Zimmer Deckname Arthur Nationalsozialismus in Nordhessen Schriften zur regionalen Zeitgeschichte Heft 17 Herausgeber: Universität Gesamthochschule Kassel, Fachbereich 1 Redaktion: Dietfrid Krause-Vilmar Bernd Joachim Zimmer, geboren I944 in Dresden; 1964 Studium der Mathematik und Physik an der Philipps-Universität Marburg; 1967 Prüfung in Philosophie, Erziehungs- wissenschuften und Politik im Rahmen der Wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Gynznasien; 1969 Fachwissenschaftliche Prüfung in Mathematik und Physik; 1971 Lehrer an der Christian-Rauch-Schule in Arolsen; 1978 Fachleiter mit erziehungs- und gesellschaftswissenschaftlichem Arbeitsschwerpunkt um Studienseminar für das Lehr- amt an Gymnasien Kassel I. Das Foto auf dem Umschlag zeigt die Arolser Kaserne im März 1945 (Genehmigung des Hessischen Landesvermessungsamtes HLVA 4/94). Die Drucklegung ist durch einen bedeutenden Zuschuß des Magistrats der Stadt Arolsen möglich geworden. Umschlag: Stephan von Borste1 Vertrieb: Jenior & Pressler, Lassallestr. 15, D 341 19 Kassel Druck: Druckwerkstatt Bräuning & Rudert, Espenau 1994 ISBN 3-88 122-772-5 ISSN 0175- 1840 O Universität Gesamthochschule Kassel, Fachbereich 1 Gesamthochschul-Bibliothek Bernd Joachim Zimmer Deckname Arthur Das KZ-Außenkommando in der SS-Führerschule Arolsen Verlag Gesamthochschul-Bibliothek Kassel 1994 lnhaltsverzeichnis Vorwort Vorwort des Herausgebers 1 Arolsen im Zeichen der SS Arolsen wird Garnisonstadt Die Kaserne 19 19 - 1933 SS-Verfügungstruppe "Germania" SS-Oberabschnitt "Fulda-Werra" Stadtentwicklung 1933 - 1939 Die Kaserne vom Kriegsbeginn bis Herbst 1943 14. November 1943 2 Wege nach Arolsen Der erste Häftlingstransport Willy Apel: ''...bin ich Gegner Hitlers geworden" Walter Erdmann: Ein Leben für die Arbeiterklasse Josef Häberle: Die Aktion "Arbeitsscheu Reich" Fritz W.: "Wehrunwürdig" Kare1 Holik: "Protektoratshäftling" Marian Bolek: Auschwitz - Buchenwald - Arolsen Ludwik Majka: "...ich wollte nicht Polenschwein genannt werden" 3 Einrichtung des Außenkommandos Die Ankunft der Häftlinge in Arolsen Der Ausbau der Häftlingsunterkunft Die SS-Führerschule des Wirtschafts-Verwaltungsdienstes Der Häftlingstransport aus.Dachau Edward Rozmus: "...ich glaubte nicht, daß ich das Lager überstehen würde'' Femand Labalue: "...ich war in der Versuchsstation für Häftlinge" Das SS-Bekleidungslager Arolsen 4 Konzentrationslager und Außenkommandos Konzentrationslager von 1933 bis Kriegsbeginn Konzentrationslager von Kriegsbeginn 1939 bis 1942 Die Wende mit der Einrichtung des SS-WVHA 1942 Konzentrationslager in der zweiten Kriegshälfte 5 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen Zuweisung von Häftlingen in ein Außenkommando Die Entwicklung der Kommandogröße Die Herkunft der Häftlinge Das Alter der Häftlinge Die Berufe der Häftlinge 6 Arbeiten Tagesablauf im Außenkommando Arolsen Arbeiten für die "SS-Führerschule" Das Küchenkommando Die Frisörstube Die Werkstätten Arbeiten für das "SS-Kleiderlager" Sondereinsätze außerhalb der SS-Kaserne Baukolonnen Häftling zur besonderen Verwendung 'z.b.V.' Das Häftlingsentgelt 7 Lebensbedingungen Aufenthalts- und Schlafräume Hygienische Verhältnisse Medizinische Versorgung Essen Zusammenhalt Das Kapo-System Zeit-Vertreiben Bewachung Allgegenwart der SS Rücküberstellungen nach Buchenwald Kontakte zu Zivilisten Kontakt nach Hause Informationen über die militärische Entwicklung 8 Flucht Köpenickiade in Arolsen Pierre Schaul und Nic Wolff Vorbereitungen zur Flucht Reaktionen Weitere Fluchtversuche 9 Die letzten Wochen Die Auflösung der SS-Führerschule Das Näherrücken der Front Die Räumung des Außenkommandos Arolsen Das Kriegsende für Arolsen Die Evakuierung aus Buchenwald Die Befreiung 10 Nach der Befreiung Die ersten Tage nach der Befreiung Der Neubeginn 1 1 Strafverfolgung Der Militärgerichtsprozeß gegen den Kommandoführer Ermittlungen der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltung Ludwigsburg 12 Zusammenfassung Anhang Die Häftlinge des Außenkommandos Arolsen Anmerkungen Archivalien Literaturverzeichnis Viele Menschen haben zu diesem Buch beigetragen. Ihnen allen danke ich. Mein besonderer Dank gilt den ehemaligen Häftlingen des Außenkommandos Arolsen, die oft unter erheblicher seelischer Belastung ihre Erlebnisse schilderten, den Arolser Zeitzeugen, die auch unter Hintanstellen persönlicher Befürchtungen berichteten, Frau Danuta Kolakowska, die den Kontakt zu den polnischen Häftlingen vermittelte, Herrn Jörg Kammler, der den Zugang zu den Archiven ermöglichte, Hesrn Dietfrid Krause-Vilmar, der die Arbeit anregte und betreute, der Stadt Arolsen, die den Druck mit einem bedeutenden Zuschuß unterstützte, meiner Frau. Vorwort Der vorliegende Band liefert einen wesentlichen und lange vermißten Beitrag zur Er- forschung der Geschichte der Stadt Arolsen in der Zeit des Nationalsozialismus. Eine genuin für militärische Zwecke und Belange konzipierte und realisierte Archi- tektur, die ehemalige 83er Kaserne, und die Geschichte ihrer Nutzung sind ein zentrales Thema des Buches. Von 1935 bis 1945 waren hier verschiedene Einheiten der SS unter- gebracht. Im November ! 943 wurde in der ehemaligen Arolser Kaserne die SS-Führer- schule des Wirtschafts-Verwaltungsdienstes, verbunden mit einem Außenkommando des Konzentrationslagers Buchenwald, eingerichtet. Von November 1943 bis zum März 1945 waren in diesem Lager etwa 183 Menschen gefangen. Sowohl die Institution dieser SS- Führerschule als auch die Struktur, Einrichtung und Größe des Außenkommandos ließen sich durch die erhaltenen zeitgenössischen Dokumente wie Kriegszeitdokumente des Konzentrationslagers Buchenwald, die bis Ende 1944 großenteils überliefert sind, Akten aus der Verwaltung der SS-Führerschule und die Prozeßakten gegen den SS-Komman- doführer rekonstruieren. Über die Lebens- und Arbeitsbedingungen im Arolser Außenkommando wurden Zeit- zeugen befragt. Ungefähr 200 damals in der Stadt lebende Zivilisten und SS-Angehörige schilderten ihr Erinnern. Den Lebensweg von 33 der ehemaligen Häftlinge konnte der Autor zurückverfolgen. Die persönlichen Erinnerungen und Schilderungen der von ihnen durchlebten Zeit im Lager sollten von uns als Mahnung gegen jedes menschenverach- tende Verhalten begriffen werden. "Für jeden einzelnen Häftling hatte die Zeit im Lager eine andere Bedeutung, niemand anders hatte die Zeit in Arolsen so erlebt wie er, und wenn sich ein anderer daran erinnert, so sind es nicht seine, sondern die Erinnerungen des anderen an die Zeit in Arolsen." - Mit diesem eindrücklichen Satz beschließt Bernd Joachim Zimmer seine Studie. Die Geschichte dieser Kaserne ging, bevor sie von belgischen Streitkräften übernom- men wurde, zunächst in andere Richtung weiter. Kurz nach Kriegsende wurde Anfang 1946 in der Kaserne mit ihrer ambivalenten Geschichte eine bedeutende humanitäre In- stitution eingerichtet, das Central Tracing Bureau, der spätere Internationale Suchdienst des Roten Kreuzes. Im Erscheinungsjahr dieses Buchs endet die militärische Nutzung des geschichtsträchtigen Gebäudekomplexes. Arolsen, im Februar 1994 Helmut Kossmann Bürgermeister der Stadt Arolsen Vorwort des Herausgebers Es war im Jahre 1944 in Deutschland ein großer Unterschied, ob man als KZ-Gefan- gener im Lager Buchenwald selbst sein Dasein zu bewältigen hatte oder ob man auf Transport in ein Außenkommando ging. Denn in den meisten Außenkommandos waren die Haftbedingungen und die Lebensverhältnisse etwas erträglicher. Die Lagerleitung war in weite Ferne gerückt; man arbeitete in einem kleinen, überschaubaren Bereich, Gefangene und Wachmannschaften rückten - ob sie wollten oder nicht - näher aufeinan- der zu, schließlich war nicht selten die für einen Konzentrationär bereits verloren ge- glaubte wirkliche Welt, war die Stadt, waren Menschen, Häuser und Straßenbahnen plötzlich wieder in greifbarer Nähe. Allerdings bestanden große Unterschiede zwischen den insgesamt 1.014 Außenkom- mandos und Nebenlagern der nationalsozialistischen ~onzentrations1ager.l So gab es auch Außenkommandos, die den Verhältnissen im sogenannten Stammlager in nichts nachstanden oder diese noch überboten und die von den Gefangenen gefürchtet waren. Das Außenkommando Hessisch Lichtenau z.B., in dem Frauen in einer Munitionsfabrik bei giftigen Dämpfen und unter Lebensgefahr arbeiten mußten2, hatte einen anderen Charakter als z.B. das Außenkommando Kassel im Druseltal - ein Baracken-Baukom- mando -, von dem der ehemalige niederländische Gefangene Alfred F. Groeneveld be- richtet hat, daß es dort keinen elektrisch geladenen Zaun gab, man die Vögel zwitschern hörte (es lag mitten im Habichtswald), keine schreienden oder tobenden Wachposten um das Gebäude standen, "das Ganze nicht so erschreckend wie das große Lager Buchen- wald'13 war. Letzteres galt auch für das Außenkommando Arolsen, über das Bernd Joachim Zim- mer im vorliegenden Buch berichtet. Das Kommando befand sich in einer Kaserne. In dieser Kaserne war eine SS-Führer- schule eingerichtet worden. SS-Männer unterschiedlicher Dienstgrade wurden hier in zehnwöchigen Kursen zum Führer des "Wirtschafts-Verwaltungsdienstes" im Rahmen der SS vorbereitet. Etwa 1.000 SS-Lehrgangsteilnehmer befanden sich jeweils gleichzei- tig in dieser SS-Führerschule. Der Autor berichtet über die Unterrichtsfächer und Prü- fungen dieser Einrichtung, die dem Wirtschafts-Verwaltungshauptamt der SS in Berlin unterstand. Manch einer der erfolgreichen Absolventen dieser SS-Führerschule sollte später, so muß man annehmen, in einem Konzentrationslager oder in einem Vernich- 1 Vgl.: Das nationalsozialistische Lagersystem (CCP). Herausgegeben von Martin Weinmann. Frankfurt a.M. 1990; S. XXII und S. 729 ff. 2 Dieter Vaupel: Spuren die nicht vergehen. Eine Studie über Zwangsarbeit und Entschädigung. Kassel 1990 (Nationalsozialismus in Nordhessen - Schriften zur regionalen Zeitgeschichte, Heft 12) 3 Alfred F. Groeneveld: Im Außenkommando Kassel des KZ Buchenwald. Kassel 1991 (Nationalsozia- lismus in Nordhessen - Schriften zur regionalen Zeitgeschichte, Heft 13), S. 24. tungslager in der Haushaltsabteilung, der Personalabteilung oder in einer anderen büro- kratischen Praxis tätig werden - das Ende des Krieges kam dem zuvor. Die KZ-Gefangenen des Außenkommandos Arolsen waren dorthin zusammengezo- gen, um als "dienstbare Geister" für die SS-"Lehrer" und SS-"Schüler" tätig zu sein. Die Gefangenen besorgten die Küche, reinigten die Kleidung, frisierten, putzten, räumten und waren als solche tragender Teil des gesamten alltäglichen Betriebs dieser "Schule". Die Gefangenen waren Hausangestellte bzw. "Hausknechte". Aufgrund dieser persönli- chen Dienste entstand - unvermeidlich - auch vielfach persönliche Nähe zwischen Ge- fangenen und SS-Leuten. Man sprach miteinander eben auch über die Qualität des Es- sens, die Art des Haarschnitts und anderes scheinbar Triviale, hier aber deshalb Unge- wöhnliche, weil damit die scharfe Trennung zwischen "Herrenmenschen" und "Unter- menschen" durchbrochen wurde. Da man Hausangestellte in der Regel gut behandelt, weil man auch von ihnen täglich gut bedient werden möchte, ist es verständlich, daß sich in diesem Außenkommando Be- sonderheiten ergeben haben, die in anderen Kommandos in der Regel nicht anzutreffen waren: Die Gefangenen wurden relativ gut behandelt und versorgt. Es herrschten weder täglicher Terror noch Mißhandlungen vor. Tötungsverbrechen sind für das Kommando nicht erwähnt oder nachgewiesen worden. Die Köpenickiade (die erfolgreiche Flucht von vier Gefangenen in SS-Offiziersuni- form) erscheint unter diesem Aspekt als nicht untypisch, setzte eine solche Tat doch relativ ungebrochenes Selbstbewußtsein, Kühnheit und Entschlossenheit voraus, wie sie in den "harten" Lagern bei den Gefangenen eher nicht mehr zu finden waren. Und doch blieb jeder KZ-Gefangene gefährdet und bedroht, mißachtet und ausgebeu- tet - in Arolsen z.B. allenfalls auf Zeit und jederzeit überraschend kündbar etwas besser gestellt, weil Buchenwald ihn befristet dorthin abkommandiert hatte. Für etwa ein Drittel der in Arolsen Gefangenen erfolgte nämlich eine kurzfristige und erzwungene Rücküber- stellung in das Stammlager Buchenwald. Als nach der Auflösung des Außenkommandos die Rücküberstellung nach Buchenwald für alle befohlen wurde, waren die bekannten Verhältnisse schnell wiederhergestellt. Alle Arolser KZ-Gefangenen mußten ins bereits vollgepferchte Lager Buchenwald zurück und von dort aus den Evakuierungsmarsch an- treten. Von einigen ist nachgewiesen, daß sie bei diesen Evakuierungsmärschen ums Leben gekommen sind. Bernd Joachim Zimmer hat während der letzten zehn Jahre kenntnisreich, engagiert und systematisch alles erreichbare Material zu diesem Außenkommando zusammenge- tragen. Er hat zahlreiche Gespräche mit ehemaligen Lagerinsassen und mit Zeitzeugen aus Arolsen geführt. Die von ihm recherchierten lokalen Ergebnisse hat er durchgängig in die übergreifenden politisch-historischen und in die organisationsgeschichtlichen Zu- sammenhänge gestellt; ein gesondertes Kapitel ist der allgemeinen Entwicklung der Konzentrationslager und Außenkommandos gewidmet (S. 113 ff.), die unter Berück- sichtigung der einschlägigen Fachliteratur dargestellt wird. Die Erforschung der Ge- schichte dieses Außenkommandos ist ihm zu einer Aufgabe von höchster Priorität ge- worden, für die er viele Jahre und viel Zeit zur Verfügung gestellt hat - und dies neben der Ausübung des gymnasialen Lehramts. Was bewog ihn, von Hause aus kein Historiker, sondern Mathematiker und Physiker, sich so gründlich auf dieses Thema einzulassen? Ich denke, es war und ist ihm wichtig, daß in Arolsen über dieses Kapitel der Geschichte der Stadt gesprochen werden kann, daß sich nicht der Mantel des Schweigens hierüber legt. Der Autor ist als Pädagoge tätig und weiß sich - gemeinsam mit vielen anderen - mitverantwortlich für das Verständnis von Geschichte und Gegenwart, das nicht zuletzt auch in den Schulen der Stadt ange- bahnt werden soll. Die nationalsozialistische Zeit gehört hier dazu. Insofern setzt Bernd Joachim Zimmer fort, was Günter steiner4, Michael Winkel- mann5 und Anke schmeling6 in den letzten Jahren für Waldeck begonnen haben. Der Autor hat mit einer Ausstellung und einem in Arolsen vielbeachteten Dokumen- tarfilm über das Arolser Außenkommando (unter dem Titel "Arthur") begonnen, öffent- lich das KZ-Außenkommando zu themati~ieren.~ Er hat sich - nicht zuletzt vielleicht auch durch mein Drängen - bereit gefunden, die Ergebnisse seiner langjährigen Studien der Öffentlichkeit vorzulegen. Die Stadt Arolsen hat die Drucklegung in großzügiger Weise ermöglicht, wofür ich Dank sage. Die Geschichte dieses Außenkommandos ist damit in vorbildlicher Weise dokumen- tiert. Kassel, im März 1994 Dietfrid Krause-Vilmar 4 Günter Steiner: Waldecks Weg ins Dritte Reich. Gesellschaftliche und politische Strukturen eines Iänd- lichen Raumes während der Weimarer Republik und zu Beginn des Dritten Reiches. Kassel 1990 (Nationalsozialismus in Nordhessen - Schriften zur regionalen Zeitgeschichte, Heft 11) 5 Michael Winkelrnann: "Auf einmal sind sie weggemacht". Lebensbilder Arolser Juden irn 20. Jahrhun- dert. Kassel 1992 (Nationalsozialismus in Nordhessen - Schriften zur regionalen Zeitgeschichte, Heft 15) 6 Anke Schmeling: Josias Erbprinz zu Waldeck und Pyrmont. Der politische Weg eines hohen SS-Führers. Kassel 1994 (Nationalsozialismus in Nordhessen - Schriften zur regionalen Zeitgeschichte, Heft 16) 7 Vgl.: Armin Haß: Zeugen berichten über NS-Geschichte. In: Waldeckische Landeszeitung Nr. 74 vom 28.03.1990; Sabine Lietz-Ligat: Ein Film bricht das Schweigen über "Arthur". Deckname stand für ein Außenkommando des Konzentrationslagers Buchenwald in Arolsen. In: Frankurter Rundschau Nr. 8 1 vom 5.04.1990; Silke Müller: Betretenes Schweigen, bittere Wahrheit. Bis zu 124 Häftlinge im Lager "Arthur". In: Waldeckische Allgemeine Nr. 74 vom 28.03.1990. 1 Arolsen im Zeichen der SS 15 1 Arolsen im Zeichen der SS I h Arrilsen im Zeichen der S S 1 Abb. 7.01: Der Kasemeneingang unmiiietbar vor dem Ersten Wekkneg. Das Bild mit Blick von der Großen Allee in sljdliche Richtung zeigt am Hauptzor das 1908 errichtete Stabsgebäudei mit dem Unterstand für die Wache und den brrectzellen, rechts tm Hintergrund die sogenannte Kaser- ne A, die als Einquartierungshaus des "Hescrschen Infantene Regiments Nr. 83" diente, und links an der unbefestigten Straße nach Mengeringhausen - der späteren Kacernenstraße bzw. dem Bir- kenweg -die 1897 aus rotem Ziegelstein errichtete Kaserne B. Umgrenzt war das gesamte Kaser- nengelande von einer Ziegelstemmauer. I 1 Arolsen im Zc :ichen der SS 17 Arolsen wird Garnisonstadt Arolsen war keineswegs als Standort ei- ner Garnison geplant worden, und obwohl die Geschichte des Waldecker Füsilier-Ba- taillons in die Zeit der Stadtgründung zu- rückreicht, entschied man sich erst 1867 oh- ne nennenswerte Begeisterung und eher po- litischem Druck folgend für den Bau einer Kaseme auf Stadtgelände. Fast 150 Jahre hatte man die in den "Hoch-fürstlichen Pri- vilegien und Freyheiten" 17 19 garantierte Befreiung von Einquartierungslasten gerne akzeptiert. Die Waldecker Soldaten lagen in Mengeringhausen sowie zum kleineren Teil in Helsen in Quartier, und noch im Jah- re 1808 waren in Arolsen lediglich für die Schloßwache 30 Militärpersonen unterge- b r a ~ h t . ~ Auch als 1866 im Rahmen der Reorga- nisation des Militärs erkennbar wurde, daß zumindest eine Kompanie auf Arolser Ge- biet stationiert werden mußte, wehrte sich die Stadt zunächst sowohl gegen die Un- terbringung der Soldaten in Privathäusem als auch gegen die den Stadtetat erheblich belastende Finanzierung eines Einquartie- rungshauses, ja, man diskutierte sogar die Idee, eine Kaserne durch eine Privatgesell- schaft bauen und dann an den Staat mit Ge- winn vermieten rn lassen. Erst 1867 beim Einzug des neu eingerichteten Füsilier-Ba- taillons mit dem Namen "3. Hessisches In- fanterie-Regiment Nr. 83" in Arolsen und Mengeringhausen schlug die breite Mei- nung zugunsten eines Kasernenbaus auf Stadtgelände um. Die Geschichte der Gar- nisonstadt Arolsen begann. An der Kreuzung der Großen Allee mit dem unbefestigten Weg nach Mengering- hausen wurde aus dem Besitz der Doma- nialverwaltung das sogenannte Alleefeld als Bauplatz kostenlos zur Verfügung ge- stellt, auf dem zunächst für insgesamt 115.000 Mark aus roten Ziegelsteinen ein Einquartierungshaus als südliche und ein flaches Exerzierhaus als westliche Begren- zung des Kasernenhofs entstanden. Noch vor den ersten Soldaten wären beinahe Kriegsgefangene in das 1870 fertiggestell- te Gebäude eingezogen, denn während das Regiment in Frankreich kämpfte, sollten die leerstehenden Räume genutzt werden. Nach Einspruch des Fürsten, der keine Kriegsgefangenen in seiner neuen Garnison sehen wollte, unterblieb jedoch diese Ab- sicht, und die ausländischen Soldaten ka- men auf Schloß Waldeck in Haft. Die geänderte Einstellung gegenüber der Garnison spiegelte sich bei der Rück- kehr der Soldaten am 26. September 187 1 aus dem Krieg gegen Frankreich wider. Als die Truppe von "Kassel her über Wetter- burg nach Arolsen einzog, gab es einen großartigen Empfang mit Flaggen, Girlan- den, Ehrenpforte und Ehrenjungfrauen, ei- nem Triumphbogen auf dem Platze vor dem Schlosse und schließlich einer splendiden Bewirtung mit Bier und Zigarren, worauf die Soldaten die neue Kaserne bezogen".3 Die Namen der 92 Gefallenen dieses Kriegs sind seit dem 14. Juli 1875 auf zwei mäch- tigen Tafeln in der Stadtkirche in schwar- zen Marmor gemeißelt. Die folgenden Jahre waren geprägt von vielfältigen Neu-, Um- und Anbauten. Am 1. August 1897 erfolgte die offizielle Über- nahme der Kaseme B in unmittelbarer Nä- he der Hofeinfahrt, am 30. September 1899 I 8 AroIsen im Zeichen der SS - .- -- - - 1 Abb. 1.02: Die Postkarte von der ehemaligen Infanterre-Kaserne aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zeigt in der oberen 8iTdhalRe links das Stabcgebaude und daneben die Kaserne B. Auf dem unteren Foto ist das auch als Kaserne A bezeichnete Einquart~erungshaus zu sehen? 1 Arolsen im Zc :ichen der SS 19 des Offizierskasinos an der Nordfahrbahn der Großen Allee und schließlich am 4. Ju- li 1908 des Stabsgebäudes am Hauptein- gang zum Exerzierplatz. Zusätzlich wurde aii der östlichen Seite des unbefestigten We- ges nach Mengeringhausen, der später die Bezeichnung Kasernenstraße erhielt, ein Lazarett errichtet. 43 Jahre stand das Bataillon in Arolsen, bis es am Nachmittag des 2. August 1914 auf dem Exerzierplatz von der fürstlichen Familie verabschiedet und in der folgenden Nacht erneut in den Krieg geschickt wur- de. 1.78 1 Mann, 220 Unteroffiziere und 105 Offiziere kehrten nicht zurück, blieben "vor dem ~ e i n d " . ~ Die Namen der gefallenen Arolser des Ersten Weltkriegs sind eben- falls - allerdings auf schlichten Holztafeln - in der Stadtkirche festgehalten. Die Kaserne 1919 - 1933 Am 14. November 1918, nachdem die Hofdruckerei zunächst die Herstellung der Plakate verweigert hatte, wurde der Bevöl- kerung durch Anschlag das Ende des Für- stentums Waldeck bekanntgegeben: "Fürst Friedrich von Waldeck und Pyr- mont lehnt einen freiwilligen Verzicht auf den Thron ab. Im Auftrag des Arbeiter- und Soldatenrates Kassel wird Fürst Fried- rich von Waldeck und Pyrmont durch den Arbeiter- und Soldatenrat Arolsen vom heutigen Tage an als abgesetzt erklärt. Arolsen, den 13. November 1918, nachm. 4 Uhr. Kenntnis genommen: Friedrich." Die Zeit als Residenzstadt war damit beendet, und als wenige Tage später am 29. November 19 18 das "Infanterie-Regiment von Wittich Nr. 83" aufgelöst wurde, hörte Arolsen auch auf, Garnisonstadt zu sein. Alle Kasernengebäude fielen an die Stadt zurück, die sich schnell von finanziellen Fol- gekosten befreien und den umfangreichen Gebäudekomplex möglichst vorteilhaft an ein Industrieunternehmen verkaufen woll- te. Da sich jedoch selbst auf Zeitungsan- zeigen kein Interessent fand, bezog nach den erforderlichen Renovierungen am 14. November 192 1 das staatliche Realgymna- sium die ehemalige Kaserne B direkt neben dem Stabsgebäude am Haupteingang. Die Militärspeiseanstalt am südlichen Ende des Kasernengeländes wurde zu einer Turnhal- le der städtischen Schulen und zur Aula des Realgymnasiums für Jungen umgebaut und am 4. Dezember 1925 feierlich der Jugend übergeben.7 Weiter wurden in den Gebäu- den der ehemaligen 83er-Kaserne eine Ju- gendherberge, eine Außenstelle des Ar- beitsamtes sowie eine kleine Fabrik unter- gebracht. Im südlich gelegenen Einquartie- rungshaus - der Kaserne A - entstanden mehrere Privatwohnungen. Doch während dieser 15 Jahre der zivi- len Nutzung des Kasernengeländes war die Auflösung des Waldecker Bataillons von einem erheblichen Teil der Arolser Bevöl- kerung als schlimme Schmach empfunden worden. Daß die Erinnerungen an die mili- tärische Tradition als Gamisonstadt nicht verblaßt waren, ließen die über 10.000 Be- sucher ahnen, die sich am 27. und 28. Juni 193 1 - dem 250jährigen Gründungstag des Bataillons - in Arolsen versammelten. Bei der Enthüllung eines Steins zum Gedenken an das Waldecker Bataillon hielt dessen 20 Arolsen irn Zt :ichen der SC 1 früherer Militärgeistliche Oberkirchenrat D. von Haller die "Weihrede", der er die Worte des Psalrns "Gott, dein Weg ist heilig" m- grunde legte: "Qieser Stein ruft uns ein 'Ge- denke!' zu. Gedenke der Wege, die uns Gott geführt hat. Sie führten durch Leiden. Sie führten aber auch zur Erkenntnis. Gedenke, daß er uns führt nach seinem, nicht nach unserem Willen. Das soll uns frei und froh machen. Unser Weg endet nicht in der Nacht des Todes, sondern im Licht dort oben. So mlige der Stein ein Merkstein sein auf dem Wege zur Hähe: aus großer Vergangenheit durch Not zu einem neuen. großen ~ie1e . l '~ Am Nachmittag des 28. Juni 1931 ver- sammelten sich erstmals wieder nach dem 'Großen Krieg' Uniformierte auf dem ehe- maligen Kasernenhof, um von dort feier- lich durch die Stadt zum FesrpIatz auf dem Königsberg zu ziehen. Bereits zu diesem Zeirpunkt 1931 war die NSDAP in Waldeck die fuhrende poli- tische Kraft. "Eine 'nationale Sehnsucht' schien in Erfüllung gegangen zu sein. Eine Zielknnvergen;! zwischen alt-preußischem Obrigkeitsgeist und 'neuer' Bewegung wur- de allgemein unterstellt. Die Anhänger je- ner in den Traditionen des Kaiserreichs ver- wurzelten Strömung sahen im Nationalso- zialismus das geeignetste Instrument. die nationale Entwicklung seit 19 18 zu revidie- ren."'O In einem solchen politischen Klima fand die Ausschaltung der Gegner dieser 'nationalen' Idee mit allen Mitteln breite Zu- stimmung, und so registrierte man die Ver- folgung der "Linkskraftel' - was immer man darunter verstand - mit außergewöhnlichem Wohlwollen. Bereits wenig Wochen nach der Machtergreifung wurden namentlich bekannte "Linke" in Arolsen in "'Schutz- haft" genommen, und arn 29. Juli 1933 be- richtete der Landrat des Kreises der Twiste an den Regierungspräsidenten in Kassel, daß sich zwei politische Häftlinge in Poli- zeihaft befanden und ein weiterer "Häftling im Konzentrationslager Breitenau unterge- bracht" sei.' Funktionäre von KPD und SPD wurden in Arolsen unter PoIi7eiauf- sicht gestellt, ihre Rechte drastisch einge- qchränkt. Abb. 1.03: Die "Alten Fahnen" von 1748 bis 191 9 vor dem ~arocksch!oß? Abb. 1.04: "Weihe" und EnthUllung eines Ge- denksteins in der Großen Allee. '' 1 Arolsen im Zeichen der SS 21 Das schnelle Ende der zivilen Nutzung der einstigen Kasernengebäude zeichnete sich ab, als die Stadt dem Gau Kurhessen- Waldeck des Bundes der Frontsoldaten "Stahlhelm" freistehende Räume im östli- chen Flügel der Kaserne A kostenlos zur Einrichtung eines Arbeitsdienstlagers be- reitstellte. Bei der feierlichen Eröffnung be- tonte der Lagerführer, daß die Arbeit der 100 Freiwilligen "in erster Linie gegen den inneren Feind, die Arbeitslosigkeit, gerich- tet" sei, aber - durch Wehrsport gekräftigt - "im Notfall die Insassen des Arbeitslagers unserer Elitetmppe Rückendeckung geben könnten".' Auch Landrat Wittmer schlug in seinen Begrüßungsworten den Bogen zurück ins Jahr 191 8, indem er auf das "er- greifende Gefühl" hinwies, "als zum ersten Mal wieder von der ehemaligen Kaserne das bekannte Signal erklungen sei".14 5 Aula U. Turnhalle 11 Ehemaliges Lazarett 6 Ehemalige Kaserne A 12 Kasernenstraße -- 12 "C\ _ ~ _ - - ,/-',.-~~-%, 1 ' & f i v + w V~dwi16 - +p#t - !3a!lww&&¶"' +C, *k * . ; I ~ - ~ & ~ . m q l ~ EI. 1.50V ae-Jv;. pun -J ay3olqswpsuueN iap q3111sa~ Iralpl!a ualaqo wl 'allalqmil amqaiia „e!ueui~a~),, lap Guniais!io)opj lap 43eu a!p fiueBu!auaqa~ we uJasneqien!ld uap pun alleqiaiziaxg ~laqas!~~ .Owefiu!aidnequau~as~ rap pun allaqlaiuaxq aip '!C! lal~~rlaß Jqas ualiqmneg Jap a6 -1oj SIE Iial uinz yoialag uiasa!p U! puEisaqwnEg ualap 'aalfy uaUoJ5 Jap Guqlua 'plrgj uii qqsqj *a pun 3 ay301qs~~y3suwp~ uenau a!p uaqauep syuil ',ja-E@„ lap B awase)l a!p pun apnpqa6 -sqalS a6!lauieye sep egwlsuewaq ~ap Gueliua punrffiaplon wl :naupioa6ue apneqafisqms pun -sUeqxuuem pu!c loquauiasq ua~x!lyawuiAca uap uin uuoj Javapuwanun ~SE) UI qmu 6661 1eqnue6eG epuela6uawese>l sep - ~3zpld~~laax3 ua6!yewaqa sap ua(euoße!a uap Ine Gunzueljd 36 Arolsen im Zeichen der 5s 1 Mit diesen Bauten waren die Bedürfnis- se der SS-Bauleitung allerdings noch nicht erfrillt. Ein Festsaal mit Möglichkeiten zur Filmvorfuhmng sowie weitere Lagerhallen wurden erforderlich. so daß I938 das Reich für 0.50 RM/qm von Privatpersonen Acker- land westlich des Hasenzauns erwarb und hier das sogenannte K I7 - eine auf die Ge- bäudenuminer 17 der Kaserne hinweisende Bezeichnung - und drei parallele Hallen er- richtete. Weiteren Expansionsgelüsten der SS machte der Beginn des Zweiten Welt- kriegs ein Ende. Zum ersten Spatenstich und auch zum Richtfest des Bauabschnitts 1936 wurden Gäste geladen, die Presseberichte blieben jedoch äußerst zunickhaltend. G w z im Ge- gensatz zu den sonst mit ,mkm Aufwand betriebenen Festlichkeiten irn Zusarnmen- hang mit der SS-Verfügungsimppe erfolg- te keine große offizielle Einweihung des netten Gebäudekomplexes. keine jubelnde Berichterstattung. Als Übungsplätze dienten der SS-Ver- fugungstnippe "Germania" neben dem Ha- gen-Gelände in Mengeringhausen. das die SS mit einer haufzeit von 30 Jahren bis zum 30. Septemlier I964 für einen Jahresbetrag von 4.400 RM pachtete52. der Festplatz am Königsberg und das Scheidfeld bei Volk- marsen. Ferner wurde der alte Schiefiplatz am He'bberg erheblich vergrößest und für MG-Schiekn hergerichtet. Bis Jahresende 1936 waren Unterbrin- gung und Aufstellung der SS-Verfügungs- tmppe in Arolsen weitgehend abgeschlos- sen. Die ortsnahen Übungspl~tze genügten nun nicht mehr den Ausbildungszielen, und das Batai tlon verließ im Verlauf des folgen- den Jahres mehrfach mit der gesamten Aus- rüstung Arolsen zu GroßÜbungen auf den heiden Truppenübungsplätzen Sennelager und Munsterlager. Zusätzlich wurde 1936 zur Übung von Gaseinsätzen auf dem un- teren Teil des K~nigsbergs ein Holzpebäa- de mit einem Gasraum errichtet. Abb. 1.19: 11.15S-"Gerrnania" auf dem Kasernenhof vor den neuerrichteten Mannschaftsgebau- den F und G?' I Arolsen im Zt :ichen der SS 37 Auch von der etwa zeitgleich zur Statio- nierung der SS-Verfügungsmippe VT er- folgenden Verlegung einer weiteren wich- tigen SS-Kommandobehörde nach Arolsen erhofften sich die Stadtväter Prestigege- winn, wirtschaftlichen Aufschwung und Anhüpfung an die Zeit als Residenzstadt. "Vielleicht wurden auch Erinnerungen an die Zeit der Fürstenherrschah wach, denn bei Erbprinz Josias handelte es sich ja um den vorgesehenen Nachfolger des Regie- renden Waldeckischen Fürsten. der durch die Revolution 3 9 I W1 9 um sein Herrscher- erbe gebracht worden war."54 Als der Chef des SS-Oberabschnitts "Rhein". der vom Oberabschnitt "Elbe" in Dresden im April 1934 nach Koblenz ge- wechselte SS-Cmppenführ A. Heyßmeyer, in Amlsen erste Verhandlungen iiber die Stationiemng einer SS-Yerfigungstruppe führte, war Erbprinz zu Waldeck und Pyr- monz Führer des Gruppenstabes z.b.V. in Berlin. Nach der Ernennung Heyßrneyers zum Chef des SS-Hauptamts übernahm er im Juli 1435 dessen Stelle und konmllier- te von seinem Dienstsitz in Koblenz die Regierungskzirke Kassel, KobFenz. Trier, Wiesbaden einschließlich Frankfutt. Doch ihn zog es in seine Heimatstadt Arolsen. Bei einem Treffen mit dem Bürgermei- ster am 7. November 1935 stand die k i d e Seiten interessierende Frage im Zentrum. ob Arolcen Standort eines Oberabschnitts werden könnte. Schon wenige Tage nach diesem Gespräch legte die Stadt der SS- Dienststelle in Koblenz eine Zusammen- stellung der vorhandenen Gebäude zur Un- terbringung der SS-Behörde vor, und nur knapp einen Monat späier. arn 1. Dezember E 935. wurde nach Vorsprache des Erbprin- zen zu Waldeck und Pymont vom Reichs- führer-SS Himmler der Stab des SS-Ober- abschnitts 'Rhein" vnn Koblenz nach Arol- sen in das für 1.800 RM angemietete ehe- malige Lazarett an der Kasernenstraße 19 verlegt.55 Am 19. Dezember 1935 erfolgte die obernahrne der Dienst- und Privairäu- rne im Neuen Schloß, irn Barockschloß re- sidierte weilerhin der Vater. Die Renovie- rungskosten in Höhe von 10.fiO RM m- gen Gerneindezweckverband und Irn Dienstzimmer des OA-Führers, der für den gesamten am 1. Januar 1937 in "Fulda- Wersa" umbenannten SS-Oberabschnitt Organisation. Schulung und Nachwuchs- werbung der Allgemeinen-SS leitete5', er- hielten am 12. Februar [ 937 alle SS-Stan- darten und Stumbannfahnen des Stand- ortes einen " ~ h r e n p l a t z " ~ ~ die Standarten der 2. SS-Motorstandarte. der 10. SS-Rei- terstandarte und die Sturmbannfahnen des 3. SS-Nachrichtensturmbannes, des 3. SS- Pioniersturmbannes und der 11-ISS-"Ger- rnania" der Vefigungstruppe. Abb. 1.20: II.ISS-"Gemania" auf dem Weg rum Oberabschnitt " ~ u l d a - ~ e r r a " . ~ ' 38 Arolsen irn Zeichen der SS 1 Abb. 1.21: Wintendylle vor dem Dienstsitz des CS-Oberabschnitts "Fulda-Werra". Die beiden Torpfosten wurden spater bei der Umgestaltung der Parkantage gegenüber dem Hauptportal des Neuen Schlosses aufgestellt.60 1 Arolsen im Zf :ichen der SS 39 Im ehemaligen Infanterie-Lazarett der 83er verblieb die technisch auf den neu- esten Stand gebrachte Funkstation. deren Aufgabenbereich neben der ijbermittlung aller Nachrichten des Oberabschnitts auch das Abhören des ausländischen Fankver- kehrs urnfaßze. In Spannungszeiten noch vor Kriegsbeginn durfte das gesamte Per- sonal aus Geheim haltungsgninden das Ge- bäude nicht verlassen, Kontakte zu den Fa- milienangehörigen waren verboten. Die Befugnisse des SS-Oberabschnitts- Führers beschränkten sich vorwiegend auf die Allgemeine-SS. "Sie zu organisieren. den n ~ t i g n Nachwuchs anzuwerben, ideo- logische Schulungen durchzuführen, die örtliche Presse zu kontrollieren und nicht zuletzt durch die Anwerbung von 'FBrder- mitgliedern' aus Industrie und Wirtschaft die finanzielle Situation der SS abzusichern, all dies waren Aufgaben, die der OA-Füh- rer zu überwachen und personalpolitisch mitzugestalten hatte. Zugleich oblag es Waldeck aber auch, alle Disziplinarverstö- ße von SS-Miinnern zu ahnden und damit das angestrebte Image der SS als Elitefor- mation der NSDAP in der Öffentlichkeit zu ~ichern."~' Nach seiner Beförderung zum SS-Ober- pppenführer am 30. Januar 1936 anläß- Iich des Jahrestags der Machtergreifung erreichte Josias Erbpnnz zu Waldeck und Pyrmont mit der Ernennung zum Höheren SS- und Polizeifühm HSSPF irn Wehrkreis IX im August 1938 den Höhepunkt seiner Macht, er war - "von staatlichen Stellen und Kontrollen weitgehend unabhiingig - lediglich gegenüber dem Reichsführer-SS weisungsgebunden. Als dessen regionaler Stellvertreter hatte er die Aufgabe (im Zwei- felsfall durch Sonderbefehl Himmlers), SS und Polizei zu einer Einheit zusarnmenzu- führen und die militärischen wie politischen Interessen der Reichsfuhniag-SS gegen- iiher Staat, Partei und Wehrmacht durch- zusetzen. Zugleich fungierte er auch als oberster Gerichtsherr eines örtlichen SS- und Polizeigerichrs, das alle Vergehen von SS- und Polueirnitgliedern zu ahnden hat- Die Strafgewalt bezog sich demzu- folge auch auf das SS-Personal der irn SS- Oberabschnitt "Fulda-Werran gelegenen Konzentrationslager. Abb. 1.22: Stumbannfiihrer Walter Krüger, Kommandeur der II./SS-"Germania", und Grup- penführer Josias Erbprinz zu Waldeck und Pyr- mont, Chef des Oberabschnitts "Fulda-Werra", in der Hauptstraße von ~ r o l s e n . ~ ~ Während des Kriegs reduziefien sich seine Aufgaben als Fiihrer des SS-Oberab- schnitts zunehmend auf die Rekrutiemng für die Waffen-SS, während seine Macht- posiiion als HSSPF jedmh unbeeinträchtigt blieb. Sofort nach Kriegskginn trennte Jo- sias Erbprinz zu Waldeck und Pynnont die Dienststellen beider Funktionen und ver- legte bereits am 3. September 1939 seinen Dienstsitz als Höherer SS- und Polizeifuh- rer nach Kassel. In Arolsen verblieb unter Statisfuhrer SS-Standartenfuhrer Richter der SS-Oberabschnitt. 40 Arolsen im Zeichen der SS 1 S tadtentwicklung Die Erwartungen von Stadtverordneten, Bürgermeister und Geschäftswelt, die Ein- richtung zweier wichtiger SS-Dienststellen in Arolsen würde der kleinen Stadt erheb- lichen wirtschaftlichen Aufschwung und Prestigegewinn bringen, erfüllte sich für vier Jahre. Der Preis wurde in den darauf- folgenden Jahren gezahlt. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte die Einwohnerzahl der ehemaligen Residenz- stadt recht stabil bei etwa 2.500 mit eher rückläufiger Tendenz gelegen. Diese Situa- tion blieb bis zum Frühjahr 1935 bestehen, da sich An- und Abmeldung annähernd die Waage hielten und die Zahl der Sterbe- falle die der Geburten sogar leicht über- schritt. Mit Beginn der Stationierung der SS-Verfügungstruppe ab Mai 1935 änderte sich dies schlagartig. Der Zustrom an Neu- bürgem erreichte im November, unmittel- bar nach dem vollständigen Einzug der - - - - - Anmeldungen A N 500 z A H 400 L 300 200 100 0 BJZ SS-VT, mit 518 Personen den absoluten Höchstwert, dem nur 37 Abmeldungen ge- genüberstanden. Auch direkt nach der Ver- legung des SS-Oberabschnitts nach Arol- Sen im Dezember 1935 nahm die Einwoh- nerzahl nochmals um etwa 200 zu und stieg im Oktober 1936 laut Personenstandsauf- nahme auf 3.491, bis sie zum Jahreswech- sel von 1936 auf 1937 erstmals 3.500 über- schritt. Der weitere Anstieg bis September 1939 verlief dann zwar nicht mehr so steil, aber innerhalb von sechs Jahren war die Einwohnerzahl um rund 50% von 2.500 auf 3.838 angewachsen.65 Diese auffallende Zunahme ging einher mit einer deutlichen Veränderung der Be- völkerungsstruktur, denn der Zuwachs in dem Städtchen der Ruheständler war in er- ster Linie auf junge Familien mit Kindern zurückzuführen. Während sich die Alters- pyramide im Bereich der höheren Lebens- jahre kaum verschob und die Sterberate bis 1939 etwa konstant blieb, stieg die Gebur- tenrate mit zeitlicher Verzögerung deutlich an. Eine Großzahl der zur SS-Verfügungs- truppe "Germania" gehörenden SS-Männer Geburtenzahl A N z A H L 0 1934 ' 1935 ' 1936 ' 1937 ' 1938 ' 1939 W2 Abb. 1.23: Entwicklung der Anmeldungen in Abb. 1.24: Entwicklung der Geburtenrate in Arolsen von 1934 bis 1939. 64 Arolsen für den Zeitraum von 1934 bis 1939. 66 47 Arolsen im Ze ichen der SS I an der S t rak südlich der Kaserne - der Germania-Allee bzw. Südstraße - kamen über das Planungsstadium nicht hinaus. Ebenso wie der Hausbau belebte der Siraßenbau die heimische Wirzschaft in den Jahren von der Machtergreifung der Nationalsozialisten bis zum Kriegsbeginn. Die Anlage von Gehwegen. die Neupfla- stenrng des Hauptstraße. der Ausbau von Tannenkopf, Am Hasenzaun. Drillerweg, Garten-, Schul-, Mannel- und Rauchstraße und die Erweiiemng von Wasserverser- gung und Kanalisation wurden als große Erfolg nationalsozialistisches Politik ge- feien. Großzügige Straßentrassierungen sah ein neuer Bebauungsplan für die Rachen- mäßig en~begrenzte Stadt vor. Das Iand- wirtschaftlich genutzte Gebiet Neuer Gar- ten südlich der Parkstraße sollte durch zwei Ost-West-Wohnstraßen erschlossen wer- den, zwischen lahn- und Kasernenstraße war eine geschwungene Straße vorgesehen. und der Weg An der Strothe. an dem Ein- familienhäuser geplant waren. sollte in gm- k m Bogen vorbei am jüdischen Friedhof an die Bahnhofstraße angeschlossen wer- den. Die wenigsten dieser unangemessen hochfliegenden Vorhaben kamen jedoch zar Ausführung. Immerhin entstanden in den sechs Jah- ren von 1933 bis Kriegsbeginn auch einige öffentliche Gebäude. deren Bau ebenfalls zum kurzen wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt beitrug. So waren über 40 lokale Handwerker bzw. Betriebe an der Fertig- stelIung der neuen Aula und Turnhalle be- teiligt, die nach rund einjähriger Bauzeit arn 21. August 1936 in Anwesenheit der Vertreter der 'Bewegung', der Formationen und Gliedeningen der Partei, der Behörden und der Schüler (in der offiziellen Liste an Abb. 1.26: Schliisselubergabe an Studiendi- reMor Schneider auf der Treppe der ~ula . ' ' letzter Stelle genannt) auf dem Hofe des Staatlichen Reformrealgyrnnasiums fest- lich eingeweiht wurde. Auf dem Schulhof vor der auch als Freilichtbühne konzipier- ten breiten Treppe übernahm Schulleiter Schneider den Schlüssel der Halle, bevor am weißen Mast die Hakenkreuzfahne ge- hißt. ein "dreifaches Sieg-Heil auf den Euh- Ter ausgebracht und die NationaIlieder der Deutschen gesungen ~ u r d e n " . ' ~ In seiner Ansprache wies der Onspppenleiter der NSDAP. Parteigenosse von Scheeler, hin "auf die Klarheit, Echtheit und Zielstrebig- keit der Jugenderziehung von heute, die doch über dem hin und her der Vergangen- heit stehe". Die Glückwünsche an die Schu- le verband er mit der "Mahnung, daß im- mer nationaIsozialistischer Geist in dieser neuen Hal Ie herrschen und die deutsche Jugend hier zu charaktervollen, aufrechten, disziplinierten Männern erzogen werden Die Mädchen der Schule fanden bei von Schoelers Ausfthrungn zur deut- schen Jugend keine Erwähnung. Einen an- deren Aspekt des Neubaus beleuchtete die 'Würdigung' in der Lokalzeitung. Danach symbolisierten die Olympischen Ringe in I Arolsen im Zeichen der SS 43 der Eingangshalle. "daß sich hier eine Ju- gend in körpedicher und geistiger Hinsicht gleichermaßen enüchtigen soll im Sinne des olympischen ~ e d a n k e n s " . ~ ~ Doch die neue Aula-Turnhalle "mit ihren klaren Li- nien, die auch nach außen hin zum Aus- druck bringen, daß es sich hier um ein in jeder Richtung praktisch durchdachtes Bauwerk handett, an dem alles schlicht und unaufdringlich ist und welches in vorbild- licher Weise neuzeitliche Baugesinnung au~strahlt ,"~~ diente - wenn überhaupt - nur sehr kurz diesem Ziel. Auch die anderen bis 1939 ausgefuhr- ten öffentlichen Bauten waren mit Ausnah- me der Erweiterungen des Landkranken- hauses vorwiegend zur Körperertüchtigung bestimmt. Zwischen Tmnenkopf und dem südlichen Stadtrand begann man mit der Ausfuhmng eines 'Sport- und Jugendkom- plexes'. dessen Entwurf über die Region hinaus auf breite Beachtung stieB. Bereits 1929 war die Notwendigkeit der Anlage ei- nes zeitgemäßen Sportplatzes in den politi- schen Gremien weitgehend unumstritten. aber erst am 14. Dezember 1933 beschloß der Magistrat der Stadt die Errichtung ei- nes neuen Stadions in unmittelbarer Nähe des bereits bestehenden Freibades und ei- nes Ruderteichs im Thieletal. Nochmals dauetie es aIlerdings fast ein Jahr. bis im November 1934 mit den Arbeiten btgon- nen wurde, die sich dann über drei Jahre hinzogen. Die bis zur Einweihungsfeier am 29. August 1937 in Arolsen erfolgten Ver- änderungen spiegelten sich wider in der Liste der Ehrengäste - neben Landrat Mar- quardt Ortsgruppenleiter V. Schaeler. SS- Okrgnippenführer Erbprinz zu Waldeck und Pyrmont, SS-Sturmbannführer GiIle - Abb. im Einweihung der "Horst-Wessel-Kampfbahn". Vom Sportgelände aus sind die bereits fertiggestellten Mannschaftsgebäude und der Wirtschaftsblock der SS-Unterkunft zu sehen.77 44 Arolsen im Zeichen der SS I ebenso wie in der Liste der Sieger der er- sten Weztkämpfe: SS-Sportgemeinschaft Amlsen und ~ l . / ~ ~ - " ~ e r n i a n i a " . " Wenige T a p nach der Ertiffnung des Stadions erfolgte auch der erste Spaten- stich zum Sportplatzgebäude. Dieser am 21. Mai 1939 eingeweihte Bau stand quer zur Zufahrtsstraße vom Tannenkopf und war so plaziert. daß Besucher und Sportler nur durch den Torbogen mit der Inschrift "Horst-Wessel-Kampfbahn" in den Innen- bereich gelangten. Die Präsenz der Schutz-Staffel bei den Einweihungsfeiern der Sportstätten stand nicht im Widerspruch zur Förderung der Jugendarbeit. eher ergänzte sich beides. SS-Unterkunft der Verfügungstruppe und Spongelände bildeten in Arolsen önlich und inhaItlich-konzeptionell eine Einheit. Für die Hitler-Jugend wurde direkt an der Ostseite der Zufahrt zur Host-Wessel- Kampfbahn ein Heim entworfen und am 3 1. August 1938 gerichtet. Da es als mu- stergiiltiger Bau dieser Art in Kurhessen galt. wurde der Festakt für die Hauptgrund- steinlegung aller iihnlichen Bauten der Re- gion 1938 nach Arolsen verlegt. Mit der Fertigstellung des Heims für die Hitler-Jupnd 1939 endete die Bautätigkeit für über zehn Jahre. Grundsteinlegungen der arn Tannen kopf vorgesehenen Jugend- herberge und einer an der westlichen Zu- fahrtsseite geplanten Stadthalle erfolgten nicht mehr. Wie weit man sich aber inzwi- schen von realistischen Finanzierungsüber- legungen geläst hatte, zeigte die Reaktion vieler Arolser, die sich arn Tannenkopf ver- sammelten. um den in der bkalzeizung mit imposanzer Zeichnung angekündigten Bau- beginn einer Stadhalle am 1. April 1938 mit- zuer~eben.'~ Aula, Turnhalle, Heim der Hitlerjugend und Sportplatzgebäude erfüllten nur kurze Zeit ihren ursprünglichen Zweck, denn irn Kriegsverlauf wurden sie als Reservelaza- rette verwendet. Das Schwimmbad wurde ab 1944 geschlossen und diente der Waf- fen-SS als ~uftschutzraurn.~~ Abb. 1.28: Verwundete und Krankenschwestern vor dem Resetvelazarett "HJ-Heim". Die Ka- sernengebeude tm Hintergrund waren mit einem Tarnanstrich versehen"'' 1 Arolsen im Zeichen der SS 45 Die Kaseme vom Kriegsbeginn bis Herbst Nachdem die II./SS-"Germania" am 17. August 1939 ohne große Aufmerksamkeit der Bevölkerung Arolsen verlassen und das Regiment dem Mobilmachungsplan des Heeresgruppen-Kommandos 5 vom 26. Juni 1939 entsprechend bei Dresden den Truppenübungsplatz Königsbruck erreicht hatte, wurde es unverzüglich dem General- kommando VIII unterstellt und nahm so- fort am Angriff auf Polen teil. Die Arolser Bürger reagierten auf die Nachricht vom Kriegsbeginn zunächst eher mit gedämpfter Stimmung, die dann jedoch mit dem schnellen Vorstoß der Truppen und der Hoffnung auf einen raschen Sieg in jubelnde Begeisterung umschlug. Während des "Polenfeldzugs", wie er glorifizierend genannt wurde, stand nach dem Abzug der SS-Verfugungstruppe die Kaseme weitgehend leer, und auch nach Ende der Kampfhandlungen im Osten An- fang Oktober 1939 kehrte die "Germania" nicht in ihre Unterkunft zurück, sondern wurde mit dem Regiment über Krakau in den Raum Prag verlegt und in die erste Di- vision der SS-Verfügungstruppe unter Ge- neralleutnant Paul Hausser - der SS-V-Di- vision - eingegliedert. Um den Jahreswechsel 1939140 war die Kaserne kurzzeitig von unterschiedlichen SS-Einheiten belegt, bevor in Quartieren im Raum Nordwaldeck ein Infanterie-Regi- ment der SS-Totenkopf-Division die wei- teren Marschbefehle für den Angriff im Westen erwartete. Etwa zur gleichen Zeit kam im Frühjahr 1940 als Ersatz-Truppen- teil der SS-Totenkopf-Division die SS-T.- Panz. Jäger E. Kompanie für einige Mona- te in die Arolser ~ ~ - ~ n t e r k u n f t . ~ ~ Fast so lange wie die "Germania" blieb dann die unmittelbar nach Kriegsbeginn in München aufgestellte SS-Flak-MG-Ersatz- Kompanie, die Anfang September 1940 in die Arolser Kaserne verlegt und hier zu ei- ner SS-Flak-MG-Ersatz-Abteilung erwei- tert wurde. Im April 1941 zog diese Ersatz- Abteilung kurzfristig in die leerstehende Kaserne in Unna, kehrte mit Wirkung vom 15. August 1941 jedoch wieder nach Arol- sen zurück und wurde später auf Befehl des SS-FHA unter Einbeziehung von Un- terführern und Mannschaften der gerade aufgelösten SS-Pol.-Flak-Ersatz-Batterie in Weimar zum Ausbildungs- und Ersatz-Re- giment umgebildet. Regimentsstab, Stabs- Batterie und I. Abteilung lagen in der Arol- ser SS-Kaserne, während die 11. Abteilung in Warburg und Scherfede stationiert war. Unter Führung ihres Kommandeurs Stan- dartenführer Burk, der zuvor die SS-Flak- Abteilung "Ost" geführt hatte, waren Teile des Regiments nach der Zerstörung der Sperrmauer vom 17. bis 25. Mai 1943 an Rettungs- und Bergungsarbeiten im Eder- tal beteiligt. Als schließlich im Juni 1943 das "Flak- Ausbildungs- und Ersatz-Regiment", das bei der Arolser Bevölkerung im Gegensatz zur SS-Verfügungstruppe "Germania" kei- ne tiefergehenden Erinnerungen hinterließ, wieder nach München zurückkehrte und am 13. September 1943 auch die "Panzer- Aufklärungs-Ausbildungs-Abteilung 2" aus Arolsen abrücktes3, stand die Kaserne im Spätherbst 1943 weitgehend leer. 46 Arolsen im Zeichen der SS 1 Abb. 1.29: Titelseite der Waldeckischen Landeszeitung vom 13.114. November 1943. 1 Arolsen im Ze :ichen der SS 47 14. November 1943 Die Arolser erlebten den 14. November 1943, für den Verdunklung von 16.32 bis 7.42 Uhr angeordnet war, scheinbar unbe- rührt von den direkten Kriegsereignissen. Für 10 Uhr waren die evangelischen Chri- sten in den Gemeindesaal gerufen, um den in diesem Jahr auf den Sonntag verlegten Buß- und Bettag zu begehen, die Mütter- schule kündigte einen Kochlehrgang zum Backen von Weihnachtsgebäck an, und die Tonlichtspiele an der Wetterburger Straße warben für den heiteren Film "Sommerlie- be": "In reizvoller Handlung entrollt dieser Film den ewigen Konflikt der Schauspiele- rin: Beruf oder ~ i e b e . " ~ ~ In ihrer Wochenendausgabe berichtete die Waldeckische Landeszeitung, die sich in der Endphase des Krieges immer mehr auf den bloßen Abdruck der offiziellen Be- richterstattung beschränkte, auf der Titel- seite eingehend von den erfolgreichen Ab- wehrkämpfen im Raum Kiew, während das Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht bei der Einschätzung der Front- lage bereits einen tiefen Einbruch der Ro- ten Annee festhielt. "Auf der Krim fortge- setzte feindl. Angriffe im Landekopf östlich Kertsch, an der Ssiwash- und Perekop-Front. Bei der 1. Pz.-Armee trat der Feind auf der Landbrücke zwischen Ssaxagan und Ingu- lez zum Angriff an und erzielte an der In- gulez-Front einen tiefen Einbruch. Bei der 4. Pz.-Armee wurde der Feind durch eige- nen Gegenangriff weiter nach Nordwesten zurückgeworfen. Am äußersten linken Ar- meeflügel verstärkt sich der feindliche Druck bei der Armee-Abt. Mattenklott. Im Einbruchsraum in der Mitte der 2. Armee stieß der Gegner bis in die Gegend nördlich Retschiza vor. Bei der 4. Armee griff der Feind mit 14 -16 Divisionen auf schmalem Raum im Abschnitt südl. des Dnjepr bis nördlich der Autobahn an, konnte jedoch trotz erheblicher Überlegenheit und unge- wöhnlich starkem Artl.