalen Wettbewerbsstaat” wandelt. Die Verlagerung wirtschaftspolitischer Entscheidungskompetenz auf die europäische Ebene ist nicht nur in der Geldpolitik zu beobachten. Die Europäische Union gewinnt auch zunehmend an Bedeutung in der Wettbewerbs- und Deregulierungspolitik. Infolge der Privatisierungs- und Liberalisierungstendenzen wer- den weitere Bereiche einer nationalstaatlichen Steuerung entzogen. Darüber hinaus wird beispielsweise der Handlungsspielraum des Staates in der Struktur- und Regionalpolitik durch Subventionskontrollen und die europäischen regionalpolitischen Prioritäten verengt.Die vorliegende Arbeit geht diesen Fragen anhand einer Auswertung und Diskussion vorhandener Literatur nach. Ziel war es, wichtig erscheinende Entwick- lungstrends der deutschen Wirtschaft über einen Zeitraum von zehn Jahren – und wo eine besondere Rele- vanz bereits erkennbar ist auch darüber hinaus – herauszuarbeiten, unabhängig davon, wie ‘spektakulär’ diese im Einzelnen sind. 17 1. Wachstum, Wettbewerb, Institutionen 1.1 Theoretische Erklärungsmuster der Wirtschaftsentwicklung Mehr noch als eine Analyse müssen Prognosen der wirtschaftlichen Entwicklung explizit oder implizit von einem theoretischen Vorverständnis ausgehen. Dies gilt nicht nur für die Erklärung von Kausalbeziehungen, sondern beginnt bereits bei der Auswahl der Indikatoren und Phänomene. Ohne ein solches Vorverständ- nis bleibt die unterstellte Relevanz empirischer Ereignisse für die zukünftige Entwicklung voluntaristisch und spekulativ. Die folgende Besprechung verschiedener Ansätze der ökonomischen Theorie dient zum einen als Hintergrund für die Diskussion der im weiteren Verlauf herangezogenen Quellen, zum anderen sollen die Theorien aber auch im Hinblick auf die Auswahl und Relevanz von Indikatoren und Trends befragt wer- den. 1.1.1 Neoklassische und endogene Wachstumstheorie Das für die Neoklassik grundlegende Wachstumsmodell von Solow und Swan aus dem Jahr 1956 konzen- triert sich auf allgemeinste Bedingungen für ein langfristig ökonomisch gleichgewichtiges Wachstum. Im so genannten „Steady-state” entspricht das Wirtschaftswachstum dem Wachstum der beschäftigten Bevölke- rung und des Kapitaleinsatzes, der Pro-Kopf-Output bleibt konstant, ebenso wie das Verhältnis von Kapi- tal- und Arbeitseinsatz und die Einkommensrelation. Investitionsabhängiger technischer Fortschritt führt zwar zu einer Erhöhung des Einkommensniveaus, nicht jedoch zu anhaltend höheren Wachstumsraten. Vor- aussetzung für das Steady-state-Wachstum sind demnach ein Harrod-neutraler, arbeitsvermehrender tech- nischer Fortschritt, konstante Skalenerträge und das Vorherrschen von Vollbeschäftigung (Foley/Michl 1999; Seiter 1996). Als theoretische und historische Antwort auf den Pessimismus postkeynesianischer Wachstumsmodelle bezüglich der Nachkriegsphase erschien das Solow-Swan-Modell lange Zeit als das realistischere. Infolge der weltweiten Krisenprozesse setzte in den achtziger Jahren jedoch eine intensive Auseinandersetzung über die empirische Erklärungskraft und die rigiden Annahmen dieses Modells ein. Ansatzpunkte der Kritik waren zum einen die implizite Annahme einer Einkommenskonvergenz unterschiedlich entwickelter Volks- wirtschaften, welche nur innerhalb kleiner „Konvergenz-Klubs” nachgewiesen werden konnte, und zum zweiten die exogene Behandlung des technischen Fortschritts, welcher für den größeren Teil der Wachs- tumsprozesse verantwortlich gemacht wird, als weltweit verfügbares öffentliches Gut (Mayer-Haßelwander 2000; Erber/Hagemann/Seiter 1998). In Überschneidung mit neueren Ansätzen der Handelstheorie und der „Economic Geography” sollte die von Lucas und Romer inspirierte „Endogene” oder „Neue Wachstums- theorie” diese Mängel durch die Betonung der Akkumulation von Humankapital, Externalitäten bei Investi- tionsentscheidungen, steigende Skalenerträge und Innovationsprozesse überwinden. Externalitäten bezie- hungsweise Spillover-Effekte liegen beispielsweise dann vor, wenn vom akkumulierten Wissen oder Humankapital auch andere Firmen profitieren oder die Produktivität der anderen Produktionsfaktoren posi- tiv beeinflusst wird (Seiter 1996). Das Vorliegen solcher externen Effekte kann aufgrund ihrer Nichtberück- sichtigung in der unternehmerischen Entscheidung eine aktive industriepolitische Rolle des Staates begrün- den. Wird darüber hinaus von einem positiven Zusammenhang zwischen geographischer Nähe und Spillover-Effekten sowie von Pfadabhängigkeit oder Lock-in-Phänomenen ausgegangen, so lassen sich mit diesen Modellen auch Agglomerationsprozesse und regional divergierende Entwicklungen begründen (Keilbach 2000; Caniëls 2000; Meyer-Haßelwander 2000). Indem die Endogene Wachstumstheorie auf die Relevanz von Humankapitalentwicklung, Infrastruktur und industriepolitischen Maßnahmen hinweist, kommt ihr eine größere Realitätsnähe zu als dem deterministi- 18 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 schen Grundmodell. Allerdings bestehen weiterhin zentrale Erklärungsschwächen, die mit dem neoklassi- schen Theoriegebäude verbunden sind. Dazu gehören beispielsweise die definitorische Gleichsetzung von Sparen und Investitionen im Anschluss an das Theorem von Say, welches krisenhafte oder mit unfreiwilli- ger Arbeitslosigkeit verbundene Entwicklungsprozesse ausschließt (Hartwig 1999). Die zugrundeliegende konsumeristische Nutzenfunktion berücksichtigt weder qualitative Aspekte des Wachstums, insbesondere Umweltaspekte, noch die Bedeutung von Institutionen und Regulationsformen. Entsprechend ist es bisher nur unzureichend gelungen, aus den Modellen auch eindeutige Politikempfehlungen abzuleiten (Seiter 1996). 1.1.2 Keynesianische Beiträge zur Wachstumstheorie Die ersten Beiträge zur modernen Wachstumstheorie von Harrod (1939/48) und Domar (1946), später von Robinson (1962), knüpften an die Begründung von Keynes von der Unterbeschäftigung auch bei Vorliegen gleichgewichtiger Zustände an. Zwischenzeitlich von neoklassischen Ansätzen in den Hintergrund gedrängt, sind postkeynesianische Erklärungen aufgrund ihrer Betonung von Investitionsverhalten, Kapa- zitätsauslastung und Einkommenseffekten mit der Existenz anhaltender Massenarbeitslosigkeit wieder von Interesse (Kromphardt 1989). Indem Harrod zwischen einer befriedigenden Wachstumsrate mit ausgela- steten Kapazitäten und einer tatsächlichen Wachstumsrate abhängig vom Investitionsverhalten unterschei- det, kommt er zu einem instabilen Wachstumsprozess, in dem bei zu geringem tatsächlichem Wachstum die Investitionen zurück bleiben, während ein höheres tatsächliches Wachstum über Multiplikator- und Akzeleratorprozesse, bzw. den „Keyneschen Witwenkrug-Effekt”, höhere Investitionen und wiederum höhe- re Wachstumsraten induziert. Langfristig sieht aber auch Harrod Bevölkerungswachstum und technischen Fortschritt als Obergrenze des Wachstums bei Vollbeschäftigung an. Das zentrale Moment bei Domar ist die Unterscheidung zwischen Einkommens- und Kapazitätseffekt der Investitionen. Für einen gleichgewichtigen Wachstumsprozess muss demnach die durch den Einkommen- seffekt induzierte Nachfrage gerade zu einer Auslastung der neu geschaffenen Kapazitäten führen. Da bei gegebener Produktionsfunktion der Kapitalkoeffizient als vorgegeben angesehen wird, ist eine ,neoklassi- sche’ Substitution von Kapital und Arbeit entsprechend der Faktorkosten eingeschränkt (Priewe 1998). Die selbstverstärkenden Effekte einer Über- oder Unterauslastung der Kapazitäten bewirken demnach einen Wachstumsprozess, der „auf des Messers Schneide” steht, der einer bewussten Wirtschaftspolitik bedarf (Krelle 1985: 62-74). Während bei Harrod und Domar die Höhe der Sparquote noch einen direkten positiven Einfluss auf die Gleichgewichtswachstumsrate hat, das Investitionsverhalten aber unzureichend bestimmt bleibt, rückt Robinson im Anschluss an die Verteilungstheorie von Kaldor den Zusammenhang von Renditeniveau, Ren- diteerwartungen und Akkumulationsrate als Wachstumsgrenze in den Mittelpunkt. Gegenüber der einzel- wirtschaftlichen Betrachtung der Löhne als Kostenfaktor im neoklassischen Modell hebt der postkeynesia- nische Ansatz den positiven Effekt auf die aggregierte Nachfrage hervor (Kromphardt 1989; Foley/Michl 1999). Den institutionellen Formen, die unter anderem einen stabilen Wachstumsprozess regulativ ermög- lichen sollen und auch in keynesianischen Ansätzen weitgehend unbestimmt bleiben, wird im Folgenden nachgegangen. 1.1.3 Institutionen und Wirtschaftsentwicklung Die Mehrheit der ökonomietheoretischen Wachstumsmodelle, Wettbewerbs- und Standortanalysen leiden unter der Schwäche, dass sie entweder innerhalb einer abstrakten Modellwelt operieren oder lediglich Bestandsgrössen aufzählen. Will man jedoch den gesellschaftlichen Entsprechungsverhältnissen und Steue- rungsformen auf die Spur kommen, genügt das Herauslösen und Modellieren einzelner a priori definierter Daten nicht. Das Ziel institutioneller Ansätze – mit Ausnahme des Neo-Institutionalismus – ist nicht das 19 Messen einer realen Ökonomie oder Gesellschaft am Maßstab eines idealtypischen Zustandes (Markt), son- dern der Versuch zu erklären, mithilfe welcher institutionellen Arrangements eine reale Ökonomie stabili- siert und reproduziert werden kann. Der von North vertretene Neo-Institutionalismus übernimmt die neoklassische Methodologie und rechtfer- tigt die Existenz von Institutionen durch die Möglichkeit imperfekter Märkte. Als ,second-best’ Lösung sol- len Instituionen diese Imperfektheiten kompensieren. Verknüpft mit der „Neuen Wachstumstheorie” dienen dann Institutionen beispielsweise der Internalisierung von externen Effekten. Es lassen sich mithin unter- schiedliche Arbeitsmarkt- oder Finanzsysteme unterscheiden und von der Ideallösung des perfekten Mark- tes ausgehend bewerten (Amable 1999). Andere überwiegend heterogene Ansätze lehnen die neoklassische Methodologie ab, und knüpfen bei- spielsweise an den Historischen Institutionalismus, die Politische Ökonomie oder die Soziologie an. Unter den verschiedenen Ansätzen finden sich solche, die sich auf die Untersuchung von Teilbereichen konzen- trieren (z.B. Innovationssysteme) oder einen umfassenden Anspruch haben (z.B. Regulationstheorie) (Hol- lingsworth/Boyer 1997). Im Zentrum dieser Erklärungsmodelle steht das Zusammenwirken mehrerer Insti- tutionen eines institutionellen Systems oder Arrangements und die Identifikation von Hierarchie-, Komplementaritäts- und Kohärenzverhältnissen. Unabhängig davon, ob der Markt als sozial und institutio- nell „eingebettet” oder Marktprozesse selbst als Artikulations- und Regulationsform sozialer Verhältnisse begriffen werden (Brand/Görg 2000) zeigen diese Ansätze nicht nur, dass die „Wirtschaft” über komplex interagierende Institutionen gesteuert wird, sondern auch dass sich ökonomische und gesellschaftliche Ent- wicklungsprozesse als institutionelle Dynamik und Veränderung artikulieren. Nicht zuletzt die aktuelle Dis- kussion über die Konkurrenz und auch Konvergenz verschiedener (nationaler) Modelle, Kapitalismen oder institutioneller Arrangements offenbart, dass im Mittelpunkt der Auseinandersetzung weniger der ,abstrak- te’ Markt, sondern vielmehr die institutionelle Regulation steht (Brose/Voelzkow 1999; Theurl 1999; Hay 2000). Die gerade von neoklassischer Seite vielfach geforderten Veränderungen staatlicher Regulierung, sozialer Sicherung, des Arbeitsmarktes oder auch der Unternehmenssteuerung weisen weit über die Logik des Marktes (und die analytische Kapazität dieses Theoriegebäudes) hinaus und machen eine institutionell erweiterte Perspektive notwendig. Indem die Institutionenanalyse auf die Interdependenz und Kohärenz- bedingung der Regulationsformen hinweist, kann sie nicht nur anhaltende Divergenzen erklären, sondern ermöglicht auch einen differenzierten Blick auf die Bestrebungen eines selektiven ,Institutionenimports’ (Hancké/Callaghan 1999). 1.2 Wachstumstrends der deutschen Wirtschaft Trotz der Vernachlässigung zahlreicher qualitativer Trends bleibt das Wirtschaftswachstum eine zentrale Größe bezüglich Leistung, Einkommen und Beschäftigung einer Gesellschaft. Da Prognosen über das zukünftige Wachstum mit großer Unsicherheit behaftet sind, werden im folgenden auch ausgewählte Ent- wicklungen diskutiert, welche für das Trendwachstum von besonderer Bedeutung sind. 1.2.1 Internationale Wachstumsentwicklung: Die OECD-Perspektive Jenseits der zum Ausdruck kommenden Entwicklungsdisparitäten sind die internationalen Wirtschaftstrends aus zwei weiteren Gründen von herausragender Bedeutung: Erstens werden dadurch mögliche Wachs- tumspotenziale aufgezeigt, zweitens werden Wettbewerbsformen und -bedingungen formuliert, die die Handlungsräume nationaler Akteure abstecken und massive Konsequenzen für die Beschäftigung haben können. Dies gilt insbesondere für Länder wie Deutschland, die sehr stark in die internationale Wirtschaft integriert und außenorientiert sind. Die damit verbundenen Konsequenzen, ob tatsächliche Rahmendaten 20 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 oder auch nur Ausdrucksform spezifischer Interessen, sind Gegenstand der anhaltenden Globalisierungs- diskussion. Mittelfristig geht es um das geographische Entwicklungsmuster der Weltwirtschaft und um die Frage, ob es zu einem dauerhaften Wachstumstrend basierend auf der breiten Durchsetzung neuer Technologien kommt. Geographisch lassen sich drei konkurrierende aber nicht exklusive Muster skizzieren (Julius 1999): • erstens, eine überdurchschnittliche Wachstumsdynamik von „emerging economies” der mittel-osteu- ropäischen Transformationsländer, getrieben durch das hohe Arbeitskräftepotenzial und die weltwirt- schaftliche Liberalisierung, verbunden mit einer zunehmenden Spezialisierung der Industrieländer auf hochwertige Güter und Dienstleistungen; • zweitens, eine Wachstums- und Wettbewerbsführerschaft der Vereinigten Staaten, welche insbesonde- re die entwickelten OECD-Länder unter anhaltenden (systemischen) Anpassungs- und Innovations- druck setzt; und • drittens, die Dominanz regionaler Agglomerationsräume und Wachstumscluster, geprägt durch inter- und subnationale Disparitäten und die Dynamik zwischen lokalen Standortbedingungen sowie interna- tionaler Mobilität und Vernetzung. Unter dem Eindruck der wirtschaftlichen Performanz der letzten Jahre sieht die OECD nicht nur einen Ent- wicklungsvorsprung der Vereinigten Staaten (Scarpetta/Bassanini/Pilat/Schreyer 2000), sondern auch die Möglichkeit eines länger anhaltenden Produktivitäts- und Wachstumsschubes durch neue Technologien. Neben langfristigen Potenzialen in der Entwicklung neuer Materialien, der Nanotechnologie und der Bio- und Gentechnologie könnten demnach in unmittelbarer Zukunft die Ausweitung internationaler Transak- tionen, gesunkene Transportkosten, vor allem jedoch die Durchsetzung der Informations- und Kommuni- kationstechnologien als eine „general purpose technology” (Lipsey 1999; Bassanini/Scarpetta/Visco 2000a: 27) zu Wachstumsraten von über 3 bis 4 Prozent beitragen. Voraussetzung seien jedoch institutionelle und systemische Modernisierungsprozesse und die Fortsetzung der Trends zur Wissensgesellschaft und der Globalisierung (Michalski/Miller/Stevens 1999). In Anknüpfung an die neoklassische und die „neue” Wachs- tumstheorie werden Produktivitätsgewinne nicht nur innerhalb der Informations- und Kommunikations- technologien produzierenden Industrie, sondern auch durch deren Einsatz in den übrigen Sektoren, sowie – obwohl bisher kaum nachweisbar – durch spillover-Effekte und Netzwerk-Externalitäten hinsichtlich der totalen Faktorproduktivität gesehen (Elmeskov/Scarpetta 2000; Bassanini/Scarpetta/Visco 2000a; Alecke/Untiedt 2000). Das OECD-Wachstumsszenario zeigt einige Facetten auf, die in der zukünftigen Entwicklung der Wirtschaft voraussichtlich eine relevante Rolle spielen werden: Die Ausbreitung und Aneignung neuer Technologien wird erheblichen Einfluß auf die Akkumulationsbedingungen haben, auch wenn die Rede von einer grund- legenden technologischen Revolution bisweilen übertrieben scheint. Den Kategorien Information und Wis- sen wird zweifellos eine wachsende Bedeutung zukommen und die Dienstleistungen in den „entwickelten” Ökonomien werden zwar nicht die industrielle Produktion marginalisieren oder gar substituieren, aber den- noch säkular zunehmen. Schließlich wird auch bis auf weiteres, trotz des gegenwärtigen Wachstumsein- bruchs in den Vereinigten Staaten, die Anziehungungskraft der „New Economy” wie auch der Druck, den das angelsächsisch-amerikanische Modell ausübt, fortdauern. An einigen zentralen Stellen ist dieses Szenario allerdings fragwürdig und zu kritisieren. Die Zukunftsvor- stellungen der OECD basieren auf einem unterkritischen Technik- und Fortschrittsoptimismus, der die Ent- wicklungspotenziale über- und die sozialen, gesellschaftlichen wie auch ökologischen Gefährdungen unter- schätzt. Der allgemeine Produktivitäts- und Wachstumsschub durch die Informations- und Kommunikationstechnologien ist noch nicht hinreichend belegt (Gordon 1999; 2000; zur New Economy: 21 s.u.). Andere ebenfalls eher optimistisch einzuschätzende Prognosen gehen von einem jährlichen Wachs- tum der Weltwirtschaft in den kommenden Jahren von knapp 3 Prozent und einem Wachstum der US-ame- rikanischen Wirtschaft von 2,4 Prozent aus, das somit nur minimal über dem West Europas (2,3 Prozent) und Pro-Kopf sogar darunter liegt (World Bank 1998; Prognos 1998). Die Umweltproblematik wird zwar als mögliches Hemmniss angesprochen, letztlich aber doch mehr im funktionalen Sinne als innovations- und wachstumsfördernder Katalysator verstanden (Michalski/Miller/Stevens 1999; Altvater/Mahnkopf 2000). Die wirtschaftliche Dynamik wird, der Theorie folgend, sowohl auf dem Güter- als auch auf dem Arbeits- markt nur von der Angebotsseite her problematisiert (zur (post-)keynesianischen Kritik der OECD-Interpre- tation Priewe 1998; der einfache modelltheoretische Zusammenhang zwischen Lohnspreizung, Arbeits- marktderegulierung wird von Kohnz/Erber 2000 infrage gestellt). Dadurch werden nicht nur Diagnosen verzerrt und gegenüber strukturellen Krisen- und Machtmomenten immunisiert, sondern auch sozial- und verteilungspolitische Konsequenzen der empfohlenen Therapien ausgeblendet. Wohlfahrtseffekte sind dann reduziert auf den idealtypischen Konsumenten, dessen Abhängigkeit von Einkommen und sozialer Integration ist kein Thema mehr. 1.2.2 Wirtschaftliche Entwicklung und Umweltrisiken Die natürlichen „Grenzen des Wachstums”, die vor knapp 30 Jahren vom Bericht des Club of Rome pro- gnostiziert wurden, haben sich als nicht zutreffend erwiesen und – nach dem Intermezzo der „Risikoge- sellschaft” – einem wachsenden Fortschrittsoptimus Platz gemacht (zur übergreifenden Kritik Altvater/Mahnkopf 1999). Unter Berufung auf einen „neuen Realismus” geißeln beispielsweise jüngst Becker-Boost/Fiala (2001: 295) pessimistische Zukunftserwartungen und erheben im Stil modischer Moti- vations- und Karriereprediger das ,think positive’ selbst zum Bestandteil der Problemlösung. Nicht nur, dass sie damit den Beitrag des gerade infolge pessimistischer Prognosen gestiegen Umweltbewußtseins herun- terspielen und stattdessen kontrafaktisch Marktwettbewerb und Wirtschaftswachstum als zuverlässige Pro- blemlöser mit quasi moralischer Qualität präsentieren (ebd.: 301-303). Mit der Berufung auf eine regelset- zende „Global Governance” und verantwortungsbewußte, innovative Unternehmer geraten sie darüber hinaus in einen Widerspruch: Wie nämlich sollen die notwendigen Regeln oder Anreize zustande kommen, wenn nicht die ,Opportunitätskosten’ hinreichend hoch ausgewiesen werden? Selbst wenn konstatiert wird, dass gegenwärtig „Ressourcen weder knapp noch teuer” seien, begründet dies keinen übermäßigen Opti- mismus, da in den Preisen die Externalitäten, welche bei Extraktion und Einsatz auftreten, nicht berücksich- tigt sind (EU 2000: 162 f.). Eine zweite optimistische Argumentationslinie stützt sich auf die zweifellos vorhandenen und unausge- schöpften Möglichkeiten, Umwelt und Ressourcen durch Entwicklung und Einsatz neuer Technologien zu schonen (Michalski/Miller/Stevens 1999). Investitonen in Umwelttechnologien bieten darüber hinaus zumindest bezüglich ihrer Produktion Wachstums- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Problematisch ist diese Perspektive dann, wenn darin ein weitgehender Automatismus in der Weise zum Ausdruck kommt, dass jeweils die geeignete Technologie (Innovationen nach dem „Prinzip Hoffnung”) oder aber der Preis- mechanismus einer Umweltkrise zuverlässig vorbeuge (ähnlich auch Becker-Boost/Fiala 2001). Sowohl die vergangenen und aktuellen Umweltkrisen als auch die plausible Annahme unzureichender Kenntnis oder Wahrnehmung machen eine solche Auffassung fragwürdig. Eine neue Qualität hat diese Argumentation allerdings in letzter Zeit durch die Thesen von der Informati- ons- und Dienstleistungsgesellschaft erhalten. Mit der informationstechnologischen Vernetzung und der Zunahme von Dienstleistungen erfolge demnach nicht nur eine voranschreitende Substitution materieller durch immaterielle Güter und Produktionsfaktoren (“intangible inputs”), sondern auch eine zunehmende Substitution physisch-räumlicher Mobilität (Verkehr, Transport) durch elektronische Kommunikation, bei- spielsweise Telearbeit oder e-commerce, und schließlich ließen sich größere Verbesserungen bei der Res- 22 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 sourceneffizienz erzielen (Michalski/Miller/Stevens 1999). Der besondere Charme dieses ,Entmaterialisie- rungsszenarios’ ist, dass im Gegensatz zum ,Korrektur- und Kompensationsszenario’ der Umwelttechnolo- gie die techno-ökonomische und gesellschaftliche Entwicklung quasi ,in toto’ als umweltfreundlich darge- stellt wird. Abgesehen von der bislang mangelhaften empirischen Evidenz umfassender Substitutions- und Einsparef- fekte sprechen auch gute Argumente dagegen. Der Einsatz der Informations- und Kommunikationstech- nologien ist zu großen Teilen mit materiellen Prozessen verbunden, in der Produktion, durch das Trans- portaufkommen infolge des elektronischen „Einkaufs” stofflicher Güter oder infolge der – nicht vollständig ersetzbaren – physischen Vertiefung (‘face-to-face’) elektronisch aufgebauter Kontakte und Netzwerke. Abnehmende berufliche Mobilitätstwänge, beispielsweise durch Telearbeit, können durchaus ein wach- sendes Mobilitätsbedürfnis in der Freizeit wecken und die Verdichtung des Raumes durch elektronische Kommunikationsnetze kann umgekehrt eine Erweiterung des physisch zu erschließenden Raumes induzie- ren (Siedlungsstrukturen, Globalisierung). Schließlich resultieren entsprechend dem Rebound-Effekt Effizi- enzgewinne bei einzelnen Transaktionen bisweilen in einer Erhöhung des Transaktionsvolumens (Witt/Zydorek 2000; Enquete-Kommission 1998). Aber nicht nur die Einspareffekte durch Anwendung sind fraglich, auch die Infrastruktur selbst der Infor- mationsgesellschaft belastet Umwelt und Ressourcen. Der mit der Marktausweitung und radikalen Verkür- zung der Produktzyklen enorm gestiegene Umsatz an Computern erfordert nicht nur einen enormen Res- sourceneinsatz, sondern hinterlässt auch immense Mengen an schadstoffbelastetem „Elektronikschrott”, der zu großen Teilen nicht recycled wird. Inzwischen sind Computer in den Industrieländern zu bedeuten- den „Stromfressern” avanciert, die darüber hinaus auch noch den Papierverbrauch erhöht statt gesenkt haben (Enquete-Kommission 1998). Altvater/Mahnkopf (1999) haben überzeugend dargelegt, dass der kapitalistische Wachstums- und Globa- lisierungprozess an ökologische Grenzen stoßen muß. Die Auseinanderstzung mit dem oben dargestellten Fortschrittsoptimus begründet darüber hinaus die Annahme, dass den gegenwärtigen wirtschaftlichen Ent- wicklungsprozessen kein Lösungsautomatismus inhärent ist (auch Blazejczak 1998). Für die zukünftige Ent- wicklung bedeutet dies zweierlei: Erstens, ökologische Krisen oder Katastrophen können nicht ausge- schlossen werden, mit den tiefer und komplexer in die Natur eingreifenden Technologien (Bio-, Gentechnologie) werden diese eher riskanter und unvorhersehbarer. Zweitens, es bedarf politisch und gesellschaftlich generierter und auch durchgesetzter Steuerungs- und Regulationsformen, die sich nicht immer konfliktfrei in die ökonomische Verwertungslogik einpassen, vielmehr an den grundlegenden sozia- len Verhältnissen ansetzen müssen (Brand/Görg 2000). Selbst technikoptimistische Einschätzungen konstatieren ein hohes Risiko der Bio- und Gentechnologie mit möglicherweise desaströsen Folgen, insbesondere im Zusammenhang mit deren landwirtschaftlichem und ernährungstechnischem Einsatz (Lipsey 1999: 50). Die anhaltende BSE-Krise hat dabei möglicherweise nur einen ,Vorgeschmack’ gegeben, sowohl was die ökologischen, ethischen und ökonomischen Konsequen- zen betrifft, als auch bezüglich der internationalen Dimensionen und der politisch-wissenschaftlichen Über- forderung. Solche Krisen sind die öffentlickeitswirksame Seite der Gefahren. Kaum wahrgenommen werden jedoch die massiven Verwertungs- und Machtinteressen, die sich hinter dem internationalen Patentwettlauf um die Aneignung der biologischen Ressourcen verbergen. Die durch den Ausbau des Schutzes geistigen Eigentums legitimierte und forcierte private Aneignung der natürlichen Lebensgrundlagen ist nicht nur öko- logisch, sondern auch aus sozialer, entwicklungs- und verteilungspolitischer Perspektive bedenklich (Brand/Görg 2000). Darüber hinaus wird in der euphorischen Darstellung der zukünftigen Möglichkeiten durch die „Life-science-Industrien” und die medizinische Entwicklung auch verschwiegen, dass viele dieser Errungenschaften keineswegs der Masse der Menschheit zugänglich sein werden, sondern Zahlungsfähig- keit voraussetzen. 23 Weitergehende Anstrengungen als die bisher realisierten sind schließlich auch in den Bereichen Klima- schutz, der Reduzierung des Energie- und Ressourcenverbrauchs, des Verkehrsaufkommens, sowie der Rest- und Abfallstoffe zu erreichen. Dass darauf abzielende Maßnahmen nicht im Widerspruch mit der Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen und der wirtschaftlichen Entwicklung stehen müssen (BUND/Misereor 1996), zeigen nicht nur die Erfahrungen mit der Umwelttechnologie, sondern auch jün- gere Untersuchungen und Szenarien zum Klimaschutz (Scheelhaase 2001), zur ökologischen Ausrichtung des Steuersystems (Bach u.a. 2001) oder zur Energieeinsparung (Hennicke/Richter 1998). 1.2.3 Der mittelfristige Wachstumstrend der deutschen Wirtschaft Wie problematisch konkrete Wachstumsvorhersagen sind, demonstrieren die regelmäßigen, teilweise mehr- fachen Korrekturen der jährlichen Konjunkturprognosen. Langfristige Prognosen sind in der Regel zwar weniger präzise, dafür aber, solange keine „Schocks” auftreten, meistens zuverlässiger. Allerdings sind Lang- zeitprognosen in noch stärkerem Maße von (den angenommenen) wichtigen politischen Entscheidungen und unterstellten Trends abhängig. Nicht nur die Unsicherheit über die zukünftige umweltpolitische Ent- wicklung und die komplexen Einflüße der Globalisierung gebieten Vorsicht. Die gegenwärtig vorliegenden Prognosen sind auch aufgrund der noch unzureichenden Klarheit über die jüngere wirtschaftliche Entwick- lung der Vereinigten Staaten und der „New Economy” unsicher: Müssen beispielsweise die prognostizier- ten Wachstumsraten für die kommenden Jahre nach unten revidiert werden, da – wofür sich Argumente finden lassen – der vergangene Boom auch auf Kosten (kreditfinanzierte Konsumausgaben, privates Ent- sparen, Kapazitätsausbau) der zukünftigen Entwicklung realisiert wurde, oder ist die „New Economy” so robust, dass mit einer Rückkehr auf ein höheres Wachstumsniveau zu rechnen ist? Wenn ja, ist mit ähnli- chen Entwicklungen in Europa und in Deutschland zu rechnen? Im European Economy Review 2000 ist die Rede von „den besten ökonomischen Aussichten seit zehn Jah- ren” mit einer jährlichen Wachstumsrate von mindestens 3 Prozent, von der erwartet werden könne, dass sie einige Zeit anhalte, begleitet von einem deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit (EU 2000: 12). Als Hauptgründe werden dort die anhaltende Wiederbelebung der Binnennachfrage, aber auch die Stärkung des Welthandels und der Exporte infolge des unterbewerteten Euro-Wechselkurses genannt. Anders als im „New Economy”-Erklärungsmodell werden erwartete Preisstabilität und geringe Steigerungen der Löhn- stückkosten jedoch auf eine moderate Lohnentwicklung der „Old Economy” zurückgeführt. Wachstumsrisi- ken seien demnach eventuelle Ölpreissteigerungen, globale Instabilitäten und eine steigende Inflation infol- ge des Nachfragewachstums (ebd.: 45). Während der EU-Prognose noch ein anhaltend hohes Wachstum der US-Wirtschaft zugrunde lag, erwartet das Bundeswirtschaftsministerium gegenwärtig ein „Einschwenken” der westeuropäischen Wirtschaft auf ihren „mittleren Expansionspfad” von etwa 2,5 Prozent, und für Deutschland in einer Prognose bis 2004 in etwa die gleiche Größenordnung (BMWi 2001a: 19; BMWi 2001b). Die jüngsten Entwicklungen auf inter- nationaler Ebene, insbesondere die erwartete, aber bislang noch ausgebliebene schnelle Erholung der US- Konjunktur, die anhaltende Schwäche der japanischen Wirtschaft und die fortlaufenden Korrekturen der Konjunkturprognose der deutschen Wirtschaft lassen die etwas niedrigere mittelfristige Wachstumserwar- tung des Prognos Deutschland-Reports (Prognos 1998) realistischer erscheinen. Basierend auf einem kom- plexen ökonometrischen Modell und einer Abstimmung von gesamtwirtschaftlicher Entwicklung und Bran- chenprognose kommt das Prognos-Institut zu einer erwarteten jährlichen Wachstumsrate (in Preisen von 1991) des realen Bruttoinlandsproduktes von circa 2,0 Prozent im Durchschnitt bis zum Jahr 2010 und einem folgenden leichten Rückgang auf 1,9 Prozent bis zum Jahr 2020 (ebda.: 188). Eine nur geringfügig höhere jährliche Wachstumsrate von durchschnittlich 2,1-2,2 Prozent weist auch das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in einer Prognose für den Zeitraum bis 2010 aus (RWI 2000: 50 u. 96). 24 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Unterstützt wird die größere Plausibilität dieser niedrigeren Wachstumsrate durch die den Prognosen zugrunde liegenden Annahmen. Die zentralen stabilitätspolitischen Annahmen der Prognos-Studie unter- scheiden sich nicht wesentlich von denen der EU oder des BMWi, die Wettbewerbsperformanz der deut- schen Wirtschaft wird insgesamt positiv eingeschätzt und es werden keine „exogenen Schocks” angenom- men (Prognos 1998: 174). Zudem ist die Einschätzung des ostdeutschen Wachstumsprozesses mit jährlich 2,2 Prozent über dem westdeutschen gegenwärtig eher optimistisch (ebd.: 21). Relativierend ist allerdings festzuhalten, dass die Höhe dieser Differenz nicht unabhängig von der Höhe der gesamtdeutschen Wachs- tumsrate ist. Demgegenüber stützen sich die Prognosen von EU und BMWi implizit auf einige problemati- sche Annahmen: Das höhere Wachstum wird wesentlich mit einer gestiegen Binnennachfrage begründet. Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten, wo der private Konsum zuletzt bei knapp 70 Prozent des Brut- toinlandsprodukts lag und stärker gewachsen ist, liegt dieser in der EU nur bei knapp 60 Prozent und in Deutschland bei rund 57 Prozent (Memorandum 2001: 17). Die europäische und vor allem die deutsche Wirtschaft sind demnach relativ stark von der Exportperformanz, das heißt nicht zuletzt vom US-amerikani- schen Markt, abhängig (SVR 2000: 1-3). Darüber hinaus ist zwar die gegenwärtige Steuerreform zum Teil, die allgemeine Stabilitäts- und Konsolidierungspolitik aber nicht auf eine Steigerung des privaten Konsums ausgerichtet und ob andererseits die am amerikanischen Vorbild ausgerichteten Flexibilisierungsmaßnah- men, wenn sie denn gelingen, die zugeschriebene Wirkung entfalten, ist fraglich.1 Im Gegensatz zu den artikulierten Beschäftigungszielen der Bundesregierung und der EU rechnet das Pro- gnos-Institut nicht mit einem signifikanten Rückgang der Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2010. Die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen stagniere demnach bei 4 Millionen, die Arbeitslosenquote bei über 10 Prozent und die Stille Reserve bei 3,8 Millionen Personen (Prognos 1998: 198). Bei einem Wachstum der Arbeits- produktivität pro Stunde von 2,3 Prozent jährlich, geringfügiger Arbeitszeitreduktion und einer jährlichen Steigerung des Lohnsatzes von knapp 2 Prozent (ebd.: 197) werden rund eine halbe Millionen zusätzlicher Arbeitsplätze durch die noch steigende Zahl der Erwerbspersonen ausgeglichen. Daran ändern auch die sektoralen und strukturellen Veränderungen wenig, obgleich die Wettbewerbsposition günstig eingeschätzt wird, eine internationale technologische Führungsposition im Umweltschutzbereich und der Qualitätspro- duktion besteht und der Auslandsumsatz weiter steigt (ebd.: 138-139; zu positiveren Prognosen Memo- randum 2001: 150). Als gegenwärtig sehr unsicher ist der angenommene Aufholprozess Ostdeutschlands auf ein Niveau von 90 Prozent im Jahr 2020 anzusehen. Nach dem Stocken und der inzwischen vier Jahre andauernden Umkehrung des Aufholprozesses stagniert das Niveau des ostdeutschen Bruttoinlandsproduktes bei rund 60 Prozent2 und auch im jüngsten Frühjahrsgutachen wird für 2001 ein um 0,7 und für 2002 um 0,2 Pro- zentpunkte niedrigeres Wachstum der ostdeutschen Wirtschaft prognostiziert (DIW u.a. 2001). Ob nach einer Stabilisierung des schrumpfenden Bausektors die notwendige erhebliche Wachstumsbeschleunigung eintritt oder weitere strukturelle Schwächen überwiegen, ist noch nicht vorhersehbar, das vorherrschende Investitionsvolumen ist jedoch ungenügend. Strukturelle und institutionelle Erklärungsansätze für die relati- ve Wachstumsschwäche sind inzwischen zahlreich und der am wenigsten originelle ist der der (pauschal) zu hohen Löhne (Sinn 2000; Paqué 1998; SVR 2000: 125). Davon abgesehen, dass hier bisweilen unge- 1 Dennoch kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer Konjunkturprognose bis 2002 anfang des Jahres trotz ähnlicher Bewertungen zu Wachstumsraten von 2,5 und 2,7 Prozent und einem merklichen Beschäftigungszuwachs, begründet mit einem kurzfristigen Nachfrageimpuls durch die Steuerreform, den zuletzt sehr moderaten Lohnzuwächsen unterhalb der Produktiv- itätssteigerung und einem erwarteten Aufschwung in den Vereinigten Staaten Mitte 2002 (DIW 2001). Wie das DIW zu einer Zeit, in der die Prognosewerte kontinuierlich gesenkt wurden, zu diesen Werten kommt, ist jedoch rätselhaft. Wenig später, im mitverfassten Frühjahrsgutachten, fallen die Daten jeweils einen halben Prozentpunkt niedriger aus und außerdem wird dort auch der mittelfristige Wachstumstrend mit 2 Prozent beziffert (DIW u.a. 2001: 46). 2 Die Neuberechnung nach ESVG 95 ergibt zwar etwas höhere Werte für Ostdeutschland, dennoch erscheint die Prognose einer Angle- ichung auf nahezu 80 Prozent bis 2010 (IGM 2000a) gegenwärtig sehr optimistisch. 25 eignete Daten herangezogen werden, haben die frühen Lohnsteigerungen dem Entstehen einer Nied- riglohnzone entgegengewirkt, obwohl de facto die grassierende Tarifflucht solche Tendenzen andeutet und sich außerdem das Wachstum gleichförmig zum Trend der Löhne entwickelt hat (zur Kritik Lange/Pugh 1998; Mai 2000; Mayer-Haßelwander 2000). Nicht nur wegen der mangelnden Investitionen, sondern auch aufgrund der starken lokalen Ausrichtung der ostdeutschen Wirtschaft würde sich eine Reduzierung der inländischen Nachfrage (Löhne und Transfers) verheerend auswirken. 1.2.4 Die Entwicklung der Arbeitsbevölkerung: Demographie und Migration Das gesellschaftliche Arbeitskraftpotential ist der bedeutendste Faktor der sozio-ökonomischen Entwick- lung. Entgegen der populärer werdenden Vorstellung schafft weder Kapital noch technischer Fortschritt ohne den Einsatz von Arbeit Werte, beziehungsweise würde es/er als solches/r nicht einmal existieren kön- nen. Insofern kann auch die exogene Behandlung des technischen Fortschritts in der neoklassischen Wachs- tumstheorie nicht befriedigen. Im Folgenden sollen die Arbeitsmarkteffekte der Bevölkerungsentwicklung betrachtet werden, auf die umfassenderen gesellschaftlichen und sozialen Artikulationsformen wird an anderer Stelle eingegangen. Demographische Entwicklungen lassen sich zumindest mittelfristig zuverlässig prognostizieren, Migrations- prozesse dagegen schon weniger. Nach den vorliegenden Projektionen (Prognos 1998; Hof 2001) ist min- destens bis zum Jahr 2010 nicht mit einem Rückgang des Arbeitskräftepotentials zu rechnen, da der demo- graphisch bedingte Rückgang durch eine steigende Erwerbsbeteiligung und Zuwanderung (über-)kompensiert wird. Während bei Männern ein weitgehend stabil bleibendes Erwerbsverhalten erwar- tet wird, soll sich das Erwerbsverhalten der Frauen in Ost- und Westdeutschland allmählich angleichen und insgesamt weiter ansteigen (Prognos 1998: 97). Nach 2010 zeichnet sich ein Rückgang des Arbeitskräfte- potentials ab, dessen Höhe und Geschwindigkeit allerdings von der Höhe der Zuwanderung und der (gesetzlichen) Veränderung der Erwerbsbeteiligung abhängt. Nach der Prognos-Studie, in der von einem jährlichen Zuwanderungssaldo von 220 Tausend Personen ausgegangen wird, bleibt die Arbeitslosenzahl bis 2010 praktisch konstant bei 4 Millionen Personen und beginnt dann langsam auf 3,6 Millionen im Jahr 2015 und 3 Millionen in 2020 zu sinken (Prognos 1998: 198). Allerdings vollzieht sich schon in der Zeit bis 2010 ein erheblicher Rückgang bei den 25 bis 35-jährigen, der Alterungsprozess der Erwerbsbevölkerung setzt deutlich vor dem Schrumpfungsprozess ein, wodurch es nicht nur zu strukturellen Engpässen kom- men kann, sondern auch zu einer Veränderung der (Güter-) Nachfrage. Im Zusammenhang mit der ab 2004 anstehenden Osterweiterung der Europäischen Union richten sich die Befürchtungen vor allem auf einen hohen Zuwanderungsstrom aus den betreffenden Ländern, mit den möglichen Folgen eines konkurrenzbedingten Sinkens der Löhne oder substitutionsbedingter Arbeitsplatz- verluste insbesondere bei geringer qualifizierten Arbeitskräften. In der Regel wird neben der institutionel- len Regulierung unterstellt, dass die Zuwanderung mit der Differenz der Pro-Kopf-Einkommen und/oder der Arbeitslosigkeit zunimmt beziehungsweise bei zunehmender Konvergenz zurückgeht (Divergenztheo- rie). Unter den verschiedenen mehr oder weniger begründeten Abschätzungen zur jährlich erwarteten Zuwanderung läßt sich inzwischen bald jede Zahl zwischen null und einigen Millionen finden. Das Deut- sche Institut für Wirtschaftsforschung (Brücker/Trübswetter/Weise 2000) geht in seiner Projektion von einer Zuwanderung nach Deutschland in Höhe von knapp 220.000 Personen im ersten Jahr der Freizügigkeit und dann praktisch kontinuierlich abnehmenden Größen aus. Unter Berücksichtigung der EU-Erweiterung rech- net auch das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), in Anlehnung an die Prognose des Statistischen Bundesamtes, mit einem ähnlichen jährlichen Wanderungsüberschuß von 200.000 Perso- nen (RWI 2000: 46). 26 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Die Zahlen des DIW übernehmend3 ermittelt das European Integration Consortium (European Integration Consortium 2000: j) aufgrund der zeitlichen Streckung eher geringfügige negative Effekte auf die durch- schnittlichen Löhne und das Arbeitsplatzrisiko. Für Angestellte wird dagegen ein neutraler oder leicht posi- tiver Effekt ermittelt. Insgesamt geht die Mehrzahl der Prognosen von einer eher unproblematischen Zuwanderungshöhe und geringen negativen Lohneffekten bei gering qualifizierter Arbeit sowie noch geringeren (wenn gefundenen) Verdrängungseffekten aus. Demgegenüber stehen indirekte positive Effek- te auf qualifizierte Arbeit und in Form von Konsumausgaben und Beiträgen. Die positiven Effekte nehmen mit steigender Qualifikation und Verweildauer zu (Bauer 2000). Werden mögliche Volumenänderungen in der Arbeitsnachfrage vernachlässigt, zeigt sich, dass bis 2010 die Arbeitslosigkeit weiterhin auf einem nicht tolerierbar hohen Niveau verharrt und erst danach aufgrund des demographisch bedingten Rückgangs der Erwerbspersonen stetig aber langsam sinkt. Eine höhere als hier unterstellte Zuwanderung erhöht das Arbeitskräfteangebot, umgekehrt ist bei niedrigeren Zuwanderungsraten mit einem Arbeitskräftedefizit früher oder später nach dem Jahr 2020 zu rechnen. Infolge der bereits stattfindenden Alterung wirkt sich Zuwanderung auch bei existierender Arbeitslosig- keit positiv aus, zumal die Konkurrenz- und die möglichen Verdrängungsrisiken gering sind, dem positive indirekte Effekte gegenüberstehen und darüber hinaus auch komplementäre Beschäftigung und Einkom- men entstehen. Da ein anhaltend sehr hohes Niveau der Arbeitslosigkeit – unabhängig von der Zuwan- derung – bis über das Jahr 2015 keine akzeptable Perspektive bietet, gilt es, dieses Problem durch ande- re Maßnahmen zu beheben. Beispielsweise dürfte eine Arbeitszeitverkürzung plus beständige Zuwanderung eine sinnvollere Strategie darstellen als eine Deregulierung der Beschäftigungsverhältnis- se plus Erhöhung des Rentenalters plus Arbeitslosigkeit minus Einwanderung. In diesem Fall wäre vor- aussichtlich die Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes infolge der demographischen Entwicklung zuneh- mend vermindert (Hof 2001). Eine Strategie wie die vorgeschlagene bedeutet aber auch zwingend, dass erstens beide Prozesse langfri- stig verknüpft werden, und zweitens die Immigranten auch tatsächlich gesellschaftlich und arbeitspolitisch integriert werden. Dies erhöht die Verweildauer, einschließlich Folgegenerationen, mithin die positiven Effekte und ist bei divergenztheoretischer Erklärung der Migration sinnvoll, um die Wanderungseffizienz zu verbessern (Hof 2001: 27). Für den Fall der EU-Osterweiterung folgt daraus nicht zwangsläufig, dass es keine Übergangsregelungen geben soll. Da in der Anfangsphase mit hoher Zuwanderung zu rechnen ist und ein durchschnittlich geringes Risiko für mögliche Betroffene eben doch ein hohes individuelles Risiko darstellt, ist dies politisch sinnvoll, allerdings muß der Übergang fließend sein. Schließlich ist eine allein ein- seitig ausgeübte „Auswahl-Einladung” je nach aktuellem Arbeitsmarktbedarf aus Gründen der Solidarität und Humanität bedenklich, denn wer eingeladen wurde kann auch wieder ausgeladen werden, dagegen muß Immigration auch Rechte implizieren. Darüberhinaus wäre dies auch ein eleganter Weg, selbst auf Humankapitalinvestitionen zu verzichten und stattdessen gerade den Ländern das Humankapital zu ent- reißen, die am stärksten darauf angewiesen sind. 1.2.5 Sektorale und Branchen-Trends Neben den sektoralen Trends und der Branchendynamik sollen folgende Einflußvariablen berücksichtigt werden: die Relevanz des Globalisierungs- und Wettbewerbsprozesses; die technologisch-gesellschaftlich 3 Die Projektion des DIW stützt sich auf eine ökonometrische Analyse der Zuwanderung nach Deutschland aus 18 Herkunftsländern über den Zeitraum von 1967 bis 1998. Neben den Erfahrungen aus der vergangenen Süderweiterung der EU wurden als wichtigste Vari- ablen Einkommensunterschiede, Arbeitslosigkeit im Herkunfts- und Zielland einbezogen. Da neben diesen (ökonomistischen) Motiven insbesondere kulturelle, sprachliche oder familiäre Motive und Netzwerk-Effekte schwer einzuschätzen sind, bleibt eine solche Prognose unsicher. Die Entwicklung der Migration in den vergangenen Jahren, die vergleichsweise breite Datenbasis und die Tatsache, dass mehrere andere Prognosen von ähnlichen Größenordnungen ausgehen, lässt diese Projektion vergleichsweise plausibel erscheinen. 27 getriebene Entwicklung hin zur Informations- und Dienstleistungsgesellschaft;4 die durch den demographi- schen Wandel nachfrage- und bedarfsinduzierten Trends und die Zielsetzung einer ökologisch verträg- lich(er)en Wirtschaftsentwicklung. Es ist darauf hinzuweisen, dass, soweit Partialbetrachtungen angespro- chen werden, die quantitativen Angaben nicht aufsummiert werden können, vielmehr sollen auf diese Weise potentielle Wachstums- und Schrumpfungsbereiche identifiziert werden. Nach Schätzungen von Prognos wird der Anteil der Erwerbstätigen im produzierenden Gewerbe bis 2010 auf 29,4 Prozent weiter schrumpfen, wovon 21,3 Prozent auf das Verarbeitende Gewerbe entfallen, während der Anteil im sogenannten Dienstleistungssektor auf 68,6 Prozent ansteigt. Innerhalb des Dienst- leistungssektors bleiben die Bereiche Handel und Verkehr mit 18,8 Prozent und Staat, Private Haushalte, Organisationen mit 20,8 Prozent annähernd konstant, während der engere Bereich Dienstleistungen deut- lich auf 29,2 Prozent hinzugewinnt. Am stärksten von allen legt der Bereich ´Sonstige Dienstleistungen`, der unter anderem Software- und Multimedia-Dienstleistungen, Werbung, Marketing, Internet-Dienste sowie Forschung und Entwicklung umfaßt, zu (Prognos 1998: T 122; RWI 2000: 58). In der Industrie geht fast aus- nahmslos in allen Bereichen die Beschäftigung leicht zurück, allerdings durchgängig deutlich geringer als dies in den neunziger Jahren der Fall war und auch in der Perspektive bis 2020 verlangsamt sich der Rück- gang oder verharrt auf niedrigerem Niveau. Die am stärksten vom Beschäftigungsrückgang betroffenen Bereiche sind Textil, Bekleidung und Leder, Bergbau; überdurchschnittlich fällt er im Tabakgewerbe, der Mineralölverarbeitung, Chemische Grundstoffe und im Sonstigen Fahrzeugbau aus (Prognos: T 183). Wie auch in anderen Industrieländern ist und bleibt bis auf weiteres in Deutschland die Textil- und Beklei- dungsindustrie der am sichtbarsten von der internationalen Konkurrenz betroffene Bereich, unabhängig von den noch bestehenden Handelsbeschränkungen. Nach einer Untersuchung der OECD, die unter anderem zwischen dem Ausmaß der Globalisierung im heimischen Markt und auf auswärtige Märkte (Exporte, Aus- landsdirektinvestitionen) differenziert, werden die Computerindustrie, wissenschaftliche Instrumente, Phar- mazeutik, Elektronik, Chemie und Kraftfahrzeuge als die am stärksten globalisierten Industrien genannt. Abgesehen von der Textil- und Bekleidungsindustrie sind somit insbesondere die Bereiche Hochtechnolo- gie und Mittel-Hochtechnologie internationalisiert (Hatzichronoglou 1999: 5). Mit der Einschränkung, dass in der Computerindustrie der deutsche Markt erheblich stärker betroffen als umgekehrt die deutsche Com- puterindustrie auf auswärtigen Märkten präsent ist, deckt sich das deutsche Profil auffällig mit dem inter- nationalen (ebd.: 30). Nach dem Szenario von Prognos sollten sich diese Branchen auch weiterhin interna- tional behaupten können, die Beschäftigungsreduktion in der chemischen Industrie resultiert überwiegend aus erwarteten hohen Produktivitätszuwächsen. Eine gute Performanz mit mäßigen Beschäftigungsein- bußen wird insbesondere von der Kraftfahrzeugindustrie erwartet, während der Maschinenbau Einbußen hinnehmen muß (Prognos 1998: 5). Angesichts der bestehenden Erfassungs- und Differenzierungsschwierigkeiten gerade bei den Dienstlei- stungen (IGM 2000b) sind Trendaussagen auf Sektorebene genauso wenig aufschlußreich, wie die Rede von der Dienstleistungsgesellschaft origenell ist. Die Prognose unterstützt aber nicht die (Deindustrialisie- rungs-)These einer beschleunigten Verdrängung oder gar Substitution des industriellen Sektors durch den Dienstleistungsbereich. Zumindest nach der groben sektoralen Differenzierung verlangsamt sich dieser Strukturwandel sogar signifikant, allerdings kann dies auch ein Wachstum der Dienstleistungstätigkeiten innerhalb des Industriesektors und der Vorleistungen implizieren – nicht zuletzt aufgrund einer weiteren Diffusion der Informations- und Kommunikationstechnologien (ebd.). 4 Während eine breite Anwendung der Gen- oder Nanotechnologie erst nach 2010 zu erwarten ist, kann die Biotechnologie schon jetzt als Wachstumsbranche angesehen werden. Aufgrund der Größenordnung und des Qualifikationsbedarfs ist ein relevanter Beitrag zur Verringerung der Arbeitslosigkeit hier aber schwer vorstellbar. 28 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Glaubt man den Protagonisten der Produktivitätsthese, so ist auch im Dienstleistungsbereich mit wachsen- den Rationalisierungsmöglichkeiten (Bürotätigkeiten) zu rechnen, die einem größeren Beschäftigungs- wachstum entgegenwirken. Hinzu kommen infolge der verstärkten Nutzung des „e-commerce” mögliche Verluste des Groß- und Einzelhandels und bei Kreditinstituten und Versicherungen (RWI 2000). Unsicher zu prognostizieren ist die mittelfristige Entwicklung der personen- und haushaltsbezogenen Dienstleistungen. Während bisher in Deutschland – abweichend von den Vereinigten Staaten oder Schweden – die unter- nehmensbezogenen Dienstleistungen die Entwicklung dominierten, lässt sich infolge der demographischen Veränderungen langfristig auch eine Veränderung der Bedarfs- und Konsummuster erwarten. Da gleichzei- tig mit der anteiligen Zunahme der Rentner auch der Anteil der Kinder zurückgeht, bleibt der Einkom- mensniveau-Effekt unklar, jedoch erwartet die Prognos-Studie einen Rückgang bei der Nachfrage materiel- ler Güter und stattdessen eine verstärkte Nachfrage im Bereich Gesundheit und soziale Dienste (Prognos 1998: 85). Nach einer Schätzung des DIW steigt beispielsweise die Anzahl pflegebedürftiger Personen bis zum Jahr 2010 gegenüber 1999 um insgesamt 23,5 Prozent an und bis zum Jahr 2020 um 52,2 Prozent (Schulz/Leidl/König 2001b: 29). Unklar muß auch der Einfluß der Umweltproblematik auf den Struktur- wandel bleiben. Dieser hängt neben dem Auftreten massiver Krisensituationen von den Nachfragebedin- gungen, der Technologie und den Rahmenbedingungen ab. Bislang war der umweltentlastende intersek- torale beziehungsweise -industrielle Strukturwandel in Deutschland eher gering (Simonis 1999: 9) und selbst bezüglich der bereits formulierten und international zugesicherten Umweltziele werden trotz erkenn- baren Fortschritts noch Schwächen konstatiert5 ( Kirkpatrick/Klepper/Price 2001). Insgesamt zeigt dieses Szenario einen eher unspektakulären Strukturwandel, was aber auch keinen deutli- chen Beschäftigungszuwachs impliziert (RWI 2000: 96). Am prägnantesten ist eher die Trendschwäche bezüglich der engen branchenbezogen Abgrenzung der „Informationsgesellschaft”. Dies legt jedoch nahe, den brancheninternen, unternehmens- und arbeitsbezogenen Veränderungen und Strategien nachzuge- hen. 1.3 Wettbewerbssituation der deutschen Wirtschaft Nach der Logik des (perfekten) Marktes muss ein Unternehmen konkurrenzfähig sein, um weiterbestehen zu können. Dass der unternehmensbezogene Wettbewerbsbegriff nicht umstandslos auf eine ganze (Volks-) Wirtschaft oder Nation übertragen werden darf, darauf hat zurecht Paul Krugman hingewiesen (Krugman 1999). Allerdings spielt im Fall einer stark außenorientierten Ökonomie und einem – in der modelltheoretischen Terminologie und real im Vergleich zu den Vereinigten Staaten – „kleinen Land” die internationale Wettbewerbsstärke der „heimischen” Wirtschaftsakteure sehr wohl eine prominente Rolle und hat auch Rückwirkungen auf die lokale Entwicklung. Umgekehrt haben die lokalen Bedingungen Ein- fluß auf die Performanz dieser Akteure. Insofern besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen Wett- bewerb und Wachstum der Wirtschaft (Hübner/Bley 1996: 14). In den folgenden Abschnitten sollen einige zentrale Dimensionen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit perspektivisch betrachtet werden. 