-Einsatz keine nen- nenswerten Erfolge erzielen."85 Unerwähnt blieben in der Lokalzeitung dieses Wochenendes die harten Kampfe der 10. Armee im Süden, von denen Hitler erwartete, "daß ein Durchbruch durch die Bernhard-Stellung mit aller Kraft verhin- dert wird", und die das Oberkommando vor die Frage stellten, in die auszubauende Ca- sino-Stellung auszuweichen oder einen starken Gegenangriff zu führen.86 Statt dessen bildeten die mit Entrüstung zitier- ten Aussagen von vier geflüchteten italie- nischen Soldaten über die Zustände in sizi- lianischen Konzentrationslagern den pro- pagandistisch aufgebauten Gegenpol zum Rückzugskampf um Kiew. "Die angleame- rikanischen Bewacher - zum Teil Neger - waren nicht nur mit Handfeuerwaffen und Handgranaten ausgerüstet, sondern auch mit Bambusstöcken. Wenn die Arbeit der Gefangenen unter dem Einfluß der unzu- länglichen Ernährung nachließ, so wurden sie wie elende Sklaven mit Stockschlägen zur Arbeit angetrieben."87 Noch war die Front weit von Arolsen entfernt, kein Schuß war in der Kleinstadt bisher gefallen, die alliierten Bomber wa- ren zumeist in großer Höhe über die Stadt hinweggezogen, und die Luftangriffe hat- ten sich vorwiegend auf Großstädte und wichtige Rüstungsindustrie konzentriert. "Hier in der ländlichen Gegend hat man nicht ganz so viel mitbekommen. In den 48 Arolsen im Ze :ichen der SS 1 Großstädten war's irgendwie ganz anders. Wir horten nur diese ganzen Geschwader über uns r ~ b e r f l i e ~ e n . " ~ ~ Doch die uniformen Todesanzeigen lie- ßen deutlich erkennen, wie der Krieg im Herbst 1943 fast in jede Familie Lücken riß. Von den 35 in der Wochenendausgabe der Lokalzeitung vom 13.114. November 1943 genannten Toten kamen allein 30 durch Kriegseinwirkungen um.89 "Ich kann mich noch gut erinnern, wie Kassel bombardiert wurde. Das war abends, der ganze Himmel war hell erleuchtet. Da wurden meistens Phosphorbomben geworfen, und die stan- den wie Christbäume am Himmel. Das muß furchtbar gewesen sein da in ~ a s s e l . " ~ ~ Obwohl der schwere Luftangriff auf Kassel in der Nacht zum 23. Oktober 1943, der nun die Kriegshandlungen auch in unmittelbare Nähe Arolsens gebracht hatte, in der LQ- kalzeitung nur mit dem kurzen Hinweis auf den Abschuß von 48 gegnerischen Ma- schinen erwähnt worden war, konnten Aus- maß von Zerstörung und Tod den meisten Arolsern nicht verborgen bleiben, zumal sie am Tag nach dem Angriff zur Samm- lung von Nahrungsmitteln für die geschun- dene Bevölkerung in Kassel aufgerufen worden waren. Vier Traueranzeigen am 13.114. Novem- ber 1943 mit jeweils mehreren Opfern be- rührten den "feindlichen Terrorangriff' auf Kassel, und in Annoncen gab eine Vielzahl von Geschäftsleuten für die zerstörten Räu- me ihre Ausweichverkaufsstellen bekannt. "In der Zeit war Arolsen schon Anlaufstel- le für Flüchtlinge aus dem Osten. Arolsen war vollgestopft von Evakuierten aus den bombengeschädigten Städten. Kassel war zerstört, und hier waren viele Kasselaner Leute untergebracht. Auch aus dem Ruhr- gebiet waren viele Menschen nach hier in unsere ganze Region e v a k ~ i e r t . " ~ ' So hatte sich das Leben in der kleinen ehemaligen Residenzstadt, auch wenn es äußerlich ru- hig weiterging und Versorgungsprobleme oder gar Hunger kaum bekannt waren, ver- ändert. Frauen und 'Ausgebombte' prägten das Stadtbild, junge Männer waren auf den Straßen kaum noch zu sehen, in den obe- ren Klassen des Realgymnasiums saßen fast ausschließlich Mädchen, und die noch vor wenigen Jahren mit großer Anteilnah- me der Bevölkerung durchgeführten Para- den fehlten. Zt. Im Urlaub; Ulfr Ht lm -; U f f r Htinr. m r U. Pcnu Prlrda, geb. 011, Rattlnr, Hl)strn/Weitf,. Walde&. den 12. 11. U G- pl6tzlld1 und unemattet , k m r . uniert Uebcn ueuiorgcndui Eltern und Giichwtnter bel dun Tcrroruipril .m 12. Oktober 194.3 i n f X m e l um* Lben L iurbea: g e b .II. L 45. Lebaal. Eltern Knrt m b L4. Leberulihr ibu -im 11. Lebaal ihr GuQ- Kul H e b Lni 6. Leblnilihr I mosere Ucbe I l t u t c Schrcatcr mlt Lbrcd 3 U c b m AM&- ~m 24. Lebcnrlihr MMfmd 4 Jrhn Hsldl 1 J.hn u r i u l i "" 8 Mamu In tiefer Trauer: CuAdltir K q i t l . Melnerlophausen. KarbiQ Altmbarmym. Nordshauacn. den 12. November 1943 I Gon dem Allmlchtlpen hat U prfaiiui. heute ebcnd 21 Uhr m e b a Ueben MLM. mosern. her- I Abb. 1.30: Todesanzeige in der Wochenend- ausgabe der Lokalzeitung vom 13.114. Novem- ber 1943, in der auf den Luftangriff auf Kassel Bezug genommen wird. 2 Wege nach Arolsen 49 Wege nach Arolsen I 'JEM jq3elqa6ialun ple~ua~j3na lyU! la urap ui 'ua6erla6~3eu cy301a cap 1auilunN arp 6ui1ueu vapal JV$ apinnn y3!1#uq3spue~ .liynla6ine SGUI~UFH sap „uv„ atp pun iIlnIapsunqa9 cap maupunz pun -JOA lap iauliIlnusGu!i~e~ Jap uaqau aßlo~uaqia~ lay3silaqeydle U! puis ~6 1 IaqwanoN tuon a~sr]Fiodsue~l. L 1ap lnv : CO'E 'qqw :h Arolsen 5 1 Der erste Häftlingstransport An diesem 14. November 1943 stand die Kaserne an der Großen Allee in Arol- sen weitgehend leer. Während die hier sta- tionierten Soldaten zum dritten Mal seit 1870 im Krieg waren, sondierte lediglich ein Vorauskommando der SS aus Dachau seit einigen Tagen - fast unbemerkt von der Bevölkerung - Unterbringungsmöglichkei- ten einer SS-Führerschule in der Kaserne. 9a tbau-@wiCin On blr BQ$., $orba@. Abb. 2.02: SS-Angehörige aus Dachau such- ten per Anzeige Wohnungen in ~ r o l s e n . ~ Zur gleichen Zeit erhielt im Konzentra- tionslager Buchenwald der Häftling Willy Apel den Auftrag, einen mit der Tarnbe- zeichnung "Arthur" versehenen Häftlings- transport als ~ a p o ~ nach Arolsen zu füh- ren. "Die SS-Führerschule, die war früher in Dachau, und die wurde verlegt nach Arol- Sen. Da mußte dann Buchenwald ein Ar- beitskommando stellen. Und da wurde ich und Walter Erdmann - der war der Sani -, wir zwei Deutschen wurden mit etwa fuff- zig ausländischen Häftlingen von Buchen- wald zusammengestellt als Kommando für Arolsen. Wir waren natürlich froh, daß wir aus dieser Tretmühle Buchenwald - KZ Bu- chenwald - herauskamen. [...I Wir alle wur- den auf ein Auto jeladen, auf einen LKW mit der entsprechenden Bewachung, und fuhren los. Nach Arolsen. Wir hatten keine Ahnung, wo Arolsen liegt und was uns be- gegnen würde."" Die in der Schreibstube des Konzentra- tionslagers Buchenwald am 14. November 1943 maschinengeschriebene Transportli- ste bestätigt grundsätzlich Willy Apels Er- innerung. Elf Deutsche, zwölf Polen, sieben Tschechen, zwei Luxemburger, ein Belgier und ein Holländer wurden mit diesem er- sten Transport in das neu einzurichtende Außenkommando geschickL5 Da Ende 1943 in Buchenwald sowohl dem SS-Schutzhaftlagefihrer als auch dem Arbeitsdienstführer die Überprüfung jedes in ein Außenkommando zu schickenden Häftlings kaum noch möglich war, lag die Auswahl in erheblichem Maße im Ermes- sen des Häftlingskommandos "Arbeitssta- tistik", das sowohl im Interesse als auch zum Nachteil der Häftlinge genutzt wurde. Einerseits wurden politisch 'Zuverlässige' als Verbindungsleute in Außenkommandos geschickt, um vor Ort Pläne der SS zu er- schweren oder illegale Widerstandsarbeit zu organisieren, wurden hochqualifizierte Arbeitskräfte Außenkommandos zugeteilt, wo sie für ihren erlernten Beruf überhaupt keine Verwendung fanden, aber dem Ein- satz in Rüstungsbetrieben entzogen waren, und wurden im besonderen gefährdete Per- sonen scheinbar sicheren Kommandos zu- gewiesen. Andererseits ließen sich Funk- tionäre und vermeintlich Prominente mit Beziehungen in 'leichteren' Kommandos 52 Wege nach Arolsen 2 einsetzen, während 'unliebsame' Kamera- den auf berüchtigte Einsatzorte abgescho- ben wurden. Vornehmlich Ausländer litten unter der teilweise willkürlichen Ausnut- zung der Macht der "~rbei tss tat is t ik" .~ Für Arolsen mußte die "Arbeitsstatistik" bei der Zusammenstellung des Transports vom 14. November 1943 berücksichtigen, daß es sich um ein Außenkommando in- nerhalb einer SS-Kaserne handelte, also bei der Auswahl der Häftlinge ganz beson- dere Vorsicht geboten war. Wichtiges Kn- tenum bildete der Beruf. So waren nach An- gaben der Personalkartei zehn von ihnen Koch, Kellner oder Fleischer, übten also Berufe aus, die in der neu aufzubauenden SS-Führerschule dringend benötigt wur- den. Die anderen besaßen vorwiegend für Bauarbeiten relevante Qualifikationen, und lediglich in drei Fällen war kein handwerk- licher Beruf aufgeführt: Angestellter, Steu- erbeamter, Kaufmann. Auch schickte man nach Arolsen vorwiegend 'erfahrene' Häft- linge, denn obwohl die laufende Nummer 26 der Transportliste - der Tscheche Jind- risch Ryschavy - gerade erst 20 Jahre alt Transport vom 14.1 1 .I943 A N 5 z A H 4 L - 3 2 I ' Abb. 2.03: Altersverteilung der Häftlinge des Transports vom 14. November 1 9 4 3 . ~ war, betrug das Durchschnittsalter der 34 Männer dieses sehr kleinen Außenkom- mandos - Buchenwald hatte im November 1943 eine Lagerstärke von etwa 35.000 - 33 Jahre. Drei Häftlinge waren bereits über 50, drei weitere über 40 Jahre alt, und Fe- lix M. als ältester war bereits 1886 gebo- ren. Fast alle hatten das Aufkommen des Nationalsozialismus bewußt erlebt, viele waren schon seit Jahren in Gefängnissen oder Konzentrationslagern inhaftiert. Willy Apel: " . . .bin ich Gegner Hitlers geworden" Willy Apel, der als laufende Nummer 1 dieses ersten Transports bei seiner Über- stellung nach Arolsen 40 Jahre alt war, hatte die zehn Jahre seit Hitlers Machter- greifung fast ohne Unterbrechung in Ge- fängnissen und Konzentrationslagern ver- bracht. Am 27. Juni 1903 in Cursdorf bei Mer- seburg westlich von Leipzig als Sohn eines Reichsbahn-Lokheizers geboren, verlebte er seine Jugend ab 1909 in Glesien bei De- litzsch auf dem elterlichen Grundstück mit Scheune, Stallungen und Acker. "Ich hatte eine schöne und geborgene, lebensfrohe Kindheit. Ich ging in Glesien zur Schule und wurde christlich, evangelisch, kaiser- treu erzogen."8 Nach dem Schulabschluß und der Kon- firmation 19 17 erlernte Willy Apel den Be- ruf des Schlossers bei den Deutschen Flug- 2 Wege nach Arolsen 5 3 zeugwerken im nahegelegenen Leipzig. Doch der Erste Weltkrieg brachte auch für seine Familie Entbehrungen und zog nicht ohne Folgen an dem jungen Arbeiter vor- bei. "Als 1918 der Krieg zu Ende und ver- loren war, brach eine Welt für mich zusam- men, ich war den politischen Wirrnissen ausgesetzt. Jugendlich und politisch un- erfahren geriet ich dadurch in das Räder- werk der damaligen ~ e i t . " ~ Da er als ausgebildeter Werkzeugma- cher im Heizungs- und Maschinenbau kei- ne Arbeit fand, erlernte W. Apel zusätzlich den Beruf des Melkers, bildete sich aus ei- genem Antrieb in Fragen der Kornrnunal- politik, Gesellschaftswissenschaften und Philosophie weiter und engagierte sich po- litisch. "Die 'Hitlers', die haben in den drei- ßiger Jahren mich in ihre Reihen zu kriegen versucht. Da haben sie mich wissen lassen, ich solle zu ihnen kommen, sie legen Wert dmff, daß ich bei denen bin. Da hab' ich jesagt: 'Ich lege keinen Wert druff, zu euch zu kommen, denn meiner Überzeugung nach ist das, was ihr macht, nicht richtig.' [...I Ich bin damals überzeugt gewesen, daß, wenn Hitler die Macht ergreift, das der Un- tergang Deutschlands ist. Denn die haben jesungen 'Heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt'. Das heißt, der Hitler wollte einen Krieg machen, sich aus- breiten nach dem Osten. Und mit einem Krieg ist immer ein Untergang verbunden. Und ich bin deshalb gegen so einen Krieg, Völkermorden. Da hab' ich nichts fiir übrig gehabt. Weil ich da Gegner war, bin ich notwendigerweise auch ein Gegner Hitlers geworden." l 0 Schließlich veranlaßten ihn die Ereig- nisse in seiner Heimatstadt zum aktiven Handeln. "Da sind Überfalle auf die Kom- munen - die Dörfer und Städte - von der SA und SS vorjekommen. Und da haben wir uns entschlossen, daß wir uns dagegen wappnen müssen, dagegen wehren, daß bei uns Horden in unsere Gemeinde kom- men. Und da haben wir eine Versammlung gemacht, eine Einwohnerversammlung, zur Bildung eines Kampfbundes gegen den Fa- schismus. [...] Fast alle haben für mich je- stimmt, ich soll das machen. Und da hab' ich dort den Kampfbund organisiert und aufjebaut. Ich hatte da einen, der als Soldat im Ersten Weltkrieg war. Der hat den mili- tärischen Leiter gemacht. [...I Und bei uns ist kein Überfall von der SA oder SS vorje- kommen, weil wir uns dagegen zur Wehr gesetzt hätten." l 1 Nach der Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat vom 28. Februar 1933, die wesentliche Grundrechte der Weimarer Verfassung aufhob, war "zur Bekämpfung staatsfeindlicher Bestrebungen das wirk- samste Mittel im Kampf gegen den Staats- feind, die Freiheitsentziehung in Form der Schutzhaft, anmordnen".l2 Nur wenige Ta- ge nach Inkrafttreten dieser Verordnung wurde W. Apel im März 1933 - er arbeite- te zu diesem Zeitpunkt bei einer Eisenbau- firma in Leipzig - festgenommen und ohne Genchtsurteil zusammen mit einer Groß- zahl Kommunisten und Sozialdemokraten in einer Kaserne in Halle gefangengehal- ten. Die Möglichkeit, der absehbaren Ver- haftung durch eine Flucht ins Ausland zu entgehen, stellte er hinter die Parteidiszi- plin. "Verschiedene sind in die Emigration gegangen. Ich bin nicht gegangen, ich hät- te ja auch gehen können. [...I Unsere Orga- nisation hatte die Anweisung herausjege- ben - war ja praktisch ein Funktionär im Kampfbund - nicht emigrieren zu dürfen. 54 Wege nach Amlsen Abb. 2.04: Willy Apel als 24jähriger 1 927.13 2 Wege nach Arolsen 5 5 Wir sollten zurückbleiben, damit die Mit- glieder und die anderen Bevölkerungskrei- se nicht sagten: 'Der ist jetzt abjehauen, und uns greifen sie jetzt.' "I4 Weihnachten 1933 wurde W. Apel zwar nochmals kurzzeitig aus dem Gefängnis ent- lassen, aber bereits Anfang 1935 verurteil- te der 5. Strafsenat des Volksgerichtshofs Halle ihn und etwa 60 Regimegegner aus dem Bezirk Halle-Merseburg zu zwei Jah- ren Haft. Das Ende dieser Haftzeit bedeu- tete für W. Apel jedoch nicht die Freiheit, da die Schutzhaft-V0 vom April 1934 in- zwischen immer stärker im Sinne einer Er- satzstrafe angewandt wurde.15 Vom Volks- gerichtshof verurteilte Personen, die nach Verbüßung ihrer Strafe nach geltendem Recht strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden konnten, wurden ohne Gerichtsver- fahren in Konzentrationslager überwiesen. Am 26. Februar 1937 ordnete Heydrich ei- nen Verzicht auf die Möglichkeit der An- ordnung der polizeilichen Haft an, "um zu vermeiden, daß eine richterliche Nachprü- fung polizeilicher Maßnahmen notwendig wird".16 Wenige Tage später wurde Wiily Apel wegen "Gefahr für die öffentliche Si- cherheit" am 15. März 1937 in Schutzhaft genommen.17 "Nach dem Ende kam ich weiter in Schutzhaft. Ich mußte jetzt wohl praktisch entlassen werden. Aber ich wur- de nicht entlassen, und da bin ich wieder nach Lichtenburg jekommen. [...I Und von dort, das war 1937, sind wir nach dem Et- tersberg. Haben sie uns dann auf LKWs verladen, das ganze Lichtenburg wurde dann geschlossen. LKWs ab in Richtung Westen, nach Thüringen. Und, na, da sind wir auf 'm Ettersberg jelandet. Wir haben doch keine Ahnung jehabt, wo wir sind und was der Ettersberg ist. Weimar und alles. Wir haben doch nicht jewußt, daß das der berühmte Ettersberg ist, wo der Goethe jewesen war, jelebt hat mit der Frau von Stein."18 Das Gelände Ettersberg etwa 12 Kilo- meter nördlich von Weimar war noch un- berührter Wald, als hier im Juli 1937 von einem knapp 150 Mann starken Komman- do mit dem Aufbau des neuen Konzentrati- onslagers "Ettersberg" begonnen wurde.19 Aber nicht gegen den Bau eines Konzen- trationslagers erhoben sich Widerstände, sondern gegen seinen Namen. In einem Schreiben des Führers der SS-Totenkopf- verbände und Konzentrationslager, Grup- penführer T. Eicke, vom 24. Juli 1937 an Reichsführer-SS H. Himrnler hieß es: "Die angeordnete Bezeichnung 'KL. Ettersberg' kann nicht angewendet werden, da die N.S.- Kulturgemeinde in Weimar hiergegen Ein- spruch erhebt, weil Ettersberg mit dem Le- ben des Dichters Goethe im Zusammen- hang steht."20 Eine Benennung nach dem nahegelegenen Dorf Hottelstedt wiederum wurde vom 3. SS-Totenkopf-Verband we- gen der drohenden materiellen Nachteile abgelehnt. "Die Lebenshaltung der SS-An- gehörigen entspricht aber derjenigen der teuren Stadt ~ e i m a r . " ~ ~ Nachdem am 28. Juli 1937 wegen des Baumbestands auf dem Ettersberg die offi- zielle Bezeichnung "Konzentrationslager BuchenwaldIPost ~ e i m a r " ~ ~ eingeführt worden war, trafen drei Tage später aus dem KL Lichtenburg 602 vorwiegend po- litische Häftlinge mit der gesamten illega- len Leitung der dortigen KPD-Organisation ein.23 ZU diesem Transport gehörte auch W. Apel, der die Häftlingsnummer 382 er- hielt. Die Stärke des Konzentrationslagers Buchenwald wuchs auf 920 Mann. 56 Wege nach AmIsen 2 Abb. 2.05: Eintragung des HMIings W. Apel rm Nummembuch des Kmzentrationslagers Bu- chenwald unter der Bußerst niedrigen Häftlings- nurnrner 382.2%pater wurden die Nummern mitunter "doppek belegt", so daß sie allgemein keine Information über den Einweisungszeit- punkt des Haftlings liefern. "Und da sind wir nun don jewesen. und der WeiBenbom, der hat uns in Empfang jenomrnen: 'Ihr Hunde, ihr Schweine. Ihr denkt wohl. ihr kommt hier mal wieder raus. Hier ist euer letztes ..., hier mußt ihr arbei- ten. bis ihr umfal~t!"*~ Dem Anfangsschock folgten die entwiir- digendsten. menschenvemchtendsten Le- bensbedingungen mit Hunger. Kälte, Miß- handlungen, auszehrenden Arbeiten. man- gelnden sanitären Einrichtungen, schlech- testen Schlafgelegenheiten. ständiger To- desangst. dem Fehlen aller gültigen Wert- maßstäbe. Viele Häftlinge zerbrachen bereits nach wenigen Monaten. gaben auf. nahmen sich im elektrischen Stacheldraht das kben. An- dere hofften durch Zusammenarbeit und Anbiederung mit der SS verseblich auf ei- nen Ausweg. W. Apel trafen diese schreck- lichen Ereignisse aufgrund seiner Erfahrun- gen aus Lichtenbug nicht mehr gänzlich unvorbereitet. Und ein weiterer Punkt half ihm bei der Eingewöhnung in die "Norma- lität des ~nomalen". '~ Der Halt in einer Gruppe politisch Gleichgesinnter, die ihr Ziel im Aufrau einer illegalen Parteiorga- nisation im Kmzentrationslager Buchen- waId sahen, stärkten seinen hrlebens- willen. "Wir als Politische in Buchenwald. wir hatten uns turn Ziel gesetzt, Solidarität zu uh mit allen. mit jedem Gefangenen, wir haben uns verantwortlich gefühlt für alle, wir waren gemeinsame Gefangene. !...J Und unser Ziel rnußte sein, daß wir ver- suchten, lebendig wieder herauszukom- men." 27 "Buchenwald, das war ein Grauen. Was wir dort von Anfang an erlebt haben, das kann sich keiner vorstellen. Die haben ei- nen Bock konstmiert, wo ein Häftling drü- berjeschnallt wird. Und bei jeder Kleinig- keit haben die dem 25 mit dem Ochsentie- rner über den Hintern jeschlagen, daß das Blut spritzte beim ersten Schlag. Und dann mußte der noch bis 25 zählen. Die sind hikhstens bis 'zehne' jekommen. dann wa- ren sie bewußtlos. Und dann mußte das janze Lager da zugucken und zuhören. Das war unmenschlich. Die haben jeschrien. diese Leute da. Da hab ich jesagt, das ist der schreiende ~ a l d . " ~ ~ Abb. 2.06: Auf dem "Bock" wurden die Füße öes Häftlings in die LiScher eines Bdenbrerts gespannt, der nackte Oberkörper mit Lederrie- men festgeschnallt und die Arme von zwei SS- Mannern gehalten.'9 2 Wepe nach Arolsen 57 T e r r o r im Z u c h e n a a l d la W 1938* Kcnmnmdoe treta auf d- 4 p e l p h - ia Ziam 6t i. W a h r e n : Zel t g e h ich zum hat=* nam-, Y' . krank t: h p t s c h a c p ' h r B r ä w auch+ a b a b 9 &. Ich weme bectrait, ~ l t &er &\beil Stirnbo -*. Brauning ist ellm E r i r l ä q e n nerinerseite abhold. Ea bleibt dabei, i eh maa. an den &um. Das w e n geht folgende-o vor si&: P i e Jände werden d Z einem S t r i c k auf drp &W uig an gebunden, dann w i r d der Xjrper hochgenobari, iisd &im n w e r d e n an einem grossea :;agel gehängt, - leber h 2 n inge-aklageu ist, sa d a s die Wase frei fn a e r Mt sangen, Das ganze Äör;ergei.aicbt: h3i$ also an den nach hinten gebo@;enen Geleaeu. Usrert.un; der cchultcrgelmke unter furcht- baren Scherzen i s t d ie Folge. ldit d x hiagen j o - 1Lo - d e n , i ch nur e h a h a l b mir Viele b i s zu 3 Stunden und ein&a sogar 4-5 Stmadap bis zur M a a t l o a l l g i r e l t , b i s nic 2od. Zarnern, 3 c m i g n und WttrLLapn e r f ü l l t den Wald. Der YS-Scharf'ihrer Sommer schlägt dla hili- l o s Jammernden ~t e k e n I;nuppel auf Fis@, Gesicht unb Cs- schlechtsteile, 31a b i s nul aahusinn bm&ertsn ochreim nach Kasser, nach i?rau und a u e r , nach Srsiiliisasen, bainit dLe eh Ende nabe. Das Sctireij&n geht ;jber den Zaun dae Leg.- m m deutschen Volke. Das d e u ~ s d i e Polk b a t auf diese Ruf8 nicht reagiert. 3 e i B e l t aat sie ge hart unb endlich der fnaahistiscllen Pest äaa 9andmex& gelegt, ober 1937 , es gibt n ~ g Imine U o m t U g e n k U g e , „, ,eine '8aschräume. Za werden Gosse Abart&n &-bm e h a 8 m lang und 4 m b r e i t und 4 m cief. 2 *rat- ierdin darüber genagelt und das i loeett ist iertig. duf dmf dioasr Stangen sitzen 10 - 15 -.Ton hinten komm dt* S4d-r i und Ztiillner, bei& At Possen M p p a i n , i ia ichlagan die nge mit den W3,eiln, dass diese in dla Gmbn U e a , 10 -1- ertrmzea im Äot. i l e k da= der m i regsn ßO;UDb, den 3 i l f e r u f e n d e e ne1fen.D lief s d b 8 t =Gd ersarscblage~ Su werden. Abb. 2-07: Bericht des ehemaligen Haftlings Willy Apel vom 8, Dezember 1947 über das q e - nannte 'Baumhängen' im Konzentrationslager ~uchenwald.~" 58 Were nach Amlsen 2 Abb. 2.08: Willy Apel auf der "Haftlingsper- sonalkarte", die für jeden Häftling des Konzen- trationslagers Buchenwald angelegt wurde." In den sechs Jahren von 1937 bis 1943 auf dem Ettersberg zeichneten ihn die Ar- beiten in verschiedenen Innenkommandos des KL Buchenwald und der Einsatz als Kapo an der "Laderampe" aam Bahnhof in Weimar. Willy Apel wurde "Kontentratio- när". Wie fast jeder langjährige KL-Flaft- ling hatte er "besandere. ihm eigentiim- Iiche Merkmale - in sich, in seinem VerhaI- ten zur Häftlingsumwelt. zur SS und zur Außenwelt. von der er abgeschlossen warlt.3? Sieben Monate vor seiner Überstellung in das Auknkommando Arolsen am 14. November t 943 wurde für Willy Apet arn 20. April 1943 - Hitlers 54. Geburtstag - vom Reichssicherheitshauptamt RSHA in Ber- lin "Hafterleichtenin_g" Walter Erdmann: Ein Leben für die Arbeiterklasse Einen ähnlichen politischen Werdegang hatte der am 26. Mai 191 2 in Gera als Sohn einer Arbeiterfamilie geborene Walter Erd- mann hinter sich. als er am 14. November 1943 als Sanitäter nach Arolsen kam. Schon als Schüler trat er in seiner Hei- matstadt dem 1924 gegründeten Jung-Spar. takus-Bund bei. dessen Mitglieder sich nach ihrem sowjetischen Vorbild "Pionie- re" nannten. Zum ersten Mal politisch ak- tiv wurde W. Erdmann während der jähr- lich stattfindenden "Schulkarnpfwochen". Er organisierte in Gera einen Schülerstreik. "wobei besonders die reaktionären Lehrer lind Prügethelden an den Pranger gestelti wurden lind die Enifernung aller reaktionä. ren und arbeiterfeindlichen Lehrer gefor- dert wurde."34 Zwar wurde Walter Erd- mann an eine andere Schule strafversetzt doch diese politische Aktion blieb nichi die letzte in seinem Kampf für die Ideen des Kommunismus. Abb. 2.09: Walter Erdmann als Fahnentrager bei einer Demonstration in ~ e i d a . ~ ~ Wege nach AArsen 59 Abb. 2.10: Walter Erdmann vor seiner VerhaZtung 1935. "' 60 Weee nach Arolsen 2 Er erlernte den Beruf des Webers und wurde im Stadtkreis Gera Gruppenpionier- leiter und Hauptkassierer des KJVD 37. Es gab keine Kundgebung oder Demonstrati- on im Kreis, auf der Walter Erdmann nicht dabei war.38 Nach dem Brand des Reichs- tagsgebäudes am 27. Februar 1933 wurde er, da sein Einsatz für die Ideen des Kom- munismus stadtbekannt war, sofort verhaf- tet und bis November 1933 in sogenannte Schutzhaft genommen. Als KPD und deren Jugendorganisationen verboten wurden, war er als Berater der politischen Leitung im Sekretariat Thüringen-Ost des illegalen KJVD für die Herausgabe einiger Zeitun- gen mitverantwortlich. Von 1933 bis 1935 organisierte er eine kleine Widerstandsgruppe, die sich vorwie- gend mit Erstellung von Flugblättern be- schäftigte. Als am 24. Juli 1934 im Geraer Bezirksgefängnis ein Kommunist ermordet wurde, erzielte die Gruppe breite Aufmerk- samkeit im Stadtgebiet durch die verbote- ne Verteilung von Streuzetteln mit der Auf- schrift "Geraer Antifaschist im Gefängnis ermordet!"39 Anfang 1935 wurden trotz größter Vorsicht die Mitglieder der Wider- standsgruppe um Walter Erdmann von der Gestapo verhaftet, am 10. Mai 1935 in das Landesgefängnis Ichtershausen überführt und der Vorbereitung zum Hochverrat an- geklagt. Nach sieben Monaten Einzelhaft verurteilte das Oberlandesgericht in Jena Walter Erdmann und acht Mitangeklagte am 7. Oktober 1935 zu sechs Jahren Zucht- haus und ~ h r v e r l u s t . ~ ~ Auch Walter Erdmann wurde nach Ver- büßung dieser Strafe, während der er zur Strafdivision 999 im Aschendorfer Moor bei PapenburgiEms gehörte, nicht entlas- sen, sondern als Häftling mit der Nummer 8179 in das Konzentrationslager Buchen- wald überstellt. Neben dieser Nummer, die den Menschen Erdmann zu einer bloßen Zahl reduzieren, ihm seine Identität neh- men sollte, mußte er wie jeder politische Häftling auf der linken Brustseite der blau- grau-gestreiften Kleidung ein rotes, auf der Spitze stehendes Stoffdreieck tragen, er war ein "Roter". Im Gegensatz hierzu waren die von der Gestapo als kriminell eingestuften Personen durch ein grünes Dreieck gekenn- zeichnet, und obwohl nicht jeder "Grüne" ein echter Verbrecher war - dazu war die Zuordnung zu den einzelnen Häftlingska- tegorien zu willkürlich und zu undifferen- ziert - handelte es sich nach übereinstim- menden Berichten in erheblicher Zahl um Verbrecher. Sie leisteten den Anweisungen der SS nicht selten Folge, als deren Aus- führungsgehilfen sie in der Anfangsphase des KL Buchenwald eine erhebliche Zahl Mithäftlinge erm~rdeten.~ ' Es war daher eines der Hauptziele der politischen Häft- linge, die Vorherrschaft der "Kriminellen" zu brechen und selbst mehr Einfluß im La- ger zu bekommen. Zwar war dieser Macht- kampf zwischen "Roten" und "Grünen", der in den ersten Jahren des Bestehens des KL viele Opfer forderte, zum Zeitpunkt der Einlieferung Walter Erdmanns noch nicht endgültig entschieden, doch lag die Mehr- zahl der Funktionen im Lager inzwischen in der Hand der "Roten". Als überzeugter Kommunist und Anti- faschist schloß er sich sofort der illegalen Zentralen Leitung der Thüringer KPD an. Die Anhängerschaft zu einer Partei, selbst wenn diese im Konzentrationslager oft nur ein Zweckkollektiv verkörperte, war "sehr nützlich fur jeden Linksmann, vor allem den Kommunisten, denn er fand Hilfe, Unter- 2 Weee nach Arolsen 6 1 stützung, die ihm die Verarbeitung des neu- liche Voraussetzungen besaß, von Bedeu- em Daseins unendlich viel leichter mach- tung was, liegt irn dunkeln. Jedoch konnte te."" Ob die Parteizugehörigkeit fiir Wai- er in dieser Funktion 2.B. durch Nummern- ter Erdmanns Einsatz als Häftlingssanitäter tausch und gezieltes 'Krankschreiben' Mit- im Außenkornmando Arolsen. für den er gefangenen irn Stammlager und auch in als ~elernter Weber formal keinerlei beruf- Arnlseien helfen. Oberlandesqerirk: 1:. Zent . l .Z:nfsenat. j r n In-er. des kutsckcn Volkes ! !R der :r-:s>che gegen :. den ~ e b s w ~ a r ~ e : l e ? .,1tcr Frizqnn in G o n , 2 . $ c l nfcnsetter ';i,C.c;ri ;*beiIn ;em, 5 . der. Ziscltreher Ealo:: Jc:~bccber in %m, -. E l s Steppcrln Z n * rn ;er&. 5 . 1h.m SchrPester Yleglizac irr;iusc Ln Cera, 6 . ien :.:*;er Kurt i z n t n t r *.n Tem , ?. den k l e r e r Hertcr* :cr.cl:en?crper in Gern, e. den ?es-= ?ucen Sela-qm :n k m , S. ler. ;artnerqe=ilfen k:fons 7r;mer lri hin, 3. t c 1 :irürcr Rcdcif LN ;L ? P z r i D e g recer. 1'orharvir;r.i; zu= i ochvermc . >r : .;t n f x c a ? .:T.z ?+ri -in<&Sg@Sl~kCS in Jenu ha t :E :er . i i t i .~- -~ v o . ?. ":t3'.. r :315- rn 3cr re!lqennmen 3 i e Ancck:irqcc ;:~q::~dc. irnusc wird f r e i ~ s p r o e h e n . :-qcn 7orScrcltur.g zlir. C:cc:v~rrirt werden venif ie i l t : Z513n.r~ zu 6 J - i ~ r r n 7uczrc?us ur.d 10 Y'ahrec ZhrverIwt 4-qr,? i~r;d s z 9 ,.: 5 I I-rcr. > ~ c h ? t s u e und J e 6 f~brrtl ?t-J?r:ust, Abb.2.11: Urteil des Oberlandesgerichts in Jena im Prozeß gegen zehn Angeklagte wegen 'Vorbereitung zum ~ochverr&"~ 62 Wege nach Arolsen 2 Josef Häberle: Die Aktion "Arbeitsscheu Reich" Gab es in den Konzentrationslagern un- mittelbar nach der Machtergreifung Hitlers zunächst fast nur politische Häftlinge, so wurden von 1934 bis 1937 zunehmend auch sogenannte "volksschädigende Elemente" eingeliefert: Asoziale, Kriminelle, Homose- xuelle und Bibelforscher. Zu den Personen, die aufgrund der Schutzhaft-Verordnung des Reichsministers des Inneren vom 12. April 1934 44 bzw. ihren Ergänzungen vom 26. April 1934 inhaftiert und einem Kon- zentrationslager zugeführt wurden, gehörte auch der am 20. Dezember 1888 in der Nä- he von Worms geborene Josef Häberle. Nachdem 1924 seine Ehe geschieden worden und seine Frau zusammen mit dem einzigen Sohn fortgezogen war, hatte er in den folgenden Jahren keine feste Wohnung und ging keiner geregelten Arbeit nach. Er schlief in Heuhaufen auf den Feldern oder bei Bauern in den Scheunen und verdiente als Gelegenheitsarbeiter in den landwirt- schaftlichen Betrieben in der Nähe seines Geburtsortes gerade das zum Leben Nöti- ge. In den umliegenden Dörfern war er als gutartiger Trinker bekannt, der von den Kindern gehänselt wurde und im Suff auf Hitler schimpfte. "Gott strafe England und alle umliegenden Gemeinden" singend, zog er durch die ~ t r a ß e n . ~ ~ Die Gründe für die Verschleppung von Personen wie J. Häberle in die Konzentra- tionslager waren vielschichtig. Als "wirk- samstes Erziehungs- und Kampfmittel ge- gen soziale“^^ konnten von den Fürsor- geverbänden Männer direkt nach Dachau überführt werden, da dieses Konzentrati- onslager als Arbeitsanstalt im Sinne der Reichsfürsorgepflichtverordnung anerkannt war. Weiter bestand neben der offiziell im- mer wieder genannten "Vorbeugenden Ver- brechensbekämpfung" in den Anfangsjah- ren der KL eines der Motive darin, die po- litischen Häftlinge und somit gezielt auch die Regimegegner in der Meinung der Be- völkerung herabzuwürdigen, eine Absicht, die zumindest bei einem nennenswerten Teil der Bevölkerung in Arolsen erfolgreich war und noch 1943 ihre Wirkungen zeigte. Zudem entlastete diese Form der "Asozia- lenbehandlung" den Finanzetat der Fürsor- geverbände erheblich. Ab 1938 - die Ein- haltung des Vierjahresplans war bedroht und die Konzentrationslager wurden mneh- mend Produktionsstätten der SS - änderten sich die Motive für die Ausweitung der KL- Haft zunächst langsam, aann aber immer deutlicher. Es ging zweifelsfrei um die Be- schaffung möglichst vieler Arbeitskräfte. Mit dem vertraulichen, aber nicht gehei- men Grundlegenden Erlaß über die vorbeu- gende Verbrechensbekämpfung durch die Polizei vom 14. Dezember 1937 wurde zu- nächst die Anwendung polizeilicher Vor- beugungshaft auf "Asoziale" ausgedehnt und damit die großangelegte Einweisung dieses Personenkreises in die Konzentra- tionslager formal ermöglicht. Als "asozial" galt hier sehr unspezifisch, "wer durch ge- meinschaftswidriges, wenn auch nicht ver- brecherisches, Verhalten zeigt, daß er sich nicht in die Gemeinschaft einfügen In den Durchführungsbestimmungen zu diesem Erlaß vom 4. April 1938 wurde der Begriff "Asoziale" dann präzisiert: 2 Wege nach Arolsen 63 " I . Personen, die durch geringfügige, aber sich immer wiederholende Gesetzes- übertretungen sich der in einem national- sozialistischen Staat selbstverständlichen Ordnung nicht fügen wollen (z.B. Bettler, Landstreicher (Zigeuner), Dirnen, Trunk- süchtige, mit ansteckenden Krankheiten, insbesondere Geschlechtskrankheiten, be- haftete Personen, die sich den Maßnahmen der Gesundheitsbehörden entziehen); 2. Personen, ohne Rücksicht auf etwa- ige Vorstrafen, die sich der Pflicht zur Ar- beit entziehen und die Sorge für ihren Un- terhalt der Allgemeinheit überlassen (z.B. Arbeitsscheue, Arbeitsverweigerer, Trunk- süchtige)." 48 "Arbeitsscheue" waren - und dies spricht für das Hauptmotiv der Arbeitskräftebe- schaffung zu einem Zeitpunkt des Aufbaus SS-eigener Produktionsbetriebe - "Männer im arbeitsfähigen Lebensalter, deren Ein- satzfahigkeit in der letzten Zeit durch amts- ärztliches Gutachten festgestellt worden ist oder noch festzustellen ist und die nach- weisbar in zwei Fällen die ihnen angebote- nen Arbeitsplätze ohne berechtigten Grund abgelehnt oder die Arbeit zwar angenom- men, aber nach kurzer Zeit ohne stichhalti- gen Grund wieder aufgegeben haben''.49 Die polizeiliche Vorbeugungshaft ge- mäß des Grundlegenden Erlasses vom 14. Dezember 1937 dauerte "solange, wie der Zweck" es erforderte, sollte "spätestens nach zweijähriger Haft, jedoch nicht vor Ablauf von 12 Monaten" überprüft werden und in "geschlossenen Besserungs- und Arbeitslagern oder auf Anordnung des Reichskriminalpolizeiamtes in sonstiger weiseNso erfolgen. Die Richtlinien vom 4. April 1938 sahen für die Vollstreckung der Vorbeugungshaft dann staatliche "Besse- rungs- und Arbeitslager (Konzentrations- lager)" v0r.j ' Die erste Aktion gegen "Asoziale" wurde im März und April 1938 im gesamten Reich schlagartig durchgeführt, und bis zum 12. Juni 1938 kamen 1.930 "Schwarze" nach Buchenwald. Auf den Stärkemeldungen dieses Konzentrationslagers erhielten sie die Bezeichnung "Arbeitsscheu Reich" mit der Abkürzung A.S.R. bzw. ASR, die sich - obwohl offiziell nie festgelegt - in Buchen- wald durchsetzte. Diese erste Verhaftungs- welle im Frühjahr 1938 war jedoch nur der Vorläufer der "Juniaktion". In einem streng vertraulichen, vom Chef des Sicherheits- hauptamtes Heydrich gezeichneten Schnell- brief der Kriminalpolizeileitstelle des Rei- ches hieß es: "Ohne Rücksicht auf die be- reits vom Geheimen Staatspolizeiamt im März d. J. durchgeführte Sonderaktion ge- gen Asoziale sind unter schärfster Anwen- dung des Erlasses vom 14. Dezember 1937 in der Woche vom 13. bis 18. Juni 1938 aus den dortigen Kriminalpolizeileitstellenbe- zirken mindestens 200 männliche arbeits- fähige Personen (asoziale) in polizeiliche Vorbeugungshaft zu nehmen."52 Auch hier zielte der nachdrückliche Hinweis auf die Verhaftung arbeitsfähiger Männer eher auf die Zwangsrekrutierung von Arbeitskräf- ten als auf einen vorbeugenden Schutz der Volksgemeinschaft hin.j3 Der Juni-Razzia fiel auch der bereits ak- tenkundige Josef Häberle zum Opfer, der nach der Entlassung aus Dachau am 30. April 1937 in seinen Heimatort zurückge- kehrt war, seinen Lebensstil aber kaum ge- ändert hatte. Sofort nach Beginn der Akti- on wurde Häberle vom Ortspolizisten verhaftet, am 16. Juni 1938 dem KL Bu- chenwald überstellt und als Häftling mit 64 Wege nach Arolsen 2 der Nummer 1458 und der Berufsbezeich- nung Gärtner registriert. Wie die Mehrzahl dieser ASR-Häftlinge war er den Schika- nen der "Grünen" ausgesetzt und fand bei den "Politischen" keine nennenswerte Unter- stützung. "Auch die Roten dünkten sich als etwas Besseres, und erst im Verlauf von wenigen Wochen erkannten sie, daß die Bezeichnung 'Reichsarbeitsscheu' nur ein auferlegter Nazischwindel war."j5 Fünf Jahre war Josef Häberle im Stamm- lager Buchenwald, bevor er zusammen mit dem am 12. Dezember 1899 in Erfurt gebo- renen Fntz B., der ebenfalls unter der Be- zeichnung ASR-Häftling geführt wurde, am 14. November 1943 nach Arolsen kam. Fritz W.: " Wehrunwürdig" Im Rahmen einer weiteren "Aktion" ka- men unmittelbar nach Kriegsbeginn 1939 bei einer Massenverhaftung sogenannte "Wehrunwürdige" in das KL Buchenwald. Zu ihnen gehörte der 1907 geborene Fritz der am 13. September 1931 zu sieben Jahren Zuchthaus, zehn Jahren Ehrverlust und Entlassung aus dem Heer verurteilt worden war. Rund ein Jahr war gegen ihn ermittelt worden, da er sich alle 14 Tage von seinem Truppenteil nach Frankfurt, dem Wohnort seiner Eltern, beurlauben ließ. "Es ist aufgefallen, daß er nach seiner Rückkehr hohe Zechen gemacht hat, aber keine Schulden hat. So war er am 7. 9. 1930 nach hier beurlaubt. Bei den Eltem hat er sich nicht a~fgehal ten."~ ' Anfang September 1939 arbeitete Fritz W., dessen Liebe den Pferden galt, auf ei- nem Bauernhof in Süddeutschland, wo er mit seiner Verlobten polizeilich gemeldet war. Seine Zuchthausstrafe war zwar be- reits abgelaufen, doch aufgrund seiner un- ehrenhaften Entlassung aus dem Militär- dienst gehörte er zu einer Personengruppe, gegen die als Staatsfeinde und Gegner des Regimes nun nach Knegsbeginn mit allen Mitteln vorgegangen wurde. "Jeder Ver- such, die Geschlossenheit und den Kamp- feswillen des deutschen Volkes zu zerset- zen, ist rücksichtslos zu unterdrücken. Ins- besondere ist gegen jede Person sofort durch Festnahme einzuschreiten, die in ih- ren Außerungen am Sieg des deutschen Volkes zweifelt oder das Recht des Krie- ges in Frage stellt."58 Diese "Grundsätze der inneren Staats- sicherheit während des Krieges" waren in einem Runderlaß vom 3. September 1939 den Höheren SS- und Polizeiführem, In- spekteuren der Sicherheitspolizei und den Dienststellen der Gestapo vom Chef der Sicherheitspolizei zugegangen, und in ei- nem weiteren Erlal3 vom 20. September 1939 ergänzte Heydrich, daß solche Personen durch "rücksichtslosestes Vorgehen (näm- lich durch Exekution) ausgemerzt"59 wer- den müßten. Am 26. September 1936 folg- ten weitere Ausführungsbestimmungen an die Abteilungen des Geheimen Staatspoli- zeiamtes. Am gleichen Tag wurde der Be- amtensohn Fritz W. auf Veranlassung der Stapol. Stuttgart verhaftet, nach Buchen- wald überstellt und im berüchtigten "Stein- bruch" eingesetzt. Auf seiner Häftlings- Personal-Kartei wurde als Grund für die Einweisung "politisch" genannt und der Vermerk "wehrunwürdig" hinzugefügt.60 2 Wege nach Arolsen 65 Die folgenden vier Jahre verbrachte W. im Steinbruch sowie in den Blöcken 88, 27,64,44, 33, 70 und 40. Zeitweise pfleg- te er auch die Pferde der Frau des Lager- kommandanten Koch, die ihn bereits aus nichtigen Anlässen schlug.61 Neben der ständigen Todesangst im Lager bedeutete die Einlieferung in Buchenwald für Fritz W. aber zugleich die fast vollständige Iso- lation von der Außenwelt. Seine Eltern di- stanzierten sich von ihm und unterhielten keinerlei Kontakt zu ihrem Sohn. Am 14. November 1943 kam Fritz W. - abgeschrie- ben von der gesamten Privatwelt - unter der laufenden Nummer 3 1 nach Arolsen. Karel Holik: "Protektoratshäftling" Der Anschluß der sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich als Folge der Konferenz von München am 29. Sep- tember 1938 bedeutete, "daß hier die Aus- schaltung von politischen Gegnern, die im Altreich schon 1933134 weitgehend durch- geführt worden war, bei der Besetzung und Eingliederung nachgeholt werden muß- te".62 Der Kreis zu inhaftierender Personen wurde dabei zunächst so weit gefaßt, daß beinahe jeder, dem im entferntesten Ange- hörigkeit oder Sympathie zu einer marxisti- schen Partei nachgesagt wurde, betroffen war, daß mitunter auch allein der Hinweis "Tscheche" zur Inhaftierung genügte. Im Gefolge dieser Verhaftungswelle stieg die Zahl der Neuzugänge in Dachau, Bu- chenwald und Sachsenhausen innerhalb kürzester Zeit so stark an, daß Heydrich im Dezember 1938 wegen völliger Überbele- gung der vorhandenen Konzentrationslager die Stapoleitstellen zu einer genaueren Überprüfung der Haftgründe aufforderte. Nach dem Einmarsch deutscher Trup- pen in Böhmen und Mähren und der Bil- dung des Protektorats am 15. März 1939 weitete sich die Verhaftungswelle nun auf diese Region aus, die sogenannten "Protek- toratshäftlinge" kamen nach Buchenwald. Untergebracht in gesonderten Blocks, frei- gestellt vom Arbeitseinsatz und versehen mit weiteren Sondervergünstigungen er- regten sie bei ihren Mitgefangenen anfäng- lich erhebliche Mißgunst. Als der Tscheche Karel Holik im Spät- herbst 1943 als Häftling mit der Nummer 30341 in das KL Buchenwald kam, war diese Vorzugsstellung jedoch weitgehend verschwunden - vorwiegend freiwillig, teils auch auf Anweisung. Ihr kameradschaftli- ches Verhalten hatte ihnen bei den Mithäft- lingen Respekt abgerungen. "Sie hielten systematisch zueinander und förderten ihre Landsleute, wo sie nur konnten."63 Mit Ge- schick gelang es ihnen, ihre Kameraden vor dem Einsatz in besonders berüchtigten Arbeitskommandos zu retten. Der am 1 1. Februar 1903 in Lanskron ge- borene Landarbeiter Karel Holik hatte sich mit der Besetzung seiner Heimat nicht wi- derstandslos abgefunden: Beim Anschluß des Sudetenlandes war seine Heimatstadt, nach der Schaffung des Protektorats Böh- men und Mähren nun auch sein Wohnort südöstlich von Prag in deutsche Hände ge- kommen. M Wege nach Arolsen I 9 e c Emift Iungsrirfiter b e s ? 3 0 l l ~ y e r i r f i t ~ h 0 l s 10 er m 1 5 . ~ i b m a r 19GS U W a v a gibrir0~4 Arbellrs Kar1 R a n z 2 a : X k - ik jur Unttrii;munqibofi qu arrngrn & i i t dringend .- vtir&iiehtQ, i n der Z e i t wa Somir 7939 h i i .3Uhja& 7910 in Tsahaalau ein hociiverrKtsrls&ii Üntßrmben, nalnlich d l s gawnitsms l o a r e 1 3 - i a ~ : deli kctc:: t ; is3te Bilaaen uzd 1Ljhsen von: .:e:cr., w t r r ;isratellung und A;ifrrc~.ter::altunt. eines Ofg~lisatarieektin Zusmm*nr.alts iad~sch VOTL=EZ;'.-: =.J. i ~ n t ' e ~ : , i 3 c er Ileitr%e sn sie ,.?G ; o i o i u i - , s e i n e T m Y % zu ;:AL: 20.:- auniatiachen ninrtivrarßesgrreakw zur Jerfllguag s t e l l t r -zrA r besinflussucg der 2nLnaEen bei u r Vtr :ra i tuq bock.verr3torioc ,k >rrickschr2ftan 3 i ; H i r i t a . 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Während dieser Zeit er- hielt er insgesamt 139,93 RM Arbeitslohn und freie Gemeinschaftsverpflegung, so daß er bei seiner Entlassung nach voll- ständiger Verbüßung der Haftstrafe am 9. September 1943 insgesamt 140,34 RM be- saß.66 Unmittelbar vom Zuchthaus in Hal- le an der Saale wurde K. Holik zur Gesta- po gebracht und von dort dem nächstgele- genen Konzentrationslager zugeführt. Am 1 1. November 1943 nach wenigen Wochen Zwischenstation in Buchenwald wurde er als laufende Nummer 10 der Trans- portliste zusammen mit sieben Landsleuten nach Arolsen in die Kaserne der ehemali- gen II./SS-"Gemania" überstellt. Von hier war 1938 die SS-Verfügungstruppe ausge- nickt, um vom Truppenübungsplatz Jüter- borg über Löbau und Zittau "etwa 40 km weit in ehemals von Tschechen besetztes und teilweise stark befestigtes Gebiet vor bis Gablonz und ~ ü h n e r w a s s e r " ~ ~ einzu- dringen, von hier war sie nach Schlesien aufgebrochen, um für den Einmarsch in die Tschechei einsatzbereit zu stehen, und von hier war sie am 3. April 1939 als motorisier- tes Bataillon losgezogen, um "das Amt des Reichsprotektors Reichsminister Frhr. von Neurath als Wach-Bataillon auf der Prager Burg zu Marian Bolek: Auschwitz - Buchenwald - Arolsen Waren bei der Einrichtung des Konzen- trationslagers zunächst mit Ausnahme der tschechischen fast ausschließlich deutsche Häftlinge in Buchenwald, so änderte sich dies mit Kriegsbeginn 1939 grundlegend. Immer mehr Menschen aus den überfalle- nen Ländern wurden eingeliefert, und ab 1941 bildeten sie schließlich die Mehrheit im Stammlager. Für sie war die Eingewöh- nungszeit noch schwerer, denn "wenn sie versuchten, die deutschen Häftlinge als 'ihresgleichen' zu sehen, stießen sie auf Ab- lehnung, wurden zweit- oder sogar dritt- rangig behandelt und bekamen den Unter- schied in Behandlung und Lebensverhält- nissen im Lager kraß vor Augen geführt".69 Besonders schwierig waren im Konzen- trationslager Buchenwald die Lebensbe- dingungen für die große Zahl polnischer Häftlinge, da sie aufgrund der allgemeinen politischen Weisungen als "minderwertig" galten und ihnen beide Seiten - die deut- schen Mithäftlinge kaum anders als die SS- Angehörigen - zunächst wenig Sympathie zuteil werden ließen. "Die meisten waren daher auf gegenseitige Hilfe sehr bedacht. [...I Es gab gute, tapfere Kameraden in ih- ren Reihen, in der Regel mit einem kräftig entwickelten nationalen und religiösen Empfinden, das bei ihnen viel verbreiteter war als der ~ o m r n u n i s m u s . " ~ ~ 68 Weg nach Arolsen 2 Abb. 2.13: Matian Bolek als Häftling Nummer 55779 des KL ~uschwi tz .~ E 2 Were nach Arolsen 69 Abb. 2.1 4: Erkennungsdienstliche Erfassung ~ u s c h w i t z . ~ ~ Zu den zwölf Häftlingen des Transports "hurntur". die als Kennzeichnung ihrer Na- tionalität zusätzlich den Anfangsbuchsin- ben P auf dem Bmstdreieck ihrer Kleidung tnigen, gehörte Marian Bolek, der arn 24. August 1919 in dem kleinen polnischen Ort Nowe Zawady in der Nähe von Radom als Sohn des Schneiders Jozef Boiek geboren worden war. Nach der Fleischerlehre zog erzu seinem Bruder nach Warschau. wo er seinen Bemf bis zu seiner Verhaftung arn 16. Mai 1942 ausübte. An diesem Tag traf er im Lug von Krakau nach Lernberg einen jungen Landsmann, der - als er bei einer Konmlle weder Fahrkarte noch Geld vor- weisen konnte - vom Schaffner mit dem Ge- wehrkolben geschlagen wurde. Marian Bo- des ehemaligen Häftlings Marian Bolek im KL lek intervenierte und bezahlte den Fahr- preis. so daB der Vorfall erledigt schien. D ~ c h bereits auf der nächsten Bahnstation wartete die Schutzpolizei und brachte bei- de zur Gestapo. Wegen "Paßvergehens" schlossen sich für fast genau drei Jahre die Tore zur Freiheit hinter Bolek. "They ar- rested me for Nicholas ~ u b i k . " ' ~ Die Schläge und die schlechte Verpfle- gung während der folpnden Wochen in den politischen Abteilungen verschiedener Zuchthäuser konnte er nur aufgrund seiner sehr yuten körperlichen Verfassung über- stehen, die er als aktiver Boxer besaß. Am 3. August 1942 kam er auf Anweisung des Sicherheitsdienstes Warschau als Häftling mit der Nummer 55779 nach Auschwitz. 70 Wege nach Aralsen 2 „,-.Ciii*. .Ii* . L*&. Nr. Tiiiftl,Tr Zuizame Vorname Geb .3ö.hni. 1 4 3abiarr Stanislaus 8. 5.16 1 - -- m * L -.. ."--W -Y- - - - m:, /,C,,> c U r r r a i r F I A -"I- +,I C i s * 6+2 53279 - ~ o n - s ~grat:: 4. 9.08 67'3 L,C jZE4 - 1?i9ß7¿ l e ~ $tm 17.12.11 674 23233 - ; z l a c t o e k l j r a q 12. 4-06 575 ,;/293 15. 1-15 576 ; ,4150 , ;nnowc=yk V.: ~ c k e l 11. 9-18 577 c f 7 7 * --Bolek ;.-Fa= .- L"* 9-19 C?? >,r.307 - 8 m i , r ; d ~ e - a. 3-04 57? , ~ a 0 9 ,ciowczak Sl-sLaus 21. 7.22 620 ~5.262 , ;31cS-?~emLcz 7ci-.sLam L* 9.I.l G31 -53750 - :*cimi3r - ' * l o L * 27. 3-01 622 ~ 5 5 5 6 4 - „~-a3cki ". - - :osef 21. 9-03 &5j75 - !..~:ym bn?ori 15. 1-01 ?C: ,:5j7.5 - i;iedSet;a ;¿e::szrder 20. 2,97 .C; 2 >C mir-.nrn 1 7 n.iii-i,-rn -,n 7 -C kbb. 2.15: Kopfseite und Blatt 14 der Transportlicte vom KL Auschwitr in das KL Buchenwald vom I 2. 'Man 1 9~13.~" Abb. 2.16: Berichtigung zur Veränderungcmeldung des KL Buchenwatd vom 13. März 1943 mit der korrekten Narnensangabe von Marian 6 0 I e k . ~ ~ :h Arolsen 7 1 Nach der erkennungsdienstlichen Erfas- sung und der Registrierung aller persönli- chen Daten wurde er in einem etwa fünf Mann starken Arbeitskommando im Haupt- wirtschaftslager eingesetzt. Kontakt zu sei- ner Familie behielt er über das Rote Kreuz, von dem er gelegentlich auch zusätzliche Brotrationen erhielt. Jeden Monat durfte er einen Brief in deutscher Sprache an seine Eltem schreiben. Obwohl er mehrfach die Möglichkeit zu fliehen hatte, tat er dies aus Angst vor Re- pressalien gegenüber seiner Familie nicht. "Ich habe gesehen, wie zwei Bäcker weg- gelaufen sind. Zwei Mütter, zwei Männer, zwei kleine Kinder dieser Familien wurden nach Auschwitz gebracht und aufgehängt. Wir Häftlinge mußten zuschauen." 77 Als Marian Bolek nach sieben Monaten am 12. März 1943 zusammen mit insgesamt 1.000 Gefangenen als laufende Listennum- mer 677 von Auschwitz in den Block 62 des Konzentrationslagers Buchenwald ver- legt wurde, besaß der junge Pole - nun ver- sehen mit der Buchenwaldnummer 1 1590 - laut bürokratisch genauer Aufstellung in der Effektenkarte lediglich 1 Mütze, 1 Paar Schuhe, 1 Paar Strümpfe, 1 Mantel, 1 Rock, 1 Hose, 1 Hemd, 1 Unterhose, 1 Kragen und 1 ind der.^^ Auch in diesem Lager kam ihm seine Konstitution zugute, und die Krankenkarte verzeichnet neben einer Körpergröße von 178 cm und einem Körpergewicht von 78 kg, daß "er nie ernsthaft krank gewesen sei".79 Nach acht Monaten Aufenthalt im Stamm- lager, die bereits an seinen Kräften zu zeh- ren begannen, wurde Marian Bolek am 14. November 1943 als laufende Nummer 3 der ersten Transportliste in das Außenkom- mando Arolsen überstellt. Ludwik Maj ka: "Ich wollte nicht Polenschwein genannt werden'' Unter den zwölf polnischen Häftlingen des ersten Transports nach Arolsen vom 14. November 1943 befand sich auch Lud- wik Majka. Am 19. September 1915 - in ei- nigen SS-Dokumenten wurde falschlicher- weise auch 1917 angegeben - in Zalesie in Polen geboren, trat er nach dem Schulab- schluß 1933 in die polnische Armee ein und war bei Kriegsbeginn Unteroffizier im 62. Infanterieregiment. Bei den Gefechten in Blomberg (Bydgoszczy) am "Blutigen Sonntag'' wurde er durch Granatsplitter am Kopf verwundet, geriet in deutsche Gefan- genschaft und verbrachte etwa zwei Jahre im Stalag XI11 A bei Nürnberg. "Im Früh- ling 1940 wurde ich der 'Russenwiese' zu- geteilt, um ein Lager zu errichten. Unterge- bracht waren wir in selbstgebauten Zelten. Anfangs schliefen wir auf der bloßen Erde, fast direkt schon im Wasser. Erst später konnten wir uns Schlafstätten aus gefällten Bäumen errichten, aus Ästen, Stämmen, Tannennadeln und Stroh. Im Jahr 1941 be- gann man mit dem Bau von Wohnbarak- ken, auch erhielten wir Hilfe vom Roten ~ r e u z . " ~ O Um den schrecklichen hygienischen Ver- hältnissen in diesem Lager zu entgehen, meldete sich der Kriegsgefangene Ludwik Majka im Mai 1942 'freiwillig' zur Arbeit und wurde in der Silber-Mühle nahe des 72 Wege nach Arolsen 2 kleinen Dorfes Massenbach nördlich von Weißenburg mit anderen polnischen Ge- fangenen untergebracht. Hier waren Ar- beitsverhältnisse und Lebensbedingungen zwar besser und einige Kriegsgefangene und ausländische Zwangsarbeiter - von der Bevölkerung gefährlich verharmlosend als "Fremdarbeiter" bezeichnet - konnten bei den Bauern essen und schlafen, doch wa- ren sie der Willkür ausgesetzt, wurden be- schimpft und bedroht. Weil sich Ludwik Majka "als Unteroffizier der Polnischen Ar- mee nicht als 'Polenschwein' und 'Bandit' beleidigen lassen wollte"g1, kam es zu Aus- einandersetzungen mit dem Hotbesitzer, die von der Stapo Nürnberg wenige Tage spä- ter am 6. September 1942 als Anlaß zur Ver- hängung der Schutzhaft genommen wur- den. Mit der Begründung "Streit mit dem ~ r b e i t ~ e b e r " ~ ~ wurde er in das Polizeige- fängnis Nürnberg eingeliefert. "Bei der Ge- fangennahme wurde ich zusammengeschla- gen. Zuerst kam ich nach Nürnberg, da- nach wurde ich in das Lager nach Dachau gebracht - für einige Tage - und dann in das KZ ~ e u e n g a m m e . " ~ ~ Nach etwa zwei Monaten kam er Anfang Dezember 1942 - seine Frau Janina Majka lebte zu diesem Zeitpunkt in Weißenburg - als Häftling Nummer 2799 in das KL Buchenwald. Trotz starker rheumatischer Beschwerden in den Knien wurde er den Arbeiten im Steinbruch zugewiesen, bei denen sich L. Majka, da er wie fast alle Häftlinge dieses Kommandos bei jeder Witterung ohne an- gemessene Kleidung im Freien arbeiten mußte, Erfrierungen an beiden Händen zu- zog, deren Behandlung noch bis in den März 1943 hinein dauerte.84 Nach Ausku- rierung der schlimmsten Krankheitssym- ptome schuftete L. Majka ab Mitte März 1943 einige Wochen beim Bau der Gleis- strecke von Buchenwald nach Weimar, die ohne Rücksicht auf Opfer bis zum Sommer 1943 fertiggestellt werden sollte, um die Gustloff-Werke I1 schnellstmöglich an das öffentliche Schienennetz anzubinden. "In einer je zwölfstündigen Tages- und Nacht- schicht mit beständigem Prügelregiment, angetrieben durch die Bluthunde der Hun- destaffel, ohne Sonn- und Feiertage, setzte die Mordarbeit in einem Hetztempo ein, wie es bis dahin kaum gekannt worden war."85 Und tatsächlich erfolgte die erste Fahrt dem Befehl Himmlers gemäß am 21. Juni 1943 bereits drei Monate nach Baubeginn. Doch die Arbeiten waren so unsachgemäß aus- geführt worden, daß der Gleisunterbau un- mittelbar nach der Einweihung abrutschte und sich die endgültige Inbetriebnahme um ein halbes Jahr verschob. Für Ludwik Majka sollte es allerdings noch schlimmer kommen. "Zugeteilt wurde ich auch dem Außenkommando in Bochum. Ich war be- schäftigt mit dem Löschen von Kohle in einer Stahlgießerei in den Göring-Werken. Diese Arbeit verrichteten die Gefangenen gewöhnlich höchstens 2 bis 3 Monate, wo- nach sie, völlig erschöpft und entkräftet, in Gaskammern geschickt wurden."86 L. Maj- ka überlebte, kam nach Buchenwald zurück und begegnete im Krankenrevier dem Mit- häftling K., der ihn in den folgenden Wo- chen langsam gesundpflegte. Als die Un- terbringung im Krankenbereich aufzufallen drohte, wurde er, nachdem er am 11. N e vember 1943 für die Kommandos "Dora" und "Arthur" arbeits- und transportfähig geschrieben worden war 87, ebenfalls mit Unterstützung von K. in eines der Außen- kommandos abgeschoben. - Der Weg nach Arolsen begann. 3 Einrichtung des Außenkommandos 73 Einrichtung des Außenkommandos , '(uiuqassn~) pleM -uaqong s~a6e~suoi~ei~uazuo~ sap sopueuiuioyuagny Jap ua~!~~psuelsod lap aisri : 'qqv 3 Einrichtung des Außenkommandos 75 Die Ankunft der Häftlinge in Arolsen "Eines Abends im November 1943, wäh- rend eines Appells - ich stand in der Nähe meines Blocks 26 - wurde meine Nummer aufgerufen. Ich bemerkte das nicht. Noch- mals wurde meine Nummer aufgerufen. 'Wo ist der Vogel?' Ich ging zum Tor. Der Rap- portführer befahl mir, am nächsten Tag nicht zu arbeiten. Am Morgen dann erle- digte ich die Formalitäten, meine Häftlings- nummer wurde registriert, und ich unter- schrieb irgendein Formular. Nachmittags wurde unsere Gruppe - um die 40 Gefange- ne - von einem Lastwagen Typ 'Holzgas' mit Plandecke ohne Abschlußvorrichtung und mit Sitzen im Inneni aus dem Lager ab- geholt. [...] Die Gruppe der Gefangenen wurde von sechs SS-Männem - Kroaten in deutscher Uniform - die an der Wagentür saßen, dem Fahrer - einem Deutschen - so- wie dem neben ihm sitzenden Kornmando- führer bewacht. Während der ganzen Fahrt nahmen wir keine Mahlzeit zu uns - die SS auch nicht. Es wurde jedoch mehrmals an- gehalten, um physiologische Bedürfnisse zu vemchten, wie auch um Tannenzapfen zu sammeln, die als Brennstoff für den Wa- gen dienten. [...I Bei der Durchfahrt durch Kassel sahen wir zwischen den Trümmern die Zivilbevölkerung in Gruppen stehen. Alles um uns herum war verbrannt. Erst hinter Kassel hielten wir an, und es wurde uns erlaubt, den Wagen für einen kurzen Moment zu verlassen. [...I In Arolsen ka- men wir noch am selben Tag zwischen 21 und 22 Uhr an. Die ersten Nächte schliefen wir auf Strohsäcken, die zwischen Maschi- nen ausgebreitet ~ a r e n . " ~ Die Werkzeug- maschinen, an die sich L. Majka noch nach 49 Jahren genau erinnert, standen in der Schmiede in einem etwas abseits gelegenen Gebäudekomplex, vom Exerzierplatz abge- trennt, gut zu überschauen und zu bewa- chen. Hier in diesem Bereich der Arolser SS-Kaseme lebten über 16 Monate die KL- Häftlinge des Außenkommandos "Arthur" des Konzentrationslagers Buchenwald. Die 1935 getroffene Entscheidung, eine SS-Unterkunft - von einer SS-Kaserne wur- de in den ersten Jahren nicht gesprochen - auf dem Gelände der ehemaligen 83er-Ka- seme zu emchten, hatte die Planungsmög- lichkeiten erheblich eingeschränkt. Zwar konnten die Mannschaftsgebäude um den ehemaligen Exerzierplatz großzügig ange- ordnet werden3, für Stallungen, Schmiede, Fahrzeugwerkstatt, Wagenschuppen und Waffenmeisterei ergaben sich jedoch un- günstige Bedingungen. Im Norden durch die Große Allee - ein Wahrzeichen der ehe- maligen Residenzstadt - und im Osten durch die Kasemenstraße, den heutigen Birken- weg, mit der katholischen Kirche und meh- reren Wohnhäusern begrenzt, war auch ei- ne Ausweitung des Kasernenareals in süd- liche Richtung wegen des zur Badeanstalt hin abfallenden Geländes wenig sinnvoll. Ebenso boten sich westlich des ehemaligen Kasernenhofes nur relativ geringe Erweite- rungsmöglichkeiten, da entlang der vorge- sehenen Mannschaftsunterkünfte von der Großen Allee bis zum Thieletal ein Abwas- serkanal verlief, an der Südfahrbahn der Großen Allee Anfang der 30er Jahre die er- sten Wohnhäuser entstanden waren und die Bebauung an Hasenzaun und Jägerhof mit einigen kleineren Einfamilienhäusern bereits begonnen hatte. 76 Einrichtung des Auknkommandos 3 Abb. 3.02: Blrck vom Arolser Schwimmbad, uber dem die Hakenkreuzfahne weht, auf die SS- Unterkunft, von der Mannschafisgebaude F, Wafienmeisterei und Wagenschuppen zu erkennen sind. Irn Hinterg~nd sind die esten Neubauten am Hasentaun und am Jhgerhof zu sehen. Der außerhalb des Kasemenge'ländes gelegene Festsaal - das sogenannte K17 - war zum ZeitpunM der Aufnahme vor 1939 noch nicht errichtet: 78 Einrichtung des Außenkommandos 3 Abb. 3.04: Stallungen (S), Reithalle (R), Wagenschuppen (W) und Maschinenräume (M) um- schließen den separaten Hof westlich der Kaserne. Der später errichtete Holzschuppen (HS) zur Unterstellung der Krattwagen ist in dieser Zeichnung von 1937 noch nicht eingetragen.8 3 Einrichtung des Außenkommandos 79 Vom Exerzierplatz der Kaserne waren die Versorgungsgebäude und die Reithalle (R) durch einen Torbogen (T) zwischen den Blöcken F und G zu erreichen, der später allerdings auch als Busgarage verwendet wurde und daher zeitweise geschlossen war, so daß die entlang des Abwasserka- nals vom Nebeneingang (NE) der Kaserne an der Großen Allee bis zum Südeingang (SE) an der Germania-Allee verlaufende und mit Basaltstein gepflasterte Fahrbahn den einzigen Zugang bildete Für die zunächst in den Viehhallen am Bahnhof untergestellten Pferde der bis März 1939 unmotorisierten SS-"Germania" entstanden - von den Gärten der Wohn- häuser nur durch einen schmalen Weg ge- trennt - in einem 93m langen und 1 1 m brei- ten Gebäude die Stallungen (S) und der Leichtkrankenstall (LK). Zwei kleine Ein- zelgebäude dienten als Hufschmiede und Isolierstall für infektiöse Tiere. Der Reitun- terricht, der auch 1944 noch Bestandteil der Ausbildung in der Arolser Kaserne war, er- folgte in der direkt mit den Stallungen ver- bundenen, etwa 978 qm großen Reithalle (R) und einer offenen Reitbahn (RB) vor den Pferdeställen. Schmalere Geräteschup- pen und Hundezwinger verbanden in süd- licher Richtung die Reithalle mit einer sehr wuchtig wirkenden, 90 m langen und 16 m breiten, aus massivem Sandstein emchte- ten Fahrzeug- und Werkzeughalle (W, M), die vom Hasenzaun bis zum Südtor den Abschluß des Kasernengeländes zum Feld in Richtung Mengeringhausen bildete. Zum Innenhof hin ermöglichten hohe, oben abgerundete Flügeltore die Nutzung des westlichen Teils dieses Blocks als Wa- genschuppen und Fahrzeughalle. Nach Ab- gabe des Großteils der Pferde an die Wehr- macht und der vollständigen Motorisierung der Verfügungstruppe II./SS-"Germania" reichten die Unterstellmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge jedoch nicht mehr aus, und auf dem Nebenhof parallel zu den Ställen wurde ein 55 m langer Bretterschuppen (HS) als Not-Garage errichtet, der im Krieg auch als Warenlager diente. Irn mittleren Teil der Halle (W, M) befand sich neben einer Fahr- radkammer, der Werkstatt für Nachrichten- geräte und einer Stellmacherei die 33 qm große Schmiede. Dieser kleine Raum war Ende November 1943 kurze Zeit die Schlafstätte für die er- sten Häftlinge des Außenkommandos in Arolsen. "Als wir in der Nacht im Dunkeln ankamen, mußten wir von den Autos run- ter, abzählen, ob alle noch da waren, und in unsere Unterkunft. Wurde aufgeschlossen und hinein. Und was war das? Das war die ehemalige Schmiede! Die Decke, die Wän- de rußverdreckt. [...I Das sollte unser Ta- gesraum und Schlafraum werden? Wir wa- ren alle enttäuscht dadrüber. Haben wir ge- sagt: 'Das geht doch nicht, das ist doch un- möglich, daß wir in so einem Stall unsere Tage verbringen sollen.' Und da hab' ich die Leute beruhigt: 'Nun sucht euch erste- mal eine Schlafstelle, wir schlafen erstemal diese Nacht darüber, und morgen versuche ich, den Kommandeur zu kriegen und mit dem zu sprechen, daß das unmöglich ist. Das kann nicht sein, daß wir in so einen Raum kommen.' Und wir haben jeschlafen dann, und am nächsten Tag früh hab' ich den Kommandeur aufjesucht, den Sturm- bannführer K., mit dem hab' ich jesprochen. Da hat der mir jesagt: 'Ja, das ist nur vor- läufig, diese Unterkunft. Ihr sollt den gro- ßen Maschinenraum nebenan bekommen, das wird euer Tagesraum.' "9 80 Einrichtung des Außenkommandas 1 Abb. 3.05: Die Luftaufklarungsaufnahme der Aliiterten vom 18. Marz 1945 IaRt deutlich die ver- schiedenen Gebäude der SC-Kaserne erkennen. ' " 3 Einrichiuna des Außenkomrnandos 81 Der Ausbau der Häftlingsunterkunft Der direkt neben der Schmiede liegende Maschinenraum bot sich vorwiegend aus zwei Gründen zur Häftiftlingsunterbnngung an. Von einigen auch 1943 noch militärisch genutzten Wagenschuppen durch den se- paraten Fabrradraum getrennt, von außen lediglich durch eine schmale Holztür und einen 5 m langen, sehr engen Gang zu er- reichen, die Fenster nicht zu öffnen, ohne Winkel und Nischen, ließ er sich von einer kleinen Zahl SS-Männer leicht bewachen. Und in den Fenstern der beiden Außencei- ten, die Fur ausreichendes Licht sorgten, bildeten kleine Metallrahmen fast unüber- windbare Gitter. Außerdem wurden die Maschinen der Holz- und Metallverarbeitung nach Abzug des Fiak-Ausbildungs- und Ersatz-Regi- rnents nicht mehr knötigt, Waffeiimeiste- rei und Maschinenraum hatten Ende 1943 weitgehend ihre ursprüngliche Funktion verloren. So erhielt der Kapo Willy Apel den Auftrag, sie mit einigen Kameraden zur Häftlingsunterkunft des Außenkommandos umzubauen. " 'Machen Sie die Maschinen weg und alles. Je schneller es geht, je eher wird das Ihr Tagesraum!' Gut. Er hat mir drei Mann aus dem Kommando gegeben. Haben wir diese Maschinen abgebaut und f ix und fertig jemacht zum Versand. Nur die Holzbearbeitungsrnaschinen mußten dort bleiben. Hab' ich mir Raume zeigen lassen. hab' ich sie dort installiert und ohne Kosten fix und fertig gemacht. Ja, und jetzt hatten wir die Maschinen wegu1 ' A b . 3.08: SS ist angetreten zum Gruppenfoto vor der Haitlingsunterkunft. Deuiiich sind die für die VersorgungcgebBude der Arolser Kaserne typischen vergitterten Fenster zu erkennen.' 82 Einrichtung des Außenkommandos 3 Aber damit waren die Bauarbeiten der Häftlinge noch nicht beendet. Da Iänger- fristig an die Unterbringung eines Außen- kommandos des Konzentrationslagers Bu- chenwald in der Arolser Kaserne gedacht war, wurde der gesamte östliche Teil der Maschinenhalle in den folgenden Wochen zu einer Häftlingsunterkunft umgebaut. Zwischen ehemaliger Schreibstube und Werkzeugraum zog das Kommando eine Steinwand ein, so daß zusammen mit dem Abstellraum zwei Räume f i r die SS-Wache eingerichtet werden konnten, und um der SS eine ständige Kontrolle über die Häft- linge zu ermöglichen, mußte in die Wand zwischen Abstellkammer und Lager eine breite Öffnung für ein Schiebefenster ge- stemmt werden. Nachdem die bereits aus Zeiten der Ver- fügungstruppe vorhandenen sanitären An- lagen unmittelbar neben dem Eingang auf der nördlichen Seite des Gangs von den Häftlingen repariert und ausgebaut worden waren, standen den zeitweise fast 130 Häft- lingen eine Toilette, eine Dusche und meh- rere Waschbecken zur Verfügung. Für die Behandlung leichterer Erkrankungen durch den Häftlingssanitäter Walter Erdmann war der ehemalige Kratzraum gegenüber der Eingangstür vorgesehen. Abb. 3.07 Ausschnitt der Bauzeichnung vom 19. September 1935 mit Maschinenraum, Waffen- meisterei, Schreibstube, Abstellraum, Sanitäranlage, Wohlfahrtsraum, Fahrzeugwerkstatt, Schmie- de, Wagenhallen und Raum für Nachrichtengeräte.I3 3 Einrichtung des Außenkommandos 83 Mit der Wiederinbett-iebnahme der Hei- zungsanlage, die irn nur von auRen über eine Treppe erreichbaren Keller lag. waren Ende Dezember 1943 die Bauarbeiten an der Häftlingsunterkunft weitgehend abge- schlossen. "Und da haben wir die Wände, die Decken, alles frisch jeweißt. War wun- derschön jeworden. Klo und Duscheraum jemacht, die Heizung in Ordnung jemacht. unten drunter wurden die Abflußleitungen angeschlossen für die Klos."14 Der Kapo Willy Apel war im Dezember 1943 nach knapp zehn Jahren Haft ein er- fahrener =-Häftling, ein 'Exprte' im La- gerleben. Er hatte sich 'eingrichtet'. Um ZU überleben, hatte er seine Umgebung 'ak- zeptiert' und versuchte auf einer untersten Stufe und mit kleinsten Mitteln. das Elend für sich und sein Kommando erträglich zu machen. Noch irn Alter von über 80 Jahren blickt er auch mit einem gewissen Stolz zu- rück auf die damals geleistete Arbeit. "Und da war das fenig. In kurzer Zeit hatten wir jetzt eine prima ~nierkunft." Kurz vor Weihnachten I943 -einige der 34 Häftling des ersten Transports waren inzwischen wieder nach Buchenwald in das Stammlager rücküberstellt und durch ande- re ersetzt worden - zog das Kommando von der Schmiede in die einstige Waffenmeiste- rei um. Zu diesem Zeitpunkt w m auch die Arbeiten an den Mannschaftsgebäuden so- weit abgeschlossen. daß im Januar 1944 der Einzug der SS-Führerschule des Wirt- schafts-Verwaltungsdienstes in die Arolser Kaserne erfolgen konnte. Abb. 3.08: Angehörige der SS-FUhrerschule des Wirtschafts-Verwaltungsd~enstes sind vor den B l ~ k e n R und B der Arolser Kaserne angetreten.16 84 Einrichtung des Außenkommandos 3 bbb. 3.09: Besichtigung der Arolser CS-Kaserne 1944 durch den Chef des SS-WVHA Oswald Pohl rn Begleitung von SC-Obergnippenführer und General der Polizei Josias Erbprinz zu Waldeck und ~ ~ r r n o n t . ~ ' 3 Einrichtung des Außenkommandos 85 Die SS-Führerschule des Wirtschafts- Verwaltungsdienstes Wie auch an anderen SS-Standorten hat- te man bei der Aufstellung der Verfugungs- truppe "Germania" in Arolsen auf Offiziere des Ersten Weltkriegs zurückgegriffen, und erst bei Ablösung des SS-Sturmbannfüh- rers Walter Krüger durch SS-Hauptsturm- führer Herbert Gille 1937 kamen Absolven- ten der Junkerschulen in Braunschweig und Bad Tölz als Zugführer zum Einsatz. Ganz entsprechend rekrutierte sich das erforder- liche Verwaltungspersonal zunächst vor- wiegend aus Angehörigen der ehemaligen Wehrmacht, der Reichswehr und der Poli- zei. Auch der Leiter des Verwaltungsamtes des SS-Hauptamtes (SSHA) in Berlin, Os- wald Pohl, hatte als Verwaltungsoffizier der Kaiserlichen Marine und der Reichsma- nne angehört und war erst 1934 auf Drän- gen H. Himmlers der Schutzstaffel beigetre- ten. Am 1. Juni 1935 wurde ihm die Dop- pelfunktion des Verwaltungschefs der SS im Persönlichen Stab Reichsführer-SS und des Kassenverwalters der NSDAP übertra- gen. Somit unterstanden 0 . Pohl auch die Angelegenheiten der in Arolsen stationier- ten und staatlich finanzierten bewaffneten SS-Verbände und der Allgemeinen SS, die von der Partei finanziert wurde. Beide Be- reiche wurden in der gleichen Hauptabtei- lung lediglich von verschiedenen Abtei- lungen bearbeitet, Mittel des Reichs und der Partei wurden somit in einem Amt ge- meinsam verwaltet.' Um formal die vom Reichsfinanzminister geforderte Trennung beider Verwaltungen zu erfüllen, wurde mit der Aufwertung der Dienststelle "Verwal- tungschef der SS" zum "Hauptamt Verwal- tung und Wirtschaft" am 20. April 1939 zu- sätzlich noch das "Hauptamt Haushalt und Bauten beim RFSSuChdDtPol im R M ~ I ' " ~ eingerichtet. Beide neugeschaffenen Funk- tionen hatte 0 . Pohl inne. Am 31. Januar 1942 schließlich wurden die Hauptämter "Haushalt und Bauten" und "Verwaltung und Wirtschaft" sowie das "Verwaltungs- amt SS" aufgelöst und im "SS-Wirtschafts- Verwaltungshauptamt" zusammengefaßt. Nachdem am 16. März 1942 diesem kurz SS-WVHA genannten Amt als Amtsgmp- pe D die Verwaltung der Konzentrationsla- ger unterstellt worden war, ergab sich fol- gende Gliedemng: Amtsgruppe A: Truppenverwaltung Amt A I Haushaltsamt Amt A II Kassen- und Besoldungsamt Amt A III Rechtsamt Amt A IV Prüfungsamt Amt A V Personalamt Amtsgruppe B: Truppenwirtschaft Amt B I Verpflegungswirtschaft Amt B II Bekleidungswirtschaft, Rohstoffe und Beschaffungen Amt B III Unterkunftswirtschaft Amtsgruppe C: Bauwesen Amt C I Allg. Bauaufgaben Amt C II Sonderbauaufgaben Amt C III Techn. Fachgebiete Amt C IV Künstlerische Fachgebiete Amt C V Zentrale Bauinspektion Amt C VI Bauunterhaltung und Betriebswirtschaft 86 Einrichtung des Außenkommandos 3 Amtsgruppe D (Brigadeführer Glücks): Konzentrationslager Amt D I Zentralamt (Obersturmbannführer Liebehenschel) D I11 Häftlingsangelegenheiten D 112 Nachrichtenwesen, Lagerschutz und Wachhunde D 113 Kraftfahnvesen D 114 Waffen und Geräte D 115 Schulung der Truppe Amt D II Arbeitseinsatz der Häftlinge (Standartenführer Maurer) D 1111 Häftlingseinsatz D 1112 Häftlingsausbildung D 1113 Statistik und Verrechnung Amt D III Sanitätswesen und Lagerhygiene (Standartenführer Dr. Lolling) D IIIII Ärztliche und zahnärztliche Versorgung der SS D 11112 Ärztliche und zahnärztliche Versorgung der Häftlinge D 11113 Hygienische und sanitäre Maßnahmen in den KL Amt D IV KL-Verwaltung (Sturmbannführer Burger) D IVII Haushalt, Kassen und Besoldungswesen D IVl2 Verpflegung D IVl3 Bekleidung D IVl4 Unterkunft D IVl5 Rechts-, Steuer- und Vertragsangelegenheiten Amtsgruppe W: Wirtschaftliche Unternehmen Amt W I Amt W II Amt W III Amt W IV Amt W V Amt W VI Amt W VII Amt W Vlll Steine und Erden (Reich) Steine und Erden (Ost) Ernährungsbetriebe Holzbearbeitungsbetriebe Land-, Forst- und Fischwirtschaft Textil- und L e d e ~ e ~ e r t u n g Buch und Bild Sonderaufgaben Die Verwaltung der Verfügungstruppe und während des Kriegs der Waffen-SS zeigte weitgehende Parallelen zur Truppen- verwaltung bei der Wehrmacht. Während jedoch beim Heer den Truppenoffizieren beamtete Verwaltungsfachleute gegenüber- standen, verfügten bei der SS Truppen- und Verwaltungsführer über die gleiche Grund- ausbildung. Anwärter auf eine Verwaltungsführer- laufbahn absolvierten bei der SS zunächst ebenfalls einen Lehrgang an einer Junker- schule. Nach bestandener Prüfung und der damit verbundenen Beförderung zum SS- Untersturmführer (Leutnant) konnten sie eine ihrem Fachgebiet adäquate Sonderaus- bildung an den geplanten Spezialschulen d ~ r c h l a u f e n . ~ ~ Im Herbst 1943 bestand al- lerdings neben den Junkerschulen in Bad Tölz, Braunschweig und Klagenfurt und den SS-Unterführerschulen in Lauenburg und Radolfzell nur eine Verwaltungsschule in ~ a c h a u . ~ ~ Mit Zunahme der Personal- stärke der Waffen-SS nach Kriegsbeginn reichten schließlich die räumlichen Kapa- zitäten in der Dachauer SS-Kaserne nicht mehr zur Ausbildung der erforderlichen Zahl an Führern. Die "SS-Führerschule des Wirtschafts-Verwaltungsdienstes" wurde in Arolsen eingerichtet und nahm im Januar 1944 nach Abschluß der Umbauten ihren Schulbetrieb auf.22 Kommandeur dieser Führerschule wur- de mit Wirkung vom 10. Februar 1944 SS- Obersturmbannführer Georg Bochmann. 1913 im Erzgebirge geboren, war er bereits 1933 kurz nach dem Abitur in die "Allge- meine SS" aufgenommen worden. 1934 trat er in das SS-Sonderkommando "Sachsen" ein, das nach Neuorganisation der Konzen- trationslager durch Gruppenführer Theodor 3 Einrichtung des Außenkommandos 87 Eicke zu den "SS-Wachverbänden" gehör- te und ab 1935 deren 111. Sturmbann bilde- te. Nach der offiziellen Einführung der Be- zeichnung "SS-Totenkopfverbände" am 29. März 1936 sowie der Zusammenfassung der fünf Sturmbanne zu drei Standarten Anfang 1937 wurde G. Bochmann Kompaniechef in der 1. SS-Totenkopfstandarte "Oberbay- em" mit Standort ~ a c h a u . ~ ~ In der SS-To- tenkopfdivision, deren Kommandeur seit dem 14. November 1939 der aus der Inspek- tion der Konzentrationslager ausgeschie- dene T. Eicke war24, übernahm Bochmann eine Infanterie-Panzerjägerkompanie. Bei den Gefechten im Raume der Waldaihöhen und des Ilmensees erhielt er als Komman- deur der Panzerjägerabteilung dieser Divi- sion vom Obergruppenführer und General der Waffen-SS T. Eicke den Auftrag, "den Ring des Gegners von innen nach außen aufz~brechen".~~ Anläßlich der Verleihung des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes 1942 charakterisierte die Presse Bochmann mit dem Zitat eines SS-Rottenführers aus der Ausbildungszeit: "Unsere 14. Kompa- nie war stets eine der zackigsten in der SS- Totenkopfstandarte Oberbayern. Auf dem Reichsparteitag schnitten wir immer am be- sten ab beim Vorbeimarsch am Führer. Ein- mal gab's nachher Sonderurlaub. Das war Schule ~ o c h m a n n . " ~ ~ Beim Vorschlag zur Beförderung zum Standartenführer im No- vember 1944 bezeichnete der Chef des SS- Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes Pohl in einer Beurteilung G. Bochmanns weltan- schauliche Ausrichtung als "über jeden Zweifel erhaben" .27 Kurz nach Unterrichtsbeginn in Arolsen befahl das SS-Führungshauptamt Änderun- gen in der Ausbildung des Führer- und Re- serveführer-Nachwuchses, die am 1. Febru- ar 1944 in Kraft traten. Von diesem Datum an wurden alle Lehrgänge federführend durch Amt XI des SS-Fühmngshauptamtes FHA bearbeitet, "insoweit, als es sich um die allgemeine und einheitliche weltan- schauliche Schulung und militärische Aus- bildung und Erziehung der künftigen SS- Führer handelt[e] Unberührt blieb die dienstaufsichtsmäßige Unterstellung unter die einzelnen Hauptämter, Inspektionen, Ämter und Abteilungen. Die "SS-Führerschule des Verwaltungs- dienstes", wie sie zunächst hieß, war hier- archisch wie folgt gegliedert:29 I Kommandeur 1 1 Stabsführer 1 -I Schulkommando I I I Lehrkörper I I Lehrgruppe A Lehrgruppe B I Im Frühjahr 1944 sah der Organisations- plan für die Lehrgruppe A vier Inspektio- nen vor:30 I. Junkerlehrgänge 11. Reservelehrgänge Umschulungslehrgänge 111. Fremdländische Lehrgänge Versehrtenlehrgänge IV. Zugführerlehrgänge. Die Lehrgruppe B führte in der 1. Kom- panie Vorbereitungslehrgänge für aktive Bewerber und in der 2. Kompanie Vorbe- reitungslehrgänge für Reservisten und Ver- sehrte durch. Bis November 1944 ergaben 88 Einrichtung des Außenkommandos 3 sich hier jedoch Umstrukturierungen, so daß sich dann beide Lehrgruppen jeweils in vier Inspektionen unterteilten. Planmä- ßig bestand jede dieser Inspektionen aus vier SS-Führern, einigen SS-Unterführem sowie 120 S S - ~ u n k e r n . ~ ~ Etwa drei Monate nach Beginn des Un- terrichtsbetriebs erließ der Kommandeur SS-Obersturmbannführer Bochmann am 4. April 1944 eine vorläufige Schulordnung, die "bis zur Bekanntgabe der endgültigen Schulordnung durch das SS-Wirtschafts- Verwaltungshauptamt" Gültigkeit besitzen sollte.32 Nach diesem Entwurf besaßen die beiden Lehrgruppen der SS- Führerschule des Wirtschafts-Verwaltungsdienstes un- terschiedliche Zielrichtungen. Angehörige der Mannschaftsdienstgra- de vom SS-Grenadier bis zum Rottenfüh- rer (Obergefreiten) nahmen als sogenannte SS-Führerbewerber an Vorbereitungslehr- gängen der Lehrgruppe B teil. Aktive SS- Führerbewerber wurden zu SS-Junkern, al- so zu SS-Unterführem im Dienstgrad eines Unterscharführers, und Reserve-SS-Führer- bewerber zu SS-Junkem der Reserve aus- gebildet, so daß sie sofort zu einem Junker- bzw. Reserve-Junker-Lehrgang überwech- seln konnten. Jeder Vorbereitungslehrgang dauerte zehn Wochen und gliederte sich im Sinne der Idee eines "Einheits-Führers" in Gefechtsausbildung, Formalausbildung, Ge- lände- und Kartenkunde, weltanschauliche Schulung, allgemeinen Unterricht, Heerwe- Sen, Fahrschule sowie Kraftfahrzeuglehre und L e i b e ~ e r z i e h u n ~ . ~ ~ Gemäß der Schul- ordnung hatte 1944 "alle Arbeit in der Hei- mat nur das eine Ziel: der Front zu dienen, d.h. die Theorie bezweckt[e] nur die not- wendige Ordnung des Denkens, die Praxis [war] auss~hlaggebend" .~~ Auch wenn die Lehrgangsteilnehmer aus allen Waffengat- tungen stammten, sollten die Lehrer bei der Stoffanordnung berücksichtigen, daß "die Mehrzahl indessen aus dem Verwaltungs- dienst" kam.35 Weiter wurden in der Lehrgruppe B Vor- bereitungslehrgänge für Zugführerlehrgän- ge der Sonderdienste abgehalten, die sich zwar ähnlich den Führerbewerberlehrgän- gen gliederten, in denen aber aufgrund der Vorbildung der überwiegend älteren Teil- nehmer größerer Wert auf den militärischen Sektor gelegt wurde. In einer vierten Kategorie der Lehrgrup- pe B wurden kriegsverletzte SS-Führerbe- werber, die "dauernd behindert"36 waren, zum Besuch der Versehrtenlehrgänge an den Junkerschulen ausgebildet. Für solche Lehrgänge waren "versehrte Ausbilder her- anzuziehen, die durch ihr Können, ihre Le- bensbejahung und Selbstvertrauen den Männem Anreiz und Vorbild" sein sollten und deren Aufgabe auch darin bestand, bei den SS-Schülern "das Selbstvertrauen zu wecken".37 Da an diesen Lehrgängen auch Schwerstbehinderte teilnahmen, stand die theoretische Ausbildung im Mittelpunkt. Den Lehrern wurde angeordnet, dem Lehr- gangsteilnehmer "größtes Verständnis ent- gegenzubringen" und ihm Zeit zu geben, "sich zu fangen und in die Materie zu fin- den".38 In der Endphase des Kriegs nahm die Zahl der versehrten SS-Führerbewerber in Arolsen erheblich zu. Zusammenfassend hieß es in den allge- meinen Durchführungsbestimmungen für die Lehrgruppe B, bereits bei den Vorberei- tungslehrgängen danach zu trachten, daß "schon hier unbrauchbares Material ausge- schieden" werden solle, "damit die Junker- schule nicht unnötig belastet wird".39 3 Einrichtung des AuBenkommandos 89 ifir Uii EnrahhlhmnR 6s. SB. m h a r b . i i i b . r - l n ~ ~ o m . 9rr Uhigrrppr-bar B i m r W i t i 8 f&r &4* *twh* +ai 77.7. - 22.7.u *ima grnonbrtrn foshndiemstgl in, L n I r r d i i Blnxmlawbildraq dsr iinrainen %tlasbeir ObmrprQft iiil. mi ait m n 3,io. - l O * l O . 4 4 S i t aai- no$lLsB31ib dar a.erri~i*i iwbUdirns UM &an ~sriohiiurnira uafa ih~ iah i ißm mkhl tin. 5.1 AbwhiWi8toat i i iit m l t A m t 4 dmi brki und dir ait Bis t P l l 3 9 . t ~ tarn- aa* ari sah-& lUhr#?liih ni uldm 4.) zr i taLlm dnr Abiah lPsaemi lMgia ; bin ztip 30.9.44 4B.w tmr i n d i r biihsriasn Farm iun B o S W - Q o . Abb. 3.1 0: Befehl Über die Durchfühning des 18. ~ührerbewerber-~ehr~an~s?' 90 Einrichtung des Außenkommandos 3 Nach erfolgreichem Durchlaufen eines Vorbereitungslehrgangs wurde der Führer- bewerber durch den Kommandeur der SS- Führerschule des Wirtschafts-Verwaltungs- dienstes zum SS-Junker bzw. SS-Junker der Reserve befördert. Er war somit zur soforti- gen Teilnahme an einem Junkerlehrgang z.B. in Arolsen befähigt. In der Lehrgruppe A der Schule sollten gemäß den Durchführungsbestimmungen "SS-Standartenoberjunker mit abgeschlos- sener Zugführerausbildung, SS-Führerbe- werber der Reserve und Führerbewerber der Legionen und Freiwilligenverbände zu SS-Führern des Verwaltungsdienstes" aus- gebildet werden.41 Die Aufnahme erfolgte bei den Reservisten-Lehrgängen nach einer zweiwöchigen Vorprüfung und bei den Jun- kerlehrgängen nach einer Überprüfung der Eignung. Geprüft wurden neben der militä- rischen Qualifikation die "geistige Veran- lagung" durch Fertigung schriftlicher Ar- beiten in Rechnen, im Aufsatz und in der Allgemeinbildung "unter besonderer Be- rücksichtigung aktueller ~ a g e s f r a g e n " . ~ ~ Dabei zeigten die Aufgaben im Heerwesen deutliche Parallelen zu ähnlichen Prüfun- gen bei der ehr macht^^, die Rechenauf- gaben verlangten vorwiegend Kenntnisse in den Grundrechenarten, zielten in den An- wendungen jedoch verstärkt auf Probleme aus der Kriegsführung hin44, und im Teil- gebiet "Allgemeinbildung" wurden neben den Bereichen Geografie, Kunst und Ge- schichte die Komplexe Führerprinzip, Ras- se, SS und NSDAP überprüft.45 1. Wann wurde das Programm der NSDAP. verkündet? 4. Seit wann ist Heinrich Himmler Reichsführer-SS? 5. Nennen Sie andere Aufgaben des RF-SS. 6. Wann und wo übergab der Führer die Blutfahne dem Schutze der SS? 7. Was besagt der Verlobungs- und Heiratsbefehl? 8. Nennen Sie andere SS-Grundgesetze? 15. Wer fand den Seeweg nach Ostindien? 19. Wie heißen die ostfriesischen Inseln? 26. Nennen Sie 4 Opern von Wagner. 32. Wie heißt der größte englische Dichter? 37. Was versteht man unter Autarkie? [...I 2. Nennen Sie die Hauptteile des MG. 42. 1 1. Ein Gewehr schießt zu kurz. Wie ist der Haltepunkt? 28. Nennen Sie den Unterschied zwischen Hoch- und Landesverrat. [...I 6. In einem Befestigungswerk sind 2000 Soldaten auf 16 Monate so mit Lebensmitteln versehen, daß jeder Soldat u.a. täglich 750 g Brot bekommt Wie lange reicht der Vorrat, wenn noch 400 Mann dazu kommen und jetzt jeder Soldat täglich nur noch 625 g Brot erhält? Abb. 3.1 1 : Aufgabenauswahl der Vorprüfung des 11. Kriegs-Reserve-Junkerlehrgangs im Fe- bruar 1945 ( ~ u s s c h n i t t e ) . ~ ~ 3 Einrichtung des Auknkrimmandos 9 1 - . , P - f : ? r i - 5 E ,ra13-n. j -s i. i 3 f l ..- -. z;-c*:hre=rc-~le des ;'tn-.;:;;rsz~~?c:~ s I e r lol:j zcr Pnk 22ch z r f & ~ 2 r h e n T i d e r c G*. -- Sti. l=ce >-~L~<~~:~'~II~:~~~,l ~ 1 : I&,sse >-?;e -. : 4.. .. neser ....-':-*C - - , e z s ~ r e r V ~ : e :e i le :Li5 3 < e r sesti, Gen 7ecar stugi?;i2 t e c . Zuc vef: tror. Ts.-~-rc>ss r.acs. ,>ste3 . : r~- :e Eie s>=;,~ro3. 3<7. "?riLe??:i~-" z2.i.c ?;x2 C ? :T :;arzcr. 2: jer. ~ ; F Z :.T;T~'s:i->.I,~>~--i~~-~~.?.~ 2:: rs-r,?gz 2;1 2- T- f epn e4>- :*e- Y-- 1 u r L . ' 1 --, bt -.... &. . -...-. s l a rocihtz: :-~3er.::clcr.re % ien : 3.2 a'cpzjs .?2e C3!rgf~2-ez. Abb. 3.12: Milhatfsche Grundaufgabe der Pnjfung an der SS-Führerschule des WirtschaftseVer- waltungsdienstes in Arolsen, in deren Lagebeschreibung von einem Angriff "neuzeitlich bewaffne- teT sowjetischer Truppen im Großraum brolsen ausgegangen wurde (~ucschnitt)?' 92 Einrichtung des Außenkommandos 3 Aq,lia~e zm Yefehl -:kor al: Durct . ' i l i rw des 5 7 . >i,egs-2epervejuii!:er-¿el.rg;~s v ~ u 5.72.4-1. Kz~sce- U. hk:ec;;r.urr Efe L - ,- - ~r.:a:e .::~-,-zkez W. : ' , : c . d L L: '?,:C :Ar Le!.r;r,::;: -2 Y d e r ac?lor ; r i : i¿~xtiir.:::: Lei d e r :b:e?F,s3e-~%l:- die Ls- s ~ : ~ e r , s ! o i ~ u ; i .'er :*; 8:-r. "zw~~exhrel- ~ u ~ i ~ e n w a i d ~ e k o m l e n und. da sie in der ben." Eins weitere Korres~ondenz verhinderte Mehrzahl nur wenige Wcxhen bis zu ihrer sein Tod am 5. ~k tober 1991 112 Einrichtung des Auknkommandos 3 Abb. 3.30: Auf der Tiransportliste vom 21. Januar 1944 sind von den zunächst aufgeführten Na- men fünf gestrichen. Diese Häfilinge kamen nicht nach Arolsen, sondern wurden durch die unten nachgetragenen ersetzt.t07 4 Konzentrationslager und Außenkommandos 113 4 Konzentrationslager und Außenkommandos 114 Konzentrationslager und Außenkommandos 4 Abb. 4.01: In der Arbeitsstatistik wird für Arolsen konsequent zwischen den Kommandos "CC- Fuhrerschule" und "SC-Bekleidungslaget' getrennt, während im Schriftverkehr k i d e unter "SC- Führerschule'~usammengefaßt werden.' 4 Konzentrationslager und Außenkommandos 115 Konzentrationslager von 1933 bis Knegsbeginn Nach dem vorläufigen Abschluß der et- wa zweirnonatigen Aufbauphase der SS- Fuhrerschule des Wirtschafts-Verwaltungs- dienstes befanden sich mit dem Transport vom 14. Nwember 1943 (34 Häftlinge). dem Dachau-Transport vom 8. Januar 1944 (26 Häftlinge) und schließlich dem Transport Er das Kleiderlager vom 2 1. Januar 1944 (20 Häftlinge) insgesamt 80 Häftlinge in der Arolser Kaserne. Sie wurden bis März 1945 ebenso wie die später nach Arolsen ükr- stellten Buchenwdder organisatorisch zwei geBennien Kommandos zugeordnet, der "SS-Eührerschule'hnd dem "SS-Beklei- dungslager". die irn System der KL-Außen- kommandos des Konzentrationslagers Bu- chenwald eine bemerkenswerte Sonderstel- lung einnahmen. In den knapp elf Jahren von der Macht- ergreifung Hitlers arn 30. Januar 1933 bis zur endgürtigen Einrichtung dieser beiden Auknkommandos in Arolsen arn 2 1. Janu- ar 1544 hatte man die Funktionen einzelner Konzentrationslager zwar hin und wieder schwerpunktmäßi g verschoben, ohne aller- dings das Hauptziel grundsätzlich anzuta- sten. denn "iin Wirklichkeit waren die KZ von Anbeginn als Werkzeuge des Terrors und der Regime-Erhaltung geplant wor- d e n ~ ~ Auch wenn in Zeitungsberichten uber die Konzentrationslager auf die dort vorgenommene "politische Umerziehung" eingegangen wurde, an deren erfolgreichem Ende fur "Verführte. die aber nmh zu ge- winnen sin&"'. die Entlassung aus der so- genannten Schutzhaft und die Eingliede- rung in den nationalsozialistischen Staat stehe, lag dann in Wahrheit nie das primä- re Ziel der Inhaftierung. "Der Hauptzweck der KL war die Ausschaltung jedes wirkli- chen oder vermuteten Gegners der national- sozialistischen Herrschaft. Absondern, dif- famieren, entwürdigen, zerbrechen und ver- nichten - das waren die Formen, in denen der Terror in Wirksamkeit trat."4 Nachdem jedermann den Willkürakten der Polizei rechtlos ausgeliefert, ein juristi- scher Widerspruch zunächst nur schwer und ab Februar E 936 überhaupt nicht mehr möglich war und Sipo-Chef Heydrich den Bersonenkreis der 'Staatsfeinde' fast belie- big ausweiten konnte. war innerhalb kur- zer Zeit jede nennenswerte Opposition Ce- gen das NS-Regime ausgeschaltet. Dieser 'Ausnahmezustand' sollte indessen keines- Die Ronpn tra ti6nBlager $5 tann F4 ttQrr In bcr mt!! htuft, mtnn er miti. banun Ubrr.ituijtii. ba6 mir b l t u n k . bingt notmrnbi r Einn&lunn btr Rnngrntra. t i ~ n s l e g t r [o ortentri& unb [aitber burhii lyen, mir es überhaupt nur na& mtnf@l$em $P meffin m6qIim tlt. 3 t ~ Slontenrrotionilagtr Enb Ar tmri Inip pen non nrtenihen notmrtiblg: bas hnb rinrnaI bie UnrirrSel[er!ifitn. btt Immtr bit jiunifio. ncri unb 9nfülgrer poltfilibrr Utrbrthtn pnb. P- q u r bicit %rnl&en merbtn mir b i t l s rc ber 9rinnentrationclugtr ntrbt wiilrr Ötfnm tönntn. Paneben li4en tn ben Ronltnhationda~trn nod) 9trFir5rte. bie aber noh IU arminnen Lnb. mir mlrlsn auf F e nidjt mit brn Witttln uoliti. f q o r ErJiebung. Ianbtrn nur nrU b i m brmd$r. trn D?li?tI rtgtlrnqlgn Orbnung, IlrEelt ~ n b [-enger, aber gorrater Pif3iplin. eilt Bema@ung Otr Xon rntrafionslagir buim bIt fiunbertlrha[trn ber G&-~of~nlop[aer- Gnat ~erb i rg t eine la i@t 531[,~1p[in. aber aulfJ e1r.t gerrkjfe, mtnfhIi&r CBthanb[iing, brnn mir inb Ieins 'poli~tz b t g Fiaates Segen bas aal!. rinbern bit aus bem Dolt gemad)frnt qo[ijei I b i s gii$rer3 ( I r l a s aalt. Abb, 4.02: Bericht in der Lokalzeitung vom 30. Januar 1937 Uber die Konzentrationslager und ihre ~ e w a c h u n ~ . ~ 116 Konzentrationslaeer und Außenkommandos 4 Wegs nur auf eine kurze Übergangszeit be- schränkt bleiben, sondern ein systemim- manentes Instrumentarium sowohl zur Er- stickung jeglichen Widerstands als auch zur "Abwehr aller gegen den Staat und die nationalsozialistische Volksgemeinschaft verstoßenden Erscheinungen" bilden.' Da- bei sah Heydrich "den Volks- und Staats- feind in der Gestalt des Judentums, des Kommunismus, des Freimaurertums und 'politisierender' ~irchenvertreter".' Alle Hoffnungen auf eine zumindest an- satzweise Wiederherstellung eines gesetz- lichen Zustands, die Anfang 1934 kurzzei- tig nicht ganz unberechtigt waren, endeten abrupt und unurnkehrbar, als "Hitler per- sönlich am 30. Juni die verfahrenslose Er- schießung Röhms und der mit dem Stabs- chef der SA besonders eng vertrauten SA- Führer anordnete und gleichzeitig andere ihm lästig gewordene Personen von Rang (Gregor Strasser, Schleicher u.a.) umbrin- gen ließ und die Aktion nachträglich für 'rechtens' e r k ~ ä r t e " . ~ A. Hitler - der Führer - nahm diese Morde nicht nur stillschwei- gend hin, nein - und dies unterschied sein Handeln von vergleichbaren Fällen der Ge- schichte - er übernahm ausdrücklich die Verantwortung und erklärte die Handlung als rechtlich abgesichert. Diese lediglich als Mordkomplott zu bezeichnende Aktion, mit der die SA ausgeschaltet wurde und die Macht Himmlers und der SS weiter wuchs, löste bei keinem der nach München befoh- lenen hohen SS-Führer ernsthaften Wider- spruch aus, keiner distanzierte sich ener- gisch von dieser staatlich befohlenen Mord- sene. Auch J. Erbprinz zu Waldeck und Pyrmont befolgte den Auftrag S. Dietrichs wunschgemäß, in Stadelheim einen geeig- neten Hinrichtungsplatz a ~ s z u s u c h e n . ~ "Sehr erschüttert" nahm er an der Erschie- ßung einiger seiner engsten Freunde teil. l0 Im Gegensatz zu Ankündigungen und Befürchtungen blieben solche Mordtaten allerdings in den ersten Jahren nach der Machtergreifung eher die Ausnahme. Das Land wurde zunächst nicht von einer blu- tigen Terrorwelle überzogen; es war sehr schlimm, aber man hatte Schlimmeres be- fürchtet. "Im ganzen muß man die Handha- bung und Dosierung des Terrors in den er- sten sechs Jahren - erst Furchterregung durch wüste Drohungen, dann schwere, aber hinter den Drohungen doch etwas zu- rückbleibende Terrormaßnahmen und da- nach allmählicher Übergang zu einer Bei- nahe-Normalität, aber ohne völligen Ver- zicht auf ein wenig Hintergrund-Terror - ei- ne psychologische Meisterleistung Hitlers nennen. Sie sorgte bei den zunächst ableh- nend oder abwartend Gestimmten - also der Mehrheit - für das rechte Maß von Ein- schüchterung, ohne sie zu verzweifeltem Widerstand zu treiben; und, noch wichti- ger, ohne von den mehr positiv beurteilten Leistungen des Regimes allzusehr abzulen- ken." ' ' Um in diesem "Angst-vor-Terror- System", in dem die Konzentrationslager bis 1939 zwar nicht die einzige, aber doch eine zentrale Rolle spielten, die beabsich- tigte drohende, einschüchternde Wirkung zu erreichen, mußte die Existenz der KL je- dem Deutschen ständig bewußt sein, muß- te über sie berichtet werden, mußten die Gründe für die Inhaftierung undurchsichtig bleiben, mußten gezielt Informationen über Greueltaten in dosierter Menge an die Öf- fentlichkeit gebracht werden. So waren die Konzentrationslager keine weiträumig ab- geschirmten Festungen, denen man sich nicht nähern durfte und die kein Deutscher 4 Konzentrationslaeer und Außenkommandos 117 je aus der Nähe gesehen hat. Auch war es nicht so, daß man nur hinter vorgehaltener Hand über sie reden konnte, denn "SS-Be- suche fanden in den Lagern häufig statt" 1 2 , SS-Führer zeigten Verwandten und Freun- den die Lager, und selbst politische Promi- nenz wurde durch die Lager geführt.13 In der Kantine der Arolser Kaserne diskutier- ten SS-Angehörige so offen über die Situa- tion in den Konzentrationslagern, daß auch die jungen Zivilarbeiterinnen dies hören konnten. "Der hat sogar gesagt, wir fahren die Leichen im Lastwagen weg. " ' Aus den Erzählungen der nach Arolsen kommenden Soldaten konnte sich jeder, der nicht be- wußt weghörte, bald ein mehr oder weniger bestimmtes Bild von den Zuständen hinter den elektrischen Zäunen machen. "Durch Hörensagen hat man dann gehört, wo sie herkamen, was man in den Konzentrations- lagern mit ihnen gemacht hat. Das wurde schon bekannt."15 Wie schnell eine unbe- dachte, kritische Formulierung, von den falschen Ohren im ungeeigneten Moment aufgenommen, jeden selbst in ein KZ füh- ren konnte, wurde auch den Arolsern klar, denn "Statistiken über die Zahl der politi- schen Gefangenen gehörten seit dem Früh- jahr 1933 zur Routinearbeit" des Landrats- amtes in ~ r o 1 s e n . l ~ Von den Zuständen nichts gewußt zu haben, hätte keine nen- nenswerte Angst vor den Konzentrations- lagern bedeutet, und jede Berufung auf die Angst bezeugte zugleich im Umkehrschluß das Wissen über die Verbrechen hinter den Stacheldrahtzäunen. Daß die geplante ab- schreckende Wirkung sehr schnell erreicht war, spiegelte - nur scheinbar nebensäch- lich - die im alltäglichen Sprachgebrauch anstelle der offiziellen Abkürzung KL be- nutzte Bezeichnung KZ mit ihrem scharfen, aggressiveren Klang wider. Das Konzen- trationslager KZ "mit seinen elektrisch ge- ladenen Stacheldrähten und seinen hölzer- nen Wachtürmen verlieh dem Kontrollsy- stem der SS-geführten Polizei die düstere Realität: Die beiden Buchstaben sollten die Deutschen in den Bann schlagen, sollten jeden Oppositionsgeist Iähmen."17 Von 1935 bis 1937 traten dann die Kon- zentrationslager vorübergehend etwas an den Rand des öffentlichen Interesses, das nun mehr und mehr auf die innen- und au- ßenpolitischen Leistungen und Erfolge Hit- lers gelenkt wurde.18 In diesem Zeitraum erfolgte die Schließung einer großen Zahl der kleinen KL, und die Anzahl der Inhaf- tierten nahm ab. Gleichzeitig begann nun allerdings eine weitgehende Neuorganisa- tion des KL-Wesens, die schließlich bis 1939 in der Gründung der 'modernen' La- ger Sachsenhausen bei Berlin-Oranienburg (August 1936), Buchenwald bei Weimar (Juli 1937), Flossenbürg in der Oberpfalz (Mai 1938), Mauthausen in Oberösterreich (August 1938) und dem Frauen-KL Ravens- brück in Brandenburg (Mai 1939) nach dem "Dachauer Modell" gipfelte. ' In Dachau hatte ab Juni 1933 Oberfüh- rer Theodor Eicke als Kommandant dieses KL Neuerungen eingefihrt, die er nach sei- ner Ernennung zum "Inspekteur der Kon- zentrationslager und SS-Wachverbände (SS-Totenkopfverbände)" am 4. Juli 1934 zum 'Vorbild' der anderen Konzentrations- lager machte. Mit seiner Beförderung zum Gruppenführer wenige Tage später stand neben R. Heydrich und 0 . Pohl im gleichen Rang ein 42jähriger Mann, der nach wech- selhafter beruflicher Karriere und frühzei- tigem Eintritt in NSDAP und SS seit März 1933 als "gemeingefährlicher Geisteskran- 118 Konzentrationslager ui nd Außenkornrnandos 4 kerU2O in der Psychiatrischen Klinik von Würzburg eingesessen hatte. Nun wurde Eicke der dankbare Diener seines Befreiers und Förderers Reichsführer-SS Himmler. Schon kurz nach Übernahme der Leitung des Konzentrationslagers Dachau erließ er eine "Disziplinar- und Strafordnung für das Gefangenenlager", die neben verschiede- nen Arreststrafen die gefürchtete Einzelhaft bei Wasser und Brot und als neues Straf- mittel die Prügelstrafe vorsah. 25 Stockhie- be sollten "vor der angetretenen Truppe der SS-Wachmannschaft und den Häftlingen sowie in Gegenwart des Kommandanten be- ziehungsweise Schutzhaftlagerführers von mehreren SS-Leuten (später auch Häftlin- gen) ausgeführtNz1 werden. Die Strafe, zu deren Institutionalisierung in Buchenwald auch der gefürchtete ~ o c k ~ ~ onstruiert wurde, sollte nach Eickes Vorstellungen möglichst unpersönlich in der Art erfolgen, daß "jeder Angehörige der Wachtruppe von Anfang an an diesen Vorgang gewöhnt"23 wurde. "Jegliches Mitleid mit 'Staatsfein- den' sei eines SS-Mannes unwürdig."24 Demjenigen, der zu einem solchen Vorge- hen nicht willig sei, empfahl Eicke den Ein- tritt ins Kloster, denn er "könne nur harte entschlossene Männer gebrauchen, die je- dem Befehl rücksichtslos g e h ~ r c h t e n ' ' . ~ ~ Und dieses Prinzip, das er auch auf die an- deren Konzentrationslager übertrug, zeigte Wirkung. "Eicke hatte den Begriff 'gefähr- licher Staatsfeind' so eindringlich und über- zeugend in seine SS-Männer hineingetrom- melt, daß jeder, der es nicht besser wußte, fest davon durchdrungen wurde. [...I Eickes Absicht war, seine SS-Männer durch seine dauernden Belehrungen und entsprechen- den Befehle [...] von Grund auf gegen die Häftlinge einzustellen, sie auf die Häftlinge scharf zu machen."26 Da sich T. Eicke als Herr über Leben und Tod der Häftlinge ver- stand, sah seine Strafordnung für Konzen- trationslager auch die Verhängung der To- desstrafe ohne richterliches Urteil vor. Bei der 'Vollstreckung' einer solchen 'Todes- strafe' mußte diese, um einer zumindest in den ersten Jahren nach 1933 noch mögli- chen Anklageerhebung durch die Staatsan- waltschaft zu entgehen, glaubhaft als 'Er- schießung auf der Flucht oder infolge von Widerstand' dargestellt werden.27 Eine ver- gleichbare Rücksichtslosigkeit verlangte die ebenfalls von Eicke erlassene "Dienst- vorschrift für die Begleitposten und die Ge- fangenenbewachung", die in leicht modifi- zierter Form auch für das Außenkomman- do in Arolsen galt. Ohne Vorwarnung war bei Fluchtversuch, tätlichem Angriff oder Meuterei sofort von der Schußwaffe Ge- brauch zu machen. Schreckschüsse waren grundsätzlich untersagt. Ende 1934 wurden auf Drängen Eickes die kasernierten Wachverbände, die in SS- Baracken oder SS-Kasernen in unmittelba- rer Nähe der Lager stationiert waren, aus der Allgemeinen SS herausgelöst, so daß sich gemäß Erlaß des Reichsführers-SS vom 14. Dezember 1934 die SS-Truppen in drei Teile gliederten: SS-Verfügungstruppe SS-Wachverbände Allgemeine SS. Bis zu ihrem ersten Auftreten auf dem Reichsparteitag 1935 erfolgte eine weitere Umorganisation der SS-Wachverbände, in der T. Eicke sie zu fünf Sturmbannen zu- sammenfaßte und ihnen in Anlehnung an den jeweiligen Standort der zuständigen KL lokale Bezeichnungen gab: 4 Konzentrationslager und Außenkommandos 119 I "Oberbayem" KL Dachau I1 "Elbe" KL Lichtenburg iIi "Sachsen" KL Sachsenburg lV "Ostfriesland" KL Esterwegen V "Brandenburg" KL Oranienburg Von dem aus der "Wachtruppe Ober- bayem der Allgemeinen SS" hervorgegan- genen Sturmbann "Oberbayern" in Dachau wurde der Totenkopf als Emblem auf dem Kragenspiegel übernommen, was schließ- lich ab 29. März 1936 zu der offiziellen Be- zeichnung "SS-Totenkopfverbände" führte. Demgegenüber trugen die SS-Männer, die unmittelbar zum Lagerpersonal gehörten, bis zum Rang des Obersturmbannführers auf Anweisung des Chefs des SS-Haupt- amtes ein "Ku auf dem Kragenspiegel. "Politische Abteilung", "Kommandan- tur", "Schutzhaftlager", "Verwaltung" und "Lagerarzt" zählten zu den lagerinternen Abteilungen, deren Angehörige T. Eicke nicht alle unmittelbar unterstanden. Insbe- sondere erhielt die Politische Abteilung, die Vernehmungen der Häftlinge, Überfüh- rung der Leichen bzw. Urnen verstorbener Häftlinge, alle personellen Veränderungen und Meldungen von Fluchtfällen an die zu- ständigen Polizeidienststellen zu überwa- chen hatte, ihre Anweisungen unmittelbar von der Kriminalpolizei oder der Geheimen Staatspolizei, und hier erkannte Sipo-Chef Heydrich eine Chance, die Konzentrations- lager insgesamt der Sicherheitspolizei zu unterstellen. Diese in sich logische Über- legung mit eindeutiger Kompetenzvertei- lung hätte zwar Heydrichs Machtfülle ver- vollkommnet, sie entsprach aber nicht dem Führungsstil Hitlers, einen Zustand herzu- stellen, "in dem die verschiedensten eigen- ständigen Machtträger unabgegrenzt, mit- einander konkurrierend und gegeneinander standen, und nur er an der Spitze von allen. Nur so konnte er sich selbst die vollkommen unbeschränkte Handlungsfreiheit nach al- len Seiten sichern, die er haben wollte."28 Im Zuge der internen Machtstreitigkei- ten zwischen Heydrich und Eicke ließ der Sipo-Chef von der Politischen Abteilung "heimlich Belastungsmaterial über die ka- tastrophalen Zustände in Eickes Lagern sammeln"29 und Pläne verbreiten, das Ge- heime Staatspolizeiamt beabsichtige, die Totenkopfverbände der Aufsicht des In- spekteurs der KL zu entziehen und sie den jeweiligen SS-Oberabschnitten der Allge- meinen SS zu unterstellen. Doch Himmler dachte nicht daran, die Machtposition Hey- drichs weiter auszubauen, und so erfolgte auch keine Eingliederung der 3. SS-Toten- kopfstandarte "Thüringen" in den SS-Ober- abschnitt "Fulda-Werra" in Arolsen. Nachdem mit Ernennung des Reichs- führers-SS und Chefs der Deutschen Poli- zei im Reichsministerium des Inneren am 17. Juni 1936 Hitler die Grundlagen zur Ver- einheitlichung und Neugliederung der Po- lizei geschaffen hatte, ordnete er in einer geheimen Kommandosache vom 17. Au- gust 1938 zur Regelung sowie "Abgren- zung der gemeinsamen Aufgaben der SS und der ~ e h r r n a c h t " ~ ~ zusammenfassend und grundlegend an: "Die SS-Totenkopfverbände sind weder ein Teil der Wehrmacht noch der Polizei. Sie sind eine stehende bewaffnete Truppe der SS zur Lösung von Sonderaufgaben polizeilicher Natur, die zu stellen ich mir von Fall zu Fall vorbehalte. Als solche und als Gliederung der NSDAP sind sie weltanschaulich und politisch nach den von mir für die NSDAP und die Schutz- 120 Konzentrationslager und Außenkommandos 4 staffeln gegebenen Richtlinien auszuwäh- len, zu erziehen und durch Einstellung von SS-tauglichen Freiwilligen, die ihrer Wehr- pflicht grundsätzlich in der Wehrmacht ge- nügt haben, zu ergänzen. [...I Die SS-Totenkopfverbände erhalten ihre Geldmittel durch das Reichsinnenministe- rium." 31 Für den Fall der Mobilmachung sollten die SS-Totenkopfverbände die Stämme für die "Verstärkung der SS-Totenkopfverbän- de (Polizeiverstärkung)" bilden und "in der Bewachung der Konzentrationslager durch Angehörige der Allgemeinen SS, die das 45. Lebensjahr überschritten'' hatten und "militärisch ausgebildet" waren32, ersetzt werden. Bis 1938 erfolgte für die SS-Toten- kopfverbände nochmals eine Neuformie- rung auf schließlich vier Standarten: 1. SS-Totenkopfstandarte "Oberbayem" Dachau 2. SS-Totenkopfstandarte "Brandenburg" OranienburgISachsenhausen 3. SS-Totenkopfstandarte "Thüringen" Weimar 4. SS-Totenkopfstandarte "Ostmark" Linz Die zunächst in Frankenberg und nach der Einrichtung des Konzentrationslagers Buchenwald in Weimar stationierte 3. SS- Totenkopfstandarte "Thüringen" lernten die Arolser erstmals Anfang Juni 1939 kennen, als "die besten Männer der ~ t a n d a r t e " ~ ~ zur Vorbereitung des Reichskriegertages und zu Aufnahmen für einen UfA-Kultur- film vorübergehend in die SS-Unterkunft an der Großen Allee einzogen. "Die Komman- dierung zur Mitwirkung an dieser soldati- schen Feierstunde und den großen militä- rischen Festlichkeiten des Reichskrieger- tages erhielt die 3. SS-Totenkopfstandarte 'Thüringen' vor weniger als zwei Wochen, und in dieser kurzen Zeit war neben dem offiziellen Dienst als Wachtruppe im Kon- zentrationslager Buchenwald eine Schau- nummer der Truppen aus der Zeit Fried- richs des Großen zu stellen", erfuhren die Arolser in einem bebilderten Artikel der Lo- k a l z e i t ~ n g . ~ ~ Da bereits vor Kriegsbeginn SS-Führer nach Ausbildung und Dienst bei der Verfügungstruppe in Arolsen zu den "Totenköpfen" gewechselt waren, jubelte der Reporter: "Schon die Tatsache, daß SS- Sturmbannführer B. die Truppe in die alte Gamisonstadt Arolsen brachte, in der er lange als Hauptsturmführer und Kompa- niechef im IIISS 'Germania' wirkte, hat uns eine besondere Freude bereitet."35 Konzentrationslager von Kriegsbeginn 1939 bis Organisation und Neubau der Konzen- trationslager durch Eicke nach dem Dach- auer Modell waren bis 1939 soweit abge- schlossen, daß sie der bis dahin durch die Machthaber definierten Zielsetzung der Verfolgung des "Staats- und Volksfeindes" und der Erzeugung eines permanenten Be- drohungsgefühls im gesamten Reich ent- sprachen. 