1.3.1 Entwicklung der Handelsbilanz und die Osterweiterung der EU Globalisierungprozesse werden zumeist mit einer komplexen Verschärfung der Konkurrenzbedingungen für ökonomische Akteure und deren Umwelt verknüpft. Abhängig von der Wettbewerbsfähigkeit und – macht oder umgekehrt von der Penetration durch internationale Konkurrenz können Unternehmen und Branchen expandieren – oder auch schrumpfen. Vermittelt über Wertschöpfungsketten, Einkommens- und 5 Da es sich gerade beim Verbrauch natürlicher Ressourcen und dem Klimaschutz um globale Güter handelt, senkt die mangelnde Bere- itschaft (Beispiel Vereinigte Staaten bezüglich Kyoto-Protokoll) oder Fähigkeit (Entwicklungsländer) anderer Nationen nicht den interna- tionalen politischen Druck, sondern verschärft die ökologische Notwendigkeit weitergehender Maßnahmen. 29 Nachfragebedingungen, sowie Externalitäten und Spillover-Effekte (Technologie, politische Rahmenbedin- gungen, Arbeitsmarkt) sind aber auch vermeintlich wenig „globalisierte” Bereiche tangiert. Insofern können globalisierungsinduzierte Prozesse selten exakt identifiziert werden und Indikatoren, wie das Exportvolu- men, die Importpenetration oder Direktinvestitionen, sind nur erste Annäherungen. Über die prinzipiell realisierbaren Vorteile des Handels besteht weitgehend Einigkeit in der ökonomischen Diskussion genauso wie über mögliche negative Effekte, zumindest für einzelne Akteure oder Bereiche. So gilt bislang die Exportstärke der (west-)deutschen Wirtschaft als „Wachstumsmotor”, während umgekehrt negative Effekte durch Importpenetration – beispielsweise in Form von Lohnsenkungen und Arbeitsplat- zeinbußen für geringer Qualifizierte oder gar Deindustrialisierungsprozesse, wie diese in den Vereinigten Staaten seit längerem debattiert werden – bislang, im Gegensatz zur Kapitalmobilität, eher sporadisch (Kohle, Stahl, Textil, japanische Autos) thematisiert wurden. Einer der Hauptgründe hierfür ist auch, dass sich abweichend von den Annahmen der Handelstheorie (komparative Vorteile, Neo-Faktorproportionen- theorie) der größte Teil des Handelsvolumen zwischen den Industrienationen (,Triade’) vollzieht und vor allem der intra-sektorale und der intra-Firmenhandel stark angewachsen sind (Dicken 1998: 74; Hübner 1998). Im Zusammenhang mit der im kommenden Jahrzehnt bevorstehenden Osterweiterung der Europäi- schen Union spielen solche Befürchtungen aber insbesondere mit Blick auf Ostdeutschland durchaus eine Rolle. Die zukünftige Handelsbilanz Deutschlands wird neben der Branchen- und Unternehmensperformanz auch von der Entwicklung der europäischen Währung, der internationalen Konjunktur- und Wachstumsentwick- lung sowie den spezifischen Preiselastizitäten der Nachfrage abhängen. Diese Komplexität lässt keine prä- zisen Vorhersagen zu; aus den vorliegenden Trendaussagen läßt sich jedoch eine weiterhin anhaltende Exportstärke der deutschen Wirtschaft erwarten (Prognos 1998) und auch in Bezug auf die EU-Osterweite- rung gehen die vorliegenden Untersuchungen von einem positiven makroökonomischen Gesamteffekt des Handels aus. Da mit den Beitrittsländern Assoziationsverträge bestehen, nach denen der Handel schon schrittweise liberalisiert wurde (Heitzer-Su?a 2001) ergaben sich bereits in den letzten Jahren hohe (zuletzt aber wieder geschrumpfte) Handelsbilanzüberschüsse Deutschlands gegenüber Osteuropa (Quaisser 2000). Im Gegensatz zu diesen Aggregateffekten ist aber auf regionaler und sektoraler Ebene mit (schwer quan- tifizierbaren) negativen Auswirkungen zu rechnen: Voraussichtlich profitiert Ostdeutschland, dessen Außenhandelsposition immer noch vergleichsweise schwach ist, weniger davon als Westdeutschland bezie- hungsweise wird stärker von den negativen Effekten betroffen werden. Auf dem Arbeitsmarkt verschlech- tert sich tendenziell die Position geringer Qualifizierter infolge der Importkonkurrenz. Betroffen sind neben dem Agrarbereich arbeitsintensive Bereiche des Verarbeitenden Gewerbes, beispielsweise in der Beklei- dungsindustrie, der Metallbranche und der Möbelherstellung. Sicher nimmt die Bedeutung dieser „kompa- rativen” Nachteile immer mehr ab, da mit dem Aufholprozeß der Transformationsländer der Anteil des intra-sektoralen Handels relativ schnell wächst, jedoch kann aus der Handelsstruktur langfristig entwickel- ter Industrieländer wie Westdeutschland nicht direkt auf Ostdeutschland geschlossen werden. Zum einen konnte die westdeutsche Industrie kontinuierlich (organisch) ihr internationales Spezialisierungsprofil ent- wickeln, zum anderen ist im Fall Osteuropas von einer wesentlich höheren Intensität des Handels auszu- gehen. Positive Effekte sind hingegen im Dienstleistungsbereich und bei hochwertigen und qualifikations- intensiven Gütern zu erwarten (Heitzer-Su?a 2001; European Integration Consortium 2000; Brandsma 2000; Quaisser 2000; Memorandum 2001). Im immer noch relativ unterentwickelten Dienstleistungshandel weist Deutschland allerdings ein erhebliches Defizit aus, ähnlich in den Dienstleistungs-Direktinvestitionen der Datenverarbeitungs- und Datenbankbranche. Hier lässt sich ein Wettbewerbsrückstand annehmen (Heise et al. 2000; RWI 2000: 95). 30 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Die insgesamt günstige Wettbewerbsposition, gemessen am Außenhandel, ist jedoch möglicherweise nicht nur ein positives Zeichen, sondern auch Ausdruck einer bedenklichen Entwicklung. Der jüngste Trend der Lohnstückkosten und die staatliche Steuer- und Sparpolitik (s.u.) lassen sich auch als ein ,Verzicht’ auf Ein- kommen und Wohlfahrt zugunsten der Exportstärke interpretieren. Eine solche „neomerkantilistische” Wett- bewerbsolitik (Flassbeck 2000a) eines – bezogen auf die Europäische Union – vergleichsweise großen Lan- des limitiert nicht nur die Binnennachfrage und damit das Wachstum, sondern nötigt darüberhinaus auch die anderen Länder, sich an einer solchen Politik zu orientieren. Ein derart erzeugte Exportstärke kann letzt- lich auch in einem Negativ-Summen-Spiel enden, welches in mehreren Ländern Wachstum und Beschäfti- gung drückt (Flassbeck/Spiecker 2000). 1.3.2 Direktinvestitionen: Ein Indikator der Standortqualität? Die Entwicklung der Direktinvestitionen wird nicht selten als Indikator für eine vermeintliche Standort- schwäche herangezogen. Sowohl das Volumen der ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland, als auch die Direktinvestitionen deutscher Unternehmen im Ausland sollen nach dieser Argumentation einen internationalen Standortnachteil in Form zu hoher Lohnkosten, Steuer- und Abgabenbelastungen oder staatlicher und arbeitspolitischer Regulierung indizieren (Welge/Holtbrügge 1997). Dieser „Abwanderungs”- und „Unattraktivitätsthese” steht im anderen Extrem die These gegenüber, dass nicht die tatsächliche Mobi- lität der Unternehmen, sondern vielmehr die Instrumentalisierung derselben als Drohpotential zur Erzwin- gung von ,Verbleibsprämien’ zugenommen hat (Kisker 1999). Wichtiger als die Höhe vor allem der deutschen Direktinvestitionen im Ausland sind demnach die dahinter- stehenden Formen und Motivationen. Grundsätzlich können Direktinvestitionen – neben den genannten – verschiedenste Gründe haben: die Erschließung von Märkten infolge zu hoher Kosten des Exports (Trans- port, Zölle), Vorbereitung und Unterstützung von Exporten, die Gewinnung von Marktkenntnissen, Nutzung spezifischer Angebotsfaktoren und regionaler Agglomerationsvorteile (Forschung, Produktentwicklung), Risikostreuung, die Auschaltung oder Übernahme von Konkurrenten, sowie die Erzielung von Skalen- und Synergieeffekten. Direktinvestitionen können in diesen Fällen auch zur Bestandserhaltung oder Stärkung des Unternehmens beitragen (Huege 1999). Zuletzt sind sowohl die deutschen Direktinvestitionen im Aus- land, wie auch die ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland, stark angewachsen. Allgemein kann dies als eine strategische Reaktion und Positionierung im Zuge des Globalisierungsprozesses verstanden werden, im Besonderen waren dafür vornehmlich die „Mega-Fusionen” verantwortlich (Heise et al. 2000). Der negative Saldo zwischen eingehenden und ausgehenden Direktinvestitionen läßt sich mithin aus den geringen Handelsbarrieren, aber auch aus den Strukturbedingungen des deutschen Kapitalmarktes, erklären (Huege 1999; Hübner 1998). Im Folgenden soll die Grundstruktur der Direktinvestitionen aufge- zeigt werden, auf die möglichen Gründe wird in den folgenden Abschnitten noch eingegangen werden. Wie beim Handel konzentriert sich der größte Teil der Direktinvestionen auf die Industrieländer und im Fall Deutschlands über die Hälfte auf EU-Länder. Aufgrund vergleichbarer Faktorausstattungen und geringer Kostenstrukturdifferenzen verweist dies insbesondere auf das Markterschließungsmotiv. Der größere Teil der Direktinvestitionen – mit Ausnahme der Direktinvestitionen in Ostmitteleuropa – erfolgt zudem außer- halb des industriellen Sektors und ist absatzorientiert. Bei den ausländischen Direktinvestitionen in Deutsch- land überwiegt ebenfalls der Dienstleistungsbereich, während im Industriesektor die größten Anteile auf die Bereiche Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemische Industrie, Straßenfahrzeugbau sowie Feinmechanik und Optik entfallen. Weiterhin anwachsen werden aller Voraussicht nach vor allem die Direktinvestitionen nach Ostmitteleuropa (IGM 2001), womit – neben der Erschließung und Marktentwicklung – möglicherweise auch die Bedeutung des Kostenmotivs zunimmt. Insbesondere die Länder Tschechien, Polen und Ungarn zeichnen sich nicht nur durch niedrigere Löhne, sondern auch durch technisch und fachlich gut qualifizierte Arbeitskräfte (und Sub- 31 ventionsleistungen) aus, wodurch es gelungen ist, verstärkt Investitionen für die wirtschaftliche Entwicklung anzuziehen. Allerdings ist diese Entwicklung auch nicht ohne Misserfolge verlaufen und die angezogen Investitionen können sich genauso wie der – vor allem in der Textil- und Bekleidungsindustrie – gewach- sene „Veredelungsverkehr” zum Teil ungünstig (vertikale Abhängigkeit, lock-in Effekte) auf die lokalen Fir- men und die Struktur auswirken. Eine klare Trendaussage über die möglichen Integrationsmuster oder auch Abhängigkeitsformen und daraus folgende regionale Effekte in den Transformationsökonomien und für den Arbeitsmarkt der westeuropäischen Länder ist bislang nicht möglich (Dörr/Kessel 1999; Pellegrin 1999; Zysman/Schwartz 1998). Ungewiss ist auch, ob sich im Erweiterungsprozess Konsequenzen bezüglich des Investitionsvolumens für Ostdeutschland ergeben. Einerseits könnte die ,Schnittstellenlage’ Anreiz zu ver- stärkten Investitionen für die Entwicklung grenzüberschreitender Netze geben, andererseits könnten die Investitionen aber mit dem Ziel der Markterweiterung der EU-Grenze nach Osten ,folgen’ (Weimann 2000). Mit Blick auf die Tauglichkeit des Indikators Direktinvestitionen lässt sich indessen aus der ,Globalisierungs- literatur’ ein übergreifender Trend herauslesen: Die zunehmenden Direktinvestitionen sagen vor allem etwas über die Unternehmens- und Branchenstrategie aus und immer weniger über die Standortqualität oder den dauerhaften Nutzen für die Regionen. 1.3.3 Die Grenzen des Lohnkostenreduktionismus Da die bisher untersuchten Aggregate unternehmensbezogen sind und kaum Rückschlüsse auf die Stan- dortentwicklung zulassen, sollen nun zwei weitere Konzepte aus dem reichhaltigen Angebot der Stan- dortdiskussion betrachtet werden. Der meistverwendete Indikator ist die Entwicklung der Lohn(stück)kosten, ein zweiter in letzter Zeit häufiger herangezogener Ansatz ist der sogenannte „Dia- mant” von Michael E. Porter (Porter 1999). Die populäre Verwendung schlichter Lohnkostenvergleiche zur Erklärung der Wettbewerbsfähigkeit ist wahrscheinlich eher im Sinne eines Einschüchterungs- und Diszipli- nierungsversuchs zu verstehen. Aber auch die Verwendung der Lohnstückkosten wird nicht nur wegen der exzessiven Komplexitätsreduktion, sondern auch aus methodischen Gründen bisweilen kritisiert (Müller/Kornmeier 2000: 159).6 Auf die ausdrückliche Betonung der moderaten Lohnentwicklung im EU-Bericht wurde oben bereits hin- gewiesen und mit Blick auf die Lohnstückkosten artikuliert sich dies auch besonders im Fall der deutschen Lohnstückkosten, die sich von 1995 bis 1999 (scherenförmig) moderater entwickelt haben als dies in Groß- britannien, den Vereinigten Staaten, Frankreich und in der EURO-Zone auschließlich Luxemburg (EU-10) der Fall war. Unter Berücksichtigung des Wechselkurses hat die Schwäche des EURO die unterdurchschnittliche Lohnstückkostenentwicklung in Deutschland noch verstärkt (Heise et al. 2000). Jüngste Angaben des Sta- tistischen Bundesamtes weisen auch für das Jahr 2000 einen Rückgang der Lohnstückkosten gegenüber dem Vorjahr um 0,3 Prozent aus (BMWi 2001). Ausgehend von einer nach diesem Indikator günstigen Wett- bewerbsposition hängt somit die zukünftige Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit von der Entwicklung der Bruttoeinkommen, der Produktivität und außerhalb der EURO-Zone zusätzlich von der Inflationsent- wicklung und dem Wechselkurs ab. Trotz der gegenwärtig leicht gestiegenen Inflation und einer möglichen Aufwertungsbewegung des EURO wäre die Annahme einer deutlichen Trendänderung spekulativ. Im Gegensatz zu diesem stark aggregierenden Indikator wurde von Porter ein umfassenderes „Modell” der Wettbewerbsfähigkeit entwickelt, in dem vier interagierende Variablen und zwei exogene Faktoren zur 6 Auf das erklärungskräftigere Konzept des „synthetischen Charakter des Indikators relative Lohnstückkosten“ von Hübner/Bley (1996), das die Lohnstückkosten aus dem Zusammenwirken des Lohn-, Wechselkurs-, Produktivitäts- und Innovationsregimes betrachtet, soll hier nicht eingegangen werden, da Aspekte dieser Regime an anderer Stelle zur Sprache kommen. 32 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Erklärung herangezogen werden (Porter 1999; Welge/Holtbrügge 1997; Müller/Kornmeier 2000; Brose/Voelzkow 1999; Deutsch-Französisches Institut 2001; BMBF/BMWi.1999): • Unter den Faktorbedingungen lassen sich beispielsweise das Qualifikationsniveau, Produktivität, Tech- nologie, Infrastruktur und die Innovationskapazität fassen. Diese Variable kann weiterhin als eine der Stärken der deutschen Wirtschaft angesehen werden. Im Gegensatz zu Welge/Holtbrügge (1997), die einen zunehmenden Wettbewerbsnachteil in den Arbeitskosten verorten, dürften hier die gegenwärti- gen Schwachpunkte eher im Kontext der Informations- und Kommunikationstechnologie (Infrastruktur, spezifische Qualifikationen, Dienstleistungen) zu finden sein. • Bei den Nachfragebedingungen steht ein überwiegend als sehr attraktiv eingeschätzter und relativ großer Markt einer verteilungs- und stabilitätspolitisch limitierten Nachfrage gegenüber. • Im Bereich der verwandten und unterstützenden Branchen liegen traditionelle Stärken im Bereich der Klein- und Mittelunternehmen, gegenwärtige Schwächen sind bezüglich junger, dynamischer Unter- nehmen, in den Bereichen Dienstleistung und neue Technologien insbesondere aber im noch unzurei- chenden Besatz und regionalen Bindungsdefiziten in Ostdeutschland zu sehen. • Im Zusammenhang mit der Firmenstrategie, Struktur und Wettbewerb lassen sich eher konservative, inkrementalistische Orientierungen ausmachen. Aber auch Technik, Wissenschaft und Qualität genießen einen hohen Stellenwert. Inwieweit sich hier eine stärkere „Shareholder-Value”- oder „New Economy”-Orientierung jenseits eines engen Bereiches (und der Medien) ausbreitet, bleibt abzuwarte- ten. • Dynamik geht gegenwärtig auch von den exogenen Faktoren Staat und Zufall aus. Zum einen gehen Veränderungen von der europäischen Ebene beispielsweise in der Wettbewerbspolitik und sonstigen Regulierungen aus, zum anderen steht nach der Wiedervereinigung und neben den Globalisierungs- prozessen die Osterweiterung an. In wesentlichen Bereichen geht es gegenwärtig um eine Auseinandersetzung zwischen traditionellen Stär- ken und – zumindest häufig postulierten – neuen Herausforderungen. Entgegen der oft geäußerten Kritik, dürfte es aber durchaus möglich sein, dass sich die strukturellen und institutionellen Verharrungsmomente langfristig auch als Vorteil erweisen und vor übereilten Fehlentwicklungen schützen. Die Dysfunktionalität einer selektiven institutionellen Nachahmung lässt sowohl an der Machbarkeit wie auch an der Wünsch- barkeit mancher Anpassungsforderungen zweifeln (Hancké/Callaghan 1999). 1.3.4 Glocalization: KMUs zwischen Globalisierung und lokalen Netzwerken Über 95 Prozent aller Firmen in den OECD-Ländern sind Klein- und Mittelunternehmen (KMU) mit rund 60- 70 Prozent aller Beschäftigten. Aufgrund ihrer Flexibilität und Dynamik werden die Klein- und Mittelunter- nehmen – und inzwischen zunehmend auch „Mikrounternehmen” – als die Protagonisten des Wandels und der „New Economy” angesehen, deren Bedeutung nicht nur durch die so genannten „start-ups” sondern auch infolge von „downsizing”- und „outsourcing”-Prozessen der größeren Unternehmen weiter zunimmt. Insbesondere von den elektronischen Netzwerken wird erwartet, dass sie den KMUs neue Möglichkeiten der Kooperation eröffnen, wodurch sich Flexibilitätsvorteile mit der Realisierung von Skaleneffekten und Spezialisierungsgewinnen kombinieren ließen. Klein- und Mittelunternehmen agieren zunehmend „global” und werden wettbewerbsfähiger (Estimé 2000). Andererseits wachsen mit den Globalisierungsprozessen aber auch die Schwierigkeiten, mit denen KMUs konfrontiert sind: Kapitalmangel, verschärfter Wettbewerb, hohe Liquidationsquoten, Arbeitsplatzunsicherheit und mangelnde Forschungs- und Entwicklungskapazitä- ten (Andersson 2000). 33 Die Kapitalschwäche von Klein- und Mittelunternehmen ist insbesondere in Ostdeutschland ein drängen- des Problem, das nicht nur die regionale Entwicklung, sondern auch die zukünftig möglichen Markter- schließungs- und Erweiterungspotentiale behindert (Ribhegge 1997). Mit Blick auf neue technologieorien- tierte KMUs und start-ups wird die im Vordergrund der Diskussion stehende Versorgung mit Kapital jedoch nicht genügen, wenn ambitionierte Wachstumsziele erreicht werden wollen. Ebenso wichtig sind die Mög- lichkeiten einer regionalen Anbindung oder Vernetzung (BMWi 1996; Henckel/Eberling/Grabow 1999). Die Vorstellung völliger räumlicher Unabhängigkeit durch die elektronische Vernetzung ist gefährlich. Gerade zwischen Gründungsaktivitäten und dem regionalen Kontext besteht ein enger Zusammenhang (Krauss 1999) und innovationsorientierte, forschungsintensive Branchen profitieren von der intraregionalen Vernet- zung komplementär zur globalen (Fuchs/Wolf 1999; Genosko 1999). Diese wechselseitige Artikulation loka- ler und globaler Formen, deren Dynamik allerdings nicht vorhersagbar ist, gewinnt zunehmend an Bedeu- tung (Hirsch-Kreinsen/Schulte 2000) und zeichnet häufig erfolgreiche Regionen aus. 1.4 Institutionelle Dynamik: Die Zukunft des rheinischen Kapitalismus Die Untersuchung der Wachstums- und Wettbewerbsdynamik bis hierhin hat einige Entwicklungsrichtun- gen und Trends aufzeigen können. Jedoch war die Betrachtungsweise eher statisch und wirtschaftsfixiert. Im weiteren Verlauf wird, mithilfe institutionalistisch orientierter Zugänge, auch den ,funktionalen’ Zusam- menhängen und Regulationsformen nachgegangen, wobei der Blick auf soziale und gesellschaftliche For- men geweitet wird. 1.4.1 Auf dem Weg in die Wissens- und Informationsgesellschaft? Auch wenn von einem schnellen oder dramatischen Schrumpfungsprozess des industriellen Sektors keine Rede sein kann, muss davon ausgegangen werden, dass die Beschäftigung hier weiter sinkt (möglicher- weise in der Größenordnung von einer Millionen bis 2010, es sei denn in Ostdeutschland vollzieht sich eine beschleunigte Re-Industrialisierung). Angesichts anhaltender Arbeitslosigkeit von rund vier Millionen Perso- nen fallen optimistische Prognosen über das Beschäftigungspotenzial der „Dienstleistungsgesellschaft” und neuer Technologien auf fruchtbaren Boden und nachdem bislang kein größeres Wachstum der konsumo- rientierten Dienstleistungen feststellbar ist, gründen sich die Hoffnungen nun auf die „Informationsgesell- schaft” (BMBF/BMWi.1999). Die Idee von der Wissens- und Informationsgesellschaft gründet sich auf die Feststellung, dass im Zuge der informationstechnologischen Entwicklung Wissen und verfügbare Informa- tionen sowohl in ihrem Bestand als auch in ihrer Bedeutung als Produktions- und Wirtschaftsfaktor enorm zugenommen haben (RWI 2000). Bezogen auf die Wirtschaft muß zwischen den Auswirkungen der Infor- mations- und Kommunikationstechnologien (IuK) in den ,traditionellen’ Bereichen (Produktivität, Restruktu- rierung, e-commerce) und der Entwicklung des ,engeren’ IuK-Sektors (Produktion von IuK-Gütern, IuK- Dienstleistungen) differenziert werden (Preissl 2000). Insbesondere auf letzteren konzentrieren sich die Wachstums- und Beschäftigungshoffnungen. Entgegen mehrerer optimistischer Prognosen, die teilweise ein mittelfristiges Beschäftigungspotenzial der Informationsgesellschaft von einer Millionen neuer Arbeitsplätze und mehr versprachen (Witt/Zydoreck 2000: 24), weisen jüngste Untersuchungen eher ein bislang bescheidenes Wachstum entsprechender Bran- chen und geringe Beschäftigungspotenziale aus. So kann beispielsweise im Telekommunikationsbereich von einer negativen Beschäftigungsbilanz ausgegangen werden. In der Gesamtbilanz der Medien-, Infor- mations- und Kommunikationswirtschaft haben sich bisher keine großen positiven Beschäftigungsimpulse ergeben, und Verluste im Herstellungsbereich werden durch neue Dienste nur teilweise kompensiert (ebd.: 23). In der Summe, so der Schluss von Witt/Zydoreck, „ist also – gleich, ob man für die Beschäftigungsent- wicklung tätigkeitsbezogene oder sektorale beziehungsweise branchenbezogene Prognosemodelle auf der 34 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Grundlage langfristiger Trends zugrundelegt – lediglich mit einer Kompensation von Arbeitsplatzverlusten in der Industrie beziehungsweise bei den Produktionstätigkeiten zu rechnen” (ebd.: 36). Allerdings stellen auch skeptische Untersuchungen fest, dass zumindest in einigen Branchen (Multimedia, Webdesigner, Netz- lösungen, Service) Wachstumspotenziale vorhanden sind, deren Realisierung aber von geeigneten Rah- menbedingungen abhängt (Selhofer 2000). So errechnet die Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung im Saldo von Produktion und Dienstleistungen im IuK-Sektor bis zu 750.000 zusätzli- che Arbeitsplätze bis 2010 (RWI 2000: 65), jedoch genügt auch dieses sektorale Wachstum nicht, um einen gesamtwirtschaftlich relevanten Beschäftigungszuwachs zu erreichen (ebd.: 92). Selbst wenn die Beschäftigungspotentiale dieser Branchen gering eingeschätzt werden, läßt sich damit noch nicht die Signifikanz der „Informationsgesellschaft” bestreiten, diese hängt wesentlich von der sehr wohl vorhandenen Diffusion der Informations- und Kommunikationstechnologien in anderen Bereichen (Privathaushalte, Öffentliche Verwaltung, Schulen, Unternehmen) und der Veränderung von Arbeitsprofilen und Beschäftigungsmustern ab (Seufert 2000; Witt/Zydoreck 2000). Mit der Ausbreitung der IuK-Techno- logien wächst nicht nur der Bedarf nach spezifischen, oft höheren, Qualifikationen, wodurch die bestehen- den Institutionen der Aus- und Weiterbildung unter ständigen Anpassungsdruck geraten, um die oftmals konstatierte „IT skills gap” zu schließen (Selhofer 2000). Auch die traditionellen Formen des Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses erfahren einen forcierten Flexibilisierungs- und Individualisierungsschub mit dem Trend zu Kleinst- und Mikrounternehmen, Entbetrieblichung und pseudoselbständigen „Freelancern”, Tele- und Zeitarbeit (Enquete-Kommission 1998; Malone/Laubacher 1998; Heuser 2000; Altvater/Mahn- kopf 2000). Entsprechend prognostiziert die Zukunftskommission der Freistaaten Bayern und Sachsen, für das Jahr 2010 ein Verhältnis von Normbeschäftigten zu Nicht-Normbeschäftigten von eins zu eins und auch eine wachsende Zahl abhängig Beschäftigter, deren Einkommen deutlich zurückgeht (Witt/Zydoreck 2000: 42). Diese zunehmende Exklusivität des so genannten Normalarbeitsverhältnisses stellt nicht nur die bestehen- den und darauf ausgerichteten Regulationsformen des Arbeitsmarktes und der sozialen Sicherungssysteme in Frage (“flexicurity”), sondern signalisiert auch eine Form des „digital divide” der betrieblichen und gewerk- schaftlichen Inklusion und Interessenvertretung. Individuelle Erfolgschancen gehen einher mit einer wach- senden sozialen Polarisierung und dem drohenden Verlust sozialer Solidarität (Henckel/Eberling/Grabow 1999). 1.4.2 Die Zukunft des rheinischen Kapitalismus Trotz des Bekenntnisses der Europäischen Union zur „New Economy” (EU 2000; Barnard 2000) konstatiert – nicht nur – die OECD wachstumshemmende „Modernisierungs”- und Anpassungsdefizite der europäi- schen Länder (Andersson 2000). Nach Elmeskov/Scarpetta (2000: 5) lassen sich mehr als 20 Prozent des Pro-Kopf-Wachstumsrückstands mehrerer kontinental-europäischer Länder gegenüber den Vereinigten Staaten auf den geringen Beschäftigungsgrad zurückführen. Der Grund für diese Unterauslastung wird in einem qualifikationsorientierten, qualitäts- statt quantitätslastigen Wachstumsmuster gesehen, das sich zunehmend auf „Kerngruppen” konzentriert und einen Teil seiner Produktivitätsgewinne weniger durch all- gemeine Höherqualifizierung, sondern durch Exklusion geringer qualifizierter Arbeitskraft realisiert (ebd.: 14; Scarpetta/Bassaini/Pilat/Schreyer 2000: 22). In Bezug auf die Potenziale der „New Economy” sieht Anders- son (2000) in den europäischen Ländern Investitions- und Infrastrukturdefizite bei den Informations- und Kommunikationstechnologien, Innovations- und Patentgewährungsrückstände auch im Bereich Biotechno- logie und systembedingte Finanzierungsschwierigkeiten bei Neugründungen. Entsprechend dem neoklassischen Hintergrund der OECD-Analysen fällt auch das empfohlene „Moderni- sierungsprogramm” aus, das sich nahezu ausschließlich auf die Angebotsbedingungen des Arbeitsmarktes und der staatlichen Regulierung konzentriert. Für den Arbeitsmarkt werden mehr Beschäftigungs- und 35 Lohnflexibilität, eine größere Lohnspreizung, Subventionierung von Niedriglohn-Beschäftigung und Ein- schränkungen der Arbeitslosenversicherung gefordert (Elmeskov/Scarpetta 2000). Staatliche Regulierungen, Steuersysteme und Finanzinstitutionen sollen wettbewerbsorientierte, unternehmensfreundliche Bedingun- gen schaffen und Neugründungen erleichtern. Ein bankenzentriertes „insider system” der Corporate Gover- nance wie es in Deutschland vorherrscht, wird als eher hinderlich für die Dynamik der „New Economy” angesehen (Andersson 2000; Bassanini/Scarpetta/Visco 2000a). Diese Diagnose der OECD verweist auf eine Diskussion über die Zukunft und zeitliche/räumliche Konver- genz nationaler Modelle oder Arrangements, die schon länger im Zusammenhang mit Globalsierung und Wettbewerbsfähigkeit geführt wird (Hay 2000). In Bezug auf Deutschland geht es gegenwärtig dabei, zugespitzt und mit jeweils unterschiedlicher Akzentuierung, um die ,Überlebenschanchen’ des „rheinischen Kapitalismus”, „Modell Deutschland” oder der „Deutschland AG” gegenüber dem anglo-amerikanischen Kapitalismus (Brose/Voelzkow 1999; Dore 2000; Schroeder 2000). Während unter dem letztgenannten Begriff überwiegend Fragen des Finanz- und Kapitalmarktes und der Unternehmenssteuerung diskutiert werden (s.u.), fokussiert das „Modell Deutschland“ stärker auf das System der industriellen Beziehungen und der arbeits- und sozialpolitischen Regulation. Dieses deutsche Modell, und mithin der rheinische Kapitalismus ist in letzter Zeit von mehreren Seiten unter wachsenden Druck geraten. Zum einen zeigen die oben beschriebenen Entwicklungen eine anhaltende Tendenz zur Exklusion und Exklusivität an. Dies gilt nicht nur entlang der Grenze von Arbeit und Arbeitslo- sigkeit, sondern zunehmend auch in Bezug auf die institutionelle Konstruktion des Normalarbeitsverhält- nisses und nicht zuletzt hinsichtlich der Regulierung der industriellen Beziehungen. Andererseits wächst der Veränderungs- und Flexibilisierungsdruck durch Globalisierungsprozesse, die europäische Integration und die deutsche Vereinigung und die sich darauf berufenden marktorientierten „Modernisierungsprogramme” (Dörre/Elk-Anders/Speidel 1997; Streeck 1995; Turner 1997; Immerfall 1999). Inwieweit sich der rheinische Kapitalismus letztendlich dem anglo-amerikanischen annähert und sich mög- licherweise ein finanzmarktgetriebenes Wachstumsregime (Boyer 2000) herausbildet bleibt indessen nicht nur umkämpft, sondern auch unsicher und prekär. Trotz der jüngsten Trends und Bestrebungen in den Bereichen Finanzmarkt, Unternehmenssteuerung oder der sozialen Sicherung (s.u.) müssen sich auch mark- torientierte Modernisierungsprogramme mit den bestehenden institutionellen Formen und Arrangements, deren Beharrungsvermögen und Leistungsprofil auseinandersetzen. Das Herauslösen oder Importieren ein- zelner Regulationsformen in der Hoffnung, unterschiedliche Stärken zu vereinen, ist selten von Erfolg gekrönt, und der Erwerb neuer Stärken ist oftmals mit dem Verlust alter verbunden (Hancké/Callaghan 1999). Bei genauerem Hinsehen zeigt sich einerseits, dass der rheinische Kapitalismus beziehungsweise das deutsche Modell spezifische Stärken hat, die nicht nur inkompatibel mit einem marktliberalen Modell son- dern auch langfristig konkurrenzfähig sind und andererseits, dass die dem anglo-amerikanischen Modell zugeschriebenen Stärken nicht immer einer Überprüfung unbeschadet standhalten. So sind beispielsweise die langfristige Anpassungsfähigkeit, inkrementale Innovationsdynamik und die produktivitäts- und qua- litätsorientierte Produktmarktstrategie eng mit der institutionellen Organisation der Berufsausbildung, der Arbeitspolitik und des Kapitalmarktes verknüpft (ebd.; Harding 1999), umgekehrt ist die überlegene Pro- duktivitätsdynamik und Arbeitsmarktperformanz des amerikanischen Modells nicht unbestritten (Schmitt/Mishell 2000; Flassbeck/Spiecker 2000; Bosch 1998). Dennoch, trotz dieser Einschränkungen ist davon auszugehen, dass sich das deutsche Modell auch in den kommenden Jahren unter dem formulierten Anpassungsdruck verändern wird. Viel wird davon abhängen, in welcher Weise die inhärenten Stärken verteidigt und schleichende Auflösungsprozesse institutionell bear- beitet werden. Ein Modell, das letzten Endes nur noch eine Minderheit regulativ umfasst, wird auch ohne Deregulierung bedeutungslos. 36 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 37 2. Vorbild USA: New Economy und Jobwunder Zunehmende Arbeitslosigkeit und geringe gesamtwirtschaftliche Produktivitätszuwächse galten bis Mitte der neunziger Jahre in weiten Kreisen als das unausweichliche Schicksal entwickelter kapitalistischer Industriege- sellschaften. Doch dann wurden die ersten Konturen des langanhaltenden Wirtschaftsaufschwungs in den USA sichtbar: das explosionsartige Wachstum des Internets, unglaubliche Kurssteigerungen der Aktien junger mit den Informations-technologien verbundener Unternehmen, eine sinkende Arbeitslosenquote, hohe Produkti- vitätssteigerungen und schließlich sogar steigende Reallöhne am untersten Ende der Einkommensskala. Kein Wunder also, dass nahezu jede öffentliche Debatte oder wissenschaftliche Veröffentlichung über die deutsche Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik auch auf die Erfolge der US-amerikanischen Wirtschaft hinwies. Es dauerte nicht lange, da war auch ein Name für dieses wundersame Entkommen aus dem bislang schein- bar vorgezeichneten Schicksal einer stagnierenden Wirtschaft gefunden: „New Economy”. Die alten Gesetz- mäßigkeiten und Tendenzen des bisherigen Kapitalismus seien überholt, stattdessen würden neue Zusam- menhänge gelten, die hohe Wachstumsraten, Vollbeschäftigung und in manchen Visionen sogar die Überwindung des Konjunkturzyklus ermöglichen sollten. Von den Arbeitskräften wäre aber eine höhere Flexibilität erfordert, staatliche Regulierungen, sozialstaatliche Sicherungssysteme und starke Gewerkschaf- ten wären deshalb in der neuen Zeit eher Störfaktoren (Bassanini et al. 2000b). Der Begriff New Economy ist inhaltlich mit vielfältigen Bedeutungen gefüllt worden (Ehrke 2000). Hier inter- essiert nur seine Anwendung auf einer makroökonomischen Ebene. Auf dieser Ebene bezeichnet New Eco- nomy einen Zusammenhang zwischen dem zunehmenden Einsatz von Informationstechnologien, daraus resultierenden Produktivitätssteigerungen und einem davon getragenen, dauerhaft hohen und zugleich inflationsneutralen Wirtschaftswachstum. Im Folgenden wird die Kontroverse um diese New-Economy-These dargestellt, und zwar zunächst auf theo- retischer Ebene, sodann hinsichtlich ihres empirischen Fundaments insbesondere in Bezug auf die Produk- tivitätsentwicklung. Schließlich sollen die unterschiedlichen Erklärungen für das sogenannte Beschäfti- gungswunder diskutiert werden. 2.1 New Economy 2.1.1 Ein neues Wachstumsmodell? Das hohe Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig niedrigen Inflationsraten unter Präsident Clinton nährte Spekula- tionen über die Herausbildung eines neuen Wachstumsmodells. Wie der US-amerikanische ökonomische Main- stream den langen Konjunkturaufschwung theoretisch zu fassen versucht, hat Barry Bluestone – mit kritischer Absicht – sehr anschaulich dargestellt (1999). In dieser Erklärung spielt die Inflation eine zentrale Rolle. Falls Preis- steigerungen zu erwarten sind, werden Anleger als Ausgleich für die erwarteten Kaufkraftverluste höhere Zinsen verlangen. Unsicherheit über die künftige Inflationsentwicklung hemmt ebenso die Investitionstätigkeit. Die einzelnen Bestandteile des neoklassischen Wachstumsmodells fasste Bluestone wie folgt als Syllogis- mus zusammen: (A) Wirtschaftliches Wachstum kann nur durch höhere Investitionen beschleunigt werden. (B) Höhere Investitionen bedürfen niedriger Zinsen. (C) Niedrige Zinsen bedürfen stabiler Preise und vermehrten Sparens. (D) Nur wenn Inflationstendenzen unter strikter Kontrolle bleiben und eine hohe Sparquote erreicht wird, kann das wirtschaftliche Wachstum beschleunigt werden. 38 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Diese logische Schlusskette lässt jedoch eine zentrale Frage offen, nämlich die nach der Nachfrageseite. Wenn durch die derart geförderten Investitionen das Produktionsvolumen ständig steigt, aber die Nachfra- ge nach zusätzlichen Waren und Dienstleistungen nicht ausreicht, dann erhöhen die Produktivitätssteige- rungen allein die Arbeitslosigkeit und führen zu einer Unterauslastung der Produktionskapazitäten. Diese Argumentationslücke füllt die von Bluestone so titulierte Wall Street Wachstumsspirale. Ihr liegt die Annahme zugrunde, dass Inflationsbekämpfung ein Gefühl von Finanzmarktstabilität vermittle, das selbst wiederum höhere Aktienkurse begünstige. Diese höheren Aktienkurse vermehren das Vermögen der Haus- halte und ermutigen sie zu höheren Ausgaben. Interessanterweise wird die These von einer New Economy auch von Autoren vertreten, die weder zum Mainstream gehören noch – wie die Vertreter der Clinton-Regierung – ein unmittelbar politisches Interes- se an dieser These hatten. Für Manuel Castells (2000) und, in abgeschwächter Form, auch für Robert Boyer (2000) lassen sich in der New Economy nämlich Anzeichen für ein neues Akkumulationsregime finden. Die regulationstheoretisch inspirierte Deutung der New Economy läuft zum Teil auf eine Revision vertrau- ter makroökonomischer Annahmen hinaus. Trotz einer zunehmenden Lohnspreizung müsse es beispiels- weise nicht zu einer sinkenden effektiven Nachfrage kommen, wenn die Einkommenseffekte, die aus stei- genden Wertpapierpreisen resultieren, genügend stark sind. Die New Economy wäre demnach ein finanzgetriebenes Wachstumsmodell, in dem die Regulation der Löhne der Regulation des Vermögens- marktes konsequent untergeordnet wird, wobei die Geldpolitik sich nicht mehr primär auf die Inflations- bekämpfung, sondern auf die Stabilisierung der Aktienkurse richtet. Eine Überprüfung der Kausalzusammenhänge im regulationstheoretischen Modell der New Economy wirft jedoch Zweifel an deren zwingendem Charakter auf. Im Modell bestehen mindestens drei Konstellationen, für die der unterstellte kausale Zusammenhang nicht per se gegeben ist (Scherrer 2001: 16-19). Der Investitionen-Gewinn-Nexus: Das Modell geht davon aus, dass Investitionen in die Ausrüstungsgüter des neuen Produktionsparadigmas sowohl die Produktivität als auch die Gewinne erhöhten. Dass sich die erwarteten Gewinne auch einstellen, ist allerdings aus mindestens zwei Gründen nicht automatisch gesi- chert. Erstens weist sich die New Economy gerade dadurch aus, dass sie sich an der technologischen Inno- vationsfront bewegt. Fehlinvestitionen sind deshalb kaum vermeidbar. Zweitens gehört zur Kehrseite der informationstechnologischen Revolution, dass sie die Nachahmung von Innovationen erleichtert und somit potenzielle Pioniergewinne mindert. Wenn aus dem Zusammenspiel dieser Gründe die Gewinnerwartun- gen nach einer gewissen Zeit nicht eintreffen, dann käme es in diesem Modell zu einem Rückgang der Inve- stitionen. Ein Konjunktureinbruch wäre somit nicht auszuschließen. Der Vermögen-Gewinn-Nexus: Das New-Economy-Modell unterstellt, dass die an der Börse vorgenom- mene Bewertung von Anteilsscheinen am Produktivvermögen in einem engen Zusammenhang mit den Gewinnerwartungen der betreffenden Unternehmen steht. Langfristig mag dies zutreffen, doch gehört die Hoffnung auf Kursgewinne und nicht nur auf Dividenden zu den wesentlichen Motiven zur Teilnahme an der Börse. Deshalb fließt in die Anlageentscheidung auch eine Abschätzung der Gewinneinschätzungen der anderen Marktteilnehmer ein. Aus einzelnen rationalen Entscheidungen kann es so zu einem in Bezug auf die Ertragsstärke der Anlageobjekte irrationalen Herdenverhalten der Anleger kommen (Shiller 2000a). Mithin muss aus systematischen Gründen mit zyklischen Schwankungen der marktförmigen Vermögens- bewertung gerechnet werden, die sich im Falle einer Baisse insbesondere auf den Vermögen-Konsum- Nexus negativ auswirken. Der Vermögen-Konsum-Nexus: Gleichfalls ist die Annahme, dass Vermögenszuwächse die Konsumnei- gung erhöhen, sehr voraussetzungsvoll. Steigende Aktienkurse schaffen keine realen Einkommensströme, sondern erhöhen lediglich die Kurswerte. Vielmehr wirken sich steigende Aktienkurse auf die Güterwirt- 39 schaft im wesentlichen nur psychologisch aus. Es ist nur dann mit nennenswerten psychologischen Aus- wirkungen zu rechnen, wenn die Kurssteigerungen außerordentlich hoch ausfallen und sie mehr oder weni- ger als dauerhaft angesehen werden würden (Bluestone 1999). Die unsicheren Kausalitäten dieser drei Zusammenhänge lassen zyklische Schwankungen im Modell der New Economy wahrscheinlich sein. Im Jahre 2000 kam es tatsächlich in allen drei dieser Zusammenhänge zu Störungen. Im Investitionen-Gewinn-Nexus enttäuschten nicht nur die sogenannten „dot.com” Firmen die Gewinnerwartungen der Finanzanalysten sondern auch ein breites Spektrum der börsennotierten Unternehmen (Fuerbringer 2001). Im Vermögen-Gewinn-Nexus drohten die Kurse nun umgekehrt ins Bodenlose zufallen. Die dadurch ausgelösten Kursverluste bremsten die Konsumneigung und zwar vor allem der vermögenderen Haushalte (Uchitelle 2000). Ebenso ungesichert ist das empirische Fundament der New-Economy-These, insbesondere hinsichtlich der Produktivitätsentwicklung. Lange galt für die USA das Diktum, Computer seien überall zu finden, außer in den Produktivitätsstatistiken. Erst in den letzten Jahren weisen die Produktivitätsstatistiken Wachstumsraten auf, die an die sechziger Jahre anknüpfen. Autoren aus unterschiedlichen Forschungstraditionen haben die Zunahme des Produktivitätswachstum als Durchbruch eines neuen Produktionsparadigma auf Basis billiger Informationen gedeutet. In Analogie zu technologischen Sprüngen in der Vergangenheit (z. B. Erfindung und Verbreitung des Elektromotors) hätte es einer längeren Lernphase im Umgang mit der neuen Technik bedurft, die gegen Ende der neunziger Jahre weitgehend zum Abschluss gekommen sei. Die optimale Nut- zung des Computers sei erst mit Entstehung des Internets gegeben gewesen (David/Wright 1999; Castells 2000). Traditionelle Produktivitätsexperten betrachteten jedoch die Euphorie über die Produktivitätszu- wächse mit Skepsis. Sie wiesen darauf hin, dass die jährliche durchschnittliche Zuwachsrate während des Clinton-Booms (4.Quartal 1995 – 4.Quartal 1999) von 2,82 Prozent kaum über der durchschnittlichen Zuwachsrate von 2,63 Prozent im Zeitraum von 1952 bis 1972 gelegen hätte (Gordon 2000: Tabelle 2), dass die Produktivitätszuwächse nur in den letzten Jahren des langen Aufschwungs über denen der westeu- ropäischen und japanischen Konkurrenz lagen (Pitz 2000), dass sich die hohen Produktivitätszuwächse vor- nehmlich auf den relativ kleinen Sektor Informationstechnologien (der Anteil von Computern am gesamten Kapitalstock lag 1998 unter einem Prozent; Oliner/Sichel 2000) beschränkten. Für langlebige Konsumgüter lag das jährliche Produktivitätswachstum lediglich bei durchschnittlich 1,8 Prozent (Gordon 1999: Tabelle 1). Die Produktivitätszuwächse im Sektor Informationstechnologien könnten zudem durch die Verwendung eines „hedonistischen” Preisindex statistisch vergrößert worden sein. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass die bisherigen Methoden der Produktivitätsbemessung im Dienstleistungssektor die dortigen Zuwäch- se umgekehrt systematisch unterschätzen (Dean 1999). Für Deutschland wurde ebenfalls eine statistische Überzeichnung der Produktivitätstrends festgestellt (Grömling 2001). Robert Gordon führte zudem plausible Gründe an, warum die Computerrevolution nur begrenzt als gesamtwirtschaftlicher Wachstumsmotor taugen würde. Insbesondere wecke der Computer kaum neue Bedürfnisse, sondern diene vornehmlich der Rationalisierung. Außerhalb des verarbeitenden Gewerbes hätte selbst das Internet nur einen geringen Beitrag zur Produktivitätssteigerung geleistet, da der Gebrauch des Internets zumeist lediglich andere Formen von Unterhaltung und Informationsbeschaffung ersetze und fast ausschließlich zu Lasten bisheriger Verkaufsformen ginge. Deshalb würde vornehmlich zur Verteidigung von Marktanteilen ins Internet investiert (2000: 6). Zudem ist noch nicht hinreichend untersucht worden, ob neben der informations-technischen Revolution nicht auch andere Faktoren die Produktivitätszuwächse ermöglichten, wie einerseits die Einführung eines „schlanken” Managements (Fujimoto 200; Lippert 2000) und die Verlagerung von arbeitsintensiven Pro- duktionsschritten (Lüthje 2001a; Sturgeon 2000) und andererseits das Wirtschaftswachstum selbst. Die tra- ditionell weitgehend gleichlaufende Entwicklung von Wirtschaftswachstum und Produktivität (Ausnahme: Engpässe in der Produktion) wurde durch den kürzlich einsetzenden Wirtschaftsabschwung wieder ein- 40 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 drucksvoll bestätigt: Im 1. Quartal 2001 kam es zu einem Produktivitätsrückgang für die gesamte Privat- wirtschaft in Höhe von 0,4 Prozent im Jahresdurchschnitt, in der verarbeitenden Industrie fiel das Produkti- vitätswachstum auf 0,3 Prozent (BLS 2001). Diese Entwicklung legt nahe, dass die vergleichsweise hohen Produktivitätszuwächse der letzten Jahre außerhalb des Sektors der Informationstechnologien maßgeblich durch den starken Anstieg der Nachfrage verursacht wurden. 2.1.2 Alternative Erklärung Somit stellt sich die Frage, ob nicht alternative Erklärungen für den langanhaltenden Wirtschaftsaufschwung unter der Clinton-Regierung zutreffender sind. In der Literatur finden sich einige, miteinander kompatible Erklärungen. Robert Brenner weist vor allem auf die deutlich gestiegenen Profite nach Überwindung der Bush-Rezession (1989-1991) hin. Die Profitabilität der Unternehmen sei aufgrund starker Lohnzurückhal- tung, der Einführung von Lean Management, massiver steuerlicher Entlastungen sowie des Abbaus von Schulden beim gleichzeitigen Rückgang des Zinsniveaus gestiegen. Zu Beginn des Clinton-Booms hätte ein schwacher Dollar die Auslandsnachfrage stark ansteigen lassen, danach sei der Nachfrageimpuls aus dem Inland gekommen. Zu diesem Impuls hätten niedrige Zinsen, eine hohe Verschuldungsbereitschaft und übertriebene Erwartungen in den Einsatz neuer Informationstechnologien beigetragen (Brenner 2000). Bei anderen Autoren steht die Zunahme der privaten Verschuldung noch stärker im Mittelpunkt der Erklärun- gen. So betont Trevor Evans, dass die Nettokreditaufnahme der Unternehmen von etwa null Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) anfangs 1992 auf 6 Prozent im Jahr 2000 angestiegen ist. Die Verschuldung der Haushalte erhöhte sich im selben Zeitraum von 62 Prozent des BIP auf 70 Prozent (Evans 2001: 35). Entsprechend fiel die Sparquote der privaten Haushalte im Jahre 2000 in den negativen Bereich (Pitz 2000: 5). Das mangelnde Sparen der Unternehmen und der privaten Haushalte wurde nur durch die Sparaktivitä- ten des amerikanischen Staates begrenzt. Die Lücke füllte das Ausland: im Jahre 2000 erreichten die Net- tokapitalzuflüsse in die USA eine Höhe von über 4 Prozent des BIP (Evans 2001: 40). Da sich im Vergleich zu den achtziger Jahren das Investitionsvolumen nicht erhöht hat (Pitz 2000: Chart 4), finanzierte das Aus- land in den letzten Jahren wohl eher den Konsum als die Investitionen. Die vergleichsweise geringen Inflationsraten sind nicht allein der günstigen Produktivitätsentwicklung geschuldet. Die weitgehend liberalisierten Gütermärkte hielten die Inflation unter Kontrolle, und zwar durch einen Fall der Importpreise (vom 3. Quartal 1995 bis zum 1. Quartal 1999 um durchschnittlich 6,4 Prozent pro Jahr, wobei dieser Fall zu 70 Prozent von Nicht-Öl-Gütern bewirkt wurde, Rich/Rissmiller 2000: Anm. 7), durch Konkurrenzdruck und durch die Bereitstellung zusätzlicher Produktionskapazitäten, durch die Eng- pässe vermieden wurden (Greenspan 2000). Die Kehrseite dieser Öffnung des eigenen Marktes waren allerdings wachsende Handelsbilanzdefizite, die für 2000 auf über 450 Mrd. US-Dollar geschätzt werden und somit auf etwa 4 Prozent des US-amerikanischen Bruttosozialproduktes angewachsen sind (Bureau of Economic Analysis/U.S. Census, January 2. 2001). Gegen Ende des Wirtschaftsaufschwungs kam es dann doch zu einem beschleunigten Preisauftrieb. Die neuen Inflationsgefahren waren einerseits dem raschen, die Produktivitätssteigerungen übertreffenden Wirtschaftswachstum, und zum anderen der begrenzten Elastizität der Rohstoffmärkte geschuldet (FRB 1999; Ölpreise verdoppelten sich von Mitte 1999 bis Mitte 2000, BOC 2000). Diese Entwicklungen weisen darauf hin, dass in der New Economy aufgrund der irrational exuberance der Börsen, die Gefahr einer kon- junkturellen Überhitzung nicht gebannt ist. Ferner zeigte es sich, dass auch die New Economy trotz der informationstechnologischen Revolution von der billigen Zufuhr von Rohstoffen abhängig ist. In der Bereitschaft ausländischer Wirtschaftssubjekte, den US-amerikanischen Aufschwung zu finanzieren, könnte die Singularität des US-Aufschwunges begründet sein. Alle anderen Länder mitsamt ihren Wirt- schaftssubjekten verfügen nicht über ein derart hohes Vertrauen der internationalen Geldvermögensbesit- zer in ihre Zahlungsfähigkeit. Dafür bestehen trotz des Herdentriebs der Finanzmarktakteure auch objekti- 41 ve Gründe: Das fehlende Devisenaufbringungsproblem (die Wirtschaftssubjekte der USA sind in ihrer eige- nen Landeswährung verschuldet) und die größenbedingte hohe Liquidität des US-Marktes (die einen raschen Marktaustritt verspricht). Allerdings, so lehrt die Vergangenheit, ist dieses Vertrauen nicht grenzen- los. In den Jahren 1971-73, 1979 und 1985 kam es zu massiven Kapitalrückflüssen, die zu drastischen Abwertungen des US-Dollars führten (Scherrer 1999: 185-234). In diesen alternativen Erklärungen kommen der New-Economy-These zwei andere Bedeutungen zu. Zum einen wird sie als Begründungsfigur für die vom Zentralbankchef Alan Greenspan betriebene wachstum- sorientierte Zinspolitik gesehen. Indem Greenspan unter Bezugnahme auf die New-Economy-These trotz sinkender Arbeitslosigkeit das Zinsniveau weiter senkte, begünstigte er im Sinne einer sich selbst erfüllen- den Prophezeiung die Fortsetzung des Wirtschaftsaufschwunges. Dass sich die US-amerikanische Geldpo- litik im Vergleich zur europäischen Geldpolitik deutlich wachstumsorientierter verhalten hat, ist allgemein anerkannt (vgl. Palley 1999, Flassbeck 2000b). Zum anderen hat die New-Economy-These den Glauben an einen langanhaltenden Börsenboom verstärkt, der sich wiederum positiv auf das Wirtschaftswachstum aus- wirkte (Shiller 2000a). 