1939 befanden sich etwa 21.500 KL-Häftlinge in den Lagern Buchenwald, Dachau, Flossenbürg, Mauthausen, Ra- vensbrück und ~ a c h s e n h a u s e n . ~ ~ 4 Konzentrationslager und Aul3enkommandos 12I A b . 4.03: Zur "Generalprobe 'eines friderizianischen Infanterie-Bataillons des Regiments Ton- nofr "hatte sich am 2. Juni 1939 eine große Menschenmenge eingefunden und schaute vor dem Schtoß und in der Hauptstraße "dem interessanten militärischen Schauspiel" zu.37 122 Konzentrationslager und Außenkommandos 4 Mit Kriegsbeginn kam dann "die große Wende im Leben der K L ' ' ~ ~ , deren offen- kundiges Merkmal kurz nach dem Überfall auf Polen ein lawinenartiger Anstieg der Häftlingszahl mit dem unsäglichen Höhe- punkt in den letzten Kriegsmonaten war. Die Schutzhaftverfahren wurden radikal vereinfacht. Deutsche, die bereits unmit- telbar nach der Machtergreifung kurzfristig inhaftiert worden waren, wurden sofort er- neut in Schutzhaft genommen ebenso wie die der Sabotage, der Aufwiegelung und der Zersetzung der Kriegsmoral in entfem- tester Form verdächtigten ~ e r s o n e n . ~ ~ Hin- zukamen immer neue "Häftlingskategori- en": Frauen und Männer der besetzten öst- lichen Länder wurden aus ideologischen Gründen oder wegen vermeintlichen Wi- derstands deportiert, und vorwiegend aus den westlichen Ländem brachte man ab Dezember 1941 etwa 7.000 "N.N.-Häftlin- ge" aufgrund des berüchtigten "Nacht-und- I L a g e r s t ä r k e d e s Nebel-Erlasses" in die Konzentrationsla- ger. Eine weitere Gruppe bildeten die aus "ehemaligen Ghettos und Judenarbeitsla- gern im Osten stammenden oder im Zu- sammenhang mit RSHA-Transporten (im Rahmen des Programmes der 'Endlösung') nach Auschwitz gekommenen und von dort zum Teil in andere KL überstellten Ju- den".40 Entlassungen von Häftlingen aus der Schutzhaft fanden schon ab dem 24. Oktober 1939 kaum noch statt.41 Auf Anordnung Himmlers stellten be- reits seit Ende 1939 der Inspekteur der KL und die Höheren SS- und Polizeiführer Er- kundungen zur Einrichtung neuer Lager an, die bis März 1942 zu Neugründungen in Stutthof im Januar 1942, Neuengamme bei Hamburg und Auschwitz im Juni 1940, Groß-Rosen im Mai 1941, Natzweiler im Juli 1941 und Birkenau im November 1941 führten. In der zweiten Kriegshälfte folgten noch als Stammlager Lublin (April 1943), K L B u c h e n w a l d ! I 'OOOOO; Ako "Dora" wird I 0 ; BJZ I Abb. 4.04: Die Lagerstärke in Buchenwald zeigt exemplarisch für fast alle Konzentrationslager die Zunahme der Häftlinge zu Beginn und dann verstärkt am Ende des ~ r i e ~ e s . ~ ~ 4 Konzentrationslager und Außenkommandos 123 Abb. 4.05: Die Stammlager in den Grenzen des "Großdeutschen Reichs" vom 1. September 1939 und in den annektierten oder besetzten Gebieten. Nicht aufgeführt sind die sogenannten Frühen Konzentrationslager, wie z.B. Breitenau bei ~ a s s e l . ~ ~ Herzogenbusch (5. Januar 1943), Bergen- Belsen (30. April 1943), Riga-Kaiserwald (April 1943), Warschau (15. August 1943), Kauen (15. September 1943), Klooga (Sep- tember 1943), Vaivara (September 1943), Krakau-Plaszow (1 1. Januar 1944), Mittel- bau (1. November 1944) .~~ Das menschenverachtende Gesicht, das ihre 'Schöpfer' den Konzentrationslagern zugedacht hatten, trat nach Kriegsbeginn vorrangig in zwei verheerenden Schwer- punktsetzungen mit aller Deutlichkeit zu- tage. Einmal erfolgte eine Akzentuierung der Ziele zunehmend hin auf die körperli- che Vernichtung des 'Staatsfeindes', auf "die Vertilgung von Menschen, die für Hit- ler Ungeziefer waren".45 Sie mündete in den Massenmorden an Kranken und damit "unnützen Essern", den "Zigeunern", der Intelligenz- und Führungsschicht in Polen, der russischen Bevölkerung und schließ- lich in der systematischen Vernichtung der 124 Konzentrationslaner und Außenkomrnandos 4 p~ - -- - - P-p P- -- --P - - von Arolsen gelegene Arbeitslager Nieder- Todesfä l le im K L Buchenwald 8 i--- hagen bei Wewelsburg - nachdem es zu- ; / nächst lediglich ein Kommando von Sach- ' I I I senhausen war - vom 1. September 1941 bis zum 1. Mai 1943 als selbständiges Konzen- trationslager geführt48, da der geplante weitläufige Ausbau der Wewelsburg zur Kultstätte und SS-Schule langfristig viele 1 Arbeitskräfte verlangte und im Sinne des Reichsführers-SS Himmler am günstigsten I 1937 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945*,. von in unmittelbarer Nähe untergebrachten Abb. 4.06: Statistik der in Buchenwald ver- storbenen und ermordeten Häftlinge von 1937 bis 31. März 1945 (ohne sowjetische Kriegsge- fangene).46 Juden, der "Endlösung der europäischen Judenfrage". Für Buchenwald verdeutlich- te dies die Statistik über die ermordeten Ge- fangenen unverkennbar. Auf der anderen Seite - und das war für die Einrichtung des Außenkomqndos in Arolsen von unmittelbarerer Bedeutung - trat jedoch eine zweite Zielsetzung mehr in den Vordergrund: Neben Bekämpfung, Un- terdrückung und Vernichtung des politi- schen Gegners wuchs auch deutlich das wirtschaftliche Interesse der SS an der Ar- beitskraft der Häftlinge, "aus den Schutz- haftlagern für Staatsfeinde wurden Stätten massenhafter Z ~ a n g s a r b e i t " . ~ ~ Diese Mo- tivverlagerung, die 1940 schärfere Kontu- ren annahm und dann in der Endphase des Kriegs ihren dramatischen Höhepunkt er- reichte, zeigte sich u.a. in der Tatsache, daß Himmler zunächst nur solchen Lagern die Bezeichnung "Konzentrationslager" zuer- kannte, in deren Nähe sich kriegswichtige Industrie befand oder der Aufbau von SS- Unternehmen möglich erschien. So wurde das kleine, nur rund 34 km nordwestlich Häftlingen durchgeführt werden konnte. Ebenso waren die Möglichkeiten des Ar- beitseinsatzes von Häftlingen für SS-eigene Zwecke und Wirtschaftsunternehmen ab 1943 ausschlaggebend dafür, daß die bei- den Juden-Arbeitslager in Plaszow und Lublin zu Konzentrationslagern 'ernannt' wurden, "obwohl es sich bei den Insassen weder um Schutzhäftlinge noch um polizei- liche Vorbeugungshäftlinge handelte" .49 Abgezeichnet hatten sich die wirtschaft- lichen Interessen der SS an Häftlingen in Ansätzen schon bei der Planung des KL Buchenwald 1937. Für ein neu zu errich- tendes Konzentrationslager in Thüringen wurde ein geeignetes Gelände der "Größe von 75 ha gesucht (schlechter Boden oder auch Wald), in dessen Nähe sich abbaufa- higer Lehm- oder Tonboden befindetN50, denn die Lagerinsassen sollten - nachdem sie Häftlingsblöcke, Appellplatz, Kasernen für die Totenkopfstandarte "Thüringen" und Zufahrtsstraßen emchtet hatten - "im Rahmen des Vierjahresplanes mit der Her- stellung von Ziegeln beschäftigt erden“.^^ Und so erstreckte sich der Arbeitsbereich der Häftlinge von Beginn an über die "La- gerinnenkommandos" u.a. in Küche, Ma- gazin, Wäscherei, Werkstätten, Gärtnerei, Effektenkammer und im Krankenbau hin- 4 Konzentrationslaeer ui nd Außenkommandos 125 aus. Noch innerhalb des Stacheldrahtbe- reichs des Lagers, aber durch einen elektri- schen Zaun getrennt, befand sich das Ge- lände des SS-eigenen Unternehmens der Deutschen Ausrüstungswerke DAW mit Holzlagern, Werkstatthallen und Zimmerei, in die bis zu 2.000 Häftlinge abgestellt wur- den.j2 Nur wenige Schritte von den Häft- lingsunterkünften entfernt in den Gebäu- den unmittelbar vor dem Eingangstor des Lagers arbeiteten die Kommandanturkom- mandos, die in den Augen der Gefangenen häufig als "das reinste paradies"j3 im Ver- gleich zu den weiter vom unmittelbaren La- gerbereich entfernt eingesetzten Schacht-, Bau- und Steinbsuchkommandos wirkten, in denen Menschen unvorstellbar gequält und viele - nachdem sie auf die Postenkette zugetrieben worden waren - 'auf der Flucht' erschossen wurden.54 Morgens verließen diese "Lageraußen- kommandos" Buchenwald zu Fuß oder mit Fahrzeugen und kehrten abends nach der Arbeit hinter den Stacheldraht auf dem Et- tersberg zurück. Allerdings dehnte sich der Einsatzbereich um das Stammlager immer weiter aus, so daß schließlich die Entfer- nungen zwischen Lager und Arbeitsplatz einen täglichen Transport der Häftlinge nicht mehr sinnvoll erscheinen ließ. Vor Ort wurden neue Nebenlager eingerichtet, die jedoch organisatorisch bis auf wenige Ausnahmen dem Stammlager unterstellt blieben. Neben dem offiziellen Namen "Ar- beitslager" bzw. "SS-Arbeitslager" wurden sie von den KL-Leitungen als "Außenkom- mandos" geführt. Bis Kriegsbeginn existierte für Buchen- wald nur ein solches Nebenlager: das am 15. November 1938 eingerichtete Außen- kommando beim SS-Unternehmen Deut- sche Erd- und Steinwerke GmbH DEST in Berlstedt. Im Januar 1939 erstmals erwähnt wurde ein Kommando bei der Bauleitung der Waffen-SS und Polizei in Tonndorf mit den 1945 hinzukommenden Unterkomman- dos in Bad Berka und ~ 1 a n k e n h a i n . j ~ Bis zum großen Umschwung in der Funktion der Konzentrationslager im März 1942 ent- standen noch sieben weitere Außenkom- mandos, von denen zwei im Vergleich zu Arolsen bemerkenswert sind. Am 13. Sep- tember 194 1 wurde ein Kommando zu In- standsetzungsarbeiten in die SS-Junker- schule nach Braunschweig verlegt, und kurze Zeit später am 1 1. November 194 1 bekam die SS-Unterführerschule in Lauen- burg Häftlinge zu Aufbau- und Instand- setzungsarbeiten von Buchenwald über- Die Wende mit der Einrichtung des SS-WVHA 1942 Ein großangelegter Arbeitseinsatz der Häftlinge in SS-Betrieben oder der Indu- strie - hier natürlich besonders in der Rü- stungsindustrie - erfolgte im Bereich des Konzentrationslagers Buchenwald bis An- fang 1942 jedoch nicht, und so nahm auch die Zahl der Außenkommandos zunächst nur um zwei zu. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Häftlinge, da sie aus organisatori- schen und sicherheitstechnischen Gründen nicht an jeder benötigten Stelle eines Be- triebs eingesetzt werden konnten und zu- dem in produktionsnahen Lagern mit zu- 126 Konzentrationslaner u ind Außenkommandos 4 sätzlichem Bewachungspersonal unterge- bracht werden mußten, für die Kriegsindu- strie wirtschaftlich unattraktiv. Noch gab es genügend Zivilarbeiter für die Rüstungs- produktion, die effektiver eingesetzt wer- den konnten. Nach dem ~ b e r f a l l auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 und dem schnellen Vor- stoß der deutschen Truppen in Richtung Osten änderte sich die Situation zunächst dahingehend, daß durch die Verschleppung von Männern und Frauen aus den besetz- ten Ostgebieten weitere Arbeitskräfte in großer Zahl zur Verfügung standen. Ohne aufwendige, die Produktivität verrnindem- de Sonderregeln konnten diese Menschen zur 'Zwangsarbeit verwendet' werden. In dieser Phase des scheinbar unaufhaltsamen Vormarschs deutscher Truppen plante H. Himmler bereits für die Zeit nach dem sieg- reichen Ende des Kriegs und dachte dabei insbesondere an die längerfristige Nutzung der Arbeitskraft der Häftlinge zum Ausbau der Wirtschaftsmacht der Schutzstaffel SS. Vom Chef des RSHA, vom Inspekteur der KL, von den Lagerkommandanten und vom SS-Verwaltungschef Oswald Pohl verlang- te er weitgehende vorbereitende Maßnah- men, zu denen "in erster Linie die Bereit- stellung der erforderlichen Bauarbeiterkraf- tevs7 gehörte. "Die Schutzstaffel ist in der selten günstigen Lage, diese Arbeitskräfte aus den Häftlingen der Konzentrationsla- ger heranzubilden und h e r a n z u ~ i e h e n . " ~ ~ Erstmals wurde in einem Erlaß des Reichs- führers-SS von den Lagerkommandanten verlangt, durch "vernünftige, notfalls zu- sätzliche Verpflegung und Bekleidung die Arbeits- und Leistungsfähigkeit der zur Ausbildung ausgewählten Häftlinge zu und ihr Interesse "für den wirt- schaftlichen Einsatz zu heben".60 Mit der Schaffung einer Stufenordnung von I bis I11 für die verschiedenen Konzentrations- lager sollte eine in diesem Sinne optimierte Häftlingsausbeute ermöglicht werden. Da- bei wurde Buchenwald der Lagerstufe I1 für "schwerer belastete, jedoch noch erzie- hungs- und besserungsfähige Schutzhäft- lingeU6 l zugeordnet. Zu der schließlich entscheidenden Än- derung des Arbeitseinsatzes der KL-Häft- linge ab Frühjahr 1942 trugen zwei Fakto- ren bei. Zunächst machten das Scheitern des Angriffs auf Moskau, die Gegenangrif- fe der Roten Armee auf die für einen Win- terfeldzug nur ungenügend ausgerüsteten deutschen Truppen und der in rückwärti- gen Gebieten wachsende Partisanenkampf aus dem Blitzkrieg einen sich hinziehenden Abnutzungskrieg, der zunehmend Material und Menschen verschlang. Immer mehr deutsche Arbeitskräfte wurden zum Mili- tärdienst geholt, während gleichzeitig die Zwangsrekrutierung ausländischer Arbei- ter fast völlig erschöpft war. Die zweite Ursache lag in der Umorga- nisation der Inspektion der Konzentrati- onslager. Nachdem T. Eicke im November 1939 als Kommandeur der SS-Totenkopf- division aus seinem Amt als Inspekteur der Konzentrationslager ausgeschieden war, blieb auch sein Nachfolger zunächst weiter dem Hauptamt unterstellt und kam ab Au- gust 1940 zu dem neugeschaffenen Füh- rungshauptamt. Entscheidende Organisa- tionsveränderungen ergaben sich aber erst, als am 1. Februar 1942 das SS-Wirtschafts- Verwaltungshauptamt unter der Leitung von 0 . Pohl eingerichtet wurde und dieses Hauptamt am 16. März 1942 als Gruppe D die Konzentrationslager unterstellt bekam.62 4 Konzentrationslager und Außenkommandos 127 Mit der Zuordnung zum SS-Wirtschafts- Verwaltungshauptamt SS-WVHA rückte der wirtschaftliche Aspekt sehr viel mehr in den Mittelpunkt, denn "der Einzug in die Gehirnz,entrale der Manager und Produkti- onsenthusiasten verlieh dem KZ-System ganz neue ~ k z e n t e " . ~ ~ Bereits wenige Wo- chen später berichtete 0 . Pohl dem Reichs- führer-SS H. Himmler über den Stand des Ausbaus der Konzentrationslager und legte seine perspektivischen Überlegungen für die überschaubare Zukunft dar: "Der Krieg hat eine sichtbare Strukturveränderung der Konzentrationslciger gebracht und ihre Auf- gaben hinsichtlich des Häftlingseinsatzes grundlegend verändert. Die Verwahrung von Häftlingen nur aus Sicherheits-, erzie- herischen oder vorbeugenden Gründen al- lein steht nicht mehr im Vordergrund. Das Schwergewicht hat sich nach der wirtschaft- lichen Seite hinverlagert. Die Mobilisie- rung aller Häftlingsarbeitskräfte zunächst für Kriegsaufgaben (Rüstungssteigerung) und später für Friedensaufgaben schiebt sich immer mehr in den ~ o r d e r ~ r u n d . " ~ ~ Nach Pohls Auffassung mußten Maßnah- men ergriffen werden, die Konzentrations- lager aus ihrer "politischen Form in eine den wirtschaftlichen Aufgaben entsprechende ~ r g a n i s a t i o n " ~ ~ zu überführen. Himmler stimmte Pohls Vorschlägen zwar zu, äußer- te jedoch seine Bedenken dahingehend, es könne der Eindruck entstehen, Menschen würden nur in den Konzentrationslagern inhaftiert, damit die SS Arbeiter habe.66 Für die Häftlinge in den Stammlagern bedeuteten die Vorhaben Oswald Pohls zu- nächst nach der Landung der Alliierten bis zur Endphase des Krieges eine punktuelle Verbesserung, denn einige "Normalgreuel" wurden nach und nach abgestellt.67 Ins- besondere wurde das bis dahin oft stun- denlange, bei jedem Wetter durchgeführte Appellstehen reduziert, und auch andere Schikanen und Strafarbeiten fielen weg.68 So forderte Himmler am 2. Dezember 1942 in einem Runderlaß eine Verringerung der Prügelstrafe, da die vorgelegten Strafverfü- gungen eindeutig gezeigt hätten, "daß der Sinn und Zweck der härtesten Lagerstrafen [Prügelstrafe] in den meisten Fällen nicht erkannt worden ist".69 Seit Mai 1943 er- hielten gemäß einer von Pohl erlassenen "Prämien-Ordnung" Häftlinge, die "sich durch Fleiß, Umsicht, gute Führung und besondere ~ r b e i t s l e i s t u n g e n " ~ ~ auszeich- neten, Vergünstigungen in einer gestaffel- ten ~ o r n : ~ 1. Hafterleichterung 2. Verpflegungszulagen 3. Geldprämien 4. Tabakwarenbezug 5. Bordellbesuche. So ordnete z.B. für den Arolser Häftling Willy Apel das RSHA am 20. April 1943 eine solche Hafterleichterung der Stufe 1 an72, und auch Bemhard Reißig erhielt ei- nen ahnlichen Vermerk in seine KL-Unter- lagen73. Andere Häftlinge bekamen in den letzten Kriegsmonaten ~ e l d ~ r ä m i e n . ~ ~ Insgesamt zeigte die reale Umsetzung vor Ort in den Konzentrationslagern zwar eine gewisse Wirkung, aber es wurde auch weiterhin geschlagen, gequält und gemor- det.75 Vor allem aufgrund der entsetzlichen hygienischen Bedingungen und der völlig ungenügenden Ernährung stieg die Häft- lingssterblichkeit in der zweiten Hälfte des Jahres 1942 auf 60% an, etwa 57.000 Men- schen starben in diesem Zeitraum in den Konzentrationslagern. 128 Konzentrationslager ui nd Außenkommandos 4 Konzentrationslager in der zweiten Kriegshälfte Bei einer Besprechung im Führerhaupt- quartier am 17. März 1942, in der die stär- kere Einbeziehung der Konzentrationslager in die Rüstungsindustrie im Mittelpunkt stand, gingen die Anwesenden noch von der Einhaltung einer Verordnung Himmlers aus, die Fertigungen in den Lagern selbst durchzuführen und interessierte Firmen da- her zur Verlegung der "Erzeugung in den Bereich des ~ a g e r s " ' ~ zu veranlassen. Im Gefolge dieser Überlegungen wurde das KL Buchenwald an das Eisenbahnnetz an- geschlossen, und unmittelbar vor den To- ren des Lagers entstanden dreizehn Hallen der Gustloff-Werke 11, bei deren Bau auch später nach Arolsen überstellte Häftlinge eingesetzt wurden. Eine Verlegung kriegs- wichtiger Produktionsstätten in die unmit- telbare Nähe der Konzentrationslager und damit der Arbeitskräfte war jedoch im gro- ßen Stil in einer der Kriegssituation ange- messenen Zeit keinesfalls zu schaffen. So dauerte z.B. der Bau der Gustloff-Werke I1 trotz rücksichtslosesten Einsatzes von etwa 3.500 Häftlingen in Tag- und Nachtschicht über acht Monate. Darüber hinaus ließ der verstärkte Luftkrieg dies auch nicht mehr sinnvoll erscheinen, da eine Ballung von Rüstungsbetrieben im nahen Umfeld der Konzentrationslager eine erhöhte Gefahr der Zerstörung durch alliierte Bomber be- deutete. 17 Monate nach Produktionsauf- nahme wurden die Gustloff-Werke I1 bei einem Luftangriff am 24. August 1944 weit- gehend zerstört. Aus diesem Grund ging man zur Verlagerung kriegswichtigster Be- triebe vor allem der Flugzeug- und Rake- tenfertigung in unterirdische Stollen über, und damit begann eines der dunkelsten Ka- pitel in der Geschichte Buchenwalds. Am 27. August 1943 wurde unter dem Deckna- men "Dora" bei Salza ein Kommando für Bauarbeiten und Produktion der A4-Rake- ten der Mittelwerke GmbH eingerichtet, in dessen Tunnels ungezählte Häftlinge elend umkamen.77 Mitte 1944 war dieses Außen- kommando auf über 30.000 Personen an- gewachsen und hatte damit eine Größen- ordnung erreicht, daß es am 28. Oktober 1944 von Buchenwald abgelöst und zum selbständigen Konzentrationslager mit der Bezeichnung "Mittelbau-Dora" gemacht wurde.78 Eine weitere Änderung der Ausnutzung der Häftlinge erfolgte nach der Kapitulati- on der 6. Armee in Stalingrad am 3 1. Janu- ar 1943 und dem damit offen sichtbar wer- denden Wendepunkt im Kriegsverlauf. Der massiven Ausdehnung der Rüstungspro- duktion stand eine kaum noch zu vergrö- ßernde Zahl an Arbeitskräften gegenüber, da der Einsatz von Kriegsgefangenen in Industrie und Landwirtschaft stagnierte, die Rekrutierung ausländischer Arbeits- kräfte für diesen Industriebereich - unge- achtet größter Bemühungen des Gauleiters von Thüringen und Generalbevollmächtig- ten für den Arbeitseinsatz F. Saukel - nicht gesteigert werden konnte und gleichzeitig aufgrund der enormen Verluste an der Ost- front immer mehr deutsche Arbeiter ihren Militärdienst antreten mußten. Im weiteren Verlauf des Jahres 1943 wurde der Arbeits- kraftemangel in kriegswichtigen Fabriken so groß, daß man die Überlegung aus dem 4 Konzentrationslager und Außenkommandos 129 Jahre 1942 fallenließ und immer mehr dazu nerhalb von zwölf Monaten stieg für das überging, KL-Häftlinge auch an weiter vom KL Buchenwald ihre Zahl von 20 am Ende jeweiligen Stammlager entfernt gelegene des Jahres 1943 auf 117 Ende 1944, um mit Produktionsstätten 'auszuleihen' und hierzu dem Näherrücken der Front bis Ende März neue Außenkommandos einzurichten. In- 1945 auf 106 abzunehmen. Abb. 4.07: Die Außenkommandos des Konzentrationslagers ~uchenwald. '~ 130 Konzentrationslarer und Auflenkommandos 4 I n das :b~lrticiiaC t e - V e m a i tungshnupt~at Amtep!@pri D - K ß n t c a ~ i n t i ~ n 3 i n & e r Q r r R i B n b U r b e i Eezlin. ES /h ta l rns s s des itL. Auchawmld. I r n . PI 7.y. L?. 21. ;2. - 5 . 24. 25. F5 rn 2'. wrgriukam*mdo VT, !!ünater ( X h .&rlhm)....... W O ............... ?lkra:aetab A - 4 Eadescalabon U d ............... 3 i k . w * g t n b h - 5 Rcttlebe-ode PA d ........... 3ikry.t:~s~aS A - 6 aanzlcben m Die ~ ( Y D ................ mirlrqsawb B - 2 Sll5on:hdt PA0 wir0 . zcm-mdo a - j ......................... :J r-3rcki,>jc 5 .nlkcn,-ia3 (:;or::eben) .......,. iIi "F3f!nS?l<..le L E l l r i c h ........................ ;iU : -2i?ibti,qde 5 fiL uon. laxst . ¿ch~sl~Chl:iger ..... Xi V B~w%knh-c-?eazi: Aü li,j;dnbm ................ C!lo Er?-ukohla-lrnzL1 AG 3-3a?itv ................ 3- :v:%c'e : C - L:? .~:ci:inrlra, Serlgtedt ....... I kJ . 16-t: 7 I - X ~ ? a ? . . ' F ~ n : t . i C ~ l l o Eyion E J t D'Eoe) TU.' Imt X ~ C ~ E ) . IU i. 2cu tucha L u ~ r J ~ t ~ u ; ~ r e r Z o ÜabH. W./?ackcain?d.. ?Y o . ...................... I!-;chii:l :!ads-7e.mlxS.~.-z PX . :Iiinols - ?ensSe- ............................. F 3 . ........................ Gostl31C-':e='rc, , , e h - 9 U ................ 0 * L A , SUdtnF5CPf-brIX, I R l a Z i ; F4 ................ A o ~ T r i l -,.crke Fo~ehlI. der%i;?eroda HI u Lw-?Len,or%n AG ?ühlhnuscr. 3L-. ............... P 3 0 :s?Ler=mrie, SchJnebeck ...................... ?:I 0 ..... Yifo ~ i ~ ~ e r s 3 ~ h ~ n 0 : ~ e 2 , ( ~ 0 3 t ~ ~ 9 t 0 ~ 1 ~ Sie). F l ) !liTo i1cCer~ec:l txo=Pa%,( " I ta i . ] . ?J * .. 0 a m ~ o n i .k:,;er!c Unlii . Peroeburq (Kos%nat .B XI). xS Aifo P:e-y~stkch~verfon, :Koaten3telle B E I ... RY* .;lfo Y:w!ens%chmrfe~, - B XZII{... PAm Ilttelaori: G?SIi. ,Yicdsrsnchswerien ............ F24 U ............... icki-J:, L r n m S io. '13r*&iurna TA 0 ~ l o l l ; h ? ~ c h B a u l o ' t w Caalf e i S / a l e ......... !"! . " (itnl.Zr!iga*;el.) riI 9 X0mw-':3 Ser+a ................................ U!! 0 ...... ' MittaT??etsche Bugem. -2 ...... PU. W E: .... #,- V It . ...*.. Fli ? b ? ~ ? r * ~ : iUr j .W.3M.95 Abb. 4.OBa: Seite 1 der Zusammenstellung der Fardeningsnachweise fur Juni 1 944.K" Konzentrationslager und Auknkommandos 13 1 Chridian c s n z e l d &&!T. 31-se ............... W V 9ochuaer Vsraia. %CL= .......................- RX R a s s g - i n f - z i g Iffanen) ................. Ry 0 ................ timinwhait - J a , kr~in ü+ RU i i U e l n 5 1 a f i , V s t m r .................. *„...RYu ......... YPuwrn.Iriiditr, 1. E i l 0 .. ..,.. " FA 0 . ..... mri ..... m~irtiimilidaat Ets 0 lmgi15si.t, (Bou~telle K ' l h l l u u e ) ......... Br D ArbmftagimMdt aahlhi in~ TeFmnr ............ Bio BauLsitwq KpbUmas W e h - ..................... 6U 0 RudcLI i . 0 . Ys las l . Ilulmar ..................... Ei- a.:t~;rpendahl, se- .......................... $Y ; i s l&sa?nt t$a l tnr in Thürfrigan ................. B11 RU 4*195*857.95 .--.-h*.-*...m. WaA-ichtlichr F o r d s r ~ ~ m e h r e i s e für b i a s b a lk3tattung g m B L m r A n ~ der iY.V,A. 3 w 2r. 1 Wfer 1 antarbhtibtr ........... 63. 7 S1tq.d .%df in -H u . h l * W./Bu&vlrcald W Q 42?.18a.- Eu. 2 B l t ~ . d , Y & f f e n 4 u*PoL. W./-Uch?ar:dd (IPBu~~s.IV) Ei ICIZ.206.- S?. 3 ßl=;.d.r.tZIcnil ~i.?nL. R . J B ~ . ( L C 3 t a n d o m r r . ) . . l l l c 32.- 66. 12 Eeubrigode 5 - 7ä - Fe PI A t 35 ................ '3il U 8S.W.- ......... 67. 21 rznftf i2=rarzllbtlg. n o ~ # l i c h a n a a l d EX 0 4.676.- 6d. 22 I c i t q u d o r i v c d t u asinar/auc2ienlal& ......... E I 3 ?6-416.- 6 3 . 23 i t t .3 ir i s ionsoachdub1aqer a.ii3ncheniald ...... M O 19,WS.- 73- 24 ?f -mk-e~3~hd~ r U U L ~ e 8 ......................... W O 110.6yl.- 71. 25 ?t2eWsidungalsqer Amisen ..................... RX * 2.42d.- 32. 6a Zen*r*l-E:satzteiF-Iqsr 29, 3aFBilt ............ E2 72.022.- ................ 73.6 ? ~ U ; e i + f f I z l a r s s ~ ~ ~ , ~ a i ~ FA: 2.813.- 7 4 M P o l l z e i p r 6 a : s h . ( k 5 n s i d e r u d Xchuhaaclier) ., EU 2.Sr2.- 75. 69 ?oi:taiprhs.*ulm. (Kdo.ileriratiitt 2 . -3 tn f fwl ) IUl 0 7.722.- 6,- 7' xlw 688.072.- -"II..I--I-"ICY Dar 1 , n g s r h m e n d a a t t bbb. 4.08b: Seite 2 der Zusammenstellung der Fordeningsnachweise fOr Juni 1944." 132 Konzentrationslager und Außenkommandos 4 Insgesamt befanden sich in 128 Orten ohne präzise geographische Abgrenzung Außenkommandos des Konzentrationsla- gers Buchenwald, die bei den monatlichen Abrechnungen nach dem jeweiligen Ar- beitgeber in fünf Kategorien unterteilt wur- den: 1. Rüstungsbetriebe 2. Privatbetriebe 3. Amtsgruppe C 4. W-Betriebe 5. SS-Dienststellen Die erste zahlenmäßig große Gruppe be- stand im letzten Kriegsjahr aus Komman- dos in Rüstungsbetrieben z.B. in Weimar bei den Gustloff-Werken I, in Eisenach bei BMW, in Schönebeck bei den Junkerswer- ken, in Wernigerode bei den Reutel-Wer- ken, in Bochum bei der Eisen- und Hütten- werke AG und dem Bochumer Verein, in Salza bei der Mittelwerk GmbH sowie in Schlieben bei der Hugo Schneider AG un- ter der Bezeichnung HASAG. Gesondert zusammengefaßt wurden die Frauenkom- mandos in Rüstungsbetrieben u.a. bei Ver- wertchemie Hessisch ~ i c h t e n a u ~ ~ , Nobel Allendorf 83, HASAG Leipzig und Polte in Magdeburg. Eine zweite, deutlich weniger Häftlinge umfassende Kategorie bildeten mehrere kleine Kommandos in Privatbetrieben in unmittelbarer Umgebung Weimars z.B. bei der Bauleitung Kühlhaus und den Firmen Meise1 und Staupendahl. Ein Großteil des Häftlingseinsatzes au- ßerhalb des Stammlagers Buchenwald ent- fiel jedoch 1944 auf Arbeitsstellen, die un- mittelbar dem SS-WVHA unterstanden. Zu dieser dritten Gruppe zählten die Baustel- len der SS, die dem Amt C - Bauwesen - un- ter der Leitung von SS-Obergruppenführer Kammler zugeordnet waren. Unter der Be- zeichnung "Amtsgruppe C" wurden Au- ßenkommandos zusammengefaßt z.B. bei den "Bauleitungen der Waffen-SS und Po- lizei", beim Bau unterirdischer Anlagen zur V-Waffen- und Flugzeugfertigung - den "A-Vorhaben" A2, A4, A6 -, bei oberirdi- schen "B-Bauvorhaben" B2, B3 und bei Sondervorhaben mit der Bezeichnung "SN. SIII, die Tarnbezeichnung für das Außen- kommando, das am 6. November 1944 bei Ohrdruf mit dem unterirdischen Bau eines geheimen Führerhauptquartiers begann, wurde eine Stätte unvorstellbaren Leids und brutaler Menschenverachtung. Meh- rere Arolser Häftlinge kamen aus der Füh- rerschule in dieses Außenkommando. Zur vierten Gruppe gehörten in den Ab- rechnungen die SS-eigenen "W-Betriebe", die der Amtsgruppe W des SS-WVHA un- terstanden, wie z.B. dem W I die Komman- dos bei der Deutschen Erd- und Steinwerke GmbH DEST in Berlstedt, Düsseldorf und Essen, dem Amt W IV die holzverarbeiten- den Betriebe Deutsche Ausrüstungswerke DAW, dem W V Betriebe der Angorazucht und für Heilkräuterkultur und schließlich dem W V111 die "Sonderfunktionen" z.B. in der SS-Schule "Haus-Wewelsburg" in der Nähe ~ a d e r b o r n s . ~ ~ Als gesonderte Gruppe - auch wenn ei- ne genaue Trennung nicht immer möglich war - wurden schließlich in den Abrech- nungen mit dem SS-Wirtschafts-Verwal- tungshauptamt in Berlin Außenkomman- dos in "SS-Dienststellen" aufgeführt. Die Bandbreite dieser vergleichsweise kleinen Kommandos reichte von "Häftlinge für Ver- suchszwecke" und "Versuchszwecke - Vi- rusforschung" über "Nachschublager der 4 Konzentrationslager und Außenkommandos 133 1 Bezeichnung Ort Zeitraum Zeitraum Zeitraum Mai 1944 Aug. 1944 Feb. 1945 1 Luftgaukomrnando VI (Kalkum) Düsseldorf 32 37 0 I Kraftfahr-Ers.-Abt. W./Buchenwald 37 46 56 1 SS-Kraftf-Ausbesserungs- U. Ers.Rgmt WIBuchenwald 0 20 29 I SS-Standortverwaltung W./Buchenwald 106 108 190 I SS-T.Div.Nachschublager W JBuchenwald 110 100 96 1 SS-Führerschule Arolsen 79 74 94 I SS-Bekleidungslager Arolsen 19 20 17 / Napola-Bensberg Bensberg 8 11 13 I Häfilinge für Versuchszwecke 79 79 79 / Versuchszwecke -Virusforschung 24 42 I Falkenhof - Zoo 4 4 50 I 1 Höh SS- U. Pol F. Lohausen Lohausen 0 0 30 1 Höh. SS- U. Pol F. Düsseldorf 0 0 I 71 I I Abb. 4.09: Zusammenstellung der wichtigsten in SS-Dienststellen eingesetzten Außenkom- mandos des KL Buchenwald einschließlich der durchschnittlichen Häftlingszahlen für die Monate Mai 1944, August 1944 und Februar 1 9 4 5 . ~ ~ SS-Totenkopfdivision" bis zu "SS-Stand- ortverwaltung" in Buchenwald. Auch in dieser Kategorie nahm die Zahl der Kom- mandos im Verlauf des Jahres 1944 deut- lich zu, die Anzahl der eingesetzten Häft- linge blieb demgegenüber in den einzelnen SS-Dienststellen recht konstant. Eine Aus- nahme bildete die SS-Standortverwaltung in Buchenwald, für die sich die Zahl der ab- kommandierten Häftlinge im Verlauf eines Jahres nahezu verdoppelte. In dieser Klas- sifizierung bildeten die "SS-Führerschule des Venvaltungsdienstes" und das "SS-Be- kleidungslager" zusammen eines der zah- lenmäßig stärksten Kommandos. Die SS-Verantwortlichen gingen beim Einsatz der KL-Häftlinge in so verschiede- nen Außenkommandos von der selbstherr- lichen Idee aus, sie zu jeder den Machtha- bern des Systems sinnvoll erscheinenden Aufgabe beliebig benutzen zu können. In der Rüstungswirtschaft schöpfte man zu- nächst ihre Arbeitskraft bis zur Grenze des physisch Möglichen aus und ließ die dann 'wertlos' gewordenen Personen - wenn man sie nicht aktiv umbrachte - hilflos umkom- men. Sie wurden "verschrottet". Der Häft- lingseinsatz z.B. im "SS-Bekleidungslager" Arolsen - ein ähnliches Kommando gab es noch vom 21. Juni 1943 bis April 1945 als 134 Konzentrationslazer und Außenkommandos 4 Außenkommando des KL Flossenbürg in Grafenreuth - zielte auf eine solche zwar vordergründig weniger grausame, aber dar- um nicht weniger eigennützige Ausbeu- tung der Arbeitskraft in einem Bereich hin, der in anderen Zeiten von zivilen Arbeits- kräften ausgefüllt wurde, die nun aber im letzten Kriegsjahr nicht mehr in der erfor- derlichen Anzahl zur Verfügung standen. Gesundheit und Leben des Häftlings unmittelbar bildeten demgegenüber das Ex- penmentierfeld in den sogenannten "Ver- suchsabteilungen" - in Buchenwald vor- wiegend im Block 46. "Warum sollte man Wesen, die ohnehin zur Vernichtung be- stimmt waren, nicht vorher noch nutzbrin- gend a u s s c h l a ~ h t e n . " ~ ~ Zwischen diesen beiden Extremen "Ver- schrottung" und "Versuchsobjekt" bildete das Außenkommando in der Führerschule "inmitten der treuesten Anhänger ~ i t l e r s " ~ ' - wie es die Häftlinge realistisch erkannten - zwar eine gewisse Ausnahme, war jedoch nicht ohne Parallelen im Dritten Reich. Die Verwendung von Häftlingen in SS-Schulen war üblich, und sowohl in den drei Junker- schulen als auch den drei Unterführerschu- len waren solche Außenkommandos des jeweils zuständigen Konzentrationslagers eingesetzt. SS-Schule Ort Junkerschule Junkerschule Junkerschule Unterführerschule Unterführerschule Unterführerschule Unterführerschule Verwaltungsschule Führerschule des WVD Berufsschule Pionierschule Nachrichtenschule Sturmgeschützschule Hochgebirgsschule Reitschule Reit- U. Fahrschule Kavallerie-Schule Bad Tölz Braunschweig Klagenfurt Lauenburg Lauenburg Radolfzell Treskau Dachau Arolsen Schleißheim Hradischko Metz Janowitz Neustifi Braunschweig München-Riem Göttingen KL Einrichtung Dachau Buchenwald Mauthausen Buchenwald Stutthof Dachau Groß-Rosen Dachau Buchenwald Dachau Flossenbürg Natzweiler Flossenbürg Dachau Neuengamme Dachau Buchenwald Som.40 13.09.41 19.11.43 11.11.41 01.04.42 19.05.41 30.08.43 unbekannt 14.1 1.43 05.10.41 17.11.43 06.08.43 24.07.44 10.10.42 16.01.45 27.09.44 02.02.45 Auflösung 05.45 05.09.42 04.45 31.03.42 10.03.45 16.01.45 31.05.44 unbekannt 30.03.45 25.04.45 25.04.45 16.08.44 26.04.45 25.04.45 18.02.45 20.12.44 11.04.45 Abb. 4.10: Zusammenstellung der in SS-Schulen eingesetzten Außenkommandos der Konzen- trationslager im "Großdeutschen Reich" und den besetzten ~ e b i e t e n . ~ ~ 5 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen 1'35 5 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen 136 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen 5 n e t d t t t i FlSftlFnqeoLnriatz fiir rrüstun~szwecks L.% Lonai :i CI 711 .Y 3 I I. l t h : unter nagabe der gslsiste tcn arhiksstundon. P i r i a Zahl dar 2aßl d i r Tngarwrkm k r h i ts itundsn " .ibtemda 5 567 63 16ä tbchr;aer 4iriki ? a e b u s r Liuanhiittm W. 18 0 2 6 L 527 35: Zrribag döhlsn 47 V 180 250 9 ria J t o ? 398 ' :nqamourg 29 572 295 72s " TcojLlra ?ur8 . ,?;I . dmu C. 95 759 J ? 053 W9 15 023 V 1.50 25c :_P a ~ e + p z i ~ 24 90 W 243 290 rd X i l l n M J 1 5 0 5 0 , . / * i;szsile 2 B IU 725 - ' Guat lo f f 7 1 ? n b m 50 j2d f l 553 520 1 li UU. ) 5 i ? 1 i 7 i l ' 3 ),AU% ..-,:.- Haseg rltsnburg 114 / I In0 -.- ' C O l d l t i , 7 W 1 nnn * ' iaura 1 5 233 - Y ~mopard rlSmaiaz Wiifiaca ~srisanirtoln 39 5% W' a 8otl Chr. m.maflsid. iel3ria WJ L.' Abb. 5.01: Die Zusammenstellung des H~ftlingseinsaizes für Rüstungszwecke irn Monat No- vember 1944 verdeutlicht das große Interesse dieses lndustnezweigs an ~äftlin~sarbeitern.' 5 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen 137 Zuweisung von Häftlingen in ein Außenkommando Häftlinge für ein KL-Außenkommando wurden von Privatfirmen, Rüstungsunter- nehmen, SS-Betrieben und SS-Dienststel- len, insofern sie nicht über direkte Verbin- dungen zu Oswald Pohl verfügten, beim Inspekteur des Rüstungswesens in Berlin angefordert, der die Gesuche an die Amts- gruppe D des WVHA - insbesondere das für den Häftlingseinsatz zuständige Amt DIVl - weiterreichte. Lag die Arbeitsstelle im Einzugsbereich des KL Buchenwald, so erhielt dessen Kommandant, SS-Oberfüh- rer Pister, die Aufgabe, vor Ort zu prüfen, ob und in welcher Form Häftlinge 'venver- tet' werden k ~ n n t e n . ~ Das SS-Wirtschafts- Verwaltungshauptamt in Berlin wog dann die gemeldeten Vor- und Nachteile ab und bewilligte gegebenenfalls die Errichtung eines Außenkommandos einschließlich der Überstellung einer angemessenen Zahl an Häftlingen. Und nicht anders geschah es auch im Falle des zwar kleinen, in Berlin aber kei- nesfalls unbekannten Arolsen. A. Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß hatte die ehema- lige waldeckische Residenzstadt besucht3, Reichsführer-SS Himmler war mehrmals in der SS-Kaserne und persönlicher Gast im Schloß gewesen4, der Höhere SS- und Po- lizeiführer im Wehrkreis IX, SS-Obergrup- penführer Erbprinz zu Waldeck und Pyr- mont, stammte sogar aus der nordhessi- schen Kleinstadt, der Chef B 1 des WVHA, SS-Standartenführer E. ~schentscher~ , kam vom Oberabschnitt 'Fulda-Werra' in Arol- Sen, und der Kommandeur der Führerschu- le, SS-Obersturmbannführer G. Bochmann, hatte unter T. Eicke zunächst bei den Wach- verbänden der KL und dann bei der SS-To- tenkopfdivision seine Karriere b e g ~ n n e n . ~ Da zudem das SS-WVHA für wichtige Per- sonalfragen ebenso wie für Ausbildungs- richtlinien der SS-Führerschule des Wirt- schafts-Verwaltungsdienstes zuständig war, erfolgten Kir Arolsen die Erstzuweisung der Häftlinge und auch die Veränderungen im Verlauf des Jahres 1944 ohne nennenswer- te Schwierigkeiten. Zum Zeitpunkt der Einrichtung des Au- ßenkommandos Arolsen Ende 1943 nahm allgemein die Anfrage von Rüstungsbetrie- ben nach Arbeitskräften aus den Konzen- trationslagern zu und wurde auch im grö- ßeren Umfang bewilligt. Doch ungeachtet der wachsenden Zahl von Außenkomman- dos, die zum Teil auch weit entfernt vom Stammlager in Rüstungsbetrieben entstan- den, erfüllten sich die von Pohl geweckten und von Himmler gern aufgenommenen ho- hen Erwartungen einer Produktionssteige- rung der Kriegsindustrie durch den Einsatz von "Häftlingsarbeitssklaven" nicht.7 Die äußerst geschwächte körperliche Verfas- sung, die zumeist für die gestellte Aufgabe fehlende berufliche Qualifikation, der häu- fige Wechsel und die verständlicherweise geringe Motivation führten neben gezielter Verzögerung und Sabotage zu wenig effi- zienter Arbeit mit der Folge, "daß diejeni- gen Betriebe, die mit Häftlingen arbeiteten, bei gleicher Produktionsleistung wesent- lich mehr Arbeitskräfte (Häftlinge) einset- zen mußten als vergleichbare Betriebe mit freien ~ r b e i t e r n " . ~ Um dieses Defizit aus- zugleichen, mußten immer mehr Häftlinge 138 Struktur und Größe des Ai ~ßenkommandos Arolsen 5 in die Außenkommandos abgestellt wer- den, und um dies zu ermöglichen, mußten immer mehr Menschen in die Konzentrati- onslager verbracht werden. Dieser Kreis- lauf ließ sich nur aufrechterhalten, wenn weitere Gründe für Verhaftungen gesucht und gefunden wurden mit der Folge immer größerer Verhaftungsaktionen insbesonde- re im Osten. So wandelte sich Buchenwald ab 1943 mehr und mehr zum "Umschlag- platz von Häftlingen, die in den Rüstungs- betrieben zur Arbeit gezwungen w ~ r d e n " . ~ Von 1 1.275 Inhaftierten im Januar stieg die Lagerstärke über 37.3 19 am Jahresende auf 84.505 im September 1944 an1 O, so daß die zwischenzeitliche Besserung der Lebens- bedingungen schnell wieder verschwand und in der Endphase eine fatale Entwick- lung einsetzte. Um schließlich die von Rüstungsunter- nehmen an das SS-WVHA bzw. direkt an die Konzentrationslager herangetragenen Forderungen nach Arbeitskräften wenig- stens ansatzweise zu erfüllen, billigte Hitler in einer "Abkehr von den auf der 'Wann- seekonferenz' festgelegten Grundsätzen der Judenpolitik im Rahmen der 'Endlösung' 'I im April 1944 als vermeintlich letzten Aus- weg den Einsatz von 100.000 ungarischen Juden, von denen u.a. etwa 1.000 in das Au- ßenkommando Hessisch ~ichtenaul und ebenfalls etwa 1.000 nach stadtallendorf12 kamen. Je aussichtsloser nach der Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad die Kriegssitua- tion wurde, desto rücksichtsloser wurden ganze Landstriche nach arbeitsfähigen Per- sonen durchkämmt und Familien beliebig auseinandergerissen. Allein aus Auschwitz kamen neben mehreren kleineren Trans- porten 1943 am 12. März 1.000, am 20. Au- gust 1.096 und am 23. Oktober 1.539 Men- schen nach ~uchenwa ld '~ , unter ihnen ei- nige Polen, die später nach Arolsen über- stellt wurden. Zu ihnen gehörte der junge, in Ksawerow Stary bei Radom lebende pol- nische Fleischer Jozef Zurawski, dessen Familie im Gefolge dieser immer willkürli- cheren Verhaftungswellen an den Existenz- rand getrieben wurde, denn nach einem Brand der Stallungen 1938 und dem Tod des Vaters im April 1939 bedeutete die Ver- schleppung der Kinder das Ende der land- wirtschaftlichen Nutzung ihres gerade neu errichteten Hofes. Zwar war der erste Sohn, nachdem er erstmals Anfang Februar 1943 zur "Zwangsarbeit genommen" l und als Arbeitskraft zu einem deutschen Bauern geschafft worden war, nach kurzer Zeit zu seinen Eltern zurückgekehrt, doch wenige Wochen später wurden beide Söhne im September 1943 von der Stapo Radom ver- haftet und in das Gefängnis in Bialobrzegi gebracht. "Sieben Tage lang hatten wir kei- ne Möglichkeit, zur Toilette zu gehen. Zu essen gab es Brot mit etwas Aufschnitt und zu trinken Getreidekaffee. Nach zwölf Ta- gen, an einem Mittwoch, wurde ich in das Gefängnis der Gestapo in Radom, Anlage 6, gebracht. Nach dem Verhör traf ich im Versammlungssaal noch auf weitere von der Gendarmerie in Bialobrzegi verhaftete Männer. Sie waren schon einige Tage vor mir in Radom eingetroffen. Ich erinnere mich, daß mir ein Gefangener ein Stück Brot gegeben hat. Nach drei Tagen hat man uns mit einem Auto an den Zug gebracht. Vorher wurden uns die Hände mit einer Schnur gefesselt. In der Gruppe befanden sich etwa 50 Per- sonen aus dem Kreis Radom. Wir fuhren in Viehwagen. In Czenstochau wurde eine 5 Struktur und Grök des Außenkommandos Arolsen 139 weitere Gnippe Gefangener dem Zug an- geschtossen. Die ganze Zeit waren unsere Hände gfesselt. Wir trafen in Auschwitz ein. Bewafiete Wachmänner, die Hunde bei sich hatten, eben uns aus den Waggons. Irn Lager befahl man, wir sollten uns ganz ausziehen. Dann wurden wir rasiert. Wir mußten in eine mit Chlor gefüllte Wanne steigen. wonach wir von jungen jüdischen Häftlingen iätowien wurden. Ich bekam die Nummer 153823. Vaadchnii dcr -4:da- ' -+5.: 1 ,um., nlil. -- 1 h . 1 . m =- z: .-"s~. r*eii -i Ii.H -C -m Pm. .- lb,.mtA --W -f--. - d u U r Abb. 5.M: Verzeichnis der persönlichen Ge- genstände des Häftlings mit der Aucchwitz- nummer 153823 und der Buchenwaldnummer 34289. ' In größter Eile suchten wir Kleidung und zogen sie an. Dann wurden wir auf den Hof geführt. Es war schon kalt, die Erde war feucht und schlammig. Wir hatten kei- ne Schuhe. Mein Bruder fand beim Anzie- hen irgendwie eine Kinderdecke. die wir dann so teilten, daß wir uns die FüRe ein- wickeln und den Kopf bedecken konnten. Sn verbrachten wir die ganze Nacht. Viele hielten diese 13edingungen nicht aus. Ich sah einen toten Mann im hellen Anzug. von dem man sagte. es wäre Graf Soososki. Man hat ihm seine Nummer erst nach dem Tode eintätowiert. Am nächsten Tag wur- den wir in die Wohnblocks geführt, in de- nen sich Drei-Etagenbetten befanden. Man verteilte uns nach dem Alphabet, wobei mehreren Personen ein Bett zugewiesen wurde. Es war sehr eng. Wir schliefen auf Brettern und deckten uns mit Decken zu. Drei Wochen bekamen wir weder Schuhe nmh Mützen. Mein Bruder tauschte ein Stück Brot für ein Paar Holzschuhe. Jeder von uns beiden bekam einen Schuh. Ich erinnere mich, daß einmal während des Ap- pells ein Häftling fehlte. Man fand ihn in der Toilette und klagte ihn wegen eines Fluchtversuchs an. Mit Händen und Füßen an einen langen Stock gebunden, warf man ihn auf die Erde. Vor Schmerzen fing der Mann an, unmenschlich zu schreien. Ganz plotzlich lief ein in einer Reihe auf dem A p pellplatz stehender Häftling in Richtung auf die Drahtbegrenzung zu, gelangte dort- hin und Gbersprang einige Drähte. Es kann sein, daß die Spannung an den Drähten ge- ring war. Der Mann befand sich schon au- ßerhalb des hpergeländes. Die ganze Zeit über wurde er von den Wärtern auf den Türmen beschossen. Hinter den Draht~äu- nen wurde er tödlich getroffen. Es wurden noch etwa 20 Hafilinge getetet. Aufgmnd der schlechten Ernährung - täglich gab es eine Kelle Suppe zu Mittag. abends ungefähr 300 g Brot, einen Würfel Margarine für zehn Personen und einen 140 Struktur und GrSjfie des Außenkommandos Arolsen 5 Abb. 5.03: Auszug von Seite 25 der Transportliste vom 23. Oktober 1943. An diesem Tag wur- den 1.539 Häftlinge von Auschwitz nach Buchenwald überstellt.16 kleinen Becher schwanen Kaffee - schwol- len die Beine an. es wurde uns schwindlig. der Körper lief bläulich an. Nach drei Wo- chen konnten wir uns nicht wiedererken- nen. Am 22. Oktober 1943 kam ich mit ei- nem großen Transport von Häftlingen in das KZ Buchenwald. Vor der Fahrt mußten wir uns einer Selektion unterziehen. Alle hatten sich auszuziehen. Ein Arzt beschau- te Hände und F&. Von den mir bekannten Personen aus dem Kreis Ksawerow mua- ten Stefan P. und der Lehrer S. zurückblei- ben. Sie waren zu schwach. Zuerst wurden wir in das alte Lager Auschwitz gebracht, von wo aus der Transport nach Buchen- wald begann, der einen Tag und eine Nacht dauerte. Am 2. 1 . 1944 erhielt ich, schon in Bu- chenwald, ein Päckchen von meiner Mut- ter, das sie in das Gefangnis nach Radom geschickt hatte. Der ihrwiegende Teil der Sachen war schon verdorben. Nur die Nu- deln eigneten sich noch zum Gebrauch. In Buchenwald hatte ich Steine zu ver- lagern. Ich erkrankte an Grippe. Der Btock- wart legte seine Hand an meine Stirn und stellte fest, daß ich Fieber hatte. Ich kam in Quarantäne, ich glaube, es war Block 53. Während der tlntersuchlung vorn Arzt wur- de ich ohnmächtig und fiel von der Bank. Ich erinnere mich, daß man mich später ins Bett geführt hat. Dort war sogar Bettwä- sche vorhanden. Ich bekam irgndein Me- dikament und eine Spritze. Ich hatte 4 1.2" Fieber und verlos das Bewußtsein. In Ge- danken nahm ich Abschied vom Leben und von meiner Familie und schloß die Au- gen. Ich schlief ein. Am nächsten Morgen. nach dem Aufwachen, stellte ich fest, daß ich immer noch im selben Ben lag. Dann wurde Essen gebracht. Ich aß auch die fur meinen Nachbarn bestimmte Portion. Er 5 Stmkiur und Größe des P ~uRenkornmandos Arolsen 141 war sehr schwer an den Nieren erkrankt und lag schon im Sterben. Ich wog damals 39 kg. Dank der Ruhe - ich lag und muhte nicht arbeiten - kam ich wieder etwas zu Kräften. Ich bemühte mich, dort so lange wie möglich zu bleiben, erhöhte selbst im- mer die Temperatur auf dem Thermonieter. Eines Tages jedoch wurde ein russischer Arzt auf mich aufmerksam: 'Du Simulant? Du wirst wieder in deinen Block zurück- kehren müssen.' Er maß mir Fieber. wobei er das Thermometer mit der Hand festhielt. Ich hatte die Krankenstation zu verlassen. bekam aber noch vier arbeitsfreie Tape. Noch während des Aufenihalts in der Kran- kensiation wurde mein Bruder einem ande- ren Lager zugeteilt. Es gelang uns noch, uns zu verabschieden." l 7 Während der ältere Bruder iiber Majda- nek zurück nach Auschwitz und dann wei- ter nach Groß-Rosen und Gusen kam. blieb lozef Zurawski weiter in Buchenwald und aheitete in mehreren Kommandos in des Nähe des Konzentrationslagers. "ich war beim Bau von Bahngleisen im Wald be- schafiiga. Zum Anziehen hatte ich nur eine dünne Jacke und alte Holzschuhe. Der Wind war kalt. Ich mußte mit drei anderen Häft- lingen die Wagen schieben. Wir versuch- ten. uns so wenig wie möglich anzustren- gen. vor allem. wenn es begab ging. Je- doch schon am zweiten Tag wurde ich wie- der sehr schwach. Abends sprach ich mit einem Bekannten aus Przytyk. einem Ort nicht weit von Ksywemw entfernt. Er hieß Oprzata und arbeitete irn Bau I. Er erzähl- te, daß dort die Hallen beheizt würden und riet mir. mich während des Appells nicht der Gruppe anzuschließen. in der ich arbei- tete. Auf diese Weise gelang es mir, zum Bau I zu kommen. Ich bekam das nötige Abb. 5.04: Jozef Zurawski 1992 in seiner Wohnung in ~ o l e n . ~ " Werkzeug. Es wurden ü k r zehn Hallen ge- baut. die alle durch innere Gänge verbun- den waren. Als ich später wieder einmal in Buchenwald war. sah ich dort Gewehre und Munition. Es kann sein, daß Schießhallen gebaut wurden. Die Baustelle Wand sich außerhalb des Lagers. etwa 0.5 km entfernt irn Wald. Ich arbeitete dort bis zum 5 . Fe- bruar 1944. Einige Zeit darauf wurde ein Transport in ein anderes Lager vorbereitet. Weil ich nicht diesem Transport zugewiesen werden wollte. wandte ich mich an den Arzt, der mir während der Krankheit geholfen hatte. Ihm habe ich es zu verdanken, daR ich wie- der in Quarantäne kam. Wahrend dieser Zeit trafen Wachmänner aus Arolsen ein, die einige Häftlinge mitnehmen sollten. Der Arzt sagte mir. daß es besser sei. wenn ich Buchenwald verlassen würde. In Arolsen, so sagte er. wären bessere Bedingungen." l 9 I41 Struktur und Gr i i k des Außenkornmandos Arolsen 5 Die Entwicklung der Kommandogröße Als Jozef Zurawski arn 5. Februar 1944 zusammen mit weiteren elf polnischen und sechs russischen Häftlingen nach Arolsen gebracht wurde. wuchs die Siiirke der bei- den Kommandos in der SS-Kaserne von 80 auf 98 männiiche Häftlinge. Unter diesen Neuzugängen fielen insbesondere der 40- jährige Buchhalter Prokopij P. und der 42- jährige Sänger Archip B. sowohl aufgnind ihres Alters als auch ihrer Bemfsangaben auf. denn bei den meisten Russen handelte es sich ebenso wie bei den zwölf Polen die- ses Transpons unl junge Handwerker und Landarbeiter. der jüngste StanisIaw 2. noch keine 19, der älteste Konstantin T. erst 27 Jahre alt. Nachdem Ende Februar 1944 das Arol- sec Kommando mit der Zuweisung von drei Häftlingen - daninter am I I. Februar Karl- Heinz ~ e n z e n ' 5 l s weiterer Frisör - fast die von der Verwaltung des KL als mini- male Belegungsstärke genannte Zahl 100 erreicht hatte, schwankte die Kornmando- größe in den folgenden Monaten bis Mitte September nur unerheblich zwischen 93 und 98. In dieser kurzen Zeitspanne erfolg- ten allerdings mindesiens 1 X Transporte zwischen Stammlager und Arolsen. bei de- nen etwa 14 Neuzugänge von Buchenwald in das Außenkanimando kamen, während 19 Häftlinge in das Stammlager rückLibei- stellt wurden oder fliehen konnten. Alle Transpone waren nur sehr klein und be- standen aus maximal vier Personen. Auch gehörten in vielen Fällen zu diesen Transporten Gefangene, die nur zur ErIedi- gung von SS-Aufträgen nach Buchenwald geschickt wurden und dann wenige Tage später wieder in das Außenkornmando zu- rückkehrten. Solche Aufgaben erhielten überwiegend die Funktionshäftlinge Willy Apel, Wetter Erdrnann. OIdrich Novotoy. Willi Y. und Fritz U.. die alle mehrfach fur wenige Taze im Stammlager waren. Eine deutliche Veriinderung mit erhebli- chen Folgen für die Lebensbedingungen in dem relativ kleinem Auf3enkommando er- gab sich. als am 21. September 1944 die Häftlingsmhl sprunghaft von 93 auf 123 zunahm und damit sowohl ihren höchsten Wert überhaupt als auch fast die von der Lagerverwaltung für Arolsen vorgegebene Abb. 5.05 Mit Datum vom 19. Februar 1944 wurden der 33jährige deutsche Zimmermann G. und der 56jahrrge tschechische Tischler B. nach Arolsen geschickt.21 Abb. 5.08: Die Transportliste v m 18. Mai 194-4 nennt neben dem neu nach Arolsen überstellten Willi V. auch den Häfilrngssanitäter Walter Erdrnann, $,er mehrfach als 'Pendler' in Buchenwald war.-- 5 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen 143 Bi le~e tärke d i i Iansni A o m a l i Iiwhati ~ihrtrqgi U hchunwula 1 6 ~ 0 2 4 ~ 0 A 4 H&r81*bm krrlrtudt 270 350 IC&Pl~geoug AG ? m l n u r Gustloff 1400 1700 U Y i t Stiban 150 200 I 5 1 6 W m l i b s n G t hxiicoiiiorf zoo 250 a 2 Ualachiz L r f ~ L . l p z 1 g 1500 1800 GLwizrrn ; ~ r . L 4 s f a l d Lpzg. l o o Wswelaburg = i r i t a r 500 2; krolatn WY rnig~xode lioo looo Bsnsbsrig i u l t u ~ o 3chanmbsck lUoo 2000 Siabsl Plugc.Hal1i Lhildir iw. iG LiLbou, Eoo 800 Thgru Warks Dsrk 20000 22000 &U Lbtaarodi, L ~ w a 1000 lruo funlrere H a l b i o t l d t 15 1500 500 Tooo 500 Baang L i ziE' . '' Hasag Echfisbsn 1700 IG Farben Walfon 430 4% Gal~snbi% Bunzlm 2000 2000 H s r i ~ g A l t i n b q 2000 2500 Eiaenwrks Ltppet. 530 700 l a s s . LicLtsnau 1000 1500 Abb. 5.07: Die Aufstellung der Belegstarken der Außenkommandos verdeutlicht, daß Amlsen mit einer "Normalzahl'km I00 zu den kleinen Kommandos des KL Buchenwald gehörte.23 Maximalstärke von 130 erreichte. Mit die- sem Transport kamen neben achtzehn Rus- sen. vier Polen, einem Litauer. einem Ukrai- ner. einem Tschechen und einem Jugosla- wen auch drei Franzosen und ein Italiener nach Arolsen. Die 30 Häftlinge hatten ein Durchschnittsalter von 28 Jahren und ent- sprachen in den Berufsangaben ebenfalls hauptsächlich dem geforderten Aufgaben- p f i l der Führerschule: Köche. Fleischer. Bäcker, Handwerker und Landarbeiter. Da6 der jung russische Tierarzt Anatolij S. mit der H?ftlingsnurnmer 19099 gezielt für die Pflege der verbliebenen Pferde vorgesehen war. erscheint - auch wenn es von einigen Haftlingen vermutet wurde - eher unwahr- scheinlich, mmal er bereits wenige Wochen spater wiedp in das Stammlager Buchen- wald geschickt wurde. Ab Spätherbst des Jahres I944 kam es dann zu größeren Fluktuationen, als zu- nächst arn 1 1 . Oktober elf und dann am 3. November sechs Männer zufick in das Siammlager gebracht und durch neue er- setzt wurden. Für mehrere dieser Häftlin- ge. die ihre Überstellung nach Buchenwald in erster Linie als Strafakiion und zur Dis- ziplinierung der Zurückgebliebenen ansa- hen'j. bedeutete der Aufenthalt in Buchen- wald nur eine sehr kurze Zwischeastation, bevor ihr Weg in das neueingenchtete Au- ßenkommando Sm in Ohrdruf f~ihrte.'~ Tm Dezember 1944 wurden schließlich noch- mals acht Häftlinge von Arolsen zurück in das Stammlager Buchenwald geschickt. Da im gleichen Zeitabschnitt nur drei Buchen- walder neu nach Arolsen kamen, sank bis zum Jahresende die Gesamtzahl auf 1 15. 1 44 Struktur und Große des AuBenkommandos Arolsen 5 Abb. 5.08: Nachdem am 3. November 1944 zehn Häftlinge von Arolsen nach Buchenwald ge- schickt worden waren, kamen ebenfalls zehn mit Cistendatum vom 6, November 1944 nach Arol- Sen. Davon waren jedoch vier bereits seit längerer Zeit im ~ußenkommando.'~ Abb. 5.09: Am 12. Dezember 1944 wurden drei Häftlinge neu von den Blöcken 1.9, 51 und Z nach Amlsen überstellt: der 40jähHge Schlosser 2. aus Warschau, der 26jBhrige russische Schlosser K. und der 62jährige Riernenachneider H. aus Sombathefy. Alle drei waren erst wenige Tage im Stammlager ~uchenwald." 5 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen 145 Erstaunlicherweise wurden sogar An- fang 1945, als sich die westlichen Alliier- ten der Reichsgrenze näherten und u.a. der Arbeitskräftemangel die wirtschaftliche Si- tuation immer dramatischer zuspitzte, noch Häftlinge in Arolsen ausgetauscht und so- mit, da sie sich einschließlich Bewachung durchschnittlich drei Tage "auf Transport" befanden, dem Arbeitseinsatz entzogen. Al- lerdings handelte es sich hier um Transpor- te mit sehr wenigen Personen, unter denen lediglich die Überstellung von dreizehn La- gerinsassen arn 10. März 1945 auffällig war. Zu diesem Zeitpunkt hatten die amerikani- schen Truppen bei Remagen bereits einen rechtsrheinischen Brückenkopf gebildet, und die SS-Führerschule arbeitete nur noch eingeschränkt mit geringer ~ e l e ~ s t ä r k e . ~ ~ Welche Aufgaben man diesen neuen Häft- lingen in der Führerschule zugedacht hatte, konnte zwar nicht mit Sicherheit ermittelt werden, jedoch legen die Berufsangaben - Betonarbeiter, Maurer, Elektriker, Zirnrner- mann, Dachdecker - und die mit dem relativ hohen Lebensalter von durchschnittlich 36 Jahren verbundene Berufserfahrung die Vermutung nahe, daß sie zu speziellen SS- Bauvorhaben im Arolser Stadtgebiet vor- gesehen waren.29 Insgesamt lassen sich für das Außen- kornrnando 49 Transporte sicher belegen, davon 24 vom Stammlager nach Arolsen und 25 in umgekehrte Richtung. 40 erfolg- ten vor der Jahreswende 1944145. 30 In den ersten drei Monaten des Jahres 1945 zeich- neten sich in Buchenwald und im Außen- kommando Arolsen allerdings Auflösungs- erscheinungen ab, so daß die einzelnen Transporte nur noch unvollständig erfaßt, Namen falsch geschrieben und Nummern fehlerhaft übertragen wurden. Da zudem Listen möglicherweise durch Kriegseinwir- kungen verlorengingen oder nach Kriegs- ende 1945 verschwanden, ist eine vollstän- dige Dokumentation aller Uberstellungen und somit der Häftlingszahlen kaum mög- lich. Die tatsächliche Anzahl der Transpor- te kann aber von den angegebenen nur un- erheblich abweichen, da für den Zeitraum 1943 und 1944 die Statistiken weitgehend erhalten blieben und für die ersten dreizehn Monate des Bestehens des Kommandos nennenswerte Divergenzen daher mit sehr großer Sicherheit auszuschließen sind. Zu- sätzliche, bisher nicht dokumentierte Trans- porte sind folglich nur für die letzten drei Monate des Außenkommandos in Arolsen möglich. Die in ein Außenkommando geschick- ten Häftlinge wurden im KL Buchenwald nicht nur in den Transportlisten, sondern auch in weiteren Statistiken erfaßt, so in den täglichen "Veränderungsmeldungen", die namentlich alle Zu- und Abgänge - ob in ein anderes Lager oder durch Tod - ent- hielten. Diese äußerst umfangreichen, per- sonenbezogenen Listen konnten nicht sy- stematisch ausgewertet werden.31 Stich- punktartige Uberprüfungen anhand von Individualdaten Arolser ~ ä f t l i n ~ e ~ ~ erlau- ben jedoch den Schluß, daß auch diese Do- kumente insbesondere für die Endphase des Krieges nicht vollständig alle Überstellun- gen enthalten und so nur im positiven Fal- le einer Nennung aussagekräftig sind. Ein fehlender Eintrag schließt also einen Trans- port nicht definitiv aus. Wo keine Trans- portliste erstellt wurde, erfolgte natürlich auch keine Veränderungsmeldung. Für das Arolser Kommando betrifft dies insbeson- dere die Wechsel, bei denen Häftlinge nur kurzfristig nach Buchenwald zurückkamen. 146 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen 5 Datum Namen Namen bekannt unbekannt Zu- Ab- Zu- Ab- Begleit gang gang gang gang haitlg Trans- Kornmando- port starke gemaß insge- Trans- Starke- samt portliste nachwei Bemerkungen Einrichtung des Kommandos mmlich auch 27.1 1.43 möglich auch 29.1 1.43 für 1943 alle Daten sicher "Dachautransport" "SS-Kleiderlager" moglichetweise nur 1 Häft. wegen Krankheit zurück Überstellung vom 10.02. m~lichetweise nur 1 Häfi Name nicht zu ermitteln -2 vor 30.04. ohne Datum Namen unsicher Meldung der Flucht 2 abweichende Dokumente -2 vor 30.06. ohne Datum im 1 .H] +I unbekannter Haft. im 1 .Hi -9 unbekannte Haft. -1 vor 31.07. ohne Datum unsicher fraglich, ob U schon in Arolsen Abb. 5.10a: Zusammenstellung der dokumentierten Häftlingstransporte zwischen Buchenwald und Arolsen. Die 'Zugänge' von Buchenwald nach Arolsen (+) sowie die 'Abgänge' zurück nach Buchenwald (-) sind aufgelistet nach namentlich bekannten und unbekannten Häftlingen. Unter 'Begleithäftling' sind diejenigen Häftlinge aufgeführt, die bei einem Transport mit nach Buchenwald fuhren, aber sofort wieder nach Arolsen zurückkamen, d.h. also 'h in~ndher~endel ten ' .~~ 5 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen 147 Bemerkungen Trans- Starke- im 2.Hi mehrere Unsicherheiten krankheitshalber zurück sehr unsicher, s. 02.03. einiqe bereits früher im Ako. Abb. 5.10b: Zusammenstellung der dokumentierten Transporte zwischen Buchenwald und Arolsen. In der Rubrik 'Kommandostärke' ist jeweils die Gesamtzahl der Häftlinge, ermittelt aus den aufgeführten Transportzahlen bzw. dem Stärkenachweis des KL Buchenwald, angegeben. Beide Ergebnisse stimmen für alle bekannten Daten überein. Für den Monat März 1945 ergeben sich Unsicherheiten, so daß das Schicksal von 8 Häftlingen unbekannt ist.34 148 Struktur und Größe des Aüßenkommandos Arulsen 5 Eine weitere wichtige Quelle bilden auch die "Stärkemeldungen", in denen täglich ohne namentliche Erfassung in rnaschinen- yeschriebenen Listen. gegliedert nach ver- schiedenen Kriterien. die Zahl der einem Kommando zugehörenden HäftIinge regi- striert wurde. Für Arolsen führte man bis September 1944 beide Kommandm gemein- sam ledigtich unter der Ortsbezeichnung. und erst danach erfolgte eine Differenzie- rung zwischen "SS-FUhrerschule" und "SS- ~ e k l e i d u n ~ s l a ~ e r " . ~ ~ Diese Unterlagen lie- fern eine sehr aussagekräftige Information über die tatsachrich vor On eingesetzten Häftlinge. lassen sich jedoch ebenfalls für 1945 nicht lückenlos ermitteln. Weiteren Aufschluß über die Komman- dogrök geben die von Arolsen nach Bu- chenwald gemeldeten Zahlen über den täg- lichen Arbettseinsatz, die in den "Arbeits- büchern" 36 zunächst handschriftlich erfaat und dann in den " ~ d e n i n ~ s n a c h w e i s e n ~ ' ~ ~ nach Berfin weitergeleitet wurden. Für den Zeitraum bis Dezember 1944 stimmen die Angaben in der "Arbeitsstatistik" weitge- hend mit den aus den Transporten resultie- Starke des Außenkommandos A r o l s e n Abb. 5.1 1: Stärke der unter der Bezeichnung "Arolsen" zusarnmengefaßten Kommandos vom 14. November 1943 bis 29. März 1945. FUr 1945 wurden die Zahlen aus den bekannten Trans. Porten und lndividualdaten hochgerechnet.'" 5 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen 149 renden Häftlingszahlen überein, so daß die- ser Vergleich ebenfalls zusätzliche Über- stellungen sehr unwahrscheinlich macht. Kleine Differenzen zwischen beiden Quel- len lassen sich vorwiegend mit verzögerten Meldungen nach Buchenwald und nicht- erfaßten Krankmeldungen erklären. Unsi- cherheiten treten bei der Interpretation auf, da in Einzelfällen nicht klar ist, ob die als Begleitung eines Transports eingesetzten Häftlinge auch während der Fahrt immer zum Bestand des Außenkommandos ge- zählt wurden. Auch hier sind die letzten drei Monate nicht vollständig überliefert, so daß sich für 1945 ebenfalls keine weite- re Kontrollmöglichkeit ergibt. Die statistischen Daten aus den "Trans- portlisten", den "Stärkemeldungen", der "Arbeitsstatistik" des KL Buchenwald so- wie die stichpunktartige Überprüfung aus Individualangaben bestätigen, daß für das Außenkommando Arolsen neben den fünf genannten größeren Veränderungen der Häftlingszahl die Kommandostärke 1943 und 1944 recht konstant blieb. Auch wenn eine weitere Analyse von kleineren Diffe- renzen zwischen Transportzahl und Kom- mandostärke durch die vorliegenden Un- terlagen nicht möglich ist, Iäßt sich auf- grund der prinzipiellen Übereinstimmung dennoch die Wahrscheinlichkeit von nen- nenswerten weiteren Über~te l lun~en für diesen Zeitraum als sehr gering einschät- zen. Ein anderes Bild ergibt sich für Janu- ar, Februar und März 1945, da für diesen Zeitraum alle drei Quellen unvollständig vorliegen und somit nicht zweifelsfrei ge- klärt werden konnte, ob in den letzten Ta- gen seines Bestehens dem Außenkomman- do Arolsen noch weitere Häftlinge zuge- führt wurden. Zahlen und auch Berichte ehemaliger Häftlinge lassen dies für einige wenige Einzelfälle vermuten. Daß eine voll- ständige Zusammenstellung aller Transpor- te - sollte sie überhaupt weiteren Aussage- wert besitzen - wahrscheinlich kaum mög- lich sein wird, zeigt sich am Beispiel des ehemaligen Arolser Häftlings Willy Apel. Auch der Internationale Suchdienst ISD, der die Buchenwalddokumente fast voll- ständig in seinen Beständen hat, findet keinen Beleg, wann W. Apel von Arolsen nach Buchenwald rücküberstellt wurde. Zusammenfassend kann mit großer Si- cherheit festgestellt werden, daß im Außen- kommando Arolsen die geplante Maximal- ~ e l e g s t ä r k e ~ ~ von 130 nicht überschritten wurde, sondern die größte Kommandostär- ke mit 123 im Oktober 1944 erreicht war. Demgegenüber lag die Zahl der tatsächlich während der 500 Tage seines Bestehens vor Ort im Außenkommando Arolsen ein- gesetzten Häftlinge aufgrund des häufigen Austauschs (die durchschnittliche Verweil- dauer betrug etwa 270 Tage, die kürzeste betrug 13 Tage, und nur 14 Häftlinge be- fanden sich ununterbrochen vom 14. No- vember 1943 bis zur Evakuierung am 29. März 1945 in ~ r o l s e n ~ ~ ) deutlich höher. Für 185 Buchenwaldhäftlinge konnte ein konkreter Bezug zu Arolsen hergestellt werden, und die lückenhaften Unterlagen für 1945 lassen vermuten, daß die Zahl et- was höher war. Allerdings kann sie nur un- erheblich über dieser Anzahl 185 liegen und auf keinen Fall den in einzelnen Publi- kationen genannten Wert von 770 für die Führerschule und 720 für das Bekleidungs- lager auch nur ungefähr erreichem41 Die Näherungszahl 185 wird dadurch indirekt 150 Struktur und Größe des Außenkomrnandos Arolsen 5 t' Ln iL*ftlin,ppi omlboLra i s t rmmirkti 'alt .um in ILftl - I).- 19)5/SOz1 nud. d i r iahutihili uigaurdmmia I .%i 19Pmi in alnir jorlalimritclirrurip-Untorlmgri "Lu Bitt n m 15.Jm>5i In SUhUtZ- h a l t t m r 15.5.37". ruf d a r Haft l i a ~ p i r a o n i l k a ~ o d m i Kt L i ~ b t s n b ~ i " Y o r a t m f m i 2 3.1 C m d t GifahrI.d.dff.Slchorheit" - - -b i t t0 mrndon-- -.-- Z i 6 f t l i n ~ p r a o d h r t . des KL Lichtanburg) B(Vt l lngperoonn1fur- -.W t e . ;I:aktancaRm. - 1 : d k t e n - V ~ r r . l c ~ l a , -chraibntubOnkarta, B i f t l i n , a p ~ r ~ o r i i l b o ~ o . , Hoviirwrti, A r b e i t o k s r c i . niidkarti, 2 Humornhr- %an, Zupn,phueh. 5 Vsrümdsrun, ~ a m a i C m L ~ a 2 so~im1rir~ionarun~-Unt*rlaCon. Zu um ~ r i a s ~ o s t l i t i t ~ ~ ~ ~ ~ t l i n ~ i l i ; t i Lorrmaponrienz uiid *ILIZ.\RI ~c! t i???!~ '~k G-.':,.Y C C : C ~ J ~ , . , ~ I C : I C:,'? I~.'GT-; wiI;uTXO:7~~XFC des ? L 3"- cb.".#ld. *------------------------*-------------*-------- (b~tto -enden) (bitte wundin) 0 Abb. 5.12: "Dokumentenauszug" des Internationalen Suchdienstes ISD#TS für den ehemaligen Arolser Häftling WiHy ~ ~ e 1 . J ' 5 Struktur und Größe des Außenkornmandos Arolsen 151 erhärtet, daß die analysierten Transportda- ten, die Stärkemeldungen, die Arbeitsstati- stik und die vorliegenden Personendaten mit nur wenigen Ausnahmen vollständig zur Deckung gebracht werden können.43 Ungeklärt bleiben lediglich einige Abwei- chungen der Häftlingszahlen in den Doku- menten für die letzten Märztage 1945. Ein- schränkend bleibt festzustellen, daß bei dieser Eingrenzung der unwahrscheinliche Extremfall einen Unsicherheitsfaktor bildet, daß eine größere Zahl von Häftlingen ge- meinsam an einem nicht ermittelten Datum nach Arolsen kam und ebenso gemeinsam an einem unbekannten Datum in das KL Buchenwald zurückgeschickt wurde, also in allen Dokumenten geschlossen fehlt. Für die namentlich ermittelten 185 Häft- linge konnte, da die Statistik im Stammla- &er Buchenwald bis Ende 1944 fast kom- plett auch den kleinsten Transport erfaßte, mit einer Ausnahme das Datum der Uber- stellung vom KL nach Arolsen festgestellt werden. Bei drei Namen (532 W., 1498 M., 13217 K.) ist die tatsächliche Anwesenheit in Arolsen - trotz namentlicher Nennung - unsicher. Demgegenüber scheint der Kom- mandoführer in Arolsen Veränderungen weniger genau registriert zu haben, so daß für 25 Häftlinge des Außenkommandos das Datum der Rücküberstellung nach Buchen- wald nicht zu ermitteln war.44 Nur aus den weiteren Biographien dieser Häftlinge, die anhand von Eintragungen in Nummernbü- chern, Listen für andere Kommandos, Be- richten usw. bis auf zwei Fälle rekonstm- iert werden konnten, ist zu sichern, daß sie vor Auflösung des Kommandos lebend von Arolsen nach Buchenwald oder in ein an- deres Lager überstellt wurden.45 Die Herkunft der Häftlinge Die namentlich ermittelten 185 Häftlin- ge des Außenkommandos Arolsen stamm- ten aus 13 europäischen Ländern mit kla- rer Schwerpunktsetzung auf Deutschland, Polen und Rußland. Neben den 64 Polen, die mit 34,6% der Gesamtzahl die umfang- reichste Gruppe bildeten, trugen 55 Män- ner des Außenkommandos und somit etwa 29,7% in ihrer Personalkartei die Nationali- tätenbezeichnung "Russe" und ein "Ru auf der Brust. Aus dem Gebiet des Deutschen Reichs stammten 28 bzw. 15,1% der Arol- ser Häftlinge. Für die Herkunftsorte sind keine Tendenzen erkennbar, die auf geziel- te Razzien schließen lassen, auch wenn die deutschen Häftlinge vorwiegend aus dem näheren Einzugsbereich Weimars stamm- ten und zehn Polen in Warschau, sieben in Litzmannstadt (Lodz) und vier Russen in Kiew geboren waren. Von den verbleiben- den etwa 20% der Arolser Häftlinge waren jeweils zehn Personen Tschechen und Ju- goslawen, während alle anderen Nationali- täten nur mit kleinsten Gruppen vertreten waren. Diese nationale und somit auch sprach- liche Zersplitterung erschwerte natürlich Verständnis und Zusammenhalt der Häft- linge e r h e b ~ i c h ~ ~ , ein Problem, das mögli- cherweise im originären Interesse der Ver- antwortlichen lag. Auch wenn die Motive der KL-Verwaltung in Buchenwald und des SS-Stabes der Führerschule in Arolsen für die Form der Zuweisung nur im Bereich der Deutung bleiben, war die Auswahl der Häftlinge allem Anschein nach nicht rein 152 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen 5 Abb. 5.13: Herkunflsländer dar 185 Häftlinge des Außenkommandos ~rolsen?' zufällig, wie die Auswertung der Überstel- lungsdaten deutlich zeigt. Diese Analyse bestätigt den subjektiven Eindruck ehema- liger Häft!inge, daß die Deutschen - wenn auch in Arolsen zahlenmäßig nur die dritt- stärkste Gnippe - den Kern des Außenkom- mandos bildeten. Sie kamen entweder so- fort mit dem ersten Transport turn Aufbau der SS-Führerschule oder unmittelbar nach Aufnahme des Schulbetriebs Anfang 1944. Wurden sie beruflich nicht bendtigt d e r entsprachen sie anderweitig nicht den Vor- stellungen der SS-Verantwortlichen in der Fijhrerschule, so schickte man sie unves- züglich nach Buchenwald zurück.48 25% der deutschen Häftlinge blieben weniger als einen Monat in dem Außenkommando. Nach Unterrichtsbeginn in der SS-FUhrer- schule ab Februar I944 wurden dann ins- gesamt nur noch sechs deutsche Häftlinge in die SS-Kaserne überstellt. Ein anderes Bild ergibt sich für Polen und Russen, von denen zwar ebenfalls ein Großteil bereits in den ersten Monaten des Bestehens des Außenkommandos in die ehemalige Residenzstadt kam, deren An- teil abes im Gegensatz zu dem anderer Na- tionalitäten ab Herbst 1944 etwa zeitgleich mit der Verlagerung der Hiftlingsaufgaben aFlgemein nochmals deutlich anstieg. 5 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen 153 Abb. 5.14: Zugänge der deutschen, polnischen und russischen Häftlinge, ausgewertet nach dem Überstellungsdaturn in das Außenkomrnando ~ r o l s e n . ~ ~ rerseits - und das nahmen die Verantwort- Das der lichen bei Abwägung der Vor- und Nach- Ein planmäßiges Vorgehen bei der Aus- wahl der für Arolsen bestimmten Häftlinge wird auch durch die Untersuchung ihres Lebensalters zum Zeitpunkt der Überstel- lung in das Außenkommando bestätigt, das den sehr breiten Bereich zwischen 17 und 62 Jahren umfaßte. Zwar waren 37% der Männer jünger als 25 Jahre, doch da eine erhebliche Zahl das mittlere Lebensalter be- reits erreicht und etwa 3% sogar 50 Jahre überschritten hatten, betrug das Durch- schnittsalter der 185 Häftlinge 30 Jahre. Viele hatten vor ihrer Deportation in ein Konzentrationslager berufliche Erfahrun- gen gesammelt, die sie nun in der SS-Ka- seme ertragreich einbringen sollten. Ande- teile wohl in Kauf - hatte folglich auch ein Großteil der Häftlinge zum Zeitpunkt der Einlieferung in ein KL bzw. ihrer Weiterlei- tung nach Arolsen schon genügend Le- benserfahrung, um ihre eigene Situation zumindest in Ansätzen kritisch zu durch- schauen und die politischen Entwicklun- gen in Europa zu erkennen. Die 28 deutschen Häftlinge waren mit einem mittleren Lebensalter von 39,8 Jah- ren zum Zeitpunkt der Überstellung in die SS-Führerschule - der älteste war 57 und der jüngste auch schon 24 Jahre - deutlich älter als der Durchschnitt. Alle waren so- mit bei Kriegsausbruch bereits erwachsene Männer, und viele hatten schon 1933 die Machtergreifung Hitlers bewußt erlebt. 154 Stniktur und GröRe des Außenkommandos AmIsen 5 Jüngster Haftling: 17,3 Jahre Altester HaRling: 62-4 Jahre Durchschninsalter: 30-3 Jahre 1, Abb. 5.15: Altersverieilung aller 185 Arolser ~aftlinge."' 1 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 Alter W Abb. 5.16: Altersverieilung der 64 polnischen, 55 russischen und 28 deutschen Hgfilinge des Außenkommandos in ~ r o l s e n . ~ ~ 5 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen 155 Diese Häftlinge waren vorwiegend als "Politische" in ein Konzentrationslager ge- kommen, sie verband die Ablehnung des Nationalsozialismus, und daher bildeten sie innerhalb der SS-Führerschule mit ih- ren sicherheitsrelevanten Bereichen ein er- hebliches Gefahrenpotential. Sie hatten Zu- gang zu den technischen Einrichtungen, sie konnten in den Führerzimmern und den Büros vertrauliche Einsatzbefehle lesen, sie verstanden die Gespräche zwischen den SS-Angehörigen, und sie konnten Kontakt zu Gleichgesinnten außerhalb der Kaserne aufnehmen. So wurde ihre Zahl - obwohl sie am leichtesten in die unterschiedlichen Arbeiten eingewiesen werden konnten - doch klein gehalten. Während sich für die zehn tschechischen Häftlinge sehr ähnliche Altersmerkmale er- geben, zeigt sich für die Polen und Russen eine andere Alterspyramide. Das Durch- schnittsalter lag bei knapp 29 bzw. 28 Jah- ren. Aus diesen beiden Gruppen kamen - auch wenn zu ihnen über Sojährige Häft- linge gehörten - in erheblicher Anzahl die sehr jungen Männer, die bei Kriegsbeginn noch Kinder oder Jugendliche gewesen waren und nun in der Endphase des Krie- ges aus den besetzten Ostgebieten zur Ar- beit nach Deutschland verschleppt wur- den.52 Zugleich waren sie in der Mehrheit noch nicht sehr lange in Konzentrations- lagern und daher recht 'lagerunerfahren', kannten und durchschauten die inneren Strukturen und Machtverhältnisse eines Kommandos nicht, fanden nur langsam Kontakt zu Mithäftlingen, gerieten beson- ders leicht in gefährliche Situationen und konnten ihre Reserven schwerer einschät- zen. Diese Unerfahrenheit verminderte für die SS-Schulführung die Gefahr des orga- nisierten Widerstandes der Häftlinge, der - selbst wenn er sich auf kleinste Bereiche beschränken oder auch scheitern sollte - den Schulbetrieb immerhin empfindlich be- hindern oder sogar unterbrechen konnte. Die Berufe der Häftlinge Die Berufe der 185 Häftlinge umspann- ten zwar einen breiten Bereich, aber im Ge- gensatz zu anderen Außenkommandos, in denen es bei der Zuweisung der Häftlinge allein auf die körperliche Arbeitskraft und höchstens in Einzelfällen auf die Berufs- qualifikation ankam, deutet die Analyse für Arolsen auf eine gezielte Auswahl anhand der Angaben in den Häftlings-Personal-Bö- gen hin. Die benötigten Hilfsarbeiter rekru- tierten sich auch in diesem Außenkomman- do hauptsächlich aus Landarbeitern (14%) und 'Arbeitern' im weitesten Sinne (5,9%). Für die Werkstätten in der Führerschule je- doch suchten die SS-Verantwortlichen ganz bestimmte Fachkräfte aus. 19 Schlosser, 12 Tischler, 8 Schuster, 6 Frisöre, 5 Elektri- ker, 2 Radiomonteure, 4 Automechaniker, 2 Schmiede, 2 Schneider, 2 Schweißer, 1 Mechaniker, 1 Dreher, 1 Metallarbeiter so- wie 1 Riemenschneider entsprachen weit- gehend den Vorgaben im Kriegsstärkenach- weis53 und stellten 35% der Häftlinge. Ein weiteres Hauptkontingent mit 12% bildeten die Fachkräfte für die Versorgung im Wirt- schaftsgebäude: 8 Fleischer, 7 Köche, 4 Kellner, 3 Bäcker. Die dritte Gruppe umfaß- te Berufe für die vielfältigen SS-Bauvorha- ben innerhalb und außerhalb der Kaserne: 7 Maurer, 5 Zimmerer, 2 Maler, 1 Betonar- beiter und 1 Dachdecker. Während akade- 156 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen 5 mische Berufe kaum vorkamen, überrascht die vergleichsweise große Zahl an Musi- kern und Künstlern. Bei den deutschen Häftlingen ist keiner- lei Schwerpunktsetzung bei der Berufsana- lyse zu erkennen, da sie in den verschiede- nen Berufssparten mit maximal 2 Personen vertreten waren. Diese geringe Anzahl er- laubt jedoch keine sichere Interpretation, sie legt allenfalls die Hypothese nahe, daß diese Häftlinge in erster Linie als Vorarbei- ter dienten. Möglich wäre aber auch, daß durch diese Isolierung an den verschiede- nen Arbeitsplätzen konspirative Gespräche verhindert und gemeinsam vorbereitete Sa- botageakte erschwert werden sollten. Beruf Landarbeiter Schlosser Tischler Arbeiter Fleischer Schuster Koch Maurer Frisör Elektriker Zimmerer Angestellter Automechaniker Kellner Bäcker Bergmann Schüler Buchhalter Kaufmann Kraftfahrer Maler Musiker Radiomonteur Schmied Schneider Schweißer Student G D P R V Beruf - Traktorist Betonarbeiter Dachdecker Dreher Finanzbeamter Gärtner Gemeindesekretär Hausmeister Heger Heizer lsolierer Kunstmaler Lagerarbeiter Lagerkaplan Lehrer Matrose Mechaniker Melker Metallarbeiter Riemenschneider Sänger Steinmetz Steuerbeamter Textilarbeiter Tierarzt Weber unbekannt G D P R V Abb. 5.17: Berufsangaben der Häftlinge des Außenkommandos Arolsen, aufgeschlüsselt für die Gesamtzahl (G) und getrennt für die 28 deutschen (D), 64 polnischen (P), 55 russischen (U) und die verbleibenden Nationen ( v ) . ~ ~ 6 Arbeiten 157 6 Arbeiten 158 Arbeiten 6 Abb. 6.01: Während dre SS-Küchenmannschaft zum Gruppenfoto angetreten ist, huschen rrn Hintergrund zwei Häftlinge durch die Tor.' Tagesablauf im Außenkommando Arolsen Geprägt wurden Leben und Arbeitsab- lauf der Häftlinge in Arolsen durch ihre Funktion als Dienstpersonal für die SS- Führerschule, wobei das Spektrum breit war und von Grobarbeiten bis hin zu 'fei- neren', weniger schmutzigen und körper- liche Kraft kostenden Aufgaben reichte. Zwar endete die Nacht auch für das Arol- ser Kommando bereits gegen 4 Uhr, und der Tag begann mit dem von allen in den Konzentrationslagern gefürchteten Mor- genappell, doch anders als in den meisten Stammlagern dauerte er hier in der SS-Ka- seme nur kurz und fand i%r die kleine, über- schaubare und somit leicht kontrollierbare Gruppe "im Aufenthaltsraum der Häftlinge statt, genauer: in dem Teil des Saales, in dem gegessen wurde. Man zählte nur die ~nwesenden."~ Stimmte die Gesamtzahl, so begann der übliche Tagesablauf mit Wa- schen, Frühstücken und Bettenmachen, be- vor gegen 6.00 Uhr als erste Gruppe das Küchenkommando ins Wirtschaftsgebäude E ausrückte. Die meisten anderen hatten erst eine halbe Stunde später am Arbeits- platz zu erscheinen oder wurden von der Bewachung zum Einsatzort gebracht. Zu den letzten Häftlingen, die morgens das Lager verließen, gehörten die beiden Fn- söre. "Dann kam der Herr Wilke so um 8 Uhr. Das war mal kurz vor, kurz nach 8, kam der an, hat den Peter und mich in Emp- fang genommen und hat uns in die Frisör- stube geb ra~h t . "~ Sehr viel stärker differierte für die ver- schiedenen Häftlingsgruppen die Zeit der Rückkehr in das Lager, da der für den Ar- beitseinsatz zuständige Obersturmführer Wr., dem Befehl des Chefs des Wirtschafts- Verwaltungshauptamts Oswald Pohl vom 30. April 1942 an alle Lagerkommandanten folgend, die Arbeitszeit an keine Grenze ge- bunden sah und allein "von der Art der aus- zuführenden ~ r b e i t e n " ~ abhängig machte. Am längsten mußten die Häftlinge in der Küche arbeiten, die erst "nach dem Auf- räumen nach dem ~ b e n d b r o t " ~ gegen 21 Uhr in ihre Unterkunft zurückkehrten. Die- se sehr lange Zeit von bis zu 15 Stunden schreckte manchen selbst von einer Arbeit ab, die ansonsten wegen ihrer unmittelba- ren Nähe zum Kochtopf sehr begehrt war. "Eigentlich wollte man mich schon mehr- mals zur Küchenarbeit verweisen. Ich be- mühte mich aber erfolgreich, einen Wech- sel zu verhindern, da die Arbeitszeit dort bedeutend länger war.''6 Für alle Arolser Häftlinge, die nicht zum Küchendienst oder zu Sonderaufgaben eingeteilt waren, ende- te der Arbeitstag in der Regel zwischen 18 und 19 Uhr, so daß sich für sie bei Berück- sichtigung einer 'Mittagspause' von 12.30 bis 14.00 Uhr von Montag bis einschließ- lich Sonnabend eine reine Arbeitsdauer von 10 bis 12 Stunden täglich ergab. Hinzukam die seit Sommer 1942 vom WVHA für alle Konzentrationslager angeordnete minde- stens fünfstündige Sonntagsarbeit. "Sonn- tags arbeiteten wir gewöhnlich bis 13 Uhr. Danach war freiH7 Eine Ausnahme bildete auch hier das Küchenkommando. "Sonn- tags arbeiteten wir etwas kürzer, ungefähr bis 17.00 Uhr - zum Abendbrot gab es eine 'kalte' Mahlzeit und ~ a f f e e . " ~ Demzufolge schwankte die wöchentliche Arbeitszeit der 160 Arbeiten 6 Häftlinge zwischen 66 und 91 Stunden und überschritt damit den in der Endphase des Zweiten WeItkriegs üblichen Wert in der Rüsiungsindustrie nicht außergewöhnlich. Für SS-Angehörig in der Kaserne betrug sie laut Schul-Sonderbefehl vorn 21. Sep- tember 1944 - allerdings einschließlich der Pausen - 30 Stunden und fur weibliche Zi- vilangestellte 63 tund den.^ Für jeden einzelnen Gefangenen ergab sich je nach anfallender Aufgabe eine un- terschiedliche oder wechselnde Arbeits- dauer, die vom Kommandofuhrer nichi zu kontrollieren war und auch nichi genau re- gistriert wurde. Vielmehr wurden für die beiden Kommandos in der SS-Schule und im Kleiderlager die geschätzten Werte ein- fach gemittelt, und so betrug in den nach Buchenwald bzw. Berlin gemeldeten Ab- rechnungen die Arbeitszeit bis September 1944 immer genau 11 Stunden. Damit wa- ren die verschärften Forderungen 0. Pohls P i r l a Z a U der Zahl dar Tßpu3rke trbaitust'müsa ErirPe~liriehtixe Zweekat 1, b C Bauleitung ij.Bu, 51 9 3 - L Eo1,GPfizisrachuls 1. 776 566 973 i3sichsbahribaCriebsamt: 5 . 6 9m 336 W' 5 024 Uuna Obarridori ädo. : uchwalba 2 12;; 5 13 3% Sennelager 50 --- 24 057 500 DAS. 31 3% 345 556 2. b s &&t. Usrlstoilt: 6 116 61 550 UWt. W s e s l d o d IlaSt. Lotion 3 78e 4 392 3. ?i t i ii-FUrurscarzle Arolesn 3 029 2 ;:z30 2% Bsirleidungskamer Arnlaan 600 60000 ii-T,DIv. irdcliachublag6r 1.8~ 2 3% It6h.1,-U. = o l . i ' . ~ n a s l d o r f 1 336 25 550 14 Ud5 nrafbfahr Lrantz Ausb.Abt. 1 595 17 9 5 I* " A b t . 1 643 +I8 623 Hapola iheberg 300 3 Goo i!-Standortvs twdtune; 'Ir.Bu. 6 446 70 &G6 ifewelsburg 1 022 10 220 5. Caulsftung äunkersbau 180 Pol. Gof, Berecksnbau 1 755 I;;. Daucan %simr J69 1 120 4 537 ?o &O Zentral Ers. I „ 29. i e h r 2 404 29 468 Abb. 6.02: Ausschnitt von Seite 2 der Zusarnmensteiiung der Arbeitcstunden für den Monat November 1944. l 0 vom 22. November 1943 exakt erfüllt, daß die f i r "Häftlinge befohlene Arbeitszeit von täglich 11 Stunden auch während der Win- termonate eingehalten werden" müsse und wegen der "in bedeutendem Umfang mit Häftlingen zur Durchführung kommenden kriegswichtigen und siegentscheidenden Arbeiten" auf keinen Fall unter 11 Stunden täglich absinken dürfe.l Ab Spätherbst 1944 konnten dann allerdings wegen der herrschenden Witterung und der frühen Dunkelheit einige begonnene Bauvorhaben nur noch eingeschränkt durchgeführt wer- den, und so sank im Oktober und Novem- ber 1944 die mittlere Arbeitszeit im Arolser Lager auf 10 Stunden täglich ab. Wegen der Weihnachtsfeiertage wurden im Dezember 1944 im Kleiderlager durchschnittlich 9,5 Stunden und in der Führerschule 7,s Stun- den gearbeitet. Tagsüber, während die große Mehrzahl der Häftlinge an den ihnen zugewiesenen Arbeitsstellen war, blieb eine kleine Grup- pe zum Putzen und Aufräumen zurück, rei- nigte die beiden Wachräume, den Flur, die Toiletten und sorgte im Lagerraum für ei- nigermaßen erträgliche Verhältnisse. "Ja, das war gut, weil wir haben selbst geputzt da. Jeden Tag war da eine Kolonne für Put- zen."12 Für die anderen war die Rückkehr immer mit einem beträchtlichen Unsicher- heitsfaktor verbunden, wußte man doch nicht, welche die eigene Person betreffende Entscheidung inzwischen bei dem Schul- kommando oder der Bewachung gefallen war. Wurde man, nachdem man sich gera- de an die Verhältnisse in Arolsen gewöhnt hatte, wieder auf Transport geschickt, ei- nem anderen Außenkommando zugeordnet? Recht harmlos erschien da noch die Angst vor den kleinen Schikanen. "Abends wur- den wir wieder zurückgebracht. Ja, dann wußte man nicht, was kommt auf einen zu. Dann konnte es mal passiert sein, daß die mit dem Bettenbau nicht einverstanden wa- ren. Dann war das Bett eingerissen. Oder irgendwie ... Aber sonst hatten wir unsere Ruhe im Lager."13 Insbesondere entfiel in Arolsen fast immer der in Buchenwald üb- liche und sich mitunter über Stunden hin- ziehende abendliche Zählappell. Kein lan- ger Anmarsch zum Appellplatz und kein gnadenloses Stillstehen im Freien bei jeder Witterung zur Überprüfung der Anwesen- heit - bittere Erfahrung aller Arolser Häft- linge aus langen Monaten oder gar Jahren in den Stammlagern - zehrten zusätzlich an den Kräften. Nach kurzem Durchzählen in- nerhalb des Gebäudes begann gegen 18.00 Uhr das Abendessen. "Es gab Tee, Brot und manchmal auch ~ u ~ ~ e . ~ ~ ~ ~ Bis zum Eintref- fen der letzten Arbeitstrupps konnte man sich innerhalb der Räume des Lagers frei bewegen, bevor um 22.00 Uhr die Nacht- ruhe begann. "Die SS-Männer befahlen: 'Licht aus!' "I Selbst wenn der Tag glimpf- lich verlaufen war, trat in diesem Moment, wo die Ablenkung durch die Arbeit etwas nachließ, die eigene Zukunftslosigkeit den Gefangenen um so deutlicher ins Bewußt- sein. "Ich hab' immer gespürt, daß ich ein- gesperrt bin, das hab' ich immer gespürt. Daß ich nicht kann machen, was ich will. Morgens früh Aufstehen um 5 Uhr. Antre- ten 6 Uhr. Arbeit. Mittag. Wieder zurück. Antreten. Abends 6 Uhr Antreten. Dann Essen 7 Uhr. Ab 8 Uhr eine Stunde zusam- men Karten gespielt. Wir haben Schach ge- macht, selbst. Und dann ins Bett. Das war immer, jeden Tag, jeden Tag, jeden Tag ... Das war keine eben.“ l6 162 Arbeiten 6 Arbeiten für die Der Tagesablauf der 800 - 1.000 Lehr- gangsteilnehmer in der SS-Kaserne war auf die Vorbereitung zum Dienst als SS-Führer des Wirtschafts-Verwaltungsdienstes aus- gerichtet, und dieses Ziel sollte während der Lehrgänge so wenig wie möglich durch nebensächliche Tätigkeiten beeinträchtigt werden. Doch "die Arbeit in der Kaserne mußte jemacht werden, und das konnten sie nicht wie in jeder anderen Militärkaser- ne machen. Da wurde 'ne Kolonne abkom- mandiert zum Hofkehren oder das machen, jenes machen. Aber das konnten sie in ei- ner SS-Offiziersschule nicht machen. Offi- ziersanwärter sind doch das praktisch je- Wesen, die konnten sie doch nicht benut- zen, um körperliche Arbeit verrichten zu lassen, ja?"17 Dazu waren Willy Apel und die anderen Lagerinsassen vorgesehen. Die SS-Führerschüler - von der Allgemeinen SS, vom SD oder vom Fronteinsatz nach Arolsen - wußten diese Be- quemlichkeit zu schätzen. "Die KZ-Häft- linge, die waren sozusagen als Hilfsperso- nal eingestellt. Der ganze Küchenbetrieb, die Wäscherei, wahrscheinlich auch die In- standsetzung, für die Schuhe besohlen oder vielleicht auch Uniformen zu flicken, nicht wahr, da waren gerade die Häftlinge einge- setzt. Man selbst hatte nicht mal selbst sei- ne Socken zu waschen, denn alles - Unter- wäsche, Socken und Bettwäsche - wurde an bestimmten Tagen eingesammelt, dann wurde es in die Wäscherei hingeschafft, und nach ein paar Tagen bekam man es dann zurück." l 9 Aber diese Dienstbotenfunktion bildete nur einen Kleinteil des Einsatzes, denn die KL-Häftlinge hatten "die ganzen Arbeiten, die in der Kaserne anfallen, übernommen, übernehmen müssen. Da sind zusätzlich natürlich noch wieder einige abkomman- diert für die Kammer, als Kammerarbeiter, dann in die Küche, als Küchenpersonal, sind welche abkommandiert und so fort und so mehr. Da hat jeder seinen Wirkungskreis gehabt."20 Mit der Zeit wurde der Radius für ihren Einsatz in Arolsen jedoch immer größer. Nachdem die gesamten Umbauten und Einrichtungsarbeiten von November 1943 bis Anfang Januar 1944 von dem nur 34 Mann starken Vorkommando aus Bu- chenwald erledigt worden waren, reichten der "SS-Führerschule" zum Arbeitseinsatz ab Mitte Januar 1944 zunächst 60 Mann. Nach den weiteren Zugängen im Februar pendelte sich die Zahl ohne nennenswerte Schwankungen bei etwa 80 ein, um dann am 23. September 1944 auf über 100 anzu- steigen. Durch diesen größeren Transport verschoben sich ab Herbst 1944 zugleich auch die Proportionen zwischen Fach- und Hilfsarbeitern, denn während bis dahin bei- de Gruppen beinahe gleich stark vertreten waren, entfielen in den letzten Kriegsmo- naten auf einen Facharbeiter ungefähr zwei Hilfsarbeiter. Diese Veränderungen waren denjenigen SS-Führeranwärtem, die nur für die Dauer eines Lehrgangs in Arolsen blieben und da- her nur einen kurzen, oberflächlichen Ein- blick in die Gesamtorganisation bekamen, verborgen. Für sie war der Einsatz der "Ge- streiften" bei den verschiedensten Putz- und Aufräumarbeiten auf dem Exerzierplatz am augenfälligsten. "Wenn wir sie zu sehen bekamen, waren sie innerhalb des Kaser- 6 Arbeiten 163 Häf t l i ngse insa tz i n der SS-Füh re rschu le I I A - ----- PP I n ' I Z I l a : I I I T - , 1 Korrekturen in der I 1 8 ' Arbeitsstatistik M I Abb. 6.03: Anzahl der täglich im Kommando "SS-Führerschule" eingesetzten ~rbeitskräfte.~' nengeländes mit Reinigungsarbeiten be- ~chäf t ig t . "~~ Kleine Trupps von etwa fünf Häftlingen zumeist ohne Bewachung, aber an der blau-grau gestreiften Kleidung und insbesondere der ungewöhnlichen Mütze sofort zwischen den 1.000 SS-Männem zu erkennen, kehrten den Kasernenhof und die Zufahrtsstraßen. Ein Buchenwalder - zeitweise J. ~ ä b e r l e ~ ~ - pflegte als Gärtner die Grünanlagen und Beete, auf denen noch vor wenigen Jahren die Blumen in Haken- kreuz- und Runenform gepflanzt worden waren und das Motto "Meine Ehre heisst Treue" verkündet hatten, oder beseitigte das Laub unter den Baumreihen an den bei- den Längsseiten des Kasernenhofs. "Im Herbst war das wahrscheinlich eine sehr beliebte Beschäftigung, weil man sich da nicht übermäßig anstrengen m ~ ß t e . " ~ ~ Aber auch diese scheinbar leichten Ar- beiten bargen unberechenbare Gefahren. So wurden für die Lehrgangsteilnehmer in den Mannschaftsblöcken ebenfalls fast alle Putzarbeiten von Häftlingen erledigt, Trep- pen, Flure, Aufenthaltsräume und sanitäre Einrichtungen gereinigt und - während die SS-Führerschüler beim Unterricht in den Lehrsälen oder bei Feldübungen waren - die Betten in den Schlafsälen gemacht. Ge- rade diese einfache und wenig strapaziöse Arbeit in den Mannschaftsgebäuden führte jedoch wiederholt zu Schikanen durch die SS-Männer. Sie wühlten ihre eigenen, ge- rade frisch gerichteten Betten selbst wieder 6 Arbeiten 165 Abb. 6.05: Das Wirtschaftsgebäude Fm Jahr 1944. Auf der Serte zum Kasernenhof sind über dem Haupteingang des meistöckigen Gebäudes die hohen Fenster des Spetsesaals zu erkennen. Zur Sudseite besitrt Block E aufgrund des steilen Gel&ndeabfalls drei SS-Führerschule des Wirtschafts-Verwal- tungsdienstes nach Amlsen versetzte K.. den vornehmlich die Tschechen und Polen als 'typischen Volksdeutschen' empfanden. "kh hatte Angst vor ihm. Eigentlich wußte ich nicht, wie er zu der Arbeit in der Küche gekommen war, vielleicht durch Protektion. Er war nämlich auf Küchenarbeiten nicht vorbereitet worden. K. stammte aus Torna- szow Muzowiecki. Aber nur einmal sprach er polnisch mit mir. Zu den Häftlingen ver- hielt er sich gleichgültig - weder quälte er sie. noch war er besonders freundlich."30 K. verteilte die anstehenden Arbeiten. die den gesamten Bereich einer Großküche ab- deckten. weitgehend unabhängig nach ei- genen Vorstellungen. Neben der Hauptauf- gabe, dem Abwasch des Geschirrs und der Töpfe, mußten Böden und Fenster der Ku- che und die unmittelbar daneben im Keller glegenen Zagerräume geputzt, Kohlen für die Ofen beschafft. die. angelieferten Wa- ren sortiert und die Lebensmittel auf die entsprechenden Vorratsräume verteilt wer- den. Bei den Tatigkeiten irn Keller des Wirt- schafisgebhirdes sah K. kaum Gefahr und verzichtete zumeist auf eine Bewachung der Gefangenen, die hier dann unbeobach- tet ihre Arbeit machten. "Es gab auch ei- nen ,mßen Kühlraum, den ich öfters auf- räumte. Man lagerte dort Wurst. Gesättigt verließ ich diesen ~ a u r n . " ~ ~ Ihh Arbeiten 6 Beruflich Qualifizierte - mehrere Häft- linge waren gelernte Köche, Fleischer d e r I3äcker3l - halfen auch direki bei der Zube- reifung der Essen, die nach Einschätzung der fronterfahrenen SS-Männer zwar ein- tönig waren und "hauptsächlich aus Steck- rUben, aber immerhin ein bißchen Fleisch und auch ~ a l t v e r ~ f l e ~ u n ~ " " kstanden. "Ich wurde zum Bearbeiten von Kartoffeln eingeteilt. Es gab eine Maschine zum Kar- toffelschälen. Die Aufgabe bestand dann, die schlechten Teile der Kartoffeln zu ent- fernen.'u34 Alle Abfälle rnußten getrennt ge- sammelt werden, da die Kartoffelschalen zur Herstellung von Stärkemehr verwendet wurden. Die Arbeitszeit in der Küche war zwar sehr lang. aber es kam selten zu Schinde- reien und gröberen Gewaltmaßnahmen ge- genüber Häftlingen. denn die SS-Männer wären hier unmittelbar und persönlich von den Folgen betroffen gewesen, sie hätten die: Konsequenzen in unsauber und schlecht zubereitetem Essen in der Kantine serviert bekommen. Aus ähnlichem Grund erhielten die Gefangenen für ihre Arbeiten im Kü- chenbereich auch gesonderte, saubere Klei- dung, die nicht mit ins Lager genommen werden durfte, "Während der Kiichenarbeii waren wir mit Schürzen bekleidet, die da- nach an die Wand gehängt wurden.H35 Kam es in den angrenzenden Kellern al- lerdings dennoch zu tätlichen Übergriffen. dann wirklich mit der Absicht, zu quälen und nicht unter dem Vorwand, die Leistung ZU steigern, denn eine nennenswerte Effek- Abb. 6.06: In die Arbeit am Herd vertieft, nimmt der SS-Koch den im Hintergrund stehenden HAftling nicht wahr.-lh 6 Arbeiten 167 tivitätszunahme war auch durch Erhöhung des Arbeitstempos nicht zu erreichen. Der Arbeitsumfang in der Küche war eine feste Größe, die in erster Linie von der Anzahl der SS-Lehrgangsteilnehmer abhing. Dies erkannten auch die Häftlinge schnell, die folglich darauf bedacht waren, durch un- auffällige Verzögerungstaktiken die anfal- lenden Aufgaben immer gerade auf die zur Verfügung stehende Zeit zu strecken. Und auch die verantwortlichen SS-Männer wa- ren zufrieden damit. Hauptsache, der Kü- chenbetrieb lief reibungsfrei und das, was am Ende nach draußen auf die Tische kam, stimmte. Neben den Köchen der SS an den Herden stehend, wurde für einen Moment die Trennung zwischen Häftling und SS unscharf, um wenige Augenblicke später beim Vorbereiten oder Abräumen der Ti- sche im unmittelbar neben der Küche ge- legenen Speisesaal wieder deutlich zutage zu treten. "Diese Arbeiten verrichtete ich nur in Abwesenheit von ~ s - ~ ä n n e r n " ~ ~ , denn jeder falsche Handgriff barg das Ri- siko, gemaßregelt, beschimpft oder bestraft zu werden. "Als ich einmal auf Anweisung W.s mit dem Aufräumen des Raums be- gann, während die SS-Männer noch anwe- send waren, riefen sie: 'Was hat der Bandit hier zu suchen!' "38 Für die Bedienung der SS-Führerschü- ler im großen Speisesaal der Kaserne im Mittelteil des Wirtschaftsgebäudes E war Unterscharführer W. verantwortlich, der ebenfalls mit der Verwaltungsschule von Dachau nach Arolsen gekommen war und daher die Möglichkeiten des Häftlingsein- satzes bereits kannte. Häftlinge mit der Be- rufsbezeichnung Kellner auf dem Personal- bogen mußten auf seine Anweisungen hin die langen Tischreihen unter den schmie- deeisernen Hakenkreuzen decken, Geschirr und Bestecke verteilen und das Essen aus der Küche herbeischaffen. "Mit einem Wa- gen wurden die Schüsseln mit der Suppe von Tisch zu Tisch gebracht."39 Sobald jedoch SS-Männer den Speisesaal betra- ten, hatten die Häftlings-Kellner in Neben- räume zu verschwinden. "Während des Es- sens wandten sich die SS-Männer, wenn sie zusätzlich bedient werden wollten, an W. und an zwei Rumänen. Es war uns un- tersagt, den Saal während dieser Zeit zu betreten.'140 W. selbst gab während der Mahlzeiten vorwiegend Anweisungen und bediente nur beiläufig. "Er war Frontsoldat. Seine Hand war angeschossen und deshalb schief."41 Im Speisesaal der Kaserne aßen aller- dings nur die Lehrgangsteilnehmer, wäh- rend für höhere Ränge das 1898 errichtete Führerheim außerhalb der Kaserne an der Großen Allee mit einer kleinen Küche und eigenen Ordonnanzen vorgesehen war. Die Hauptmahlzeiten wurden aber auch in der Kasemenküche zubereitet und von Häft- lingen in das ehemalige "Wolrad-Haus" ge- tragen. "Die höheren Offiziere besaßen ein getrenntes Kasino in einem anderen Ge- bäude. Die Mahlzeiten wurden aus der Kü- che über den Hof dorthin gebracht."42 Kam offizieller Besuch in die SS-Füh- rerschule des Wirtschafts-Verwaltungs- dienstes, mußten alle Arbeiten besonders sorgfältig erledigt werden. So fand am 19. Juni 1944 ein Empfang von Gästen des SS- Obergruppenführers und Generals der Po- lizei J. Erbprinz zu Waldeck und Pyrmont statt43, zu dem das Küchenpersonal, und somit auch die Häftlinge unter Federfüh- rung der Abteilung IVa, "ein gutes Eintopf- essen"44 zubereiten und die "Tafel in U- Form fir etwa 120 Teilnehmer mit Blumen- schmuck"45 in der Kantine herrichten muß- ten. Während der Anwesenheit von Gastge- ber und Gästen allerdings waren Ordon- nanzen von der Lehrgruppe B eingesetzt mit dem ausdrücklichen Befehl: "Saubere ~ l e i d u n ~ ! " ~ ~ Für die Lagerinsassen fand solch offizieller Besuch von außen nur aus der Feme statt. Sie leisteten die Vorarbeit und hatten sich im übrigen als dienstbare Geister im Hintergrund zu halten. So muß- te auch beim Aufenthalt Oswald Pohls in der Arolser Kaserne das gesamte Komman- do in der Unterkunft bleiben, und nur das Küchenpersonal arbeitete. Diese Häftlinge beobachteten das Schauspiel von den an- grenzenden Räumen, von denen ihnen mit- unter auch ein ganz besonderes Bild gebo- ten wurde. Die angehenden Führer wollten wie in vielen anderen Situationen vom An- blick der "Gestreiften" nicht gestört wer- den, doch sie konnten nicht verhindern, daß sie selbst gesehen wurden, ihr Verhalten genau registriert und jahrzehntelang im Ge- dächtnis behalten wurde. "Jede Schulkom- panie hatte in ihren Räumen einen Vorrat an Lebensmitteln und alkoholischen Geträn- ken, um nach Beendigung der Kurse ein Trinkgelage zu veranstalten. Manchmal sa- hen die Folgen eines solchen Trinkgelages so aus, daß die 'Teilnehmer in einer Reihe' liegenblieben. Diese Treffen wurden im Eßraum abgehalten. Wir durften uns dort nicht zeigen. Doch konnte ich durch ein Fensterchen aus der Küche in den Eßraum blicken. Während des Treffens bedienten die ~ s - ~ ä n n e r . " ~ ' Auch ein junger Tsche- che in der von einem privaten Wirt betne- benen Kantine mußte alle Handlangerdien- ste erledigen, sich ansonsten aber strikt im Hintergrund halten. Über die Verkaufstre- sen hinweg, an denen junge Zivilarbeite- rinnen Speisen, Getränke und Schreibwa- ren verkauften, konnte er mancherlei Ein- blicke in das Verhalten der angehenden SS-Führer gewinnen. Die Frisörstube Ebenfalls unter privater Leitung stand Anfang 1944 zunächst noch die Frisörstu- be im Untergeschoß von Block F direkt ne- ben der Küche. Nach Aufnahme des Schul- betriebs konnten vom Betreiber Karl Wilke aus Külte die anstehenden Arbeiten auch mit Unterstützung des bereits am 14. No- vember 1943 nach Arolsen gekommenen Häftlings Peter ~ c h a u 1 ~ ~ nicht mehr gelei- stet werden. Gezielt wurde daher im KL Bu- chenwald eine weitere für dieses Aufga- benfeld geeignete Person angefordert. Die Wahl fiel auf den am 15. Februar 1918 in Stettin geborenen Karl - Heinz Genzen, der nach Verbüßung einer zweijährigen Haft 1941 als Nummer 29688 in das Konzentra- tionslager bei Weimar kam. "Ich kann es nicht mehr mit Sicherheit sagen. Ich lag im Block 36, es kann auch 37 gewesen sein. Und dort wurde ich aufgefordert, durch das dortige Mikrofon, zum Lagerausgang zu kommen."49 Solche Aufrufe nach dem Morgenappell gehörten im KL Buchenwald zwar zur 'Tagesordnung', doch für jeden, der so seine Nummer vernahm, "gab es ei- nen scharfen Stich ins ~ e r z " ~ O , war höch- ste Vorsicht angesagt. Nach längerer KL- Erfahrung kannte man die Schikanen der SS vor dem Lagertor, "wo die Bestellten auf den anonymen Schrecken zu warten hatten, für den sie bestimmt warenU5l, auf 6 Arbeiten 169 a Abb. 6.07: Der Häftling P. Schaul frisiert einen Angehörigen der CS-~ührerschufe~" die Strafen oder auch nur auf harmlose An- fragen oder Auskunfte. sa daß Karl-Heinz Genzen. schon seit fast fünf Jahren diesen Gepflogenheiten in Buchenwald ausgehe- fert. mit beklommenen Gefühlen dem Auf- ruf folgte. "Was irn Lager war, wußte man. und was auf einen zukam. das war ja dieses unbekannte Faktor. Man hatte viel Schlech- tes von Aiißenlagern gehört. Desweren wußte man nie, wo landet man. Jeder ver- suchte natürlich, diesen unbekannten Eak- tor auszuschalten. denn was ich hab'. weih ich, was ich bekomme. weiß ich nie. Das ist im Leben nicht anders."" Doch für K.