2.2 Jobwunder In den letzten fünf Jahren waren in den USA prozentual deutlich weniger Personen arbeitslos, lag der Anteil der Erwerbstätigen an der Erwerbsbevölkerung signifikant höher und zugleich war das Beschäftigungsvo- lumen pro beschäftigter Person im Jahresdurchschnitt markant höher als in Deutschland. Ein Vergleich der statistischen Erhebungsmethoden und die Berücksichtigung zeitlich divergenter Konjunkturzyklen relativiert allerdings den beschäftigungspolitischen Erfolg der USA gegenüber Deutschland, hebt ihn jedoch nicht auf (Sorrentino 2000; Mishel et al. 1997). Allein die Berücksichtigung der Deindustrialisierung Ostdeutschlands im Zuge der Wiedervereinigung würde für Deutschland die Lücke gegenüber den USA schließen, nicht allerdings für viele andere westeuropäische Länder. Als Erklärung für die günstige Arbeitsmarktentwicklung wird vielfach die hohe Flexibilität des amerikani- schen Arbeitsmarktes angeführt, die in einer hohen Mobilität der Arbeitskräfte, nur schwach ausgebautem Kündigungsschutz, geringen Lohnersatzleistungen sowie einem niedrigen gewerkschaftlichen Organisati- onsgrad ihren Ausdruck findet. Damit bestünden zum einen starke Anreize zur Aufnahme von Arbeit. Zum anderen seien die Reallöhne angesichts der schwachen Verhandlungsposition der Arbeitnehmer unter den amerikanischen Arbeitsmarktbedingungen nur geringfügig gestiegen und erlaubten daher einen profita- blen Einsatz des Faktors Arbeit (Lapp/Lehment 1997) Die These vom beschäftigungspolitischen Erfolg aufgrund höherer Arbeitsmarktflexibilität hat vielfachen Überprüfungen nicht standgehalten. Erstens ist der deutsche Arbeitsmarkt nicht durchgängig rigider als der US-amerikanische (Ganßmann/Haas 1999). Zweitens sind die Lohnstückkosten in den USA stärker gestie- gen (Flassbeck 1998). Drittens kann die höhere Arbeitslosigkeit in Westeuropa nicht auf das hohe Lohn- niveau gering qualifizierter Arbeitskräfte zurückgeführt werden. Wenn dem so wäre, hätte deren Arbeits- losigkeit gleichmäßig stärker ansteigen müssen, was jedoch nicht der Fall war. Ebenso ist die These nicht haltbar, dass die weitgehend konstant gebliebene Lohnspreizung Westeuropa davon abgehalten hätte, sich an eine Veränderung der Nachfrage zu Gunsten höher qualifizierter Arbeitskräfte anzupassen. Würde die- ses Argument stimmen, dann hätte die Arbeitslosigkeit unter den geringqualifizierten Arbeitskräften zunehmen und unter den höher qualifizierten Arbeitskräften abnehmen müssen. Doch auch unter höher qualifizierten Arbeitskräften nahm die Arbeitslosigkeit zu, wobei sich insgesamt das Verhältnis von qualifi- zierten zu unqualifizierten Arbeitskräften in der Arbeitslosenstatistik kaum veränderte (Krueger/ Pischke 1997). Viertens können die höheren Kosten bei der Auflösung der Arbeitsverhältnisse die europäische Arbeitslosigkeit weder theoretisch noch empirisch erklären. Deren Beschäftigungseffekte sind neutral, sie 42 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 dämpfen allein die zyklischen Ausschläge der Beschäftigungsentwicklung (Bentolila/Bertola 1990). Fünftens kann festgestellt werden, dass, obgleich auf beiden Seiten des Atlantiks die Arbeitsmärkte in den letzten Jahrzehnten flexibler wurden, heute die Arbeitslosenquoten über dem Stand der fünfziger und sechziger Jahren liegen (Palley 1999). Aufgrund des insgesamt niedrigeren Produktivitätsniveaus der US-Wirtschaft im Vergleich zur deutschen Wirtschaft verteilt sich das Wachstum in den USA auf mehr Erwerbstätige. Dies bedeutet zusammen mit einer deutlich höheren Lohnspreizung signifikant niedrigere Löhne für gering qualifizierte Arbeitskräfte in den USA (Werner 1999). Wie bereits in Bezug zur New Economy diskutiert, sehen eine Reihe von Autoren vielmehr im günstigen, wachstumsorientierten makroökonomischen Klima eine wesentliche Erklärung für die positive Beschäfti- gungsentwicklung in den USA. Mit einer kurzzeitigen Ausnahme hätte sich die US-amerikanische Geldpo- litik seit Mitte der achtziger Jahre antizyklisch verhalten, während die europäische Geldpolitik nicht nur restriktiver sondern auch prozyklisch ausgefallen sei. Zusammen mit einer ebenso tendenziell prozyklischen Fiskalpolitik hätte die europäische Geldpolitik zu einem deutlich höheren Zinsniveau geführt und einer ent- sprechend höheren Arbeitslosigkeit. Die restriktivere Politik in Europa war insbesondere Folge der Globali- sierung wirtschaftlicher Aktivitäten, sodass Volkswirtschaften, die nicht über einen Markt in der Größe der USA verfügten, nur mittels internationaler Übereinkommen einen expansiven Wirtschaftskurs einschlagen könnten (Palley 1999; Flassbeck 1998). Hinzu kommt noch die Bereitschaft ausländischer Vermögensbesit- zer das US-amerikanische Wirtschaftswachstum mitzufinanzieren (s.o.). Die Tatsache, dass die höhere Erwerbsquote in den USA fast ausschließlich auf die höhere Frauenerwerb- stätigkeit zurückzuführen ist, stellt die gängige Behauptung, dass eine vermehrte Frauenerwerbstätigkeit allein auf Kosten der Erwerbstätigkeit von Männern geht, in Frage. Die Beschäftigung von Frauen führt zu beschäftigungsinduzierenden höheren Haushaltseinkommen und vor allem zu einer verstärkten Inan- spruchnahme von Dienstleistungen, die zuvor im Haushalt erbracht worden sind (Bianchi 1999; Häuser- mann 1999). Die in den USA vorherrschende marktförmige Organisierung von Dienstleistungen hat zu einer starken sozialen Polarisierung geführt. Während gutausgebildete Frauen Anschluss an das Einkommensniveau von Männer fanden, müssen viele andere als schlecht bezahltes Verkaufspersonal oder in den sozialen Dienst- leistungen arbeiten (Bianchi 1999). Viele Ökonomen weisen darauf hin, dass das hohe amerikanische Beschäftigungswachstum stark von einer Zunahme der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter gespeist wird, wozu neben der jüngeren Altersstruktur auch eine starke Zuwanderung beitrug. Zugespitzt wird diese These von Alan Krüger und Jörn-Steffen Pischke vorgetragen, die das Jobwunder der USA fast ausschließlich auf die hohe Immigration zurückführen und explizit der Lohnspreizung keine Erklärungskraft zusprechen (Krüger/Pischke 1997). Eine umfassende Bestandsaufnahme der bisherigen Forschung zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Immigration gab das National Research Council in Auftrag. Diese ergab, dass sich die Immigration insge- samt positiv auf die Löhne und die Beschäftigung der einheimischen Arbeitskräfte ausgewirkt hat. Immi- granten erhöhten das Arbeitskräfteangebot in den USA um ungefähr 4 Prozent in den achtziger Jahren. Dadurch wirkten sie dem verlangsamten Wachstum der US-amerikanischen Erwerbsbevölkerung entgegen (NRC 1997). Die relativ geringen Löhne der Immigrantinnen hatten ferner zu einem niedrigen Preisniveau vieler Waren und Dienstleistungen beigetragen, durch das ein höheres Konsumniveau ermöglicht wurde. Dieses erhöh- te wiederum die Nachfrage nach Arbeitskraft und damit auch die Löhne. Obgleich diese Auswirkungen kaum genau bestimmt werden können, geht die Analyse des National Research Council davon aus, dass 43 die Immigranten das durchschnittliche Gesamteinkommen der einheimischen Erwerbspersonen um minde- stens eine Milliarde bis hin zu 10 Milliarden US-Dollar pro Jahr erhöhten (NRC 1997). Diese optimistische Sichtweise wird insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen auf gering qualifizierte Arbeitskräfte durch Studien von George Borjas (Borjas et al. 1997) und Steve Camarota (1999) in Frage gestellt. Eine weitere Übersichtsstudie zum Stand der diesbezüglichen Forschung ergab, dass die Ergebnis- se stark von den Untersuchungsmethoden abhängen und die derzeitige Datenlage auch keine gesicherten Ergebnisse zulässt. Studien auf nationaler Ebene würden tendenziell für gering qualifizierte Arbeitskräfte Lohneinbußen aufgrund der Immigration feststellen, während Studien lokaler Arbeitsmärkte eher positive Auswirkungen der Immigration auf Beschäftigungsmöglichkeiten und Einkommen gering qualifizierter Arbeitskräfte ermitteln. Vor allem sei es noch nicht recht gelungen, andere Einflüsse, wie beispielsweise Rationalisierungen im verarbeitenden Gewerbe, von möglichen Effekten der Immigration abzugrenzen. Die Autoren dieser Studie vermuten deshalb, dass Lohneinbußen für gering qualifizierte Arbeitskräfte einen grundlegenden „strukturellen” Effekt reflektieren, nämlich die Restrukturierung der Wirtschaft, aufgrund derer alle geringqualifizierten Arbeitskräfte, ob einheimisch oder zugewandert, an Boden verloren hätten (Grenier/Cattan 1999). Zum Schutz der geringqualifizierten einheimischen Arbeitskräfte, so argumentieren einige Autoren, sei es notwendig die bisherige Einwanderungspolitik der USA stärker an den Qualifikationen der Immigranten zu orientieren (Camarota 1999; Duleep/Wunnava 1996). Die Frage, ob Emigranten, die aufgrund ihrer Qualifi- kationen aufgenommen werden, tatsächlich leistungsfähiger als Emigranten sind, die auf Grund ihrer Fami- lienbande ins Land kommen, wird allerdings von der diesbezüglichen Forschung verneint. Die Integrations- chancen durch eine familienbezogene Aufnahme seien größer, weil die Familie eine Quelle der finanziellen und moralischen Unterstützung sowie für die Arbeitsplatz- und Wohnungssuche eine wichtige Informati- onsquelle sei. Qualifikationen führten häufig zu Unterbeschäftigung und Einkommenstagnation, während Berufsanfänger, die mit geringen Löhnen anfangen, häufig hohen Lohnzuwachs verzeichnen können (Lowell 1996). Auch der Vergleich mit Kanada, wo trotz einer qualifikationsbezogenen Einwanderungspo- litik das durchschnittliche Qualifikationsniveau der Einwanderer unter dem der USA liegt, stellt die gängige Hypothese, dass eine qualifikationsbezogene Einwanderungspolitik zu einer beruflich qualifizierteren Immi- grantenbevölkerung führt, in Frage (Reitz 1998: 22). Vom US-amerikanischen Jobwunder haben vor allem höher qualifizierte Arbeitskräfte profitiert. Dieses Phä- nomen wird mit dem in den USA beschleunigt vollzogenen Übergang von der Industriegesellschaft zur Wis- sens- und Informationsgesellschaft in Verbindung gebracht. Auch das günstige Klima für Firmenneugrün- dungen hätte dazu beigetragen (Naschold 1997; Krüger/Pischke 1997). 44 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 45 3. Digitale Revolution und Unternehmensstrategien Die neunziger Jahre waren das Jahrzehnt der Restrukturierung und des Wandels industrieller Strukturen und der sprunghaften Entwicklung digitaler Technologie, die zunächst in der `New Economy´, aber gegen Ende des Jahrzehnts auch zunehmend in den Unternehmen der `Old Economy´ Einzug hielt. Der Wandel indu- strieller Strukturen fand auf verschiedenen Ebenen statt. Die Internationalisierungsbestrebungen vieler Unternehmen, mehr und mehr auch mittelständiger, hat zu neuen, verzweigten und zergliederten Unter- nehmungen geführt. Unter die Begriffe der Netzwerkbildung und Dezentralisierung der Unternehmen- stätigkeiten lassen sich viele Entwicklungen auf unternehmensstruktureller Ebene fassen. Die Produktions- organisation unterliegt unmittelbar den Auswirkung dieser Unternehmensstrategien. Doch die entscheidende Variable in diesem Prozess ist die Innovation der digitalen Technologie. Sie ist die Schlüs- seltechnologie, Triebkraft und das Rückgrad der fundamentalen Veränderungen der Produktionsordnung. Ausgehend von den Entwicklungen und Trends des letzten Jahrzehntes erhebt sich die Frage nach dem Ausblick für das erste Jahrzehnt in diesem Jahrhundert. Im folgenden sollen einige neue Trends und mög- liche Entwicklungen in Bezug auf Unternehmensstrategien im Lichte digitaler Technologien aufgezeigt wer- den. Trends sind nie reiner Natur, es gibt immer auch Gegentrends und Abweichungen, die auf unterneh- mensspezifische oder historische Entwicklungen zurückzuführen sind, oder schlicht als Gegenreaktion auf den Mainstream zu deuten sind. Dennoch fördern die verallgemeinerten Kapitalverwertungsbedingungen gemeinsame Trends zu Tage, deren Ausgangszeitpunkt oft ungenau bleibt, aber trotzdem als neue Trends identifiziert werden müssen, weil sie nachhaltige Veränderungen mit sich bringen. 3.1 Unternehmensmodelle und -strategien Im letzten Jahrzehnt haben sich Unternehmensstrukturen, Produktions- und Arbeitsorganisation nachhaltig ver- ändert. Die digitale Technologie ist Schlüsseltechnologie und Rückgrad dieser Transformation. Fusionen und Akquisitionen, globale Kooperationen und Expansion sind Ausdruck und Motor verschärfter internationaler Kon- kurrenz. Vor diesem Hintergrund, inspiriert durch die InfoCom Industrie Silicon Valleys Ende der achtziger Jahre, hat sich ein Paradigmenwechsel in den zentralen Branchen der industriellen Produktion vollzogen ( Naschold et al. 1999: 1). Im Focus stehen hierbei vor allem die Automobil-, Elektro- und Kommunikationsindustrie. Die ver- schärfte Konkurrenzsituation hat die Anforderungen an alle Unternehmensakteure erhöht. Ständige Kosten- senkung durch Skaleneffekte (Economies of Scale), Bedienung neuer Home Markets durch Dezentralisierung und Verlagerung der Produktion und anderer Unternehmensfunktionen, die Erweiterung und Flexibilisierung der Produktpalette (Economies of Scope) und beschleunigte Innovations- und Produktzyklen (Hirsch-Kreinsen 1998a: 20) fordern die Mobilisierung aller Capital and Human Resources. Unter der Prämisse der Produktivitäts- und Pro- fitabilitätssteigerung verlangt das moderne Unternehmenskonzept eine flexible, prozessorientierte Unterneh- mensorganisation mit flachen Hierarchien. Das lernende Unternehmen, eine marktangepasste, selbststeuernde Organisation wird angestrebt (Bierbaum 2000:148). Das neue Paradigma unternehmerischer Tätigkeit heißt Flexibilität: Flexibilität der Unternehmensstruktur, Flexibilität der Produktionsorganisation, Flexibilität der Arbeitsorganisation, Flexibilisierung der Produktpa- lette, Flexibilität hinsichtlich Markterfordernissen und Kundenwünschen. 3.1.1 Globalisierungsstrategien und Unternehmensarchitekturen Die Internationalisierungsstrategien der Unternehmen unterliegen einem Wandel. Bis in die achtziger Jahre preferierten die Unternehmen eine Exportstrategie, um sich Marktanteile in verschiedenen Regionen der Welt zu erschließen oder eine multinationale Strategie, einen Unternehmensverbund mit ausländischen Töchtern. Seitdem sehen wir eine Veränderung der Unternehmensstrategien hin zu einer a) globalen Stra- tegie und b) transnationalen Strategie. Vorreiter der neuen Entwicklungen waren die großen japanischen 46 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Unternehmen der Elektronik- und Automobilbranche, die vorzugsweise eine globale Strategie verfolgten. Sie ist durch den Aufbau von ausländischen Produktionsstätten (Transplants) mit weltweit standardisierter Produktion und Produkten, einer verringerten Fertigungstiefe, Nutzung regionaler, länderspezifischer Kostenvorteile und dem Aufbau globaler Zulieferbeziehungen gekennzeichnet (Hirsch-Kreinsen 1998a: 21- 22). Diese globale Strategie nutzte vor allem die Economies of Scale-Effekte. Die transnationale Strategie hingegen charakterisiert eine netzwerkartige Unternehmensstruktur mit starkem regionalen Bezug hin- sichtlich Produkt- und Produktionsstrategien. Standardisierung, Zentralisierung der Forschungs- und Ent- wicklungsfunktionen sowie die Beschaffung haben nachgeordnete Bedeutung. Der Konkurrenzvorteil die- ser Unternehmensstrategie ist die Marktnähe, einschließlich der Nutzung von regionalen- technologischen- und Arbeitskräfteressourcen und entsprechender Economies of Scope-Effekte. Das Motto dieser Strategie ist „think global act local” (Hirsch-Kreinsen 1998a: 28). Ein nicht zu vernachlässigendes Motiv für die Inter- nationalisierungsstrategien der Unternehmen ist der Aufbau einer dominanten Stellung in bestimmten Marktsegmenten und Weltmarktregionen. Die Tendenz zur globalen Oligopolisierung bezweckt den Aus- bau von Marktmacht hinsichtlich standardsetzender Technologien und Produktkonfigurationen, bietet aber auch die Möglichkeit economy of Scale-Effekte noch besser nutzen zu können. Die Dezentralisierung von Unternehmensstrukturen und Aktivitäten wird oftmals als genereller Trend und neue historische Entwicklungsphase gesehen (Hirsch-Kreinsen 1998b: 38). Der Wandel der Unternehmens- strategien spiegelt sich auch in dem Unternehmensmodell des Wintelismus7, das den Paradigmenwechsel von einem tayloristisch-fordistisch geprägten Produktionsmodell hin zu einem von der digitalen Technolo- gie getriebenen Modell beschreibt (Naschold et al.1999: 2-5). Borrus und Zysman haben in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre den Begriff des Wintelismus geprägt. Zusammen mit den sich entwickelnden länderübergreifenden Produktionsnetzwerken (Cross-national Production Networks) sehen sie den Winte- lismus als Treiber des strukturellen Wandels vieler Industrienzweige (Borrus/ Zysman 1997: 1-2). War das tayloristisch-fordistische Produktionsmodell von hierarchischen Strukturen, einem hohen Grad vertikaler Integration und einer hohen Differenzierung zwischen den Fachbereichen bestimmt, so ist das wintelisti- sche Modell durch produktlinienintegrierte Funktionsintegration, projektorientierte, cross-funktionale Pro- duktenstehung, Transformation von Geschäftsprozesse durch Inter- Intra- und Extranet und der zentralen Dominanz strategischer Komponentenhersteller charakterisiert (Naschold et al. 1999: 2-5). Die High-tech Industrie Silicon Valleys ist die Geburtsstätte des wintelistischen Unternehmensmodells. Es manifestierte sich in der zweiten Hälfe der achtziger Jahre, erstens durch einen Innovationsschub, der kostengünstige, vernetzbare, mikroprozessor-basierende Elektronikprodukte, die Personal Computer auf den Markt brachte und zweitens durch eine massive Outsourcing -Welle von Dienstleistungen auf sogenannte contract servi- ces und kompletter Produktion auf sogenannte contract manufacturers8 (Borrus/Zysman 1997: 7; Lüthje 2001a: 86). Dadurch wurde die bisherige Wertschöpfungskette radikal desintegriert und es bildeten sich hochsegmentierte und flexible, horizontale und vertikale Wertschöpfungsnetzwerke heraus (Naschold et al. 1999: 3-6; Borrus/Zysman 1997: 2). Die neue Form der vertikalen Wertschöpfung ist begründet in dem neuen Verhältnis zwischen Endfertigern (z.B. IBM, Compaq), den Produzenten von Schlüsselkomponenten ( z.B. Intel) und den Herstellern von Betriebssystemen (z.B. Microsoft). Die Marktmacht hat sich eindeutig Richtung Betriebssystemhersteller verschoben. Sie sind in Besitz der faktisch standardsetzenden Technolo- gie (Borrus/Zysman 1997: 8; Naschold et al. 1999: 6). Setzte sich dieses Modell auch in weiten Teilen der Old Economy durch, wovon Borrus und Zysman ausgehen, hätte dies weitreichende Folgen für die Indu- striestruktur und ihre hegemonialen Verhältnisse, insbesondere im Automobilbau. 7 Wintelismus: Akronym für die standardsetzende Technologie des Betriebssystemherstellers Microsoft mit seinem Betriebssystem Win- dows und der Dominanz des Komponenten- / Chipherstellers Intel. 8 Contract Manufacturer wird mit Auftragsfertiger übersetzt. Das sind in der Regel no-name Unternehmen, die in der Lage sind im Auf- trag von Markenunternehmen Produkte vollständig zu fertigen. 47 Die Internationalisierung der Unternehmensaktivitäten durch Zukäufe, Kooperationen, Allianzbildung oder Neuaufbau von Unternehmensteilen sowie die Reduzierung der vertikalen Integration durch Outsourcing strategisch unbedeutenderen Aktivitäten führt zu globalen Netzwerkunternehmungen und zielt auf einen hohen Grad strategischer Flexibilität (Renneke 1999: 20). Unter strategischer Flexibilität versteht Renneke den Aufbau flexibler Strukturen bei Produktion, Produktentwicklung und Produktarchitektur (Modulartech- nik), die das Unternehmen in die Lage versetzen, sich schnell neuen Technologie- und Markterfordernissen anzupassen zwecks voller Ausschöpfung von Flexibilisierungspotentialen mit entsprechend höherer Profi- tabilität und besseren Marktchancen. Renneke hält die Allianzbildungen für die vorherrschende Globalisie- rungsstrategie und schreibt diesen globalen Netzwerkunternehmungen auch die höchste Flexibilität sowohl im strategischen als auch operativen Sinne zu. Sie haben den Vorteil in einem relativ losen Verbund gemein- same Technologie- Ressourcen- und Marktvorteile zu nutzen (Renneke 1999: 20-24). Köppen sieht zwei zentrale Treiber der internationalen Netzwerkbildung. Ausländische Direktinvestitionen durch den Aufbau neuer Kapazitäten oder Unternehmenszukäufe, in Folge dessen die komplexe Integration zur Neugliede- rung des Unternehmens führt, können als intern-getriebene Netzwerkbildung bezeichnet werden. Interna- tionale Netzwerkbildung durch Zergliederung der Wertschöpfungskette und Outsourcing entspricht einer extern-getriebenen Internationalisierungsstrategie und Netzwerkbildung (Köppen 1999: 85-86). In den „enormen Rentabilitätssteigerungen, die durch Größenvorteile mobilisiert werden können, wenn bestimmte Produktbereiche auf einzelne unternehmensexterne oder interne Standorte konzentriert wer- den” (Köppen 1999: 86) sieht Köppen den Hauptgrund für einen auch weiterhin anhaltenden Trend zur Internationalisierung der Produktion. Mit der Bildung von Unternehmensnetzwerken geht in der Regel eine Dezentralisierung der Unterneh- mensaktivitäten einher. Dezentralisierung bedeutet die „Segmentierung einstmals zentral gebündelter, gleichartiger Aufgaben und Zuständigkeiten und deren Verlagerung auf neudefinierte organisatorische Subeinheiten.” (Tullius 1999: 66) In der Organisationslehre ist Dezentralisierung als die „Verlagerung von Kompetenzen jedweder Art von einer zentralen Unternehmensinstanz auf ausführende Stellen” definiert (Hirsch-Kreinsen 1998: 40). Zweck der Dezentralisierung ist „die den kleineren organisatorischen Einheiten, Segmenten oder ,Fraktalen’ zugeschriebenen Flexibilitäts-, Qualitäts-, Kosten- und Zeitvorteile auch für große Unternehmen zu nutzen, ohne im Gegenzug mit deren Größe verbundenen Vorteile (economies of scale, Synergien, Kapitalausstattung usw.) zu verlieren.” (Tullius 1999: 67) Dezentralisierung findet auf verschiedenen Ebenen statt. Dabei können drei Ebenen unterschieden werden: a) die unternehmensorga- nisatorische Ebene, b) die betriebsorganisatorische Ebene und c) die arbeitsorganisatorische Ebene. Die unternehmensorganisatorische Dezentralisierung zeichnet sich durch Konzern- und Managementholdings- trukturen aus, deren Unternehmensteile größtenteils rechtlich unabhängig sind, jedoch kapitalmäßig eng verflochten. Auf der betriebsorganisatorischen Ebene kennzeichnet Dezentralisierung den Abbau von Hier- archien und die Ersetzung objektbezogener Strukturen durch funktionsbezogene Strukturen. Die arbeitsor- ganisatorische Dezentralisierung umfasst unter anderem die Einführung von Gruppenarbeit, die Optimie- rung betrieblicher Prozesse durch kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP) oder Selbstorganisationskonzepte (Tullius 1999: 66-67). Im Gegensatz zu Tullius unterscheidet Hirsch-Kreinsen nur zwei Dezentralisierungsarten, eine strategische Dezentralisierung und eine operative Dezentralisie- rung, unter letzterer er sowohl die betriebs- als auch arbeitsorganisatorische Dezentralisierung fasst. Hier führt Hirsch-Kreinsen Umstrukturierungen zur Kompetenzverlagerung auf die Produktionsebene (Dehierar- chisierung) sowie Maßnahmen zur Reintegration von planender und durchführender Arbeit in Form von Gruppenarbeit, Qualitätszirkel, selbständiger Fertigungsinseln an (Hirsch-Kreinsen 1998b: 41-42). Die stra- tegische Dezentralisierung bezieht sich auf die Unternehmensgliederung, die maßgeblich durch Outsour- cing und veränderte Endhersteller-Zuliefer-Beziehungen bestimmt wird. 48 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 3.1.2 Steuerung dezentralisierter Unternehmensnetzwerke Globale, dezentralisierte Unternehmensnetzwerke stellen komplexe Gebilde dar, deren Unternehmenser- folg von einer effizienten Steuerung abhängt. Kernprobleme sind das Verhältnis zwischen zentraler Kon- trolle und Autonomie sowie zwischen Kooperation und Konkurrenz der verschiedenen Unternehmensteile (Hirsch-Kreinsen 1998b: 39). Entsprechend geht mit dem Wandel vom tayloristisch-fordistischen zum win- telistischen Unternehmensmodell eine neue Form der Unternehmenssteuerung und -kontrolle einher. Die früheren Kontroll- und Steuerungsmechanismen basierten auf einer ausgeprägten betrieblichen Hierarchie- struktur mit direktem und direktivem Charakter. Diese ist jedoch völlig unpraktikabel in einem auf vielen Ebenen dezentralisierten Unternehmensnetzwerk. Die Dezentralisierung der externen und internen Unter- nehmensorganisation verlangt zunehmend eine indirekte Kontextsteuerung, die Herausbildung organisati- onsinterner Märkte und funktionale Differenzierung (Hirsch-Kreinsen 1998b: 45-46). Oftmals findet man Matrixstrukturen vor, bei denen sich eine produkt- und marktbezogene Dimension mit einer funktionalen (z.B. Produktion) oder regionalen/nationalen Organisationsdimension ( z.B. Spartenaufteilung) überlappt (Hirsch-Kreinsen 1998b: 43-44). Die Strukturierung in Business Units, Profit- und Cost-Center kennzeichnet die betriebliche Ebene. Diese vergleichsweise trennscharfe Unternehmensstruktur ist Bedingung für die Steuerung und Kontrolle durch die Vermarktlichung der inner- und zwischenbetrieblichen Beziehungen. Sie erlaubt es dem Management die Vergleichbarkeit der Leistungsfähigkeit einzelner Unternehmensbereiche und Organisationseinheiten sowohl innerhalb des Unternehmens als auch mit der Konkurrenz. Strategische Zielsetzung, Renditezielvorgaben, kontinuierliches Benchmarking, Kennziffernsystem und Kostenbudgetie- rung sind die Hauptinstrumente indirekter (Kontext)steuerung (Hirsch-Kreinsen 1998b: 45-46; Pickhaus 2000: 7). Neben der indirekten Koordination bedienen sich die Unternehmensmanager einer weiteren Koordinationsmethode, dem sogenannten sozialintegrativen Koordinationsmechanismus. Hierunter wer- den vor allem neue Kommunikationsprozesse verstanden, wie das Konsensprinzip oder bargaining- Pro- zesse zur Aushandlung von Rendite-, Kosten- oder Produktivitätszielen innerhalb der Sparten, Bereiche, Cost-center oder Gruppen. Eine neue Managerrolle fällt ebenso darunter wie die Entwicklung neuer Unter- nehmensleitbilder oder unternehmensweiter Rationalisierungsprogramme unter Einbindung der Mitarbeiter (Hirsch-Kreinsen 1998b: 46-49). Ziel dieser Vermarktlichung ist die Transmission des Marktdruckes auf die verschiedenen Organisationsein- heiten bis hin zur Motivation des einzelnen Mitarbeiters durch eigenverantwortliches Handeln im Sinne übergeordneter ökonomischer Unternehmensziele (Tullius 1999: 67). Somit scheint nicht mehr die Unter- nehmensleitung den Zwang zur kontinuierlichen Verbesserung von Produktivität und Produktqualität zu erzeugen, sondern der Markt. Tullius unterscheidet zwischen einer „echten Vermarktlichung”, in der Unter- nehmensteile durch Outsourcing dem Markt unmittelbar ausgesetzt sind und der „Quasi-Vermarktlichung”, in der Betriebsteile und Beschäftigte mittels innerbetrieblicher marktähnlicher Steuerungsmechanismen wie globalem Benchmarking, Global Sourcing oder Renditeziel- beziehungsweise Leistungszielvorgaben dem Marktdruck unterworfen werden (Tullius 1999: 68-70). Die unmittelbare Vergleichbarkeit von Produktko- sten und -Qualität durch die Vermarktlichungsintrumente führt zu einem kontinuierlich wachsenden Kosten- und Prozessoptimierungsdruck. 3.1.3 Dysfunktionalitäten durch Dezentralisierung und Vermarktlichung Doch der Trend zur Dezentralisierung von Unternehmensstrukturen und der Vermarktlichung betriebsinter- ner Arbeitsbeziehungen ist nicht problemfrei und unumstritten. Auf der unternehmensstrukturellen Ebene stellt sich das Hauptproblem zwischen zentraler Kontrolle und dezentraler Autonomie, während die Frikti- onslinien hinsichtlich des unternehmenssteuernden Mechanismus zwischen interner Kooperation und Kon- kurrenz verlaufen (Hirsch-Kreinsen 1998b: 51). Außerdem können Dezentralisierung und Netzwerkbildung zu Kernkompetenzverlust durch damit verbundenes Outsourcing führen (Tullius 1999: 68). Renneke fügt 49 noch ein weiteres strukturelles Problem hinzu. Je größer und unterschiedlicher ein modular organisiertes Netzwerkunternehmen und seine Einheiten sind, desto schwieriger wird es Flexibilitätsvorteile zu nutzen ohne Effizienz einzubüßen. Zur effizienten Verwirklichung eines modularen Unternehmensdesigns sind die Standardisierung von Prozessen und Interaktionsmuster notwendig (Renneke 1999: 23). Einen Ansatz zur Bewältigung des Spannungsverhältnisses zwischen Flexibilisierung und Effizienz wählt Springer. Mit dem Konzept der flexiblen Standardisierung soll eine Best-Practice-Methode angewendet werden, die sich kontinuierlich an veränderte Rahmenbedingungen, Produktions-, Produkt- und Markterfordernisse anpasst, also eine Standardisierung in Gang setzt (Springer 2000: 104-105). Die Bildung von Konkurrenzbeziehungen auf der Ebene der Betriebsorganisation und auf der Ebene ver- schiedener Unternehmensteile und -standorte führen nicht selten zu kontraproduktiven zentrifugalen Kräf- ten. Sie können zu technologischen, produktions- und arbeitsorganisatorischen Innovationsblockaden und Flexibilitätsverlusten führen, denn jede Einheit sieht die Sicherung seiner Innovation als Konkurrenzvorteil gegenüber einer anderen Betriebs- oder Unternehmenseinheit. Diese strukturellen Egoismen, durch den Vermarktlichungsmechanismus implementiert, führen zur Orientierung am jeweils eigenen Geschäftserfolg und gefährden den Zusammenhalt übergeordneter Einheiten und ganzer Unternehmensnetzwerke. Nicht selten stehen Eigeninteresse und Autonomiespielräume einzelner Produktionsstätten oder Profit-Center im Vordergrund und führen zu Unterlaufung unternehmerischer Rahmensteuerung, in dem strategische Ent- scheidungen missachtet und Schönfärberei bei den der Zentrale zugehenden Kennziffern betrieben wird. Kooperationen und Synergieeffekte werden blockiert und abgesprochene Ziele nicht eingehalten (Hirsch- Kreinsen 1998b: 51-52; Tullius 1999: 68). Zur Bewältigung dieser zentrifugalen Kräfte soll die diskursive Koordination beitragen. Diese Koordinati- onsmethode soll Kommunikations- und Kooperationsprobleme lösen, in dem ein ständiger Prozess aller beteiligten Akteure zur Verständigung und Vereinbarung über Leistungsziele und Zielvereinbarungen in Gang gesetzt wird. Die diskursive Koordination soll als Bindungsstück zwischen den Markterfordernissen und den Restrukturierungs- und Kooperationsanforderungen innerhalb der Unternehmen fungieren (Tullius 1999: 69). Es werden allerdings auch Re-Zentralisierungstendenzen, als Reaktion auf Dezentralisierungsprobleme beobachtet. Dies bezieht sich sowohl auf unternehmensorganisatorische Aspekte, wie die Rückverlagerung einstmals dezentraler Unternehmensfunktionen in die Zentrale oder die Reorganisation aufgegliederter Betriebsteile in größere Unternehmenseinheiten als auch die Ebene der Unternehmenssteuerung, in der Manager wieder häufiger hierarchische Koordinationsmechanismen hervorheben (Hirsch-Kreinsen 1998b: 58-59). In dem Maße, wie die digitale Technologie Dezentralisierung und Bildung von Unternehmensnetzwerken erst praktikabel und effizient macht, so ist sie gleichzeitig Wurzel und Instrument zur (Re-)Zentralisierung bestimmter Funktionen. Die Einführung zentral gesteuerter Datenbanken und Controllingsysteme führen zur Stärkung zentraler Stäbe und Funktionen. So betrachtet erlangen die Konzernzentralen ökonomisch und machtpolitisch eine größere Bedeutung (Tullius 1999: 66). Ein gutes Beispiel hierfür sind Fusionen und Akquisitionen, insbesondere die DaimlerChrysler Fusion, die machtpolitisch, aber auch betriebswirtschaft- lich (zentrale Beschaffung von DC) Zentralisierungselemente aufweisen. 3.2 Wandel der Produktionsorganisation 3.2.1 Flexibilisierung der Produktionsorganisation Das Zusammentreffen und sich wechselseitige Verstärken von verschärfter globaler Konkurrenz und digita- ler Technologie haben neue Strategien im Kampf um Märkte und Marktanteile hervorgebracht. Zwei die- 50 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 ser Strategien sind Ausgangspunkte für ein neues Flexibilitätsparadigma mit weitreichenden Konsequenzen für die Produktionsorganisation, zum einen die Time to Market-Strategie mit enorm verkürzten Produktzy- klen und Markteinführzeiten und zum anderen die Diversifizierungsstrategie mit einer immer größer wer- denden Produktvariation. Beide Entwicklungen stellen erhöhte Anforderungen an Innovationsfähigkeit, Komponentenkomplexität und -vielfalt. Isoliert betrachtet bringt diese Entwicklung ein Mehr an Kosten. Ausbau von Entwicklungskapazitäten, Produktion zunehmend unterschiedlicher Teile für eine breitere Pro- duktpalette mit entsprechenden Investitionen in Werkzeug und Maschinenbau, häufigerer Umbau von Pro- duktionslinien, höhere Instandhaltungs- und Logistikanforderungen sind nur einige dieser kostentreibenden Faktoren. Schon seit Mitte der neunziger Jahre reagieren die Unternehmen, insbesondere die Autoherstel- ler, mit einer Plattform-, Gleichteile- und Modularisierungsstrategie, um den kostentreibenden Effekten einer zunehmenden Teilevielfalt entgegenzuwirken. Die Gleichteilestrategie bewirkt, dass sowohl die Eco- nomy of Scale –Effekte ausgeschöpft als auch die zunehmende Produkt- und Produktionskomplexität begrenzt werden können (Automobil-Produktion Februar 2001: 24-32). Die Modularisierungsstrategie begrenzt ebenfalls den Komplexitätszuwachs in der Montage, hat aber zudem den Vorteil, dass die beschleunigten Innovationszyklen nicht fortwährend die Anpassung der Produktarchitektur verlangen. Module mit verbesserter Technik und Qualität können entsprechend dem Baukastensystem gewechselt und in verschiedenen Produktvarianten Anwendung finden. Dennoch gibt es große Umbrüche und neue Trends in der Produktionsorganisation. Einige dieser Trends sind bereits seit geraumer Zeit sichtbar und werden weiterentwickelt, wie zum Beispiel Outsourcing. Ande- re haben gerade erst begonnen, hier sei Contract Manufacturing (Auftragsfertigung) als neue Form des Outsourcings erwähnt. Besondere Bedeutung erlangen diese Entwicklungen für die wohl wichtigste Indu- strie in Deutschland, die Automobilindustrie, deren Strukturen, insbesondere im Zuliefererbereich, drastische Veränderungen erfahren und auch künftig erfahren werden. Nicht nur das Verhältnis von Endherstellern, den sogenannten Original Equipment Manufacturer (OEMs) zu ihren Zulieferern wird sich verändern, son- dern auch die Struktur der Zulieferindustrie selbst. Geburtsort des neuen Produktionsmodells Contract Manufacturing / Turn-Key Manufacturing ist der Süden der USA, wo IBM seine PC-Produktion vergab, aber auch Silicon Valley mit seiner Informations- und Kommunikationsbranche (Lüthje 2001a: 86; 2001b). In den neunziger Jahren lagerte die InfoCom Indu- strie unter dem extremen Druck beschleunigter Produkteinführung (Time to Market) und hoher Produkt- volumina (Time to Volume) ihre Produktion aus oder Vergaben sie komplett an ,namenlose’ Kontraktunter- nehmen. Die Unternehmen konnten und wollten sich die Finanzierung der Vorhaltung großer Kapazitäten nicht leisten. Lediglich die Produktinnovation und die prototypische Produktionslinie zum Anlauftest neuer Produkte verblieben beim Endhersteller (Naschold et al. 1999: 6; Sturgeon 2000 67-68; Lüthje 2001a: 87- 89). Das wesentliche Merkmal des Contract Manufacturing (CM) oder die ausschließlich auf die Elektroni- kindustrie bezogene Electronics Manufacturing Services (EMS) besteht darin, dass die gesamte Produkti- onskette der Fertigung von zum Beispiel PCs, Netzwerkgeräten und Surfern von spezialisierten Auftragsfertigern übernommen wird, inklusive produktionsnahen Engineering-, Logistik- und Reparatur- dienstleistungen. Diese neue Form des Outsourcing bedeutet praktisch die Herstellung des Gesamtpro- duktes `außer Haus´. Contract Manufacturing ist mit einer Wachstumsrate von rund 25 Prozent jährlich das am stärksten wachsende Segment des IT-Sektors (Lüthje 2001a: 86-87). Diese Entwicklung ist nicht auf Nordamerika begrenzt. Seit kurzem entfalten die großen Turn-Key Manufacturers auch in Europa ihre Akti- vitäten. Eines der weltweit größten Contract Manufacturing Unternehmen, Flextronics, hat kürzlich die gesamte Handy-Produktion vom schwedischen Handyhersteller Ericsson übernommen, der nun kein einzi- ges Handy mehr selbst produziert (FOCUS 6/2001: 182). Nach derzeitigen Erkenntnissen ist in Deutschland Siemens derjenige Konzern, der sich am meisten des Contract Manufacturings bedient. SiemensFujitsu hat ein Werk in Paderborn an Flextronics verkauft und lässt dort Hochleistungsrechner bauen. Bis 2003 hat Sie- mens die Produktion von 33 Millionen Handys an Flextronics vergeben. Beim Verkauf eines Siemens Tele- 51 fonwerkes hat ein mittelständisches Unternehmen, Vogt-Electronic, den Zuschlag bekommen. Die Global Player, wie Flextronics nutzen den Kauf von Werken im High-tech und Hochlohnland Deutschland lediglich als Kompetenzzentrum und Eintrittsmarkt zum Aufbau von Produktionsstätten in Osteuropa. Flextronics betreibt inzwischen in Ungarn mehrere Werke und sein Konkurrent, der weltgrößte Turn-Key Manufactu- rer Selectron in Rumänien und der Ukraine. Für Auftragsfertiger sind die Lohnkosten ausschlaggebend, denn 80 Prozent der Gesamtkosten sind relativ fixe Materialkosten. In Ungarn bekommt ein Arbeiter zwei Dollar die Stunde, in Rumänien ein Dollar und in der Ukraine sogar nur 30 bis 40 Cents (Focus 6/2001: 183). Flextronics beschäftigt von rund 70.000 Mitarbeitern rund 26.000 in Europa. Zur Zeit plant das Singapurer Unternehmen den Einstieg in die Produktion von Basisstationen für UMTS-Mobilfunknetze (Focus 6/2001: 183). Ein weiterer Kostenvorteil gegenüber den Markenkonzernen ist die Auslastung ihrer Produktionsstätten, denn sie können für verschiedene Auftraggeber produzieren. Zudem haben sie sich auf die Fertigung spe- zialisiert und entsprechend flexible und optimierte Produktions- und Logistikstrukturen aufgebaut. Dabei setzten sie einen hohen Anteil von Zeitarbeitsbeschäftigten ein, um flexible Personalanpassungen bei Pro- duktionsschwankungen vornehmen zu können. 1997 waren beim größten Contract Manufacturing Unter- nehmen Selectron über 40 Prozent über eine Zeitarbeitsfirma angestellt (Lüthje 2001a: 91). Für Deutschland ist besonders von Interesse, ob dieses neue Produktionsmodell auch im bedeutensten Industriezweig, der Automobilindustrie, Anwendung findet. In der Tat sind ähnliche Tendenzen sichtbar. Am radikalsten zeichnet eine Studie von PricewaterhouseCoopers (PWC) die Entwicklung in der Automobilin- dustrie der nächsten zehn Jahre. Sie sehen aufgebaute Überkapazitäten von rund 24 Millionen Fahrzeugen weltweit pro Jahr. Das entspräche 96 von derzeit 573 Montagewerken, deren durchschnittliche Auslastung lediglich 69 Prozent beträgt (vgl. Köppen 1999: 87). Dieser „Asset-intensive Ansatz” wird nach Meinung von PWC in Zukunft nicht mehr funktionieren. Folglich wird es eine völlig neue Branchenstruktur geben, „deren Effekte mit der Einführung der Fließbandfertigung durch Henry Ford im Jahre 1913 vergleichbar seien” (AP Dezember 2000: 68). Als Endpunkt dieser Entwicklung sieht PWC den Wandel der OEMs zu Vehicle Brand Owners (Fahrzeugmarkeneignern), während weite Teile der Entwicklung, die komplette Fertigung, Vermarktung und Dienstleistungen auf sich bildende dynamische Lieferantennetzwerke übergehen. Mar- kenpflege und Kundenbindung wird dann für die Vehicle Brand Owners (VBO) im Mittelpunkt stehen. Auf dem Weg dorthin wird die Konzentration in der Zulieferindustrie weiter zunehmen und 2010 sollen ledig- lich 20 – 30 Systemlieferanten den Markt beherrschen und mit zusätzlichem Know-how innerhalb der Netzwerke Integrations-, Koordinations- und Sequenzierungsaufgaben übernehmen (AP Dezember 2000: 68). Eine solche Entwicklung würde unweigerlich die Frage nach den hegemonialen Beziehungen innerhalb der Branche aufwerfen. Es würde eine Machtverschiebung innerhalb der Wertschöpfungskette zugunsten der Systemintegratoren und Systemlieferanten geben, die über die Hochtechnologie, die `Software und `Betriebssysteme´, für die `Hardware´ Autokarosserie, verfügen. Fachleute und Manager sind sich darin einig, dass der Trend zu weiterem Outsourcing anhalten wird und der Wertschöpfungsanteil der OEMs sich weiter reduziert. Entsprechend wird dies zu einem weiteren Struk- turwandel in der Zulieferindustrie führen. Es gibt jedoch unterschiedliche Einschätzungen über die Schnel- ligkeit und das Ausmaß dieser Entwicklung. Es ist abzusehen, dass es eine differenzierte Entwicklung bei bestehenden Werken und Volumenprodukten einerseits und neuen Standorten und Nischenfahrzeugpro- dukten andererseits geben wird. Bei letzteren werden die Outsourcing-Aktivitäten bis hin zum Contract Manufacturing reichen, während es bei bestehenden Standorten und Volumenproduktion keine radikale Änderung der Outsourcing-Strategie geben wird (Freudenberg 2000: 76-82)9. Um sich möglichen Entwick- lungsperspektiven anzunähern ist es hilfreich, sich die treibenden und hemmenden Kräfte des zu betrach- 9 Dr. Thomas Freudenberg ist Vorstand der Innomotive AG München. 52 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 ten. Wie in der High-Tech-Branche hat sich der Produktzyklus in der Automobilindustrie enorm verkürzt. Die Abdeckung aller Marktsegmente, die Variantenvielfalt und der immer bedeutendere Anteil der Nischen- fahrzeuge stellen die Unternehmen vor enorme Flexiblitäts-, Kapital- und Innovationsanforderungen. Ent- sprechend sind die Motive für Outsourcing von Logistik- und Montageprozessen vor allem fertigungsbe- zogene Überlegungen. Das Risiko für Investitionen, die Kapitalbindung, Verantwortung für Gewährleistung und Komplexitätsmanagement sollen auf die Zulieferer verlagert werden (Stockmar 2001: 4; König/Hirsch- bach 2000: 48).10 Neben der Strategie der Auslagerung kompletter, integrierter räumlicher und funktiona- ler Systeme beziehungsweise intelligenter Großmodule werden vor allem Betreibermodell-Strategien, auch Build-Operate-Transfer (BOT) -Modelle genannt, verfolgt. Unter Betreibermodellen versteht man die Ver- gabe der Finanzierung und Umsetzung der Investitionstätigkeit des Betriebs, der Instandhaltung, Logistik an spezialisierte Unternehmen, die in der Regel aus der Zulieferindustrie kommen. Hierbei gibt es graduelle Unterschiede. So läuft zum Beispiel das MCC-Smartwerk in Hambach vollständig nach einem Betreibermo- dell, ebenso das VW do Brasil Werk in Resende. Auch das Ford-Werk im brasilianischen Bundesstaat Bahia wird als Betreibermodell strukturiert sein. Dies sind aber nur drei von 270 Werken weltweit (König/Hirsch- bach 2000: 48). Der kleine Prozentsatz darf nicht über die Richtung der Entwicklung hinwegtäuschen. Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von partiellen Betreibermodellen, von der Finanzierung und Betreiben kompletter Lackieranlagen bis hin zum Karosseriebau (König/Hirschbach 2000: 48). Die auf den Bau von Lackieranlagen spezialisierte Dürr AG hat sich mit dem Zukauf des weltweit führenden Lackierdienstleister- Spezialisten, der amerikanischen Manufacturing Support Services, des auf Prüf- und Automatisierungssy- steme spezialisierten Maschinenbauers Schenck und der im Endmontage-Geschäft tätigen Alstom Auto- motive und Painting Systems, die Möglichkeiten geschaffen das gesamte Spektrum, vom partiellen Betreibermodell bis zur Komplettfertigung zu übernehmen11 (AP Februar 2000). Schon seit geraumer Zeit in der Endmontage aktiv und mit großen Zukunftsvisionen ist das österreichisch- amerikanische Unternehmen Magna Steyr.12 Sie bieten den OEMs ein umfassendes Serviceprogramm an, von der Entwicklungsdienstleistung bis hin zur Endmontage. Im Jahre 2000 baute Magna Steyr 86.000 Fahrzeuge, vorwiegend niedrigvolumige Nischenfahrzeuge und ausschließlich im Auftrag von Daimler- Chrysler. Das Unternehmen hat bei der Allradversion der Mercedes E-Klasse neben der Produktion auch die Entwicklung übernommen. Magna Steyr ist weiterhin auf Expansionskurs im Geschäftsfeld Contract manufacturing. Ab 2003 wird ein Cabriolet für Saab gefertigt. Außerdem werden Verhandlungen mit BMW, Audi und Porsche über den Bau von Nischenfahrzeugen geführt (AP April 2001: 76). Es sind jedoch auch wesentliche hemmende Faktoren auf dem Outsourcing-Pfad auszumachen: a) Jahrzehntelang gewachsene Produktionsstrukturen, b) unterschiedliche Produkteigenschaften, c) gewerkschaftliche Gegenmacht. Bei der Automobilindustrie handelt es sich um Unternehmen der `Old Economy´ mit jahrzehntelang gewachsenen Produktionsstrukturen, deren Umstrukturierung mit großen finanziellen Aufwendungen und 10 Professor Jürgen Stockmar ist für den Research & Development Bereich von Magna Steyr zuständig. 11 Auf die Frage nach dem Bau und Betrieb eines kompletten Werkes sagte Vorstandsvorsitzender Hans Dieter Pötsch: ”Ich möchte mir ungern den Hut aufsetzen, wir könnten ein komplettes Werk bauen und betreiben. Aber wenn eine solche Aufgabe gestellt würde, wären wir mit den geeigneten Partnern im Rahmen eines Konsortiums in der Lage so etwas zu realisieren. Es gibt bei anderen Unternehmen auch durchaus Interesse an solchen Lösungen.“ (AP April 2001: 92) 12 Das ursprüngliche österreichische Traditionsunternehmen Steyr-Daimler-Puch wurde 2000 von der im kanadischen Toronto ansässigen Magna International übernommen und mit den im Fahrzeugbereich tätigen Magna-Unternehmen zusammengeführt und neu struk- turiert. Magna Steyer zählt zu den großen Systemintegratoren und –Lieferanten der Automobilzulieferer. Magna Steyr beschäftigt 15.400 Mitarbeiter, davon 6.300 in Österreich. Magna International selbst ist eine Holding mit 58.000 Beschäftigten und 177 Produk- tionsstätten. 53 Arbeitsplatzverlusten verbunden wären. Hinzu kommt, dass die Produkteigenschaften völlig anders sind, als die der InfoCom- oder Textilbranche. Ein Auto ist viel komplexer und bei Unzulänglichkeiten können Men- schen verletzt oder gar zu Tode kommen, was den Komplex von Gewährleistungs- und Schadenersatzfra- gen nach sich zieht. Ein weiterer bedeutenden Unterschied zu den US-Gegebenheiten ist die Rolle und Kraft der Gewerkschaften. Die Unternehmen der US InfoCom Industrie konnten frei nach ihren Belangen agieren, denn die Unternehmen der `New Economy´ galten als gewerkschaftsfrei. Auch ethnische Vorbe- halte seitens der Gewerkschaften bei der Organisierung von Beschäftigten trugen zur gewerkschaftlichen Schwäche bei (Lüthje 2001a: 94-98; 2001b). In der deutschen Industrie, besonders in der Automobil- und Maschinenbaubranche, ist das Potenzial gewerkschaftlicher Gegenmacht durch den hohen gewerkschaftli- chen Organisationsgrad völlig unterschiedlich zu beurteilen. Entsprechend werden die Gewerkschaften und die betrieblichen Arbeitnehmervertretungen einen maßgeblichen Einfluss auf das Ausmaß der Outsour- cingbestrebungen haben. Aus all diesen Gründen wird es keine einfache Übertragbarkeit des amerikani- schen Produktionsmodell, das vorwiegend in der High-tech-Branche zu finden ist, geben. 3.2.2 Digitale Technologie als Treiber von Strukturwandel, Produktivitätssteigerung und Kostensenkung Die digitale Technologie ist die zentrale Technologie und treibende Kraft im Prozess des inner- und inter- betrieblichen Strukturwandels, insbesondere im Bereich der Produktionsorganisation und Produktentwick- lung. Aber auch die Beziehung zum Endkunden erfährt eine revolutionäre Änderung. Was sind die überge- ordneten Ziele der Anwendung digitaler Technologien wie Inter-, Intra- und Extranet? Drei Ziele können fokusiert werden: a) Absatzsteigerung, b) Effizienzsteigerung, c) Kostensenkung. Entsprechend hebt die digitale Technologie den internationalen Konkurrenzkampf auf eine neue Stufe. Unternehmen, die den digi- talen ,Anschluss’ verpassen, droht der Untergang im Meer des internationalen Wettbewerbs. Tabelle 3.1: Managementmethoden und Unternehmensziele im Zeichen digitaler Technologien, gibt einen Überblick in welchen Bereichen, mit welchen innovativen Lösungen und mit welcher Zielsetzung die Unter- nehmen digitale Technologien einsetzen. 54 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Tabelle 3.1: Managementmethoden und Unternehmensziele im Zeichen digitaler Technologie Bereich Digitale Anwendung Managementmethode Unternehmensziel Produktent- CAD / CAx - Simultaneous Engi- Produktzyklus; wicklunlung Engineering- neering; Cross- Time to Market; programme; funktionales Entwickeln Produktdiversifikation Vision: internet- gestütztes Enginee- ring im Internet- marktplatz Einkauf, Digitale Plattfor- Supply Chain Manage- Zuliefererintegration; Beschaffung men: Business to ment; Bieterverfahren / Logistikintegration; Business (B2B) / Auktionen Prozessbeschleunigung; Internetmarkt-/ Prozessoptimierung; Handelsplätze günstigerer Einkauf Qualitäts- Intranet Business-Excellence, Prozessorientierte management Performance-Excellence, Qualitätssicherung; Organizational-Excellence Qualitätsoptimierung Kunden- Digitale Plattformen: Customer Relationship Aufbau langfristiger beziehungen Business to Management Kundenbeziehungen / Customer (B2C); Kundenbindungen; Customer to Kundenzufriedenheit Business (C2B) Innerbetriebliche Intranet Prozessorientiertes Interne Prozessopti- Abläufe Managen; mierung / Prozessbe- Employee Services schleunigung; People Empowerment Interbetriebliche Extranet; Internet; Supply Chain Prozessoptimierung in Abläufe Web-EDI Management; Teilbereichen der Wert- Vision: Value Chain schöpfungskette; Management; Business- Vision: volle Integration Intellegence-Solution der gesamten Wert- schöpfungskette in ein IT-System Quelle: eigene Zusammenstellung Zwischen den Bereichen und Anwendungen gibt es viele Schnittstellen mit entsprechenden Schnittstellen- problemen. Ein Ziel zukünftiger Innovation wird sein, ein System zu entwickeln, dass in der Lage ist alle Bereiche zu integrieren. Unter dem Namen Value Chain Management (VCM) / Wertschöpfungskettenma- nagement beginnt der Wettlauf der Softwarehersteller durch eine praktikable Systemlösung diesen Zukunftsmarkt zu erschließen (Schubert / Reppesgaard 2001). Während in der Vergangenheit hauptsächlich die großen Unternehmen der `New Economy´ digitale Tech- nologien nutzten sehen wir derzeit die verstärkte Implementierung digitaler Technolgie in der sogenann- te `Old Economy´. So schätzt zum Beispiel die Gartner-Studie, eine von Cisco Systems in Auftrag gegebe- ne Untersuchung, dass das Umsatzvolumen der Internetwirtschaft von derzeit 26 Milliarden Dollar auf rund 55 340 Milliarden Dollar im Jahr 2004 ansteigen soll. Hauptträger dieser Entwicklung sind vor allem interna- tional operierende Unternehmen der `Old Economy´, die sich Internet-gestützte Business-Modelle schnell nutzbar machen (Harald Zapp 2001). Auch wenn diese Zahl gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Kon- solidierung im IT-Sektor sehr hoch erscheint und das Ausmaß von Trends oftmals überschätzt wird, zeigt es die Richtung der Entwicklung an. Eine Studie von Putz & Partner, die 348 Unternehmen befragt haben, geht davon aus, dass es in wenigen Jahren keine Unterscheidung mehr zwischen `New´ und `Old Economy´ oder business und e-business geben wird, sondern zur Selbstverständlichkeit in der Wirtschaft geworden ist. Die Unternehmen gehen davon aus, dass das Internet als Umsatzträger seinen Anteil von 17 Prozent Ende 2000 auf rund 30 Prozent im Jahr 2003 steigert. 50 Prozent der befragten Firmen planen oder ste- hen bereits im Business-to-Business (B2B) -Kontakt mit ihren Geschäftspartnern, 24 Prozent beteiligen sich an Marktplätzen (Richter 2001). Ausdruck findet diese bedeutende Entwicklung auch in den Vorstandseta- gen, in denen immer häufiger IT-Manager mit Business Funktion angesiedelt sind (HB, 25.03.01, Balance zwischen Business und Technik). Viele Unternehmen setzen sich jedoch Bedingungen für Investitionen im E-Business Bereich. Dort wo mit E-Business-Lösungen Kosten gesenkt werden können wird investiert, aber unter strikter Kosten- und Erfolgskontrolle und mit klaren Vorstellungen zum `Return-on-Investment´. Inve- stitionen werden vor allem im Bereich Business-to-Business, Customer Relationship Management und E-Collaboration getätigt (Koenen 2001; Schnabel 2001). Der Haupttrend im E-Business geht zum Aufbau unternehmensübergreifender Netzwerke, besonders in der Elektronik- und Automobilbranche und in Branchen mit einem hohen Grad an Kunden-Zuliefer-Beziehun- gen und Outsourcing. Diese kollaborative Vernetzungsstrategie erlaubt es dem Endherstellern sich auf die Kernkompetenzen zu konzentrieren und die Zulieferkette vom first tier supplier bis zum n-tier supplier13 sowie Transport und Logistik zu managen. Dieses IT-gestützte Supply Chain Management erhöht die Fle- xibilität und Effizienz in der Partnerbeziehung. Durch bessere Koordination, Synchronisierung von Abläufen und Prozessoptimierung können Lagerkosten, Materialverschwendung und Transportkosten reduziert wer- den. Elektronische Handels- und Marktplätze sowie internetbasierte Plattformen stellen die Infrastruktur hierfür dar. (Schnabel 2001) Internetmarktplätze sollen in vollständig entwickelter Form in der Regel drei Funktionen erfüllen: 1. Einkauf, 2. Logistik, 3. Engineering (Eichler, 2001: 18-19). Beim Einkauf kommen zur Zeit vorwiegend Auktionen bzw. Bieterverfahren und Katalogsysteme zum Ein- satz. Die ersten Erfahrungen mit Auktionen14 in der Automobilindustrie zeigen, dass Einspareffekte auf Sei- ten der Käufer erzielt werden, während die Lieferanten unter hohen Preisdruck geraten. Ford hat zum Bei- spiel bei der Initiierung eines Bieterwettbewerbs um Kühlwasser-Schläuche den Einstiegspreis a priori 8 Prozent unter dem amerikanischen Marktpreis angesetzt. Nach einer halben Stunde Bieterverfahren vergab Ford den Auftrag mit einem weiteren Preisabschlag von 20 Prozent15 (Automobil-Produktion April 2001: 96). Laut Unternehmensberater Roland Berger und Deutsche Bank betragen die Ersparnisse bei der Herstellung eines Autos in den USA durch den Einsatz von Web-EDI (Web-Electronic Data Interchange) allein bei der Beschaffung über Auktionen infolge verkürzter Verhandlungen oder Preissenkungen rund 400 Dollar. Wei- tere 800 Dollar Kostensenkung sind in der Beschaffung nachgelagerten Wertschöpfungskette erzielbar. Das entspräche einer Kostenreduzierung von 4,9 Prozent bei einem durchschnittlichen Fahrzeugpreis von 13 First Tier Supplier: englische Bezeichnung für erstes Glied in der Zulieferkette, n-tier Supplier ist das letzte Glied in der Zulieferkette. Im Deutschen werden die Zulieferer auch oft als A-Lieferant, B-Lieferant usw. bezeichnet. 