- H. Gen7xn kam es nicht zum Schlimmsten. "Dann teilte man mir mit. ob ich gewillt sei, nach AroIsen als Frisor zu gehen. Das war so eine Formsache vom Kapo. Und da ich Frisör bin, war mir das kein Begriff, was da auf mich zukam. Man wßte nie, in was für ein Außenlager man kam. Da wurde mir dann gesagt, da wäre schon ein Frisör da, das sei 'ne kleine Kaserne. wo ich da hin- kam. das wäre ein kleines Lager, in dem ich Abb, 6.08: Der ehemalige Haitlrng Karl-Heinr Genzen kurz nach ~ i e ~ s e n d e . ~ " als SS-Frisör eingesetzt wurde, SS bedie- nen n ü ~ t e , " ~ ~ Am 11. Februar 1944, weni- ge Tage vor seinem 26. Geburtstag, w t d e K-H. Genzen auf Transport geschickt. "Wir waren drei oder vier Mann. Und da waren zwei S S - h i e bei. Wir sind mit dem Zug gekommen. von Buchenwald nach Arolsen gebracht worden. [...I Das Lager war schon eingerichtet. Der Mithäftling, der dort war. der Peter Schaut. war schon vor mir da. Al- so ich kam in ein fertig belegtes b g e r rein. Als Zusatzkraft für den Frisör Wilke und den Peter Schau]. Wir waren dann zu dritt dort."5h Ein SS-Mann und zwei Häftlinge bedienten die Angehörigen dw SS-Führer- schule, wobei durch Befehl für die Inspek- tionen und Lehrgruppen geregelt war, an welchem Tag sie erscheinen konnten. Die Werkstätten Der Verwaltung Wa irn Kommandostab der SS-Führerschule unterstand neben der Küche auch die Bekleidungswerkstatt mit dem kriegsversehrten Werkstatfleiter und Kammewart SS-Oberscharfuhrer M. aus Linz. dessen Aufgaknfeld in der Fihrer- schule anfallende Schneider- und Schuh- macherarbeiten umfaßte. Wie zur Zeit der SS-Verfugungstnippe "Germania" befan- den sich die entsprechenden Werkstätten, in denen Schuhwerk und Uniformen repa- riert sowie Rangabzeichen angenäht wer- den mußten, im Uniergeschoß von Block D an der Kasernenstsaße und die Kleider- karnmer der Schule im DachgeschoR des Blocks C. Neben den zur Waffen-SS gehö- renden Vorarbeitern waren in der Beklei- dungswerkstait auch Zivilkräfte und Häft- linge mit entsprechenden handwerklichen Kenntnissen beschäfifgt. Ein besonders breit Festreuter Einsatzbereich entfiel dabei auf den Belgier F. ~abalue:'~. der morgens dem Karnmenvart M. zunächst das Früh- stück bringen rnußte, dann dessen Zimmer aufzuräumen hatte, bevor seine eigentl Eche Arbeit begann. u.a. das Sortieren der ange- lieferten Uniformen. "Ich holte die SS-Uni- form von den SS-Offizieren, die von der Front kamen. und ich gab ihnen neue Uni- formen. neuen ~ n z u ~ . " ~ ~ Die verschmutz- ten Uniformen wurden jedwh nur in selte- neren Fällen unmittelbar vor Ort überholt. "D sind geschickt nach Ravensbfick. Und dort sind sie wieder geputzt und wie- der geflickt und dann wieder zurück nach Amlsen geschickt worden.''s9 Auch in fast allen anderen Werkstätten auf dem Kasernengelände. die nach dem Kriegsstärkenachweis der SS-Fiihrerschule der Stabskompanie mit Waffenmeisterei. Kraftfahrzeuptaffel sowie Reit- und Fahr- staffel zugeordnet waren. kamen - soweit nicht sicherheitsrelevante Interessen be- troffen waren - Häftlinge zum Einsatz, und zwar weit über den zunächst vorgesehenen Bereich hinaus. So warteten sie als Auto- mechaniker die weni~en Fahrzeuge in den Garagen an der Südfahrbahn der Großen Allee. erledi~ten Holzarbei!en in der Tisch- lerei und reparierten elektrische Geräte bis hin zum Radio. Sie pflegten und striegelten Pferde. damit SS-Stumbannftihrer P. wei- ter auf "Weinstock" und SS-Hauptsturm- führer N. auf "Vorwärts" durch das Gelän- deb' - die Benutzung der Reitwege in der Großen Allee war ihnen untersagt - reiten konntenh2, putzten die Räder der SchuIe für den befohlenen ~ a h r r a d a ~ ~ e l l ~ ~ und hielten Pferdefuhrwerke in Ordnung. "In der Tischlerei bearbeitete ich Holz. das für Autos vom Typ "?-iolzgas" benötigt wur- de."64 Holzwagen, Bänke. Regale und ver- einzelt sogar Siirge wurden in der Scbrei- neei eknfalls von den Lagerinsassen ge- baut.h5 Neben den festumrissenen Bereichen in den verschiedenen Werkstätten der Kaser- ne wurden Hiifilinge auch häufig dann be- nutzt, wenn spezifisches Fachwissen oder harte körperliche Arbeit kurzfristig verlangt wurden. In solchen Fällen wandte sich der jeweils verantwortliche SS-Mann an den KommandofW hrer und forderte Arbeits- kräfte nach Berufsqualifikation und in der benötigten Zahl an. Da dies irn Verlauf des Abb. 6.09: Die Garagen an der Nordseite des ~asernenhofs."" Abb. 6.10. Blick von der Freiterrasse der Kantine auf die Werkstätten im Blmk D . ~ ~ Frühjahrs 1944 immer öfter vorkam - schon ein Anruf bei Apparat 4 oder 27 genügte - entwickelte sich bald ein kaum noch durch- schaubares Beziehungsyeflecht. das jede Seite zu eigenem Vorteil zu erhalten und auszubauen versuchte. Der Kapo, far den Kornrnandoführer oft die Auswahl treffend. nutzte seine Funktion. ihm genehme d e r kranke Mithäftlinge auf leichte Posten zu bringen und so umgekehst seine eigene schwierige Position zwischen SS und Mit- gefangenen zu stabilisieren. SS-Angehöri- ge bevorzugten ihnen bekannte. zuverläs- sige und ihren Vorstellungen eines arischen Menscheotyps entsprechende Männer, die sie ohne nennenswerten eigenen Einsatz oder erkennbares Risiko selbständig arbei- ten lassen konnten. Häftlinge schließlich kannten die Eigenarten und Vorlieben der SS-Männer, die es zu nutzen oder denen es auszuweichen galt. Für Ausbesserungen an der elektrischen Installation z.B. wurde bevorzugt Hilmar Richter in Block A geru- fen. wo auch Heinrich H. in der Schreibstu- be bald viele Hilfsakiten verrichtete.67 Größerer Beliebtheit schienen sich bei den Gefangenen die Arbeiten in der Telefon- zentrale im Block & zu erfreuen. in der fünf junge Frauen nicht nur den Telefonverkehr abwickelten, sondern auch die Auslösung des Luftalarms tu überwachen hatten. Hier konnte häufiger ein freundliches Wort ge- wechselt werden, durfte schon mal gelacht werden.68 Belastender war die regelmäßig anfallende Koksverladung, der man nicht wegen der schweren körperlichen Strapa- zen und des Schmutzes aus dem Weg zu gehen versuchte, sondern weil man in den dunklen, abgeschiedenen Kellern in einem unbeobachteten Augenblick Wil tMrakten der Bewachung ausgeliefert war.@ Arbeiten für das Im Gegensatz zur "SS-Führerschule" war das kleine Kommando 3s-KIeiderla- ger" während der 15 Monate seines Beste- hens mit fast konstant 20 Hilfsarbeitern nur sehr geringen Schwankungen in der Perso- nalstärke unterworfen. Daß Facharbeiter offiziell dieser SS-Dienststelle nicht zuge- ordnet waren, fiel nicht sonderlich ins Ge- wicht. da irn BedarfsfaIl einfach eine geeig- nete Person des Kommandos "Führerschu- le" zu der anstehenden Arbeit geschickt wurde. Überhaupt war der Mehrzahl der Häftlinge und auch der SS-Angehörigen nicht kwußt, daß hier eigentlich zwei for- mal getrennte Kommandos des Konzentra- tionslagers Buchenwald in der ehemaligen Waffenmeisterei untergebracht waren. Büro und einige Abstellräume des "SS- Bekleidungslagers" befanden sich irn Dach- geschoß des Wirtschaftsgebäudes E. "Dort Abb. 6.f 1: Blick vom Schwimmbad auf das sogenannte ~1 7.70 6 Arbeiten 173 wurden Kleidungsstücke, Hemden, Schuhe, Socken und Decken gelagert. Alles mußte sortiert, zusammengelegt oder zu je zehn Stück zusammengebunden werden. Danach wurden die Sachen in Regale gelegt."71 Der Hauptarbeitsplatz dieses Kommandos befand sich jedoch in den Hallen hinter dem Festsaal am Hasenzaun, zu denen die Häftlinge von der Wache durch das Südtor gebracht wurden. Verteilt auf die drei Hal- len, zwei Nebengebäude und das K17 er- ledigten die 20 vorwiegend Osteuropäer unter der Aufsicht weniger SS-Männer alle anstehenden Arbeiten, die sehr eintönig waren und vorwiegend im Reinigen der Ge- bäude und des umliegenden Geländes so- wie im Sortieren der ein- und ausgehenden Waren bestanden. Da sich im Verlaufe des Jahres 1944 das Bekleidungslager der Waf- fen-SS auch mit immer mehr Lebensmitteln füllte und sich zu einem kontinuierlich grö- ßer werdenden Vorratslager auswuchs, bot sich den Häftlingen in den langen, unüber- sichtlichen Hallen Gelegenheit zur 'Orga- nisation' zusätzlicher Essensrationen für sich und die Mitgefangenen. Allerdings entging dieser 'Warenschmuggel' der SS- Wachmannschaft nicht vollständig. "Nach der Arbeit wurden wir von den beaufsich- tigenden SS-Männem durchsucht: von W., von J., von einem jungen Invaliden, der von der Front abgezogen worden war, und von einem alten hinkenden Wachmann. Der strengste von ihnen war W. Der junge In- valide führte die Durchsuchung dagegen ziemlich oberflächlich durch."72 H ä f t l i n g s e i n s a t z i m S S - B e k l e i d u n g s l a g e r 1943 ' 1944 ' 1945 - - P BJL I Abb. 6.12: Zahl der taglich zur Arbeit eingesetzten Haftlinge des SS-Kleiderlagers '' Sondereinsätze außerhalb der Die Trennung in die beiden Komman- dos "Führerschule" und "Bekleidungsla- ger" war eher formaler Natur zur Abrech- nung mit dem WVHA in Berlin, ohne von der SS streng eingehalten und den Häftlin- gen selbst bewußt wahrgenommen zu wer- den. Zum einen erfolgte sehr oft ein Aus- tausch, und zum anderen wurden geeignete Arbeiter beider Kommandos gemeinsam zum Einsatz geschickt, denn das breitge- streute Arbeitsfeld reichte auch weit über das Kasernengelände und die Lagerhallen in fast alle öffentlichen und privaten Berei- che im näheren Umfeld der Führerschule des WVD hinein. "Außer der Arbeit in den Lagerhallen wurden wir noch zu anderen Tätigkeiten genommen. Ein SS-Mann kam dann zu unserem Wachmann und ließ uns f i r andere Arbeiten einsetzen. Er führte uns zur Arbeitsstelle und beaufsichtigte uns die ganze Zeit über.ii74 Zur Lebensmittelbeschaffung mußten im Stadtgebiet die zuständigen Geschäfte aufgesucht werden, aus Korbach holten Häftlinge mehrfach in SS-Begleitung die vom Ernährungsamt zugewiesenen Son- derportionen an Fleisch und Wurst, Werk- zeug wurde zu örtlichen Firmen getragen und Hausrat transportiert. Zum Aufgaben- bereich der Arolser Kommandos gehörte es zeitweise auch, verwundete Soldaten von den verschiedenen, über das Stadtge- biet verteilten Lazaretten mit Pritschenwa- gen zur ärztlichen Behandlung zu fahren. Ebenfalls konnten die Arolser kleine Häft- lingstrupps auf dem Weg durch die Große Allee in Richtung Schloß und der Dienst- stelle des SS-Oberabschnitts "Fulda-Wer- rau so regelmäßig marschieren sehen, daß wohlgesonnene Anwohner Zigarettenkip- pen hinter Bäumen versteckten. Im Park des Neuen Schlosses mußten Gartenarbei- ten erledigt werden, einige Häftlinge wirk- ten in der Gärtnerei am Vorhof, und auch im Barockschloß waren gelegentlich diver- se Arbeiten zu erledigen.75 Ein anderer Weg, den die Häftlinge in Arolsen schließlich genau kennenlemten, führte vom Südausgang der Kaserne über den Hasenzaun und die Helenenstraße zum Arolser Bahnhof. "Zum Ver- und Ausla- den von Gütertransporten wurden wir oft nach Arolsen und auch nach Kassel einbe- rufen."76 In erster Linie waren Lieferungen für die SS-Führerschule oder das Depot zu verladen, so z.B. um die Jahreswende 1944 eine Ladung mit Decken aus Italien. "Ich war beim Ausladen dabei. Außer Decken befanden sich Kisten mit der Aufschrift 'Glas' in der Lieferung, doch darin befan- den sich Dynamit und ~ a f f e n . " ~ ~ Aber auch wenn Maschinenteile oder größere Warensendungen für Privatunternehmen eintrafen, mußte zugepackt werden. Mit der eigentlich vorgesehenen Verrechnung der Arbeitszeit war man dann großzügig und verzichtete in der Regel darauf. Insgesamt ergab sich für die Arolser Be- völkerung im letzten Kriegsjahr 1944, in dem kaum noch junge Männer in der Kleinstadt wohnten und arbeiteten, ein eigenartiges Bild. Von der Kaserne zogen Häftlinge in der grau-blau gestreiften KZ-Kleidung zum Arbeitseinsatz, von der ehemaligen Turn- halle an der Jahnstraße im unmittelbaren 6 Arbeiten 175 Blickfeld des Neuen Schlosses marschier- ten französische Kriegsgefangene in der grau-braunen Uniform ab. und sogenannte "Fremdarbeiter" waren in p k r Zahl auf nahegelegenen Bauernhöfen und in heimi- schen Betrieben kschiiftigt. Baukolonnen Da die Arolser Kaserne bei ihrem Neu- bao Mitte der 3Oer Jahre auf die Belange der Unterbringung und Ausbildung von vier Kompanien ausgerichtet worden war. verfugte sie nicht bber genügend Lehrsäle. wie sie der 'Unterricht in einer SS-Fuhrer- scbu!e verlangte. Zur Beseitigung der sich abzeichnenden Raumnot erhielt kutz nach Lehrbeginn Anfang 1944 ein Mengering- häuser Betrieb den Auftrag. südlich der Kaserne an der Gerrnania-Allee vier Holz- bamken mit je zwei Unterrichtsr" aumen zu errichten. Zum Schrecken des Zimmereibe- sitzers. der gerade mit der Familie nach ei- ner Schwanschlachterei beim Essen saß, fuhr unangemeldet ein SS-Trupp der Arol- ser Führerschule vor. interessierte sich je- doch zur Erleichterung der Anwesenden nicht für das opulente Mahl, sondern ord- nete den Bau an und stellte hierfür die er- forderl iche Mäftlingszahl bereit. Mehre Tischler des Arolser Kommandos wurden in den folgenden Wochen jeden Morgen von der Kaserne an die Arbeitsstelle irn Sä- gewerk gebracht. Die schlichten, auf Be- tonsockeIn stehenden 'Pfahlbauten' aus Holz. zur Verdunklung und Warmedäm- mung mit Fensterläden versehen, waren offenbar nur für eine Übergangsphase ge- plant, denn auf dem durch Auffüllen mit Bauschutt und Abbruchresten der ehema- Abb. 6.13: Zwei der Lehrbaracken an der Germania-Allee (der spateren Sud- und heutigen SchlesienstraBe). Im Hintergrund ragt neben Block D der Kaserne die Funkstatron des Oberab- schnitts "Fulda-Werra" 176 Arbeiten 6 ligen Infanterie-Kaserne A nivellienen Ge- lände waren stabile Gebäude ohne weitere Befestigungsmaßnahmen kaum sinnvo!l. Dennoch wurde auf Symmetrie zum Kaser- nenkornplex geachtet. Die vier Schuppen hatten gieichen Abstand. waren parallel zur Kasernenmauer ausgerichtet und schlossen östlich und westlich genau mit den Mann- schaftsgebauden D und Fab. Über den leh- migen Untergrund wurden von der Straße zum jeweiligen Eingang in der Baracken- mitte befestigte Wege angelegt. Auch ein weiteres Bauvorhaben an der Germania-Allee arn Nebenausgang der Ka- serne unmittelbar unter den Fenstern der Häftlingsunterkunft wurde in aller Eiie ver- wirklicht. das jedoch nicht als Provisorium gedacht war. Trotz unzureichenden Bau- materialien und Zuspitziing der Kriegssi- tuation plante man weiter fur die Zeit nach dem Sieg. Ein großes Beionbecken sollte während des Krieges als Löschwassem- servoir bei den befurchteten Angriffen auf die Kaserne dienen und später die Grund- la9e eines Hallenbades in Arolsen bilden. Zu beiden Funktionen wurde das von den SS-Männem abschHtzig "Bochmann-Teich" getaufte Bassin. das noch 1944 mit Wasser gefulIt wurde. nie eingeserzt: Ein Luftan- zriff erfolgte nicht. und der Beton war so porös, daR nach Kriegsende eine Nutzung als Schwimmbecken nicht in Frage kam. Solche "Bauvorhaben der Schule" wur- den in so_genannter "Gemeinschaftsarbeit" Abb. 6.14 "Gemeinschaftsarbeit" von SS und Häftlingen sudlich des Wirtschaftsgebaudes E (rechts im Bild). Im Hintergrund neben Block F ist die Giebelseite der Häftlingsunterkunft zu er- kennen?" 6 Arbeiten 177 durchgeführts0, für die der Kommandeur einen Einsatzplan veröffentlichte und aus- drücklich darauf hinwies, die "Arbeitszeit wirklich mit Arbeit auszufüllen", und wohl aufgrund einschlägiger Erfahrung ermahn- te, den Einsatz "nicht zum willkommenen Ausruhen von sonstigem Dienst" zu miß- brauchen, denn "das Wort 'Gemeinschafts- arbeit' muß im wahren Sinn erfaßt und ge- zeigt erden“.^' Aber nicht nur die von den Lehrgruppen und Inspektionen abge- stellten Kommandos in Stärke von 50 SS- Männern und einem SS-Führer arbeiteten an der Germania-Allee. "Wir wußten, da wurde hinten ein Feuerlöschteich in der Kaserne angelegt, und wir mußten da auch etliche Stunden in der Woche Erde karren oder Steine hacken. Da hat man mal gese- hen, daß da auch Häftlinge gearbeitet ha- ben."82 In diese 'Gemeinschaft' waren so unversehens Häftlinge einbezogen. Für sie bedeutete der Einsatz eine deutliche Ver- schlechterung ihrer Lebensbedingungen, denn die Bauarbeiten mußten zusätzlich am Abend und am Wochenende erledigt wer- den, so daß noch weniger Zeit zum Aus- ruhen und zur Erholung blieb. Einige Häft- linge ritzten die Nummer, die man ihnen in Auschwitz eintätowiert hatte, heimlich in den noch frischen Beton. Nach 1945 waren sie der erste Beleg für die Anwesenheit von KL-Häftlingen in Arolsen. Für Planung und Durchführung solcher SS-Bauten waren der Waffen-SS unterste- hende Bauleitungen zuständig, die zu fast jedem Konzentrationslager gehörten. Von fachlich qualifizierten Häftlingen erstellte Entwürfe wurden vom Lagerkommandan- ten H. Pister nach Berlin weitergeleitet und dort durch das Wirtschafts-Verwaltungs- hauptamt oder vom Reichsführer-SS zur Durchführung bewilligt. 1944 ergab sich für den Großraum Kassel eine Sondersitu- ation, da der Höhere SS- und Polizeiführer im Wehrkreis D(, SS-Obergruppenführer J. Erbprinz zu Waldeck und Pyrmont, von H. Himmler eine eigene Bauleitung bewilligt bekam. "Die Bauleitung Kassel wurde in einem Raum der ersten Baracke 'An den Eichen' untergebracht, die im Januar 1944 teilweise bereits fertiggestellt war. Zum Aufgabenbereich dieser neuen Bauleitung gehörten auch Teilplanungen der SS-Bau- vorhaben in Arolsen und ~ i e ß e n . " ~ ~ Zu weiteren Bauarbeiten wurden beide Kommandos bei der Errichtung sogenann- ter Behelfsheime für SS-Führer und deren Familien herangezogen, die ebenfalls von Häftlingen in den Bauleitungen des KL ge- plant worden waren. "Im Frühling arbeite- te ich etwa zwei Wochen beim Bau kleiner Häuser auf einer Siedlung, die Königsberg hieß."84 Vom Viehmarktsplatz, der dieser Siedlung den Namen geben sollte, bis zu den neuerrichteten Villen an der Parkstra- ße war das Gelände zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend unerschlossen: An dem unbefestigten Weg, der geradlinig vom Schloß vorbei an der Dienststelle des SS- Oberabschnitts zum "Viehmarkt" führte, lag nur ein größeres landwirtschaftliches Anwesen, an der Königsbergallee stand lediglich ein Gasthaus, und auch an der zum Friedhof abfallenden Jahnstraße exi- stierten erst drei Häuser. Der kurze Weg vom Südausgang der Kaserne über den Tannenkopf mit dem Gaswerk und den mo- dernen Mehrfamilienhäusern bis in die Nä- he dieses Gebietes war Häftlingen jedoch wohlbekannt und in unangenehmer Erin- nerung, denn wiederholt wurden sie zu Ar- beiten für die Familie eines SS-Führers in I78 Arbeiten 6 die JahnstraRc geholt. Zwar waren die Auf- gaben in Flaushali und Garten nicht son- derlich schwer. auch gab es keine groben Übergriffe. aber vornehmlich die Osteuro- päer spünen ständig das abschätzige Ver- halten. die Einstitfungi als minderwertige Menschen. Aufgnind der erheblich zunehmenden Wohnungsnot enischloß man sich kumer- hand. die kaum zehn Jahre zunjckliepnden gmßen Pläne zur Bebauung dieses der Do- inanialverwaltung unterstehenden GeIän- des mit komfortablen Einfamilienhäusern fallen zu lassen. und statt dessen die Eel- der südlich des Schloßparks 1944 als Bau- land für bescheidene Behelfsheime mit ei- ner ~chrnnlen Zufahrtsstraße parallel zur Königsbergallee von der Jahnsinße bis zum Drillerweg zu nutzen. "Zu dieser Ar- beit hatte ich mich freiwillig gemeldet. Es wurde nämlich ein 'Dachdecker' gesucht. Ich hatte solche Arbeit u.a. schon vor dem Krieg beim Bau unseres eigenen Hauses verrichtet. Die Hauser wurden auf einem weiten Feld gebaut. Es waren freistehende Partemhriuser aus Ziegelstein. Sie besa- Ben zwei kleine Zinimer und ein rotes Dach. Wiihrcnd der Arbeit führten zwei mit Ge- wehren bewaffnete Wachmänner Aufsicht. Doch trotzdem gelang es uns, die Arbeit so zu verteilen. daß wir uns abwechselnd in den Dachkammern ausruhen oder auch bei Regen dm unterstellen konnten. [...I Wahr- scheinlich haben beim Bau dieser Häuser noch andere Arbeiter und HäftIinge gear- beitet. denn es gab viele schwere Arbeit. wie das Ausheben der Fundamente. da^ Mauern U S W . ~ ~ ~ Da diese Baustelle weit außerhalb der Stadt lag, nahmen nur wenig Arolset vom Fortgang der Bautätigkeit Kenntnis. "Bei der Arbeit auf dieser Siedlung habe ich keine Zivilisten getroffen, auch keine Kin- d e ~ . " ~ ~ Umgekehrt allerdings blieben Kin- dem. die es mitunter heimlich in die Nähe der halbfertigen Häuser zog. die seltsam gekleideten Männer in den gestreiften An- zügen. die ihnen sogar verstohlen selbstge- basteltes Spielzeug schenkten. in Erinne- rung. Ebenfalls eine sehr unterschiedliche Wahrnehmungsperspektive zeige sich beim Abwurf einiger Bomben auf freies Gelände in der Nahe des Friedhofs. WZih- rend die Arolser Bevö t kemng beiläufig "'Notabwürfe" registrierte. vermuteten die Häftlinye. die? habe pzielt der vnn ihnen 1uit.mbeu: 3ooh 2zftaumfZen, 3sbeaondmm 1Pe dwm Spmngbonben X standen= 3oli;;dmn ia ,hbtiudea, :egen, Zl-tzan mid ferner- mausanla&n h s e i t i q e n lder mdesteris sonei5 Seileben, .e 3efabzn qder ZcUden mriiindert raräen. Die : saxbs i tw ,meab3 ie- 7enohiitteter und bat )C-n a a d a a ~ h ziihmud des L ~ ~ L F i 3 8 dumh- ,t SaxfaoKente- ~inz~teilan. 33 sind Abb. 6.15: Auszug aus der Seile 5 des Luftcchutzbefehls der SS-Fiihrerschule vom 14. Januar 1 944.77 errichteten Siedlung gegolten. "Mehrere Brandbomben sind auf eine Siedlung ab- geworfen worden, die von evakuierten Deutschen bewohnt wurden. Sie befand sich am Wald und hieß ' ~ ö n i ~ s b e r ~ ' . " ~ ~ Offiziell vorgesehen war dieser Einsatz der Häftlinge als Bauhandwerker primär nicht, zumindest war er nicht schriftlich fixiert. kdiglich im Luftschutzbefehl wurde ange- ordnet, daß bei Tagesangriffen die Häftlin- ge zu Aufräumungsarbeiten herangezogen werden sollten.89 Viele Arolser sahen, falls sie sich über die Häftlinge Gedanken machten, nur die augenblicklichen Arbeiten, sie blendeten das entgleiste Leben dieser Menschen mit den schlimmen Erfahrungen aus der Ver- gangenheit und der Angst vor der Zukunft aus ihren Überlegungen weitgehend aus. Unter dieser begrenzten, nur auf den Mo- ment fixierten Blickrichtung konnten die Arbeitsbedingungen wahrscheinlich als 'gut' bezeichnet werden. Während in ande- ren Außenkommandos zur Ankurbelung der Produktion von Panzern, Flugzeugen, Raketen, Granaten, Bomben und anderen Massenvernichtungswaffen Menschen bis zur totalen Erschöpfung oder zum Tod an- getrieben wurden, konnten die Insassen des Arolser Kommandos am Abend zumeist auf einen Tag ohne die im KL Buchenwald üblichen Schikanen zurückblicken, war zu- mindest eine gestellte Aufgabe erledigt. Aber jeder Gedanke an das Morgen war für sie unlösbar mit der Schinderei der letzten Monate oder Jahre in Buchenwald, Dach- au oder Auschwitz verknüpft. Nicht im ge- ringsten war eine Hoffnung berechtigt, daß der nächste Tag in Arolsen keine völlige Umkehr bringen würde. Niemand war da, der am Abend versicherte, morgen wird es nicht schlechter. Als Personen ohne Chan- ce auf Gerechtigkeit mußten die Häftlinge allen Anordnungen der SS widerspruchslos folgen, waren sie sich der drohenden Rück- überstellung in das Hauptlager immer ge- wärtig. Zudem reduzierte diese Einschät- zung das Leben allein auf die Arbeit, und gerade die Einengung auf einen Lebensbe- reich - die sich auch bei der Betrachtung Jahre später immer wieder findet - ging und geht am tatsächlichen Befinden der Häft- linge zur damaligen Zeit vorbei. Häftling zur besonderen Verwendung 'z.b.V.' Die sich schnell verschlechternde Situ- ation in fast allen Lebensbereichen zeigte ab 1944 auch bei der Zivilbevölkerung in Arolsen deutlichere Wirkung. Zwar mußte man in der Kleinstadt nicht gerade hun- gern, aber aufgrund der Anspannung auf dem Versorgungssektor wurde nun auch hier jedes Stück Land, selbst wenn es sich um bis dahin noch unbearbeiteten Boden handelte, zum Gemüseanbau genutzt. Für die teilweise schweren, jedoch rein priva- ten Gartenarbeiten griff man, nachdem der Häftlingseinsatz innerhalb und außerhalb der Kaserne nach Aufnahme des Schulbe- triebs weitgehend reibungsfrei lief, zuneh- mend und zunächst auch mit stillschwei- gender Billigung der Schulleitung auf die Arbeitskraft der Lagerinsassen zurück. So prägten zu Beginn der Pfianzzeit 1944 die gestreiften Anzüge die Gärten im ganzen 180 Arbeiten 6 Stadtgebiet - augenfillig besonders in der daß der Kommandant dieses KL vom Chef Parkstraße und beim Kommandeurshaus des Amtes D11 des SS-Wirtschafts-Vemal- irn Drillerweg -, und mancher SS-Angeho- tungshauptarnts auf den Befehl des Haupt- rige nahm zum nachmittäglichen Besuch arntschefs aus dem Jahre 1943 hingewiesen der Familie einen FIäftling-mit, den er die werden rnußte, nach dem Gartenarhiten anfallenden Gartenarbeiten erledigen ließ. nur zweimal jährlich erlaubt seien. Dieser Wesilich des Bahnhofs am Kornhaus gab Befehl sah zudem eine Erstattung der Ko- es auf Helser Gebiet kleinere Scbrebergär- sten für private Tätigkeiten vor. die jedoch ten. und einige Familien der SS-Zehrer leg- nur in den weni~sten Fallen erfolgte. ten Wert auf einen Kleingarten. In regel- Da solches 'Abzweigenhon Häftlingen mäßigen Abständen wurden auch hierzu zu privaten Aufgaben den Schulbetrieb in Häftlinge abgestellt, allerdings in größeren Arolseo kaum erkennbar beeinflußte, wei- Gruppen, "so 20 haben da gearbeitet. Die tete sich der Einsatz auf immer neue Gebie- wurden von einem Posten dahin geführt, te aus, so daß schließlich eine nicht uner- und der beaufsichtigte die bei der Arbeit. hebliche Zahl die Gruppe der 'Häftlinge Die Frauen waren mit arn arbeiten."g0 zur besonderen Verfügung' - 2.b.V. - bilde- Solche Gartendiensze waren nicht nur in te. Fiel eine Frivatarbeit an. fiir die irn zivi- Arolsen üblich. Immerhin nahmen sie im len Bereich keine Fachkraft gefunden wer- Einzugsbereich des Konzentrationslagers den konnte oder für die kein Geld investiert Buchenwald im Frühjahr 1944 Formen an. werden sollie. so hediente man sich oft der W t t l l i t t =tlinqssctgalt iür Cartssbsukomraandaa. In dmn Iiiirrnsl4ten daa - Km-dantrrr - Arbeitittmttr 5 i c h s a r a l 4 C -ri EL Rmlch BY. @.- h g u s n s 6L Fr Bi lch U. 3.- L *1~c$.its*5G A ~ i e h d t s . GG und ii O f l l a n d Ba. 3.- m d in OiFLaad H. 2.50 DIi antiihiMfm id terrers+ehny der BBitlinqslastsa an Qii sbmlnsn üaUaaaiti * H o gt d W P . d i i rama t tadi D i e ~ t e t s r l i ~ i ~ t s n d o r # e ~ n l - tw oder V e m n l i x u g dem E), T.d.8.d.A. Der Chif des h t c i D I1 O Z t o g s t . U a u r U r fGccb. u.3tabasakmrfGhrer. ~ k 3 t a n d ~ e n i G h n s r . Abb. 6.16: Anweisung des Chefs des Amtes D1113 zum eingeschränkten Einsatz von Haftlingen bei ~artenarbiten." Männer des Kommandos. Obstpflücken, Holzfällen, Wohnungen putzen oder um- räumen, Installations- und Transportarbei- ten und viele ähnliche Tätigkeiten gehörten zu ihrer täglichen Routine. Vordergründig hatten sie es bei solchen Arbeiten natürlich nicht schlecht, und so zeigten sie auch eher ein lächelndes als ein mürrisches, ablehnendes Gesicht. Hinzu kam, daß sich manche Auftraggeber auch nicht unfreundlich verhielten und mitunter für kleinere Dienstleistungen sogar etwas bezahlten. "Geld bekamen wir von einigen SS-Männem, die uns privat zum Schuhe- putzen usw. einstellten." 92 Noch wichtiger als Geld aber waren Naturalien, die ihnen heimlich für solche Sonderarbeiten zuge- steckt wurden. "Auch half ich bei der Um- ladung von Möbeln in einem privaten Ge- schäft, das Haushaltswaren führte. Nach der Arbeit erhielt ich vom Besitzer als Lohn Gabeln, Löffel, Rasierklingen und Zigaret- t e ~ " ~ ~ Sicher erfolgten diese Zuwendun- gen in vielen Fällen unter den gegebenen Bedingungen in guter Absicht. Aber die Angst vor der Willkür, was bei einem fal- schen Handgriff geschehen würde, war im Gesicht der Häftlinge genausowenig abzu- lesen wie ihr wahres Empfinden. Wie soll- te man sich als Mensch ohne jegliche Rech- te bei kritischen Anmerkungen zum System verhalten? "Ich arbeitete außerdem auch in der Stadt bei Privatpersonen. Ich half einer Frau, deren Mann an der Front umgekom- men war, beim Umzug. Ich lud ihre Sachen in einen Wagen. Diese Frau sprach negativ über ~ i t l e r . " ~ ~ War dies eine Falle, in die Jozef Zurawski bei Zustimmung blindlings hineintappen sollte? Zu Sonderaufgaben griffen SS-Führer und Unterführer, die mit ihrer Familie in der Kaserne wohnten oder häufig Kontakt zu den Gefangenen hatten, möglichst auf ihnen persönlich bekannte "KZler" zurück, man hatte 'seinen Häftling', so wie man zu anderen Zeiten seinen Diener, seinen Bur- schen hatte. Aber für diese war es ein ge- fährlich zweischneidiges Schwert, die Art des Umgangs mit den SS-Männem und der Zivilbevölkerung oftmals eine Gratwande- rung. Der engere Kontakt und die entste- hende persönliche Beziehung hoben die ei- gene Person aus der amorphen Menge der Mitgefangenen heraus, das Interesse der betreffenden SS-Leute an einem sauberen, kräftigen Arbeiter verhalf zu Sonderratio- nen und Arbeitserleichterungen. Fiel man jedoch in Ungnade, so konnte sich die La- ge unversehens wenden. Und Gründe hier- für gab es viele: eine vermeintlich ungenau erledigte Arbeit, die Fehldeutung einer Ge- ste, das Mißfallen bei der Ehefrau, einfach eine Laune ... Nach der Landung der Alliierten in der Normandie verlagerten sich diese Sonder- dienste, für die man die Häftlinge zunächst gar nicht nach Arolsen geholt hatte, ver- stärkt in den Bereich des Möbeltransports. Ausgebombte aus den Großstädten und Flüchtlinge aus dem Osten, die irn Inneren des Reichsgebiets auf dem flachen Land Schutz erhofften, machten zu einem Zeit- punkt, da sich der Wohnungsbau auf die Errichtung weniger Behelfsheime reduzier- te, die Nutzung jeden Raums notwendig. Die zugespitzte Situation, in der selbst eine kleine Unterkunft nur noch durch Bezie- hung oder unmittelbaren Kontakt zu den Verantwortlichen zu bekommen war, wur- de zusätzlich durch SS-Angehörige und deren Familien verschärft, die Wohnraum außerhalb der Kaserne suchten. Nachdem 182 Arbeiten 6 Ermahnungen ohne Resonanz geblieben waren, verbot der Kommandeur am 12. Juli 1944 "letztmalig jeden direkten Yerhand- lungswey mit dem Bürgermeister der Stadt Arolsen, Beekmann. bzw. mit dem Leiter des Gerneindezweckverbandes Waldeck, Oberregierungsrat Beemann. Jeder Woh- nungssuchende hat sich schriftlich an das Schulkomrnando IVa zu wenden. Nach der Dringlichkeit enrscheide ich, wer berech- tigt ist, sich um eine Wohnung zu bewer- bennflgs In dringlich erkannten Fällen be- schaffte die Verwaltung der Führerschule nicht nur Wohnraum, sondern stellte aus den Beständen der Kaserne auch Möbel und Wasche zur Verfügung. "Ich bekam die Erlaubnis, vier Betten. einen Tisch, ei- nen Hocker. Geschirr und so benötigte klei- ne Dinge zu bekommen. Da bin ich dann zum Materiallager hin. Da war auch ein SS- Mann. Oberscharfuhrer: 'Ja. also nimm dir. was du brauchst. Wieviel Bettbezüge du brauchst, wieviel Laken, wieviel Kissen usw.' Und in dem Lager da waren natür- lich alles KZler, nicht wahr?"" Um die ihm zugeteirten Mobel in seine neue Wohnung bringen zu können. tiekam der SS-Führer- schüler "ein Arbeitskommando von Häft- lingen. Die hatten dann so einen Platten- wagen, nicht wahr, wie man das nannte... Da wurden auch die Haftlinge vorgespannt. Es waren etwa acht bis zehn Mann. Paar zogen. paar schoben."97 Mancher von ih- nen harte diese Prozedur aus Erzählungen über das Buchenwald-Kommando "Fuhr- kolonne" in schlimmer Erinnerung, wußte. daß viele Kameraden bei ihrem Einsatz als menschliche Zugtiere zusammengebrochen waren. Hier in Arolsen war es momentan zwar beschaulicher, schlug kein Kapo d e r SS-Mann, versank man nicht im Schlamm, aber immer existierte die Angst, ein Urn- schwung könne eintreten und die Verschär- fung vor Ort d e r die Rücküberstellung in das Stammlager bringen. Diese Angst war unberechenbar und unabwendbar. denn die Häftlinge hatten keinerlei Einfluß auf das, was gerade mit ihnen geschah oder mit ih- nen geschehen würde, ja, sie durchschau- ten zumeist nicht einmal. was gerade mit ihnen geschah. Um in dieser Situation zu überleben, durfte die Selbstachtung nicht vollends aufgegeben werden, ganz mit Iee- ren Händen wolIte man auch nicht daste- hen. "Ein Häftling, der stammte aus Ham- burg, und der war sehr nett, dem wollt' ich Zigaretten anbieten. ich bekam ja von der Front immer auch Zigarenen. 'Och,' sagt er. 'Zigaretten hab ich selbst genug. Brauche ich nicht. Aber wenn Sie mal was brauchen, jederzeit, bringen Sie die Wäsche hierher. Wenn Sie mal 'ne neue Unterhose, Unter- hemd brauchen, kommen Sie zu mir.' "98 Als irn Juli 1944 der Arbeitseinsatz der &h .reblat.i, Qaü Vtl iu68 ap ~ d q l o h w psraBniiobi8 l m i m * o n # - r n l r Q i u d l ~ X O h r m n g e a * a r ~ t * W a L*br∓ankorirndaum mwhr mfr b l i a u 20.7.iW tB+ a l % a h i u o n Vomohlw abmr die mgul!mg diaasr a a g a itS* mdirsn b ä f tsn. A'bb. 6.17: Auszug aus dem Schulbefehl3W44 vom 19. Juli Häftlinge zu persönlichen Diensten und in Privatwohnungen immer größere Dimen- sionen erreichte, wurde ihre Verwendung zu diesen Zwecken durch Schulbefehl ver- boten. Aber ein kurzer Zusatz ließ zugleich eine Hintertür offen, so daß sich substan- tiell nur wenig änderte.loo Wurden die Häftlinge also zum persön- lichen Vorteil der SS-Angehörigen in der Führerschule und sogar in deren Familien eingesetzt, so hatte man darüber hinaus - was den Buchenwaldem durchaus nicht unbekannt und in manchen Fällen für sie auch lebensrettend war - ein Auge auf be- sondere Fähigkeiten und Begabungen ge- worfen und fand Gefallen daran, diese zur Steigerung des eigenen Wohlbefindens, zum Vergnügen und zur Belustigung aus- zunutzen. Pierre Schaul war bei den SS-Männem, die sich regelmäßig in der SS-Frisierstube rasieren oder die Haare schneiden ließen, schnell als guter Frisör bekannt und ge- schätzt. Dabei gründete sich sein Ruf we- niger auf seine handwerklichen Fertigkei- ten, denn da war ihm der zweite Häftling K.-H. Genzen deutlich überlegen, sondern auf die charmante Art seiner Bedienung. Bald war er als schauspielerisch begabter Mann bekannt, der flotte Sprüche und lau- nische Witze erzählen konnte. "Der Peter war ein Luxemburger. Ein fröhlicher, auf- geschlossener Mensch, der uns so manche frohe Stunde bereitet hat, der Wachmann- schaft, dem Herrn Wilke und den anwesen- den ~unden."lOl Doch P. Schaul sympa- thisierte oder kollaborierte nicht etwa mit den Nationalsozialisten, sie hatten ihn, der sich in der Frisierstube der SS-Kaserne zu arrangieren schien, nicht auf ihre Seite be- kommen. Sein Mißtrauen blieb hellwach, und seine Verachtung dem System - nicht einzelnen Personen - gegenüber zeigte sich in vielen Situationen. Akzentfrei deutsch sprechend, konnte er die 'Größen des Sy- stems' imitieren, ihre Eigenarten sprachlich und darstellerisch parodieren. "Der hat es so ganz aus dem Stegreif irgendwie bei ir- gendwelchen Stichworten fertiggebracht und dann den Kamm und die Schere bei- seite gelegt und hat dann angefangen, ir- gendwelche Faxen zu machen."lo2 seine Parodien auf Himmler, Göbbels, Göring so- wie auf lokale Bekanntheiten amüsierten und waren zudem für die SS-Angehörigen völlig ungefährlich. Jeder politisch mißfäl- lige Witz hätte sie schnell die Freiheit oder gar das Leben kosten können. Hier im klei- nen Kreis in der Frisörstube konnte man ungestraft selbst sein Mütchen kühlen und notfalls alle Schuld dem Häftling zuschie- ben. Ihnen würde mehr geglaubt werden als dem KZler. "Man hat ihn auch animiert: 'Wie, heute nichts auf Lager, was i ~ ' ? ' " ' ~ ~ Und selbst wenn die Witze etwas derber wurden, schritten die SS-Männer nicht et- wa gegen Schauls Verhalten ein. "Ach gar nicht. Die waren verlegen darum."lo4 Um seine Stellung weiter zu festigen, bat P. Schaul den Lagerchef um Erlaubnis, bei seinem Vater in Luxemburg französi- sche Parfümerieartikel anzufordern, um in Arolsen wie in einem Pariser Salon bedie- nen zu können. Es wurde ihm erlaubt, und so standen ihm bald verschiedene Haar- wasser, Parfums, Hautcremes und Poma- den zur Verfügung. Die Nachfrage bei den SS-Angehörigen nach diesen Artikeln war bereits innerhalb weniger Tage so groß, daß P. Schaul ihre Verwendung 'rationie- ren' mußte. Zwischen ihm und interessier- ten Kunden entwickelte sich so ein reger 184 Arbeiten 6 Handel: französisches Rasierwasser gegen eine größeres Stück Brot oder ein Stück Wurst. Auch das 'Strecken' seiner Cremes durch Zutaten, die keiner der SS-Angehö- ngen kannte, fiel nicht weiter auf105, und schließlich breitete sich sein Ruf so aus, daß er außerhalb der Arbeitszeit zum Fri- sieren auch der Ehefrauen und Kinder von SS-Offizieren in die Privatwohnungen ge- rufen wurde. Und da man natürlich nicht von einem kahlgeschorenen Frisör bedient werden wollte, durften sich die beiden Häft- linge im Keller von Block F bald die Haare etwas länger wachsen lassen und auch zi- vile Kleidung tragen. Und sehr ähnlich verfuhr man auch mit Hilmar Richter, der als Kapo (wenn auch ohne schriftliche Fixierung) des Dachau- Transports nach Arolsen gekommen war. 1906 in Hamburg geboren, war der unver- heiratete, kleine und hagere Elektriker be- reits früh in das Konzentrationslager Neu- engamme gekommen und von dort am 6. November 1940 als Häftling 21369 nach Dachau überstellt worden.lo6 In den Au- gen der deutschen Mitgefangenen wurden besonders seine manuellen Fertigkeiten be- wundert. "Wenn er in ein Schlüsselloch guckte, ging das Schloß schon auf.'I1O7 Zu- gleich wurde er allerdings auch mißtrau- isch beobachtet, da er als Vertrauter des Verwaltungsoffiziers Wr. galt, der ihn be- reits aus Dachau kannte und ihm in Arol- Sen leichtere Arbeiten zuschob. So fungier- te der Buchenwaldhäftling 31991 zeitweise als Filmvorführer im K17, hatte Installati- onsarbeiten innerhalb der Kaserne sowie in den Privatwohnungen zu erledigen und wurde auch sonst zu den unterschiedlich- sten Diensten abgestellt. Im letzten Kriegs- winter organisierten die 'Mädel und Jung- mädel der Gruppe 111226' im Festsaal der SS-Kaserne am Hasenzaun eine Vorweih- nachtsfeier für die Kinder der Stadt und die Verwundeten der Reservelazarette. Im Mit- telpunkt dieses Festes am 17. Dezember 1944 stand - wie die Lokalzeitung berich- tete - "das Weihnachtsmärchenspiel 'Eis- könig und Goldprinzeßchen', ein allegori- sches, ideenreiches Märchenspiel vom Sieg der tat- und opferbereiten Liebe und des vor keiner Schwierigkeit und vor furchtein- flößenden Mächten nicht zurückweichen- den Glaubensmutes über Winternot, Leid und In diesem von einer großen Kinderzahl vorgetragenen Spiel ka- men auch einige "tanzende Engel vor, für die wir eine Choreographie und auch einen Pianisten nötig hatten".lo9 Da in der ehe- maligen Residenzstadt kein Klavierspieler unter den Zivilisten ausfindig zu machen war, erinnerte man sich daran, daß unter den KL-Häftlingen einige Berufsmusiker oder zumindest Klavierspieler waren. "Da wurde uns dann von der Kaserne ein Herr Richter zugeteilt, denn so wurde er auch von dem Personal angesprochen, von dem SS-Personal dort in der Halle K17. Ein aus- gezeichneter Pianist, ein Mann mit sehr gu- ten Manieren. Ich nehme an, daß er Berufs- musiker oder sogar Konzertpianist war. Er hatte ganz großes Einfühlungsvermögen. Spielte ganz vorzüglich, wir hätten nichts Besseres bekommen können."l1° Bereits zu den Proben wurde er in den Festsaal ge- bracht, und auch hier sollte wie bei den Häftlingen der Frisörstube seine Herkunft aus einem Konzentrationslager verschleiert werden. "Er trug damals keine Sträflings- uniform, nicht diese gestreifte Sträflings- kleidung, sondern einen normalen Drillich- anzug ohne Epauletten, ohne irgendwelche Kennzeichen drauf. Ich nehme an, man woll- te es vielleicht auch nicht unbedingt wis- sen, daß da vor dem Publikum ein Sträfling sitzt."l l l Wohlwollend wurde von der Kr - tik der musikalische Teil der Aufführung erwähnt, und niemanden schien es zu stö- ren, daß ein langjähriger "Konzentrationär" auf dem Klavier das abschließend gemein- sam gesungene Lied "Hohe Nacht der kla- ren Sterne" begleitete. Für die jungen Mäd- chen war H. Richter so eindrucksvoll, daß einigen die Begegnung auf der Bühne im K17 noch über 40 Jahre später sehr inten- siv in Erinnerung ist. In ähnlicher Weise wurde dem Häftling Fritz W.' l 2 sehr bald klar, daß die Kleider die Leute machten, es den Schein zu wah- ren galt. Zur Ausbildung in der SS-Führer- schule des Wirtschafts-Verwaltungsdien- stes gehörte auch 1944 immer noch Reit- unterricht, für den in den Pferdeställen zu diesem Zeitpunkt noch einige Pferde stan- den. Es mangelte jedoch an geschulten SS- Reitlehrern für den angeordneten Unter- richt, und so wurde kurzerhand Fritz W., als großer Pferdenarr im Reitunterricht er- fahren und schon in Buchenwald bei der Pferdepflege der 'Kommandeuse' Ilse Koch tätig, als 'Reitlehrer' für die SS-Führerschü- ler eingesetzt. Allerdings war es auch hier unvorstellbar, daß ein an seiner gestreiften Häftlingskleidung sofort erkennbarer KL- Insasse den gestandenen SS-Führerschü- lern in der Reithalle und auch auf dem of- fenen Reitplatz direkt vor den Fenstern der Häftlingsunterkunft Ratschläge oder gar Befehle gab. Folglich erhielt auch Fritz W. eine Uniform. Sie besaß zwar keine Rang- abzeichen, aber zumindest aus der Feme waren die Relationen zwischen Lehrer und Schüler wiederhergestellt. :iten 185 Fritz W. erfüllte seine Aufgaben zur Zu- friedenheit der Schulverwaltung, und da er zugleich auch für die Pflege der Pferde mit- verantwortlich war, konnte er zeitweise un- bewacht in einer Dachkammer über den Pferdeställen sch1afen.l l 3 Im Sommer 1944 genossen es schließlich Ehefrauen von SS- Offizieren, von Fritz W. in dieser Aufma- chung in einer offenen Kutsche durch die Stadt gefahren zu werden. Welche Wun- den unter der scheinbar so passenden Uni- form entstanden, schien nicht zu interes- sieren. Diese innere Verlogenheit wurde noch drastischer offenbar für den 1890 in der Nähe von Wien geborenen Heinrich Hucl, dessen Weg in deutsche Konzentrations- lager 1940 begann. Nach dem Besuch der Volksschule und einiger Mittelschulklas- sen lemte er den Beruf des Kunstmalers und erwarb sich zusätzlich Kenntnisse als Buchhalter. Den Lebensunterhalt für seine Familie verdiente er bis Mitte der 30er Jah- re vorwiegend als Privatangestellter, bis er wegen Fälschung einer Zahlungsanwei- sung mit dem Gesetz in Konflikt geriet und zugleich erwerbslos wurde. Weitere kleine Straftaten folgten, so daß er bereits mehr- fach wegen "Verbrechens des Betruges und des ~ i e b s t a h l s " ~ l4 kurzfristig in Gefäng- nissen gesessen hatte, als er am 2. Novem- ber 1939 beim Diebstahl in einem Wiener Kaufhaus ertappt wurde. Die gestohlenen Gegenstände - darunter eine braune Akten- tasche, Körperpuder, Rasierklingen, Köl- nisch Wasser, Lippenstift und als teuerstes Stück der Beute eine Füllfedertasche mit zwei Füllfederhaltern - besaßen einen Ge- samtwert von 79,08 RM. Am 5. Dezember 1939 verurteilte ihn das Amtsgericht Wien wegen dieses Kaufhausdiebstahls "zu 3 t 86 Arbeiten 6 Monaten strengen Arrestes mit 6 Fasita- gen". ' Nachdem die Strafe am 29. Fe- bruar 1940 verbüßt war. wurde das Urteil mit Beschluß der Ratskammer des Landge- richtes Wien vom 13. April 1940 nach Be- kanntwerden weiterer Einzelheiten bei der Durchfuhmng des Diebstahls jedoch auf- gehoben und die zwischenzeitlich arn 4. April 1940 'vorsorglich' verfügte Übefuh- ning in das Konzenirationslager Dachau bestätigt. Am 18. Oktober 1940 venineilte nach mündlicher Verhandlung das Landgericht Wien als für &Fragen zuständiges Son- dergericht H. Hucl wegen "Verbrechens nach 8 460 ösierr. STG. in Verbindung mit 9 3 des Gesetze? gegen heimtückische An- ynffe auf Staat und Partei und zum Schut- ze der ~arteiunifom" T l 6 zu einer Gefäng- nisstrafe von 18 Monaten. In der Urteilsbe- griindung wurde ausdrücklich der gerin~e Wert der gestohlenen Gegenstände hervor- gehoben und eine Notlage des Angeklag- ten anerkannt. Seine Urteilsverschärfung gründete das Gericht vorwiegend auf das Geständnis des Angeklagten. daß "er bei der Ausübung des arn 2. November 1939 veriibten Diebstahles das Farteiabzeichen sowie das Hoheitszeichen der NSDAP ge- tragen hat. ohne dazu als Mitglied der Par- tei berechtigt zu sein".' " Seiner Aussage, beide Abzeichen lediglich getragen zu ha- ben. um "mehr Eindruck bei Frauen zu ge- winnen"' '? schenkte das Gericht ohne .L-- --- Ari 1;c.n '~Lcrntulitnnnwolt n l u le4 tar der I r'i l r i ~ ~ l i r ? l i I : p lr. h r i i hmnd~ericht Zten 016 !iFnrici&erfabt, w i e n . 6 1 - ~ . f im*en~eric~tmat&me W.. 11. Rotr.: tt e e 1 IIcjnric 2 5 . d f q g Mootnr gsb. -- Rc-W hrtim Xnhl Ja 799140 W* f3.5.194~. - - Heinrich H m C 1 m r d e U h r Anordnq dae Aeichokrlnlml- ~ i f nci iikaa B c r l i n vom 2P .i*&~re 1940 nr.A,&ril. 1.40. den lroiisentr-i- Abb. 6-18: Bestatigung der Kriminalpolizeiieitctelle Wren vom 11. Mai 1940 über die Einweisung von Heinrich Hucl rn das Konzentrationslager Dachau."l" 6 Arbeiten 187 weitere Zeugeneinwmahme Glauben. Noch vor Abbüßung der vom Sondergericht ver- hängten l gmonatipen Haftstrafe wurde H. Hucl am 27. Dezember 1941 erneut in das KL Dachau als Häftling mit der Nummer 2853 eingeliefert. Als "Kriminellern erhielt er einen grünen Winkel. Bereits in diesem Lager gewann er als Arbeitskraft in der SS-Yerwaltungsschule Vertrauen bei den Verantwortlichen, so daß er bei deren Verlegung mit dem Dachau- Transport am 8. Januar 1 944 in das Außen- kommando Arolsen kam. Auch jetzi besaß der Buchenwaldhäftling 3 1989 Kontakte zur SS-Stabskompanie. arbeitete zeitweise auf der Schreibstube und war häufig in den Büms der SS-Führerschule beschäftigt. Ei- nige der Vergünstigungen entgingen dem mißtrauischen Kapo nicht. Der Vermerk "DAKAK" - die in Konzentrationslagern verwendete Abkürzung fur "Darf Auf Kein Anderes Kommando" - auf H. Hucls KL Unterlagen verhinderte 2.B. eine Verlegung in ein anderes, möglicherweise gefahrliche- ses Außenkommando. Obendrein wurden ihm monatlich Geldbeträge überwiesen. die er teilweise abheben konnte. Nachdem sei- ne Fähigkeiten als Kunstmalerbekannt wa- ren, erhielt H. Hucl zunehmend Sonderauf- gaben. Zur Ausschmückung der Räume. in den Kasernengebauden malte er Ö~~ernä l - de seiner österreichischen Heimat, und auch SS-Führer ließen sich privat solche Bilder anfertigen. Was lag näher. als den Abb. 6.19: Eines der noch heute in Arolsen vorhandenen Gernalde, das Heinnch Hucl fn der SS-Fuhrerschule anfeertigte. 20 188 Arbeiten 6 Könstler auch Bilder von Sehenswürdig- keiten der Stadt Arolsen malen t u lassen? Dazu durfte er sich mit Staffelei, Farben, Pinsel und SS-Bewachung irn Stadtgebiet aufhalten. Doch fir die Bevölkerung muß- te auch hier der Schein gewahrt bleiben. Um nicht als KZ-Häftling mit gestreifter Kleidung bei dieser künstlerischen Tätig- keit aufzufallen, erhielt er eine SS-Uniform. Knapp vier Jahre. nachdem Heinrich Hucl wegen unerlaubten Tragens des kleinen Pa~teiabzeichens verurteilt und in ein Kon- zentrationslager eingeliefert worden war, zog er jetzt offiziell in SS-Uniform - ledig- lich ohne Rangabzeichen - malend durch Arolsen. Das Häftlingsentgelt Da sich die Schutz-Staffel alles bezah- len ließ, war die: Abstellung von Häftlingen der Konzentrationslager in ein Außenlager zum Arbeitseinsafz für die jeweiligen Fir- men oder Dienststellen arn allerwenigsten kostenlos. Irn Normalfall rnußte für jeden Arbeitstag unabhängig von der Arbeitszeit ein Entgelt an das Stammlager überwiesen werden, das zunächst bei 1.50 RM pro Haft- lingsarbeitstag gelegen hatte. aber noch vor Einrichtung der Kommandos in Arol- sen im Verlauf des Jahres 1943 irn Reichs- gebiet auf 4,00 RM fur einen männlichen Hilfsarbeiter, 6.00 RM für einen rniinnlichen Facharbeiter und 3,00 RM für Frauen stieg. Demgegenüber schlugen Männer aus den Konzentrationslagern Auschwitz sowie km "Generalgouvernement und im Qstland" bei RUstungsunternehmen nur mit 3.00 RM (Hilfsarbeiter) bzw. 4,OJ RM (Facharbeiter) und Frauen mit 2.50 RM zu I3uche.l2' Von diesem Geld haben die Gefangenen selbst- verständlich nie auch nur einen Pfennig er- halten. b 22 Auch die in diesen Berrägen for- mal enthaltenen Abgaben für die üblichen sozialen Leistungen oder die Invalidenver- sicherung warden nicht abgefuhrt. Wie wenig das Leben der inhaftierten Menschen in dem System der Konzentra- tionslager zählte. zeigte die Berechnung der zu Versuchszwecken 'benutzten' Haftlinge. Da sie nicht 'arbeiteten', verlangte man für sie auch kein Entgelt. Diese Kommandos wurden in den Abrechnungen mit der Be- zeichnung "o.B." l3 I ~ P l i n a t a t e l f cnr &'-aub=nnde T i Muster LC-?f .~ra .-1btlg. *./Bucbsnmald mdortxerrltuug m./Aiichcam. ~+T.Di~,Uachacublagat n, /Rucbenr. V ~ M r a c h u k s A r o l e a o I C W k b i d u a q a l i r y r hrdssa 10 im hnebam d i%. i .~erawnarrrELi iTiriuCbrsm. -i'lruuiorachung I n l k i n h o t - Tao Abb. 6.20: Ausschnitt der Zusammenstellung der Forderungsnachweise für den Monat Juni 1944.1Z4 Die Einstufung als Hilfs- oder Fachar- beiter war im allgemeinen von der bemfli- chen Qualifikation nur in zweiter Linie ab- hängig. So galten alle im SS-Kleiderlager eingesetzten Häftlinge, ob Landarbeiter, Schlosser, Frisar d e r Lehrer, als Hitfsar- beizer. Wechselten sie kudristig - und dies geschah mitunter - zu Arbeiten in die Füh- rerschule uber. wurden sie in der Abrech- nung zu Facharbeitern befördert. um dann unvermittelt wieder der urcpriinglichen Ka- 6 Arbeiten 189 tegorie zugeordnet zu werden. Dies hatte den mußten, bevor auf Anweisung des SS- allerdings keinerlei finanzielle Folgen, da Wirtschafts-Venvaltungshauptamts diese ftr Häftlingsarbeit in SS-DienststelIen bis Sonderregelung mit Wirkung vom 1 . April März 1944 einheitlich für Hilfs- und Fach- 1944 aufgehoben wurde.'" Allerdings war arbeitet nur 2.00 RM pro Tag bezahlt wer- die dngleichung rein formaler Natur und U t Kir- ~ ~ ~ ~ ~ ~ t f ä l l t die bzshex IllltlF6Ehilflicha BI- rsfiz-4 Z u r &ft lLngirbf irml l~w sn $4-3ls~tstsllma. Es m i r d i n Ton $iee ia Ysit~llplct u: alle EäitlFngi zu din d l a s n e i n ubliciaen h k n & i t s m n in 3 a w s z g gcatallt cad ZUUI 1Lit b i i s i r Suualuag fit w=ab uieh h i m r dri Ziel, Ur m l i a g * ibnr Iiii*+ang intrgraoliind su tneduin, mzlirkiicht. Pi IFU fasSia*sitrfiuq mischan t + 3 i i m t a t e U s i auf U m Durar dom %Li- ~ m i untirbLsiM. erg:bt. sich aus dissmr Laglelchung d i r S t s i ia g i l t l l c h ~ i ~ ~ t u n g E* b i s s - i l p i n Il-~ismtmtilleo. Der C h i a i m Uteri P Ii Abb. 6.21: Festsetzung des Häfilingsentgeltes für SS-Dienststellen durch das SS-Wirtschafts- Verwaiiungchauptarnt in ~er1in.I'~ 190 Arbeiten 6 blieb ohne jegliche Auswirkungen, da be- reits seit Februar 1944 ebenfalls auf Anord- nung des Wirtschafts-Verwaltungshaupt- amies - 1944 Nr. l Ziffer 1 - für SS-Dienst- stellen und damit für die beiden Arolser Kommandos die Bezahlung ohnehin voll- ständig entfie[.l2' Bretattunp: des voratehandsn F o r d e ~ q s n a c h n e i s e ~ untafSltribt: gendn anocdnung dar r l .V .~ . ?gW m.'f Z i f f e r 7 . Abb. 6.22: Ausschnitt aus dem Forderungs- nachweis fUr das "SS-Bekleidungslager Arol- sen" im Monat Februar 1944. Obwohl somit nur für die drei Monate November I943 bis Januar 1944 von den k iden Arolser SS-Dienststellen ein Ent- gelt für die von Häftlingen erbrachte Ar- beitsleistung auf Konten in Weimar oder Erfuun der Kasse der Verwaltung des Kon- zentrationslagers Buchenwald überwiesen werden mußte, wurde bis Kriegsende je- den Monat auch weiterhin der fiktiv zu be- zahlende Betrag berechnet. Hiem meldete der SS-Kommandofuhrer die Zahl der täg- lich eingesetzten Häftlinge - getrennt für die beiden Kommandos 5s-Fiihrerschule" und "SS-Bekleidungslager" sowie aufgeh- stet nach Fach- und Hilfsarbeitern - an das KL Buchenwald. Dort wurden die von den Außenkommandos einlaufenden Zahlen bei der Arbeitsstatistik in den "Arbeitsbü- chern" reeistriert. Aus den überarbeiteten Daten der Au- Abb. 6.23: Arbeitsstatistik der beiden Aml- knkommandos erstellte die Verwaltung „, Kommandos f"r den Monat April 1944 ma des Konzentrationslagers Buchenwald fur nachtraglichen Verrechnungen für ' ~ ä n . ' ? ~ 6 Arbeiten I91 den jeweiligen Rüstungsbetrieb bzw. die lich eingegangen waren, arn Monatsende be~f fende SS-Dienststelle eine tabeliari- statistisch berücksichtigt. Daher schnellte sche Übersicht über den täglichen Einsatz. z.B. die Zahl der Arolser HIftlinge arn 3 1 . In diesen Forderun~snachweisen wurden Mai 1944 für einen Tag auf 194 hoch. ohne in Einzelfällen auch Abweichungen aus zu- daß neue Transporte nach Arolsen gekom- rückliegenden Monaten. die erst nachträg- men waren.I3O Abb. 6.24: Forderungsnachweis uber den Häftlingseinsatz bei der "SS-Fuhrerschule des Ver- waltungsdienstes" für Mai 1944.13 ' 8 92 Arbeiten 6 4 s f f a n - Abb. 6.25: Vorderseite des Fonderungsnachweises Ober den Hftftlingseinsatz beim "SC-Kleider- lager" irn Monat Oktober 1944.'~' 6 Arbeiten 193 Abb. 6.26: Ruckseite des Forderungsnachweises über den Haftlingminsatz bejm '"SC-leider- lager" im Monat Oktober 1944.l~~ 194 Arbeiten 6 Diese Fordenrngsnachweise, die neben der täglichen Auflistung gleichzeitig eine Berechnung des fiir den Hilfs- und Fachar- beitereinsatz über das Konzentrationslager an die Reichskasse zu zahIenden Betrags enthielten, besaßen für Arolsen zwei auf- fallige MerkmaIe. So wurde auch hier die SS-Schule im Gegensatz zu ihrer offiziellen Bezeichnung "SS-Führerschule des Wirt- schafts-Verwaltungsdienstes" lediglich aIs "SS-Fuhrerschule des Verwaltungsdien- stes" gefiihrt. Zudem wurden über 17 Mo- nate jeweils für "Führerschule'hnd "Be- kleidungslagr" getrennte Forderungsnach- weise erstellt. obwohl vor Ort wegen des häufigen Austauschs gar nicht konsequent nachprüfbar war. welchem Kommando ein Hiftl ing momentan zugeordnet war. Gegen Ende 1944 und dann verstärkt in den Imen drei Kriegsmonaren erfolgten die Meldungen des SS-Kommandofuhrers aus Arolsen nach Buchenwald nicht mehr re- gelmäßig und fristgerecht. so daß die Bele- ge wiederholt vom Stammlager angemahnt werden rnußten. Zumindest for Dezember 1944 wurden die Daten nachgeliefert. ün wF*a geöatau i o m A u a r n M o i i a r U P i r n u dtr iibleo- bin dtbnitabadßük adrrtior4irni h-r Tarn10 f~ihf.a df* n.rkhti *rOY 5, b b heu-, Bwh.Elein u . 8 : i k t e i w r ~ fehlen &ii 5 w r i c h t m tm 1 bla *.PIS* & W 11 u a & d i e L3 hgg?ita voi &hs. - T bia baw* r-laa C u p 9 621"- Sm* ?U #Y&, Sepoli Baasbirg X o d Kaki h I * I * LI aabdool: I m W Y I m M L *I W I I Abb. 6.27: Anrnahnung der Kommandos, von denen für Dezember 1944 bzw. Februar 1945 keine Arbeitseinsatzmeldungen vorlagen. 13" a m t o r - 2 Yalri=Sl m m d d -:X xmcfsb~rg UC~~T~EI; WSc&il . Ra~aLo E&sbaurcr; bm;Ieen S3-ITLkrera&i1 I BalcLsS&:ga.1*. I*K-K. Zirn-h -mr V e ~ p i n W* Yai!@&lr€$ *,.M Y r q T - liFebniac b1.s heule L* FO~PU bii hmiit* 5 . F a b r a bif h 6 t s 7: Pabrusr Mi hiattr Prhr*.ir h4 - h i -9- *E f e U d 2 &E S ~ f l e z t e V,=: L. lehr%- E i 4 bmuts l.hlru b i e b u t m 4 1. B b r ~ a r b in heut LiPr.:,7;m b l i b u t e 1 .Psbzupr bio heut* 1 .Pabrrisr bi i hauEi l.hbnsr bir t w f s * h Arbeiten 195 Um das berechnete Häftlingsentgelt von mensrellung an die Arnrsgruppe D des SS- den Betrieben einzutreiben. wurde der Häft- Wirtschafts-Venvaltungshauptamtes nach linpseinsatz für die Außenkommandos des Beslin-Oranienburg gemeldet. darunter ge- KL Buchenwald zahlenmäßig pedantisch sondert zusammengefaßt auch die Kom- verwaltet. Alle auf die einzelnen Komman- mandos. für die eine Bezahlung entfiel und dos entfallenden Gesamtbeträge wurden der berechnete Betra~ lediglich nachricht- von der KL-Verwaltung in einer Zusarn- lich weitergegeben wurde. o r o n i cr n 5 s r q h I &rli3. D$,/ aCuLmna dco L. 'Wchsnidd. bbb.6.28: Forde~ngsnachweise des KL Buchenwald fur den Monat April 1944. (Oben Absender und AnschriR, darunter die zweite Seite mit den beiden Kommandos in ~ n i l s e n . ) ~ ~ ~ 196 Arbeiten 6 Für Buchenwald stieg der insgesamt zu- fließende Betrag von 2,6 Millionen RM im November 1943 auf über 8,3 Millionen RM im Oktober 1944. In den 17 Monaten des Bestehens des Außenkommandos in Arol- Sen ergaben sich allein für das KL Buchen- wald Gesamteinnahmen von fast 78 Millio- nen RM. Die beiden Arolser Kommandos stellten mit 180.968 RM zwar nur den ver- schwindend kleinen Anteil von 0,23%, die- ser Betrag entsprach allerdings fast genau dem Kaufpreis für das Kasemenareal aus dem Jahr 1935. Die 'Ausleihe' von Häftlin- gen des Konzentrationslagers Buchenwald an Rüstungsbetriebe und SS-Dienststellen erbrachte in diesem Zeitraum der Schutz- Staffel Einnahmen, die zum Bau von über 5.000 Einfamilienhäusern der Größe. wie sie am Hasenzaun zur Platzbeschaffung für die Kaseme abgerissen worden waren, ge- reicht hätten. Neben der Auflistung der Häftlingszahl und der Forderungsbeträge erfolgte zusätz- lich eine monatliche Zusammenstellung der Rechnungsbeträge mit einer spezifizierten Angabe der Tagewerke für Hilfs- und Fach- arbeiter, in der die Kommandos nach den fünf Kategorien "Amtsgruppe-C", "W.-Be- triebe", "SS-Dienststellen", "Rüstungsbe- triebe" und "Privatbetriebe" gegliedert wa- ren. Um schließlich diese zahlenmäßige Er- fassung komplett zu machen, erfolgte in ei- ner weiteren Aufstellung eine Angabe der sogenannten Tagewerke und der täglich geleisteten Arbeitsstunden für den Häft- lingseinsatz zu Rüstungszwecken. 1 Monat Jahr Rüstungsindustrie SS-Führerschule SS-Kleiderlager in RM in RM in RM November Dezember Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Januar Februar März 1 summe 77894728,96 151910,oo 29058.00 j - Abb. 6.29: Zusammenstellung der Forderungsnachweise für den Zeitraum des Bestehens der Kommandos in ~rolsen. 13' 6 Arbeiten 197 * M- S m 1 1 199A - 1 1 1 1 LE - L Cr f k2.i- n 6.-/4.- 6.-/&- C - ZiBi - SbiOi 6.44.- " C - m m b I - 4 6.44.- - C - -itab * - 9 6.-/.- C - m ß t s b Ir - 6 6.-/W.-- ¢ - m n m g m O l b B - 2 6.-1'4.- C - W P - K d o . B - J 6,-/4i- * C - - Wo. B - 3 6-44m- 10 8 - p -- " C - " - Mo, Ii - B 6.-/**- a3T BBA- C - iCBruarLg.3 *;oZLL*- b m - - * W &!-%8.- * C - IChubrig.4 El -oh 6m-f4-- 499 19 7d m*- c-k+mmg.5-ax C - : tBaubri~. 5 - '#L a C - poiia.Off,-q8hd.i 5, 644.- q95 U7 Z.UI8,- + C - ?.ChulmaEhit i~:'chnii& 0.B. - -- 42 jb;l pb lim.W!.- m I i I i i i P E . - B i t r L o k ~ h d - r I - PPSE BErlwtrdt 2.41 .- I - DEYt D ; s n l d u b Z.-/? *- 5- - L - D F S t (Z.n.2 'dem 6.44.- 3 1 - Das* LW= 2.-/I,- 492 3 3 4 . ~ 5 . - - n - DM ~./suobinnia 5.-/z.* e 9 s 23 310 w3.w.- VTII - \kiehulr Ilo.Jm1mbg. -9 B - ?Y *5*% : V I ~ I - ~.r.sargb.sitg. -#k G 9- - m.20 - DVt mrlatmbt. 0.51. * Y - n m m , A . r . E . L Y m - Y - A o r a ~ u c h t o.n* - * - H % ~ u t s r k d t r 0.5, - ?O ?*T 0% 179.7 4.- - 5.m.- M e h r - : n . - ~ b t . ~ : . i 'Buchedd a.- - 4*C%4.- ? ~ , t ~ c i o r t i n r i n i h m g #. ./Duchimm 6 'i 77*'39.- ~L: . i )L~ . . 'n~chubL r .:./AU. G,-/&.- 2 7G5 1 ij?2 ' 20.513.- L7llhrarsc!mia, ArXmn 6.44. - '1 GYJ ? 237 11.128.- , + b h i o l & m ~ a ; W r , arolaia 1.- - W? 2.W.- l l a ~ o l n Rombir& 4.- - 3C9 i.516.- H i l t 1 . f .7a r luchomeki 0.ß. Y 2i al8 -.- 7~mu~h3a:.-?i~isfO~ehuag o.?. 496 527 -.- Pnlkirlhuf - ZOO 0. -2. - 1 :a 6 013 70 79f e3.a riiiiiiiiiirri*-ii-~-~ - . b t e t b a r P tioti-:ar*a 1 u.11 iiiinai .-J%- 93 618 -' 559.4 la, d ~ a U a n a t i i b r . t i i g r i ~ : PttL- :irti, iEnLP-. 6.44.- ?8 9 9 3 103i13$.c C L i - m r k i AG* Ir~h-trD G,+&.- 2 067 15 X1 **F \ I F t r a B l 42073 W2973 812.3W.e Abb. 6.30: Zusammenstellung der Forderungsnachweise für den Monat Julr 1944, gegliedert nach den Arbeitsstellen. 198 Arbeiten 6 Ihtrllft i ! ! i i t lh : ia insa t i ?:F Rlietimp, s r m c h ts !:aast U rr U s t T 9 U uatar M n b e d i r ~ l a i n t c t s n hrbaltt i tudin . - ..- - - F l r i a Z a h l der Zahl dsr Tagmiim artrmitsmtundin §* 1. .. - C a i p n a i m w./m. A - 4 'L - 5 %E 73 ::a T? 5:; 75: 988 A - 6 192 513 8 - 2 % 2% 575 wo B - 3 291 B - 4 303 3 333 Brrubr$adi 3 2z 93: 263 527 4 2k i 743 MO. ntlkn 2 930 25 650 E l i * & 30 962 M o , aMemdm Erln, YUahf. . 38'9 ---54-745 Fad. hll?n 937 sutiorf .;. Ihm 7 24 j S S JualaqnFiri &h8nmbck *hiobirrl*bso 2 2; " Silbimtadt 14 373 % r n i m m i r h ~ u u s a I S 2 7 1 ; m m r k i 4 a o l Mo, La- 11 618 617 9% 554 555 'io q a l 5 472 Abb. 6.31: Hlftlingseinsatz für Rüstungslwecke für Monat August 1944 mit Angabe der Tage. werke und Arbeitsstunden. ' 7 Lebensbedingungen 199 Lebensbedingungen 700 Lebensbedingungen 7 &'**. .,- - :, X,: ->-.G Abb. 7.01: SC-Angehöriger der Führerschule (sitzend), Zivilangestellter (irr Hintergrund) und KL-Häftling in der Flisbrstu'be der krolser sS-~aseme.' 7 Lebensbedingungen 20 1 Aufenthalts- und Schlafräume Die beiden ersten Monate nach Einrich- tung des Außenkommandos Arolsen ver- brachten die 34 Häftlinge zunächst vorwie- gend mit dem Aus- und Umbau ihrer Un- terkunft im Werkstättenblock der Kaserne, so daß Anfang 1944, zum Zeitpunkt der Aufnahme des Schulbetriebs der Führer- schule, alle Maschinen aus der Waffenmei- sterei weggeräumt waren. Damit stand dem Vorauskomnando des KL Buchenwald ein Raum von 11 m Länge und 15 m Breite als Aufenthalts- und Schlafbereich zur Verfü- gung. Sein Fußboden bestand aus senkrecht in die Erde gerammten, öligen Holzpfählen, er war schmierig, höckrig und uneben, ließ sich schwer sauberhalten, und es roch un- angenehm. Aber immerhin war die Isolie- rung gegen Bodenkälte nicht ganz so übel wie bei den Steinfußböden in den anderen Räumen dieses Gebäudes. Die im Keller in- stallierte Zentralheizung speiste die an den Längsseiten des Raums befestigten Heiz- körper und sorgte auch im strengen Winter 1944145 für erträgliche Temperaturen. Da- bei war es wichtig, daß diese Heizungsan- lage zugleich die Wachräume und einige Werkstätten der Führerschule mit Wärme versorgte und nicht - wie in vielen anderen Lagern praktiziert - zum Energiesparen kur- zerhand abgestellt werden konnte. Durch die fünf hohen, vergitterten Fen- ster in der Südwand fiel der Blick auf das Mengeringhäuser Feld, die Germania-Allee und das K17 am Hasenzaun, und durch die in gleicher Weise angeordneten Fenster auf der Nordseite konnten die Lagerinsassen direkt auf die Pferdeställe, die Reitbahn, die Rückseite der Kasernenblöcke F und G und eine erst im Kriegsverlauf errichtete Holz- baracke sehen. Nur einzelne der kleinen verglasten Metallrahmen in den Fenstern konnten geöffnet werden, so daß der Luft- austausch oftmals zu wünschen übrigließ. Die 165 qm dieses kahlen Raums boten zunächst dem kleinen Kommando "Führer- schule" als Aufenthalts- und Schlafraum notdürftig Platz. "An der rechten Seite, da standen die Betten im 'Sechser-Block', je- weils drei übereinander. Ich meine mich er- innern zu können, daß da maximal, aber maximal, zehn dieser Doppelblöcke gestan- Abb. 7.02: Bauzeichnung der Südansicht mit den teilweise vergitterten ~enstern.' 202 Lebensbedingungen 7 Abb. 7.03: Rekonstruktion der Einrichtung des Häftlingsraums H1. Oben der Originalquerschnitt der Bauzeichnung aus dem Jahr 1 935.3 den haben."4 Da je zwei dieser 'Sechser- Blöcke' zu einem Bettenkomplex zusammen- gestellt waren und lediglich der erste Block am Eingang, in dem zeitweise auch der Ka- po des Kommandos schlief, separat stand, befanden sich in diesem Häftlingsraum (Hl) etwa 54 Betten, die zunächst nicht alle be- legt waren. Mit der Erweiterung des Kom- mandos im Januar 1944 mußten dann so- gar noch einige zusätzliche 'Doppelblöcke' im südlichen Teil des Schlafraums aufge- stellt werden. Ein Schemel vor jedem die- ser Bettenblöcke diente als Ablage für die wenigen, damit aber um so pfleglicher zu behandelnden Kleidungsstücke. Die Stahlrohrbetten, die noch aus Zeiten der VT "Germania" stammten und die beim Militär üblichen Matratzen besaßen, waren etwa einen halben Meter von der Wand entfernt angeordnet, so daß es unmöglich war, von den Betten aus durch die Fenster zu greifen. Auch blieb so der SS-Wache ein Gang zur Kontrolle. Da in Arolsen kei- ne Schichtarbeit anfiel, hatte jeder "eine Liege für sich allein. Am Anfang schliefen wir auf einfachen Strohsäcken, doch später bekamen wir ~ a t r a t z e n . " ~ In der südlichen Raumhälfte standen einige Tischreihen mit Sitzbänken sowie Militärspinde. "Jeder Häftling des Arolser Lagers hatte sein eigenes verschließbares Schränkchen. Er war jedoch verpflichtet, es für die kontrollierenden SS-Männer zu- gänglich zu r n a ~ h e n . " ~ 7 Lebensbedingungen 203 Arbeitsraum des Radiomonteurs Aufenthaltsbereich mit Tischen, Bänken und 0 I Schränken mt~e t ten7 Fenster Abb. 7.04: Rekonstruktion der Häftlingsunterkunfi nach Angaben ehemaliger ~ ä f t l i n ~ e . ' Als schließlich nach weiteren Zugängen die ehemalige Waffenmeisterei nicht mehr zur Unterbringung aller KLHSftlinge aus- reichte. wurden in der Fahrzeuswerkstatt (H2). die durch eine Tür mit der Waffen- meisterei verbunden war. etwa 50 weitere Betten aufgestellt. Von diesem etwa h7qm großen Raum. der neben zwei vergitterten Fenstern eine breite. jedoch verschlossene Flbgeltür zum Hof besai3, Führte die einzige Treppe zum Dachboden über der Häftlings- unterkunft. Hier, zwischen ausrangiertem Mobiliar waren die Gefangenen vor uner- wünschten Lauschern sicher, konnten ihre Erfahrungen und Beobachtungen awstau- schen. ihre Wut und Angst artikulieren und zaghaft Pläne schmieden. Mit der Ankunft des zweiten Komrnan- dos am 2 1 . Januar 1944 wurde auch noch der in den Bauzeichnungen als Schmiede (H31 bezeichnete Raum hergerichtet. Dicht gedrängt standen hier Betten fur weitere 20 HMlinge in dem knapp 5 rn breiten und et- wa 7 m langen verrußten. kalten Raum. Obwohl die zeitweise über 120 Häftlin- ge in drei getrennten Raumen schliefen. diente nur die ehemalige Waffenmeisterei (H1) allen gemeinsam als Aufenthalts- und EBraum. Zusätzlich stand während der ar- beitsfreien Zeit noch eine Freiterrasse (T) zur Verfügung, die lediglich durch eine Tür In der Schmiede zu erreichen und zur Ger- mania-Allee hin mit Stacheldraht gsichen war. Diese etwa 5 m breite T e m w war beim Bau der Kaserne entstanden. da der starke Geländeabfall zwischen Südausgang und Mitte des Blocks L durch eine Stutzmauer abgefangen werden mußte. Zur Zeit der SS-Vefupungstruppe und der SS-Flak hat- te man besonders staubige Arbeiten auq der Waffenmeisterei und der Schmiede auf dieses Freigelände ausgelagert. Abb. 7.05: Das Foto aus dem Jahre 1989 zeigt Zaun und Fenster der Haftlingsunterkunfi noch fast unverändert gegenuber 1944." 7 Lebensbedingungen 205 Hygienische Verhältnisse Die Räume wurden vom Stubendienst täglich, während alle anderen an ihrem Ar- beitsplatz waren, gereinigt, so daß die Un- terkunft mit den innen verputzten und neu getünchten weißen Wänden zumindest ei- nigermaßen sauber wirkte. Daß die hygie- nischen Verhältnisse im Außenkommando Arolsen im Gegensatz zu den meisten an- deren ~ a g e r n ~ zufriedenstellend waren, lag an den sich hier überschneidenden Inter- essen von Gefangenen und SS. "Dafür ha- ben sie gesorgt, daß wir die sauber hielten. Also, da gab's keinen Schmutz. Die Betten waren akkurat, und die Wände waren auch sauber. Da konnte man nichts [sagen], auf hygienischer Basis konnte man da nichts Negatives sagen. Nicht, daß man sagte, man kam da in einen ~ c h w e i n e s t a l l . ' " ~ Häftlinge konnten beim Auffüllen von Gra- naten und Bomben mit Pulver, beim Schuf- ten in unterirdischen Stollen verlaust und verdreckt sein und während der Arbeit im Steinbruch wegen Unterernährung zusam- menbrechen oder sterben, ohne da8 der verantwortliche SS-Mann unmittelbar in seiner Lebensqualität betroffen wurde. In Arolsen aber hatte die SS keinerlei Inter- esse, ihr eigenes Essen von verschmutzten und ausgemergelten Personen in der SS- Küche zubereitet und in der Kantine ser- viert zu bekommen, und als SS-Führer woll- te man von einem sauberen und gepflegt erscheinenden Frisör bedient werden. So achtete man von seiten der Häftlinge, der Angehörigen der SS-Führerschule und der SS-Wachmannschaft aus unterschiedlichen Motiven auf Sauberkeit im Außenkomman- do. "Jede Woche gab man uns neue Hand- tücher und Tücher für die Teller. Auch be- kam jeder seife." ' Allerdings mußten für das Waschen und die wöchentliche Dusche wenige Minuten ausreichen, da Kir die ma- ximal 123 Männer lediglich sieben Wasch- becken mit fließendem Wasser und eine Dusche vorhanden waren. Zwei Toiletten und drei Pissoirs befanden sich direkt ne- ben der Eingangstür. Ein weiteres Motiv der SS, auf einiger- maßen erträgliche hygienische Verhältnis- se im Lager zu achten, lag darin, daß Un- geziefer bei den Häftlingen, die ja in den Mannschaftsstuben und den Verwaltungs- räumen der SS-Führerschule viele Arbei- ten erledigten, fast zwangsläufig zur Über- tragung auf die SS-Schüler geführt hätte. Läuse und ebenso Skabies in der Führer- schule des Wirtschafts-Verwaltungsdien- stes galt es aber unbedingt zu verhindern. Kam es dennoch zum Befall mit Ungezie- fer, wurde sofort gezielt dagegen vorge- gangen. "Ab und zu hatten wir uns einer Untersuchung zu unterziehen, die von ei- nem deutschen Häftling durchgeführt wur- de. [...I Wenn er bei jemandem von uns in der Kleidung oder am Körper Läuse fand, so schickte er denjenigen ins Bad und teil- te ihm neue Wäsche zu. Doch das kam sehr selten vor."12 Monatlich berichtete der SS- Truppenarzt nach Buchenwald, ob das La- ger 'ungezieferfrei' sei und ob Skabies, die durch Kontakt von Mensch zu Mensch übertragbare und mit starkem Juckreiz ver- bundene Hautparasitose, aufgetreten sei. Im Januar 1944 bekamen die Häftlinge in den meisten anderen Lagern keine Wä- sche mehr, sondern schliefen auf Stroh- säcken unter verdreckten Decken, die sie 206 Lebensbedingungen 7 vielfach noch mit anderen teilen mußten. Den Verantwortlichen in der SS-Kaserne war klar, daß ein entsprechendes Vorgehen in Arolsen innerhalb kürzester Zeit zu Un- geziefer und Infektionskrankheiten bei den auf engem Raum zusammenlebenden Men- schen führen mußte, und da man sich vor beidem fürchtete, beugte man zum eigenen Schutz vor. "Zum Beziehen des Kopfkis- sens und der Decke bekamen wir blau-weiß karierte Bettwäsche, die alle vier Wochen gewechselt wurde." l Doch deren Reini- gung erfolgte nicht etwa in Arolsen, wo die Infrastruktur zur Versorgung von 1.000 SS- Männem mit frischen Laken und Bezügen vorhanden war. "Die Wäsche wurde alle vier Wochen von zwei Häftlingen und zwei SS-Männern mit dem Zug ins KZ Buchen- wald gebracht."14 Vier Personen waren zu einem Zeitpunkt, da jede Arbeitskraft im Sinne des Systems dringend benötigt wur- de und Verkehrswege durch Nachschub- transporte bereits stark überlastet waren, durchschnittlich drei Tage unterwegs, um Bettwäsche nach Buchenwald zu bringen und sie dort waschen zu lassen. Die Kom- petenzen mußten eingehalten werden: Wä- sche und Bekleidung unterlagen dem zu- ständigen Stammlager. Für die 'Arolser' war die Fahrt zurück in das KL immer eine zweischneidige Ange- legenheit. Auf der einen Seite bedeutete es drei Tage ohne harte körperliche Arbeit, auf der anderen Seite war man aber nie si- cher, ob man nicht etwa in Buchenwald ge- gen einen anderen ausgetauscht wurde. "Austausch", das war vielen von ihnen be- wußt, war in den Konzentrationslagern nicht selten die verklausulierte Formulie- rung für Tötung. "Zweimal bin ich auch mitgefahren. Eine dritte Fahrt wollte ich je- doch vermeiden. Es kam vor, daß Häftlin- ge, die dorthin geschickt wurden, nicht wieder nach Arolsen zurückkehrten." l Ihre Bekleidung, die fast nur aus dem Streifenanzug, einem dünnen Pullover und Leinenschuhen mit Holzsohlen bestand, reinigten die Häftlinge selbst im Wasch- raum unmittelbar an der Eingangstür zum Lager. Waschen und Trocknen mußten re- lativ schnell geschehen, da die meisten nur das hatten, was sie unmittelbar am Körper trugen. Im Sommer hängte man die nasse Kleidung auf die Terrasse, im Winter konn- te man sie auch über die Heizkörper legen. Medizinische Versorgung Sanitätswesen und Lagerhygiene in den Konzentrationslagern gehörten zum Auf- gabenbereich des Amts D I11 des WVHA, von dem üblicherweise das Sanitätsperso- nal - getrennt für SS und Häftlinge - vom Stammlager den Außenkommandos zuge- wiesen wurde.16 Da jedoch die SS-Führer- schule des Wirtschafts-Verwaltungsdien- stes ebenso wie das Konzentrationslager Buchenwald dem SS-WVHA unterstanden, übernahm in Arolsen der Standortarzt der Waffen-SS, dessen Praxisräume im Block B der Kaserne lagen, auch die ärztliche Ver- sorgung für das kleine Kommando. Sowohl Stabsarzt Dr. R. und nach dessen Komrnan- dierung zum Führungshauptamt nach Ber- lin auch Hauptsturmführer Dr. sowie der Zahnarzt der SS-Führerschule kamen ihren Aufgaben korrekt nach. "Er füllte mir -- -i.w?ir*~:.--y-e:~.+.d _*-:W ... ;iM;lyf#r 4 9 * * r ,.'<),+ * ~ ~ . l r ~ , b a & i - --- $*;i;* irr-,.. - I W'@ - '&.Lr 'V;! . 'J!?'--+- vi r((i~(&dhdd~j. &A;* T&-,,.&, Lf 4 . - J , ~ l i I W W ~ 4 . 7) 1 1 - I i)l $1 E - A l . . * P L . . 4 CJ- 'P J , , . .. 8 d 5~ . . r .. -. 3 Js:-_ Elit, ' e - . .. . I* , - f 1 fd - W #t I . - - - ?,C - r J Eic kbb. 7.06: Handschriftliche Notizen aus dem Konzentrationslager Buchenwald uber den Kran- kenstand irn Außenkommando Arolsen für die Monate Oktober 1944 und März 1 945.18 die Zahne mit einer schwarzen Substanz. Diese Plomben hielten noch einige Jahre nach dem Krieg."19 Als Häftlingspfleger fungierte während des gesamten Bestehens des Außenkommandos der gelernte Weber Watter ~rdmann"" fifiir den der ehemalige Kratz- und Kochraum der Schmiede direkt neben dem Aufenthaltsraum mit einer Lie- ge, einem Waschbecken und einigen Rega- len zum Aufhewahren der wenigen Utensi- lien ausgestattet worden war. ihm kam eine wichtige Rolle zu. da er aufgrund seiner Po- sition zwischen SS-Wachmannschaft und Häftlingen eine nicht zu unterschätzende Macbtfunktion ausübte. Er kannze seine Kameraden. während die Wachmannschaft zumeist keinen detaillierten Überblick hat- te, und so konnte er die Erkrankten oder Geschwächten unter ihnen vor Maßnah- men der SS schützen und ihnen vorüber- gehend durch den informierten Kapo Ieich- iere Arbeiten zuweisen lassen. Zunächst waren die Häftlinge ihm gegenüber nicht frei von Mißtrauen, denn eine negative Er- wähnung über den Gesundheiiszustand bei der Wachmannschaft bedeutete größte Ge- fahr. Nach einigen Wochen hatte es sich jedoch unter ihnen herumgesprochen, daß Denunziationen und Machtmißbrauch bei Walter Erdmann kaum zu befürchten wa- ren. und so wandten sie sich bei kleineren Verletzungen und leichteren Erkrankungen vertrauensvoll an ihn. Der Krankenstand im Außenkomrnando wurde differenziert aufgezeichnet und in sogenannten "Monatsberichten", die vom Hiftlingspfleger, dem SS-Komrnandofuhrer und dem Truppenarzt unteneichnet waren, an den Standortarzt des Konzentrations- lagers Buchenwald gemeldet. 4.atirbrfW.z S . T n f w k t J o n s k r n n ~ m i t ~ ~ ~ W n a 6. I lagizia?i&ri i 7.rb=i i n i h A m s v : imtihri . 3r.B a e t 8 , Tmp,a.aarst 8.8-a da# IUutlingmpflipuit I r 11 U U n n , Taltir, Ho* 8179. -9.8- raüunpt ruppmi 2 a t i m r unF. 12 :UWmir vamoh. D i i a i b m d e A W6 a l i ~ m t l n e ~ R g i r h j g i . ~ m ( I l a m a h - , k d + ~ W o i i ~ t a 8 h l ~ m ) iit gut. a-. i dehontlichm Qa*rmbhiit~kont~oplo ohnm Ungeiiafar u.Saabiai. - ini;fioh* iiimc-h ohne r m a n f lieh= Oadchf aa~hninhing L.. Lilif ihp. J : i n 7 .*,gw..* in+ gut. üäi R = t i i c h i , s ~ r t l i o h i i omi i . diknaonFwam Veromgury 4urchbim ~ o h r G a i c r gut. 7 Lebensbedingungen 209 Da auch Krankenschwestern der Schule bei der Behandlung halfen, war die ärztli- che Betreuung der Häftlinge statistisch ge- währleistet. Die allgemein desolate Wirt- schaftslage ließ allerdings ab der zweiten Hälfte des Jahres 1944 höchstens noch ei- ne Minimalversorgung zu, und erst an letz- ter Stelle der Rangfolge wurden die 'KZler' medizinisch betreut. Verbandsmaterial war knapp, so daß auch Papier zum Verbinden benutzt wurde, Schmerz- und Betäubungs- mittel fehlten, und die angelieferten Medi- kamente wurden vorrangig zur Behandlung der Verwundeten des Lazaretts in der ehe- maligen Turnhalle der Kaserne neben dem Haupteingang verwendet. Sicher waren die Arolser Häftlinge auf- grund der gerade noch ausreichenden Er- nährung nicht in dem Maße wie in anderen Lagern geschwächt und somit nicht über- mäßig krankheitsanfällig. Allerdings gaben die nach Buchenwald gemeldeten Daten nicht den tatsächlichen Gesundheitszustand im Lager wieder, da Kranke nur in dringen- den Fällen den Arzt aufsuchten. Jeder Iän- gere Arbeitsausfall bedeutete erfahrungs- gemäß das Risiko, in das KL Buchenwald zurückgeschickt und als 'arbeitsunfähig' oder gar als 'arbeitsunwillig' behandelt zu werden. Nachdem 1942 der Arbeitseinsatz- Gesichtspunkt zum dominierenden Faktor geworden war22, verlor ein so eingestufter Mensch für die SS jeden Wert, so daß die vorhandenen letzten Kraftreserven nun noch schonungsloser ausgebeutet wurden. So geschah es am 13. Februar 1944 mit dem 1920 in Wiesbaden geborenen Heinrich A. Der mit dem Dachau-Transport am 8. Janu- ar 1944 in das Arolser Außenlager gekom- mene Kraftfahrer wurde nach nur 36 Tagen "krankheitshalber nach Buchenwald" rück- überführt.23 Dem schriftlich geäußerten Ersuchen des Kommandoführers Demmer, Heinrich A. nach "seiner Ausheilung als Fachkraft zu seinem Kommando zurückzu- schicken"24, schenkte man in Buchenwald keinerlei Beachtung. Der Häftling mit der Nummer 3 1988 blieb im Stammlager und wurde dort noch in den Blöcken 17, 47, 9, 47 und 4 ohne jede Rücksicht auf die be- reits angegriffene Gesundheit e i n g e ~ e t z t . ~ ~ "Auch mir hat eine Verweisung nach Buchenwald gedroht. Das erfuhr ich wäh- rend einer Zeit, in der ich vom Arzt die Ge- nehmigung erhalten hatte, nicht arbeiten zu müssen, da ich mich an der Hand ver- brannt hatte. Der tschechische Vorarbeiter warnte mich, daß ich nach Buchenwald zu- rückgeschickt werden könnte, die Vorbe- reitungen liefen schon. So ging ich trotz der Verletzung wieder arbeiten. Ich hatte mir die Hand mit kochendem Wasser stark verbrannt, als ich mit einem Russen Tee für die ganze Gruppe bereitete. Sofort führte man mich in die Ambulanz und verband die sehr tiefe und große Wunde. Die Ober- fläche im Wundbereich wurde herausge- schnitten. Ich hatte Fieber. Bis heute ist die Narbe nach der Verbrennung geblieben."26 So wie der polnische Häftling J. Zurawski befürchtete auch B. Wozniak, der bereits direkt bei seiner Ankunft in Arolsen wegen des Verdachts eines Mittelfußbruches ei- nige Tage Bettruhe verordnet bekommen hatte27, bei einer abermaligen Erkrankung, nach Buchenwald zurückzukommen. "Im Speiseraum verletzte ich mir eine Hand an der Fensterscheibe. Die Schlagader war durchschnitten. Ich drückte mit der ande- ren Hand auf die Wunde und ging in Be- gleitung von W. zum Arzt. Dieser legte mir zuerst Metallklammern an und dann einen Abb, 7.08: Schreiben des Kommandoführers an das KL Buchenwald über die RückUbersteilung des Hafilings mit der Nummer 3~988.~%einnch A. überlebte die Haft. Er starb 1958 in Aschaf- fenburg irn Alter von 38 ~ahren.:' Gips. l...] Bis ziir Entfernung der Klanimem arbeitete ich nicht. Danach verrichtete ich einige Aushilfsarbeiten und schäIte Kartof- fetn. Man schickte mich nicht zurück nach Buchenwald. obwohl das üblich war. wenn ein Häftling erkrankte. Nach Abnahme des Gipses stellte sich heraus. daß ein Glas- splitter in der Hand verblieben war. so daß eigentlich eine Korrektur h3tte vorgenom- men werden rniissen. Ich verzichtete jedoch darauf. denn ich hatte Angst. doch noch nach Buchenwald geschickt zu werden."30 Besonders Erkrankungen der Atemwe- ge sowie Abszesse. Ekzeme und Furunkel fürchteten die Häftlinge. da ein unansehn- licher Ausschlag an Armen, Händen d e r Gesicht einen Arbeitseinsatz in der KCiche unmöglich machte und der bIoße Verdacht einer ansteckenden Krankheit oder ein Iän- :eranhaltender Husten eine Gefährdung des Schulbetriebs irn Falle einer Übertra- gung auf das Lehrpersonal und die Lehr- gangsteilnehrner bedeutete. Sehr schnell drohte dann eine Rückübemtellung nach Buchenwald. Geringer war diese Gefahr bei Arbeitsunfällen, die lediglich die Arbeits- leistung des Kommandos betrafen, den An- gehörigen der SS-Führerschule unmittelbar jedoch nicht auffielen. Da die m-kitsfahipn HaftIinge zumeist die gesamten anfallenden Aufgaben schaffen konnten, begakn sich Betroffene dann eher in medizinische Be- handIung. so daß Verletzungen bei der Ar- beit die insgesamt wenig aussagekräftigen Statistiken über stationäre und ambulante Behandlungen anführten. Die Sorge der la - gerinsassen. längerfristig aIs 'arbeftsunfa- Rig' abgestempelt und auf weiteren Trans- p n geschickt' zu werden, war ~a groß, daß im Oktober 1944 der Tagesdurchschnitt der stationiiren Behandlungen von H;iftlin~en bei 1.0 3' und irn März 1945 bei 1.5 32 lag. was einen Krankheirsstand von nur etwa 0.8% bm. 1.3% bedeutete. Dagegen waren ambulante BehandEungen, die nur eine kür- zere Arbeitsunterbrechung zur Folge hat- ten. relativ häufig. Sie lagen in den entspre- chenden Zeiträumen bei täglich 13 bzw. 19 ~ e h a n d 1 u n ~ e n . j ~ Wahrend in Buchenwald und den mei- sten Atlßenkommandos Menschen miß- handelt und getötet wurden d e r qualvoll vwhungenen. das Leben des einzelnen nur wenig zahlte, gab man sich in Arolsen harm- los geschäftig und fuhrte einen längeren Schriftwechsel über mögliche Krankheits- machen der Häftlinge. So berichiete der Standonarzt in Arolsen am 14. Dezember 1944 an das Stammlager, der 24jährig Häft- linz Günther P. aus Breslau klage "iiber Abb. 7.09: Stellungnahme des Arolser Standorlarztes zur Erkrankung des HAftlings 2 17 Lebensbedingungen 7 Beschwerden. die nach einem Unfall 1943 aufgetreten sein sollen".35 Seiner Angabe, ihm sei im KL Dachau. in dem er seit dem 25. Oktober 1940 inhaftien war, "beim Ver- laden von Baracken ein Element airf den Rücken gefallen"3h. maß der Standortarzt keine Bedeutung bei. da er eher "eine chro- nisch-entzündliche Erkrankung" und die WirbeEsäulenverkrummung im Zusammen- hang mit einer Syphilis sehen wollte.37 Zur Abklärunp seiner Diagnose ließ er am 23. Dezember 1944 einen Wassermann-Test durchfuhren und schickte P. am 28. Dezem- ber 1944 - das Laborergebnis lag noch gar nicht vor - nach Buchenwald mit der "Bitte um ~ n t e s u c h u n ~ ' " ~ " . einer Formulierung. die nach dem Sprachyebrauch der Konzen- ira~ionslager wenig zuversichtlich stimmen mußte. Im Begleitschreiben nahm auch der SS-Kornrnaiidofuhrer Fischer zu dem Yor- gang Stellun_g und monierte, sein "öfteres Zureden zur röntgenologischen Untercu- chung in Buchenwald" werde von P. "ver- figert".39 Die Hinweise des Standortam- tes, P. arbeite "in der Arolser Schlosserei", sei als "sehr guter Facharbeiter bekannt" und das Schulkomrnando lege "Wert dar- auf. dass er wieder nach ~rolsen"'%z- rückkomme, fanden jedoch im Stammlager keine Berücksichtigung. Irn Gegenteil: P. blieb in Buchenwald und kam dort noch in die BlOcke 41.58.48.45.J1 Cbrc#zgilfljmer lL-!f*llnr: in:: Lin I izrshm 1945 *w .irmhm, uniera?? . .omndo - - Sp,.chs, -Aixk".-- - mit Vcirüruni *.I P . -- - - -- Sichcihrii b. Einiiirr- W Strafen Im L i g e n .- Eiternin h n t t iu1i1i1 i o i ~ . B r i d l ArbcltibuchNi~ -- -!!¶~%m&rrm rmlsi &ii.iriir$l Ei+i ici i iPi .1 Ydrtill I t ; t ih .n jrn~~lll lu.lia n , b l i i i i p t a n i i o w r l t i o l!!rlbv riicriiiqin iiii* 14i.1111. 1 1 ~ nul i i r~l rkrr Liiiib I i * i i~ i . i= i~i i i iy iriuldra: ini l ( r i i i l i j r i i rii h r l i iub cir- . ii i i r i P i4 i.uliriiiriilunqbrb 4iiiiiiii FiiE i i i t u l r i i . dnnib ni iFiia i in l i r i r i rr iy ir l 81 I iv i i , , 11:1~1111411 1 t.inu im Y ~ , q i r ~ i i r i grtmsil iriiEin ~ t h i i o n i i luw i i f i i aa dii ini i i i i Ciia ~ i g i i i l ~ i i i . mruiiin n b i r Dun brm Pa i t i~mj irlt,: i b r r b7r I ~ I ~ I I I I . ~ , ~UhlrlllilllUIIIII~ ~I i:,tt satbr j t bnum~liQ:li$r iim ,bir,nii r q 3 h r r CL:iiic 1.4 i it0 " ta t r+ ~ 1 ~ 1 1 r r i i ~ i i i uiir h3i1?tn ?tmi&i i t Zu* du.imuria r c n itiiibiri m r E 13mi4 111 errbi1i. i Dar lagerkamrnondoni Vl l i ler nirm iialigrilr B&u@lilrn# s tion~ontroiton~lctget 5 iüriiriar:Bu~tnmatd - Y - - d" n Abb. T.21a: Schreiben des Häftlings Jerzy Jezioranski vorn Außenkommando Arolsen an seine Mutter in 'Polen (Seite 7 Lebensbedingungen 253 bbb. 7.21 b: Schreiben des Häiilings Jeny Jezioranski vorn AuOenkommando Arolsen an seine Mutter in Polen (Seite 3).251 254 Lebensbedingungen 7 "Ich habe und wahrscheinlich der Peter auch, wir haben ja in der Frisörstube Brie- fe an unser Zuhause geschrieben. Unter anderem auch einen Brief, wo Herr Wilke mich fotografiert hat. Da hab ich eine Foto- grafie von dort nach Hause geschickt. Das ging auch wieder über Mittelspersonen. Der Peter, der hatte in der Kaseme eine SS- Frau als Kundin, die er Sonntags bedient hat. Die hat die Post weiter vermittelt an D ~ . w . " ~ ~ ~ Die Antwortschreiben gingen aus Sicherheitsgründen an die Privatan- Schriften der Verbindungspersonen, "denn der Brief rein in die Kaserne, das war zu win- dig. Herr Wilke hatte diese Art der Vermitt- lung auch abgelehnt, weil er das auch zu risikoreich fand."253 Auch ein Heizer der Arolser Kaserne half, "schickte einmal ei- nen Brief für mich von einem anderen Ort ab. Ich wollte nicht, daß man in dem Ort, wo meine Familie wohnte, wußte, wo ich mich Mißtrauen gegen deut- sche Vermittler war natürlich vorhanden, so daß polnische Gefangene die ausländi- schen Arbeiter, die zwar auch in der Kaser- ne wohnten, sich jedoch unbewacht in der Stadt aufhalten durften, für Botengänge vorzogen. "Manchmal halfen sie, indem sie unerlaubte Briefe abschickten. Auch mir gelang es mit ihrer Hilfe, einen Brief in pol- nischer Sprache nach Hause zu schicken, natürlich unter Angabe einer anderen An- schrift und eines anderen Nachnamens des Absenders. Marian Bolek schickte damals einen Brief nach Sucha, wo seine Schwe- ster wohnte."255 In der Zeit des Bestehens des Außen- kommandos Arolsen war der Empfang von Paketen erlaubt, und besonders Schokola- de und Zigaretten waren begehrte Artikel, mit denen man im Lager tauschen konnte. Doch der lange Weg aus der Heimat bis in die Arolser Kaseme bot auch viele Gele- genheiten, Pakete verschwinden zu lassen. "Es war gestattet, Pakete anzunehmen. Ei- nigen Häftlingen, mit Ausnahme der Rus- sen, wurden auch Päckchen geschickt. Ich bat jedoch meine Familie, mir keine zu schicken."256 Geldüberweisungen an die KL-Insassen wurden auf einem Konto der Häftlingsgeld- verwaltung im jeweiligen Stammlager ver- bucht. So erhielt L. Majka kurz nach seiner Einlieferung in das KL Buchenwald am 6. Januar 1943 die erste Überweisung in Hö- he der erlaubten 30 RM, und weitere Ein- zahlungen ließen - sauber verbucht - das Guthaben schließlich auf 180 RM anwach- sen.257 Nur wenige Reichsmark bekam er ausgezahlt. Kaufen konnte er sich in Arol- Sen ohnehin wenig, hin und wieder gab es dafür einen Krug Bier in der Kantine. Doch der SS-Verwaltung in Berlin standen aus der Summe aller Häftlinge "einige Millio- nen Mark zur Abwicklung ihrer eigenen Fi- nanztaans&~onen" zur ~ e r f ü ~ u n ~ . ~ ~ ~ Informationen über die militärische Entwicklung Die Mehrzahl der deutschen Häftlinge des Außenkommandos in Arolsen war be- reits lange Jahre in Konzentrationslagern eingesperrt und hatte die Entwicklung im Deutschen Reich - die Begeisterung der Menschenmassen, die Neuerungen in der 7 Lebensbedingungen 25 5 Militärmaschinene, die Siegeseuphone und vieles mehr - nicht unmittelbar miterlebt. Ihr Weltbild aufgrund eigener Erfahrung war zum Teil 1933 stehengeblieben. Einzi- ge offizielle Informationsquellen über die aktuelle politische Situation waren für sie die in den Konzentrationslagern zugelas- senen nationalsozialistischen Zeitungen, die vom "Häftling selbst über die Poststelle des Konzentrationslagers bestellt werden" konnten.259 In Arolsen war eine solche Be- stellung gegen Bezahlung jedoch gar nicht notwendig, da beim Vorarbeiter des Kom- mandos Zeitungen zur Ausleihe vorhanden waren.260 Zwar konnte die gleichgeschal- tete Presse den nach der Kapitulation der 6. Armee am 31. Januar 1942 in Stalingrad beginnenden Rückzug heldenhaft verklä- ren, bagatellisieren oder beschönigen - ver- schweigen konnte sie ihn nicht. Nach Pha- sen der Resignation, in denen ein Blitzsieg nach dem anderen jede Chance auf ein En- de der Hitlerdiktatur illusorisch erscheinen ließ, kam jetzt im Außenkommando wieder etwas Hoffnung auf. Für die Osteuropäer bedeutete jeder Hinweis auf den Rückzug der deutschen Truppen zugleich auch einen Schritt in Richtung der Befreiung ihrer be- setzten Heimat, schaffte neue Motivation zum Durchhalten. Natürlich bestand bei den "Politischen" geringes Interesse am Propagandamaterial einer "Bewegung", deren Bekämpfung zu ihrer Einlieferung in ein Konzentrationsla- ger geführt hatte, und so bezogen sie ihre Informationen lieber von den ausländischen Rundfunksendern, die regelmäßig in deut- scher, französischer, polnischer und rus- sischer Sprache über die Kriegshandlun- gen berichteten. Besonders beim Stuben- dienst in den Räumen der SS-Führer wur- den die Möglichkeiten zum Abhören, trotz schwerster Strafandrohung, immer wieder genutzt. "Ich räumte die Zimmer der SS- Männer auf. Einmal, als ich an einem Ra- dio herumschaltete, fand ich durch Zufall einen polnischen Sender. Es wurde gesagt, die Deutschen würden für alles, was sie ge- tan hätten, eine Entschädigung zahlen müs- sen. Während ich Radio hörte, hielt mein Freund Wache. Sollte jemand auftauchen, würde er mit der Bürste an die Tür schla- gen."261 Das Abhören von Rundfunksen- dungen blieb nicht allen SS-Führern ver- borgen. "Solange der geschlafen hat, hab' ich das Radio angemacht und hab' London geholt. Das hat er schon gehört. 'Bom, Bom. Bom, Bom. Hier ist London.' "262 Einzelne schritten gegen dieses Abhören nicht ein, da sie so ohne nennenswertes Risiko selbst die 'Feindsender' hören und im Falle einer Entdeckung einfach alle Schuld auf den Häftling abwälzen konnten. "Paß auf, wenn dich jemand hört, da kann ich nichts für dich machen, da wirst du erschossen."263 Auch im Speiseraum konnten hin und wie- der Radionachrichten heimlich empfangen werden, doch oft beunruhigten die Mel- dungen. "Ich hörte einmal eine Sendung während des Warschauer Aufstandes. Es war ein dramatischer Aufmf polnischer Mütter um Hilfe und Medikamente für ihre sterbenden ind der."^^^ Wichtiger noch als diese eher zufälligen Informationen war, daß bereits beim ersten Häftlingsaustausch am 29. November 1943 ein Radiomonteur nach Arolsen gekommen war. Die Hauptaufgabe des 37jährigen Po- len Czeslaw K. aus Litzmannstadt mit der Buchenwaldnummer 9277 bestand in der Reparatur der Nachrichtengeräte der SS- Führerschule sowie der Privatradios, wofür 256 Lebensbedingungen 7 ihm Räume unmittelbar neben der Schmie- de im Block L zur Verfügung standen, die so abgeschieden lagen, daß sie von der SS- Wachmannschaft nur durch die Häftlings- unterkunft erreicht werden konnten. Auf diesem langen Weg boten sich fast immer Möglichkeiten, den "goldene ~ a n d " ~ ~ ~ ge- nannten Kameraden zu warnen. Ein kurzer Dreh am Senderknopf, schon konnte ihm kein Vergehen mehr nachgewiesen werden. Die Bedeutung des Radiomannes war dem Arolser Kapo Willy Apel aus seiner politi- schen Arbeit in Buchenwald bewußt, und so unterstützte er, allerdings immer auch bedacht auf seine eigene Sicherheit, alle Maßnahmen zur Informationsbeschaffung. "Wir hatten ein Radio, wo wir uns die Be- richte anhören konnten. Und wir hatten ei- ne Generalstabskarte an eine Schrankin- nenseite Diese Karte, auf der die Informationen aus Zeitungen, Gesprä- chen der SS-Angehörigen und den Radio- nachrichten zusammengetragen wurden, hing im Spind des tschechischen Vorarbei- ters 0 . Novotny. "In seinem Schränkchen bewahrte er eine Landkarte auf, auf der wir die Grenze der Front markierten, indem wir Stecknadeln mit bunten Köpfen an die ent- sprechenden Stellen steckten. Wir taten dies nach den durch das Radio durchge- gebenen ~ n f o r m a t i o n e n . " ~ ~ ~ Die Wache schritt nicht ein. Aber es war natürlich klar, daß auch die Nachrichten von 'Radio London' und den anderen ausländischen Rundfunksendern, selbst wenn man ihnen nur zu gerne glaub- te, nicht der vollen Wahrheit entsprachen. Da ließen die in großer Höhe in zunehmen- der Zahl über Arolsen nach Mitteldeutsch- land einfliegenden alliierten Bomber schon eher die Hoffnung auf ein baldiges Kriegs- ende wachsen, und dies natürlich verstärkt nach der Landung der Westalliierten in der Normandie. In der zweiten Halfte 1944 und besonders Anfang 1945 hatten die West- mächte schließlich die Lufthoheit soweit errungen, daß ihre Flugzeuge auch tags- über weitgehend unbehelligt tief in das Hinterland eindringen konnten. Der Luft- krieg erreichte - zur Erleichterung der Häft- linge - auch Nordwaldeck. "Da sind die Ami- und die Engländerflugzeuge - die Kampfflugzeuge - hier rumjeschnurrt. Hier ist damals keine Luftabwehr jewesen, son- dem Flugzeugabwehr, also Kampfjäger der Deutschen. Und da sind die Amis jekom- men wie die ~ c h m e t t e r l i n ~ e . " ~ ~ ~ Von Angriffen auf Züge bei Lelbach am 25. September und 24. Oktober 1944, die 14 Tote und 12 Verletzte forderten, und den Bombardierungen Korbachs am 5. Novem- ber 1944 und der Reiherbachbrücke am 22. Februar 1945 erfuhren alle Gefangenen in der Kaserne durch Gespräche zwischen SS-Angehörigen. Mehr aber verstärkte die Einrichtung besonderer Aktenkeller, in de- nen bei Fliegeralarm wichtige Akten zu de- ponieren waren269, ihre Befürchtung, daß nun auch mit Angriffen auf Arolsen ge- rechnet wurde und die bereits unmittelbar mit Beginn des Schulbetriebs in Arolsen am 14. Januar 1944 in einem Luftschutzbe- und dann ergänzend in der Luft- schutz-~ienstverordnung~~ vom 7. Juli 1944 geregelten Vorgehensweisen bei ei- nem Luftangriff auf die Kaserne zum Tra- gen kommen könnten. Einer Bombardie- rung waren die Häftlinge schutzlos ausge- liefert. Da sich im Großraum Arolsen keine Flugabwehr befand, konnten sich Maßnah- men allein auf eine rechtzeitige Warnung, eine möglichst schnelle Brandbekämpfung 7 Lebensbedingungen 257 und eine rasche Bergung Verschütteter und Verletzter beschränken. Nach Ausläsen des Fliegeralarms bis zur Entwarnung hatten . alle Angehörigen der SS-Eihmchule wäh- rend der Dienstzeit sofort die Luftschutz- -- Räume, die in den Blöcken C und D über Notausgänge zur Kasernenstraße verfug- ten. aufzusuchen. "Erklang der Hiegera- b larm, verließen die SS-Mariner sofort den -I=-" Speiseraum, das Essen auf den Tischen zu- Y : rücklassend. Die Häftlinge wurden in ihren 1 Räumen eingeschlossen, Fenster und Tü- - --rI3 ren mußten unbedingt verschlossen wer- den. Die in der Küche arbeitenden Häfilin- ge blieben in der ~ ü c h e . " " ~ Nachdem das häufige Auslösen des Fliegeralarms über die öffentlichen Sirenen den Schulbetrieb fast tKglich unterbrach, erhielten arn 6. De- zember 1944 die Luftschutz-Leiter den Be- fehl. "an Hand der Meldung des Flaksen- L - ' ders Wmadonna' die Luftlage" genau zu überprüfen.275 "Befinden sich keine Feind- Abb. 7.22: Von ihrer Unterkunft aus konnten die Haitlinge beobachten, wie bei Alarm zwei Unterfuhrer der Lehrgruppe B - ausgerüstet mil Doppelglas zur Beobachtung der anfliegenden Bomber - "auf dem Dach des Blockes G (Pfatt- form mit Telefon)" Posten beziehen mußten, um dem Luftschutz-Leiter per Telefon "laufend ge- machte Beobachtungen über FlugreuggerBu- sche, teucht-Raketen, -Schirme, -Bomben, Einschläge. Brandausbrüche usw., sowie die Richtung der Einschtäge'hzu melden.'77 Der Abrufraum der aus den hollandischen Frontar- Leitern zusammengestellten Instandsetzungs- gruppe irn Keller von Block F neben der Frisor- stube lag ebenfalls direki im Beobachtungsbe- reich der Waftlinge. Auch irn Jahr 1989 ist der Blick aus der ehema- ligen Haff lingsunterkunfi auf die Riickseite des Doppelblocks FIG fast unverandert gegenüber 1944. Die Fensterrahmen sind erhalten geblie- ben, die Heizkörper funktionieren noch, und re- diglich die Plattform auf dem Dach des Mann- schaflsgebäudes wurde entfernt.273 rnaschinen im Anflug auf den Raum Arnl- sen, wird auf Befehl des Kommandeurs mit Handsirene entwarnt, und der Dienstbetrieb geht weiter."276 Um bei möglichen Treffern gezielt eingreifen m können, wurde das Ka- sernenareal in Bereiche eingeteilt, die von Brandwachen zu konirollieren waren. Fur das Häftlingslager war die Häftlingswache Besonders kritisch wurde die Lage der Häftlinge, als mit Schulbefehl vom 6. k- zembes I944 auch Maßnahmen zur "akti- ven Luftabwehr" getroffen wurden. Sechs Luftabwehr-MG mit 6.000 Schul3 Muniti- on - und dann zeigte sich die vtillig Ver- kennung der militärischen Lage nach der Landung der Alliierten - wurden bereitge- stellt, und Lehrgruppe A bezog Stellung ca. 150 m südlich der ~aserne'~', unmit- 258 Lebensbedingungen 7 Abb. 7.23: Die AusschnitZsvergröBerung der Luftaufklarungsaufnahme vorn 18 Marz 1945 zeigt die Maschinen-Gewehr-Stellungen sidlich der CS-Kaserne und verdeutlicht die gefahriiche Lage der ~ä f t l in~sunterkunf t .