14 Es gibt verschiedene Auktionsformen bzw. Bieterverfahren. Bei konventionellen Auktion bekommt derjenige Wettbewerber den Zuschlag, der das günstigste Angebot macht. Bei den reversiven Auktionen (Reverse Auctions), sehen alle Wettbewerbe die Angebote der Konkurrenten und haben die Möglichkeit diese zu unterbieten, in dem sie ein neues Angebot unterbreiten. Dieser Vorgang kann sich mehrmals wiederholen. 15 Siehe auch erfolgreiche Bieterverfahren bei der Beschaffung von DaimlerChrysler, die Serienteile wie Kabelbinder, Muttern, Schrauben und Starter-Batterien in `Online-Bidding-Verfahren´ beschafft haben. Positive Erfahrungen hinsichtlich Effizienz und Rentabilität veran- lassten die Prüfung der Anwendbarkeit auf weitere Materialgruppen (Automobil-Produktion Februar 2001: 28). 56 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 25.000 Dollar16 (AP, April 2001: 96; Brikè / Sedran 2001: 6). Internetauktionen stellen nur einen Teil der Nut- zungsmöglichkeiten von Internetplattformen dar. Es werden derzeit hauptsächlich standardisierte, einfache Zulieferteile auktioniert, da bei komplexeren Komponenten und Systemen oftmals eine Entwicklungszu- sammenarbeit stattfinden muss. Dies bedeutet, dass vor allem auf den unteren Gliedern der Zulieferkette der Konkurrenzdruck lasten wird. Doch der eigentliche Nutzen liegt in der Beschleunigung und Optimierung von Prozessen der gesamten Herstellerkette – von der Entwicklung, der Beschaffung von Rohstoffen und Komponenten, über die Pro- duktion bis zur Auslieferung (AP, April 2001: 96). Eine Studie von Goldman Sachs geht für die USA von einem Einsparpotenzial von 3.500 Dollar pro Fahrzeug beim konsequenten Einsatz von E-Business aus (Bernhart / Feige 2000: 14). Die Mitarbeiter werden von Standardabläufen entlastet und können sich auf Kernaufgaben konzentrieren. So kann zum Beispiel die Verschickung benötigter Informationsmaterialien an die Zulieferer von rund 14 Tagen auf einen Tag reduziert werden (Hofer 2001). Der Bereich Engineering via Internetmarktplatz steckt noch in den Kinderschuhen oder ist noch nicht ent- wickelt. Hier läuft die Zusammenarbeit derzeit noch über gesonderte Engineeringsysteme. 3.2.3 Prozessorientierung statt funktionsbezogenes Management Einen bedeutenden Trend, den die digitale Technologie in Gang gesetzt hat, ist die Ablösung produktori- entierter Fertigung in produktionsorientierten Werken durch prozessorientierte Geschäftseinheiten mit funk- tionsübergreifender Verantwortung. Diese Entwicklung findet Niederschlag in der Organisationsstruktur der Unternehmen, die verstärkt die Gliederung der Geschäftstätigkeit in funktionsübergreifende Business Units betreiben. Das funktionsbezogene Management verliert an Bedeutung, während im Gegenzug IT-gesteu- erte Selbstorganisation an Bedeutung gewinnt, was zum Abbau von Administration und Verwaltung führt (Neumann 2000: 40). Auch in der Arbeitsorganisation werden ganze Abläufe neu gestaltet. Statt einer Rationalisierung des Einzelvorgangs findet eine systemische Rationalisierung statt. Ziel der Prozessorientie- rung ist die Überwindung der Grenze funktionaler Spezialisierung betrieblicher Leistungsprozesse. Business Reengineering und Change Management übernehmen die Transformation von funktionsbezogener zu prozessorientierter Organisation (Bierbaum 2000: 151-152). Den gleichen Wandel sehen wir im Qua- litätsmanagement. Nach Zink weist das Total Quality Management nur begrenzte Erfolge aus, da es sich ausschließlich auf Produktions- und Produktqualität bezieht und die programmartige Umsetzung vor allem dem Ziel kurzfristiger Einsparungen nachgeht. Das neue prozessorientierte Qualitätsmanagement, Business- , Organizational- oder Performance-Excellence genannt, hat einen ganzheitlichen Ansatz und ein erwei- tertes Beurteilungsspektrum17 (Zink 2000: 24-31). Früher wurde die Qualität durch Fehlervermeidung am Bauteil verbessert und das Qualitätsmanagement fand ausschließlich in der Fabrik statt. Prozessorientiertes Qualitätsmanagement hingegen zielt auf Effizienz und Effektivität jeder Leistung entlang der Prozesskette und greift gegebenenfalls steuernd ein (Rudnitzki 2001: 12).18 Komplementär zur Prozessorientierung in der Produktions- und Unternehmensorganisation und dem Qualitätsmanagement, sehen wir im Bereich des Kostenmanagements den Übergang von der Kostenstellenverrechnung zur Prozesskostenrechnung (Neu- mann 2001: 40). Vorwiegend über das Supply Chain Management via Inter- und Intranet wird die Wand- 16 Im europäischen Fahrzeugbau lassen sich aufgrund unterschiedlicher Produktions- und Vertriebsgegebenheiten nicht so hohe Einsparungen erzielen. Die AP-Autoren Bernhart und Feige gehen von 2.000 Mark pro Fahrzeug aus (Automobil-Produktion Oktober 2000: 114). Die Unternehmensberatung Roland Berger und Deutsche Bank sehen ein Einsparpotential von rund 640 Dollar. Das entsprächen bei einem durchschnittlichen Fahrzeugpreis von ca. 17.000 Dollar rund 3,4% (Automobil-Produktion April 2001: 96; Brikè / Sedran 2001: 6). 17 siehe auch die vergleichende Darstellung der Bewertungskriterien des renommierten Malcolm Baldrige National Quality Award 1989 und 1999 sowie das europäische Gegenstück, das EFQM Excellence Modell (Zink 2000: 26-28). 18 Johannes Rudnitzki, Direktor für den Einkauf von Mercedes Benz PKW. 57 lung vom funktionsbezogenen Management zum Prozessmanagement realisiert. Aber das Supply Chain Management hat den Schwachpunkt, dass es nur einen Teil der Wertschöpfungskette abbildet, und Pla- nung, Entwicklung, Marketing, Vertrieb, Kundenservice über andere nicht integrierte Systeme gesteuert und kontrolliert werden. Deshalb ist die Softwareforschung eifrig dabei Komplettsystemlösungen zu ent- wickeln. Value Chain Management und Business-Intellegence-Solutions heißen die Visionen der nahen Zukunft. Sie haben das Ziel alle Teile der Wertschöpfungskette von Planung – Entwicklung – Fertigung – Zulieferung – Handel – Import – Marketing – Kunden – Kundenservice in ein System zu integrieren. Anders ausgedrückt bedeutet es die Integration von Simultanious Engineering, Supply Chain Managment und Costumer Relationship Management in ein IT-System (Neumann 2001: 40; Gilg 2001). 3.3 Neue Marktstrategien im digitalen Zeitalter Die Integration von Supply Chain Management und Customer Relationship Management in ein einheitli- ches IT-System würde den Informationsfluss vom Kunden über Händler zum Produzenten und Zulieferer enorm beschleunigen. Kundenwünsche könnten schnell aufgegriffen und in einer unmittelbaren Marketin- gaktion einmünden und somit die Time-to-Market-Strategie effektivieren. Business-Intellegence-Solutions sind auch Voraussetzung für die Zukunftsvision des Build to Order oder Build on Demand. Die meisten Automobilunternehmen sehen dies als strategische Aufgabe. Der Kunde stellt sich das Auto nach seinen Wünschen zusammen und gibt die Bestellung auf, welche über ein integriertes IT-System alle zur Herstel- lung notwendigen Prozesse in Gang setzt. Es ist das Ziel dem Kunden innerhalb kürzester Zeit das Auto auszuliefern. Der Zielzeitraum von der Bestellung bis zur Auslieferung (Order to Delivery) soll sich zehn Tagen annähern. In fünf – 10 Jahren könnte das Zehn-Tage-Auto Realität werden (Kaplaner 2001: 6; Hofer 2001).19 Die Umsetzung dieser Vision setzt neben dem integrierten Informationsfluss ein hochflexibles und schnelles Produktionssystem und entsprechende Arbeitsorganisation voraus. Der deutsche Dialysegeräte- hersteller und -klinikbetreiber Fresenius Medical Care hat dieses Stadium bereits erreicht und ist in der Lage das bestellte Produkt innerhalb von zwei Wochen an jede Klinik weltweit zu liefern (Marsh 2001: 4). Die Umsetzung der build to order-Strategie in der Automobilindistrie wirft viele Fragen auf. Wie sollen zum Bei- spiel Märkte in zwei Wochen bedient werden, in denen gar nicht oder andere Modelle produziert werden. Das Massenprodukt Auto mit seinen spezifischen Eigenschaften kann zum Beispiel nicht mit dem Flugzeug transportiert werden. In den USA unterliegen Produktion und Vertrieb einer build to stock-Herangehens- weise20, während in Europa der Autokauf auf Bestellung preferiert wird. Für Europa ist die Durchsetzung einer build to order Strategie denkbar, es stellt sich jedoch die Frage, welche Auswirkungen die Umsetzung einer solchen Strategie auf die industrielle Struktur und Arbeistorganisation haben können? Werden die enormen Flexibilitäts- und Zeitanforderungen eine industrielle, produktbezogene „Clusterbildung” fördern und forcieren? Kann die Flexibilisierung der Montagelinien mit den erhöhten Flexibilitätsanforderungen Schritt halten, oder wird es zur Ausweitung von Handarbeit in der Endmontage kommen? Eine wichtige Marktstrategie ist die Kundenbeziehungspflege, das sogenannte Customer Relationship Management. Über ein IT-gestütztes System erfolgt eine systematische Identifizierung von Kundenverhal- ten und –wünschen mit dem Ziel der langfristigen Kundenbindung und Kundenzufriedenheit (Gilg 2001). Der immer stärkere Einfluss von Business to Customer- und Customer to Business Systemen hat nachhal- tige Auswirkungen auf die Unternehmensorganisation und -strategie. Dies gilt insbesondere für die Auto- mobilhersteller. Das Internet schafft dem Kunden Transparenz und Vergleichbarkeit der Produkte. Stärken und Schwächen werden aufgedeckt und die Konkurrenzsituation verschärft. Der Kunde hat ebenfalls die 19 Dr. Klaus Kaplaner, Nexolab, München; Nexolab ist eine Internet Consulting Firma von BMW. 20 Build to stock bedeutet, dass Autos nicht auf Bestellung gebaut werden, sondern für den Bestand eines Händlers, d.h. praktisch auf Vor- rat. Kunden gehen zum Händler und kaufen in der Regel ein Auto aus dem Bestand. 58 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Möglichkeit der Interaktion mit dem Hersteller, Anfragen zu tätigen und Wünsche zu äußern. Verzögerung und Intransparenz der Antwort können als Inkompetenz des Herstellers ausgelegt werden und entspre- chend zur Abstrafung durch den Kunden und zum Markenwechsel führen. In diesem Zusammenhang wer- den die Dienstleistungsangebote für die Kaufentscheidung des Kunden immer wichtiger. Auf diesem Gebiet tummeln sich inzwischen sogenannte Service-Provider21, die „zum Festpreis Mobilität ohne Ver- handlungsstress samt Finanzierung, Versicherung, Bereitstellservice und Rückgabegarantie” anbieten (Neumann 2000: 41). Die Kundenbindung beim Autokauf erfolgt zukünftig immer mehr, wie bereits beim Computerkauf, durch ein Angebot von Hardware und Software, von Auto und Dienstleistung. Der in der Kommunikationsbranche zu beobachtende Trend, in der es das Hardwareprodukt Handy als Zugabe zum Mobilfunkvertrag gibt, wird zwar in der Automobilindustrie in diesem Maße nicht nachvollzogen werden, doch werden in Zukunft Auto und Dienstleistungen, und hier insbesondere Multimediasysteme22, untrenn- bar miteinander verbunden sein. Das Produkt Auto wird neu definiert. Das Business-Modell, der Unternehmenszweck unterliegt einem Wan- del. Wollen die Automobilhersteller an diesem Profit trächtigen Teil der Wertschöpfungskette partizipieren müssen sie ihr Kerngeschäft in den Dienstleistungssektor hinein entwickeln. Diese Business Migration trifft auf Konkurrenz aus dem Dienstleistungssektor der sich aus entgegengesetzter Richtung bewegt. Die stra- tegische Konsequenz aus diesem Konvergenzwettbewerb ist die Erweiterung der Kernkompetenz der End- hersteller (Neumann 2001: 44-45; Stockmar 2001: 14). Viele Autohersteller haben bereits Schritte in diese Richtung gemacht, in dem sie durch Übernahmen von Autovermietungsunternehmen, dem Aufbau von Banken, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen ihre Geschäftsfelder erweitert haben. In der nächsten Phase werden vorwiegend multimediale Technologie- und Dienstleistungsangebote integriert. Dies wird ebenso durch Übernahmen, Kooperationen und Neuaufbau von Technologie und Dienstleistungsfirmen geschehen. Zukunftsvisionen gehen davon aus, dass sich die Automobilhersteller im Jahr 2010 vollständig aus der Fer- tigung und Entwicklung verabschiedet haben und dass der Geschäfterfolg vom Markenimage und der Mar- kenidentifikation abhängt (Stockmar 2001: 14; siehe auch Tabelle 3.2: Automobilindustrie-Trends). Die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers führt erfolgreiche Unternehmen der Bekleidungsindu- strie, wie Armani oder der Genussmittelindustrie, wie Proctor & Gamble, die über keine eigenen Ferti- gungsstätten verfügen, für diese Entwicklung ins Feld (AP Dezember 2000: 68). Das sogenannte Branding , die Markenpflege und der Ruf der Marke und die mit ihr verbundenen Assoziationen stehen im Mittel- punkt der Geschäftstätigkeit. Der Slogan der Volkswagen of America bringt es folgendermaßen auf den Punkt: „We don´t sell hardware; we give away heartware.” (Neumann 2000: 43) 21 Neumann nennt hier explizit CarPoint und CarsDirect. 22 Das Multimedia Auto der Zukunft wird nach Neumann über eine dynamische Navigation, Telematics, Infotainment, Edutainment, TV, Video, Satellitenradio, Fax und sprachgesteuertes Internet verfügen (Neumann 2001: 44). 59 Tabelle 3.2: Automobilindustrie-Trends 1980 2000 2010 OEM OEM OEM • Marke • Marke • Marke • Design • Design • Design • Entwicklung • Entwicklung- • Vertrieb • Werkzeuge Integration • Dienstleistung • Fertigungs- • Rohbau Entwicklung • Lackierung • Teilefertigung • Fertigung Systemintegrator • Rohbau • Logistik • Lackierung • Einkauf • Vormontage • Vertrieb • Fertigung • After Sales System und Modul- • Logistik lieferant • Einkauf • Vertrieb • After Sales Lieferant ? Lieferant Source: Magna Steyr, 2001 3.4 Revolution des Produktentstehungsprozesses Die durch den international verschärften Konkurrenzkampf indizierten Markterfordernisse Produktzyklen zu beschleunigen sowie Produktvielfalt und -variation auszubauen, stellt die Produktentwicklungsabteilungen der Unternehmen vor große Herausforderungen. Innovation und Produktentwicklung haben zentrale Bedeutung für das Fortbestehen eines Unternehmens und zählen daher nahezu in allen Branchen zu den Kernkompetenzen der Unternehmen. Das bedeutet jedoch nicht, dass es keinen Wandel oder Kompetenz- übertragung innerhalb der Branchen gibt. Trotz Rationalisierung und Entwicklungsoptimierung konnten die aus Kostengründen personell stagnierenden Entwicklungsabteilungen den steigenden Komplexitäts- und Innovationsanforderungen nicht nachkommen. Eine notwendige Kapazitätserweiterung erfolgte externer Art durch Outcontracting von Entwicklungsdienstleistungen beziehungsweise durch Aufgabenübertragung an Komponenten- und Systemzulieferer sowie Ingenieursbüros.23 Dies führt in der Konsequenz zu einer ver- gleichsweise stärkeren Netzwerkbildung als in der Fertigung (Jürgens 1999: 171). Beispielhafte Entwicklun- gen sehen wir in der Automobilindustrie. Der Produktentstehungsprozess ist ein komplexer Prozess, der nicht nur Design und Entwicklung, sondern auch den Werkzeug- und Maschinenbau einschließt. Er umfasst die Phase der Konzeptentwicklung, der Konzeptabsicherung, der Serienentwicklung, der Produktionsvor- bereitung und des Anlaufs und bezieht eine Vielzahl von spezialisierten Funktionsbereichen, Organisati- onseinheiten und Firmen ein (Jürgens 1999: 163-164). Die Zeitverkürzungsstrategie bei der Produktent- wicklung konzentriert sich vor allem auf den Zeitraum zwischen der Entscheidung zur Serienentwicklung bis zur Anlaufphase. Benötigten europäische Hersteller Anfang der achtziger Jahre rund 57 Monate, sind es Ende der neunziger Jahre rund 30 Monate (Jürgens 1999: 169-170). In dieser Phase werden eine Viel- zahl von Aufgaben untergebracht, unter anderem Designtätigkeiten, Plattformentwicklung, Komponenten- 23 siehe auch die tabellarische Darstellung der sprunghaften Entwicklung ausgewählter Research & Development – und Entwicklungsdi- enstleister für die Automobilindustrie in Deutschland von 1994-1998 (Jürgens 1999: 191). 60 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 planung und Produktionsvorbereitungen inklusive Beschaffungsplanung. Die Fülle verschiedener Akteure und Schnittstellen führt zu Schnittstellenproblemen. Als Lösungsansatz für diese Kommunikations- und Kooperationsprobleme bauten viele Unternehmen der Automobilindustrie in den neunziger Jahren inte- grierte Entwicklungszentren auf in deren Umfeld Zulieferer ihrerseits Entwicklungsbüros ansiedelten24 (Jür- gens 1999: 173-174). Waren die Prozessabläufe früher vorwiegend sequentiell strukturiert, so sind sie in den neuen Entwick- lungszentren zunehmend parallel und cross-funktional organisiert. Simultaneous Engineering ist die zen- trale Neuerung im Produktentstehungsprozess, der durch Integration, Prozessorientierung und Cross-Funk- tionalität gekennzeichnet ist. Digitale Netzwerke sind der Schlüssel zum erfolgreichen und effizienten Simultaneous Engineering. Sie ermöglichen eine umfassende Integration und einen beschleunigten Datenfluss zwischen allen am Ent- wicklungsprozess beteiligten. Zulieferer, Designhäuser, Rohstofflieferanten, alle Organisationseinheiten kön- nen frühzeitig und parallel in den Entwicklungsprozess eingebunden werden. Dies senkt die Entwicklungs- und Innovationszeit. Das Systemkonzept im Produktdesign – Plattform-, Gleichteile- und Modulstrategie – reduziert zudem den Entwicklungsaufwand und die Produktionskosten25 (Naschold et al. 1999: 9). Der Ein- zug der digitalen Informationstechnologie und des computergestützten Engineering in den Produktent- wicklungsprozess haben die Diskussion über die Enträumlichung der Entwicklungstätigkeit aufgebracht und die Sinnhaftigkeit von zentralen Entwicklungszentren hinterfragt (Jürgens 1999: 175-176). Der Aufbau von Engineeringtools auf den Plattformen von Internetmarktplätzen stützt den Trend zur räumlich entkoppelten Produktentwicklung. 24 Bereits 1987 baute BMW ein integriertes Entwicklungszentrum, DaimlerChrysler gründete ein Technologiezentrum mit zukünftig 10.000 Beschäftigten und der Systemintegrator Magna eröffnete ein Entwicklungsbüro in der Nähe der Wolfsburger VW-Zentrale (Jürgens 1999: 174-175). 25 Vergleiche auch Artikel AP, Sonderheft Mercedes C-Klasse 2000: Projektmanagement: Start mit der Limousine, S. 44-46. Grafik 3.1: e-engineering: Neue Chancen durch e-Business Durch e- business Auswirkungen Chancen Erhöhung der • Vermeidung redundanter Entwicklungen • Reduktion der Datentrans- • Reduktion von Änderungen Entwicklungskosten parenz • Erhöhung COP-Anteil Erhöhung der • Reduktion Nacharbeit (7-10%) Datenintegrität • Erhöhung Market Fit • Reduktion der Erhöhung der • Höhere Transparenz des Entwicklungs- Durchlaufzeiten Prozesstrans- prozesses für Entscheidungsträger (20-30%) parenz • Erhöhung der Kostentransparenz über gesamte Supply Chain • Verbesserte Produktqualität Konzentration • Reduktion administrativer auf wert- Entwicklungstätigkeiten schöpfende • Möglichkeit der 24/7-Entwicklung Tätigkeiten durch globaleEntwicklungsteams Quelle: Roland Berger Entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung dieses Simultaneous Engineering-Konzeptes und den Abbau von Schnittstellenproblemen ist die Einführung einer Projektorganisation, auch Team Empowerment genannt. Projektteams arbeiten als möglichst autonome Einheit und tragen die Verantwortung für die Pro- jektrealisierung (Naschold et al.: 9). Dabei ist die Cross-Funktionalität der Zusammensetzung von entschei- dender Bedeutung. Durch Integration von Verantwortlichen für Einkauf, Rohbau, Design und Montage, die ihrerseits wieder Fachteams leiten, kann eine frühzeitige Abstimmung und Umsetzung des entstehenden Produktes auf die Einkaufstrategie, die Fertigungs- und Montagelinien erfolgen (AP, Sonderheft Juli 2000: 44-46). Sie können auch sogenannte Resident Engineers zu kooperierende Firmen entsenden, um dort den Entwicklungs- und Innovationsprozess über einen längeren Zeitraum zu begleiten (Naschold 1999: 9; AP Februar 2001: 28). 61 62 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 63 4. Entflechtung der Deutschland AG? Investment- banking, Shareholder Value und Corporate Governance 4.1 Die Zukunft des deutschen Finanzsektors In den neunziger Jahren hat im deutschen Banken- und Finanzwesen ein tiefgreifender Restrukturierungs- prozess stattgefunden. Grund hierfür waren unter anderem Veränderungen des Marktumfeldes. In der wis- senschaftlichen Debatte wird in erster Linie die mit den Strukturverschiebungen einhergehende Konsoli- dierungsphase im deutschen Bankenwesen diskutiert. Jene äußert sich vor allem in Fusionen und Übernahmen (Mergers and Acquisitions, M&A). Die Ursachen und Folgen der stattfindenden Konsolidie- rungsbewegung der deutschen Finanzinstitute stehen im Mittelpunkt der Debatte. Die zentralen Triebkräf- te sind das Investmentbanking und die Rentenreform. Die wichtigsten Akteure im Blickfeld sind die Geschäfts- und Investmentbanken, die Versicherungen, Investment- und Pensionsfonds. Jüngste Entwick- lungen wie die Restrukturierungspläne der Deutschen Bank, sowie die Übernahme der Dresdner Bank durch den Allianz-Konzern werden als jeweils eine Antwort auf die neuen Herausforderungen interpretiert. Dabei liegen beide Strategien nicht sehr weit auseinander. 4.1.1 Marktstruktureller Wandel in den neunziger Jahren Die relevanten Marktstrukturveränderungen können auf vier Trends zugespitzt werden (angelehnt an Bör- ner 1998: 35f.): (1) Trend zur Globalisierung: In vielen Geschäftsbereichen hat sich das nationale Geschäft auf die interna- tionale Ebene ausgedehnt. Ermöglicht und begünstigt wurde dies durch verschiedene Faktoren. Vor allem ist an dieser Stelle die Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung zu erwähnen, die auf die Internationalisierung der Banken eine katalytische Wirkung hat. Ein wichtiger Faktor ist in diesem Kontext auch die besondere Natur des Geldes: Durch die zunehmende Entstofflichung des Geldes lässt sich dieses wie kaum ein anderes Gut oder Produkt in informations- und kommunikationstechnologi- schen Datennetzwerken bewegen. „In keinem Bereich ist der Prozess der Globalisierung weiter fortge- schritten als im Finanzsektor.” (Becker/Sablowski 2000: 1) Die Globalisierung der Geschäftsfelder und des Aktionsradius ist auch im Zusammenhang mit der Globalisierung des industriellen Kapitals zu sehen, da hierdurch die Finanzierungsansprüche auf die globale Ebene transferiert wurden. Gerade große Unternehmen können sich auf den internationalen Finanzmärkten Kapital oftmals zu günstige- ren Konditionen beschaffen. Eine weitere Triebkraft war die politische Deregulierung und Liberalisie- rung von Finanz- und Kapitalmärkten (vgl. Swary/Topf 1992), der Zusammenbruch des Bretton Woods System fester Wechselkurse und der Abbau von Kapitalverkehrskontrollen (vgl. Huffschmid 1999; Gutt- mann 1994). (2) Trend zur Securitization und somit zum Investmentbanking: Durch die zunehmende Substituierung von Kreditfinanzierungen durch den Rückgriff auf Kapitalmärkte (national wie international) für Fremd- und auch Eigenmittel gewann das Investmentbanking an Bedeutung. „Verallgemeinert lässt sich konstatie- ren, dass Finanzierungs- und Anlagegewohnheiten auf dem Vormarsch sind, die zum angelsächsischen Modell des Investmentbanking kompatibel sind.” (Börner 1998: 35) Dieser Trend wurde noch durch andere Momente verstärkt und somit zur aufstrebenden Bankstrategie der neunziger Jahre. Die mit der Krise und Restrukturierung des industriellen Kapitals einhergehenden Konzentrationswellen (der Gesamtwert der veröffentlichten Fusionen lag im Jahr 1998 bei ungefähr 2,3 Billionen Dollar), die zunehmende Staatsverschuldung, die Privatisierung staatlicher Unternehmen (vgl. Huffschmid 1999: 74- 64 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 78) und das Initial Private Offerings -Geschäft (also das Geschäft mit Neuemissionen, IPO), welches vor allem durch die Etablierung des Börsensegments Neuer Markt im Jahr 1997 an Bedeutung gewonnen hat, sind hier zu erwähnen. Demgegenüber tragen Zinsüberschüsse bei den Großbanken nur noch rund 50 Prozent zum Geschäftsergebnis bei (vgl. Deutsche Bundesbank 1999). (3) Trend zum Trading: Der Eigenhandel der Banken hat im Zusammenhang mit den modernen Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK) und der Globalisierung des Aktionsradius und der Kundenstruk- tur an Bedeutung gewonnen. Börner (1998: 35f.) konstatiert, dass „der zunehmende Wettbewerb [...] den Eigenhandel der Banken around the clock, around the globe als einen speziellen Bereich des Invest- mentbanking zu einem wesentlichen Standbein der Banken” habe werden lassen (Stichwort „Technology Driven Business”). Starke Volumenzuwächse und vielfältige Finanzinnovationen vor allem im Bereich der Derivate sind Indikatoren für die Dynamik und den Wettbewerbsgrad im Handelsgeschäft. (4) Trend zur Differenzierung und Rationalisierung der Vertriebswege: Das sogenannte Mengengeschäft oder Retail Banking steht unter Restrukturierungsdruck. Hierbei spielen ebenfalls neue IuK-Technologi- en eine zentrale Rolle, da sie eine Vervielfältigung der Vertriebswege für Finanzdienstleistungen ermög- lichen (Telefonbanking und Electronic Direct Banking). Unsicherheit besteht noch, inwieweit die Kun- den die neuen Technologien bzw. Vertriebswege in Zukunft tatsächlich akzeptieren werden (ECB 1999b: 5f.). Eine Ausdünnung des Filialnetzes ist in Deutschland, das als overbanked gilt, seit 1992 erkennbar (Koch 1997: 78). Vor allem aber kommt es zu einer Ausdifferenzierung von Kundenseg- menten und Filialen. Kundenberatung und Abwicklung von Transaktionen werden entkoppelt, die Back Office-Bereiche werden zentralisiert, rationalisiert und in so genannte „Bankfabriken” verwandelt (Von Heydebreck 1997; Ruff 1999; ECB 1999b: 7). Die Nutzung der neuen Technologien und Vertriebswege stellt einerseits eine Reaktion auf die verschärfte Konkurrenz im Finanzsektor dar, andererseits wird sie diese weiter verschärfen (Becker/Sablowski 2000: 3). Noch ist der Internationalisierungsgrad der nationalen Bankensysteme in der EU relativ gering (ECB 1999a: 5), weshalb speziell die Europäische Währungsunion (EWU) einige Trends im Bankensystem noch verstärken wird. Dazu zählen die Verschärfung der Konkurrenz, der Druck zum Abbau von Überkapazitäten sowie auf die Pro- fitabilität angesichts sinkender Zinsspannen, wachsende Internationalisierung, zunehmende Kapitalkonzentra- tion und Bildung von Konglomeraten (vgl. ECB 1999a: 1). Die erste hauptsächliche Konsequenz der EWU für die Banken ist, dass ein relevanter Bereich des Devisenhandels entfällt. Daher müssen kompensatorisch die Aktivitäten in anderen Märkten (Geldmarkt- und Wertpapiergeschäfte) ausgedehnt werden. Auch der Abbau der staatlichen Neuverschuldung und die niedrigeren Zinsen, die mit den im Vertrag von Maastricht festge- legten Grundsätzen der Wirtschafts- und Währungspolitik einhergehen, wirken sich zunächst negativ auf die Banken aus beziehungsweise zwingen sie zu einer Neuorientierung ihrer Geschäfte. Angesichts niedrigerer Zinsen wird die Verschiebung von Ersparnissen weg von Bankeinlagen hin zu Wertpapieren fortgesetzt. Die Tendenzen der Verbriefung und der Disintermediation (das rekurriert auf den rückläufigen Anteil der Banken bei der Anlage von Geldvermögen aufgrund der Bedeutungszunahme des Kapitalmarkts und der Eigenfinan- zierung von Unternehmen) werden damit verstärkt (Achleitner 2000). Institutionelle Investoren (Investment- fonds, Pensionsfonds, Versicherungen) gewinnen gegenüber den Banken an Bedeutung. Allerdings werden viele Investmentfonds ihrerseits wieder von Banken kontrolliert. Die Europäische Zentralbank erwartet, dass institutionelle Investoren aufgrund von sozialen und demographischen Veränderungen weiter an Bedeutung gewinnen (dazu mehr im Abschnitt zur Rentenreform) (ECB 1999a: 3f.). “Die Gesamtheit dieser Entwicklungen erzeugt den größten strukturellen Umbruch der Bankgeschichte. Banken sind gezwungen, ihre Unternehmensstrategien zu überarbeiten, schnelle und intelligente Geschäft- sprozesse zu konzipieren und sich aufbauorganisatorisch neu zu strukturieren” (Moormann 1998: 5). In den folgenden Abschnitten sollen die zwei zentralen Trends näher ausgeführt werden. 65 4.1.2 Bankensysteme im Wettbewerb Anders als die US-amerikanischen Banken waren die deutschen Universalbanken auf den Strukturwandel, der sich in erster Linie im Bedeutungszuwachs des Investmentbanking widerspiegelte, relativ schlecht vor- bereitet. Das hängt mit historisch bedingten Unterschieden im Bankensystem zusammen. Das deutsche Universalbankensystem hat es den Banken immer schon erlaubt, gleichzeitig im Einlagen-, Kredit- und Wert- papiergeschäft tätig zu sein. Dieses System war die Grundlage für die enge Verflechtung zwischen Banken und Industrie (Stichwort Deutschland AG, s. nächstes Kapitel). Dagegen wurde in den Vereinigten Staaten (wie auch in England) aufgrund der Erfahrungen aus der großen Bankenkrise Anfang der dreißiger Jahre das Trennbankensystem eingeführt. Danach durften Banken entweder im Einlagen- und Kreditgeschäft oder im Wertpapiergeschäft tätig sein (Glass-Steagall-Act 1933). Zwar besteht das Trennbankensystem bis heute, jedoch betont Huffschmid (1999: 69), dass die praktische Relevanz stark zurückgegangen sei, da Kre- ditbanken über selbständige Tochtergesellschaften in das Investmentgeschäft eingestiegen sind. Das deut- sche System der Industriebeteiligungen hat unter anderem dazu geführt, dass Banken den Investmentbe- reich nicht angemessen gefördert und als eigenständigen Geschäftszweig ausgebaut haben. Die Dominanz der amerikanischen Investmentbanken ist nach Huffschmid das Resultat der politisch auferlegten Trennung zwischen Kredit- und Wertpapiergeschäft (ebd. 79).26 Für deutsche Banken stellt sich speziell das Problem, sich gegenüber den führenden US-Investmentbanken im Geschäft mit deutschen und zunehmend auch europäischen Firmenkunden zu behaupten. In der öffentlichen Debatte werden beide Varianten oftmals auf einen Systemwettbewerb zugespitzt. Die großen deutschen Geschäfts- und Universalbanken strebten in den neunziger Jahren danach, die ver- gleichsweise prosperierenden Bereiche des Investmentbanking und der Vermögensverwaltung auszubau- en (Breuer 1996). In Ländern mit Trennbankensystemen, wie in den USA, haben die Geschäftsbanken, aber auch andere Finanzintermediäre auf vielfältige Weise die Grenzen umgangen, die ihrer Geschäftstätigkeit gesetzt wurden.27 Dies hatte schließlich zur Folge, dass die gesetzlichen Restriktionen für die Tätigkeit von Banken in den letzten Jahren schrittweise abgebaut wurden. Die Trends auf beiden Seiten des Atlantiks gegenüber gestellt, kann somit beobachtet werden, dass sich international die Kombination aus Asset Management und Investmentbanking als eine Art Allfinanz tendenziell durchsetzt. Da gleichzeitig nun auch in bankdominierten Finanzsystemen wie dem deutschen der Kapitalmarkt an Bedeutung gewinnt, kann man in Ansätzen von einer doppelten Konvergenzbewegung zwischen dem hiesigen und dem US-System sprechen. In den USA gewinnt die Allfinanz aus den Restriktionen des ehemaligen Trennbankensystems an Attraktivität, von deutscher Seite aus findet eine Balanceverschiebung in Richtung Investmentbanking statt. Dabei werden sich beide Systeme nicht vollständig angleichen, denn wie Becker/Sablowski betonen, „erfolgt die Regulierung des Finanzsektors weiterhin primär auf nationalstaatlicher Ebene, ist pfadabhängig und von national unterschiedlichen ökonomischen Entwicklungen geprägt, so dass trotz der Tendenz zur Konvergenz damit zu rechnen ist, dass nationale Unterschiede in den Finanzsystemen bestehen bleiben.” (Becker/Sablowski 2000: 3) In diesem Zusammenhang wird auch häufig auf die Grenzen des Investment- banking hingewiesen, da zum Beispiel die staatliche Neuverschuldung durch die Verträge von Maastricht und Amsterdam restriktiv gehandhabt wird und die Privatisierung staatlicher Unternehmen irgendwann abgeschlossen ist. Eine zu einseitige Konzentration auf das Investmentbanking könnte demnach kurzsich- tig sein. Vor diesem Hintergrund sind schließlich auch die jüngsten Restrukturierungspläne der Deutschen Bank zu interpretieren (vgl. Anm. 34). 26 Von den zehn weltgrößten Investmentbanken haben sieben ihren Hauptsitz in den USA (Quelle: Bloomberg). 27 Zum Beispiel fusionierte 1998 in den USA die Citibank, eine reguläre Geschäftsbank mit der Travelers Group (Versicherung, Vermö- gensverwaltung und nach der Übernahme von Salomon Brothers auch Investmentbank), woraus de facto ein Allfinanzkonzern entstand, der nach dem damals noch geltenden Glass-Steagall-Act von 1933 verboten wäre. 66 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 4.1.3 Konzentration in der deutschen Bankwirtschaft Die dominierende Antwort der deutschen Banken auf die neuen Herausforderungen und die zunehmende Konkurrenz waren und sind Konzentration oder Mergers and Acquisitions. Diese sogenannte Konsolidie- rungsphase im Finanzsektor verschärfte sich seit Mitte der neunziger Jahre, wobei Huffschmid (1999: 69) betont, dass stärker als bisher Großfusionen im Vordergrund standen. Er zieht aus den rund 20 Finanzfu- sionen der Jahre 1997 und 1998 drei zentrale Schlüsse. Erstens findet der überwiegende Teil der Großfu- sionen zwischen Banken statt. Zweitens haben die Fusionen überwiegend nationalen Charakter (eine gewichtige Ausnahme ist die Übernahme des amerikanischen Bankers Trust durch die Deutsche Bank, oder wenn man einen grenzüberschreitenden Zentralisationsprozess beobachten konnte, so handelte es sich in der Regel um die Übernahme kleinerer Institute durch eine ausländische Großbank, wie z.B. die Übernah- me des Derivatgeschäfts der englischen National Westminster durch die Deutsche Bank). Drittens ist die stärkste Fusionstätigkeit bei US-Banken festzustellen.28 In den USA findet in erster Linie ein nationaler Kon- solidierungsprozess statt, bei dem sich große regionale Geschäftsbanken, denen bislang die überregionale Tätigkeit verwehrt war, zusammenschließen. Man muss noch, viertens, ergänzen, dass es sich um Zusam- menschlüsse von Unternehmen mit weitgehend gleichen oder eng verbundenen Geschäftsfeldern handel- te (vgl. Börner 1998: 33). Aus betriebswirtschaftlicher Sicht dominieren bei Fusionen und Übernahmen Skalen- und Synergieeffekte. Dabei werden Skaleneffekte vor allem der Konzentration kleinerer Banken (Kreditgenossenschaften und Sparkassen oder Privatbankiers) attestiert, während die angesprochenen Großfusionen „über der kosten- optimalen Betriebsgröße” liegen (Börner 1998: 38). Entscheidende Konzentrationsmotive sind im Synergie- bereich die Zusammenlegung kongruenter Zweigstellennetze sowie die Verschlankung des „Overhead”. Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, HBV (www.hbv.org), sieht in der Fusionstätigkeit eher machtpolitisches als betriebswirtschaftliches „Best-Way“-Streben und betrachtet Großfusionen als „nicht zwingend erforderlich”. Das zentrale Argument der HBV ist die synonyme Verwendung der Worte Synergien und Freistellungen. „Dadurch, dass sich bei nationalen Großfusionen Institute zusammensch- ließen, die auf nahezu identischen Geschäftsfeldern tätig sind, entstehen die höchsten „Synergieeffekte”, das heißt Personalkosteneinsparungen. Es folgt ein massiver Arbeitsplatzabbau” (ebd.) (hierzu muss ange- merkt werden, dass Personaleinsparungskosten in erster Linie einer betriebswirtschaftlichen Logik folgen und weniger machtpolitisches Streben beinhalten, C.K.). Ferner werden die politischen Auswirkungen von Großfusionen angesprochen. „Superbanken” könnten einen zu großen Einfluss auf die Wirtschaft und die Gesetzgebung nehmen. Die oligopolistischen Strukturen erhöhten zudem die Marktmacht gegenüber den Kunden. „Größere Marktmacht ermöglicht einen größeren Preissetzungsspielraum. Gesamtwirtschaftlich ist diese Strategie kritisch zu sehen, da den gestiegenen Gewinnen der Unternehmen Verluste der Konsu- menten gegenüberstehen.” (Kieler Kurzberichte: Megafusionen Februar 5/00, zit. n. ebd.) Zur Vermeidung aufsichtstechnischer Defizite wird von Gewerkschaftsseite in Anbetracht der „Megafusionen” eine europäisch konstruierte und ausgerichtete Bankenaufsicht gefordert. Zudem wird aus branchenpolitischer Sicht der öffentliche Auftrag von Sparkassen und Landesbanken als Gegengewicht zur Konzentration im großen Geschäftsbankenbereich betont und Privatisierungsforderungen vehement zurückgewiesen (ebd.). Pfeiffer (2000: 623) sieht das ähnlich: „Allein schon die schiere Größe wird zum volkswirtschaftlichen Machtfaktor. Betriebswirtschaftliches Denken bedroht dann volkswirtschaftliche Vernunft und den Primat der Politik. [...] es wird in Deutschland eine immer wichtigere Aufgabe für die Politik, den Sparkassen sowie den genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken ökonomischen Spielraum zu erhalten. Diese Anti- 28 “In den USA hat sich die Zahl der Bankfusionen 1995 und 1996 um ein Drittel gegenüber den beiden Jahren 1991 und 1992 erhöht, der Wert der dabei verschmolzenen Vermögen aber hat sich mehr als verdoppelt. In den acht wichtigsten Ländern der EU nahm die Zahl der Zusammenschlüsse sogar auf weniger als die Hälfte ab, ihr Wert stieg aber um fast zwei Drittel“ (Huffschmid 1999: 69). 67 oligopole schützen Millionen von Verbrauchern, Handwerkern und Existenzgründern vor den bitteren Aus- wirkungen des Rosinenpickens der Großbanken.” Zusammenfassend kann die Diskussion polarisiert werden auf die kritisch-gewerkschaftliche Argumentati- on, die den „unvermeidbaren Sachzwang Globalisierung” und den daraus resultierenden „Wettbewerbs- druck” als machtpolitisches Kalkül klassifiziert, während die neoliberale Seite diesen Sachzwang stark macht, mit dem Hinweis auf die Internationalisierung der Kundenstruktur, die es Banken „nicht erlauben, nur ein bisschen global tätig zu werden, sondern eine intensive Durchdringung des Marktes erfordern.” (Börner 1998: 41, vgl. auch Walter 1999) 4.1.4 Rentenreform Ausgehend von den oben genannten Entwicklungen lässt sich ein Ausblick skizzieren, bei dem vor allem der Teilprivatisierung der Rente eine Katalysatorwirkung für die gesamte Finanzwirtschaft zugeschrieben wird. Vom Schritt in das Neuland einer aus Umlageverfahren und Kapitaldeckung kombinierten Altersvorsorge werden die Banken in erster Linie in ihrer Funktion als Fondsverwalter profitieren. Christen (2000: 16ff.) ver- weist dabei auf die bereits existierende marktdominierende Position der Banken bei Publikums- und Spezi- alfonds. Aufgrund des Investitionsverhaltens und der Beteiligungsstruktur seien Spezialfonds „Einrichtungen von großen Finanzinstituten für große Finanzinstitute” (BVI 1998: 52, zit. n. ebd.: 17), außerdem werden vier Fünftel (388 Mrd. DM, Stand Ende 1998) der Publikumsfondsgelder durch die drei Großbanken (Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank) und den Sparkassenzentralen verwaltet (ebd.: 18). Huffschmid (1999: 82) konstatiert im Kontext der Rentenreform vor allem eine Aufgabenerweiterung von Investmentbanken: „Wenn die Investmentbanken zunehmend in das Geschäft der finanzmarktgetriebenen Alterssicherungen einsteigen, nähern sie sich der dritten großen Gruppe von Finanzmarktakteuren, die das Geschehen auf den nationalen und internationalen Finanzmärkten bestimmen. Sie werden zu ‚institutio- nellen Investoren’”. Die drei großen Gruppen von institutionellen Anlegern sind Kapitalanlagegesellschaften (z.B. Investmentfonds, aber auch die hochspekulativen Hedge Funds), Pensionsfonds (die ihre Mittel aus den Beiträgen zur Alterssicherung von Arbeitnehmern beziehen) und Versicherungen. Am Beispiel USA wird deutlich, welche Macht institutionelle Investoren erlangen können, denn dort verwalten professionel- le institutionelle Anleger bereits mehr als 50 Prozent des gesamten Vermögens im Finanzsektor, während dieser Anteil in Deutschland noch bei 19 Prozent liegt (vgl. IMF 1997: 135). Nach Zahlen der Bank für Inter- nationalen Zahlungsausgleich (BIZ, 68. Jahresbericht: 94-99) ist die größte Gruppe der institutionellen Inve- storen die Versicherungswirtschaft. In Deutschland liegt diese Gruppe bei der Vermögensverwaltung durch Versicherungen am höchsten, weil hier Pensionsfonds (noch) eine untergeordnete Rolle spielen. In den USA hingegen, wo die Kapitaldeckung der Altersvorsorge schon immer existierte, dominieren Pensionsfonds den Markt (vgl. Christen 2000: 22).29 „Der Trend zur Umstellung der Alterssicherungssysteme vom bei- tragsfinanzierten Umlage- zum individuellen Kapitaldeckungsverfahren öffnet [...] einerseits attraktive Per- spektiven für die Gruppe der institutionellen Anleger insgesamt. Andererseits gerät hierdurch die Versiche- rungswirtschaft unter neuen Druck.” (Huffschmid 1999: 88) Die Allfinanz-Strategie, verwirklicht bei der Übernahme der Dresdner Bank durch den Allianz-Konzern, ist vor diesem Hintergrund zu interpretieren, 29 So ist in den USA z.B. ein verstärktes Engagement bezüglich der Kontrolle von Unternehmen beobachtbar (vgl. Nassauer 2000: 263; dazu mehr im folgenden Kapitel). Allerdings beschränkt sich die Marktmacht nicht nur auf den nationalen Raum, sondern erstreckt sich zwangsläufig auch auf den internationalen Markt der Unternehmenskontrolle und vor allem die Finanzmärkte. Alleine der Pensions- fonds der öffentlichen Bediensteten von Kalifornien, California Public Employees´ Retirement System (CalPERS), hat ein Anlagevolumen von über 100 Mrd. USD. Die Umschichtung von Summen dieser Größenordnung kann eine ganze Region in eine Krise stürzen, wie die Asienkrise der Jahre 1997 und 1998 deutlich gezeigt hat. Die systemische Instabilität wird durch die zunehmende Größe der Global Player unter den institutionellen Anlegern erheblich erhöht (vgl. Kellermann 1999, Guttmann 1998). 68 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 schließlich ist es noch unklar, welche „Renten-Produkte” der Staat künftig fördern will, weshalb es sich anbietet, das gesamte Spektrum anbieten zu können (vgl. DAI 2001). Auf der letzten Hauptversammlung der Dresdner Bank (vom 11. Mai 2001) betonte der Vorstandsvorsitzende Fahrholz nochmals, dass der ent- scheidende Grund für die Fusion der beiden Institute das Geschäft mit der privaten Altersvorsorge in Deutschland sei: „Es liegt auf der Hand, dass sich hier vielversprechende Perspektiven ergeben. Die gemein- same Ausgangsposition von Allianz und Dresdner Bank erweist sich als ausgesprochen günstig.” (Quelle: dpa)30 Im Gegenzug hat die Deutsche Bank Gespräche mit der französischen Axa Versicherungsgruppe bestätigt. Auch diese „Kooperation” wäre ein Schritt hin zum Allfinanzkonzept.31 Ferner übernimmt die Mün- chener Rückversicherung bedingt durch die Allianz-Dresdner-Fusion die Allianz-Anteile an der HypoVer- einsbank. Genauso wie die Commerzbank bereits Verbindungen zu einem Versicherer hat (Generali, Itali- en). Zusammenfassend könnte man diese Entwicklung als den ersten Schritt in Richtung einer „Europa AG” bezeichnen. Eine Studie von Goldman Sachs schätzt, dass durch die Rentenreform bis zu 300 Milliarden Euro (entspre- chend 9 Prozent des Bruttoinlandsprodukt der BRD, BIP) bis 2010 an die institutionellen Investoren fließen könnten: „We understand that initially employees will have the option to invest part of their gross wage into a life-insurance-type product. However, we expect company pension schemes are also likely to allow tax-deferred investment in mutual funds. These (defined-contribution) plans are likely to be offered direct- ly by asset managers to company employees. […] Both management and distribution of funds for com- pany pension schemes will benefit from the reform” (Goldman Sachs 2000: 16).32 Dabei sollen sowohl die Banken als auch der Versicherungssektor profitieren, genauso wie der Finanzplatz Deutschland durch die Mobilisierung von Kapital eine neue Dynamik erreichen werde (Goldman Sachs 2000). Ein Machtzuwachs der institutionellen Investoren (und damit auch der Banken) durch die Rentenreform ist offensichtlich, der Trend hin zum Allfinanz-Charakter deutscher Kreditinstitute und Assekuranzen wird dadurch verschärft. Durch das voraussichtliche Zusammenrücken der Bayerischen HypoVereinsbank mit der Münchener Rück und der Übernahme der Dresdner Bank durch die Allianz entstehen zwei neue Gravitationszentren am deutschen Finanzmarkt. Dieser Entwicklung Rechnung tragend plant Finanzminister Hans Eichel, die Kon- trolle über Kreditinstitute, Versicherungen und Finanzmärkte in einer Aufsichtsbehörde zusammenzufassen (der Entwurf soll Ende Mai im Bundeskabinett vorgelegt werden, vgl. Frankfurter Rundschau vom 14. Mai 2001). Die von der Rentenreform zu erwartende neue Dynamik im Finanzwesen Deutschlands darf in Anbe- tracht der Dimensionen und Reichweite dieses Reformprogramms nicht unterschätzt werden. 4.1.5 Investment-Fokus, Allfinanz und Multispezialisierung Insgesamt wird das Investment-Bankgeschäft von einer relativ kleinen und überschaubaren Gruppe von Akteuren geprägt. Der Marktzugang für neue Akteure ist hier nur schwierig zu erreichen. Dabei ist nicht allein die absolute Größe der Banken ausschlaggebend. Zum Teil spielen auch „kleinere” Banken (wie z.B. Lazard) eine wichtige Rolle, deren Stärke in ihrer langen Tradition und in ihren zahlreichen Unternehmens- kontakten liegt. Das Investmentbank-Geschäft dürfte mithin der profitabelste und dynamischste Bereich des 30 Bereits seit einigen Jahren gehört die Vermögensverwaltung neben der Sach- und Lebensversicherung für die Allianz zum Kerngeschäft. Dresdner Bank und Allianz kommen zusammen auf ein verwaltetes Volumen von rund 1000 Mrd. Euro, womit sie Platz drei hinter der Schweizer UBS und der amerikanischen Fondsgesellschaft Fidelity belegen (vgl. Financial Times Deutschland vom 30. März 2001). 31 Die Deutsche Bank hat bislang auf der Versicherungsseite nur den Lebensversicherer Deutscher Herold und eine Beteiligung an Ger- ling. Von Gerling will sich das Institut seit längerem trennen, der Herold gilt als zu klein (vgl. Financial Times Deutschland vom 30. März 2001). 32 Auf der anderen Seite gibt es noch die Betriebsrente. Arbeitnehmer sollen bei einer Firmenrente oder von einem branchenweiten Pen- sionsfonds von geringeren Abschluss- und Verwaltungsgebühren profitieren, als dies bei einem privaten Vertrag der Fall wäre. Außer- dem können Arbeitnehmer mit dem neuen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung bereits von 2002 (ansonsten erst von 2008) an vier Prozent ihres Gehalts steuer- und sozialabgabenfrei in einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse fließen lassen. Nebenbei ver- sprechen sich die Gewerkschaften von jener kollektiv organisierten Altersvorsorge u.a. eine neue Bindekraft für den Flächentarifvertrag (vgl. Frankfurter Rundschau vom 12. Mai 2001, S. 9). 69 gesamten Bankgeschäfts sein. Die verschärfte internationale Konkurrenz der Banken und die unterschiedli- che Entwicklung der Profitabilität in den einzelnen Geschäftssegmenten erhöht die internen Spannungen in den deutschen Universalbanken. Das traditionelle Geschäft mit Krediten und Privatkunden wird verhältnis- mäßig unattraktiv und einem starken Rationalisierungsdruck ausgesetzt. Eine Transformation der großen deutschen Universalbanken in Spezialbanken, die sich nur noch auf die profitabelsten Geschäftsfelder kon- zentrieren, ist aber eher unwahrscheinlich, da das breite Fundament den deutschen Universalbanken Größenvorteile verschafft, die gerade in der gegenwärtigen Phase der internationalen Expansion wichtig sind. Im globalen Maßstab betrachtet lassen sich scheinbar widersprüchliche Tendenzen ausmachen: Einerseits die Herausbildung von Allfinanzkonzernen, die auch in den USA zur gänzlichen Aufhebung des Trennban- kensystems führen wird, andererseits die interne Ausdifferenzierung der Universalbanken. Zum Beispiel dient der Strategiewechsel der Deutschen Bank vor diesem Hintergrund auch einer „Glättung von Ergeb- nisschwankungen durch die Diversifikation in verschiedene Geschäftsfelder” (Börner 1998: 42). Dabei kommt eine aktuelle Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC 2001) zu dem Ergebnis, dass sich die Geschäftsmodelle europäischer und amerikanischer Finanzinstitute vermehrt angleichen werden. Dies bereite den Weg für weitere Fusionen und Übernahmen, strategische Allianzen und Joint Ventures. Eine andere Untersuchung (vom Beratungsunternehmen Andersen) kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Konzentration in der Branche anhalten wird, dennoch hätten 79 Prozent der 310 befragten Führungskräfte ein organisches Wachstum als den besten Weg für eine Verbesserung des Shareholder Value angesehen. Trotzdem waren 1999 und 2000 knapp 70 Prozent der untersuchten Unternehmen an Fusionen, Übernah- men, strategischen Allianzen oder Auslagerung von Unternehmensteilen beteiligt. Als Begründung führen über die Hälfte der Befragten Schutzmaßnahmen an, um eine eigene feindliche Übernahme zu vermeiden (vgl. Andersen 2001). Die Zukunft der deutschen Universalbank könnte man infolgedessen mit dem Begriff „Multispezialisierung” (Michael Ollmann, Direktor der Unternehmensberatung McKinsey & Company, auf dem Bankentag in Lüne- burg, Juni 1996) umschreiben. Die Universalbanken sind bislang große Monolithen, deren Struktur dem Wandel der europäischen Bankenlandschaft nicht gewachsen sei. Kritik wird dabei am Bauchladenprinzip der Universalbanken geäußert, durch das einzelne Geschäftsbereiche nicht mehr ihre Kapitalkosten decken und somit quersubventioniert werden müssen. Das widerspricht aber den Shareholder-Value-Anforderun- gen, die auch an Banken gestellt werden.33 So soll zum Beispiel die Deutsche Bank eine „Universalbank neuen Stils” werden.34 „Die Banken müssen [...] – wie alle Unternehmen – auch die Interessen der Kapital- geber verstärkt beachten. Sie müssen sich – um hier den in der Öffentlichkeit umstrittenen und mit Emo- tionen belegten Fachbegriff zu nennen – am Shareholder Value orientieren.” (Walter 1999) Der Sharehol- der Value kann als eine Triebkraft der Konsolidierungsphase herangezogen werden, allerdings beschränkt sich das eher auf den Investmentbanking-Fokus, der in den neunziger Jahren verstärkt zu beobachten war. Stärker zu gewichten sind heute die Internationalisierung/Europäisierung des (Kunden-) Geschäfts sowie 33 Bischoff (2000: 134) sieht die Orientierung am Shareholder Value sogar als die „entscheidende Triebfeder für die Zentralisationsbewe- gung im Finanzsektor”, die gleichzeitig auch auf eine nachhaltige Steigerung der Ertragskraft des Unternehmens, seines Börsenwerts und der Eigenkapitalrendite abzielt. 34 Dazu dienen die jüngsten Restrukturierungspläne der Deutschen Bank vom Februar 2001. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Rolf-Ernst Breuer, gab auf einer Bilanzpressekonferenz Anfang Februar 2001 eine interne Restrukturierung der Geschäftsfelder bekannt. Danach wird das neue Modell aus zwei Säulen bestehen, eine für das Firmenkundengeschäft, eine für Privatkunden. In der Fir- menkundenbank (Corporate and Investmentbank, CIB) werden das Wertpapiergeschäft, die Unternehmensfinanzierung und die Abwicklungsgeschäfte gebündelt. In der Privatkundeneinheit (Private Clients and Asset Management, PCAM) gehen das Geschäft mit Privatenkunden sowie Vermögensverwaltung ein. Diese Neuordnung bedeutet ebenfalls einen Paradigmenwechsel in der Unternehmensausrichtung. Nachdem das Investmentbanking jahrelang als wichtigste Ertragsquelle des Konzerns kontinuierlich ausge- baut wurde und das Geschäft mit privaten Kunden im Zuge der Fusionsverhandlungen mit der Dresdner Bank sogar an die Allianz AG verkauft werden sollte, sieht man nun die Zuwachsraten im Investmentbanking als „ausgereizt“ (Breuer). Die Erträge im Privatkun- dengeschäft sollen künftig im Vergleich zum Investmentbanking doppelt so stark wachsen (Financial Times Deutschland vom 2.2.01). 70 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 die Aussichten auf die Rentenreform, die prinzipiell den Trend zum Allfinanz-Konzept vorantreiben. Die All- finanz-Ausrichtung widerspricht im Kern sogar den Anforderungen des Shareholder Value. Da die Allfi- nanzstrategie eine Erweiterung der Geschäftsfelder anstatt einer Konzentration auf Kerngeschäftsbereiche bedeutet, spricht man in Analystenkreisen bereits vom „Allfinanzabschlag”. Die Bedeutung des Shareholder Value und die Veränderungen im Beziehungsgeflecht von Finanzinstituten und Industrieunternehmen sind Gegenstand des folgenden Kapitels. 4.2 Shareholder Value und Corporate Governance Die Ursachen und Momente der Konsolidierungswelle in der deutschen Banken- und Finanzlandschaft tra- gen auch zur graduellen Erosion der engen Verbindungen zwischen Finanzkonzernen und Industrie- sowie Handelsunternehmen, die oftmals mit dem Oberbegriff „Deutschland AG” umschrieben werden, bei. Der Bedeutungszuwachs des Investmentbankings sowie des Wertpapierhandels gegenüber dem klassischen Kreditgeschäft der Banken hat strukturelle Auswirkungen auf den Unternehmenssektor. Mit dem zu beob- achtenden Rückzug der Banken aus ihrer Rolle der reinen Hausbank und ihrer Hinwendung zum Invest- mentbanking nach internationalem Standard wandelt sich gleichzeitig das deutsche korporatistische Modell. Dass sich in Zukunft in der Bundesrepublik die Unternehmensfinanzierung und die Einflussnahme durch andere institutionelle Anleger über den Anteilsbesitz an das angelsächsische Modell annähern wird, ist abzusehen. Unternehmen befinden sich unter diesen Bedingungen vermehrt in einem „börsentäglichen Schönheitswettbewerb”. Dadurch hat bei den großen industriellen Aktiengesellschaften scheinbar ein Umdenken in der strategischen Ausrichtung stattgefunden. In der öffentlichen und wissenschaftlichen Debatte fallen in diesem Kontext immer wieder die Schlagworte Shareholder Value und Corporate Gover- nance. Das Bindeglied beider Termini ist der Kapitalmarkt. Vor allem der Begriff des Shareholder Value wird des Öfteren als ein „ideologischer Kampfbegriff“(Detlef Schrempp, Vorstandsvorsitzender der Daimler- Chrysler AG, zit. n. Nassauer 2000: 259) instrumentalisiert, wobei nicht selten die Trennschärfe der ver- schiedenen Dimensionen in der Terminologie und somit in der Debatte miteinander vermischt werden. Das Shareholder-Value-Konzept wird häufig mit dem sogenannten Stakeholder-Ansatz kontrastiert, was im Grunde auf die Gegenüberstellung des „atlantischen” mit dem „rheinischen” Kapitalismus hinausläuft. Um die Tragweite dieses Diskurses evaluieren zu können, ist es aber entscheidend, die Grenzen zwischen den verschiedenen Dimensionen zu definieren. In Anlehnung an Steffen Becker (2001: 5ff.) lassen sich drei analytisch zu trennende Bereiche herausstellen, in denen der Begriff Shareholder Value eine prominente Stellung innehat. (1) Danach ist Shareholder Value, erstens, ein spezifisches Managementkonzept aus dem angelsächsi- schen Raum kommend, dessen Urvater Alfred Rappaport mit seinem Buch „Creating Shareholder Value. The New Standard for Business Performance” (1986) ist. Entstanden ist das Konzept aus dem Anreiz, den eigenen Betrieb durch die Steigerung des Marktwerts vor einer feindlichen Übernahme während der ausgeprägten M&A-Phase (Mergers and Acquisitions) der achtziger Jahre in den USA zu schützen. Dabei handelt es sich um ein betriebswirtschaftliches Rahmenwerk, das im Ergebnis für eine über- durchschnittliche Kapitalrendite der Aktionäre sorgen soll. Dafür werden Unternehmensstrategien aus- schließlich an ihrem voraussichtlichen ökonomischen Ertrag ausgerichtet. Betriebsorganisatorisch nimmt vor allem das Finanzcontrolling einen zentraleren Platz bei der Unternehmensausrichtung ein. In diesem Sinn fungiert der Shareholder Value als Ursache und Legitimation aktueller Restrukturierungsprozesse von Unternehmen, die sich darin äußern, dass eine verstärkte Konzentration auf das Kerngeschäft statt- findet. Dem Konzept zugrunde liegt die sogenannten Agency-Theorie, die davon ausgeht, dass die Interessen des Managements denen der Aktionäre zuwider laufen (können). Durch das spezifisch finanzwirtschaftliche Kennziffernsystem des Shareholder-Value-Ansatzes soll dieser Interessenkonflikt 71 neutralisiert und eine optimale Allokationseffizienz sicher gestellt werden (vgl. Rappaport 1995). Im Zuge des Shareholder-Value-Konzepts werden aktienbasierte Gehaltsformen (Stock Options) einge- führt, die die Bindung des Managements an das Führungsprinzip verfestigen sollen. Die Debatte um dieses Prinzip wird sowohl auf betriebswirtschaftlicher wie auch auf sozialwissenschaftlicher Ebene geführt. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob das Konzept des Shareholder Value tatsächlich für einschneidende Veränderungen der Strategien und Strukturen von Unternehmen verantwortlich ist, oder ob es sich am Ende doch nur um „alten Wein in neuen Schläuchen” (Sablowski/Rupp 2001) han- delt. (2) In der erweiterten Form wird die betriebswirtschaftliche Strategie des Shareholder Value in den makroökonomischen Kontext übertragen. Hierbei findet die Debatte im Rahmen der Corporate-Gover- nance-Forschung statt, deren zentraler Bezugspunkt das Verhältnis von Eigentümern, Management und Finanzintermediären, sowie den weiteren institutionellen Bedingungen der strategischen Unterneh- mensführung und –kontrolle ist (vgl. D’Alessio/Oberbeck 1999). Das geschieht im wesentlichen auf der komparativen Ebene bezüglich des „rheinischen” und „atlantischen” Modells der Corporate Governan- ce (vgl. Lazonick/O’Sullivan 2000). Die Integration des Shareholder Value in diese Debatte läuft über den Mechanismus Kapitalmarkt, indem unterschieden wird in Systeme, in denen der Kapitalmarkt zur Unternehmensfinanzierung eine entscheidende oder untergeordnete Rolle spielt – also die Identifikati- on dominanter Aktionärsinteressen und die Reichweite des Einflusses auf die industrielle Restrukturie- rung (vgl. Jürgens et al. 2000). Die kapitalmarktdominierte Corporate Governance wird bislang speziell dem atlantischen (oder angelsächsischen) System zugeschrieben, wobei sich die Debatte in Deutsch- land gerade darauf konzentriert, inwieweit sich jenes Modell bei uns durchsetzt. Zum Teil wird in der wissenschaftlichen Literatur bereits eine fortgeschrittene Durchdringung des deutschen Stakeholder- Systems durch das angelsächsische Shareholder-System konstatiert (vgl. O’Sullivan 1998; Höpner 2000), während auf der anderen Seite die strukturelle Solidität und Inflexibilität des deutschen Systems (also die institutionalisierten Beziehungen) betont und die These vertreten wird, dass zwar tiefgreifende Ver- änderungen zu beobachten seien, diese aber wohl in einem neuen deutschen Modell der Corporate Governance münden werden (vgl. D’Alessio/Oberbeck 1999; Jürgens et. al 2000; Vitols 2000). (3) Das Shareholder-Value- und das Corporate-Governance-Konzept werden auf der theoretischen Ebene schließlich in einem politökonomischen Kontext diskutiert, der sich mit der Frage auseinandersetzt, ob sich durch die genannten Ansätze und die Entwicklung der Finanzmärkte mit allen nachgelagerten Fol- gerungen ein „neues (finanzgetriebenes) Akkumulationsregime” herausgebildet haben könnte (vgl. Aglietta 2000a; Boyer 2000). In einem finanzgetriebenen Akkumulationsregime nimmt der Kapital- markt den zentralen Platz ein, der im Fordismus dem Lohnverhältnis zukam. Im Finanzsystem würden finanzielle Normen wie die Privilegierung des Shareholder Value generiert, die zu einem erhöhten Ren- tabilitätsdruck führen, in der Konsequenz aber einen neuen Wachstumsmodus über kapitalmarktba- sierte Nachfragegenerierung schaffen könnten (zur Kritik, s. Scherrer 2001). Im Folgenden werden die ersten beiden Punkte näher betrachtet. 4.2.1 Shareholder Value in Deutschland Der zunehmende internationale Wettbewerbsdruck, dem sich deutsche Unternehmungen auf den Güter- märkten ausgesetzt sehen, sowie die zunehmende Inanspruchnahme internationaler Kapitalmärkte, die eine stärkere Beachtung der Interessen der (internationalen) Investoren erfordern, setzen das deutsche System der Unternehmenskontrolle unter erheblichen Anpassungsdruck (vgl. Dufey/Hommel 1997; OECD 1995). In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob mit einer intensivierten Betonung der Kapitalmärkte im Rahmen der Unternehmensfinanzierung und –kontrolle einer der Wettbewerbsvorteile der deutschen Indu- strie, nämlich die Ermöglichung einer Langfristorientierung des Managements der Unternehmungen durch 72 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 eine auf stabilen Beziehungen basierende Unternehmenskontrolle, aufgegeben wird für eine Kurzfristori- entierung im Zeichen der Shareholder-Value-Doktrin. Shareholder Value ist in diesem Sinne ein Manage- mentkonzept, dessen zentrales Kriterium für eine erfolgreiche Unternehmenspolitik die überdurchschnittli- che Steigerung der Kapitalrendite der Eigentümer des Grundkapitals ist. Dabei wird von den Vertretern der Idee auf der Basis neoklassischer Modelle in erster Linie mit Allokationseffizienz und folglich wohlfahrts- theoretischen Implikationen des Modells argumentiert. Von Weizsäcker offeriert ein typisches Beispiel der Argumentation: Das Shareholder-Value-Konzept bedeute keinen Paradigmenwechsel in Deutschland, son- dern es sei nichts anderes als die moderne Zuspitzung des unternehmerischen Gewinnstrebens. Gestützt auf Privateigentum und Wettbewerb ergebe sich aus dieser Motivation der größtmögliche Wohlstand für die gesamte Wirtschaft. Unternehmungen, die diesem Konzept folgen, handeln effizient und in ihrem lang- fristigen Interesse. Damit werden diese Unternehmungen nicht nur den Zielen ihrer Aktionäre, sondern auch den Interessen der Arbeitnehmer und Kunden, also der Stakeholder, gerecht (vgl. von Weizsäcker 1998: 15). Dieses makroökonomische Legitimationsprinzip basiert auf folgender betriebswirtschaftlicher Grundrech- nung. Die zentrale Methode ist die Vereinheitlichung von Bewertungsverfahren und Finanzberichten. So soll ein objektiver Maßstab für den ökonomischen Vergleich verschiedener unternehmensstrategischer Optio- nen geschaffen werden (Copeland et al. 1993). Zu diesem Zweck wird die Messgröße Gewinn nicht mehr als zuverlässiger Indikator für die Unternehmensbewertung erachtet und auf den neuen Indikator Discoun- ted Cash Flow (DCF) verwiesen.35 Darunter versteht man „den Betrag an liquiden Mitteln, der einem Unter- nehmen für neue Investitionen und insbesondere für die Ausschüttung an die Kapitalgeber in Form von Zin- sen und Dividenden zur Verfügung steht.” (Hirsch-Kreinsen 1999: 323) Zentrales Charakteristikum dieser Berechnungsgröße ist die Suggestion einer ex-ante-Betrachtung, indem die zukünftig zu erwartenden Geldflüsse auf der Grundlage des Diskontsatzes auf die Gegenwart (Barwert) abgezinst werden (Becker 2001: 48). Durch den dadurch ermöglichten direkten und „objektiven” Vergleich von verschiedenartigen Geschäftsfeldern sollen die branchenspezifischen „Werttreiber” in den Mittelpunkt des strategischen Mana- gements gerückt werden (vgl. Black et al. 1998). Shareholder Value ist demnach der „Ausdruck der Ver- marktlichung der Steuerungs- und Koordinierungsprozesse im Unternehmen” (Sauer/Döhl 1997), die im Resultat zu einer Konzentration auf Kerngeschäftsfelder führt. Die Abspaltung nicht rentabler und nicht zum Kerngeschäftsfeld gehörender Bereiche charakterisiert die jüngste Fusionswelle (am Beispiel der Chemieindustrie in Deutschland vgl. Menz/Becker/Sablowski 1999; Becker 2001;)0. Das klassische Mischkonzern-Modell wird demnach in Kapitalmarkt-Maßstäben als unpro- fitabel betrachtet, da hier Quersubventionierungen unrentabler Bereiche den Unternehmenswert solcher Konzerne schmälern. Es gilt die Regel, der Unternehmenswert von Mischkonzernen sei niedriger als die Summe der Werte einzelner Geschäftsbereiche, was eine Abkehr von der Diversifizierung der Unterneh- mensaktivitäten impliziert. 4.2.2 Kritik am Shareholder-Value-Konzept Die Kritik am Shareholder Value setzt auf mehreren Ebenen an: So meinen Sablowski/Rupp (2001: 57) unter Berufung auf Fligstein (1990), dass es sich hierbei ohnehin nicht um ein genuin neues Phänomen handelt, 35 Die im traditionellen Rechnungswesen vorherrschenden Maßstäbe und Kennziffern werden vom Shareholder-Value-Ansatz als untauglich angesehen, da sie nicht verlässlich mit einer Wertsteigerung der Anteilsscheine des Unternehmens gekoppelt seien. Außer- dem würden die bisherigen Spielräume bei der Bilanzierung den internationalen Vergleich von Unternehmen erschweren. Ferner gäbe die traditionelle Bilanzierung keine kapitalmarktorientierte Entscheidungsgrundlage für (Des-)Investitionen. Und schließlich sei das herkömmliche Kennziffernsystem ausschließlich vergangenheitsbezogen (vgl. Becker 2001: 46ff.). 36 Dies äußert sich in einem Prozess der Dezentralisierung und steigender Flexibilisierung, einer geringeren Fertigungstiefe der Wertschöp- fungskette (vertikale Desintegration), Outsourcing und Verlagerung von Unternehmensbereichen, Fremdvergabe von Aufträgen und im Aufbau segmentierter Zulieferpyramiden. Profit Center entscheiden über die Fokussierung des Geschäftsfeldes, die Funktion der verbleibenden Unternehmenszentrale reduziert sich vielfach auf eine „Finanzholding“ (vgl. Hirsch-Kreinsen 1999: 325ff., s. auch Kapitel „Digitale Revolution und Unternehmensstrategien“ von Frank Klobes in diesem Band). 73 sondern dass dieses Konzept nur eine neue Variante von seit mehreren Jahrzehnten verbreiteten und zunehmend dominierenden, finanzorientierten Kontrollkonzepten von Unternehmen darstellt. Das ändere allerdings nichts an der Tatsache, dass „finanzkontrollierte Kontrollsysteme [...] in vieler Hinsicht unzuläng- lich sind” (Sablowski/Rupp 2001: 57). Kaplan/Norton (1996: 22f.) attestieren dem finanzwirtschaftlichen Kennziffernsystem eine reduktionistische Perspektive, die nicht in der Lage sei, alle Dimensionen der unter- nehmerischen Wertschöpfung einzubeziehen und zu steuern. Zum Beispiel könnte dies dazu führen, dass die für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmen unerlässlichen Investitionen in Produk- tivkapital, die nicht unmittelbar renditesteigernd wirken, wie etwa die Qualifizierung der Beschäftigten, dem kapitalmarktorientierten Rationalisierungskalkül geopfert werden. Die Kritik an der vermeintlichen Objekti- vität der neuen Kennziffern greift vor allem an der „Berechnung der Zukunft” an. Für Hirsch-Kreinsen (1998: 199) ist jene deshalb „völlig illusionär” und auch Sablowski/Rupp (2001: 60) betonen, dass „fast alle Größen, die in die Shareholder Value orientierte Unternehmensbewertung eingehen, von subjektiven Ein- schätzungen abhängen”.37 Die betriebswirtschaftliche und ökonometrische Forschung hat noch keine eindeutige, signifikant positive Korrelation aus Shareholder-Value-Orientierung und Wertsteigerung nachgewiesen. Blies (2000: 249f.) fand bei der Sichtung der aktuellen ökonometrischen Studien keine eindeutigen Ergebnisse, weshalb er zu fol- gendem Schluss kommt: „In Anbetracht des ungesicherten Forschungsstandes auf diesem Gebiet erscheint es sehr problematisch, wenn hierzulande Forderungen laut werden, bestimmte Regelungselemente der börsennotierten Systeme, namentlich der USA, zum Vorbild zu nehmen [...].” Da der betriebswirtschaftliche Beleg noch aussteht, drängt sich der Verdacht auf, dass es sich im wesentlichen um ein machtpolitisches Instrument handelt, mit dem eine Veränderung der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse zugunsten der Kapitaleigner angestrebt wird (vgl. ebd.; Christen 2000). Das äußert sich auch darin, dass sich mit der Durch- setzung des Shareholder Value oftmals eine massive Freisetzungswelle verbindet. Eine Studie von Pricewa- terhouseCoopers (1999) stellt hier den Zusammenhang von Personalkosten und dem Shareholder Value her. Schließlich sind die Personalkosten ein bedeutender Posten der Gesamtbetriebskosten, die im zweiten Schritt also auf die sogenannten Value Driver fokussiert werden müssen. Das kann „längerfristig die Sen- kung des Lohnniveaus und die verbreitete Nutzung prekärer Arbeitsverhältnisse zur Folge haben” (Hirsch- Kreinsen 1999: 326). Protagonisten des Shareholder Value halten dem entgegen, dass die Privilegierung der Interessen der Anteilseigner gegenüber denjenigen anderer Anspruchsgruppen (Stakeholder) eines Unter- nehmens die Grundvoraussetzung für Investitionen und das Wachstum des Unternehmens sei, und somit die Arbeitsplätze gesichert würden. Schließlich würde eine gleichrangige Berücksichtigung aller Stakehol- der-Interessen in der betriebswirtschaftlichen Praxis ohnehin nicht zu realisieren sein. Der integrative Ver- such würde demnach zu einem erheblichen Rückgang der Profitabilität und des Unternehmenswertes auf dem Kapitalmarkt führen. Für neue Investitionen ist allerdings ein steigender Unternehmenswert Grund- voraussetzung (vgl. PricewaterhouseCoopers 1999). Um sicher zu gehen, dass sich das Management dem Shareholder Value verschreibt, werden aktienbasierte Vergütungselemente aber auch Mitarbeiterkapitalbe- teiligungen eingesetzt. Dies gilt als ein entscheidendes Signal für die Kapitalmarktakteure, dass sich ein Unternehmen um die Steigerung seines Shareholder Value bemüht (vgl. von Rosen 1996: 4). Von Gewerk- schaftsseite kommen zu diesem Thema unterschiedliche Stellungnahmen. Zum Teil wird die Beteiligung der Beschäftigten am Eigenkapital begrüßt beziehungsweise gefordert. Erhofft wird sich dadurch nicht nur eine Steigerung des Lohnniveaus, sondern auch die Zunahme der Einflussmöglichkeiten der Beschäftigten auf die strategische Unternehmensführung (vgl. Müller 2000). Andere wiederum sehen hierin vor allem einen unüberwindbaren Interessenskonflikt der „Mitarbeiteraktionäre”, die sich beim Anblick ihres Portfolios in dubio pro Arbeitsplatzabbau entscheiden und sich am Ende um des Shareholder Value Willen selbst „weg- 37 Alleine durch die Verwendung von Beta-Faktoren (das sind unternehmensspezifische Risikofaktoren) entsteht ein erheblicher Ermessensspielraum für die Zugrundelegung des Kapitalkostensatzes für das eingesetzte Kapital, der wiederum eine Messgröße des Discounted Cash Flows ist (vgl. Taetzner 2000). 74 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 rationalisieren”, was schließlich in einer Entsolidarisierung münde (vgl. Menz et al. 1999: 45). Denn die Idee, einen größeren Teil der betrieblichen Lohnkosten an die Aktienkursperformance zu binden, geht einher mit der Vorstellung, dass der tarifliche Grundlohn hinter der branchendurchschnittlichen Produktivitätsentwick- lung zurückbleiben soll. Sablowski/Rupp (2001: 47-50) sowie Becker (2001: 74-84) argumentieren in ihren Beiträgen zur Sharehol- der Value Debatte auf der theoretischen Ebene, dass der unterstellte betriebswirtschaftliche Sinngehalt des Managementkonzepts als Mittel zur Steigerung des Unternehmenswerts nur auf der Annahme einer (wirt- schaftstheoretischen) neoklassischen Kapitalmarkteffizienz zum Tragen kommt. Da hier aber realitätsfrem- de Prämissen zu den Mechanismen des Aktienmarkts und dem Verhalten der Akteure zugrunde liegen und der Prozess der Aktienpreisbildung „im Labor” betrachtet wird, müsse der Versuch, den Unternehmenswert über die Shareholder-Value-Anleitung zu steigern, von vorne herein ein zweifelhaftes Unterfangen sein. Ent- gegen der neoklassischen Kapitalmarkttheorie, geht Becker (ebd.: 77) davon aus, „dass die Handlungen und Bewertungen auf dem Kapitalmarkt und die daraus resultierenden Preisbildungsprozesse für Wertpa- piere in soziale Mikrokontexte und Netzwerke einerseits und in soziale Makrokontexte andererseits einge- bettet sind.” Die Realitätsmächtigkeit des Shareholder Value entstehe demnach in erster Linie als „Self- fullfilling-Prophecy”. Sablowski/Rupp (2001: 49) betonen in Anlehnung an Shiller (2000b) das „Herdenver- halten” der Investoren am Kapitalmarkt, wodurch psychologische Faktoren und statistische Effekte eine zen- trale Bedeutung bei der Aktienpreisbildung gewännen (sog. Behavioural Finance). Der „vermeintliche empirische Beleg” für die positiven (renditesteigernden) Effekte der Shareholder-Value- Ausrichtung ist demnach eher eine „Propaganda für Beratungskonzepte und für eine einseitige Machtver- schiebung in Großunternehmen” (Schmidt/Maßmann 1999: 24). Daraus ließe sich die These ableiten, dass „sich in der Verbreitung der Shareholder-Value-Orientierung in Deutschland eine neue gesellschaftliche Hegemonie der Interessenkoalition aus Geldkapitalbesitzern, Finanzintermediären und dem leitenden indu- striellen Management widerspiegelt. [...] Die Shareholder-Value-Managementkonzepte stellen dementspre- chend auch einen zentralen Bestandteil der aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um die Gestaltung kapitalistischer Mehrwertproduktion und die Verteilung des gesellschaftlich erzeugten Reich- tums dar.” (Becker 2001: 312f.) 4.2.3 Das deutsche Modell der Corporate Governance im Wandel Die bisher genannten Veränderungen im Finanzsektor und der Managementphilosophie stehen im unmit- telbaren Zusammenhang mit der Rahmendebatte um das deutsche System der Corporate Governance. Jür- gens et al. (2000: 59) machen beim traditionell-deutschen System der Corporate Governance drei Eckpfei- ler aus. Erstens die dominierende Rolle der Banken bei der Unternehmensfinanzierung und in den Aufsichtsräten, zweitens das System industrieller Beziehungen (“co-determination”) mit der betrieblichen Mitbestimmung, und drittens das unternehmens- und technikzentrierte Managementsystem. Dieses System steht unter einem externen Anpassungsdruck, der zum einen durch den Bedeutungszuwachs des Kapitalmarktes für die Unternehmensfinanzierung herrührt, mit dem Aufkommen neuer mächtiger Großin- vestoren aus der Finanzbranche zusammenhängt und durch eine verschärfte internationale Konkurrenz bedingt ist. In der kritischen Literatur wird eine Durchdringung „atlantischer” Kapitalismuselemente in das „rheinische” System der Corporate Governance apostrophiert. Vertreter des Mainstream befürworten die- sen Wandel, weil das alte „insider control system” die Ressourcenverschwendung fördere, den Struktur- wandel der Wirtschaft behindere und gerade in Zeiten zunehmender Dynamik (Stichwort New Economy) einen Nachteil gegenüber dem flexibleren marktbasierten System der Unternehmenskontrolle nach angel- sächsischem Vorbild (“outsider control system”) darstellt. Zur empirischen Untermauerung wird das inter- nationale „Hinterherhinken” der deutschen Wirtschaft bei neuen Wachstumsbranchen wie Bio- und Infor- mationstechnologien, Entertainment und Unternehmensdienstleistungen angegeben. Es wird deshalb eine 75 zügige „Amerikanisierung” der Unternehmenskontrolle gefordert (vgl. stellvertretend für diese Position Nas- sauer 2000: 243-287). Kritik an dieser Vorstellung wird unter dem Einwand geübt, dass das deutsche Modell der Corporate Governance eine langfristig orientierte Unternehmenspolitik ermöglicht und sich des- halb durch einen hohen Grad an Stabilität auszeichnet. Zur Debatte stehen die Vor- und Nachteile des jeweiligen Systems und der Grad der Veränderungen, der zum Tragen kommt. Dabei erhebt sich prinzipiell die Frage, ob es zu einer Harmonisierung der beiden Systeme der Corporate Governance kommt, oder ob sich im Systemwettbewerb ein dominantes Modell behaupten kann. Schließlich gibt es tatsächlich auch eine „America’s Fascination with German Corporate Governance”. Jene betrifft die Tatsache, dass den Universalbanken bei der Unternehmenskontrolle in Deutschland eine hohe Bedeutung zukommt, was der US-Debatte um die Auflösung des alten Trennban- kensystems und das Verbot des industriellen Beteiligungsbesitzes von Banken an nicht-finanziellen Unter- nehmungen neuen Auftrieb gegeben hat (vgl. Nassauer 2000: 262f.). Im Grunde zielt diese „Faszination” also lediglich auf eine Deregulierung des Bankensystems ab, die de facto schon längst in Gange ist. Daher muss die Schlussfolgerung gezogen werden, dass das deutsche System der Unternehmenskontrolle einem größeren Wandel unterliegt als das US-System. Auch Hirsch-Kreinsen (1999: 328) konstatiert, dass „der deutsche Kapitalmarkt und die mit ihm verbundenen Governanceformen unter einem zunehmenden Anpassungsdruck an internationale beziehungsweise amerikanische Verhältnisse geraten und sich ein Markt für Unternehmenskontrolle herausbildet.” Könnte man dies als Indiz für die Überlegenheit der markt- basierten Kontrolle gegenüber der auf stabilen Beziehungen zwischen den Unternehmensbeteiligten basie- renden Kontrolle in einer zunehmend global ausgerichteten Wirtschaft ansehen? In der Tat befindet sich das deutsche System der Corporate Governance in einem Strukturwandel. Die enge Bindung zwischen Industrieunternehmen und Hausbank, ein wesentlicher Bestandteil der sogenannten Deutschland AG, wird „für beide Seiten tendenziell kontraproduktiv” (Sablowski/Rupp 2001: 61). Für die deutschen Großbanken stellt der Beteiligungsbesitz bei der Neuausrichtung der Geschäftsfelder ein Hin- dernis aber auch eine Finanzierungsquelle dar (s. vorheriges Kapitel). Und die Industrieunternehmen lösen sich von der Abhängigkeit der Banken durch die Finanzierung auf den internationalen Kapitalmärkten. Dies ist allerdings nicht nur bedingt durch einen erhöhten Kostendruck, sondern hat auch einen systemischen Grund, denn mit der wachsenden Internationalisierung der Produktion und des Handels ist es auch not- wendig, die Finanzierung entsprechend zu gestalten (vgl. ebd. 62). Hirsch-Kreinsen (1999: 328) betont in diesem Kontext den steigenden Innovationsaufwand und die Globalisierung. Die Internationalisierung (was im Normalfall Amerikanisierung heißt) der Finanzierung bedingt die Anpassung an US-Standards (etwa im Berichtswesen International Accounting Standards, IAS und US-GAAP), die auch von den institutionellen Investoren eingefordert wird um eine internationale Vergleichbarkeit zu schaffen.38 Bis 2005 sollen die IAS für alle 6.700 börsennotierten europäischen Gesellschaften für Konzernabschlüsse verbindlich werden. Das steht im Zusammenhang mit der Angleichung der europäischen Wertpapiermärkte im europäischen Bin- nenmarkt, die in der von der EU-Kommission unter der Leitung von Alexandre Lamfalussy „Gruppe der Wei- sen” ausgearbeitet wird. Um den Kapitalmarktteilnehmern den Vergleich von Finanzinformationen innerhalb Europas zu erleichtern, bedarf es einer Harmonisierung der Rechnungslegungsvorschriften (vgl. BDI 2001: 21). Der Veränderungsdruck im industriellen Corporate-Governance-Wesen geht demnach unmittelbar ein- her mit den Struktur- und Machtverschiebungen im Finanzsektor. Streitpunkt ist die generelle Investitionsausrichtung institutioneller Investoren. Hirsch-Kreinsen (ebd.: 329) erkennt die prinzipielle Langfristorientierung der Investoren, relativiert diese aber mit dem Verweis auf die 38 Von kritischer Seite wird gemeinhin betont, dass die Bilanzierung nach US-Standards Firmen insofern einer angloamerikanischen Hand- lungslogik unterwirft als das amerikanische Bilanzierungsrecht die Offenlegung der in einer Bilanzperiode erwirtschafteten Gewinne und Verluste gegenüber Anlegern und Aktionären betont und damit den Akzent auf die Kurzfristigkeit der Gewinnkalkulation legt (vgl. Beck- er 2001). 76 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 herrschenden Konkurrenzmechanismen, die dem Kapitalmarkt strukturell inhärent seien. Bedingt durch die wachsenden Kapitalanlagesummen von institutionellen Investoren ergeben sich zwei Handlungsoptionen, die sogenannte Voice- und die Exit-Option (“investor mobility”). Letztere wird umso schwieriger, je größer das Aktienpaket an einem Unternehmen ist, da durch den Verkauf erhebliche Kursabschläge die Folge wären. Da die Anlagevolumina institutioneller Anleger kontinuierlich anwachsen, wird demnach verstärkt auf die Voice-Option zurückgegriffen, was die Mitsprache bei der Corporate Governance durch Investoren zur Implementierung des Shareholder-Value-Management bedeutet (vgl. Nassauer 2000: 263). So werden „Good Governance Guidelines” (z.B. von California Public Employees` Retirement System, CalPERS) erstellt, die dem Management vorgeben, wie eine Wertsteigerung am ehesten erreicht wird.39 Hirsch-Kreinsen (1999: 329) bezweifelt diesen Zusammenhang und sieht alleine in der Drohung mit der Exit-Option bereits das Resultat einer kurzfristigen Orientierung, weshalb er auch von einem „Casino Capitalism” (Susan Stran- ge) beziehungsweise von einer Entkopplung der Finanzmärkte von den Bewegungen des realen Kapitals spricht, bedingt durch die Konkurrenz um Renditehöhen mit Hebeleffekt. Dass diese Sichtweise umstritten ist, soll im abschließenden Abschnitt gezeigt werden. 4.2.4 Perspektiven Drei entscheidende Momente werden in der wissenschaftlichen Literatur definiert, damit eine Shareholder- Value-Orientierung eine Wirtschaft als Ganzes durchdringen kann: (1) erstens, der Aktienmarkt muss eine zentrale Rolle einnehmen, (2) zweitens, die Aktien müssen im Besitz von Akteuren sein, die ein Interesse an einer am Shareholder Value ausgerichteten Corporate Governance haben, (3) und drittens, muss die Art der Unternehmen eine solche Orientierung begünstigen (vgl. Hirsch-Krein- sen 1999; Jürgens et al. 2000; Becker 2001). Dem ersten Aspekt der Aufwertung des Kapitalmarkts und somit der zunehmenden Vermarktlichung der Unternehmenskontrolle hat der deutsche Gesetzgeber durch verschiedene gesetzliche Neuerungen Rech- nung getragen. Angetrieben von der Schaffung eines einheitlichen Wirtschafts- und Währungsraums in Europa, einer Shareholder-Value-Diskussion, Inflexibilitäten gesellschaftsrechtlicher Rahmenbedingungen und Management- und Aufsichtsratsversagen wurde ein Kanon verschiedener Gesetze realisiert. Hervorzu- heben sind das zweite und dritte Finanzmarktförderungsgesetz, sowie das Gesetz zur Kontrolle und Trans- parenz im Unternehmensbereich (KonTraG), Handelsrechtsreformgesetz, Euroeinführungsgesetz und das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG). Das vierte Finanzmarktförderungsgesetz40, das Übernah- megesetz und das Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (NaStraG) befinden sich in Planung. Das NaStraG kommt dem Bedürfnis nach dem verstärkten Einsatz von elektroni- 39 Es gibt eine Reihe von Initiativen zur Entwicklung von Corporate Governance Richtlinien. Um die wichtigsten zu nennen: Regierungskom- mission zu Corporate Governance in Berlin, Berliner Initiativkreis von Axel v. Werder (www.gccg.de), Grundsatzkommission Corporate Governance (www.corgov.de), Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (www.dvfa.de), OECD (Principles of Corporate Governance), Weltbank (International Corporate Governance – Core Principles and Best Practices). (Vgl. zur kurzen Beschrei- bung der jeweiligen Corporate-Governance-Auslegung Sablowski/Rupp 2001: 63f.) Die aktuellen Überlegungen zur Corporate Gover- nance in Deutschland bilden in weiten Teilen keine neuen Thesen, sondern diskutieren die zuvor im wissenschaftlichen Kontext erar- beiteten Kodizes zur Optimierung des deutschen Systems der Corporate Governance. 40 Dieses Gesetz befasst sich mit der Regelung von Übernahmen und ist vor allem eine Konsequenz der spektakulären Übernahme von Mannesmann durch Vodafone. In Deutschland existiert bereits ein Übernahmekodex, der allerdings nicht verpflichtend ist. Die ein- heitliche Regelung von Übernahmen wird auch auf europäischer Ebene angestrebt. Sablowski/Rupp (2001: 65f.) merken zum vierten Finanzmarktförderungsgesetz an: „Ein zentraler Konfliktpunkt besteht darin, dass der deutsche Übernahmekodex vorsieht, dass der Vor- stand der Zielgesellschaft nach der Bekanntgabe des öffentlichen Angebots und bis zur Offenlegung des Ergebnisses des Angebots keine Maßnahmen ergreift, die dem Interesse der Wertpapierinhaber zuwiderlaufen. [...] Die Frage ist dann, welche Maßnahmen der Vorstand ergreifen kann, wenn er eine Übernahme verhindern will.“ 77 schen Medien in der Corporate Governance entgegen. Dabei gilt vorerst: „Inwieweit die Abhaltung der Hauptversammlung und die Stimmabgabe überhaupt über Internet erfolgen sollen, bedarf noch genauerer Untersuchungen zu technischen und rechtlichen Risiken.” (BDI 2001: 35) Allerdings scheint die Medialisie- rung und Enträumlichung der Shareholder-Mitbestimmung ein zukünftiger Trend zu sein, der durch die mögliche (Re-)Heterogenisierung der Stimmrechte das Depotstimmrecht (Proxy Vote) der Banken und der institutionellen Investoren in Zukunft einschränken kann. In erster Linie wird es den Unternehmen in Deutschland ermöglicht, ihre Beziehungen zu den Aktionären über IuK-Technologien zu gestalten. „Die elektronische Erfassung und Verwaltung von Daten über Aktionäre ermöglicht eine präzise Informationsla- ge, kann bei Fusionen hilfreich sein – und wirft neue Fragen des Datenschutzes auf.” (Sablowski/Rupp 2001: 65)41 Unter den Gesetzesnovellen ist vor allem das KonTraG aus dem Jahr 1998 wichtig. Die Rege- lungsinhalte umfassen einen konkretisierten Pflichtenrahmen des Vorstandes, eine gestärkte Kontrollfunkti- on des Aufsichtsrates und der Hauptversammlung sowie eine verbesserte Qualität der Abschlussprüfung. Unter Beibehaltung der deutschen Trennung von Aufsichtrat und Vorstand (sog. Two-Tier-Modell) hat aus Sicht des Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) der Gesetzgeber mit dem KonTraG, zu einer Effizienzsteigerung der Aufgaben der Gesellschaftsorgane beigetragen und zugleich Kapitalmarkterforder- nisse berücksichtigt (BDI 2001: 26). Auch Sablowski/Rupp (2001: 64ff.) heben die verschiedenen gesetzlichen Initiativen sowie zusätzlich den Börsengang der Deutschen Telekom im Jahr 1996 hervor, welche die Schaffung einer „deutschen Aktien- kultur” wesentlich vorangetrieben und dem Aktienmarkt in Deutschland eine prominente Rolle verschafft haben. Dies zeigt sich deutlich im statistischen Bereich: Die Börsenkapitalisierung stieg von 23,9 Prozent des BIP im Jahr 1995 auf 51,2 Prozent im Jahr 1998. Die Zahl der börsennotierten deutschen Aktiengesell- schaften stieg von 679 im Jahr 1995 auf 1035 Ende September 2000 (vgl. ebd.: 66). Dabei muss aber fest- gehalten werden, dass die Ausprägung des deutschen Kapitalmarkts im internationalen Vergleich noch rela- tiv gering ist. So betonen auch Jürgens et al. (2000: 56f.), dass der deutsche Aktienmarkt, trotz einer Boomphase seit Mitte der neunziger Jahre, immer noch relativ klein im Vergleich zur Gesamtökonomie einerseits, und zu den USA, UK et cetera andererseits ist. In den beiden angelsächsischen Ländern liegt die Börsenkapitalisierung weit über dem Bruttoinlandsprodukt. Durch die Rentenreform in Deutschland wird sich dieser systemspezifische Unterschied allerdings verringern. Der Trend großer Unternehmungen, sich verstärkt des Kapitalmarkts als Finanzierungsquelle zu bedienen, zumindest im global ausgerichteten Firmensegment, wird die Bedeutung des Kapitalmarkts weiter stärken und eventuell die Kreditbeziehung substituieren, zumindest aber zunehmend komplementarisieren. Dieser Punkt verbindet sich auch mit der Investmentbank-Strategie der Banken, die sich vom Zinsüberschussge- schäft zunehmend verabschieden. Mit der Abschaffung der Steuer auf Erträge aus dem Verkauf von Unter- nehmensbeteiligungen im Jahr 2002 kann auch ein schrittweiser Abbau des Anteilsbesitzes von Banken an Industrieunternehmen erwartet werden. Hierin wird deutlich, dass die Verbreitung von Shareholder-Value- dominierten Corporate-Governance-Ansätzen auch durch den Wandel im Finanzsektor flankiert wird. In der wissenschaftlichen Literatur zum deutschen System der Corporate Governance wird immer wieder die Rolle der betrieblichen Mitbestimmung diskutiert (vgl. Bertelsmann Stiftung/Hans-Böckler-Stiftung 1998). Dabei wird überwiegend apostrophiert, dass die Verankerung der Mitbestimmung die Reichweite der Shareholder-Value-Verbreitung auch künftig einschränken wird. In der juristischen Literatur geht die herrschende Meinung davon aus, dass Stakeholderrechte gesetzlich durchaus fest verankert sind. Demnach ist die Gewinnmaximierungsvorschrift in Unternehmensverfassun- gen zweifach eingeschränkt, und zwar in Hinblick auf den Gewinnerzielungsgrad und die Berücksichtigung von einschränkenden Nebenbedingungen. Bezüglich des Gewinnerzielungsgrades wird argumentiert, dass 41 Sablowski/Rupp (2001: 65) geben an, dass inzwischen circa ein Drittel der DAX30-Unternehmen ihre Aktien als Namensaktien führen. 78 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 der Vorstand nicht zur Erwirtschaftung eines ‚möglichst hohen’, sondern bloß eines zur substantiellen Erhal- tung des Unternehmens ‚angemessenen’ Gewinnes verpflichtet sei und gleichzeitig andere Ziele (bspw. Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Betrieb, Erhaltung eines Produktionsstandortes etc.) verfolgen kann. Darüber hinaus sind vom Vorstand im Gegensatz zur US-amerikanischen Norm die Interessen ande- rer Bezugsgruppen (also der Stakeholder) neben der (prioritären) Behandlung der Aktionäre ‚angemessen’ zu berücksichtigen. Das juristische Schrifttum begründet diese Sichtweise mit Hinweisen auf das gesetzlich geforderte ‚Unternehmensinteresse’ und das ‚Gemeinwohl’ (nach Nemec 1999: 220f.). Ob sich die gewerkschaftliche Verhandlungsmacht wie sie noch bei den Verhandlungen im Vorfeld zur Ver- abschiedung des KonTraG zum Tragen kam, fortsetzen kann, ist fraglich. Durch die Internationalisierung von Firmenstrategien oder im Zuge von Fusionen gerät die Mitbestimmung tendenziell unter Druck. Wie sehr dieses Element der deutschen Corporate Governance allerdings gefährdet ist, kann derzeit noch nicht beur- teilt werden. Zum Teil wird behauptet, dass die institutionelle Verankerung von Mitbestimmungssystemen gegenüber dem Management konträr zur Shareholder-Value-Orientierung liegt.42 Die Beteiligung von Arbeitnehmern (Stakeholder) an Entscheidungsprozessen wäre demnach im Shareholder-Value-Konzept nicht vorgesehen. Der BDI betrachtet die Verankerung der Mitbestimmung vor allem aus der Sicht auslän- discher Investoren, für die „das international hohe deutsche Mitbestimmungsniveau oft ein Investitionshin- derungsgrund ist.” Zwar sind sie als Investoren willkommen, sollen aber die Hälfte der Aufsichtsratsman- date an die Arbeitnehmer abgeben (BDI 2001: 25). Daraus schlussfolgert der BDI, dass „in jedem Fall” eine Verkleinerung des Aufsichtsrates notwendig ist. Ein weiterer Aspekt, der das Ausmaß des Shareholder Value in Deutschland einschränkt, ist nach Jürgens et alii (2000: 65) die spezifisch deutsche Technikorientierung im Management von Industrieunternehmen (entspricht einer Einschränkung des eingangs genannten Punkt 3, s. S. 68). Die Autoren zitieren in diesem Kontext Lawrence (1980: 131): „The somewhat ‚de-economised’ view which German managers have of the business enterprise is central. The idea that a firm is not a ,money making machine’ but a place where pro- ducts get designed, made and eventually sold, with profits ensuing, tends in Germany to restrict the allure of accountants and financial controllers and to dignify the makers and those associated with them.” Mit einer neuen Generation von Managern nach dem Beispiel von Detlef Schrempp (DaimlerChrysler) oder Jür- gen Dormann (Hoechst) unterliegt aber auch dieses deutsche Spezifikum einem Wandel. Ein letztes Argument, das oftmals zur geringen Ausprägung aber auch zur Einschränkung des Potentials des Shareholder Value auf die deutsche Corporate Governance angeführt wird, ist die Tatsache, dass der Wan- del in der Corporate Governance in erster Linie den global ausgerichteten Teil der deutschen Unterneh- mungen (d.h. in erster Linie die DAX30-Unternehmen; bzgl. der Rechnungslegungsvorschriften sind auch noch die Unternehmen, die am Neuen Markt gelistet sind, zu nennen), betrifft. Dabei spielen die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in der deutschen Ökonomie eine weitaus größere Rolle als in den USA. Shareholder Value spielte für die nicht-notierten Unternehmen bislang keine Rolle. Das allerdings könnte sich ändern: Denn es hat den Anschein, dass auf die KMU eine qualitative Veränderung im Form von ‚Basel II’ zukommt. Das im Januar 2001 veröffentlichte Konsultationspapier des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, BIZ) wird zu einem grundlegenden Wan- del bei der Eigenkapitalunterlegung für Kreditrisiken führen. ‚Basel II’ beinhaltet im Kern, dass sich künftig die Konditionen für Kreditvergabe stärker an der Bonität der Kreditnehmer orientieren, welche sich dazu einem Bewertungsverfahren (Rating) unterziehen müssen. Dies erfolgt entweder intern durch die kreditge- bende Bank oder durch externe Agenturen (Moody, Standard&Poor’s). Es wird befürchtet, dass künftig nur 42 „If co-determination is beneficial to both stockholders and labour, why do we need laws which force firms to engage in it? Surely, they would do so voluntarily. The fact that stockholders must be forced by law to accept co-determination is the best evidence we have that they are adversely affected by it.“ (Jensen/Meckling 1979: 474, gefunden in: Jürgens et al. 2001: 63) 79 noch erstklassige Adressen zu bisher üblichen Zinskonditionen Fremdmittel aufnehmen können. Und ins- besondere KMU argwöhnen, dass sie einen höheren Aufwand für die Rechnungslegung und Unterneh- menssteuerung aufwenden und zugleich den Kreditgebern gegenüber eine Transparenz zeigen müssen, die weit über die Publikationspflicht von börsennotierten Unternehmen hinausgeht. Die Pflicht zur Trans- parenz und die asymmetrische Abhängigkeit von Kreditgebern könnte in einer stärker auf den Value aus- gerichteten Unternehmensführung resultieren. Die Hauptsorge ist aber, dass die Kreditkosten steigen wer- den (vgl. Hans-Christoph Noack, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19.4.01). Der befürchtete Risikoaufschlag bei der Kreditvergabe könnte die Kosten der Kapitalbeschaffung derart steigern, dass sie durch Investitionen nicht mehr zu erwirtschaften wären. Betroffen sind 2,8 Millionen umsatzsteuerpflichti- ge KMU.43 Unter solchen Voraussetzungen könnte man mutmaßen, dass für eine Reihe von größeren Mit- telständlern die Kapitalbeschaffung über den Aktienmarkt interessant werden könnte, was wiederum die Reichweite des Wandels in der Corporate Governance über den Bedeutungszuwachs des Kapitalmarktes erweitern würde. Zum Wandel des deutschen Systems der Corporate Governance sowie zum Bedeutungszuwachs des Kapi- talmarkts hat auch die Schaffung des Neuen Marktes im Jahr 1997 durch die Deutsche Börse AG und des- sen Erfolg bis zum Frühjahr 2000 beigetragen. Mit dem Neuen Markt wurde bereits ein „sign of major change” in Deutschland konstatiert. Der Fluss an Risikokapital über den Neuen Markt, das parallele Auf- blühen des Investmentbanking-Geschäfts und die Verbreitung der Rechnungslegungspflicht nach US-Stan- dards sind zentrale Merkmale dieser Innovation. Der Neue Markt beziehungsweise andere Börsensegmen- te wie der SDAX könnten auch durch Basel II einen neuen Auftrieb erleben. Fasst man abschließend die Einschätzungen der wissenschaftlichen Literatur zur Zukunft der deutschen Corporate Governance zusammen, so werden folgende zentrale Momente erkennbar: Bei fast allen Auto- ren herrscht Übereinstimmung darüber, dass zum Teil tiefgreifende Veränderungen wahrzunehmen sind, eine vollständige Durchdringung „atlantischer” Merkmale eines Marktes für Unternehmenskontrolle aber unwahrscheinlich ist. Die Veränderungen in der Corporate Governance finden in erster Linie im Zuge der Internationalisierung von Unternehmen statt, die dadurch zunehmend der Kontrolle durch den Kapitalmarkt ausgesetzt werden. Hierdurch können sich diese Unternehmen nicht dem Zwang zur Anpassung an inter- national übliche Usancen der Unternehmensführung und –kontrolle entziehen. Zentral für die nähere Zukunft des deutschen Systems der Corporate Governance sind die verschiedenen Gesetzesinitiativen (4. Finanzmarktförderungsgesetz, NaStraG, Übernahmegesetz, Basel II, KonTraG II), die durchaus kritisch zu betrachten sind. Es hat aber den Anschein, als würde der stattfindende Wandel von Regierungsseite unter- schätzt werden. Die Kontinuität betonend, kam das Forum Finanzplatz beim Bundesministerium der Finan- zen zu dem Schluss, dass die Reformmaßnahmen in der näheren Zukunft nicht zu einer Beseitigung des deutschen Stakeholder-Systems führen werden, „da die konstituierenden Elemente Universalbankensystem, Beteiligungsbesitz der Banken und Unternehmen sowie Mitbestimmung oder die Industriegewerkschaften weiterhin tragende Säulen unserer Wirtschaftsordnung bleiben werden.” (Bundesministerium der Finanzen 1997: 12) Wenn man bedenkt, dass alle genannten „tragenden Säulen” einem wenn auch unterschiedlich ausgeprägten Wandlungsgrad unterliegen, dürfte die Hoffnung auf Kontinuität nicht allzu groß sein. 43 Nach einer Studie von PricewaterhouseCoopers sind die deutschen KMU nur „unzureichend“ auf das Ratingverfahren vorbereitet. Den- noch sieht die Studie „enorme Erfolgspotenziale“ des neuen Verfahrens, da der Ratingprozess eine „selbstkritische Unternehmen- sanalyse“ beinhalte und zu einer „Verbesserung der Führungsstrategie“ genutzt werden könne (vgl. PwC 2001). 80 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 81 5. Demographischer Wandel und seine Folgen für die deutsche Wirtschaft Der demographische Wandel und seine Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft werden zur Zeit in der Öffentlichkeit sehr intensiv diskutiert. Im Zentrum steht dabei vor allem die Möglichkeit der Zuwanderung ausländischer ArbeitnehmerInnen, um einen kurzfristigen Arbeitskräftebedarf der deutschen Wirtschaft aus- zugleichen (Greencard-Initiative; Dostal 2000; Welsch 2000; Fuchs/Schnur/Zika 2000). Zudem wird auf die Bedeutung des demographischen Wandels für die zukünftige Finanzierung des deutschen Sozialstaates hin- gewiesen. Die Zuwanderung und längerfristige Integration hochqualifizierter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird mitunter als Königsweg gesehen, den wirtschaftlichen und sozialen Nutzen zu verbin- den (Münz 2001; HB 2001/80: 4; CDU/CSU 2001; BfA 2001; FTD 2001/102: 15). Dieses Kapitel möchte jen- seits der aktuellen politischen Diskussion die Grundzüge des wissenschaftlichen Diskurses über die Aus- wirkungen des demographischen Wandels darstellen. 5.1 Der säkulare Trend alternder Gesellschaften in den OECD-Staaten Ein Blick über die Bundesrepublik Deutschland hinaus zeigt, dass die Herausforderungen des demographi- schen Wandels in allen OECD-Staaten gemeistert werden müssen. Die OECD hat Mitte der neunziger Jah- ren begonnen, die mit dem demographischen Wandel verbundenen Herausforderungen für ihre Mitglieds- staaten zunächst in einer makroökonomischen Sichtweise zu untersuchen (Leibfritz 1995). Seit 1996 ist die OECD von ihren Mitgliedsstaaten beauftragt, die Herausforderungen des demographischen Wandels in zentralen Politikfeldern zu erforschen und Vorschläge für einen umfassenden politischen Reform- prozess zu unterbreiten (OECD 1998). Der säkulare Trend alternder Gesellschaften in den OECD-Staaten fordert die Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik der Industrieländer heraus. Den aktuellen Stand der inter- nationalen Reformanstrengungen dokumentiert die OECD in einem Bericht, der die Umsetzung der vorge- schlagenen Reformpolitiken in den einzelnen Ländern untersucht und zu weitergehenden politischen Refor- men anhält (OECD 2000a). Die wissenschaftliche Diskussion der Bundesrepublik Deutschland dokumentieren darüber hinaus zwei Zwi- schenberichte der Bundestags-Enquete-Kommission zum demographischen Wandel (Deutscher Bundestag 1994; Deutscher Bundestag 1998). Der demographische Wandel konfrontiert die Entwicklung, Struktur und Dynamik der deutschen Wirtschaft sowie die Leistungen der Sozialversicherungssysteme mit neuen Problemen. Die zentrale Folge der alternden Gesellschaften in den Industrieländern wird darin gesehen, dass in lang- fristiger Perspektive die Zunahme des Altenquotienten (des Verhältnisses der über 65-jährigen zu den 21- 65jährigen) eine Finanzierungskrise des Sozialstaates bewirken werde. Die erwerbsarbeitszentrierten sozia- len Sicherungssysteme beruhen – wenn auch in unterschiedlichem Maße – auf dem Solidargedanken des Umlageverfahrens (Bäcker et al. 2000a: 64). Sowohl das Umlageverfahren der Rentenversicherung als auch die Finanzierung der Kranken- und Pflegeversicherung werden durch eine strukturell älter werdende Gesell- schaft in Finanzierungsschwierigkeiten geraten. Die höheren Finanzierungsdefizite des Staates beziehungsweise die steigenden Beitragssätze für die sozia- len Sicherungssysteme können einerseits zu steigenden Zinssätzen führen beziehungsweise andererseits den Faktor Arbeit verteuern, so dass sowohl die Wachstumsaussichten als auch deren Beschäftigungsef- fekte eingeschränkt werden und die Finanzierungskrise der sozialen Sicherungssysteme sich weiter ver- schärft (Turner et al. 1998; OECD 1998: 28-35; Deutscher Bundestag 1998: 188-191). 82 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Die nationale Sparrate geht zurück, weil in einer alternden Gesellschaft ältere Menschen mehr Kapital kon- sumieren als der jüngere Teil der Erwerbsbevölkerung sparen kann. Als Ausweg aus diesem zinssteigern- den Szenario empfiehlt der OECD-Bericht (1) die Sparrate des Staates durch einen konsequenten Konsoli- dierungsprozess der Staatsfinanzen zu erhöhen und (2) die staatliche Finanzierung von Altersrenten (pay-as-you-go-system) durch eine private kapitalgedeckte Rentenversicherung zu ersetzen, weil durch die- ses System mehr Kapital gebildet werden würde (OECD 1998: 35-36). Neben der verstärkten Kapitalbil- dung zielen (3) eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit (employability) und (4) eine wettbewerbsindu- zierte Kosteneffizienz im Bereich der Sozialversicherungen auf eine wachstumsfördernde Entlastung der Finanzierungsengpässe des Sozialstaates (OECD 1998; OECD 2000a).44 5.2 Bevölkerungsentwicklung, Zuwanderung und Arbeitsmarkt: Ent- wicklungsszenarien für die Bundesrepublik Deutschland 5.2.1 Demographischer Wandel, EU-Osterweiterung und Arbeitsmigration Verschiedene Modellrechnungen prognostizieren für die Bundesrepublik Deutschland wegen des starken Geburtenrückgangs seit den sechziger Jahren in der alten BRD und seit der Wiedervereinigung in Ost- deutschland eine strukturelle Alterung und Verkleinerung der in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Bevölkerung (Hof 2001; Schulz 1999; Deutscher Bundestag 1998). Dieser Prozess wird noch durch eine in den letzten Jahrzehnten zu beobachtende Verlängerung der Lebenserwartung von Männern und Frauen verstärkt. So stieg im früheren Bundesgebiet die Lebenserwartung bei der Geburt bei Männern von 66,7 Jahren (1959-60) auf 73,5 Jahre (1993-95) und die von Frauen in demselben Zeitraum von 71,9 Jahren auf 79,8 Jahre (Deutscher Bundestag 1998: 76). Die Lebenserwartung lässt sich dabei noch sozial und regional spezifizieren. Sie korreliert positiv mit dem sozialen Status und negativ mit regional erfahrbaren Umweltbe- lastungen (ebd., S. 80-82). Die Steigerung des Altenquotienten kann also unter ceteris-paribus-Bedingungen als gesichert gelten. Der vorhergesagte prozentuale Wert des Altenquotienten im Jahr 2030, 2040 oder gar 2050 ist freilich wegen jeweils unterschiedlicher Modellannahmen nicht objektiv vorherzusagen (ebd., S. 122-124). Die natürliche und die räumliche Bevölkerungsentwicklung (Nettozuwanderung) sind die entscheidenden Variablen zur Bestimmung der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung. Abbildung 5.1 zeigt die Projektion unterschiedlicher Bevölkerungspfade bis zum Jahr 2050 für die Bundes- republik Deutschland bei variierter Zuwanderung und variierter Geburtenziffer (Hof 2001). Der untere Pfad drückt eine Entwicklung aus, die auf der Grundlage des Status-Quo (Geburtenziffer: 1,2 Kinder/Frau) und ohne Zuwanderung die Bevölkerung der BRD von derzeit 82 Millionen bis 2050 auf 56,4 Millionen sinken lässt. Erhöht sich die Geburtenziffer bis zum Jahr 2020 auf das derzeitige französische Niveau von 1,7 Kin- dern/Frau, so ist der Rückgang der Bevölkerung bereits auf 62,5 Millionen begrenzt. Variiert man diese bei- den Szenarios noch mit einem Wanderungssaldo, der jährlich 150.000 Personen bis zum Jahr 2010, danach 200.000 jährlich bis 2020 und schließlich 300.000 (Netto-)Zuwanderer jährlich bis zum Jahr 2050 umfasst, so ergibt sich im Fall einer unveränderten Geburtenziffer „nur” ein Rückgang auf 73,0 Millionen Einwohner. Kombiniert man die Wirkungen des Wanderungssaldos mit einer erhöhten Geburtenziffer (1,7), stabilisieren sich die Bevölkerungszahlen über den ganzen Zeitraum bis zum Jahr 2050 bei circa 80 Millionen Personen. Darüber hinaus bewirkt die starke Zuwanderung auch, dass sich die Bevölkerungsstruktur im ganzen ver- jüngt, weil Zuwanderer in der Regel jüngeren Alters sind. 44 Für eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der zukünftigen internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, die die neoklassische Argumentation der OECD einer kritischen Betrachtung unterzieht, sei auf Teil 1 verwiesen. 83 Die Modellrechnung wird in ihrer Grundaussage von vielen anderen bestätigt (Deutscher Bundestag 1998: 125-134; Schulz 1999). Mittels eines komplexen Modellverfahrens versuchte eine Gruppe von Wissen- schaftlern im Rahmen eines Gutachtens für den Zweiten Zwischenbericht der Enquete-Kommission für demographischen Wandel die bestehenden aktuellen Modellrechnungen zu einer probalistischen Bevölke- rungsprognose zusammentzufassen (Lutz/Scherbov 1998). Diese kam – bei aller Vorsicht – zu folgendem Ergebnis: “Mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 v.H. wird die Bevölkerungszahl im Jahr 2040 niedriger sein als heute; die Abnahme der Bevölkerung auf 75 Millionen ist die wahrscheinlichste” (Deutscher Bundestag 1998: 127). Diese Modellvorhersagen setzen freilich voraus, dass eine entsprechende Zuwanderungspolitik in Gang gesetzt wird. Die politischen Debatten hierzu scheinen sich auf einen Konsens hinzubewegen, die Zuwan- derung von dem wirtschaftlichen und sozialen Nutzen für die deutsche Wirtschaft abhängig zu machen. Nach bisher in der Presse verlautbarten Positionen wird wohl ein Punktesystem für einwanderungswillige ausländische (Nicht-EU) Arbeitskräfte eingeführt werden, gemäß dem sie sich für die Einwanderung quali- fizieren können. Dieses Punktesystem wird sowohl sprachliche als auch soziale und berufsbezogene Krite- rien umfassen (CDU/CSU 2001; BfA 2001; FR 2001/124: 18). Der Wanderungssaldo von Deutschen und Ausländern ist jedoch seit der Verschärfung des Asylrechtes und der sukzessiven Absenkung von Kontin- genten an Werkvertragsarbeitern (besonders aus Polen; BBfA 1999) im Jahr 1993 rapide nach unten gesun- ken (Tabelle 5.1). 1997 war der Ausländersaldo sogar negativ. In der politischen Diskussion scheinen die in den Modellrechnungen geforderten Zuwanderungszahlen nicht erwünscht zu sein. So fordert beispielsweise die CDU/CSU in ihrem gemeinsamen Positionspapier zur „Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung” vom 10.5.2001: “Anzustreben ist ein politisches Gesamtkonzept, das drei Zielsetzungen miteinander verbindet: • die Begrenzung der Zuwanderung durch das Maß der Integrationsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland • die Steuerung der Zuwanderung unter Berücksichtigung der nationalen Interessen und der nationalen Identität • die Ausgestaltung der Zuwanderung nach Zahl und Profil in einer Weise, die sicherstellt, dass die Inte- grationsziele erreicht werden.” Obwohl die von der Bundesregierung eingesetzte Zuwanderungskommission erst Anfang Juli 2001 ihren Bericht offiziell veröffentlichen will, ist im Vorfeld bereits bekannt geworden, dass die Kommission eine Zuwanderung von zunächst 40.000 Menschen pro Jahr anstrebt (FR 2001/124: 18). Die SPD will die Quote auf 20.000 hoch qualifizierte Zuwanderer begrenzen und weist darauf hin, dass es jenseits dieser Gruppe zur Zeit weder einen demographischen noch Arbeitsmarkt bezogenen Bedarf gebe (FTD 2001/102 : 15). Auch in den wissenschaftlichen Untersuchungen zur möglichen Zuwanderung im Zuge der EU-Osterwei- terung wird empfohlen, aufgrund des großen Einkommensniveauunterschieds zwischen Polen und der Bundesrepublik Deutschland einen zeitlich gestuften Übergang zur vollen Freizügigkeit anzustreben. Im All- gemeinen wird aus Analogieschlüssen zu früheren EU-Erweiterungen von keinen hohen Zuwanderungs- wellen ausgegangen (Hönekopp/Werner 1999; Franzmeyer/Brücker 1997; Brücker/Trübswetter/Weise 2000, siehe auch Abschnitt 1.2.4). 84 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 5.2.2 Der Arbeitsmarkt als Vermittlungsmechanismus zwischen Bevölkerungsent- wicklung und der Zukunft der sozialen Sicherungssysteme Ein Anstieg des Altenquotienten aus demographischen Gründen verursacht aber nicht ohne weiteres eine demographische Belastung der Kassen der Sozialversicherung. Entscheidend für die finanzielle Solidität der gesetzlichen Rentenversicherung ist vielmehr der Rentnerquotient (Verhältnis der Zahl der Rentenempfän- ger zu der Zahl der beitragszahlenden Versicherten); ebenso ist die finanzielle Solidität der gesetzlichen Kranken- und die Pflegeversicherung bei einer hohen Erwerbstätigenquote leichter zu gewährleisten. Letztlich hat der Rückgang des Bruttoeinkommens aus unselbstständiger Arbeit (bereinigte Lohnquote) in den letzten zwanzig Jahren, die als finanzielle Basis des sozialstaatlichen Sicherungssystems angesehen werden können, die Finanzierungskrise des Sozialstaates in der Bundesrepublik Deutschland begründet (Bäcker et al. 2000b; Memorandum 2001). Die Zunahme der Massenarbeitslosigkeit sowie atypischer Beschäftigungsverhältnisse, von denen besonders gering qualifizierte Frauen und MigrantInnen betroffen sind (BBfA 2000; Hanesch/Krause/Bäcker 2000; BMA 2001a; BMA 2001b; Hoffmann/Walwei 2000; A. Wagner 2000), haben den finanziellen Fonds sowohl der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) wie der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) massiv belastet. Neben der Bewältigung des demographischen Wandels besteht die größte Herausforderung für die Sozialversicherungssysteme im Wandel der Erwerbs- arbeit (Bäcker et al. 2000a; Schmähl/Rische 1999). Der Arbeitsmarkt stellt im bundesdeutschen erwerbsarbeitszentrierten Sozialstaatsmodell einen zentralen und wechselseitigen Vermittlungsmechanismus dar (Schmähl 1999a: 5-8). Das Erwerbspersonenpotential, welches sich aus den Erwerbstätigen, den registrierten Arbeitslosen und der stillen Reserve des Arbeits- marktes zusammensetzt, wird nach den verfügbaren Modellrechnungen ab dem Jahr 2010 sinken (Hof 2001; Fuchs/Thon 1999). Trotz höherer Erwerbsneigung der Frauen, der Verkürzung der Ausbildungszeiten und späterem Renteneintritt sinkt das Arbeitskräfteangebot gemäß alternativen Modellrechnungen ab dem Jahr 2020 drastisch, dabei wird jedoch eine Netto-Zuwanderung von mindestens 140.000 Personen pro Jahr angenommen (Schulz 2000). Die Dramatik des Rückgangs des Arbeitskräfteangebots zeigt sich im folgenden Zusammenhang: “Jährliche Zuwanderungen in einer Höhe, wie sie im Durchschnitt der Jahre 1970 bis 1999 realisiert worden sind, können bis 2020 den Rückgang des heimischen Arbeitskräftangebots ausgleichen. Danach setzt jedoch eine rasante Verringerung der Zahl der Erwerbspersonen ein. Soll das Arbeitskräfteangebot dann nicht unter das Ausgangsniveau 1998 sinken, sind Nettozuwanderungen von jährlich über 600.000 Perso- nen notwendig. Eine andere Alternative besteht in einer Erhöhung des gesetzlichen Rentenzugangsalters auf 67 Jahre.” (ebd.) Die Bestimmung der zukünftigen Arbeitsnachfrage ist ein sehr komplexer Modellierungsprozess, der vor allem von der Wachstumsentwicklung des Bruttoinlandsproduktes und der Arbeitsproduktivität abhängig ist (Deutscher Bundestag 1998: 171-201). Bei gleichbleibender Arbeitsnachfrage wird es ab 2010 zu einem demograpisch bedingten Rückgang der Arbeitslosigkeit kommen (Schmitthenner 2000), welche dann jedoch ab 2020 in einen rapiden „Arbeitsmarktengpass” (Hof 2001: 20) umschlagen würde. Eine solche stabile Arbeitsnachfrage ist aber nicht ohne weiteres prognostizierbar. 5.3 Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) Das Verhältnis zwischen den Beitragszahlern und Leistungsempfängern (Sicherungsrelation, Krupp 1998: 294) ist für die Finanzierungssolidität der GRV entscheidend. Seit den siebziger Jahren wird bereits über die potentiell beitragssatzsteigernden Auswirkungen eines ansteigenden Alten- und auch Rentnerquotienten diskutiert. Schon mit dem Rentenreformgesetz (RRG ) 1992 hat die Regierungskoalition aus CDU/CSU und 85 FDP die Rentendynamik von der Brutto- auf die Nettolohnanpassung umgestellt und eine Anhebung der Altersgrenzen des Rentenzuganges sowie eine geringere Anrechnung von Ausfall- und Ersatzzeiten durch- gesetzt (Donges et al. 1999). Wurde vor dem RRG 1992 noch eine Beitragssatzentwicklung von 36 Prozent – 40 Prozent im Jahr 2030 prognostiziert, so erreichte die Einführung eines Demographiefaktors in der Rentenformel im RRG 1999 eine Senkung des entsprechenden Beitragssatzes auf 22,4 Prozent.45 Nach der Riesterschen Rentenreform 2001, die den Demographiefaktor der Vorgängerregierung wieder ausgesetzt hat, wird der Beitragssatz bis 2030 auf maximal 22 Prozent fixiert (Ruland 2001: 44; Schmähl 2001). Allerdings sinkt auch in diesem Reformansatz das Eckrentenniveau langfristig auf circa 64 Prozent des durchschnittlichen Nettoentgeltes (Steffen 2001; Flecken 2001). Die Frage nach der Tragbarkeit der GRV aufgrund der prognostizierten demographischen Entwicklung (2.1) und der hiermit einhergehenden Verschlechterung der Sicherungsrelation dominiert die öffentliche Debat- te. Dieser kurze Rückblick auf die Rentenpolitik der neunziger Jahre zeigte, dass bereits einige Maßnahmen in Gang gesetzt worden sind, um dieser Herausforderung zu begegnen (Lampert/Althammer 2001: 273- 279). 5.3.1 Systemwechsel: Kapitaldeckung versus Umlageverfahren Aufgrund der prognostizierten Finanzierungsschwierigkeiten der GRV wird von einigen Wissenschaftlern der Übergang zu einem Kapital fundierten Alterssicherungssystem empfohlen. Zentrales Argument ist dabei die höhere Ertragskraft der Kapitalmarktanlage und eine stärkere Äquivalenz von Sparraten und späteren Kapitalrentenauszahlungen (Donges et al. 1999; Börsch-Supan 2001; Sinn 1999). Schließlich wird noch die bessere Bewältigung der demographischen Herausforderung durch eine Kapital fundierte Alterssicherung unter wachstumspolitischen Gesichtspunkten behauptet (OECD 1998; Sinn/Werding 2000; Sinn 1999). Gerade auch vor dem Hintergrund aktueller Finanzmarktinstabilitäten scheinen solche Aussagen höchst problematisch. Die höheren Renditen der Kapitalmarktanlage im Vergleich zur GRV-Rendite lassen sich nur ex-post, als realisierte Renditen vergleichen. Untersuchungen hierzu zeigen, dass die Beitragsrendite der GRV sich für bestimmte Versichertengruppen durchaus mit der Kapitalmarktverzinsung messen lässt (Deut- scher Bundestag 1998: 340). Darüber hinaus garantieren Kapital gedeckte Versicherungen auch keine Höchstrendite. Sie sind in ihren Versicherungsleistungen von Rückvergütungen und Gewinnausschüttungen abhängig, auf deren Entwicklung sie keinen Einfluss haben (Krupp 1997: 291). Auch die demographischen Alterungsprozesse wirken auf diese Versicherungsleistungen, indem diese Auszahlungen letztlich von der durchschnittlichen Lebenserwartung der Bevölkerung abhängig sind. Veränderungen hier führen – wie jüngst geschehen – dazu, dass die Auszahlungen von Lebensversicherern aufgrund neuer Sterbetafeln um bis zu 30 Prozent gesunken sind (Borchert 2000:139). Die Behauptung einer stärkeren Beitragsäquivalenz privater Kapital fundierter Altersrenten ist darüber hin- aus eine offene Ablehnung des Solidargedankens der Sozialversicherung, indem unterschiedliche Risiken, die in der GRV bislang im Sinne eines Risikoausgleichs behandelt wurden, unterschiedliche Beitragssätze beziehungsweise Auszahlungsniveaus beinhalten. Dieser Entsolidarisierungsprozess betrifft auch die Form der privaten Teilkapitaldeckung, die mit der rot-grünen Regierungskoalition eingeführt worden ist. Die Kapi- taldeckungsdebatte ignoriere normative Vorentscheidungen der bundesdeutschen Verfassung, für einen 45 Der Demographiefaktor rechnet die mittlere fernere Lebenserwartung in die Rentenformel ein. Er sollte sicherstellen, dass wegen der höheren Lebenserwartung neben den Erwerbstätigen (über den steigenden Beitragssatz) auch die Rentner mit einer Absenkung des Eckrentenniveaus auf etwa 64% die steigenden lebensaltersbedingten Kosten der GRV mittragen (Lampert/Althammer 2001: 276). 86 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 sozialen Ausgleich im Sinne der Umverteilung von Risiko- und Einkommenssolidarität zu sorgen (Borchert 2000: 134-135). Das größte Problem für eine radikale Systemalternative im Sinne eines Kapital gedeckten Alterssicherungs- systems sind jedoch die Kosten der Umstellung. Der Eigentumscharakter der bestehenden Rentenanwart- schaften würde allein in der Bundesrepublik einen Kapitalstock von etwa 10 Billionen Mark (1994) not- wendig machen (Krupp 1997: 295), um aus den Erträgen die Renten zahlen zu können. Im Zuge des Umstellungszeitraumes würde darüber hinaus die erwerbstätige Bevölkerung mit der Zahlung bestehender Renten und dem Aufbau eines eigenen Kapitalstocks doppelt belastet. Zudem verursacht eine derartig große Kapitalmenge erhebliche Probleme bei der Kapitalanlage und –auf- lösung. Während die Kapitalanlage im Inland wegen ihres enormen Volumens als unmöglich erachtet wird, bestehen für die Auslandsanlage dieser Gelder spezifische Gefahren (Finanzkrisen), die umso größer seien, wenn die Anlageländer ebenfalls von dem Problem alternder Gesellschaften betroffen wären, was sowohl die OECD-Staaten als auch – in naher Zukunft – China und Indien betreffen würde (Krupp 1997). Eine Kapi- talauflösung in alternden Gesellschaften führt zu dem Problem, dass mit den Vermögenswerten bei der Liquidierung auch die ausgezahlten Altersgelder verfallen können (Quantitätsproblem; Krupp 1997; Bor- chert 2000). Wegen der genannten Probleme und auch unter dem Gesichtspunkt der politischen Pragmatik hat sich ein breiter Konsens herausgebildet, der auf eine Risikodiversifizierung innerhalb des bestehenden drei-Säulen- Systems setzt und den Ausbau der Kapital gedeckten Zusatzvorsorge empfiehlt (Krupp 1998; Lampert/Alt- hammer 2001; Schmähl 2000; Sinn/Werding 2000; Donges et al. 1999). 5.3.2 Anpassungsmöglichkeiten innerhalb des bestehenden Systems Der demographische Wandel und Veränderungen der Erwerbsarbeit führen zu Finanzierungsproblemen der GRV (Bäcker et. al 2000b; Behrend 1998; Eisen 1998; Kirner/Meinhardt/Wagner 2000; G. Wagner 2000; Pfaff 1999; Rische 1999; Schmähl 1999b; Deutscher Bundestag 1998). Die demographischen Veränderun- gen führen wegen der Verschlechterung des Rentnerquotienten nach den vorliegenden Modellrechnun- gen, die auf den angestrebten Änderungen des RRG 1999 basieren, erst ab dem Jahr 2020 signifikant zu einem Anstieg des Beitragssatzes (Deutscher Bundestag 1998; Sozialbeirat 1998, siehe Tabelle 5.2). Neue- re Berechnungen auf der Grundlage der rot-grünen Rentenreform 2001 bestätigen diese Entwicklung (Stef- fen 2001). Die Prognosen der verschiedenen Forschungsinstitute für die Jahre 2030 bis 2040 weichen sehr stark voneinander ab, je nach zu Grunde gelegten Modellannahmen über die zukünftige Entwicklung der Erwerbsquote, der Arbeitslosigkeit, des Bundeszuschusses und anderer Sozialabgaben (Sinn/Thum 1999). Der Wandel der Arbeitswelt führt dagegen auch im Zusammenhang mit den eingeleiteten Reformen zu einer unmittelbaren Finanzierungskrise der GRV. Die Zunahme von atypischen Beschäftigungsverhältnissen wie Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigung und Scheinselbstständigkeit führt zu geringeren Einnahmen der GRV, setzt das allgemeine Beitragssatzniveau unter Druck und verringert die zur Rentenberechnung herangezogenen Erwerbseinkommen (Nickel 2000; Memorandum 2001). Beide Strukturprobleme haben zu vielfältigen, zum Teil konträren Reformüberlegungen innerhalb des bestehenden erwerbszentrierten Alterssicherungssystems geführt (Deutscher Bundestag 1998: 354-381; Bäcker et. al. 2000: 321-327; Schmähl 1999b; Sinn/Werding 2000; Sozialbeirat 1998; WBR-BMWi 1998; G. Wagner 2000). Ein Diskursstrang setzt auf den Ausbau der Kapitaldeckung im System der Altersvorsorge, der den Anstieg der Beitragssätze aus wettbewerbstheoretischen Überlegungen für die Zukunft begrenzen soll. Eine Erhöhung der Belastung des Faktors Arbeit ist aus dieser neoklassisch inspirierten Sichtweise aus Gründen 87 der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und der negativen Beschäftigungswirkung nicht erstrebenswert. Die Einbuße an zukünftigem Renteneinkommen soll hiernach aus einer steigenden privaten Kapital gedeck- ten Zusatzvorsorge geleistet werden. Dieser Richtung folgt die rot-grüne Rentenreform, indem sie mit ihren beiden Gesetzen (Altersvermögensgesetz und Altersvermögensergänzungsgesetz) eine private Kapital gedeckte Zusatzvorsorge staatlich mit jährlich 21 Milliarden Mark fördern wird (Flecken 2001). Darüber hin- aus befürwortet dieser Diskursstrang, die Beitragszahlung beziehungsweise den Rentenbezug von der Anzahl aufgezogener Kinder abhängig zu machen (WBR-BMWi 1998; Sinn/Werding 2000; Donges et al. 1999). Ein neues Bundesverfassungsgerichtsurteil hat die politische Diskussion darüber neu angefacht (Krupp 2001; FTD 2001/94: 11). Am 11.05.2001 wurde das Altersvermögensgesetz im Bundesrat verabschiedet, welches eine große Anzahl von möglichen förderwürdigen Anlageprodukten aufzählt. Bei den Auseinandersetzungen um die Vertei- lung des zukünftigen Anlagevermögens, von dem sich die Finanzbranche einen großen Schub erwartet (Goldman Sachs 2000; HB 2001/90: 2), versuchen die Gewerkschaften, via tariflichen oder betrieblichen Pensionsfonds die Arbeitgeber an der vom Staat ins Leben gerufenen privaten Kapitalvorsorge zu beteili- gen (HB 2001/92: 4). Über tarifvertraglich vereinbarte Regelungen zur privaten Zusatzvorsorge könnte auch der oben beschriebene Entsolidarisierungseffekt in Bezug auf unterschiedliche Risikolagen der Arbeitneh- merInnen aufgefangen werden (Ruland 2000). Der Erfolg dieser Strategie hängt allerdings von der Koope- rationsbereitschaft der Arbeitgeber beziehungsweise ihrer Verbände ab. Zudem setzt die betriebliche Altersvorsorge voraus, dass entsprechende zusätzliche Einkommen vorhanden sind, die nicht für den unmit- telbaren Konsum gebraucht werden. In der sozialwissenschaftlichen Diskussion wird dieser Prozess als Übergang zu einer neuen Reproduktionsform kapitalistischer Entwicklung diskutiert (Aglietta 2000b; Mara- zzi 1999). Die Absenkung des GRV-Beitragssatzes und der parallel dazu (ab 2002) staatlich geförderte Aufbau einer privaten Kapital gedeckten Zusatzvorsorge haben jedoch nach Meinung von anderen Wirtschaftswissen- schaftlern konjunkturpolitisch kontrahierende Effekte, weil der – faktisch – erzwungene Aufbau einer Kapi- tal fundierten Zusatzvorsorge (Teilkapitaldeckung) zu einem entsprechenden Konsumausfall führe (Mein- hardt/Wagner/Zwiener 1999; Memorandum 2001). Ein zweiter Diskursstrang teilt zwar mit dem ersten die Auffassung, dass der Ausbau der privaten Zusatz- vorsorge im bundesdeutschen Altersvorsorgesystem Sinn machen würde. Allerdings sollte dies nicht dazu führen, dass das Ziel der GRV, die Lebensstandardsicherung im Alter, aufgegeben wird (Lampert/Altham- mer 2001; Schmähl 2000; Krupp 1998). Insofern wird auch die Politik der rot-grünen Koalition von diesen Wissenschaftlern als Paradigmenwechsel in der Rentenpolitik begriffen, demzufolge statt der Lebensstan- dardsicherung erstmals das Prinzip der Beitragssatzstabilität leitendes Funktionsziel der GRV sein soll.46 Das mit der rot-grünen Rentenreform auf letztlich circa 64 Prozent des letzten Nettogehaltes im Jahr 2030 abgesenkte Eckrentenniveau als soziale Norm erreicht nur derjenige Arbeitnehmer, der 45 Jahre lang bis zum Alter von 65 Jahren Jahr für Jahr ein Erwerbseinkommen in Höhe des jährlichen Durchschnittsentgelts bekommen hat (Steffen 2001). Die Veränderungen in der Arbeitswelt führen dazu, dass wegen geringeren oder keinen Einzahlungen und kürzeren Versicherungszeiten oft nur noch ein Rentenniveau erreicht wer- den kann, das wesentlich niedriger als das Eckrentenniveau liegt. Trotz des mit der rot-grünen Rentenre- form verbundenen Einstiegs in eine bedarfsgedeckte Grundsicherung wird dem Problem einer zukünftigen Altersarmut weiterhin große Bedeutung zukommen. 46 Einige Kritiker der Rentenreform 2001 weisen zusätzlich darauf hin, dass sie mit dem Prinzip der paritätischen Finanzierung der geset- zlichen Rentenversicherung bricht (Memorandum 2001). 88 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Statt einer Absenkung des Rentenniveaus weisen diese Wissenschaftler auf zahlreiche Möglichkeiten hin, den aktuellen Finanzierungsschwierigkeiten mit Erfolg zu begegnen: • Finanzierung der von der GRV getragenen versicherungsfremden Leistungen durch die allgemeinen Steuereinnahmen. (Krupp 1998; Sitte 1998; Memorandum 2001; Schmähl 2000); • Verlängerung der Lebensarbeitszeit, sobald es die Arbeitsmarktsituation zulässt (Schmähl 2000; Krupp 1998); • Ausweitung der Versicherungspflicht auf Selbstständige und Beamte (Krupp 1998; Bäcker et al. 2000b); • Ausweitung der Versicherungspflicht auf alle Beschäftigungsverhältnisse (Rische 1999; Schmähl 1999b; Pfaff 1999; Welti 2001); • Streichung der Bemessungsgrenze und Einführung eines progressiv gestalteten Beitragssatzes (Borchert 2000); • Veränderung der Bemessungsgrundlage im Sinne einer Wertschöpfungsabgabe (Schmähl/Henke/ Schellhaaß 1984; Bußmann/Koch/Warnecke 1997). 5.4 Die Zukunft der Gesundheit – Krankenversicherung und Pflegeversicherung vor der demographischen Herausforderung 5.4.1 Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) im Spannungsfeld zwischen Solidarität und Wettbewerb Der demographische Wandel beeinflusst neben dem Alterssicherungssystem auch den Gesundheitssektor der Bundesrepublik Deutschland. Die Auswirkungen hier sind jedoch spezifisch, insofern die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) strikt nach dem Solidarprinzip funktioniert und zwischen Beitrag und Leistung keine Äquivalenz besteht (Lampert/Althammer 2001; Bäcker et al. 2000b). Die GKV organisiert einen vier- dimensionalen gesellschaftlichen Umverteilungsprozess: • von gesunden zu kranken Versicherten; • von alleinstehenden Versicherten zu Familien; • von jungen zu alten Versicherten und • von Beziehern höherer zu Beziehern geringerer Einkommen (Braun/Kühn/Reiners 1998: 13). Spätestens seit der Einrichtung der konzertierten Aktion im Gesundheitswesen im Jahr 1977 ist die Bei- tragssatzstabilität eine eigenständige Funktionsbedingung der GKV, deren Ziel im Grundsatz darin besteht, eine solidarische Gesundheitsversorgung mit wirtschaftlicher Effizienz bereitzustellen. Die veränderten poli- tischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (internationale Standortkonkurrenz, Steuerstaat: Abschnitte 1 und 6; Europäische Integration: Abschnitt 7) haben jedoch die strategische Bedeutung der Beitragssatzstabilität als einem Steuerungsziel gestärkt und bewirkt, dass die Reformen der GKV in den neunziger Jahren sehr stark unter fiskalischen Gesichtspunkten durchgeführt worden sind (Deutscher Bun- destag 1998: 407).47 47 Dabei sind die Gründe für die Kostensteigerungen der 70er, 80er und 90er Jahre weniger auf eine Erhöhung der allgemeinen Aus- gaben der GKV (gemessen als prozentualer Anteil am BSP) zurückzuführen. Vielmehr der zurückgehende Anteil der Lohneinkommen am Volkseinkommen (Lohnquote) bewirkte, dass gleichbleibende Gesundheitsausgaben mit einer immer schmaleren Einkommensba- sis finanziert werden mussten. (Braun/Kühn/Reiners 1998; Bäcker et al. 2000b). 89 Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) 1992 und nachfolgenden zahlreichen Gesetzen und Verord- nungen wurde ein neuer ordnungspolitischer Rahmen für die GKV etabliert, der wettbewerbliche Elemen- te zur Stärkung wirtschaftlicher Effizienz in der GKV beinhaltet (freie Kassenwahl, Zuzahlungen). Seitdem drehen sich die ordnungspolitischen Auseinandersetzungen um die Frage, wie viel Wettbewerb zulässig ist, ohne den Solidargedanken der GKV aufzukündigen (Wüstenbecker 1999; Bäcker et al. 2000b).48 Die solidarische Wettbewerbsordnung der GKV umfasst seit 1994 als Marktkorrektiv den Risikostruktur- ausgleich zwischen den beteiligten Krankenkassen (RSA). Er soll eine gesundheitspolitisch unerwünschte Konkurrenz zwischen den Krankenkassen verhindern, die Beitragssatzsenkungen und –differenzen nur über die Anwerbung junger und gesunder Mitglieder (Risikoselektion) erzielt und so Anreize für kosteneffizien- tes Verhalten umgeht. Der RSA wird zur Zeit einer Überprüfung unterzogen und es ist geplant, seine Steue- rungswirksamkeit mittels neuer Kriterien bis zum Jahr 2007 zu verbessern (Morbiditätskriterium; Breyer/Kifmann 2001a; Jacobs et al. 2001; BMG 2001; Schulz/Kifmann/Breyer 2001; Cassel/Jacobs/Wasem 2001; Lauterbach et al. 2001; Breyer/Kifmann 2001b; Glanz 2000). Ebenso wurden die Vergütungssysteme sowohl für die ambulante (Budgetierung) als auch für die sta- tionäre (Fallpauschale) Versorgung stärker unter dem Aspekt der Bereitstellung von Wirtschaftlichkeitsan- reizen reformiert (Breyer 2000; Graf 2000). Die Auseinandersetzungen um eine Ausgestaltung des RSA und die Verbesserung der ambulanten und stationären Vergütungssysteme (Rationalisierungspotentiale) sowie die Verbesserung der Qualitätssicherung medizinischer Leistungen (SVR-KAiG 2000) werden die Gesund- heitspolitik der nächsten 5 – 15 Jahre maßgeblich bestimmen (Breyer 2000). 5.4.2 Demographischer Wandel, Beitragssatzstabilität und Reformoptionen Der demographische Wandel als längerfristige Tendenz der bundesdeutschen Gesellschaft berührt die GKV in zweifacher Weise. Zum einen belastet eine strukturell alternde Gesellschaft durch die Verschiebung der Altersstruktur die zukünftigen Finanzierungsmöglichkeiten der GKV. Zum anderen führt eine alternde Gesellschaft zu einem höheren Pflege- und Krankenhausbedarf, dessen Ausmaße im nächsten Abschnitt dargestellt werden. Obwohl die Altersentwicklung der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland relativ genau vorherge- sagt werden kann (vgl. Pkt. 2.1.), besteht in der wissenschaftlichen Debatte keine Einigkeit darüber, wie sich eine alternde Gesellschaft auf die Beitragssätze der GKV auswirken wird. Abgesehen von der stets mit großen Schwierigkeiten behafteten Beitragssatzprognose über einen Zeitraum von 40-50 Jahren, besteht Dissens über die Wirkung des isolierten demographischen Wandels und seine Wechselwirkung mit dem medizinisch-technischen Fortschritt als Kostenfaktor. Tabelle 5.3 zeigt mehrere alternative Beitragssatzpro- gnosen bis zum Jahr 2040. Die Medikalisierungsthese behauptet, dass es mit der prognostizierten längeren Lebenserwartung zu einem überproportionalen Anstieg der Gesundheitsausgaben komme, weil die Morbidität mit zunehmen- den Alter ebenfalls steige (Cassel 2001: 87; Krämer 1993; zit. n. Breyer 2000: 185). Darüber hinaus bewir- ke der Kosten treibende medizinisch-technische Fortschritt eine (weitere) Überalterung der Gesellschaft und fördere eine sich selbst verstärkende Nachfrage nach medizinisch-technischen Leistungen (Sisyphus- Syndrom; Zweifel 1990, zit. n. Breyer 2000: 186). Während die lebenssteigernde Wirkung des medizinisch- 48 Es ist weitgehend Konsens unter Wissenschaftlern, dass die Übertragung des Marktprinzips auf den Gesundheitssektor wegen Mark- tunvollkommenheiten und gesundheitspolitisch unerwünschten Nebenfolgen sehr voraussetzungsvoll ist (z.B. Bäcker et al. 2000b; Lam- pert/Althammer 2001; Breyer/Zweifel 1999; Braun/Kühn/Reiners 1998). Eine Ausnahme machen hier lediglich einige hartgesottene „Marktradikale“ (Donges et al. 1999). Allerdings besteht ein großer Dissens in der Frage, wieweit die Einführung marktlicher Instrumente gehen sollte, um Beitragssatzstabilität und wirtschaftliche Effizienz zu erreichen. 90 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 technischen Fortschritts beobachtbar sei, ließen sich weder die Multimorbidität49 im Alter noch die These von der selbst verstärkenden Nachfrage nach medizinischer Technik empirisch bestätigen (Breyer 2000). Dagegen beschreibt die Kompressionsthese, dass es im (zunehmenden) Alter zu keiner potenzierten Mor- bidität und damit höheren Kosten komme (Scitovsky 1989, zit. n. Braun/Kühn/Reiners 1998: 45), weil die Inanspruchnahme teurer Instrumentenmedizin nur unmittelbar vor dem Tode stattfände, unabhängig wie alt der Mensch geworden sei (Zweifel 1997; zit. n. Braun/Kühn/Reiners 1998: 47). Lediglich die leichte Ver- schiebung der Altersstruktur zu Gunsten älterer Bevölkerungsgruppen würde im Gegensatz zu den sin- kenden Anteilen jüngerer Alterskohorten eine leichte Kostenbelastung mit sich bringen (Braun/Kühn/Rei- ners 1998; Cassel 2001:87). Während eine Variante der Kompressionsthese zudem den medizinisch-technischen Fortschritt als potenziell Kosten senkend betrachtet, insofern oligopolistische Anbieterstrukturen von medizinischen Großgeräteanbietern verhindert werden können (Braun/Kühn/Rei- ners 1998; Lampert/Althammer 2001), lehnt eine andere Variante dies ab (Breyer/Ulrich 2000; Breyer 2000). Im Rahmen einer Modellanalyse kommen diese Autoren zu dem Ergebnis, dass der Anstieg des Beitrags- satzes auf 23,1 Prozent im Jahr 2040 im Vergleich zu gegenwärtig 13,5 Prozent und der Prognose des PRO- GNOS-Instituts von 15,5-16 Prozent „zu einem überwiegenden Teil [...] auf die ausgabensteigernden Aus- wirkungen des medizinischen Fortschritts zurückzuführen” (Breyer/Ulrich 2000: 6) ist. Ausgehend von diesen unterschiedlichen Prognosen lassen sich drei Entwicklungsszenarien bestimmen (Cassel 2001: 89- 91). (1) Die standortpolitische Variante entscheidet sich aufgrund der prognostizierten steigenden Beitragssät- ze zu einer Bereinigung des derzeitigen Leistungskatalogs der GKV, die in eine Aufteilung der GKV in eine gesetzliche Basisversicherung und eine private Zusatzversorgung führt. Gesundheitsleistungen werden also rationiert (Breyer 2000). Diese Maßnahme gewinnt politisch an Einfluss (Gerlinger 2001), ist aber unter gesundheitspolitischen und ethischen Perspektiven höchst problematisch (Bäcker et al. 2000b). Als Alternative innerhalb dieser Variante könnten die steigenden Beitragssätze von der Wir- kung auf die Lohnkosten entkoppelt werden, so dass die Arbeitgeber nicht im internationalen Wett- bewerb verlieren (Cassel 2001: 89). Den Arbeitgebern könnte erlaubt werden, ihren Beitragssatz ein- frieren zu lassen, oder wie Dieter Hundt (Bundesverband der dt. Arbeitgeberverbände, BDA) vor kurzem vorschlug, nur den allgemein niedrigsten Beitragssatz der wettbewerbsfähigsten Krankenkasse zu zahlen. Die These der sinkenden Wettbewerbskraft der deutschen Wirtschaft aufgrund steigender Lohn(neben)kosten ist jedoch sowohl theoretisch wie empirisch zweifelhaft (Hübner/Bley 1996; Heise et al. 2000, siehe Abschnitt 1). Schließlich könnte die GKV gänzlich zu Gunsten eines privat organisier- ten Gesundheitssystems transformiert werden und sowohl ihre Selbstverwaltung wie paritätische Finanzierung aufgegeben werden (Donges et al. 1999). Dass dies erhebliche Umverteilungseffekte von wohlhabenderen und statistisch gesünderen Einwohnern zu schwächeren und ärmeren hätte und die soziale Polarisierung verschärfen würde, liegt auf der Hand (Deppe 1999). (2) Als zweites Szenario – und wohl das wahrscheinlichste – ist der Ausbau der solidarischen Wettbe- werbsordnung (Cassel 2001) anzusehen. Es wurde in seinen Grundzügen bereits oben beschrieben. Die Variationen dieses zweiten Szenarios unterscheiden sich darin, ob mehr oder weniger marktliche Ele- mente in die Grundstruktur der solidarischen Wettbewerbsordnung eingeführt werden. Wahltarife für Krankenkassen und die Gewährung der Vertragfreiheit von Krankenkassen in der Wahl ihrer Leistungs- erbringer sind zweifellos Marktinstrumente (Cassel 2001: 90). Offen ist nur, ob Wahltarife den Solidar- gedanken beschädigen (Bäcker et al. 2000b) und die Vertragsfreiheit die Krankenkassen dazu bringt, mit dem günstigsten auch den besten Leistungsanbieter zu erreichen (Braun/Kühn/Reiners 1998; 49 Unter Multimorbidität versteht man die mit höherem Lebensalter sich kumulierenden Risiken, an mehreren Erkrankungen zugleich zu leiden. 91 Bäcker et al. 2000b). Deshalb wird Qualitätssicherung ein unverzichtbarer Bestandteil einer solidari- schen Wettbewerbsordnung sein müssen (SVR-KAiG 2000; Bäcker et al. 2000b). (3) Als drittes Szenario schließlich ist eine Verbreiterung der Finanzierungsbasis denkbar, die: • die Beitragsbemessungsgrenze und die Versicherungspflichtgrenze nach oben hebt; • die Einkommensbasis auf alle steuerpflichtigen Einkommen ausweitet; • die mitversicherten, nicht Kinder erziehenden Familienmitglieder zu einer eigenständigen (Mindest- )Versicherung verpflichtet. Viele dieser Ansatzpunkte bleiben jedoch in ihrer beitragssatzstabilisierenden Wirkung unsicher, wenn es nicht gelingt, die fallende Lohnquote als gesamtwirtschaftliche Einkommensbasis der GKV im besonderen und der Sozialversicherungen im allgemeinen im Trend umzukehren. Umkehrung des Trends zur Massen- arbeitslosigkeit, Deregulierung des Arbeitsmarktes und Lohndifferenzierung müssen zentrale Anliegen einer zukünftigen alternativen Wirtschafts- und Sozialpolitik darstellen (Braun/Kühn/Reiners 1998; Memorandum 2001). Fazit: “Ob die soziale Krankenversicherung ‚finanzierbar’ sein wird, ist kein objektiv feststellbarer Sachverhalt, son- dern Ausdruck der in einer Gesellschaft dominierenden Werthaltungen und der politisch-ökonomischen Kräfteverhältnisse. Diese Verteilungskämpfe werden häufig nicht offen ausgetragen und verbergen sich nicht selten hinter vermeintlich sachlichen Argumenten von Experten.” (Braun/Kühn/Reiners 1998: 57) 5.4.3 Wachsender Krankenhaus- und Pflegebedarf Die Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung umfassen im Gegensatz zur GRV nicht nur Geld-, son- dern auch Sachleistungen.50 Eine strukturell alternde Gesellschaft führt damit bei sich konstant entwickeln- der Morbidität und Pflegebedürftigkeit der Bevölkerungs- und Altersgruppen einerseits zu höheren Pfle- gekosten und andererseits zu einem steigenden Bedarf an Pflegekräften (Schulz/Leidl/König 2001a, Schulz/Leidl/König 2001b; Schulz/König/Leidl 2000). Mehrere Studien sagen eine erhebliche Zunahme der Leistungsempfänger der sozialen Pflegeversicherung voraus, wobei aus statistischen Gründen die Pflegebedürftigkeit noch weitaus höher liegen dürfte (Tabelle 5.4). Die Modellrechnungen variieren insbesondere in den unterschiedlichen Annahmen über die Bevölke- rungsentwicklung und der zukünftigen Wahrscheinlichkeit der Pflegebedürftigkeit älterer Altersgruppen (Prävalenzraten). Die (rechnerische) Zunahme des Beitragssatzes zur sozialen Pflegeversicherung bei einer alternden Gesell- schaft variiert in Abhängigkeit von der Entwicklung der Sachleistungsquote und der Inanspruchnahme ambulanter oder stationärer professioneller Hilfe. Diese wiederum werden von der zukünftigen Pflegebe- dürftigkeit, den veränderten Familienstrukturen und der weiter steigenden Erwerbstätigkeit von Frauen berührt. In verschiedenen Modellrechnungen wurde eine Zunahme des Beitragssatzes von derzeit 1,7 Pro- zent des Arbeitseinkommens auf Werte zwischen 2,5 Prozent und circa 3,8 Prozent im Jahr 2040 progno- stiziert (Wille et al. 1998, zit.n. Deutscher Bundestag 1998: 476-477). Die Besonderheit der unsicheren Vor- hersagen der Beitragssätze zur PV besteht im folgenden: 50 Dabei macht es keinen Unterschied, dass sich die Pflegeversicherung (PV) in ihren Konstruktionsprinzipien in einigen Elementen erhe- blich von denen der Krankenversicherung unterscheidet. So ist die PV erstens keine Voll-, sondern nur eine Grundversicherung. Zweit- ens wird der Beitragssatz vom Gesetzgeber festgelegt und drittens umfasst die PV zahlreiche Kosten begrenzende und marktliche Momente (Budgetierung, Wettbewerb von Leistungsanbietern und Pflegekassen; Roth 2000: 184; Lampert/Althammer 2001; Bäcker et al. 2000b).0 92 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 “Unsicher ist zum einen, ob sich in Zukunft auch bei den älteren Menschen die Gesundheit generell ver- bessern wird oder ob mit steigender Lebenserwartung eine altersspezifisch gleichbleibende oder gar stei- gende Häufigkeit der Pflegebedürftigkeit und des Bedarfs an Pflegeleistungen einhergehen wird.” (Deut- scher Bundestag 1998: 478) Die Zunahme des zusätzlich benötigten Pflegepersonals wird sich vor allem auf den ambulanten Bereich konzentrieren. Bei einer konstant angenommenen Sachleistungsquote (Sach- zu Geldleistungen) von 19:81 müsste die Zahl der ambulanten Vollzeitpflegekräfte von 27.000 (1999) bis 2020 auf 40.100 und bis ins Jahr 2050 auf 62.400 steigen (Schulz/Leidl/König 2001a: 8). Der Krankenhausbedarf wird in Abhängigkeit der im vorherigen Abschnitt beschriebenen Annahmen über die zukünftige Morbidität der alternden Bevölkerung bestimmt. Die Krankenhausfälle werden einer Berech- nung zufolge bis zum Jahr 2020 um 15 Prozent und danach trotz einer schrumpfenden Bevölkerung bis zum Jahr 2050 um weitere 4 Prozent ansteigen (Schulz/König/Leidl 2000: 6). Bei relativ engen Grenzen der Produktivitätssteigerung in den sozialen Dienstleistungen wird dies auch zu einem steigenden Bedarf an Krankenhauspersonal führen. So verwundert es nicht, dass nach einhelliger Auffassung dieser soziale Dienstleistungssektor als zukünftiger Wachstumsmarkt mit entsprechenden positiven Beschäftigungseffek- ten angesehen wird (Bäcker et. al. 2000; SVR-KAiG 1996, 1997, 2000; Deutscher Bundestag 1998). 5.5 Altersgerechte Arbeitspolitik: Innovation und Beschäftigung in einer alternden Erwerbsbevölkerung Die demographische Alterung hat allerdings nicht nur Auswirkungen auf die sozialen Sicherungssysteme. Die Verschiebungen der Alterspyramide in Richtung eines „Alterspilzes” führt zu großen Herausforderungen für die Arbeitspolitik im Betrieb, dem Unternehmen und der Region. In den Betrieben und Unternehmen der Zukunft werden die über 45-jährigen ArbeitnehmerInnen die (relative) Mehrheit der Erwerbsbevölke- rung stellen (Wolff 2000: 30). Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat seit 1996 Grundlagenforschung zu diesem Thema finanziert, deren Ergebnisse von einem bundesweiten Forschungsverbund zahlreicher Institute zusammen- gefasst worden sind (Pack et al. 2000). Die Forschungsanstrengungen zielen darauf ab, die betrieblichen und bildungs- wie strukturpolitischen Voraussetzungen einer innovativen Wirtschaft inmitten einer altern- den Gesellschaft zu erkunden (Pack et al. 2000; Rothkirch 2000; INIFES/ISF/SÖSTRA 1998). Mit einer alternden Arbeitnehmerschaft verändern sich die Anforderungen an Unternehmen (Personalpoli- tik), regionale intermediäre Organisationen (Qualifizierungs-, Vermittlungs- und Beratungstätigkeiten) und den einzelnen Arbeitnehmer (Weiterbildung) (Wolff 2000: 39-41). Trotz des allgemeinen demographischen Alterungsprozesses wird die Arbeitswelt immer jünger. Dieses Paradoxon erkläre sich durch die weiter zunehmende Frühverrentungspolitik der Betriebe und die Jugend- fixierung der Wissensökonomie, der New Economy (Naegele 2001; Kistler/Hilpert 2001). Das Paradoxon verstärkt sich dadurch, dass spätestens mit dem ab 2015 prognostizierten Rückgang des Erwerbsperso- nenpotentials eine verstärkte Nachfrage nach älteren Arbeitskräften einsetzen muss, wenn die Arbeits- nachfrage auf gleich hohem Niveau bleibt. Zudem wollen viele Rentenexperten, dass der erste Rentenbe- zug später erfolgt, um die Rentenkassen zu entlasten. Aber: „Ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sollen zwar weiterarbeiten, die Weichen dafür, dass sie dies auch können, sind aber nicht wirklich gestellt worden.” (Naegele 2001: 3) In einer alternden Gesellschaft wird „Altersumschichtung [...] zum Wettbewerbsfaktor auf dem Weltmarkt” (Volkholz/Köchling 1999: 221), weil die Innovationsfähigkeit einer Wirtschaft unverrückbar mit dem Bil- 93 dungs- und Leistungspotential der Erwerbstätigen verbunden ist. Innovationsfähigkeit und Altern ist dabei trotz vieler betrieblicher Vorurteile und Hindernisse kein Widerspruch (Pack et al. 2000). Die Altersstrukturen der Wirtschaftszweige und Wirtschaftsbereiche unterscheiden sich dabei sehr stark, so dass die Wirtschaft im ganzen nicht gleichmäßig von den Folgen des Alterungsprozesses betroffen wird (Rössel/Schäfer/Wahse 1999). Insbesondere das Handwerk wird die Folgen des demographischen Wandels spüren, weil die abnehmende Zahl von BerufsanfängerInnen die strukturellen Nachwuchsprobleme in die- sem Wirtschaftsbereich nochmals verstärken wird (Mendius 2001). Die Politik in Betrieben und intermediären Organisationen wird in die Richtung gehen müssen, einerseits Vorurteile gegenüber Älteren wegen ihrer angeblichen geringeren Leistungsfähigkeit abzubauen und Spe- zialisierungsfallen durch altersgerechte Weiterbildungsmaßnahmen zu verhindern (Wolff 2000: 32-36). Andererseits muss eine „betriebstaugliche Internalisierungsstrategie” verfolgt werden, die älteren Arbeit- nehmerInnen den Verbleib im Erwerbsleben ermöglicht (Volkholz/Köchling 1999: 223-230). Hierzu müssen folgende Maßnahmen einer intergenerativen Personalpolitik berücksichtigt werden: • altersgerechte Arbeitsgestaltungs- und Qualifizierungsmaßnahmen; • betriebliche Weiterbildung; • betrieblicher Arbeits- und Gesundheitsschutz. Es zeigt sich bei vielen erfolgreichen Unternehmen, dass „...die unterschiedlichen Qualifikationsprofile jüngerer und älterer Mitarbeiter sich ausgesprochen gut ergän- zen können. Erfolgreiche Innovationen nämlich, so zeigen die durchgeführten Fallstudien [des Forschungs- verbundes, d.Verf.], brauchen breite Qualifikationsprofile. Sie können auf die bei Jüngeren häufig zu fin- dende Experimentierfreude ebenso wenig verzichten wie auf die Umsicht und das Qualitätsbewusstsein, das sich eher bei Älteren ausprägt.” (Wolff 2000: 37) 94 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 95 6. Internationaler Steuerwettbewerb, Fiskalföderalismus und die Zukunft der Staatsfinanzen Die Globalisierung der Märkte und der Prozess der europäischen Integration führen zu einer zunehmenden Mobilität von Kapital und hochqualifizierter Arbeit, die die finanziellen Fundamente des (Sozial-)Staates zu unterminieren drohen. Der dominierende wirtschaftswissenschaftliche Diskurs zieht hieraus die Schlussfol- gerung, dass sowohl die Belastungen des Faktors Kapital als auch des Faktors Arbeit gesenkt werden müs- sen, um zusätzliche Investitionen, Wachstum und Beschäftigung erzielen zu können (SVR 2000; Weizsäcker 2000). Der eingeforderten Kosteneffizienz im Bereich der sozialen Sicherungssysteme entspricht hier die Forde- rung nach einer notwendigen Konsolidierung der Staatsfinanzen (OECD 1998a). Der europäische Stabi- litäts- und Wachstumspakt verpflichtet die Teilnehmer an der Europäischen Wirtschafts- und Währungsuni- on (EWWU) auf eine fiskalische Konsolidierungspolitik, die mittelfristig die nationale gesamtstaatliche Neuverschuldung auf Null zurückführen soll (Schlag 2000; Nowotny 1999: 168-171).51 Sowohl die Steuerre- form 2000 der rot-grünen Regierungskoalition als auch die Diskussion um eine Reform des bundesdeut- schen Fiskalföderalismus müssen in diesem Kontext interpretiert werden. 6.1 Globalisierung, internationaler Steuerwettbewerb und die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) 6.1.1 Zurück in die Zukunft: Unternehmensstandort Deutschland und die rot-grüne Steuerreform 2000 Die rot-grüne Steuerreform 2000 hat sich zum Ziel gesetzt, mittels einer allgemeinen Steuer(satz)senkung sowohl die Angebotsbedingungen der Wirtschaft als auch die Nachfragebedingungen der BürgerInnen (ArbeitnehmerInnen) zu verbessern. Die zu hohen Steuersätze würden zum einen die internationale Wett- bewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen und den Zugang ausländischer Investoren nach Deutschland behindern. Zum anderen hätten zu hohe Einkommenssteuersätze negative Auswirkungen auf die Beschäf- tigung. Nominal gesehen werden tatsächlich alle Einkommensklassen entlastet: “...im Vergleich zu 1998 wird der Grundfreibetrag von 12.365 DM auf 15.011 DM im Jahre 2005 steigen, der Eingangssteuersatz dagegen von 25,9 vH auf 15,0 vH, der Spitzensteuersatz von 53,0 vH auf 42,0 vH und der Satz der Körperschaftssteuer von 45 vH (bzw. 30 vH bei ausgeschütteten Gewinnen) auf einheit- lich 25vH sinken.” (Memorandum 2001: 23) Die Steuerreform folgt der in der Finanzwissenschaft geforderten Strategie, Steuersatzsenkungen mittels einer Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlagen zumindest zum Teil gegen zu finanzieren. Unter der Auflage des europäischen Wachstums- und Stabilitätspaktes strebt die Steuerreform jedoch keine Aufkom- mensneutralität an. Sie zielt vielmehr darauf, bis zum Jahr 2005 die Steuerbelastung im Vergleich zu 1998 um netto circa 95 Milliarden Mark zu senken (BMF 2001a: 2). In der Finanzplanung des Bundes wird sogar bis zum Jahr 2006 ein ausgeglichener Bundeshaushalt angestrebt. Die Senkung der Körperschafts- und Einkommenssteuer bewirkt nach neoklassischer Interpretation, dass wegen der niedrigeren steuerlichen Grenzbelastung sowohl die Wettbewerbsfähigkeit als auch die Attrak- 51 Die Frage, ob die Bestimmungen des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts zukünftig eine (europäische) antizyklische Fiskalpolitik ermöglichen, wird an anderer Stelle diskutiert (siehe Beitrag von Gülay Caglar). 96 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 tivität der deutschen Wirtschaft steigt (SVR 2000: 198). Tabelle 6.1 zeigt die Wirkung der Unternehmens- steuerreform auf die tarifliche Grenzbelastung des Gewinns von Kapitalgesellschaften. Der tarifliche Grenz- steuersatz bundesdeutscher Kapitalgesellschaften sinkt nach der Unternehmenssteuerreform auf ein mitt- leres internationales Niveau ab. Kritiker wenden allerdings gegen eine solche Betrachtungsweise ein, dass der internationale Vergleich der nominellen Steuersätze keine Aussage über die reale Steuerlast der Unternehmen zu lasse. Die Beurteilung der effektiven Steuerlast müsse vielmehr die Bemessungsgrundlagen für die Gewinnermittlung mit in Betracht ziehen (Hickel 1999; Grözinger 2000). Und hier haben international agierende deutsche Unter- nehmen vielfältige Möglichkeiten, Gewinne nicht steuerpflichtig auszuweisen (Hickel 1998a: 92-96): • überhöhte Abschreibungen52; • Niederstwertprinzip; • Risiko- und Pensionsrückstellungen; • konzerninterne Verrechnungspreise und • Steueroasen. Eine international vergleichende Studie der OECD kam zu dem Ergebnis, dass im Jahr 1997 für Deutschland ein Steueranteil am Sozialprodukt von 1,5 Prozent (Summe aller Steuern auf den Gewinn im Verhältnis zum Sozialprodukt) gemessen wurde.53 Der entsprechende OECD-Durchschnitt lautet dagegen 3,3 Prozent, der für die Europäische Union 3,5 Prozent: “Zum vierten Mal in Folge haben wir den (nach Island) niedrigsten Wert aller immerhin 28 Mitgliedsländer aufzuweisen!” (Grözinger 2000: 410) Das bedeutet zum einen, dass die Finanzierung der öffentlichen Haus- halte weitgehend von den abhängig Beschäftigten über die Lohnsteuer und die sie besonders belastende Mehrwertsteuer geleistet wird. Dies spiegelt die angebotspolitische Steuerpolitik seit den Achtziger Jahren wider. Zum anderen vermuten die Kritiker der Steuerreform 2000, dass die (erneute) Absenkung der deutschen Unternehmenssteuersätze dem (ruinösen) internationalen Steuerwettbewerb erst einen zentralen Impuls geben wird (Heise et al. 2000; Grözinger 2000). Auf die hiermit zusammenhängende Frage einer zukünf- tigen Eindämmung eines schädlichen Steuerwettbewerbs wird im nächsten Abschnitt zurückzukommen sein. Schließlich erscheint der nachfragedynamische Effekt der Steuersenkungen fraglich, weil die unteren und mittleren Einkommensklassen wegen den allgemeinen Konsolidierungsanstrengungen von Kürzungen sozialer Transferleistungen negativ beeinflusst würden. Selbst Befürworter der Steuerreform weisen darauf hin, dass der – von ihnen im Prinzip unbestrittene – Selbstentlastungseffekt niedrigerer Steuerbelastungen kurzfristig eine negative Nachfragedynamik entwickeln könnte (Peffekoven 2000: 81). Das Ergebnis der Steuerreform 2000 besteht für ihre Kritiker in einer Fortsetzung der Umverteilungspolitik von Einkommen und Vermögen (Memorandum 2001: 23). Während sich der Anteil der unteren Hälfte aller westdeutschen Haushalte am Geldvermögen von 9,2 Prozent (1988) auf 4,8 Prozent (1998) nahezu hal- bierte, stieg umgekehrt der Anteil des oberen Zehntels von 42,8 Prozent (1988) bis zum Jahr 1998 um 16,1 Prozent auf 49,7 Prozent des westdeutschen Geldvermögens (Memorandum 2001: 24). 52 Die steuermindernden Möglichkeiten der Abschreibungen sind jedoch durch eine Abschreibungssatzsenkung und Verkürzung der Abschreibungsdauer mit der Steuerreform 2000 beschränkt worden (BMF 2001a). 53 „Mit diesem Indikator ist berücksichtigt, dass die einzelnen Länder sehr spezifische Einzelsteuern haben, dazu auch unterschiedliche Wohlfahrtsniveaus und Staatsanteile aufweisen.“ (Grözinger 2000: 410) 97 6.1.2 Steuerkonkurrenz versus Steuerharmonisierung: Zur Perspektive der Europäi- schen Integration Die internationale Steuerkonkurrenz zwischen Staaten wird wirtschaftswissenschaftlich unterschiedlich interpretiert (für einen Überblick: Feld 2000; Windisch 1999; Janeba 1997). Während einige die internatio- nale Steuerkonkurrenz für einen Mechanismus halten, der staatliches Handeln zu effektivem Einsatz von Ressourcen zwinge (Blankart 1996; Boss et al. 1999), weisen andere auf die Gefahr hin, dass eine unregu- lierte Steuerkonkurrenz die Möglichkeiten des Staates beschränke, eine effiziente Infrastruktur bereitzustel- len und soziale Sicherungssysteme zu finanzieren (Sinn 1997). So gibt es in mehrfacher Hinsicht Anstren- gungen, zu internationalen Besteuerungsstandards zu kommen. Steuersystematisch kann dabei zwischen der Steuerharmonisierung direkter und indirekter Steuern unterschieden werden. In der Finanzwissenschaft ist das Konzept der internationalen Wettbewerbsneutralität54 das entscheiden- de Effizienzkriterium, an der sich eine Ausgestaltung internationaler Besteuerungszusammenhänge auszu- richten hat.55 Um zunächst das Problem der Doppelbesteuerung im internationalen Warenverkehr auszu- schalten, stehen entweder das Bestimmungslandprinzip (BLP) oder das Ursprungslandprinzip (ULP) zur Verfügung (Abbildung 6.4). Im Kontext des europäischen Integrationsprozesses wurde eine weitgehende Harmonisierung der Steuer- bemessungsgrundlagen der Mehrwertsteuer erreicht (Mehrwertsteuerrichtlinie von 1977). Jedoch differie- ren die Nominalsätze in den einzelnen Länder weiterhin, wenn auch eine Mindeststeuer verabredet wer- den konnte. Seit dem realisierten Binnenmarktprogramm in Europa besteht die Herausforderung, den Wegfall der zwischenstaatlichen Grenzen bei der Mehrwertsteuer-Erhebung zu kompensieren (Hagen 2000). Die von der EU-Kommission im Jahr 1996 vorgeschlagene Kompromissregelung nach dem Binnen- marktprinzip beinhaltet einen grenzüberschreitenden Vorsteuerabzug und ein Clearing-Verfahren auf makroökonomischer Basis, welches die ungleiche Verteilung des Steueraufkommens zwischen Export- und Importland kompensieren soll (Nowotny 1999: 410-411; EU-Kommission 1996). Dieses Verfahren konnte sich jedoch nicht durchsetzen, weil sich die Mitgliedsstaaten nicht auf ein Clearing-Verfahren einigen konn- ten. So gilt zur Zeit ein Mischsystem, “... bei dem kommerzielle innergemeinschaftliche Lieferungen [d.h. Lieferungen zwischen Exporteur und Importeur, d.Verf.] grundsätzlich nach dem Bestimmungslandprinzip besteuert werden, nichtkommerzielle innergemeinschaftliche Lieferungen [d.h. Lieferungen auf der Grundlage von Direktimporten der Verbrau- cher, d.Verf.] nach dem Ursprungslandprinzip.” (Homburg 2000a: 302) Die EU-Kommission zielt mit einer neuen Strategie nun darauf, die bestehende Regelung zu moderni- sieren. Sie sieht selbst ein, dass die Erreichung des „big-bang”-Vorschlags von 1987 oder auch die Stra- tegie von 1996 wegen politischer und juristischer Schwierigkeiten auf kurze Sicht nur schwer umzuset- zen ist. Dennoch bleibt sie auf längere Sicht dem Ziel einheitlicher Mehrwertsteuersätze auf der Basis des Ursprungslandprinzips (also ohne Clearing-Verfahren) in Europa verpflichtet, mit der der Forderung nach Wettbewerbsneutralität der Mehrwertbesteuerung entsprochen werden kann (EU-Kommission 2000). Einen Schub in Richtung einer verstärkten internationalen Kooperation im Bereich der Mehrwertsteuer könnte unter Umständen die zunehmende Bedeutung von E-Commerce bringen (SVR 2000: 203-205; 54 „Darunter ist zu verstehen, dass das Steuersystem keine internationalen Bewegungen von Gütern, Dienstleistungen und Produktions- faktoren und auch keine Leistungsbilanzveränderungen aufgrund solcher Bewegungen verursacht.“ (Nowotny 1999: 402) 55 „Sowohl hinsichtlich der Bewertung des Stellenwertes von Wettbewerbsneutralität, wie auch hinsichtlich des Weges, dieses Kriterium zu realisieren, bestehen in Wissenschaft und Politik sehr unterschiedliche Positionen.“ (Nowotny 1999: 403) 98 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Toifl/Züger 2000; EU-Kommission 1998).56 Die steuertechnische Durchsetzung der Besteuerung des elek tronischen Geschäftsverkehrs wie die Verteilung des Steueraufkommens sind ohne intensive internationale Kooperation nicht zu bewerkstelligen. Innergemeinschaftlich ist die Besteuerung des Online-Geschäfts dabei nicht mit dem zur Zeit herrschenden Übergangssystem kompatibel. Erforderlich sei vielmehr die Ein- führung des Binnenmarktprinzips (SVR 2000: 204). Der Handel mit Drittländern kann jedoch nur auf der Grundlage internationaler Vereinbarungen im Rahmen der Welthandelsordnung (WTO) realisiert werden. Die Frage der internationalen Harmonisierung direkter Steuern betrifft mit der Besteuerung von Unterneh- men und Kapitaleinkommen zentrale Probleme der internationalen Steuerkonkurrenz (für einen Überblick: Windisch 1999; Homburg 2000b; Schreiber 1998; Tanzi 1998; Hey 1997; Wagener 1997). An ihr entfachte sich auch die intensive theoretische Diskussion um das effizienteste Steuersystem: synthetische Einkom- menssteuer57 versus zinsbereinigte Einkommenssteuer58, die an dieser Stelle jedoch nicht dargestellt wer- den kann (Rose 1997; Smekal/Sendlhofer/Winner 1999). In der wirtschaftspolitischen Praxis beschränken sich Ansätze zur Steuerharmonisierung in diesem Bereich bislang auf die formalen Regelungen und Probleme der Doppelbesteuerung (Doppelbesteuerungsabkom- men; Nimmermann 1999; Lang et al. 1998). Trotz der unentschiedenen Position der Wissenschaft zu den Vorteilen und Nachteilen von Steuerkonkurrenz und Steuerharmonisierung haben sich politische Initiativen sowohl auf der Ebene der OECD als auch der EU gebildet, die schädlichen Steuerwettbewerb59 für ihre Mit- gliedsstaaten verhindern wollen, ohne auf die Effizienz steigernden Wirkungen des Steuerwettbewerbs gänzlich zu verzichten (OECD 1998b; EU-Kommission 1997a; EU-Kommission 1997b). Die Maßnahmen zie- len auf die Unternehmensbesteuerung und die Besteuerung von Kapitaleinkommen. International tätige Unternehmen haben vielfältige Möglichkeiten, die unterschiedlichen Gewinnsteuerni- veaus konkurrierender Staaten auszunutzen (Schreiber 1998; Homburg 2000b; Grigat 1997). Politische Initiativen, die auf eine europaweite Steuerharmonisierung von Bemessungsgrundlagen und Steuersätzen abzielen, stören sich an der strategischen Bedeutung der internationalen Konkurrenz mit Unternehmens- steuern für Nationalstaaten. So konnte bislang auf europäischer Ebene nur ein unverbindlicher Verhaltens- kodex für international tätige Unternehmen durchgesetzt werden (EU-Kommission 1997b). Obwohl theo- retische Modelle bereitstehen, die Unternehmensbesteuerung in Europa zu harmonisieren (Hey 1997; Homburg 2000b; Schmidt 1998; Cnossen 1997), sind die gesellschaftlichen Machtverhältnisse hierfür nicht förderlich (Overbeek 2000).60 Vor diesem Hintergrund wird eine verschärfte europaweite Steuerkonkurrenz in Zukunft sehr wahrscheinlich (Heise et al. 2000; Ziltener 2000: 151-154). Insbesondere die Steuerflucht von Kapitaleinkommen in sogenannte Steueroasen, die mit einer geringen oder nicht vorhandenen Besteuerung von Kapital konkurrieren (FSF 2000), stieß die Initiative der OECD an, 56 Zur grundsätzlichen Bedeutung von IT-Technologien für die Zukunft der Wirtschaft (siehe Beiträge von Frank Klobes und Christoph Kellermann). 57 Die synthetische Einkommenssteuer zielt darauf, alle Einkommensarten zusammenzufassen und sie einheitlich zu besteuern (Homburg 2000a: 124-133). Ein aktueller Vorschlag zur Reform des bundesdeutschen Steuersystems entlang dieser Vorstellungen ist der Vorschlag der sog. Kirchhof-Kommission (HB 2001/90: 4). 58 Die zinsbereinigte Einkommenssteuer unterscheidet sich von der traditionellen Einkommenstheorie, dass sie im Effekt die Kapitalzinsen und –kosten des Unternehmens steuernsenkend von der Steuerbemessungsgrundlage abzieht. Die Kapitalbildung bleibt damit faktisch steuerfrei. Einkommen soll demgemäß nur besteuert werden, wenn es konsumtiv (und eben nicht als Sparanlage) verwandt wird. Deswegen spricht man in Bezug auf dieses Einkommenssteuermodell auch von einer Konsumsteuer (Wagner 1999; Wenger 1997) oder einer Ausgabensteuer (Homburg 2000a: 133-139). Neben der zinsbereinigten Einkommenssteuer gibt es weitere theoretische Varianten (Rose 1998). Die Konsum orientierte Einkommenssteuer wurde in Kroatien erstmals umgesetzt und wird zum Teil auch in anderen Ländern angewandt (Italien, Österreich). 59 Unter schädlichem Steuerwettbewerb wird dabei eine steuerpolitische Praxis verstanden, die entweder keine Steuern auf bestimmte Einkommen erhebt, die nominellen von den effektiven Steuersätzen stark abweichen lässt oder es Ausländern ermöglicht, von steuer- lichen Bevorzugungen zu profitieren, die Inländern in der Regel nicht zustehen (OECD 1998b: 19). 60 Besonders deutlich zeigte sich das anhand der gescheiterten Reformpolitik des ersten Finanzministers der rot-grünen Regierungskoali- tion, Oskar Lafontaine (Overbeek 2000: 175-178). 99 diese Form des schädlichen Steuerwettbewerbs mit einer OECD-weiten Ächtung von Tax Havens mittels sogenannter schwarzer Listen zu begegnen (OECD 2000b).61 Auf der Ebene der Europäischen Union ver- einbarten die Mitgliedsstaaten im Juni 2000 im Grundsatz, die Zinsbesteuerung europaweit nach dem Wohnsitzlandprinzip und den hiermit erforderlichen Kontrollmitteilungen zwischen den Finanzbehörden der Mitgliedsstaaten zu vereinheitlichen. Hierzu soll bis zum Jahr 2002 eine entsprechende Richtlinie aus- gearbeitet werden. Übergangsweise dürfen die Länder jedoch bis zum Jahr 2010 weiterhin eine Quellen- besteuerung durchführen, die bei weiterhin bestehenden Steuersatzunterschieden den momentanen Zustand erhält. Die Zustimmung zum zwischenstaatlichen Informationsaustausch ist dabei von einzelnen Mitgliedsstaaten mit dem Junktim verknüpft worden, dass Drittstaaten ebenfalls in diese Regelung mit ein- bezogen werden (z.B. die Schweiz). Wegen der Unwahrscheinlichkeit dieses Falles, plädiert der Sachver- ständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung für die nationale Einführung einer moderaten Abgeltungssteuer von 20 Prozent (SVR 2000: 203). Faktisch bedeutet das, dass die Kapitalein- kommen gegenüber den Erwerbseinkommen steuersystematisch bevorzugt werden. Dies widerspricht nicht nur der eingeforderten Systematik einer synthetischen Einkommenssteuer, sondern verstärkt nochmals die Tendenz der Erosion des Leistungsfähigkeitsprinzips bei der Steuererhebung (Hickel 1998b). Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass der mit dem europäischen Integrationsprozess verbundene Konsolidierungszwang für die Staatsfinanzen einerseits und die verschärfte Steuerkonkurrenz andererseits eine höchst instabile finanzielle Konstellation befördern. Die Umsetzung der vorhandenen Modelle einer effektiveren Zinsbesteuerung in Europa (Schratzenstaller 2000; Schratzenstaller/Wehner 2000; WBR-BMF 1999) bedürfen ebenso wie die Forderung nach einer europaweiten Harmonisierung von Unternehmens- steuern, die die ruinöse Steuerkonkurrenz eindämmt, einer sozialen Bewegung in und für Europa (Bourdieu 2001). 6.2 Kooperativer versus kompetitiver Fiskalföderalismus: Die Reform des deutschen Finanzausgleichs Die Zukunft des deutschen Fiskalföderalismus hängt von vielfältigen juristischen und verfassungsrechtlichen sowie ökonomischen und politischen Faktoren ab, die zudem noch über gewisse Eigendynamiken verfü- gen, so dass eine ausführliche Erörterung hier nicht stattfinden kann (Geske 2001a; Scherf 2000; Baretti et al. 2000). 6.2.1 Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Reformbedarf des bundesdeutschen Finanzausgleichs Die Aktualität und Zukunftswirkung dieses Themas wurde maßgeblich von dem Urteil des Bundesverfas- sungsgerichts (BVerfG) zu der Verfassungsklage der finanzstarken Bundesländer Bayern, Baden-Würtem- berg und Hessen über die zu starke Nivellierung der unterschiedlichen Finanzkraft der Länder durch das geltende System des Finanzausgleichs vom 11. November 1999 bestimmt (BVerG 1999). Das BVerfG ver- anlasste den Gesetzgeber dazu, die juristischen Auslegungen und Konkretisierungen der entscheidenden verfassungsrechtlichen Bestimmungen zum bundesdeutschen Fiskalföderalismus zu erneuern. Hierzu soll zunächst bis zum 31. Dezember 2002 ein Maßstäbegesetz beschlossen werden, welches Kriterien bestimmt, die sowohl der Öffentlichkeit die Möglichkeit eröffnen, die Transparenz der Mittelverteilung zu kontrollieren als auch den Gebietskörperschaften, haushaltswirtschaftliche Planbarkeit und Voraussehbar- keit der finanzwirtschaftlichen Autonomiegrundlagen für den Bund und die Länder zu gewährleisten (Geske 2001b: 215; Vesper 2000). Hierzu hat die Bundesregierung am 15. Februar 2001 einen ersten Ent- 61 Allerdings hat diese Initiative durch die neue US-amerikanische Regierung einen Rückschlag erlitten. Diese erklärte, dass sie die OECD- Initiative nicht mehr unterstützen wolle (HB 2001/92: 7; HB 2001/97: 8). 100 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 wurf vorgelegt (BMF 2001b), der hier nicht weiter erörtert werden kann (Geske 2001b). Sollte bis zu dem festgelegten Termin ein Maßstäbegesetz nicht verabschiedet sein, so wird der derzeit gültige Finanzaus- gleich für nichtig erklärt werden. Faktisch wird er damit – wenn auch aus anderen Gründen als die Kla- geländer angeführt haben (Vesper 2000) – für verfassungswidrig erklärt (Hickel 2000). Dem Maßstäbege- setz soll dann bis zum 31. Dezember 2004 ein neues Finanzausgleichsgesetz (FAG) folgen. Gelingt dies nicht, wird die vorläufige Weitergeltung des „alten” Finanzausgleichs wiederum für nichtig erklärt. Von ver- schiedener Seite wurde diese vom BVerfG geforderte verfahrensmäßige Trennung von Kriterienentwicklung und eigentlichem Umsetzungsgesetz als praxisfern und nicht realisierbar bezeichnet, weil die Interessen- kalküle der Gebietskörperschaften doch letztlich von den ihnen zufließenden Finanzressourcen bestimmt würden (Vesper 2000; SVR 2000; Hickel 2000; Peffekoven 2001). 6.2.2. „Konfiskatorischer Finanzausgleich”: Kritik und Gegenentwurf zum bestehenden System des kooperativen Föderalismus Das bundesdeutsche System des kooperativen Fiskalföderalismus ist ein äußerst komplexes Mischsystem (Geske 2001a). Als wesentliche Elemente sind hier zu nennen (Baretti et al. 2000b: 26): • das Verbundsystem der wichtigsten Steuerarten (Gemeinschaftssteuern); • der Länderfinanzausgleich im weitesten Sinne und • die Mischfinanzierungstatbestände (Gemeinschaftsaufgaben, Geldleistungsgesetze und Finanzhilfen des Bundes). Artikel 106 Grundgesetz (GG) beinhaltet die verfassungsrechtlichen Bestimmungen über die Verteilung der Steuereinnahmen, deren Einzelheiten im FAG niedergelegt sind (Stein 1998: 141). Ziel des Finanzausgleiches zwischen dem Bund und den Ländern ist es, die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder so auf- einander abzustimmen, “...dass ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheit- lichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.” (Art. 106 Abs.3 GG) Im Rahmen des primären Finanzausgleichs (Verbundsystem) kommt es zu einer Verteilung der Gemein- schaftssteuern (also Einkommens-, Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuer) zwischen den Gebiets- körperschaften nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel (Geske 2001a; Becker 1995). Hiervon zu unterscheiden ist die Stufe des sekundären Finanzausgleichs, der unter Verteilungsgesichts- punkten diese Primärverteilung korrigiert (Huber/Lichtblau 1998: 142). Der horizontale Finanzausgleich umfasst im Kern anhand der Einwohnerzahl die Verteilung von 75 Prozent der Umsatzsteuer auf die Bun- desländer. Maximal 25 Prozent des Umsatzsteueraufkommens wird an die finanzschwachen Länder gezahlt, um deren Steuereinnahmen je Einwohner an 92 Prozent des Durchschnitts heranzuheben. Der Län- derfinanzausgleich im engeren Sinne schöpft die Steuermehreinnahmen der finanzstarken Länder pro- gressiv ab und hebt die Finanzkraft der schwachen Länder auf mindestens 95 Prozent der durchschnittli- chen Finanzkraft aller Länder an. Schließlich werden auch noch die Ergänzungszuweisungen des Bundes (Fehlbetrags-BEZ) in den sekundären Finanzausgleich mit einbezogen, die die durchschnittliche Finanzkraft der Länder auf mindestens 99,5 Prozent anhebt. Hinzu kommt wegen der besonderen Bedeutung Ost- deutschlands noch die Sonder-BEZ des Bundes, deren Bedeutung jedoch kurzfristiger und nicht systemati- scher Natur ist.62 Tabelle 6.2 zeigt, welche Zahlungen im Finanzausgleich 1999 geleistet wurden. 62 Im Rahmen des Solidarpaktes I bewirken erst die Sonder-BEZ die Umkehrung der Länderliste nach dem Finanzaugleich. Der Solidarpakt II, der zur Zeit in der politischen Diskussion ist, zielt auf eine Fortsetzung der Zahlungen an die ostdeutschen Länder, allerdings unter den Bedingungen eines haushaltspolitischen Konsolidierungskurses. Obwohl im Grundsatz Einigkeit über die Notwendigkeit der Fortsetzung der Ost-Förderung besteht, bewirkt diese neue Konstellation bereits Verteilungskämpfe zwischen den Ländern (FR 2001/121: 4). 101 Der konfiskatorische Charakter dieses Finanzausgleichs kommt nach der Auffassung der Kritiker dadurch zustande, dass die Ländereinnahmen „übernivelliert” würden und so eine wachstumsfeindliche Anreiz- struktur für die Länder bereitgestellt werde. Die zu hohe Grenzbelastung63 in den Ländern verhindere eine effizientere Steuererfassung und Wachstumspolitik mit entsprechenden zusätzlichen Steuereinnahmen (Baretti/Huber/Lichtblau 2001). Dies gelte für die finanzstarken, aber wesentlich stärker noch für die finanz- schwachen Bundesländer. Tabelle 6.3 zeigt die Ergebnisse einer Modellrechnung, die die Wirkung einer zusätzlichen Lohnsteuer in Höhe von 1 Millionen Mark simuliert. Wie die Tabelle zeigt, sind insbesondere die finanzschwachen Länder von einer hohen Grenzbelastung betroffen. Allerdings stellt sich die Frage, wie es um die entscheidungstheoretische Relevanz des Kriteriums Grenzbelastung des Finanzausgleichs bestellt ist. Kritiker dieses theoretischen Konzeptes weisen darauf hin, dass die Relevanz des Anreizargumentes davon abhängt, dass die Annahme eines (opportunistischen) Rationalverhaltens der staatlichen Entscheidungsträger mit der Wirklichkeit übereinstimmt (Ebert/Meyer 2000: 143). Politikwissenschaftliche Forschungen scheinen dem jedoch zu widersprechen (Scharpf 1991; Messner 1995: 250-346). Darüber hinaus wird die Stichhaltigkeit des Grenzbelastungs-Arguments für die Frage zusätzlicher Infrastruktur-Investitionen und zusätzlicher Kapitalattraktion grundsätzlich infrage gestellt (Memorandum 2001). Dessen ungeachtet fordern die Kritiker des bestehenden kooperativen Föderalismus, die Anreizstrukturen dahin gehend zu ändern, dass den finanzstarken Ländern nach dem Finanzausgleich mehr von ihren Steuereinnahmen gelassen wird. Die radikale Variante zielt darauf, das Verbundsystem des bundesdeutschen Finanzsystems zugunsten eines separierenden Trennsystems aufzuheben, welches den Ländern eine größere Steuerautonomie und –effi- zienz bringen würde (SVR 1998). Diese Entscheidung ist ein offener Bruch mit den verfassungsrechtlichen Bestimmungen und führt die Vertreter dieses Modells zu der Forderung, eine grundsätzliche Reform der Finanzverfassung anzustreben, „die generell die Ausgabenverteilung und die Einnahmenverteilung zwi- schen Bund und Ländern erfassen müsste (HG 98 Ziffern 394ff).” (SVR 2000: 210) Die ökonomische Theorie des Föderalismus erhofft sich von einem Wettbewerbsföderalismus Effizienzge- winne, weil die Besteuerung stärker an den Präferenzen der Bürger ausgerichtet und eine bessere Besteue- rungskonnexität möglich werde (Nowotny 1999: 123-134). Allerdings übersieht dieses theoretische Argu- ment, dass es bei einem Wettbewerbsföderalismus bei interregional mobilem Kapital zu einer Unterbesteuerung kommen kann, die bewirkt, dass notwendige öffentliche Güter (Infrastruktur-Leistun- gen) nicht ausreichend bereitgestellt werden können (Baretti et al. 2000b: 28). Darüber hinaus sprechen noch finanzwirtschaftliche, historische und verwaltungspraktische Gründe gegen einen solchen Wettbe- werbsföderalismus auf der Basis eines Trennsystems (Geske 1998).64 6.2.3 Inkrementelle Reformen statt Systemwechsel Die politischen und institutionellen Bedingungen einer radikalen Reform der bundesdeutschen Finanzver- fassung in Richtung eines Wettbewerbsföderalismus werden sowohl von Kritikern wie Befürwortern des bestehenden Systems als nahezu aussichtslos betrachtet (SVR 2000; Baretti et al. 2000b; Vesper 2000; Memorandum 2001). Vermutet werden vor allem inkrementelle Veränderungen innerhalb des bestehen- den Systems. Die Gründe für einen solchen Pragmatismus liegen neben den fehlenden politischen Mehr- 63 “Die Grenzbelastung gibt an, welcher Teil von 1 DM Steuermehreinnahmen in einem Bundesland durch den Finanzausgleich abgeschöpft wird.“ (Baretti/Huber/Lichtblau 2001: 39-40) 64 Geske (1998: 558) weist darauf hin, dass die Forderungen des SVR (1998), sich wieder stärker den ursprünglichen wettbewerbs- föderalen Bestimmungen des Grundgesetzes zuzuwenden, die historische Tatsache übersehen, dass sich die „klaren Regelungen der Verfassung“ von 1949 nicht in der Staatspraxis bewährt haben. 102 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 heiten zum einen in den unsicheren ökonomischen und fiskalischen Wirkungen eines Systemwechsels (Ves- per 2000) und zum anderen in den finanzwirtschaftlichen und verfassungsrechtlichen Begründungseng- pässen der Systemwechselbefürworter (Ebert/Meyer 2000; Geske 1998). So ist es nicht überraschend, dass die Reformvorstellungen der wissenschaftlichen Gutachten der Kläger- länder versuchen, ihre Effizienzgesichtspunkte mit den Anforderungen des Grundgesetzes in Einklang zu bringen und die angestrebte Entlastung der Grenzbelastungen der finanzstarken Länder mit einer zeitlich befristeten pauschalen Zuzahlung an die ostdeutschen Länder zu kombinieren, die durch eben diese Ent- lastung der Grenzbelastung nach Modellrechnungen mit wesentlich weniger Finanzkraft auskommen müs- sten (Baretti et al. 2000b; Baretti/Huber/Lichtblau 2001). Die bisher öffentlich bekannt gewordenen Reformvorstellungen auf Bundes- wie Länderebene scheinen darauf hinzudeuten, dass sowohl die Klägerländer und die anderen Länder als auch der Bund auf eine Abschwächung der Abschöpfung der finanzstarken Länder abzielen (Memorandum 2001: 112-114). Inwie- weit den finanziellen Wirkungen dieser Politik durch kompensierende Maßnahmen entgegengewirkt wer- den kann, hängt weniger von den ökonomischen Effizienzgesichtspunkten, sondern vielmehr von den erforderlichen politischen Mehrheiten ab.65 Die Auswirkungen einer wesentlich geringeren Abschöpfung der finanzstarken Länder liegen jedoch auf der Hand: “Jeder Rückzug der westdeutschen Körperschaften aus ihren gegenwärtigen Zahlungsverpflichtungen führt zur Reduzierung der Aufbaufinanzierung in den neuen Ländern, auch wenn ein solcher Abbau mit Voka- beln wie höherer Anreiz zu eigenen Anstrengungen, Beseitigung überhöhter Nivellierung, stärkere Aus- schöpfung der vorhandenen Steuerquellen und sogar Konkurrenzföderalismus verdeckt wird.” (Geske 1998: 564) Die internationale Standortkonkurrenz einerseits und die stabilitätspolitischen Auflagen des europäischen Integrationsprozesses – mit der Notwendigkeit eines nationalen Stabilitätspaktes – andererseits machen es jedoch wahrscheinlich, dass sich mit einer stärker an Effizienzgesichtspunkten orientierten Reform des Finanzausgleichs die finanziellen Engpässe der Gebietskörperschaften weiter verschärfen werden. Die regionalen Disparitäten werden sich stärker ausprägen (Memorandum 2001: 112) und der Konkurrenz- kampf der Städte und Regionen (Elsner 1998) erhöht sich mit unabsehbaren Folgen für die soziale Inte- gration von Städten und Kommunen (Alisch/Dangschat 1998; Dangschat 1999; Friedrichs/Kecskes 1996; Butterwegge 1999: 149-154; Elsner 1998). 65 Eine These, die in der Finanzwissenschaft auch die polit-ökonomische Public-Choice-Theorie aufstellt, allerdings mit kritischem Unterton, der auf die mangelnde Effizienz eines solchen Finanzsystems hinweist (Homburg 1997). Historische Finanzsysteme sind jedoch von formal-logischen Systemen, die auch der Public-Choice-Theorie als Bewertungsrahmen dienen, grundsätzlich zu unterscheiden. Jene müssen auch unter verfassungsrechtlichen wie verteilungspolitischen Aspekten bewertet werden. Eine rein Effizienz orientierte Betra- chtung kann zu einer Kritik am langsamen politischen Entscheidungsprozess in demokratisch-rechtsstaatlichen Gesellschaften führen (Weizsäcker 2000). Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine solche Beurteilung letztlich auf apriorischen Werturteilen beruht, die sich nicht wissenschaftlich begründen lassen (Nowotny 1999: 9-32). 103 7. Regulierung der Wirtschaft Ökonomische Entwicklungstrends einer Volkswirtschaft werden maßgeblich durch politische Regulierungs- maßnahmen beeinflusst. Durch den Einsatz von wirtschaftspolitischen Steuerungsinstrumenten können Wachstumsimpulse in einer Volkswirtschaft ausgelöst werden. Für die Bundesrepublik Deutschland und die Zukunft der bundesdeutschen Wirtschaft stellt sich die Frage, welche wirtschaftspolitischen Steuerungs- kompetenzen im Zuge der europäischen Integration auf der nationalstaatlichen Ebene verbleiben. Mit der Errichtung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion wurde eines der zentralen wirtschaftspoliti- schen Instrumente der Mitgliedsstaaten an die supranationale Ebene abgegeben, nämlich die Geld- und Währungspolitik. Neben diesen wirtschaftspolitischen Bereichen bestehen allerdings noch eine Reihe von anderen relevanten Politikfeldern, die eine entscheidende Rolle für die Steuerung des ökonomischen Ent- wicklungsprozesses spielen. In den folgenden Ausführungen wird deshalb das Augenmerk außerdem auf die Bereiche der Wettbewerbspolitik, Industrie- und Regionalpolitik, Deregulierungspolitik sowie Migrati- onspolitik gelegt. Dabei werden alle Politikbereich daraufhin untersucht, wie die Kompetenzen zwischen der nationalstaatlichen und der supranationalen Ebene verteilt sind und welche Konsequenzen sich daraus für den nationalstaatlichen Handlungsspielraum zur Steuerung der deutschen Wirtschaft ergeben. 7.1 Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion Die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) ist seit dem ersten Januar 1999 Wirklichkeit. Mit der Gründung der EWWU haben die Mitgliedsstaaten zentrale wirtschaftspolitische Steuerungskompeten- zen abgegeben: Die Wechselkurse der beteiligten Währungen sind endgültig festgelegt und die Geldpoli- tik wird von der autonomen Europäischen Zentralbank (EZB) gestaltet. Im Rahmen des Europäischen Stabi- litäts- und Wachstumspaktes sind die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, ihre Finanzpolitik, die noch in ihrem wirtschaftspolitischen Zuständigkeitsbereich verbleibt, an den gemeinschaftlichen Kriterien zu orien- tieren (Deutsche Bundesbank 1997: 132; Dullien/Horn 1999: 7). Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, welche konjunkturpolitischen Handlungsspielräume im Rah- men der EWWU noch auf der nationalstaatlichen Ebene verbleiben. In diesem Kontext soll auch die Situa- tion von Gewerkschaften und ihr Handlungsspielraum in zukünftigen Lohnverhandlung erörtert werden. 7.1.1 Fiskalpolitik im Rahmen der EWWU Im Juni 1997 wurde der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt (kurz: Stabilitätspakt) auf dem Amster- damer Gipfel verabschiedet (Steuer 1998: 87). Mit dem Stabilitätspakt wird auf die finanzpolitische Diszi- plinierung der Mitgliedsstaaten hingesteuert – übermäßige Budgetdefizite sollen somit verhindert werden. Dieser Zielsetzung liegt die Befürchtung zugrunde, dass hohe Haushaltsdefizite der Mitgliedsstaaten eine Inflationsentwicklung in der Gemeinschaft auslösen und somit zur Destabilisierung der gemeinsamen Währung führen (Dullien/Horn 1999: 26). Nach dem Europäischen Stabilitätspakt liegt ein übermäßiges Haushaltsdefizit dann vor, wenn das Defizit die Grenzmarke von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) übersteigt (Steuer 1998: 91). Wird diese Grenzmarke von einem Mitgliedsstaat überschritten, obwohl keine schwere Rezession (Rückgang des BIP um mehr als zwei Prozent) vorliegt, drohen diesem Mitgliedsstaat nach einer Frist von zehn Monaten Sank- tionen in Form einer unverzinslichen Einlage zwischen 0,2 und 0,5 Prozent des BIP (Steuer 1998: 92). Diese Einlage kann als Strafe umgewandelt werden, sofern das Defizit auch nach zwei Jahren noch besteht. Liegt in einem Mitgliedsstaat nur eine leichte Konjunkturschwäche vor (Rückgang des BIP um weniger als 2 Pro- zent und mehr als 0,75 Prozent), kann auf Beschluss des Ministerrats ein Budgetdefizit über 3 Prozent des BIP zugelassen werden (Dullien/Horn 1999: 25; Müller 1999: 54-55). Zu dem Sanktionsverfahren muss 104 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 angemerkt werden, dass dieser nicht automatisch durchgeführt wird (wie dies in den Verhandlungen zum Europäischen Stabilitätspakt von deutscher Seite gefordert wurde) (Dullien/Horn 1999: 25). Es liegt – wie deutlich wird – letztlich im Ermessen des Ministerrates höhere Budgetdefizite zuzulassen. Ergo: Das Sank- tionsverfahren hängt letztlich von einem politischen Entscheidungsprozess ab. Es stellt sich nun die Frage, wie sich das Defizitkriterium des Stabilitätspaktes auf das Reaktionsvermögen der Mitgliedsstaaten in Zeiten konjunkturellen Abschwungs auswirken wird: Grundsätzlich wird zwischen diskretionärer Fiskalpolitik und automatischen Stabilisatoren unterschieden. Bei einer diskretionären Fiskal- politik werden die Staatsausgaben im Falle eines Konjunktureinbruches gezielt ausgeweitet (zum Beispiel durch öffentliche Investitionen in Infrastruktur). Empirische Untersuchungen haben ergeben, dass diskre- tionäre Maßnahmen eher prozyklisch wirken, da eine realwirtschaftliche Wirkung der Maßnahmen zumeist mit Verzögerungen einsetzt (Dullien/Horn 1999: 28). Dagegen sichern automatische Stabilisatoren (wie zum Beispiel Einkommenssteuer oder Arbeitslosenversicherung), dass der Staatshaushalt antizyklisch rea- giert. In der wissenschaftlichen Literatur werden Bedenken hinsichtlich einer wirksamen Fiskalpolitik im Rahmen des finanzpolitischen Konsolidierungsdrucks geäußert. Wissenschaftler deuten darauf hin, dass durch die Vorgaben des Stabilitätspaktes Mitgliedsstaaten der fiskalpolitische Handlungsspielraum zur Eindämmung eines Konjunkturtiefs beschnitten werde (Dullien/Horn 1999: 29; Andersen/Dogonowski 1999: 83-88): Sebastian Dullien und Gustav-Adolf Horn befürchten, dass automatische Stabilisatoren im Falle eines Abschwungs nahezu wirkungslos bleiben, da betroffene Staaten wegen der Defizitrestriktion gezwungen sein könnten, prozyklisch zu sparen. In diesem Zusammenhang sehen sie die Gefahr, dass durch die Vor- gaben des Stabilitätspaktes Konjunkturschwankungen sogar verstärkt werden (Dullien/Horn 1999: 29). Durch die entspannte Konjunkturlage seit Mitte 1998 konnten die Mitgliedsstaaten ihre öffentlichen Defi- zite reduzieren (Volz 2000: o. S.; Kamps/Meier/Scheide 2000: 13; Dullien/Horn 1999: 31). Dies eröffnet den Mitgliedsstaaten im Grunde genommen einen fiskalpolitischen Handlungsspielraum.66 Doch Wissenschaft- ler sehen die nationalstaatlichen Gestaltungsmöglichkeiten dennoch durch die Defizitrestriktion einge- schränkt: ”Most countries have very sensitive public budgets, and there is indication that these automatic budget reactions work to stabilize the economy. Evaluated in this perspective, we find that there are realistic reces- sions which will bring countries into problems with the 3 per cent budget norm, even if they have a struc- turally balanced budget and in which the escape clause defined in the Stability Pact will not apply” (Ander- sen/Dogonowski 1999: 88). Obgleich die Vorgaben des europäischen Stabilitätspaktes einen bindenden Charakter haben, bleibt zum Schluss dennoch die Frage offen, inwiefern zu Zeiten (leichten) konjunkturellen Abschwungs die Grenz- marke von drei Prozent politisch zu halten ist. 7.1.2 Geldpolitik im Rahmen der EWWU: Konsequenzen für die Lohnpolitik Die Geld- und Währungspolitik unterliegt mit der Errichtung der EWWU nicht mehr der nationalen Verant- wortung der Mitgliedsstaaten, beziehungsweise ihrer Notenbanken. Die Zuständigkeit für diese zentralen wirtschaftspolitischen Bereiche sind nun an die unabhängige Europäische Zentralbank (EZB) übertragen worden. 66 So wurden in der Bundesrepublik beispielsweise im Rahmen der Steuerreform Steuersenkungen vorgenommen. Vergleiche dazu Abschnitt 6. 105 Die geldpolitische Strategie der EZB ist auf die Wahrung der Preisstabilität festgelegt (Dullien/Horn 1999: 18). Mit dem Ziel, Inflationsgefahren abzuwehren, hat die EZB in der vergangenen Zeit die Leitzinsen Schritt für Schritt erhöht (Tober 2000: o. S.). In der wissenschaftlichen Literatur divergieren die Meinungen über diese restriktive Geldpolitik: Vertreter des neukeynesianischen Ansatzes kritisieren, dass die strikte Geldpo- litik der EZB einen Konjunkturaufschwung und somit Wachstumsmöglichkeiten in den europäischen Volks- wirtschaften verhindere (Flassbeck 2001: o. S.; Fritsche/Horn/Scheremet 2000: o. S.; Dullien/Horn 1999: 19). In diesem Zusammenhang weisen Sebastian Dullien und Gustav-Adolf Horn darauf hin, dass von der Hoch- zinspolitik der EZB eine negative Auswirkung insbesondere auf die ökonomische Entwicklung in Ost- deutschland ausgehen werde (Dullien/Horn 1999: 24). Bei Zinserhöhungen seien vor allem für ostdeutsche Unternehmen „[...] aufgrund der ungünstigeren Kapital- und Liquiditätsstruktur [...]” (Dullien/Horn 1999: 24) stärkere Belastungen zu erwarten. Vertreter des neoklassischen Ansatzes setzen Kritikern der EZB entgegen, dass eine strenge Geldpolitik die Preisstabilität sichere und somit MarktteilnehmerInnen Handlungssicherheiten gewährleiste. Die Geldpolitik müsse sich in erster Linie auf die Wahrung der Preisstabilität in Europa richten und dürfe nicht zur Stimu- lierung des Wirtschaftswachstums „instrumentalisiert” werden. Wachstumsimpulse müssten vielmehr vom Produktionspotenzial ausgehen und nicht – wie dies in der Öffentlichkeit derzeit gefordert werde – von der Geldpolitik (Siebert 2000: 10; Kamps/Meier/Scheide 2000: 8-11; vgl. Mühlhaupt 2001: 218). Aus der Literatur geht hervor, dass die EWWU und die Geldpolitik der EZB auch unmittelbar Auswirkungen auf die Lohnpolitik der Mitgliedsländer hat: Wie bereits erwähnt wurde, fällt mit der EWWU das Wechsel- kursinstrument weg. Insofern kann die Wettbewerbsfähigkeit eines Mitgliedsstaates nicht mehr über die Abwertung der inländischen Währung hergestellt werden (Horn/Scheremet/Zwiener 1999: 7; Fröhlich et al. 1997: 9). In der wissenschaftlichen Literatur wird daraus gefolgert, dass in der Zukunft der Lohnpolitik eine zunehmende Bedeutung für die nationale Wettbewerbsfähigkeit zukommen wird (Horn/Zwiener 1998: o. S.; Fröhlich et al. 1997: 9-10). Durch die Währungsunion müssten die Verhandlungsparteien bei der Lohn- findung auch die Lohnentwicklung in den anderen Mitgliedsstaaten stärker berücksichtigen, um im Ver- gleich keinen Wettbewerbsnachteil zu erleiden (Horn/Zwiener 1998: o. S.). Die Situation in der Lohnpolitik verschärft sich zudem bei einem konjunkturellen Abwärtstrend, der aufgrund von erwarteten Inflationsgefahren durch die Geldpolitik der EZB nicht aufge- fangen wird und somit zu einem Rückgang der Binnennachfrage und der Beschäftigung in den Mitglieds- ländern führt. Wissenschaftler – vor allem Vertreter des neukeynesianischen Ansatzes – deuten in diesem Kontext auf die Gefahr hin, dass Tarifparteien in den Mitgliedsstaaten „[...] über Lohnabschlüsse, die deut- lich hinter ihren Produktivitätszuwächsen zurückbleiben, eine „beggar-my-neighbour”-Politik [...]” (Dulli- en/Horn 1999: 62) betreiben könnten. Diesem Trend könne durch eine Koordinierung der Lohnabschlüsse auf der europäischen Ebene begegnet werden (Dullien/Horn 1999: 62 Horn/Zwiener 1998: o. S.).67 Diese Strategie wird hingegen vor allem von neoliberalen Wissenschaftlern kritisiert: So merkt Horst Siebert an, dass mit der Zentralisierung der Lohnverhandlungen auf europäischer Ebene die Stärkung der organisato- rischen Macht und der politischen Position verfolgt werde, um die den öffentlichen Druck auf die EZB für eine schwächere Geldpolitik zu erhöhen (Siebert 2000: 12-13). 67 Dullien und Horn (1999: 62) weisen in diesem Zusammenhang auf die Koordinierung der Lohnabschlüsse zwischen der nordrhein- westfälischen, belgischen und niederländischen Metallgewerkschaften hin. 106 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 7.2 Trends in der Wettbewerbspolitik Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges ist die deutsche Wirtschaftsordnung maßgeblich durch die Wirt- schaftsphilosophie der ordoliberalen Schule68 geprägt (Neumann 1998: 45). Die Vertreter der ordoliberalen Schule erachten den freien Wettbewerb als zentrales Instrument, der Vermachtung der Wirtschaft durch große Unternehmen entgegenzuwirken (Neumann 2000: 44-45). Die Wettbewerbsidee der Ordoliberalen basiert – in Anlehnung an die neoklassische Theorie – auf dem Leitbild der vollkommen Konkurrenz: Es wird angenommen, dass in der Marktform der vollkommenen Konkurrenz die Preise exogen gegeben sind (Schmidt/Binder 1996: 32). Das Marktgleichgewicht wird über die lenkende Wirkung der Preise hergestellt. Erst in dem Zustand des Marktgleichgewichtes gilt die gesamtwirtschaftliche Effizienz in der Produktion und Faktorallokation als erreicht. Im Ordoliberalismus wird davon ausgegangen, dass wettbewerbsbeschrän- kende Maßnahmen von Seiten der Unternehmen sowie Staatseingriffe in das Marktgeschehen zur Verzer- rung der Marktpreise führen, wodurch wiederum das Marktgleichgewicht gestört und Ineffizienzen in der gesamtwirtschaftlichen Produktion generiert werden. Vor diesem Hintergrund wird gefordert, dass sich Staatstätigkeiten lediglich auf die Gestaltung der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen zur Sicherung des Wettbewerbs beschränken. Eine gezielte Lenkung des Wirtschaftsprozesses wird strikt abgelehnt (vgl. Starbatty 1998: 5; Gabler 1997: 1280). In diesem Sinne wurden im Jahre 1957 mit dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen für den freien Wettbewerb gesetzt.69 Der Wettbewerbspolitik wird in Deutschland eine gesondert wichtige ökonomische wie auch gesellschaftspolitische Bedeutung bei- gemessen: Eine auf dem Wettbewerbsprinzip beruhende Wirtschaftsordnung wird als wirtschaftspolitisches Pendant zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung erachtet (Schmidt/Binder 1996: 31-32.). Im deutschen Wettbewerbsrecht sind detaillierte Bestimmungen zu verschiedenen wettbewerbsbeschrän- kenden Strategien festgeschrieben: So gilt beispielsweise – vorbehaltlich weniger Ausnahmeregelungen – ein grundsätzliches Verbot für Kartelle, das heißt also für horizontale und vertikale Absprachen sowie für ein aufeinander abgestimmtes Verhalten (Schmidt/Binder 1996: 37; Neumann 2000: 45). Darüber hinaus wird im GWB der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung untersagt. Der Missbrauchsaufsicht wurde im Rahmen der zweiten GWB-Novelle im Jahre 1973 die Fusionskontrolle hinzugefügt. Mit diesen Kontrollinstrumenten soll Konzentrationstendenzen in der Wirtschaft entgegengewirkt werden (Schmidt/Binder 1996: 43). Im GWB werden zugleich Ausnahmebereiche vorgesehen, die von den Regelungen des allgemeinen Kar- tellrechts ausgenommen sind. Zu diesen Bereichen gehören beispielsweise die Landwirtschaft, die Kredit- und Versicherungswirtschaft, die Verkehrs- und die Energiewirtschaft (Neumann 2000: 122-123; Vollmer 1997: 291). Für die Durchsetzung des Wettbewerbsrechtes ist in erster Instanz das Bundeskartellamt zuständig. Im Bereich der Fusionskontrolle wird im GWB allerdings auch dem Bundesminister für Wirtschaft ein Hand- lungsspielraum eingeräumt (Schmidt/Binder 1996: 43): Der Bundesminister für Wirtschaft kann einen Zusammenschluss zulassen, selbst wenn dieser Zusammenschluss zuvor vom Bundeskartellamt untersagt wurde (sogenannte Ministererlaubnis). Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn ”die Wettbewerbsbe- 68 Einer der bekanntesten Vertreter der ordoliberalen Schule (auch Freiburger Schule) war beispielsweise der Nationalökonom Walter Euck- en (Neumann 2000: 44). 69 In der Vergangenheit – vor allem Ende des neunzehnten Jahrhunderts bis zum Ende des zweiten Weltkrieges – hat es in Deutschland kein äquivalentes wettbewerbsrechtliches Regelwerk gegeben. Obwohl im Jahre 1923 die ”Verordnung gegen Mißbrauch wirtschaftlicher Machtstellung“ erlassen wurde, war die Kartellbildung in Deutschland stark ausgeprägt. Die Zahl der Kartelle zum Ende der Weimarer Zeit werden auf 3.000 bis 4.000 geschätzt (Schmidt/Binder 1996: 29-30). Unter dem Regime der Nationalsozialisten wurde im Jahre 1933 das ”Zwangskartellgesetz“ als Instrument zur Lenkung der Wirtschaft erlassen. Kartellen kam während des zweit- en Weltkrieges eine wichtige Rolle bei der Kriegführung zu (Schmidt/Binder 1996: 30; Neumann 1998: 44). 107 schränkung von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zusammenschlusses aufgewogen wird oder der Zusammenschluss durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist” (Schmidt/Binder 1996: 43). Die sogenannten Ministererlaubnisfälle werden von der Monopolkommission begutachtet (von Weizsäcker 1995: 7). Grundsätzlich kommt der Monopolkommission die Aufgabe zu, Tendenzen in der Unternehmenskonzentration und die Anwendung der geltenden Vorschriften zu beurteilen (Schmidt/Bin- der 1996: 44). Sie ist also eine Beobachtungsstelle, ohne jegliche Entscheidungskompetenzen. Die Wettbewerbsordnung wird in der Bundesrepublik Deutschland allerdings nicht allein durch das deut- sche Wettbewerbsrecht determiniert. Zugleich wird das deutsche Wettbewerbsrecht durch Regelungen zum freien Wettbewerb auf der europäischen Ebene überlagert. Im Mittelpunkt der europäischen Wirtschaftsordnung steht das Ziel der Errichtung eines Gemeinsamen Marktes mit freiem Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr. Mit der Marktintegration in Europa soll zugleich die europäische Wirtschaftskraft gesteigert werden. Die Wettbewerbspolitik wird als eines der wichtigsten Instrumente zur Realisierung des Zieles der Marktintegration erachtet: Durch eine supranationale Wettbewerbspolitik soll verhindert werden, dass die Märkte der Mitgliedsstaaten zum einen durch private Wettbewerbsbeschränkungen und zum anderen durch staatliche Beihilfen abgeschottet wer- den (Ehlermann 1995: 37). In diesem Sinne werden in Artikel 81 und 82 des Vertrages zur Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag)70 wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen, wie beispielsweise aufeinander abgestimmtes Verhalten zwischen Unternehmen, Behinderungsstrategien und der Missbrauch einer markt- beherrschenden Stellung, verboten (EG 1999: 146). Diese Regeln entsprechen weitgehend dem deutschen Wettbewerbsrecht. Im europäischen Wettbewerbsrecht werden allerdings darüber hinaus in Artikel 87 Vorschriften zur Kon- trolle staatlicher Beihilfen festgeschrieben (EG 1999: 149-150): Nationale Beihilfen, ”die den Wettbewerb verfälschen oder bzw. zu verfälschen drohen [sind] grundsätzlich mit dem Gemeinsamen Markt unverein- bar [...], soweit diese den Handel zwischen Mitgliedsstaaten beeinträchtigen” (Kantzenbach 1996: 51). Abgesehen von einigen Ausnahmefällen, in denen nationale Beihilfen zugelassen werden können, gilt in der Europäischen Union (EU) ein striktes Beihilfeverbot. Wissenschaftler weisen darauf hin, dass seit Mitte der achtziger Jahre die Europäische Kommission ihre Kompetenzen im Bereich der Beihilfekontrolle zuneh- mend wahrnehme und dadurch den Handlungsspielraum für die Subventionsvergabe und somit für die Industrie- und Regionalpolitik in Deutschland verstärkt einschränke (Kantzenbach 1996: 52; Tetsch 1999: 373).71 In gleicher Weise ist die Europäische Kommission bestrebt, die Minderung des nationalstaatlichen Einflusses auf die Wirtschaftszweige, die aus dem Geltungsbereich des deutschen Kartellrechts ausgenom- men sind (Ausnahmebereiche)72, zu erwirken. Durch die von der Europäischen Kommission initiierten Dere- gulierung sollen diese Wirtschaftsbereiche ihre Sonderstellung verlieren und dem Wettbewerbsprinzip unterworfen werden (Kantzenbach 1996: 49-50; Vollmer 1997: 289).73 Die Europäische Kommission geht demnach sehr strikt gegen staatliche Monopole vor und versucht zudem auch gegen verschiedene Formen nationaler Kartelle vorzugehen. So übt die Europäische Kommission zunehmend Druck auf die Buchpreis- bindung in der Bundesrepublik aus (BMJ 1999: o. S., Literaturhaus 1999: o. S.).74 Der Kommission geht es vor allem darum, Buchpreisbindungen im grenzüberschreitenden Sprachraum (zum Beispiel Deutschland 70 Am ersten Mai 1999 ist der Vertrag von Amsterdam in Kraft getreten. Mit dem Vertrag von Amsterdam wurde die Nummerierung der Artikel vom Maastrichter Vertrag (sowie vom Vertrag zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – EWG-Vertrag) geändert. So waren beispielsweise Artikel 81 und Artikel 82 zuvor Artikel 85 und 86. In dieser Arbeit wird die Nummerierung gemäß dem Amsterdamer Vertrag benutzt. 71 Siehe dazu Kapitel 3. 72 Siehe oben. 73 Siehe dazu Kapitel 4. 74 In der zweiten Novelle zum GWB im Jahre 1973 wurde die Zulassung von vertikalen Preisbindungen für Verlagserzeugnisse fest- geschrieben (Schmidt/Binder 1996: 33). 108 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 und Österreich) abzuschaffen, da sie diese als wettbewerbsverzerrende Preisabsprachen erachtet (Kauf- mann 1998: o. S.). Es wird deutlich, dass die europäische Wettbewerbspolitik besonders strikt gegen die Bestrebungen der staatlichen Kontrolle und Einflussnahme vorgeht. Doch die europäische Wettbewerbsordnung determiniert darüber hinaus auch den Handlungsspielraum für die Durchführung der deutschen Wettbewerbsregeln bezüglich privater Wettbewerbsbeschränkungen. Zwar ist die parallele Geltung beider Rechte vorgesehen, allerdings hat das Gemeinschaftsrecht im Kon- fliktfall Vorrang (Schmidt/Schmidt 1997: 10). Das heißt: Das deutsche Wettbewerbsrecht findet Anwendung, sofern die Vorschriften und Zielsetzungen im Rahmen der europäischen Wettbewerbsordnung nicht beein- trächtigt werden. Andernfalls wird das deutsche Wettbewerbsrecht zurückgestellt. Deutsche Wissenschaftler konstatieren, dass die ordnungspolitischen Zielsetzungen der europäischen und der deutschen Wettbewerbsordnung – vor dem Hintergrund neuerer Entwicklungen insbesondere seit dem Maastrichter-Vertrag – zunehmend in Konflikt zueinander stehen: In den wissenschaftlichen sowie politi- schen Diskussionen wird speziell das Spannungsverhältnis zwischen den im EG-Vertrag formulierten Zielen hinsichtlich des Schutzes eines unverfälschten, freien Wettbewerbs (Artikel 3 g) und der ”Stärkung der Wett- bewerbsfähigkeit der Industrie der Gemeinschaft” (Artikel 3 m) (EG 1999: 82) problematisiert. Die zuletzt genannte Zielsetzung wurde erstmals im Maastrichter Vertrag als allgemeines Vertragsziel formuliert (Kant- zenbach 1996: 53). Mit der Aufnahme des Titels XVI ”Industrie” und der dazugehörigen industriepolitischen Bestimmungen in Artikel 157 wurde diese Zielsetzung konkretisiert und somit die Kompetenz der Europäi- schen Kommission um den Bereich der Industriepolitik erweitert.75 In Artikel 157 Absatz 1 wird folgendes reglementiert (EG 1999: 235): ”Die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten sorgen dafür, daß die notwendigen Voraussetzungen für die Wettbewerbstätigkeit der Industrie der Gemeinschaft gewährleistet sind. Zu diesem Zweck zielt ihre Tätigkeit entsprechend einem System offener und wettbewerbsorientierter Märkte auf folgendes ab: • Erleichterung der Anpassung der Industrie an die strukturellen Veränderungen; • Förderung eines für die Initiative und Weiterentwicklung der Unternehmen in der gesamten Gemeinschaft, insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen, günstigen Umfelds; • Förderung eines für die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen günstigen Umfelds; • Förderung einer besseren Nutzung des industriellen Potentials der Politik in den Bereichen Innova- tion, Forschung und technologische Entwicklung.” Das heißt also, dass nunmehr beide Zielsetzungen – die Sicherung des Wettbewerbs und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit – gleichgestellt sind. Dies hat unter den Wissenschaftlern starke ”ordnungspolitische Bedenken” (Kantzenbach 1996: 53) ausgelöst. Vor allem Wissenschaftler ordoliberaler Provenienz weisen nachdrücklich darauf hin, dass diese Entwicklungstendenz auf eine Aufweichung des Wettbewerbsprinzips hindeuten (vgl. Ehlermann 1994: 255; Schmidt/Binder 1996: 93-94; Mestmäcker 1995: 204; Immega 1993: 161). Ingo Schmidt spricht in diesem Kontext von einem ”ordnungspolitischen Paradigmenwechsel” (Schmidt 1996: 60) auf europäischer Ebene. In den Diskussionen werden vorherrschend Befürchtungen in Hinblick auf mögliche Konzentrationstenden- zen als Resultat einer (gezielten) ”industriepolitischen Instrumentalisierung der Wettbewerbspolitik” (Weiss 75 Auf das Politikfeld der Industriepolitik wird in Kapitel 7.3 gesondert eingegangen. 109 1998: 101) geäußert. Misstrauen erweckt in diesem Zusammenhang vor allem die in Artikel 157 Absatz 1 formulierte Anordnung hinsichtlich der ”Förderung eines für die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen günstigen Umfelds” (Immega 1993: 157). Dementsprechend wird eine industriepolitische Ausrichtung vor allem bei der Anwendungspraxis der Europäischen Fusionskontrolle und der Ausnahmeregelungen beim Kartellverbot erwartet (Weiss 1998: 101; Schmidt 1996: 64; Immega 1993: 161). In der Tat deuten derzeit die wettbewerbspolitischen Entwicklungen auf der europäischen Ebene auf den Anbruch eines Konzentrationstrends in Europa hin. Insofern ist der Anstieg des Konfliktpotentials zwischen der nationalen (deutschen) und der supranationalen Rechtspraxis zu erwarten. So sind beispielsweise Anzeichen für einen solchen Trend in der Anwendungspraxis der europäischen Fusi- onskontrolle zu erkennen: Wie bereits dargelegt wurde, sind Zusammenschlüsse, die eine beherrschende Markstellung bewirken und dadurch zu Wettbewerbsbeschränkungen führen, mit dem Ziel des Gemeinsa- men Marktes unvereinbar und somit nicht zugelassen. Grundsätzlich stellt sich allerdings die Frage nach der räumlichen Marktabgrenzung, die für einen solchen Fusionsverbot zugrunde gelegt wird. Vor dem Hinter- grund des intensivierten internationalen Wettbewerbs und der auf der europäischen Ebene geltenden Ziel- setzung, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu steigern, definiert die Europäische Kom- mission die räumliche Marktabgrenzung recht großzügig, indem sie sich bei der Beurteilung von Fusionen zunehmend an den Weltmärkten orientiert (Kantzenbach/Kinne 1997: 79). Dadurch steigt die Wahrschein- lichkeit, dass Unternehmenszusammenschlüsse auf europäischer Ebene zugelassen werden.76 Die nationale (deutsche) Zusammenschlusskontrolle zielt dagegen vornehmlich auf die ”Aufrechterhaltung kompetitiver Marktstrukturen auf den Inlandsmärkten” (Kantzenbach/Kinne 1997: 68). Das heißt: Die räum- liche Marktabgrenzung bezieht sich auf nationale Grenzen – eine Vorgehensweise, die zumeist von Inter- essenvertretern der deutschen Wirtschaft (so beispielsweise der Bundesverband der Deutschen Industrie – BDI) bemängelt wird, da sie sich einem starken internationalen Wettbewerb ausgesetzt sehen (vgl. Kant- zenbach 1996: 48). Weitere Hinweise für einen Konzentrationstrend gehen aus der neueren Entwicklung bezüglich der Aus- nahmeregelungen beim Kartellverbot hervor: Wie bereits dargelegt wurde, herrscht auch auf europäischer Ebene ein Kartellverbot. Allerdings enthält Artikel 81 Absatz 3 des EG-Vertrages eine Klausel, die Ausnah- men vom Kartellverbot einräumt. Eine Ausnahme vom Kartellverbot ist vorgesehen, wenn Vereinbarungen zwischen Unternehmen oder aufeinander abgestimmtes Verhalten ”[...] zur Verbesserung der Warenerzeu- gung oder –verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen [...]” (EG 1999: 146). Horizontale wie vertikale Vereinbarungen, müssen bei der Europäischen Kommission ange- meldet werden, wobei in einem Verwaltungsverfahren entschieden wird, ob diese Vereinbarungen unter die Ausnahmeregelung fallen (Neumann 2000: 124; Wissenschaftlicher Beirat des BMWi 2000: 2). Diese Regelung wurde in der Vergangenheit in einem hohen Ausmaß genutzt, woraus nicht zuletzt die Überla- stung des Verwaltungsverfahrens resultierte. Aus diesem Grund hat die Europäische Kommission im Jahre 1999 mit dem „Weißbuch zur Modernisierung der Wettbewerbspolitik” eine Reform der europäischen Kar- tellpolitik angekündigt: Das Anmeldeverfahren zur Ausnahme vom Kartellverbot soll durch eine ”Legalaus- nahme” ersetzt werden. Danach soll die Freistellung vom Kartellverbot automatisch erfolgen, sofern die Kri- terien nach Artikel 81 Absatz 3 erfüllt sind (BMWi 2000: 1; Neumann 2000: 124). Die Einschätzung, ob diese Kriterien erfüllt sind, soll den jeweiligen Unternehmen überlassen werden (BMWi 2000: 1). Das heißt: Kartelle sollen ohne vorausgehende behördliche Prüfung realisiert werden können. Es ist vorgesehen, dass die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedsländer ein Kartellverbot nach Artikel 81 Absatz 1 aussprechen kön- 76 So hat die Europäische Kommission beispielsweise zugunsten der Fusionen von Mercedes-Benz / Kässbohrer und von Mannesmann / Vallourec / Ilva entschieden (Kantzenbach 1997: 79-80; Schmidt 1996: 64-65). 110 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 nen, sobald es ihnen möglich ist zu beweisen, dass die Voraussetzungen für eine Freistellung nicht vor- handen sind (Wissenschaftlicher Beirat des BMWi 2000: 2). Folglich soll das Verfahren zur Ausnahme vom Kartellverbot dezentralisiert werden. Die Anwendung der Wettbewerbsregeln im Bereich der Ausnahmere- gelung bleibt den nationalen Behörden überlassen. Nun könnte zunächst angenommen werden, dass deut- schen Wettbewerbsbehörden durch diese zusätzliche Kompetenz ein Handlungsspielraum zur Durchset- zung der in Deutschland geltenden strikten Wettbewerbsordnung eingeräumt wird. Ein wesentliches Problem der angekündigten neuen Regelung besteht allerdings darin, dass durch diese faktisch das grundsätzlich geltende Kartellverbot aufgehoben wird. So kritisiert der Wissenschaftliche Beirat des Bun- desministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi), dass durch die ”Legalausnahme” dem Kartellver- bot nach Artikel 81 Absatz 1 die ”unmittelbare Anwendbarkeit” entzogen werde (Wissenschaftlicher Beirat des BMWi 2000: 9-10; vgl. auch Kinne 1999). Dies berührt natürlich auch direkt das geltende Wettbe- werbsrecht und somit die gesamte Wettbewerbsordnung auf nationaler Ebene. Die aufgeführten neueren Entwicklungen in der europäischen Wettbewerbsordnung verdeutlichen, dass ein Trendwechsel zu einer industriepolitisch geleiteten Wettbewerbspolitik zu erwarten ist. Folglich werden in der Zukunft Konzentrationstendenzen in Europa erkennbar sein. Diese Einschätzung wird auch durch die aktuelle Entscheidung über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft (auch bekannt unter der lateini- schen Abkürzung SE für ”Societas Europaea”) bekräftigt. Exkurs: Das Statut der Europäische Aktiengesellschaft: Konsequenzen für die Mitbe- stimmungsrechte der ArbeitnehmerInnen in der Bundesrepublik Deutschland Das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft ist ein Rechtsinstrument, wonach Unternehmen aus ver- schiedenen Mitgliedsstaaten eine Europäische Aktiengesellschaft gründen können. Eine Europäische Akti- engesellschaft unterliegt dem Gemeinschaftsrecht. Das heißt: Europäische Unternehmen können auf der Grundlage einer einzigen Rechtsordnung innerhalb der Europäischen Union grenzüberschreitend operieren (Rat der EU 2000, Buchheim 2001: 1). Das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft umfasst zwei Rechtsakten: Zum einen die ”Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE)” und zum anderen die ”Richtlinie des Rates zur Ergänzung des Statuts [...] hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer”. Ein Beschluss über das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft stand allerdings lange aus (ungefähr 30 Jahre), da sich die Mitgliedsstaa- ten nicht über eine Regelung hinsichtlich der Mitbestimmungsrechte77 von ArbeitnehmerInnen in den Unter- nehmensorganen einigen konnten. Erst am 20. Dezember 2000 konnte der EU-Rat ”Beschäftigung und Soziales” eine politische Einigung über die Richtlinie zur Beteiligung der ArbeitnehmerInnen erzielen (Gabler 2000). Diese Richtlinie muss nun von den Mitgliedsstaaten innerhalb von drei Jahren in nationales Recht übertragen werden. Erst mit der Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht tritt auch die Verordnung in Kraft (Köstler 2001: 48). Dem Statut der Europäischen Aktiengesellschaft liegt die folgende Zielsetzung zugrunde: (1) “Voraussetzung für die Verwirklichung des Binnenmarktes und für die damit angestrebte Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage in der gesamten Gemeinschaft ist außer der Beseitigung der Handelshemmnisse eine gemeinschaftsweite Reorganisation der Produktionsfaktoren. Dazu ist es uner- lässlich, dass die Unternehmen, deren Tätigkeiten sich nicht auf die Befriedigung rein örtlicher Bedürf- 77 Die Richtlinie regelt lediglich die unternehmerische Mitbestimmung und nicht die betriebliche Mitbestimmung der ArbeitnehmerInnen. Die betriebliche Mitbestimmung erfolgt nach dem nationalen Recht (Buchheim 2001: 151). 111 nisse beschränkt, die Neuordnung ihrer Tätigkeiten auf Gemeinschaftsebene planen und betreiben können. (2) Eine solche Umgestaltung setzt die Möglichkeit voraus, das Wirtschaftspotential bereits bestehender Unternehmen mehrerer Mitgliedsstaaten durch Konzentrations- und Fusionsmaßnahmen zusammen- zufassen. Dies darf jedoch nur unter Beachtung der Wettbewerbsregeln des Vertrags geschehen.” (Rat der EU 2001a: 2) Daraus geht deutlich hervor, dass grenzüberschreitende Konzentrations- und Fusionsvorhaben von europäi- schen Unternehmen seitens der Europäischen Kommission grundsätzlich unterstützt werden. In der Ver- ordnung zur Europäischen Aktiengesellschaft sind die Regeln dementsprechend festgeschrieben: Eine Europäische Aktiengesellschaft kann gemäß Artikel 2 der Verordnung nach vier verschiedenen Ver- fahren gegründet werden (Rat der EU 2001a: 9-10): a) Gründung durch Verschmelzung b) Gründung durch Errichtung einer Holdinggesellschaft c) Gründung durch Umwandlung d) Gründung in Form einer gemeinsamen Tochtergesellschaft Eine wesentliche Voraussetzung für die Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft ist, dass der Grün- dungsvorgang einen ”grenzüberschreitenden Charakter” (Buchheim 2001: 135) hat. Das heißt: Eine Europäi- sche Aktiengesellschaft kann nur dann von Unternehmen gegründet werden, ”[...] sofern mindestens zwei von ihnen dem Recht verschiedener Mitgliedsstaaten unterliegen” (Rat der EU 2001a: 9-10) oder sofern diese Unternehmen seit mindestens zwei Jahren eine Niederlassung oder eine Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedsstaat haben (Rat der EU 2001a: 9-10) und somit grenzüberschreitend tätig sind. Für die Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft wird von den Unternehmen ein Mindestkapital von 120.000 EURO vorausgesetzt (Rat der EU 2001a: 11). Dadurch wird auch mittelständischen Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnet, sich zu einer Europäischen Aktiengesellschaft zusammenzuschließen (EU 2000). Diese Regelung entspricht auch der industriepolitischen Vorgabe von Artikel 157 Absatz 1 des EG-Vertrages. Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Verordnung grenzü- berschreitende Fusionsmaßnahmen enorm erleichtert. Dies wird in der Zukunft die Konzentrationstenden- zen in Europa beschleunigen. Nehmen transnational operierende Unternehmen in Europa im Rahmen des europäischen Gesellschafts- rechts weiterhin zu, so hat dies auch unmittelbar Konsequenzen auf die nationalen Arbeitsbeziehungen. In diesem Kontext stellt sich die Frage, wie sich das Statut der Europäischen Aktiengesellschaft zukünftig in der Bundesrepublik auf die Mitbestimmungsrechte der ArbeitnehmerInnen in den Unternehmensorganen auswirken wird. In Deutschland ist die unternehmerische Mitbestimmung der ArbeitnehmerInnen gesetzlich geregelt.78. ArbeitnehmerInnen können über ihre Vertretung im Aufsichtsrat des Unternehmens an der Kontrolle der Unternehmensführung beteiligt werden und die Unternehmensstrategien mitbestimmen (HBS o. J.: 48- 50).79 Die Mitbestimmungsrechte gehen in der Bundesrepublik also über einfache Informations- und Anhörungsrechte hinaus. Innerhalb der Mitgliedsländer der Europäischen Union differieren die Regelungen 78 Die Unternehmensmitbestimmung wird von drei Gesetzen determiniert: Montanmitbestimmungsgesetz von 1951, Betriebsverfas- sungsgesetz von 1952 und Mitbestimmungsgesetz von 1976 (HBS o. J.: 44). 79 In der Bundesrepublik werde in Kapitalgesellschaften die Leitungs- und Kontrollfunktion voneinander getrennt (dualistisches Unter- nehmensmodell). 112 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 bezüglich der Mitbestimmungsrechte allerdings erheblich. Für deutsche ArbeitnehmerInnen besteht durch- weg die Gefahr, dass Unternehmen durch die Verlagerung ihres Firmensitzes in einen anderen Mitglieds- staat der Gemeinschaft, die geltenden Mitbestimmungsrechte umgehen (Altvater/Mahnkopf 1993: 120). Durch die Verordnung zur Europäischen Aktiengesellschaft wird diese Gefahr zusätzlich verstärkt. Aus die- sem Grund kommt der Richtlinie hinsichtlich der Beteiligung der ArbeitnehmerInnen eine gesondert wich- tige Bedeutung zu. In den Verhandlungen zur Richtlinie erzeugten die Unterschiede in der ”Mitbestimmungskultur” der einzel- nen Mitgliedsländer erhebliche Kontroversen hinsichtlich der Ausgestaltung der Mitbestimmungsmöglich- keiten in einer Europa-AG. Aus diesem Grund ist in der Richtlinie nicht vorgesehen, ein einheitliches europäisches Modell der ArbeitnehmerInnenbeteiligung zu entwerfen (Rat der EU 2001b: 3). Vielmehr sind in der Richtlinie Regelungen zur Aushandlung der ArbeitnehmerInnenbeteiligung festgeschrieben. Die Aus- handlungsmodi differieren entsprechend der Gründungsform einer Europäischen Aktiengesellschaft. Folgende Regelungen sind in der Richtlinie zur Beteiligung der ArbeitnehmerInnen beschlossen: Wenn die Leitungs- oder die Verwaltungsorgane der beteiligten Unternehmen die Gründung einer Europäischen Akti- engesellschaft planen, müssen diese umgehend die Verhandlungen mit den Vertretern der Arbeitnehme- rInnen einleiten, um ein Übereinkommen hinsichtlich der Mitbestimmung der ArbeitnehmerInnen in der Europäischen Aktiengesellschaft zu beschließen (Rat der EU 2001b: 10). Soweit es die Mitgliedsstaaten vor- sehen, können auch GewerkschaftsvertreterInnen diesem ”besonderen Verhandlungsgremium” (Rat der EU 2001b: 11) angehören. Die Verhandlungen müssen in einem Zeitraum von sechs Monaten vollzogen wer- den, jedoch kann nach Übereinkunft der Verhandlungsparteien der Verhandlungszeitraum auf insgesamt ein Jahr verlängert werden (Rat der EU 2001b: 18). Falls in diesem Verhandlungszeitraum keine Einigung über die Beteiligung der ArbeitnehmerInnen erzielt werden kann, setzt die Auffangregelung (Anhang der Richtlinie) ein. Für die Anwendung der Auffangregelung ist die bereits geltende Mitbestimmungsregelung in den beteiligten Gesellschaften von zentraler Bedeutung. Bestehen in den beteiligten Gesellschaften vor der Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft keine Mitbestimmungsrechte, so sind diese auch nicht dazu verpflichtet, Mitbestimmungsrechte für ArbeitnehmerInnen zu erteilen (Rat der EU 2001c: 7). Grundsätzlich sieht die Auffangregelung allerdings vor, dass die Unternehmensleitung einer Europäischen Aktiengesellschaft die ArbeitnehmerInnenvertretung über die Unternehmensvorgänge regelmäßig infor- miert und diese konsultiert (Rat der EU 2001c: 3-6; KOM 2000: o. S.). Mitbestimmungsrechte können durch die Auffangregelung also nur dann gewährleistet werden, wenn mindestens eine der beteiligten Gesell- schaften bereits einer Mitbestimmungsregelung unterliegt. Diese Bestimmung wird in der Richtlinie wie- derum nach dem Gründungsverfahren einer Europäischen Aktiengesellschaft ausdifferenziert: Die Auffan- gregelung zur Mitbestimmung setzt bei der Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft als Holding oder in Form einer Tochtergesellschaft ein, sofern „[...] vor der Eintragung der SE [Europäische Aktiengesell- schaft] in einer oder mehreren der beteiligten Gesellschaften eine oder mehrere Formen der Mitbestim- mungen bestanden und sich auf mindestens 50 % der Gesamtzahl der Arbeitnehmer aller beteiligten Gesellschaften erstreckten [...]” (Rat der EU 2001b: 21). Wird die Europäische Aktiengesellschaft über eine Umwandlung gegründet, findet die Auffangregelung Anwendung, wenn vorher „[...] die Bestimmungen eines Mitgliedsstaats über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan für eine [...] Aktiengesellschaft galten [...]“ (Rat der EU 2001b: 20). Bei der Gründung der Europäischen Aktien- gesellschaft durch eine Verschmelzung gilt die Auffangregelung zur Mitbestimmung, wenn „[...] vor der Ein- tragung der SE in einer oder mehreren der beteiligten Gesellschaften eine oder mehrere Formen der Mit- bestimmung bestanden und sich auf mindestens 25 % der Gesamtzahl der Arbeitnehmer erstreckten [...]“ (Rat der EU 2001b: 20). In diesem Fall wird den Mitgliedsstaaten jedoch zusätzlich freigestellt, ob die Auf- fangregelung zur Mitbestimmung überhaupt in nationales Recht umgesetzt wird (sog. ”Opting-Out”-Rege- lung). Allerdings kann die Europäische Aktiengesellschaft nur dann in das Register eingetragen werden, wenn vor der Gründung der Europäischen Aktiengesellschaft eine Vereinbarung zu der Form der Beteili- 113 gung von ArbeitnehmerInnen erzielt worden ist oder in keinen der beteiligten Gesellschaften vorher Mit- bestimmungsregeln bestanden (Köstler 2001: 49). Interessenvertreter der deutschen Wirtschaft beklagen, dass „[...] über die Auffangregelung das weitestge- hende Mitbestimmungsmodell eines an der Gründung der Europa-AG beteiligten Unternehmens zur Anwendung kommt.“ (BDI 2001: 1-2) Aufgrund dessen sei zu befürchten, dass Unternehmen anderer Mit- gliedsstaaten der Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft mit einem deutschen Unternehmen grundsätzlich mit Vorbehalten begegnen. Insofern seien Nachteile für deutsche Unternehmen zu erwarten. In der wissenschaftlichen Literatur wird ebenfalls eingeschätzt, dass das vergleichsweise hohe Niveau des deutschen Mitbestimmungssystems von den Regelungen formal unberührt bleibt (Buchheim 2001: 163- 164; Streeck 1998: 235). Allerdings fügt Wolfgang Streeck einschränkend hinzu, dass die in einem deut- schen Unternehmen verankerten Mitbestimmungsrechte bei der Gründung einer Europäischen Aktienge- sellschaft letztlich maßgeblich von den Verhandlungen mit den Unternehmensleitungen der beteiligten Unternehmen aber auch von der Position (bzw. Solidarität) der Beschäftigten und der Gewerkschaften in den anderen Ländern abhängen werden (Streeck 1998: 236). Letztendlich ist noch nicht abzusehen, welche Auswirkungen diese Regelungen (v.a. die Auffangregelung) in der Zukunft auf die Mitbestimmungsrechte der ArbeitnehmerInnen in der Bundesrepublik haben werden. Feststeht, dass die Auswirkungen zum einen maßgeblich von der Gründungsform sowie der prozentualen Zusammensetzung der ArbeitnehmerInnen aus den beteiligten Unternehmen in der Europa-AG und zum anderen – und wahrscheinlich auch im wesentlichen – von der internationalen Solidarität zwischen Arbeit- nehmerInnen und Gewerkschaften abhängen wird. Es ist daher auf keinen Fall ausgeschlossen, dass die Mitbestimmungsrechte der deutschen ArbeitnehmerInnen durch diese Regelungen beschnitten werden. 7.3 Trends in der Industrie-, Struktur- und Regionalpolitik In dem vorhergehenden Kapitel wurde dargelegt, dass durch die Kompetenzerweiterung der Europäischen Kommission um den Bereich der Industriepolitik ein Trendwechsel in der europäischen Wettbewerbspolitik von einer wettbewerbsorientierten zu einer industriepolitisch ausgerichteten Wettbewerbspolitik stattge- funden hat. Im Folgenden wird die Handlungskompetenz der Europäischen Union im Bereich der Industrie- sowie Struktur- und Regionalpolitik eingehender betrachtet. In diesem Kontext wird das Augenmerk auf den verbleibenden nationalstaatlichen Handlungsspielraum im Bereich der Industrie- und Regionalpolitik als Instrumente der Wirtschaftsförderung gelegt. 7.3.1 Industriepolitik Nach einer Definition von Reiner Holzem wird unter Industriepolitik „[...] jede staatliche Politik verstanden, die den Sektor Industrie unmittelbar oder mittelbar zum Gegenstand hat, und die mit geeigneten und gezielten Maßnahmen solche Ziele verwirklichen will, die ausdrücklich oder zumindest erkennbar spezifisch industriebezogen sind.“ (Holzem 1995: 13) Die Industriepolitik zielt in erster Linie auf die Stärkung und För- derung von Unternehmen im Industriesektor und umfasst Maßnahmen wie beispielsweise Subventionen zur Erhaltung von alten Industriezweigen (zum Beispiel Stahlindustrie) sowie Förderprogramme zur Stär- kung der technologischen Entwicklung vor allem neuerer Industriebereiche (Holzem 1995: 1; Meyer-Sta- mer: 1999: 4). In der Bundesrepublik Deutschland ist die Industriepolitik als Instrument der Wirtschaftsförderung sehr umstritten: Liberale Wissenschaftler und Politiker erachten industriepolitische Maßnahmen – insbesondere in Form von Subventionen – als interventionistisch, strukturerhaltend und somit wettbewerbsverzerrend und lehnen diese demzufolge strikt ab (vgl. Holzem 1995: 1; Schmidt 1996: 66-67; vgl. Meyer-Stamer 1999: 114 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 4). Dagegen fordern vor allem InteressenvertrerInnen – zum Beispiel Verbände und ArbeitnehmerInnen- gruppen – aus wettbewerbsschwachen Industriezweigen und -unternehmen industriepolitische Maßnah- men von Seiten des Staates (vgl. Holzem 1995: 1). Industriepolitische Maßnahmen auf der nationalen Ebene werden jedoch zunehmend durch die europäi- sche Wettbewerbs- sowie Industriepolitik determiniert: Die nationale Subventionspolitik, zur gezielten Unterstützung bestimmter (vor allem strukturschwacher und traditioneller) Industriezweige, wird maßgeb- lich durch die rigorose Beihilfekontrolle der Europäischen Kommission eingeschränkt (Held 2000: 5-6).80 Dagegen wird im Rahmen der europäischen Industriepolitik eine Subventionspolitik zur Förderung von bei- spielsweise Humankapitalbildung oder Forschung und Entwicklung verfolgt (Weiss 1998: 93). Die europäi- sche Industriepolitik folgt dabei dem ökonomischen Wachstumstrend in den Technologiemärkten (Reul 1998: 35). In diesem Sinne bildet auch die Forschungs- und Technologiepolitik (F&T-Politik) den Kernbereich der europäischen Industriepolitik. Im Rahmen der gemeinschaftlichen F&T-Politik wurden eine Reihe von Rahmenprogrammen zur Förderung spezieller Industriezweige konzipiert.81 In der wissenschaftlichen Lite- ratur zur europäischen Industriepolitik wird kritisiert, dass die europäische F&T-Politik sektoral und struktur- gestaltend eingesetzt werde (Weiss 1998: 114; Holzem 1995: 228-231; Schmidt 1996: 65). Peter Weiss deu- tet darüber hinaus darauf hin, dass die Europäische Kommission mit den gemeinschaftlichen Programmen zur F&T-Politik zunehmend Handlungskompetenzen an sich nehme (Weiss 1998: 114). Die Frage der indu- striepolitischen Kompetenzverteilung zwischen der nationalen und der europäischen Ebene wird in der wis- senschaftlichen Literatur kaum thematisiert. Für den Bereich der F&T-Politik allerdings konstatiert Peter Weiss, dass die Europäische Kommission über Anwendungskriterien zur F&T-Politik den Handlungsspiel- raum für die nationalstaatliche F&T-Politik erheblich einschränke (Weiss 1998: 119-120). Die Ausführungen deuten darauf hin, dass in der Zukunft die europäische Kommission den Gestaltungs- spielraum der nationalstaatlichen Ebene zunehmend restringieren wird. Besonders deutlich wird diese Ten- denz auch im Bereich der Struktur- und Regionalpolitik. 7.3.2 Struktur- und Regionalpolitik Strukturpolitik bezieht sich auf die gezielte Lenkung wirtschaftlicher Tätigkeiten mit dem Ziel einen Struk- turwandel in einer Volkswirtschaft zu unterstützen oder zu fördern (Starbatty 1998: 1). Dementsprechend zielt die Regionalpolitik auf die Förderung des Strukturwandels und der ökonomischen Entwicklung in struk- turschwachen Regionen (Starbatty 1998: 1; Tetsch 1999: 371). Ende März 1999 hat der Europäische Rat mit dem Beschluss der „AGENDA 2000“ die Ausrichtung der Struktur- und Regionalpolitik in Europa für den Zeitraum 2000-2006 festgelegt (Ziegler 1999: 361; KOM 1999: 1). Die Europäische Union verfolgt mit ihrer Struktur- und Regionalpolitik das Ziel, die ökonomischen Disparitäten innerhalb der Gemeinschaft zu überwinden und eine gemeinschaftliche Entwicklung zu för- dern. Diese Zielsetzung gewinnt insbesondere vor dem Hintergrund des Europäischen Stabilitätspaktes im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion an Bedeutung, da der finanzpolitische Hand- lungsspielraum der Mitgliedsstaaten zum Ausgleich regionaler Ungleichheiten durch die Stabilitätskriterien extrem eingeschränkt wird. 80 Ein Beispiel für die strenge Beihilfekontrolle der Europäischen Kommission ist die Entscheidung der Kommission vom 26. Juni 1996 zur Subventionierung der VW-Investitionen in Sachsen von der sächsischen Landesregierung (vgl. Schwark 1997: 325-326). Schwark greift Beispiele auf, die zeigen, dass auch Subventionierungen von Investitionsprojekten oder Vorhaben zur Neuansiedlung in den neuen Bun- desländern von der Europäischen Kommission kritisch bewertet werden (Schwark 1997: 326). 81 So beispielsweise European Strategic Program for Research and Development in Information Technologies (ESPRIT) oder Joint European Submicron Silicon Initiative (JESSI). Ausführungen zu den europäischen Rahmenprogrammen können unter anderem in den folgenden Publikationen gefunden werden: Szettele 2000; Reul 1998; Holzem 1995. 115 Die Strukturfonds82 sind das zentrale Instrument der europäischen Struktur- und Regionalpolitik. Die Allo- kation der Strukturfondsmittel erfolgt nach festgelegten Förderkriterien, nach denen die Regionen zu beur- teilen sind. Danach werden Fördergebiete nach folgenden Kriterien83 bestimmt: a) Ziel 1 betrifft die strukturschwächsten Regionen, deren Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt weniger als 75 Prozent des EU-Durchschnitts beträgt (KOM 1999: 11). b) Ziel 2 bezieht sich auf Regionen, die einen Strukturwandel vollziehen. Die Förderung im Rahmen dieser Rubrik zielt insofern auf die Abfederung eines krisenhaften Strukturwandels und die Entwicklung „zukunftsfähiger Wirtschaftsstrukturen“ (Wulf-Mathies 1999: 368; KOM 1999: 12). c) Ziel 3 strebt die Anpassung der Arbeitskräfte an einen Strukturwandel durch den Ausbau des Human- kapital an (Wulf-Mathies 1999: 368; KOM 1999: 12). Neben den Strukturfonds ist außerdem ein Kohäsionsfonds speziell für Länder, deren Pro-Kopf-Bruttoin- landsprodukt weniger als 90 Prozent des EU-Durchschnitts beträgt (also Griechenland, Irland, Portugal und Spanien), vorgesehen. Der Kohäsionsfonds soll diese Länder bei der Vorbereitung zur Europäischen Wirt- schafts- und Währungsunion unterstützen (Fabian 1996: 24-25). Die Mittelverteilung aus dem Kohäsions- fonds wird an die zwischenzeitlich erreichten Konvergenzstufen gebunden (Wulf-Mathies 1999: 367). Monika Wulf-Mathies – ehemals Mitglied der Europäischen Kommission – beurteilt die europäische Struk- tur- und Regionalpolitik, insbesondere vor dem Hintergrund der in der AGENDA 2000 festgelegten Refor- men, sehr positiv: Sie erachtet die europäische Struktur- und Regionalpolitik als eines der zentralen wirt- schaftspolitischen Instrumente auf der supranationalen Ebene. Durch die strikten Förderkriterien (s.o.) sei die Konzentration der struktur- und regionalpolitischen Maßnahmen auf gezielte Förderregionen ermög- licht worden. Dadurch sei eine Trendwende von der „[...] bisherigen Praxis der Gießkannenpolitik [...]“ zur Unterstützung der „[...] wirklich förderungswürdigen Gebiete [...]“ erfolgt (Wulf-Mathies 1999: 368). In die- sem Kontext sieht sie die Bundesrepublik Deutschland als „Gewinner der Reform”: Entgegen der allgemei- nen Befürchtungen, würden im Rahmen der europäischen Struktur- und Regionalpolitik die neuen Bundes- länder (nach den Kriterien Ziel 2 und 3) weiterhin uneingeschränkt gefördert (Wulf-Mathies 1999: 367). Wulf-Mathies weist außerdem darauf hin, dass der nationalstaatliche Handlungsspielraum in der europäi- schen Struktur- und Regionalpolitik durch das Subsidiaritätsprinzip gegeben sei. Mitgliedsstaaten seien wesentlich an der Auswahl ihrer Förderregionen beteiligt (Wulf-Mathies 1999: 369). Friedemann Tetsch – Leiter des Referats ,Regionale Wirtschaftspolitik’ im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie – sieht dagegen in der europäischen Struktur- und Regionalpolitik grundlegend einen eklatanten Eingriff in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten. In der wissenschaftlichen Literatur wird die europäische Struktur- und Regionalpolitik ebenfalls als Einengung der nationalstaatlichen Kompetenzen bewertet (Lammers 1999: 21; Eekhoff 1995: 324; Bullmann/Eißel 1993; Klaphake 2000: 273). Tetsch deu- tet auf einen zunehmenden Zentralisierungstrend in der EU-Regionalpolitik hin (Tetsch 1999: 373). Der struktur- und regionalpolitische Handlungsspielraum der Mitgliedsstaaten werde durch die von der Europäi- schen Kommission zusätzlich definierten Vorgaben für Kriterien, die von den Mitgliedsstaaten bei der Aus- wahl ihrer Förderregionen berücksichtigt werden müssen, entscheidend eingeengt.84 Insgesamt determi- 82 Insgesamt gibt es vier Strukturfonds: Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Europäischer Sozialfonds (ESF), Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF) (KOM 1999: 10). 83 Mit den Reformen im Rahmen der AGENDA 2000 wurde die Anzahl der Förderkriterien von 7 auf 3 reduziert (Wulf-Mathies 1999: 368; vgl. alte Förderkriterien in Däumer 1997: 240). 84 Diese Kriterien hat die Europäische Kommission im Jahre 1997 in ihren „Leitlinien für Regionalbeihilfen“ festgeschrieben (EG-Amtsblatt C 74 vom 10.03.1998). 116 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 niere die Europäische Kommission entscheidend die Auswahl der Fördergebiete, Förderhöchstsätze und inhaltliche Schwerpunkte in der Regionalförderung (Tetsch 1999: 373). Darüber hinaus kritisiert Tetsch, dass regionale Fördermaßnahmen der Mitgliedsstaaten aufgrund der europäischen Beihilferegelung faktisch kaum realisiert werden könnten (vgl. auch Lammers 1999: 19). Bei Investitionsbeihilfen setze die Europäische Kommission einen zulässigen Fördersatz fest. Zudem werde die Höhe des Fördersatzes daran orientiert, wie zukunftsträchtig das zu fördernde Investitionsvorhaben erscheint: “Bei Investitionsvorhaben, die nach Auffassung der Kommission besonders kapitalintensiv (wenig arbeitskostenintensiv) sind, die in Zukunft zu einer marktbeherrschenden Position oder zu Überkapa- zitäten führen und die keine besonders positiven Effekte für die regionale Entwicklung versprechen, kann die Kommission die an sich genehmigten Förderhöchstsätze um maximal 85 v H absenken.“ (Tetsch 1999: 374) Das heißt: Es liegt letztlich im Ermessen der Europäischen Kommission die Förderung einer Region zuzu- lassen. Ebenfalls fallen öffentliche Bürgschaften vor allem für Kleine sowie Mittlere Unternehmen (KMU) unter die Beihilfekontrolle der Europäischen Union (Tetsch 1999: 375). Jedoch wird in der Wissenschaft wie auch in der Politik gerade der Förderung von KMU unter beschäftigungspolitischen Gesichtspunkten eine geson- dert wichtige Rolle im Rahmen der Struktur- und Regionalpolitik beigemessen (Wulf-Mathies 1999: 365; Cichy 1999: 190-192).85 Abschließend kann folgendes festgehalten werden: Grundlegend ist aus der Literatur ein deutlicher Zen- tralisierungstrend bei der Regulierung von industrie- sowie struktur- und regionalpolitischen Maßnahmen zu erkennen. Durch Kompetenzerweiterungen und die Bestimmung von Handlungskriterien in der Indu- strie-, Struktur- und Regionalpolitik greift die Europäische Kommission zunehmend in die Handlungskom- petenzen der Mitgliedsstaaten ein. Für die Bundesrepublik folgt daraus eine deutliche Einschränkung des Handlungsspielraumes bei der Nutzung der industrie- und regionalpolitischen Instrumentarien zur nationa- len Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung. 7.4 Trends in der Deregulierungspolitik Wie bereits erwähnt wurde, sind im deutschen Wettbewerbsrecht einige Wirtschaftszweige als Ausnahme- bereiche vorgesehen, die den geltenden Wettbewerbsregeln nicht unterworfen sind. Darunter fallen vor allem jene Wirtschaftsbereiche, die „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interessen”86 anbie- ten – so zum Beispiel die Telekommunikations-, Verkehrs- und Energiewirtschaft. Diese Regelung steht grundsätzlich in Konflikt mit den Bestimmungen im europäischen Wettbewerbsrecht: In Artikel 86 des EG- Vertrags wird gesondert festgeschrieben, dass Unternehmen, die mit der Bereitstellung von Dienstleistun- gen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind (dies können öffentliche Unternehmen oder Unternehmen öffentlicher Hand sein), ebenfalls den europäischen Wettbewerbsregeln unterworfen sind. Der Europäischen Kommission wird in Artikel 86 Absatz 3 die Handlungskompetenz zur Durchsetzung die- ser Bestimmung zugeteilt (EU 1999: 148-149). Diese Kompetenz hat die Europäische Kommission wahrge- nommen, indem sie die Deregulierung verschiedener Dienstleistungsmärkte angeordnet hat (Kantzenbach 1996: 49; Vollmer 1997: 294). Die Maßnahmen der Europäischen Kommission zur Deregulierung und Libe- 85 Näheres zur Situation von KMU führt Stefan Beck (Kapitel 1.3.4) in diesem Band aus. 86 Die Kommission grenzt Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse von normalen Dienstleistungen ab: Im Gegensatz zu normalen Dienstleistungen müssen diese „[...] in den Augen des Staates auch dann erbracht werden [...], wenn der Markt unter Umständen nicht genügend Anreize dafür gibt.“ (KOM 2000b: 9) 117 ralisierung der Gemeinschaftsmärkte für Dienstleistungen sind auch vor dem Hintergrund des „General Agreement in Trade in Services“ (GATS), das im Rahmen der Uruguay Runde Ende 1994 beschlossen wurde und am ersten Januar 1995 in Kraft getreten ist, zu verstehen. Die entschlossene Deregulierungspolitik der Europäischen Kommission hat zu einer weitreichenden Privati- sierung öffentlicher Unternehmen in den Mitgliedsländern geführt oder zumindest öffentliche Unterneh- men verstärkt dem Wettbewerb mit privaten Unternehmen ausgesetzt.87 Claus Dieter Ehlermann merkt allerdings an, dass Privatisierungsvorhaben der Mitgliedsstaaten seit Anfang der neunziger Jahre von der Europäischen Kommission eingehend geprüft werden. Dies ist im Kontext der europäischen Beihilfekon- trolle (Artikel 87 EG-Vertrag) zu verstehen: Die Kommission kontrolliere – so Ehlermann – ob eine Privati- sierung „in offener oder versteckter Form“ mit der Gewährung von staatlichen Beihilfen einher gehe (Ehler- mann 1994: 166). Die europäische Beihilfekontrolle erweist sich also als eines der zentralen Instrumente zur Durchführung der Deregulierungspolitik. Mit der Deregulierung ist zudem eine Liberalisierung der Gemeinschaftsmärkte für verschiedene Dienstlei- stungen erzielt worden. So wurde beispielsweise mit einer Reihe von Richtlinien die Liberalisierung der Märkte für Telekommunikationsdienste und für die Infrastruktur ab 1998 festgelegt und auch realisiert (Erber/Horn 2000: o. S.; Barth 1998: 55; Vollmer 1997: 293). In anderen Dienstleistungsbereichen wie zum Beispiel der Postdienste und der Energieversorgung stehen weitergehende Liberalisierungsschritte noch aus.88 Durch die Deregulierungspolitik der Europäischen Kommission werden also auch die Dienstleistungsberei- che von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse dem Wettbewerbsprinzip unterstellt. Unternehmen wer- den demzufolge zunehmend unter Wettbewerbsdruck geraten. In der wissenschaftlichen Literatur wird dar- auf hingewiesen, dass mit weitergehenden Privatisierungs- und Liberalisierungstendenzen Unternehmen ihre Fusionsaktivitäten ausweiten werden (Kleinert/Klodt 2000: 49).89 Folglich ist im Zuge der europäischen Deregulierungspolitik auch ein verstärkter Konzentrationstrend zu erwarten. Da die im deutschen Wettbewerbsrecht geltenden Ausnahmebereiche nun nicht mehr als solche behandelt werden können, wird der nationale Handlungsspielraum faktisch eingeschränkt (Obermann 1995: 125). Zugleich werden auf der europäischen Eben allerdings auch Möglichkeiten zur Regulierung des Dienstlei- stungsbereiches von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse eingeräumt. Diese Regulierungsspielräume beziehen sich in erster Linie auf die Sicherstellung der Versorgung der Öffentlichkeit durch die relevanten Dienstleistungen – diese werden auch als Leistungen der „Daseinsvorsorge“ bezeichnet. In Artikel 86 Absatz 2 des EG-Vertrages wird eine Einschränkung in Hinblick auf die Wettbewerbsvorschriften gewährt: Danach sollen Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse anbieten zwar den Wettbewerbsregeln des EG-Vertrages unterworfen werden, allerdings nur „[...] soweit die Anwen- dung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert.“ (EG 1999: 149) Im Zuge der rasanten Privatisierungs- und Liberalisierungsentwick- lungen in den Mitgliedsstaaten wurden in politischen Diskussionen zunehmend Befürchtungen hinsichtlich der Versorgungssicherheit und –qualität geäußert (KOM 2000b: 6). Aus diesem Grund wurde durch den Vertrag von Amsterdam der EG-Vertrag um eine zusätzliche Bestimmung – Artikel 16 – hinsichtlich der „Daseinsvorsorge“ ergänzt: 87 Da in der Bundesrepublik Deutschland ein Großteil der Aktienanteile der relevanten Dienstleistungsanbietern wie beispielsweise Bahn, Post und Telekommunikation vom Staat gehalten werden, sind diese de facto noch öffentliche Unternehmen (Czada 2001: 410). 88 Einzelheiten zu den Privatisierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen auf den einzelnen Dienstleistungsmärkten können unter anderem in den folgenden Publikationen nachgelesen werden: Cox 1996a, Cox 1996b, Rabe 1997, Erber/Horn 2000, Schatz 2000. 89 So merken Jörn Kleinert und Henning Klodt an, dass insbesondere im Bereich der Telekommunikation und im Finanzsektor Konzentra- tionsentwicklungen zu beobachten seien (Kleinert/Klodt 2000: 49). 118 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 “Unbeschadet der Artikel 73, 86 und 87 und in Anbetracht des Stellenwerts, den Dienste von allge- meinem wirtschaftlichen Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, [...] tragen die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungs- bereich dieses Vertrages dafür Sorge, daß die Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren die- ser Dienste so gestaltet sind, daß sie ihren Aufgaben nachkommen können“ (EG 1999: 89) In der aktuellen Mitteilung der Europäischen Kommission zu „Leistungen der Daseinsfürsorge in Europa“ wird – gemäß dem geltenden Subsidiaritätsprinzip – gefordert, dass die Kriterien für die Leistungen der Daseinsvorsorge von der „jeweils angemessenen Ebene”, das heißt also Gemeinschaft, Mitgliedsstaat, Regi- on oder Kommune, zu definieren sind (KOM 2000b: 7). Diese Ausführungen verdeutlichen, dass in der Deregulierungspolitik der Europäischen Kommission zwei Trendlinien festzustellen sind: Einerseits ein starker Antrieb zu Privatisierungs- und Liberalisierungstenden- zen und andererseits die Öffnung von Regulierungsspielräumen. In der wissenschaftlichen Literatur werden diese Regulierungsspielräume sehr kontrovers eingeschätzt: Bernhard Nagel beurteilt die in Artikel 16 formulierte „Schutznorm“ positiv als eine Abkehr von der Dere- gulierungspolitik (Nagel 2000: 759). Lothar Vollmer befürchtet vielmehr die Tendenz zu einer Re-Regulie- rung interventionistischen Charakters auf europäischer Ebene (Vollmer 1997: 289). In gleicher Weise wird in politischen Diskussionen Kritik über die Verschiebung von Regulierungskompetenzen auf die europäischen Ebene laut (Bundesrat 2000; ÖTV 2000): So wird beispielsweise im Kontext des Vorschlags der Europäi- schen Kommission zur einer Verordnung über „Maßnahmen der Mitgliedsländer im Zusammenhang mit Anforderungen des öffentlichen Dienstes und der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge für den Per- sonenverkehr auf der Schiene, der Straße und auf Binnenschifffahrtswegen“ vom 26. Juli 2000 kritisiert, dass es nicht der Aufgabenbereich der Europäischen Union sei, detaillierte Vorschriften über die Sicherung eines ausreichenden Verkehrsangebots zu erteilen (Bundesrat 2000: 2; ÖTV 2000: 3-4). Es wird deutlich, dass Artikel 16 des EG-Vertrags einen Interpretationsspielraum in Hinblick auf die Regulierungskompeten- zen der Mitgliedsländer und der europäischen Ebene öffnet. Lothar Vollmer weist darauf hin, dass die europäischen Organe rechtlich noch keine Ermächtigung zur Regulierung der Dienstleistungswirtschaft hät- ten. Insofern stünde ihnen lediglich zu, wettbewerbsbefördernde Deregulierungsmaßnahmen zu ergreifen (Vollmer 1997: 199). Abzuwarten bleibt, wie sich die Bestimmungen des GATS und die weltweite Liberalisierung der Dienstlei- stungsmärkte auf nationale Dienstleistungswirtschaft und die Daseinsvorsorge auswirken werden. Durch eine „Entfesselung“ der Liberalisierung könnten nationale und supranationale Versorgungsstandards aus- gehebelt werden und somit durchaus die Versorgungsqualität und -sicherheit gefährden. 7.5 Trends in der Migrationspolitik Kaum ein anderer Politikbereich rüttelt in Europa derart an den Grundfesten klassischer Nationalstaatlich- keit: die Migrationspolitik und vor allem die Bestrebungen auf europäischer Ebene, Zuwanderungsregelun- gen in der Gemeinschaft zu vereinheitlichen. Zuwanderung berührt unmittelbar die ökonomische und soziale Situation der sogenannten Aufnahmestaaten. Insofern erachten die Mitgliedsstaaten die Zuwande- rung primär als nationales Thema, das auch nationalstaatlicher Regelung bedarf (Märker 2001: 6; Angen- endt 1999: 57). Im Zuge des Integrationsprozesses haben auf europäischer Ebene migrationspolitische Themen zuneh- mend an Bedeutung gewonnen. Alfredo Märker weist darauf hin, dass bereits „[...] aus dem Ziel einer wirt- schaftlichen Integration nach innen [...] ein gemeinsames Auftreten nach außen und letztlich die ,Europäi- sierung der Zuwanderungspolitik’ [resultiere].“ (Märker 2001: 8) Einen ersten Schritt in die Richtung einer 119 europäischen Migrationspolitik stellten die Schengener Verträge90 dar. Ziel war die Realisierung der Binnen- freizügigkeit unter gleichzeitiger Kontrolle der Außengrenzen der Europäischen Union (Heckmann/Tomei 1997: 12; Märker 2001: 7-8). Diese Zielsetzungen – Freizügigkeit und Sicherung der Außengrenzen – erfah- ren insbesondere vor dem Hintergrund der EU-Osterweiterung zunehmend an Bedeutung.91 Mit dem Amsterdamer Vertrag von 1997 wurde erstmals die Regelung migrationspolitischer Fragen auf europäischer Ebene offiziell beschlossen. Seither gilt die Zielsetzung bis zum Jahre 2004 für die Bereiche Asylrecht, Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik gemeinsame Regeln und Handlungsleitlinien zu erarbei- ten. Das Augenmerk soll dabei auf den Abbau von Grenzkontrollen auf dem Binnenmarkt, die Harmoni- sierung und Standardisierung der Kontrollen an den Außengrenzen sowie die Regulierung des Aufenthal- tes von Angehörigen der sogenannten „Drittstaaten“ gelegt werden (Märker 2001: 9). Auf der Regierungskonferenz von Tampere (Finnland) im Jahre 1999 wurden Leitlinien erarbeitet, die der Kommis- sion als Vorlage für die Vorbereitung von Beschlüssen dienen sollten (Schwenken 2001: 5). Diese Entwick- lungen können als ein Anzeichen für die Europäisierung der Migrationspolitik erachtet werden. Bei genaue- rem Hinsehen wird allerdings deutlich, dass das Entscheidungsverfahren zur Vereinbarung von gemeinsamen Handlungsregeln in der Migrationspolitik allein wegen der Verteilung von Entscheidungs- kompetenzen auf verschiedenen Ebenen noch sehr lange dauern wird. So weist Helen Schwenken darauf hin, dass beispielsweise „konzeptionelle und strategische Differenzen“ zu erkennen seien zwischen der Kommission, die sich für eine europäische Regelung einsetze, und dem Treffen der Innenminister, die in erster Linie die nationalstaatlichen Interessen vertreten (Schwenken 2001: 5-6). In gleicher Weise stellt Schwenken Dissens auf nationaler Ebene zwischen dem Bundesinnenministerium und dem Auswärtigen Amt fest, die beide „[...] für verschiedene Aspekte der europäischen Harmonisierung der Asylpolitik zustän- dig sind und jeweils die Kompetenzen für dich beanspruchen.“ (Schwenken 2001: 6). Aus diesen Ausführungen lässt sich folgende Schlussfolgerung ziehen: Obwohl die Rahmenbedingungen für eine Migrationspolitik zunehmend auf der europäischen Ebene gesetzt werden, wird die Migrationspo- litik einstweilen noch im Zuständigkeitsbereich der einzelnen Mitgliedsstaaten verbleiben (Schwenken 2001: 15). Insbesondere vor dem Hintergrund der EU-Osterweiterung und der Befürchtungen der Mit- gliedsstaaten – und vor allem der Bundesrepublik – hinsichtlich einer starken Zuwanderungswelle stellt sich die Frage danach, wie weit die Harmonisierungsbemühungen greifen werden. In der wissenschaftlichen Literatur wird erwartet, dass zukünftig Übereinkommen nur auf dem „kleinsten gemeinsamen Nenner“ gefunden und insofern einen starken Kompromisscharakter haben werden (Märker 2001: 10). 7.6 Schlussbemerkung Die Ausführungen haben verdeutlicht, dass der nationalstaatliche Handlungsspielraum für die wirtschafts- politische Steuerung im Zuge der europäischen Integrationspolitik wesentlich eingeschränkt wird. Mit den zunehmenden Regulierungskompetenzen der europäischen Ebene werden neue wirtschaftspolitische Prio- ritäten gesetzt, die sich nicht an den nationalstaatlichen Interessen der einzelnen Mitgliedsländer orientie- ren werden. Dies wird sich unmittelbar auf die Wirtschaftsstruktur sowie Wirtschaftsentwicklung der Mit- gliedsstaaten auswirken. Die Konsequenzen, die daraus für die deutsche Wirtschaft resultieren werden, sind noch kaum bestimmbar. 90 Schengen I: Abkommen über den schrittweisen Abbau von Grenzkontrollen, von 1985 und Schengen II: Durchführungsübereinkom- men von 1990 (Tomei 1997: 17). 91 Im Rahmen der anstehenden EU-Osterweiterung finden derzeit in der Bundesrepublik kontroverse Auseinandersetzungen zu dem europäischen Prinzip der Freizügigkeit statt. Siehe Näheres dazu von Maydell/Schulte 2001: 9. 120 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 121 Literaturverzeichnis Achleitner, Paul, 2000: Kapitalmarkt als Motor des Wandels, in: Finanzplatz-News, Nr. 17, S. 1. Aglietta, Michel, 2000a: Shareholder Value and Corporate Governance. Some Tricky Questions, in: Economy and Society, Vol. 29, H.1, S.146-159. Aglietta, Michel, 2000b: Ein neues Akkumulationsregime. Die Regulationstheorie auf dem Prüfstand, Ham- burg, VSA. 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Prognos (U) mit RRG `99 n.v. 19,6 21,0 23,7 24,5 n.v. IW 20,3 21,1 22,5 26,4 27,7 n.v. Ifo I 20,9 21,2 21,8 26,3 30,5 30,1 Ifo II (Prognos `95) 20,9 21,9 23,0 27,7 31,6 31,3 Ifo III (DIW) 20,9 21,6 23,1 27,9 32,7 33,6 Real (zum Vergleich) 19,3 Quelle: Bundestag 1998: 232. 154 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Tabelle 5.3: Alternative Prognosen des Beitragssatzes der gesetzlichen Krankenversicherung bis zum Jahr 2040 Quelle Beitragssatzhöhe Methodik Schmähl 1983 ~ 16% Konstante Ausgabenstruktur; steigender Rentnerquotient Knappe ~ 16% s.o. SVRKAiG 1994 15-16% Konstante Ausgabenstruktur; veränderte Altersstruktur; rein demographischer Effekt Erbsland 1995 15-16% s.o. Erbsland/Wille 15-16% s.o. Erbsland/Ried/Ulrich 1999 15-16% s.o. Buttler/Fickel/Lautenschläger 1999 18-19% Modellrechnung; rein demogra- phischer Effekt; Wanderungssal- do; Lebenserwartung Dudey 1993 26% (2030) Trendexploration Knappe 1995 25% (2030) Steigender Rentnerquotient und steigendes Ausgabenprofil Oberdieck 1998 24,8% (2030) Status-Quo-Prognose 31,2% (2040) Buttler/Fickel/Lautenschläger 1999 >30% Modellrechnung; steigendes Ausgabenprofil Breyer/Ulrich 2000 23% Zeitreihenanalyse der Wechsel- wirkungen zwischen Fortschritt und Demographie Prognos 1998 16% Technischer Fortschritt nur im Einklang mit Produktivitätsent- wicklung Quelle: Cassel 2001: 89. Tabelle 5.4: Anstieg der Leistungsempfänger in der sozialen Pflegeversicherung in verschiede- nen Modellrechnungen bis 2050 (in Mio) 1999 2010 2020 2040 2050 Pick 2000 2,4 2,9 Rothgang/Vogler 1997 2 – 2,2 2,3 – 2,8 Frohwitter 1999* 1,9 2,7 Hof 2001 2,6 – 3,1 2,8 – 3,1 Schulz/Leidl/König 2001a 1,9 2,4 2,9 3,9 4,7 Quelle: Schulz/Leidl/König 2001a: 4 , eigene Zusammenstellung * : die Angaben beziehen sich nur auf das alte Bundesgebiet Literaturangaben: Schulz/Leidl/König 2001a. Tabelle 6.1: Unternehmenssteuern im internationalen Vergleich. Tarifliche Grenzbelastung des Gewinns von Kapitalgesellschaften in Prozent, Mitte 2000 (Körperschaftssteuern, Gewerbeertragssteuern und vergleichbare andere Steuern des Zentralstaats und der Gebietskörperschaften) Zentralstaat Gebietskörperschaften Zusammen EU-Staaten Belgien1 40,17 40,17 Dänemark 32 32 Deutschland (vor Reform) 42,2 16,673,4 51,83 31,652 43,04 Deutschland (nach Reform)10 26,38 16,673,4 38,85 Frankreich1 37,77 37,77 Irland 24/105 24/105 Italien 37 (4,25)8 37/(41,25) Luxemburg1 31,2 9,094 37,45 Niederlande1 35 35 Österreich 34 34 Vereinigtes Königreich1 30 30 Andere Staaten Japan1 30 15,816 42,93 Kanada (Ontario) 29,12/22,125 14,5/12,55 43,62/34,625 Schweiz (Zürich) 8,5 9,4 – 23,53,7 17,1 – 309 USA (New York)1 35 93 40,8 Quelle: BMF 2000a: 15. Anmerkungen: 1 Diese Staaten wenden ermäßigte Tarifeingangssätze an. 2 Deutschland: niedrigerer Steuersatz auf ausgeschüttete Gewinne. 3 Absetzbar bei der Steuerberechnung des Zentralstaats. 4 Gewerbesteuer (hier pauschaler Ansatz). 5 Ermäßigter Steuersatz auf Herstellerbetriebe und Unternehmen in Sonderwirtschaftszonen. 6 Einschließlich – bei Steuer des Zentralstaats – abzugsfähiger Gewerbesteuer (business tax, hier 9,6 vH) und Zuschläge der Präfekturen und Gemeinden auf die Steuer des Zentralstaats (hier: Tokio 20,7 vH). 7 Nach Rendite gestaffelter Tarif. 8 Bemessungsgrundlage ist – anders als bei der Staatssteuer – die „Wertschöpfung”, nicht der „Gewinn”. Die Addition beider Tarifsätze zu einem Gesamttarif ist daher nicht möglich. 9 Durchschnittssatz etwa 25 vH. 10 Unternehmenssteuerreform tritt am 1.1.2001 in Kraft. 155 156 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 Tabelle 6.2: Zahlungen im Finanzausgleich 1999 in Mio. DM Ust-Vorweg- Länderfinanz- Fehlbetrags- Sonder-BEZ Gesamt ausgleich ausgleich BEZ Nordrhein-Westfalen -4264 -2578 0 0 -6842 Bayern -2873 -3188 0 0 -6061 Baden-Württemberg -2478 -3426 0 0 -5905 Niedersachsen -1463 1037 1556 304 1434 Hessen -1433 -4744 0 0 -6177 Sachsen 4711 2149 910 3658 11427 Rheinland-Pfalz -955 379 568 490 481 Sachsen-Anhalt 3165 1300 540 2372 7377 Schleswig-Holstein -657 174 261 300 78 Thüringen 2806 1218 498 2172 6694 Brandenburg 2629 1147 525 2149 6450 Mecklenburg-Vorp. 2019 921 364 1643 4947 Saarland 161 294 218 1401 2075 Berlin -805 5316 919 2881 8312 Hamburg -404 -665 0 0 -1069 Bremen -158 665 139 1974 2620 Transfervolumen 15490 14602 6497 19344 55933 Quelle: Baretti/Huber/Lichtblau 2001: 39. 157 Tabelle 6.3: Grenzbelastungen im Finanzausgleich 1999. Zuflüsse, Umverteilungen und Abflüsse wegen 1 Mio. DM zusätzlicher Lohnsteuer in 1.000 DM Bruttozufluss Umverteilung Nettozufluss Land und Gemein- USt-Vorweg- Länderfinanz- Fehlbetrags -BEZ Land und den ausgleich ausgleich Gemeinden Saarland 575 -416 -78 0 81 Bremen 575 -1 -457 -33 84 Mecklenburg-Vorp. 575 -410 -80 0 86 Thüringen 575 -404 -82 1 89 Hamburg 575 -2 -484 0 89 Brandenburg 575 -403 -83 1 90 Sachsen-Anhalt 575 -402 -83 1 91 Sachsen 575 -386 -88 1 101 Berlin 575 -5 -470 1 102 Schleswig-Holstein 575 -4 -180 -270 121 Niedersachsen 575 -357 -36 -54 128 Rheinland-Pfalz 575 -5 -177 -265 128 Hessen 575 -8 -366 0 201 Baden-Württemberg 575 -14 -347 0 214 Bayern 575 -16 -290 0 269 Nordrhein-Westfalen 575 -24 -259 0 292 Quelle: Baretti/Huber/Lichtblau 2001: 40. Abbildungen Abbildung 5.1: Bevölkerungspfade bis 2050 unter dem Eindruck von Zuwanderung und steigenden Geburtsziffern Abbildung 6.4: Vermeidung der indirekten Doppelbesteuerung Importstaat Importstaat besteuert besteuert nicht Exportstaat besteuert Doppelbesteuerung Ursprungslandprinzip Exportstaat besteuert nicht Bestimmungslandprinzip Nullbesteuerung Quelle: Homburg 2000a: 289. 158 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 159 Hans Böckler Stiftung Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderungswerk des DGB Hans-Böckler-Stiftung Die Hans-Böckler-Stiftung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) wirbt für die Mitbestimmung als Gestaltungsprinzip einer demokratischen Gesellschaft. Sie tritt dafür ein, Mitbestimmungsrechte und -möglichkeiten zu erweitern. Beratung und Schulung Die Stiftung berät und qualifiziert Betriebs- und Personalräte und Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsräten, Männer und Frauen, in wirtschaftlichen und rechtlichen Angelegenheiten, in Fragen des Personal- und Sozialwesens, der beruflichen Aus- und Weiterbildung, der Gestaltung neuer Techniken, des betrieblichen Arbeits- und Umweltschutzes. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut in der Hans-Böckler-Stiftung forscht zu den Themen »Wirtschaftswandel und Beschäftigung im Globalisierungsprozess«, »Soziale Polarisierungen, kollektive Sicherung und Individualisierung« und »Arbeitsbeziehungen und Tarifpolitik«. Das WSI- Tarifarchiv dokumentiert das Tarifgeschehen umfassend und wertet es aus. Forschungsförderung Die Abteilung Forschungsförderung der Stiftung vergibt Forschungsaufträge zu den Themen Strukturpolitik, Mitbestimmung, Arbeitsgesellschaft, Öffentlicher Sektor und Sozialstaat. Die Forschungsergebnisse werden in der Regel nicht nur publiziert, sondern auf Veranstaltungen zur Diskussion gestellt und zur Weiterqualifizierung von Mitbestimmungsakteuren genutzt. Studienförderung Ziel der Stiftung ist es, einen Beitrag zur Überwindung sozialer Ungleichheit im Bildungswesen zu leisten. Gewerkschaftlich oder gesellschaftspolitisch engagierte Studierende unterstützt sie mit Stipendien, mit eigenen Bildungsangeboten und der Vermittlung von Praktikantenstellen. Bevorzugt fördert die Stiftung Absolventinnen und Absolventen des zweiten Bildungsweges. Öffentlichkeitsarbeit Ihre Arbeitsergebnisse und Dienstleistungen veröffentlicht die Stiftung über Veranstaltungen, Publikationen, mit PR- und Pressearbeit. Sie gibt zwei Monatszeitschriften heraus: »Die Mitbestimmung« und die »WSI-Mitteilungen«, außerdem die Vierteljahresschrift »South East Europe Review for Labour and Social Affairs (SEER)«Network und EDV-Informationen für Betriebs- und Personalräte«. Hans-Böckler-Stiftung Abteilung Öffentlichkeitsarbeit Hans-Böckler-Straße 39 40476 Düsseldorf Telefax: 0211/7778 -225 www.boeckler.de 160 Arbeitspapier 45 · Zukunft der Wirtschaft Oktober 2001 161