~ telbar vor den Fenstern der Haftlingsun- terkunft. Die zweite durch Erdaushub ge- gen Splitierwirkung zu sichernde Stellung befand sich westlich der Kaserne neben den Hallen des Bekleidungslagers, eben- falls unmittelbar im Blickfeld der Häftlin- g des Kleiderlagers. Die beiden Stellun- gen waren zum "Kampf gegen feindliche Tieffl iegr- und Jagdbomherangriffe" ge- dacht, während " Kampffliegewerbände nicht unter Feuw'hu nehmen waren.'x0 Für die Häftlinge bedeutete die Einrichtung dieser Stellungen. die am 7. März 1945 auf insgesamt drei Maschinengewehre redu- ziert wurdenz8'. größte Gefahr, da sich ih- re Unterkunft nun genau zwischen Kaserne und diesen beiden Stellungen befand und somit bei einem Luftangriff irn Miltelpunkt der zu befürchtenden Bombenabwürfe lag. Bereits ein Treffer hätte die Unterkunft der Häftlinge rnii ihrer dünnen Decke in Schutt und Asche gelegt. Bei den SS-Angehärigen schien man al- lerdings einen Angriff auf das Kasernen- gelände nicht zu erwarten. denn im Schul- befehl 1/45 mußte auf die Gefahr hingwie- sen werden, daß die "Lage Arolsens auf dem flachen Lande" zur Leichtfertigkeit ver- leite."? Sieben Angehörige der SS-Füh- rerschule wurden wegen Nichteinhaltens der Verdunklung "mit zusatzlichen Erzie- h ~ n ~ s r n a ~ n a h m e n ~ e l e ~ t . ' ~ ~ 8 Flucht 259 8 Flucht Abb. 8.01: Nic Wolff als Haftiing des Konzantrationslagers ~uchenwald.' "Wir haben nur einen Gedanken gehabt: frei zu sein. [...I Immer, immer, immer ge- dacht, daß wir einmal frei werden. Aber in Dachau oder Buchenwald, wir haben keine Hoffnung. Und hier in Arolsen wir haben dann ein wenig die ~ o f f n u n g . " ~ Viele KL- Häftlinge waren zermürbt und hatten in den Stammlagern alle Zuversicht aufgegeben, so daß ihnen das Leben nicht mehr erhal- tenswert erschien. Ein kleinster Hoffnungs- schimmer reichte aber manchmal tiir weite Wege, gab wieder Kraft zum Durchhalten und konnte so für das Uberleben von ent- scheidender Bedeutung sein. Vielen Häftlingen in Arolsen stand Mit- te 1944 der Anfangsschock ihrer Einliefe- rung in ein Konzentrationslager noch un- mittelbar vor Augen. Sie hatten größte per- sönliche Erniedrigungen und Demütigun- gen ausgehalten: Einige waren nackt vor den Mithäftlingen ausgepeitscht worden, andere hatten stundenlang "am Baum ge- hangenu3 oder - selbst dem Tode nahe - die Leichen ihrer Kameraden zu den Massen- gräbern und Krematorien gekarrt4, einzelne hatten pseudo-medizinische Experimente überlebt5. Die augenblickliche Phase des 'Atemholens' in Arolsen bot Gelegenheit, das Lagerleben neu zu überdenken. In der kleinen Gruppe von Häftlingen hatten sich Landsleute und beruflich, kulturell oder po- litisch Gleichgesinnte zusammengefunden, die erste zaghafte Pläne für ein mögliches 'Danach' schmiedeten. Und zu diesen Plä- nen, die in ihren Augen immer zugleich ein Stück Widerstand gegen das nationalsozia- listische System waren, gehörten die Ge- danken an Flucht. Dabei war nicht die SS- Bewachung das größte Hindernis auf dem Weg in die Freiheit. Die meisten Häftlinge konnten nur bruchstückhaft Deutsch, für fast alle war die Heimat noch von den deut- schen Truppen besetzt, manche waren von ihren Familien und Freunden verstoßen worden. Sie wußten einfach nicht, wohin sie fliehen sollten. Außerdem galten die Chancen einer Flucht selbst aus einem nur gering bewachten Außenkommando als wenig erfolgversprechend, da die gestreifte Kleidung und die kahlgeschorenen Köpfe sie deutlich zeichneten und ein Untertau- chen erschwerten. Köpenickiade in Arolsen Im Sommer 1944 kam es aber dann in der Führerschule des Wirtschafts-verwal- tungsdienstes Arolsen zu einer Situation, die zwei Luxemburger Häftlinge zum sehr schnellen Handeln zwang. "Bei dem Frisör, da war ein Keller, und da waren viele Mit- telswaren6, Lebensmittel. Und eines Tages wir haben gestohlen. Schinken und Wein. Aber da kam die SS, die Wache, und die zwei waren geschnappt, war der Schaul, Pierre und der Wolf, Nic. Ich bin in den Kohlen geblieben, darum war ich nicht ge- schnappt. Aber sie waren bestraft, und sie sollten gehängt, sofort, nach Buchenwald geschickt und gehängt."7 Pierre Schaul und Nic Wolff Die beiden Luxemburger Häftlinge, mit denen F. Labalue im Keller des Doppel- blocks FIG nach Lebensmitteln gesucht hatte, waren bereits zweimal zwangsweise nach Weimar gebracht worden, jetzt be- fürchteten sie dort den sicheren Tod. 262 Flucht X sichtshalber wurden die Angehörigen der 2. Kompanie des Baiaillons "Li' und mit ih- nen P. Schaul und N. Wolff nach Abschfuß der PolizeiausbiIdung im Juni 1941 kurzzei- tig für Aufgaben des Luftschutzdienstes nach Köln und von dori bereits am 26. Ok- tober 1941 nach Jugoslawien in den Raum Laibach zur Partisanenbekämpfung abkorn- rnandiert. Doch auch hier ging die Rech- nung der Deutschen nicht auf. denn viele Luxemburger zogen Parallelen zur Situati- on in ihrer Heimat und sympathisierten im Inneren mit dem jugoslawischen Wider- stand. 'Die Einheimischen erfuhren schnell bbb. 8.02: Blick auf Block F der Kaserne, in dessen Untergeschoß sich n e k n der Fricier- Stube auch Vorra&lager befanden.' Pierre Schaul, geboren am 2. Mai 1921 in Eitelbreck, war als Siebzehnjähriger am 19. Oktober 1938 mit dem Berufsziel, Gen- darm in seiner Heimat Luxemburg zu wer- den, der "Großherzoglichen Freiwilligen- kompanie" beigetreten, und der am 19. Ok- tober 1920 geborene Nicolas Wolff folgte ihm ein Jahr später am 2. Oktober 1939. In dem erwählten Beruf jedoch konnten beide nur kurz arbeiten, denn nach der Beset- zung durch deutsche Truppen wurden die Angehörigen dieser Freiwilligenkompanie am 4. Dezember 1940 aus der Heilig-Geist- Kaserne in Luxemburg nach Weimar ver- legt, um in der hlizeikaserne in der Hardt- s t rak für den Dienst als "deutsche Polizi- sten im Gau Moselland" ausgebildet zu werden. Der Widerstand unter den Luxem- burgern gegen diese 'Umerziehung' aber war so groß, daß sich die deutschen Be- hörden der Zuverlässigkeit der Luxembur- ger Schupos beim Einsatz in unmittelbarer Nähe ihm Heimat nicht sicher waren. Vw- von den jungen Luxemburgern, daß sie al- le ohne Ausnahme Antinazis waren. [...I Beim Partisaneneinsatz wußten sie - tmiz der gleichen Uniform wie die Deutschen - sie zu unterscheiden. Zog eine Gruppe in die Berge zur Pmisanenbekämpfung, waren es immer wieder die Deutschen, die von den jugoslawischen Widerstandskämpfern an- gegriffen wurden, wohingegen die Luxem- burger, welche sich bereits mit der jugosla- wischen Bevlllkerung angefreundet hatten, immer verschont blieben. Nur ganz am An- fang fielen bei solchen Gebirgskämpfen ei- nige Luxemburger. "' Als der Vereidigungstermin der Luxem- burger auf die deutsche Fahne näherrüEkte, reichten alle Angehörigen der ehemaligen Freiwillipkompanie ihre Entlassungsgesu- che ein. Die deutschen Dienststellen rea- gierten mit dem Versuch, den Zusammen- halt der Luxemburger durch Verteilung auf verschiedene Kompanien zu brechen und doch nwh eine Vereidigung und somit ei- ne Eingliederung in die deutschen Polizei- einheiten zu erreichen. Doch es kam zur offenen Meuterei. Als am 2. Januar 1942 alle Luxemburger zusammengetrieben wr- den. verweigerten trotz Drohung einerseits und verlockender Angebote andererseits 42 weiterhin den Eid auf die Hakenkreuz- fahne. Über Kminburg - wo östemichische Polizisten letzte briefliche Kontakte nach Hause ermöglichten - wurden Schaul und Wolff zunächst in das Grazer Gefängnis und Ende Januar t 942 weiter in das Poli- zeigefingnis "Rossauer Ländle" nach Wien gebracht. wo irn Juni 1942 die Schutzhaft- befehle für die Luxemburger ausgestellt wurden. Linz, Prag, Dresden. kipzig, Hal- Ie und wieder Weimar waren die weiteren Stationen auf dem langen Weg durch deut- sche Gefhgnisse. der am 18. Juni 1942 in das KL Buchenwald fbhrte. Die während- dessen unzertrennlich gewordenen Freunde Pierre Schaul und Nic Wolff erhielten die Häftlingsnumrnern 821 und 913. l 0 In Buchenwald erlebten beide die Grau- en und Qualen des Lagerlebens zunächst . m. 1 - X - : 9 T.. B .<; - Y Abb. 8.03: Piere Schaul als Hdftling W1 des Konzentrationslagers Buchenwald. l irn Kommando "Steinbruch". Schwere, mit- unter auch sinnloseste Arbeit, Hunger, Schläge, ständig Todesangst und die kahl- geschorenen Kopfe veränderten in küne- sier Zeit ihr Aussehen. Während dieser Zeit erkrankte P. Schaul schwer an Ruhr und überlebte nur durch die aufopfernde Hilfe eines Mithäftlings. Ab Herbst 1942 brachte beiden - so grauen- haft das im nachhinein auch erscheinen mag - der Einsatz als sogenannte "Toten- träger" wegen der ihnen dadurch zustehen- den zusätzlichen Verpflegungsrationen ei- ne lebenswichtige Erleichterung des Lager- daseins. Bei ihrem nächsten Einsatz, der Pierre Schaul und Nic Wolff zu Entschärfungs- und Aufräumungsarbeiten nach Köln führ- te, fanden sie irn Keller eines Bankhauses eine größere Summe Geld, die sie als erfah- rene "Konzentrationäre'hach Buchenwald Abb. 8.04: Pierre Schaul kurz nach der Be- freiung. [ ? 264 Flucht 8 einschmuggeln konnten. Kaufen konnten sie sich in der bgerkantine nicht viel. doch mit Bargeld lieB sich mancher Kapo d e r SS-Mann bei der Zuweisung zum Arbeits- einsatz beeinflussen. Am 14. November 1943 wurden Pierre Schaul und Nicolas Wolff, gekennzeichnet mit dem roten Winkel des politischen Häft- lings. als laufende Nummern 28 und 33 des ersten Transports in das neu eingerichtete Außenlager nach Arolsen überstellt, wo sie während det Aufbauphase der SS-Füh- rerschule zunächst bei Erd- und Eauarbei- ten eingesetzt wurden. Nach Unterrichts- beginn Anfang 1944 wurden für beide die Lebensbedingungen etwas erträglicher. N. Wdff war in den folgenden W ~ h e n als Autnmechaniker dem Reparaturtrupp in den Garagen zugeteilt. und P. Schaul. der bei scincm Vater Grundkenntnisse des Fri- sörhandwerks erlernt hatte, arbeitete in der Erisörstube der SS irn Untergeschoß von Block F der Kaserne. Da er häufig die Offiziere und auch de- ren knyehöriye in ihren Privatwohnungen Abb. 8.05: Die von P. Schaul gezeichnete Karte der Arolser Kaserne dokumentiert seine prazisen Ortskenntnisse. zu bedienen hatte. konnte er sich innerhalb des Kasernenpeländes fast frei bewegen und genaueste, sogar iiber das Kasernen- gelände hinausreichende Ortskenntnisse sewinnen. Vorbereitungen zur Flucht Gerade hatten sich Pierre Schaul und Nic Wrilff in Amlsen einigermaßen einge- richtet. da änderte der Lebensmitteldieb- stahl in der ersten Juniwoche 1944 schlag- a r t i ~ ihre und auch Fernand Labalues Si- tuation. "Die zwei sollten nach Buchen- wald zuruckfahren für Hängen. Die waren bestraft. Aber sie konnten nur Montag fah- ren. weil es mußte unterschrieben sein vom Kommandanten vom Lager. Aber er war _gerade nach Paris gefahren. lind das war Mittwoch. Wir hatten drei Tag. für unsere Flucht zu präparieren."14 Fluchtversuche aus den kleineren Au- ßenkommandos waren keine Seltenheit, und viele der Arolser Hafllinge wuRten da- von zu berichten. Aber die erfahreneren unter ihnen konnten die geringen Erfolgs- aussichten richtig einschätzen. Ihnen war außerdem auch klar. was die Strafverset- zung' zurück in das Stammlager Buchen- wald bedeutete. "'Das weiß ich nicht. ob ich das getan hätte. kann ich nicht sagen. Zu fliehen war ganz sinnlos. Also, ich weiß nicht. ob ich die Hoffnung gehabt Katte, da jemals durchzukommen. Und dann noch allein irgendwie. Wir hatten keine Beklei- dung, wir hatten nichts. Ich weiß es nicht. Man kann heute groß darüber reden. Aber ich hatte da die Möglichkeit und hätte die 8 Flucht 265 Sache anders über die Bühne gehen lassen können." Den beiden Luxemburgem, die sich für das Risiko der Flucht entschieden hatten, half ein wichtiger Fingerzeig vom Chef der Kleiderkammer, SS-Oberscharführer M. Nach einer schweren Armverletzung nicht mehr kriegseinsatzfahig, unterhielt er sich häufiger in der Abgeschlossenheit der Klei- derkammer, sicher vor unliebsamen Mithö- rern, mit dem ihm zugewiesenen Häftling Femand Labalue über persönliche Angele- genheiten. "Und der Offizier, wo ich arbei- te, hat nur gesagt: 'Wenn ich wäre deine zwei Freunde, ich würde fortlaufen, sonst sie gehen nach Buchenwald und werden gehängt.' 'Ja, wie können sie laufen im Häft- lingsanzug? 'Ach, du weißt ja schon, du hast genug Anzug hier. Ich geh' morgen früh in Urlaub für elf Tage, da machst du, was du willst. Aber guckst, daß ich nicht dabei bin.' " I 6 Ob diese Andeutung in der von F. Labalue gedeuteten hilfreichen Ab- sicht erfolgte, Iäßt sich kaum abschätzen. Zumindest erinnerte sich M. nach dem Kneg an dieses Ereignis und bat ihn um eine schriftliche Bestätigung zur Vorlage bei den Entnazifizierungsverfahren. Die Grundidee einer Köpenickiade war geboren, es begann eine Flucht, wie sie für Konzentrationslager wohl beispiellos war. Am Abend berieten F. Labalue, P. Schau1 und N. Wolff im Häftlingsschlafsaal das weitere Vorgehen, und der Belgier erklärte sich bereit, aus der Kleiderkammer Unifor- men zu besorgen und in der Garage zu ver- stecken. "Ist normal, daß ich die erste Rolle gehabt, weil ich mußte die Uniform brin- gen jeden Tag bei die SS-Offizier in einem Sack. Hab' ich oben Lumpen in den Sack getan. Manchmal, daß ein Offizier fragte: 'Wo gehst du denn hin?' 'Ja, ich geh' an Garage, ja, ich geh' Lumpen bringen an Garage.' 'Ja, ist gut.' Und da war Unifom-i und alles drin."I7 Sicherstes Fluchtziel erschien ihnen zu- nächst Jugoslawien, wo sie sich bei Parti- sanen verstecken wollten. Wegen der zu erwartenden Sprachprobleme entschlossen sie sich dann aber zu einer Flucht nach Lu- xemburg, von wo aus auch F. Labalue, der inzwischen zum Mitmachen überredet wor- den war, schnell seine Heimatstadt errei- chen konnte. Doch die Fluchtvorbereitun- gen blieben Mithäftlingen nicht verborgen, und der Pole Adolf Korzynsky schloß sich dem Unternehmen an. 1914 in Krzemieniec geboren, von Beruf Automechaniker und als Häftling der Kategorie "Arbeitsscheu- Reich" ASR als laufende Nummer 15 mit dem ersten Transport in das Arolser Lager gekommen, von Mithäftlingen als Kraftna- tur und Draufgänger mit ungebrochenem Mut beschrieben, hatte A. Korzynsky im Laufe der Jahre in verschiedenen Konzen- trationslagern alle Tricks des Lagerlebens kennengelemt. In Arolsen arbeitete er zu- sammen mit Nic Wolff in den Garagen als Monteur. Von ihm kam letztlich der wich- tige Hinweis, daß in der Garage ein PKW des Kasemenarztes unbenutzt unter einer Plane verdeckt stünde. In aller Eile wurde das Auto von ihm und dem Mechaniker Nic Wolff wieder fahrbereit gemacht und Benzin aus der am Nebeneingang der Ka- serne nur wenige Meter von den Garagen entfernt gelegenen Tankstelle besorgt. Ein aus Holz gebautes Gestell, mit einer Plane überzogen und mit einigen Ersatzrädern versehen, wirkte so echt, daß auch den in der Garage arbeitenden Zivilisten nichts Verdächtiges auffiel. 266 Flucht 8 Mit Bewunderung, aber auch mit Sorge beobachtete der Kapo W. Apel die Vorbe- reitungen zur Flucht. "Da waren zwei Lu- xemburger, der eine war Frisör, der SS-Fri- sör, und der andere, der war in der Garage tätig, ein Pole in der Garage, wo die Zivili- sten mitarbeiteten, und ein Belgier, der auf der Kleiderkammer war. Die vier hatten janz jeschickt eine Flucht vorjeplant, ohne daß jemand davon was jemerkt hatte. Auch de Zivilisten in der Garage haben davon keine Ahnung jehabt, haben nischt jemerkt. Da haben die sich von der Kammer, wo der Belgier tätig war, die SS-Offiziersuniformen und Mützen und alles - leise weinend - mit rausjenommen von der Kleiderkammer und in de Garage in ein verdecktes, mit Plane verdecktes Auto, 'nen PKW, versteckt, so daß jeder von den vieren, die ausgerissen sind, eine Offziersuniform, zumindestens 'ne Jacke [...I mit de Epauletten und eine Mütze, große Offiziersmütze hatte." ' Das Fluchtziel stand fest, Kleidung und Transportmittel waren vorhanden, aber oh- ne gültige Papiere war ein Durchkommen in die besetzten Gebiete kaum möglich. Doch die Häftlinge kannten sich in den Büros der Kaserne aus. "Papiere waren auch im Schrank, Fahrbefehle. Da waren schon Stempel drauf, und unterschrieben von dem Lagerführer." l 9 Als Fluchttag wurde der 4. Juni 1944 gewählt, ein Sonntag, an dem der an den Werktagen übliche Zählappell zur Mittags- zeit entfiel. Sofort nach dem Morgenappell - in der SS-Kaserne herrschte noch die üb- liche Sonntagsruhe - tauschte der polni- sche Häftling seinen gestreiften Anzug ge- gen eine SS-Uniform, Schaul schminkte ihm mit einem Kohlestück noch Koteletten auf die Schläfen. Reservebenzin, Zivilklei- dung, Kompaß und Straßenkarte lagen im Auto bereit, und auch Marschpapiere wa- ren vorhanden, ausgestellt auf "General der Waffen-SS Pauli von der SS-Führerschule Berlin, in geheimer Mission mit drei Mann auf dem Weg nach ~ a a r b r ü c k e n " . ~ ~ Da drohte im letzten Moment - Fernand Laba- lue wollte gerade in das startklare Auto ein- steigen - das Unternehmen zu scheitern. "Ich war noch in Häftlingskleidung. Dann hab' ich die Tür aufgemacht, und in dem Moment kommen zwei Offiziere vorbei. Und die haben mich geschaut und einen Moment später den Wagen mit dem Gene- ral. Und der hat gesagt: 'Heil Hitler!' [...] Wenn ich hatte gesehen die zwei Offiziere vorbeikommen, hab' ich gesagt, jetzt ist es fertig, sage ich. Angst hatte ich nicht, weil ich hatte nicht nachgedacht. Aber ich hatte gemeint, wenn sie stehenbleiben, wir sind fertig. Dann sie sind weitergegangen, und dann hab' ich gewartet, bis daß sie sind am Eck. Dann hab' ich gesagt: 'Das ist gut jetzt, wir können fahren.' Da bin ich rein hinten unter eine Decke und dahin bis an Corps de garde, Wache. Und da an der Wache der Schaul sagt: 'Ja, die kommen raus, und sie geben uns - wie heißt das - die Salut.' Und dann wir sind raus."21 Unbehelligt steuerte der nur bruchstück- haft deutsch sprechende Korzynski in der Uniform eines SS-Obersturmbannführers den fast fabrikneuen grau-grünen Ford- Eifel vorbei an der Kasernenwache in die Freiheit. Nach dem Tausch der Uniformen und Plätze noch in unmittelbarer Nähe von Arolsen saßen dann N. Wolff und F. Laba- lue auf den Rücksitzen und A. Korzsynski in der Uniform eines SS-Untersturmführers neben dem Fahrer. Das Steuer und damit auch die Führung der Gruppe übernahm 8 Flucht 267 der fast fehlerfrei deutsch sprechende B. Schaul nun in der Uniform eines SS-Ober- sturmbannführers. einer Funktion. die ihm vom Kapo W. A p l zugetraut wurde. "Der Schaul war einer - wotl'n mal so sagen - der zum Offizier, zum Befehlen jebren war. Der hatte das so richtig los. Das kann ich mir ganz gut vorstellen. Wenn der jetzt SS- Miitze, Ofiziersrnutze aufhatte und als SS- Standartenfuhr eine große Uniform, daß die gewöhnlichen SS-Leute. die den haben unterwegs anjehalten ... Die hat der so an- jeschnauzt, daß die zusammenjezuckt sind. So'n Typ war das. der ~ c h a u l . " ? ~ Die Hoffnung, daß die Flucht erst beim Akndappell entdeckt werde, erfüllte sich nicht. "Der Demmer. also unser Komman- dofuhrer. der ließ sich dort jeden Tag ra- sieren, in der Frisierstube von der SS. von dem Schaul. Und den Sonntag früh, wo die die Flucht ergriffen hatten mit ihrem Auto, da ist der wieder naus jegangen. der Dem- mer. wollte in die Frisierstube, wie er es sonst immer jernacht hatte, und sich rasie- ren lassen, und da ist die Siube verschlos- sen jewesen. Aber die Häftlinge waren alle an ihrem Arbeitsplatz ausjerückt. Die wa- ren nicht mehr drin in der Unterkunft. Und er hat jekloppt. und der isi nicht da. [...J Da war nur der zweite Frisör drin, ohne Schaub. Da hab' ich zu dem jesacht: Wo ist denn Schaul?' 'Ja, der wollte uff de Kammer bei den Belgier.' Und naja. hab' ich gesacht zum Demmer: 'Da wird er ja oben sein, auf der Kammer.' Und ich bin denn in die Un- terkunft jegangen. Mir hat das ja nimmer jeschert. Der Dernrner ist auf die Kleider- kammer jegangen, wollte jetzt den Frisör holen. Hat jedacht, der ist dort. Und der SS- Mann, der die Kleiderkammer unter sich hatte, der hat jesacht: 'Nein. der Belgier ist auch nicht jekommen.' 'Was, der ist ~ o c h nicht da? Sowas!' Und da ist der wieder zurückjekommen zu mir in die Unterkunfi und hat jesacht: Der Schaul ist nicht oben. Und des Belgier ist ooch nich oben.' Ich sach: 'Das gibt es doch nicht. Yielleichi sind sie in der Garage bei den anderen bei- den.' Und da sind wir - ich mit dem Dem- mer - in die Garage. Und da haben wir dort Qeguckt, keinen Menschen jesehen. Nischt. Tore waren auf. Da hab ich jesacht: 'Das gibt es drich nicht, wo sind denn die?' Al- les abjesucht ... AppelE jemacht. Vier Mann fehlten. [...I Hat des Demmer nun den Kom- mandanturstab verständigt über die vier ~ a n n . " ~ ~ Abb. 8.06: Bereits in der Arbeitcaincatzstati- stik vom 4. Juni 1944, dem Fluchtlag, ist der Ruckgang der eingesetzten HBftling um 4 auf 71 registriert.'" Während in der Arolser Kaseme Alarm gegeben wurde, erreichten die vier auf fast leeren Straßen Marburg, füllten dort in ei- ner Feldgendarmerie Benzin nach und ka- men ohne Schwierigkeiten nachmittags in Koblenz an. Hier war die mit Stacheldraht teilweise gesperrte Rheinbrücke schwer bewacht, wurde jedes in Richtung Westen fahrende Auto kontrolliert, auch hier war die Hektik wegen der Ereignisse an der At- lantikküste zu spüren. SS-Fahrzeuge durf- ten ohne lange Formalitäten die Sperren passieren, und so ging die Fahrt weiter durch den Hunsrück, bis das Nachfüllen von Benzin aus dem Reservetank zu einer Pause zwang. Da ein Abfülltrichter fehlte, ging wertvoller Kraftstoff verloren. Die Heimat war mit dem verbleibenden Vorrat nun nicht mehr zu erreichen. Die Nerven auf das äußerste angespannt, kam es zu Auseinandersetzungen und harten Vor- würfen. An einer Tankstelle sollte neues Benzin besorgt werden. Der Posten ver- weigerte die Abgabe, hatte er doch selbst nur wenig Treibstoff, der nur für den not- wendigsten Dienstgebrauch bestimmt war. Schließlich war der Tank endgültig leer. Um keine verräterische Spur zu hinterlas- sen, mußte das Auto von der Straße ver- schwinden. Mit einer Kraftanstrengung wuchtete A. Korzynski den PKW über ei- nen Graben in eine Schonung und entzog ihn so den Blicken. Weiter ging die Flucht nun zu Fuß, in Richtung Westen, die vier bis an die Grenzen ihrer körperlichen Kraft fordernd. Einer bekam einen Schwächean- fall, konnte nicht mehr weiter, und nur har- te Worte des Polen brachten ihn wieder auf die Beine. Am Montagnachmittag war Bischofs- dhron in der Nähe von Morbach erreicht, von wo es gegen Abend mit dem Zug über eine Nebenstrecke in Richtung Trier ging. Der Aufenthalt bis zur Weiterfahrt nach Luxemburg wurde zur kurzen Erfrischung in einem Lokal am Bahnhof genutzt, als Ge- stapo das Lokal betrat und alle Anwesen- den musterte. Trotz des lauten "Heil Hitler" glaubten die Arolser Mißtrauen festzustel- len, befürchteten, daß bereits nach ihnen gefahndet würde. Schnell und unauffällig verließen sie das Lokal. Ihre Sorge war unbegründet, in Arolsen hatte man zwar das Verschwinden der vier Häftlinge bemerkt, das fehlende Auto war aber der Aufmerksamkeit des Stabs ent- gangen. "Die haben jetzt alles abjesucht. Und die betreffenden SS-Leute, die die Ga- rage unter sich hatten, die Kleiderkammer unter sich hatten, alle ranjeholt. Die aus der Garage mußten die Autos zählen, fest- stellen, ob Autos fehlen. Der hat seine Au- tos jezählt in de Garage: 'Autos sind alle da. Fehlt kein Auto', hat der jemeldet. 'Na gut, da müssen die noch innerhalb des Ka- semengeländes sein.' Die ganze Schule hat vom Keller bis zum Boden alles abjesucht nach den vier Häftlingen. Ohne Erfolg. Die Häftlinge waren weg."25 Auch eine nochmalige Durchsuchung der gesamten SS- Kaseme und der näheren Umgebung lieferte keinen Hinweis auf das Verbleiben der Flüchtigen. "Am nächsten Tag kamen nun die Zivilarbeiter, die in der Garage arbeiteten. Die haben entdeckt, daß dem Doktor sein zweites Auto fehlt. Der hatte das in der Garage aufjebockt und 'ne Plane drüberjezogen. Und die Plane war jenau noch so da, als wenn ein Auto drun- tersteht. Und da hatten die 'nen paar Böcke fürs Auto so hinjestellt, daß die Plane nicht uff die Erde fiel, sondern daß es so aussah, 8 Flucht 764 als wenn ein Auto noch dort steht. Aber das Auto fehlt. Jetzt wußte de SchuIe. daß die mit dem Auto jeflüchtet sind. Nu haben sie Alarm jeschlagen, eine Fahndung durch- jeseben [...] Da haben die aber 24 Stunden Vorsprung jehabt.''2b Die Zeit bis zur Ein- leituns der regionalen Fahndunp genügte. das ins Auge gefaßte Versteck in Luxem- burg zu erreichen. Aus Sicherheitsgrtinden trennte sich das Quanett hinter Trier. Kor- ynski und Schaul fuhren mit einem Zug nach Wasserbillig und von dort iiber E h - ternach und Diekirch zu den Eltern von Schaul in dessen Heimat. N. Wolff und F. Labalue hatten sich zu Fuß aufgemacht. verirrten sich in der Nacht und stießen im- mer wieder auf schwer bewachte Bi-iicken. Nach längerem Warten sprangen sie auf einen Kohlenzug und kamen so ebenfalls unbemerkt nach Luxemburg. Nachdem die Suche in der Umgebung von Amlsen keinen konkreten Hinweis auf den Verbleib des vier Haftlinge erbracht hane, dehnie man auf Anweisung der Kri- minalpolizeistelle Rassel vom 8. Juni 1444 die Suche aus und veröffentlichte arn 17. Juni 1944. acht Tage nach der Flucht. im Deutschen Kriminalpolizeihlatt eine Fahn- dung. Die fehlerhaften Angaben wurden in einem Nachtrag vom 14. Juni 1944 korri- pien und durch Fahndungsfotos ergänzt. Von A. Korzynski fehlte eine Abbildung. 39- h s A m h n (WmMd) mit 3cstohJ. PKW ciptwieheric HLHafiliarde Am 4. h 44 entwichen rom Arbeitseinsatz in A~olserr IEaldeckj 4 lbffljngc des Lagen Bucnenwald. I-Lhalic Hetnaad, S t a g M. 9. 2 1 melgier); WoXf, Zlikolaas, Auioddoaser, 19. 11, 20 ?: E-pski. AdolI, A.atosrZJmsv, 5. 4. 25 ? [Pole]: kh iub , Peter, F&ör. 2. 5. 21 1. Täter nen&tr?n zur Flacht in Aralza tniwendeten. PW& Marke Jord-Ehr', E h i a k ~ t . X e m z G i W 2 , unbewin- kelt tauknbra4 m i t hell. Dach, Fahrgestell-Xr, 159258, Bau- jahr 1938. F c r k e ! F 5 2702. 8. 5. 44. KPSf Kassel. 15. Aus Arolsen waldeck) mit entwendetem PKW entwichene R d t l i n ~ e . Nachtrae z. Nr. 4902 (39). Die Entwichenen: Labaiue, Fernand (nicht Rernand), Student. 13. 9, 22 Lüttich, WoIff. YikoIaus, Autoschlosser, 20. 11. 20 (nicht 19. 11. 201 Colmar-Berg, Karzyaski [nicht Koczyiski), Addf, Autosehlosser, 16. 3. 14 (nicht 5. 4. 251 Krzernieniee: Schad (nicht Schaub), Peter, Friseur, 2. 5, 22 Ettelbrück, Kr. Diekirch, sind noch Flüchtig. L., W. und Sch. sind anr Schlun dieser Nr. zu f l1 bis LY abgebildet. Festnahme! 8. 6. 44 KPSt Kassel. Abb. 8.07: Unter PunM 39 wurden die aus Arolsen geflohenen KL-HAftl~nge im Deutschen Kn- minalpolizeiblait Nummer 4902 vom 12. Juni 1944 zur Fahndung ausgeschrieben (oben).?' Im Nachtrag Nummer 4904 vom 14. Juni 1944 wurden die fehlerhaften Angaben korngierl (unten).lx 270 Rucht 8 Reaktionen Für die zurückgebliebenen Häftlinge in Arolsen begannen Tage der Angst vor den Konsequenzen der Flucht, besonders na- türlich für den Kapo des Kommandos W. Apel. "Die wollten mir dann den Schwar- zen Peter zuschieben. Die hatten - die 'BV wieder uber den Wr. - verbreitet. ich hätte auch mit flüchten wollen. und ich sei bloß zu spät jekommen. da war das Auto mit den vier schon weg. [...I Da hatte der Komman- deursstab jetzt eine Sitzung abjehalten, w a nun mit uns geschehen soll. Und da haben die einen Befehl herausjegeben. Ab sofort darf kein Häftling die Unterkunft verlassen ohne SS-Begleitung, ohne Posten. Die ein- zige Ausnahme ist Apel, der kann ohne Po- sten innerhalb des Kaqernenjeländes frei herumlaufen und seine Arbeit verrichten. d.h. die Kontrolle ausüben. Ich war der ein- zige, der das durfte. Das war für mich ein ~ l a m r s i ~ n a l . " ~ ~ Willy ApeI kannte das Vorgehen der SS-Wachmannschaft aus seiner Zeit in Bu- chenwald. er wußte, daß man einen Vor- wand suchte, ihn zu bestrafen. "Ich wollte mich nicht aufhängen lassen. Und der Wr. und die BVer hätten das jeschafft. Ja. Die hätten das jeschafft. Ich war der einzige, der ohne Bewachung irn Jelände rumlau- fen durfte. Der einzige. Da brauchten die nur selbst irgendwie 'nen Flugblatt, was ja die Alliierten runterjeworfen hatten. zu neh- men und in der Kaserne ans Schwarze Brett zu heften und sagen. das ist der. der ohne Posten hier rumlaufen kann, der hat das dran jemacht. Nicht sie, der andere. Und da war ich erledigt. Wie wollte ich nach- weisen, ich bin es nicht jewesen? Konnt' ich nicht n a c h ~ e i s e n . " ~ ~ Als in einem weiteren Schulbefehl vom 29. Juni E944 seine Sonderstellung noch- mals betont wurd&l, besprach W. Apel die Situation mit dem tschechischen Mit- hiiftling und Vorarbeiter Novotny. Beide kamen zu der Uberzeugung, ein Verbleiben des Kapos im Außenkommando Arolsen sei zu gefährlich, seine Lage fast aussichts- los. Vor die Alternative gestelk, entweder wegen eines 'Vergehens' zur Bestrafung nach Buchenwald geschickt oder vor On aus einem fadenscheinigen Gmnd 'auf der Flucht' erschossen zu werden. ergriff W. Apel die Initiative, nutzte seine Beziehun- Mit sofortiger Girkuaä i s t Jeder Führer a d Pertepee- Uate r i l l be r des Stamnpsrsonals b e r e c h x g t und verp f l i ah - tet, Häftlinge, d i e ohne Aufsicht angetroffen werden, anzuha1t;en. Der betr, Häftling i s t s o r o r t dem $.L. zu- zuführen, dan i t festge3tcllt werden kann, zu w e i c h e m Kommando er gebart'. A u s g e ~ o m e n von d i e s e r Regelung ist d e r Cape A p e 1. Abb. 8.08: Irn Cchulbefehl Nummer 27/44 wurde unter Punkt 1 1 neben der vercch8rilen Kon- trolle von Hfifilingen die Sonderbehandlung des Kapos W~lly Apel angeordnet. Die allgemein ub Itche GFiedening dieser Befehle u ~ d ie Randanmerkung "IV" zeigen, daG dies auf Weisung des Vemaltungsführers Wr. erfolgte.3- 8 Flucht 27 1 gen aus der langen Haftzeit und meldete sich beim nächsten regelmäßigen Kanti- neneinkauf in Buchenwald im Krankenre- vier. Er kehrte - in Abschätzung der per- sönlichen Gefahren in Buchenwald und Arolsen - nicht mehr in das Außenkom- mando zurück. Als neuer Kapo wurde B. Reißig nach Arolsen geschickt.33 Dieser Austausch schien ohne Kenntnis der SS- Dienststellen erfolgt zu sein, denn in kei- nem Dokument wurde diese Rückkehr W. Apels nach Buchenwald vermerkt.34 Daß die Flucht nicht nur eine mutige Tat und großartige Leistung gewesen war, hat- te der ältere, erfahrene W. Apel von An- fang an klar gesehen. "Ich hab' jedacht, jetzt haben die wirklich die Disziplin ver- lassen. Die Disziplin, die wir notwendiger- weise brauchten, um den Druck, der auf uns lag in Buchenwald, diese Schikanen und Quälereien, daß das endlich aufhörte. Da mußten alle an einen Strick ziehen, und das nennen wir denn Disziplin halten. Kei- ne Extravaganzen machen. Als die viere ausjerissen waren, da hatten die wirklich die Disziplin nicht einjehalten und die Zu- rückjebliebenen der Jefahr ausjesetzt, jetzt von der SS mißhandelt zu werden."35 Zu- gleich drückte er jedoch auch seinen Re- spekt vor den Geflohenen aus, als er bei seiner Rückkehr nach Buchenwald den für die Luxemburger zuständigen Häftling Le- on Bartimes an der von allen Angehörigen des Lagerschutzes getragenen Armbinde und dem großen L auf der Brust erkannte und vor möglichen Konsequenzen warnte. "Solltest du nach Hause kommen und sollte es sein, daß die Flucht der vier gelingt und du sie einmal wiedersiehst, so sage ihnen einen schönen Gruß von mir. Sage ihnen, daß ich, der ich doch schon so viel in Ge- fängnissen, Zuchthäusern und KZs herum- gekommen bin, es nie für möglich gehalten hätte, eine so bis in alle Einzelheiten toll- kühne Flucht zu planen und durchzuführen. Jedoch auch, daß sie uns Zurückgebliebe- nen einige schwere Stunden bereitet ha- b e n . ' ~ ~ ~ Einerseits bewunderten in Buchenwald die Luxemburger Häftlinge ihre Landsleu- te, waren andererseits bei der Nachricht über die Flucht aber auch besorgt, da sie kollektive Strafmaßnahmen befürchteten. "Wir Luxemburger machten uns Sorgen. Sorgen um die Geflüchteten und Sorgen um eventuelle Strafmaßnahmen an uns Lu- xemburgern. Als für uns nach vierzehn Ta- gen noch alles ruhig blieb, machten wir uns nur noch Sorgen um die Geflüchteten, be- sonders um Pierre Schaul und Nic Wolff, mit welchen wir zusammen im Hauptlager Buchenwald lange Monate verbracht hat- t e ~ ~ . " ~ ~ Im Arolser Außenkommando bewahr- heiteten sich W. Apels Befürchtungen, und in den ersten Wochen nach der Flucht ver- schärften sich vorübergehend die Lebens- bedingungen der Häftlinge. Es kam zu ver- mehrten Arbeitseinsätzen und Schikanen. "Jetzt ist der Teufel los. Was meinste, was die mit uns machen? Im Drecke rumwälzen und schikanieren tun die. Von wejen, uns in die Sonne lejen, das kommt nicht mehr in Frage. Nach Feierabend müssen wir noch schwer schuften, und immer Lauf- schritt."38 Auf der anderen Seite war die Flucht für die Häftlinge ein wichtiges Ereignis, für das viele diese Verschärfungen in Kauf nahmen. Nicht so sehr die Flucht von vier Kameraden, sondern die Art, wie die SS- 272 Flucht 8 Wachmannschaft überlistet worden war, befriedigte. Daß diese Flucht ein wichtiges Ereignis aus der Zeit in Arolsen war, be- legen die vielen Einzelheiten, an die sich ehemalige Häftlinge, die mit dem Vorfall selbst nichts zu tun hatten, noch erinnern können. In allen Schilderungen ihrer Zeit als Häftling in Aroisen wird die Flucht als erstes genannt. Beim Kommandostab der Führerschule des Wirtschafts-Verwaltungsdienstes saß der Stachel so tief, daß noch in einem der letzten Schulbefehle vom 25. Februar 1945 der stellvertretende Kommandeur, Sturm- bannführer Thöle, auf die Flucht anspielte. "Es wäre nicht das erste Mal, dass falsche Dienstgrade mit hohen Auszeichnungen als geschickt auftretende Agenten militäri- sche Wachen im Felde und in der Heimat passieren, ohne angehalten zu werden. Ich verlange, dass ohne Ansehen der Person dem Posten gegenüber, der nur seinen Dienst versieht, ohne jedes Zögern der je- weils verlangte Ausweis gezeigt wird. Die- ser Befehl ist Rot umrandet an allen Be- fehlstafeln der Inspektionen und Kompa- nien und im Wachlokal auszuhängen."39 Mit innerer Befriedigung konnten die Häft- linge, denen die Befehlstafeln bei ihrer Ar- beit auch zugänglich waren, diese Worte lesen. Nachdem am Montag klar war, daß die vier Gefangenen mit dem Auto des Arztes geflohen waren, verbreitete sich in Arolsen trotz Informationssperre die Nachricht von der Köpenickiade sehr schnell, und beson- ders auch unter den jungen Zivilarbeiterin- nen in der SS-Kaserne war sie Gesprächs- stoff. "Wie ich das im Büro hörte, war das ein großer Jux. Also, irgendwie wurden die bewundert, daß sie überhaupt das so weit gebracht hatten. [...I Einer hat sogar eine Postkarte, glaube ich, geschickt von Frank- reich, daß sie da gut angekommen sind."40 Der Koinmandoführer der Wachmann- schaft, F. Demmer, wurde nach Auffinden des verlassenen Autos im Hunsrück von einem SS-Gericht verhört, da man ihn der Unterstützung der Flüchtlinge verdächtig- te. Die zunächst auf 18 Monate festgelegte und dann auf 9 Monate reduzierte Strafe mußte er allerdings nicht antreten, da der "commander from Buchenwald" kurz vor der Flucht in Arolsen die Sicherheitsvor- schriften überprüft und keine Mängel fest- gestellt hatte.41 F. Demmer wurde ledig- lich seiner Funktion enthoben, blieb jedoch bis Kriegsende in Arolsen. Weitere Fluchtversuche Während bei der SS personell somit keine tiefgreifenden Konsequenzen erkenn- bar wurden, zeigten sich Auswirkungen in der Häftlingsbewachung. In einem Befehl vom 29. Juni 1944 wurde die Unkenntnis der Wachvorschriften moniert42, und ei- nige Tage später ordnete der Komman- deur, SS-Obersturmbannführer Bochmann, eine angemessenere Bewaffnung der Be- wachungskommandos an.43 Besonders bei den im Thieletal südlich der Kaserne häu- figen Herbstnebeln befürchtete man in der SS-Führerschule offenbar nicht zu Unrecht weitere Fluchtversuche, denn am 23. Sep- tember 1944 befahl der Schulkommandeur für solche Wetterlagen eine Verstärkung der Postenkette. 8 Flucht 273 W a r f e n - % Arolsen, den 12. J U X ~ ~944 $$-FUhrerschule des ~~sohefts-Verwaltungsdienstes S o h u l b e f e h l 31./44 &J Hdr. ;:ohnunssbeschaLf&n& Ich vercicte letztmalig jeden direkten Verhandlungsneg mit dem Sürgerneister der Stadt Arolsen, Beekmann, bzn. rit dem ieiter des Gemeindezleckverbandes Waldeok, Ober- rogierungsrat Beerrnann. Jeder Lohnungssuchende hat sioh schriltlich an das Schulkow-ando IVa zu enden. Kaoh der Dringlichkeit entscheide ich, wer berechtigt ist, stoh un eine Wohnung zu bewerben. 2,) Kdr. Bewaffnung der Benachungakdos der Hliftlin~ Die Wache ist daftir verantnortlich, dnß die Bewaohungs- korandos, die mit LPftlinger das ikaernentor passieren, der St9rke des Kon~andos entsgrechend beaaP:net sind. Als Bewafrnung für kuBenkom-andos ist nur Gewehr und i.?i. zulässig. Abb. 8.09: Irn Schulbefehl 31144 vom 12. Juli 1944 wird die Bewaffnung der Wachkornmandos ~ e r s c h ä r f t . ~ ~ W a r f e n - $ $ Anisen, des 23.9.2944 #-mhre rschule des Wirtschnfts-Ver~altungsdienstas - Adjutantur - S c h u L 1 . e f e h 1 Nr. j S / W '.) Kdr. Bei den im Herbst auftretenden starken Eebelbdnken ist rc:t evtl. Pluchtversuchen der Htftlinge zu rechnen. Dar FUhrer von! Ortsdienst ist :.ei diescn Witteruxgsverhiiltnlasen dafUr verantuortlich. dalj die Postenkette m i t Arbeitobeginn der Eeftlinge durch. 6ie die I;asernünnache stellende Elllh~it Y.. Pers tärken ; : : , . 2.) Ia Abz2icDe~ für dun FiihrsrDachauchs. Das im Verordnunqsblatt der !7affen-H Nr. W vzrn 25.7.3943, Ziffer 2.68 und Er. 15 vom 1-8-1945, Ziffer 294 befshleno Abzeichen zur Kenntlfchmachung d a P(ihrsrnaohwuohesß dar Kaffen-f5 ist sofort von allen Ehrerbewerbern nach Besth- tigung durch #-EU. ht. SI, die nach Eingang der firrasalmgs- unterlagen erfolgt, onuulegen. Abb. 8.10: Auszug aus dem Schulbefehl 38/44 vom 23. September 1944." 274 Fluchr 8 Es m d e rpied5rboit festgestel15, daB d e r Posten am Siidtzr der Kaserne rtichr; Ubez d i e dtifgalzz und PflLchteri aeines Ta=hVereiches ~ z t t a r z i c h t e t ist. l e i ;edsr FTnoh- belehung in den einzelcen Blnheiten La: besonders darauZ hin2u~e L sen. Abb, 8.11 : Auszug aus dem Schulbefehl29144 vorn 29. Juni 1944.j6 Aber [rot;! verstärkter Bewachung p- lang am 6. Oktobw 1944 unter nicht weiter bekannten Umständen dem Häftling mit der Nummer 1 1043 die Flucht. Dieser 19 10 in Czeska-Hulcza geborene Pole war unter falschem Namen erst am 2. August 1944 zusammen mit Bernhard ReiBig nach Arol- sen gekommen. Ob er als Frisör die Aufga- ben des geflohenen Piem Schau1 in der SS-Frisiersiube übernahm. wurde offiziell nicht bekannt. Aber es zeigten sich doch verblüffende Parallelen zum Verhalten des Quartetts. Nach der zweiten erfolgreichen Wucht kam einen Monat später am 6. No- vernkr 1944 der polnische Häftling Stanis- law K. - Buchenwaldnummer 90387 - als vierter Frisör nach Arolsen. Andere, nur unzureichend vorbereitete Fluchiversuche scheitenen schon nach we- nigen Stunden. Ein im Küchendienst cin- gesetzter Häftling wurde noch am gleichen Tag von dem SS-Koch K. gefunden. und ein Häftling des Kleiderlagers wurde eben- falls sofort - vermutlich mit einer Schußver- letzung - von W. gestellt und zurück in das Lager gebracht. "Der zweite Häftling. der nach Buchenwald geschickt wurde. war ein Frisär aus Warschau, an dessen Na- men ich mich nicht erinnere. Er kam jeden- falls nach dem Warschauer Aufstand ins Lager und unternahm einen Fluchtversuch. Wahrend der Flucht schoß ihn ein SS-Mann in die Hand. Bald darauf wurde er nach Bu- chenwatd geschickt. Vor der Fahrt hielt man ihm die Nacht ü k r in einem Bunker gefangen. Ich habe ihn später in Buchen- wald getroffen."47 Beide Vorfalle wurden nicht nach Buchenwald gemeldet. Auch der Fluchtversuch des Hiiftlings Peter Kowalew scheiterte am 21. Novem- ber 1944. Der am 18. Januar 1926 in Kamen- ko geborene Russe war als Schüler bereits vor seinem t 8. Geburtstag nach Deutsch- land verschleppt worden. hatte in der Nähe von Magdeburg gearbeitet und war am 27. Januar 1944 als politischer Häftling mit der Nummer 3791 8 in das Konzentrationslager Buchenwafd eingeliefert worden. Nach Un- terbringung in den Blöcken 17.43.41 und 30 überstellte man ihn am 5. April 1944 in das AuBenkommando ~ r o l s e n . ~ ~ Zwei Ta- ge konnte sich P. Kowalew in den Wäldern bei Arolsen verstecken, bevor er am 23. November 1944 wieder aufgegriffen und in das Lager zurückgebracht wurde. Zur Abschreckung führte man ihn den anderen Häftlingen vor. "Gesicht und Körper blutig und ~erschunden"?~ Bei SS und Häftlin- gen in Arolsen hielt sich hartnäckig das Genicht, Peter Kowalew sei auf dem Trans- port in da% Szanmlager Buchenwald am 29. November 1944 an den Folgen der Miß- handlung gestorben.50 9 Die letzten Wochen 275 9 Die letzten Wochen 176 Die letzten Wochen 9 2 ) Dir a a h d h e & lrptt ia.f B.Tmhl dmi bprirtaoUfki- v i r r i ~ ~ b i u ; t r a i t u ua tar , IUU ri& b a f o ~ * n i 8 ) 30foblpi 2. ~ i l r n n g * b ß . ~ i r s h u n g 1. ~'0l.olfx.rm.- YAbr- d.r.P*P, (SO* -1. i) hsiM dii f r m 1 l a t a m n m a b.i F. nmF..nim* a ) h d i h r p ~ i r r b b i b l di gnahtoisearr ui dar 5-• und hat mitirhin r8ahliahi ruibildpe* br i 3. larpaktian. 4) BamtIiihm % rras Mloniuntrrf*:hmr der U u r i g r ~ ; ~ lQnaiisaanu hibmm aotort, 1 bmmiti mnn6Uah bafoUon, 4 L i b iaa i r lg in Ldanrtäisohllrtu ordnm~i~asEhs zu "er- a i b a . L ~ b m s P a a m r i s ind coholmahma u n d s latrr i i lbest6ndi Abb. 9.01: Schulbefehl vom 30. Januar 1945,' 9 Die letzten Wochen 277 Die Auflösung der In unmittelbarer Sichtweite der Häftlin- ge fand am zwölften Jahrestag der Macht- ergreifung um 15.30 Uhr im Festsaal der Kaserne im K17 eine Feierstunde statt, zu der alle Parteigenossen, die Gliederungs- angehörigen, der Deutsche Volkssturm und die Mitglieder aller angeschlossenen Ver- bände zur Pflichtteilnahme aufgerufen wa- ren und in der Gauredner E. "den durch nichts zu brechenden Widerstandswillen von Front und Heimat, den heldenhaften Einsatz bis zum Endsieg unserer gerechten sacheM2 beschwor: "Darum wird der Tag der Machtübernahme zum Mittelpunkt der deutschen Geschichte werden, jener 30. Ja- nuar 1933, da der Führer das deutsche Volk in der nationalsozialistischen Idee einte und sein Aufbauwerk begann. Wir wissen heute, daß am 30. Januar 1933 nicht ein Reich für die Dauer eines Menschenlebens gegründet wurde, sondern das Volksreich der Deutschen für alle ~ u k u n f t . " ~ Noch bevor allerdings die "ernste und würdige ~eiers tunde"~ ausklang, war der reguläre Schulbetrieb der SS-Führerschule des Wirt- schafts-Verwaltungsdienstes in Arolsen bereits beendet. Mit einem vom stellvertre- tenden Kommandeur unterzeichneten Son- derbefehl wurden wegen der dramatischen Kriegslage an der Ostfront unter dem Stich- wort "Gneisenau" Teile der Schule "nach Umgliederung auf Befehl des Reichsfüh- rers SS zu einer Kampfgruppe unter Füh- rung des Hauptsturmfuhrers Becker zusam- mengefaßt und zum Einsatz gebracht".5 Diese Kampfgruppe war ab 30. Januar 1945, 12 Uhr, selbständig und erhielt "ihre Be- fehle alsdann bis zur Verladung in E-Marsch durch den Standortältesten A r ~ l s e n " . ~ Wenige Tage später rückte die Kampf- gruppe mit etwa 900 Mann und den schwe- ren Waffen der Führerschule in Richtung Frankfurt an der Oder zur Unterstützung der an allen Stellen zusammenbrechenden Ostfront ab, zu einem Zeitpunkt, als sich die Befürchtungen des Generalstabschefs H. Guderian bereits weitgehend bestätigt hatten. Im Westen war die von Hitler am 16. Dezember 1944 gegen alle militärische Erfahrung - die Krafteverhältnisse von 'An- greifer' und 'Verteidiger' hielten sich etwa die Waage - gestartete Ardennenoffensive nach kurzen Erfolgen mit schweren Verlu- sten und der Vernichtung der eingesetzten deutschen Panzerarmeen gescheitert, und im Osten hatten am 12. Januar 1945 rund drei Millionen Rotarmisten eine Großoffen- sive gegen die stark ausgedünnte deutsche Front mit 750.000 schlecht bewaffneten Soldaten begonnen. Ohne nennenswerten Widerstand waren sie - und dieses Risiko war Hitler bei seiner Entscheidung für die Ardennenoffensive wohl bewußt eingegan- gen - innerhalb von zwei Wochen bis zur Oder vorgestoßen. Hier sollte nun mit Un- terstützung der unkoordiniert operierenden Kampfgruppen ein weiterer Vormarsch ge- stoppt werden. Es bleibt offen, wie weit die Arolser SS-Führer und Lehrgangsteilneh- mer beim Beginn der Ardennenoffensive noch an den 'genialen Feldherm Hitler' der ersten Kriegsjahre geglaubt und auf den Einsatz der in der Propaganda immer wie- der groß angekündigten Wunderwaffe ge- wartet haben. Spätestens jedoch nach dem Scheitern mit allen militärischen und poli- tischen ~ o l ~ e n ' mußte dem Großteil der 278 Die letzten Wochen 9 erfahrenen Offiziere die Aussichtslosigkeit ihrer Aufgabe irn Osten. wahrscheintich auch der gesamten Kriegslage klar sein. Die Veränderung der Stirnmungslage unter den SS-Angehörigen jedenfalls entging den Häftlingen nicht. "Ab Ende 1944 war die Resignation vieler SS-Männer deutlich zu sehen. Viele von ihnen wurden an die Front gholt. Ich erinnere mich. daß sich alle, die Arolsen verließen, in einem Vier- eck auf dem Hof aufstellen mußten. Ein Mann trat mit einer Fahne vor. ES wurden Ehrenbezeugungen erwiesen. Auch der Kommandeur der Schule war anwe~end."~ Abb, 9.02: Die Gesichter der Ausruckenden spiegeln deutiich die Stimmung Anfang Februar 1945 wider.9 Nach dem Ausficken der "Kampfgnip- pe Becker" in Richtung Osten lief der Un- terricht in der Führerschule auf Befehl des SS-Wirtschafts-Venvaltungshauptamtes in eingeschränktem Maß weiter. Allerdings wurde die Abschlußprüfung des 9. Kriegs- Reservejunhr-khtpangs wegen des häufig von Luftalami unterbrochenen Lehrbetriebs um einige Wochen auf Anfang April 1945 verschoben1 I , die Personalabteilungen der Lehrpppen A und B zur Straffung der Ar- beit dem Schulkommando gemeinsam un- terstellt, die in der SS-Kaserne verbleiben- den Inspektionen und Lehrkompanien in die beiden Blijcke F und G verlegt und die Waffenkammern irn Keller von B lock G zu- sarnrnengefaßt. I Während durch den "Einsatz der Masse der Schule an der 0stfrontd3 die Arbeiten der Häftlinge irn SS-Kleiderlager ebenso wie in den Werkstätten oder außerhalb der Kaserne kaum betroffen waren, ergaben sich in den Mannschaftsblöcken und ins- besondere im Wirtschaftsgebäude E merk- bare Veränderungen. So hatte das für die Küchenarbeiten zuständige Kommando nur noch etwa 250 Personen der verbIiebenen zwei Lehrgänge zu versorgen. und auch die Putzarbeiten in den weitgehend leerstehen- den Mannschaftsräumen entfielen zum Großteil. Dennoch wurde das Kommando, das am 3 1. Januar 1945 eine Gesamtstärke von 113 besaß14, nicht verkleinert, son- dem durch Zuweisung weiterer Häftlinge noch aufgestockt. l Nach der einer Auflösung dw SS-Füh- rerschule gleichkommenden Umstnikturie- mng Anfang Februar 1945 sahen die Häft- linge die Chance einer baldigen Befreiung ~ b b , 9.03: Mmarxh der A&er SC in Rich- wachsen, zugleich bemerkten sie aber sehr tung FranMurüOder. I0 genau die in fast allen Bereichen aufkom- 9 Die letzten Wochen 279 mende Nervosität der SS, die Durchhalte- parolen, die Anstrengung zur Mobilisie- rung der letzten Reserven und schließlich die Einschüchterungsversuche des stellver- tretenden Kommandeurs. "lm Zusammen- hang mit der Krisenlage im Osten habe ich auch in der Kaserne unverantwortliche Schwätzer festgestellt. Gedankenlose Wei- tergabe nicht überprüfbarer Gerüchte über die Lage, über Persönlichkeiten des öffent- lichen Lebens und über neue Waffen wer- de ich als Zersetzung der Wehrkraft in al- len Fällen zur kriegsgerichtlichen Aburtei- lung bringen. Bedenke ein Jeder, dass die ernste Lage nicht durch schwatzende Ma- rodeure gemeistert wird, sondern sich nur durch harte Arbeit und Kampf wenden lässt."16 Um den Worten Nachdruck zu verleihen, wurden die Lehrgangsangehön- gen zur Teilnahme an Verfahren gegen ei- nen jungen SS-Mann wegen angeblicher Fahnenflucht und eine Zivilangestellte we- gen "Kameradendiebstahls" verpflichtet. Alle übenden Teile der Schule erhielten scharfe Munition, und sämtliche Zivilisten in der Kaserne, einschließlich der weibli- chen Gefolgschaftsmitglieder wurden zu einer freiwilligen Schießausbildung aufge- rufen. Für die KL-Häftlinge bedeutete dies Ta- ge aufreibender Unsicherheit, Schwanken zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Sie waren sich sicher, daß der Krieg zu Ende ging und Hitlers Niederlage unmittelbar be- vorstand, aber sie wußten nicht, wer von ihnen den nächsten Tag überstehen würde, wer am Leben bleiben würde. Wer konnte vorhersagen, wie sich die Alliierten ihnen gegenüber verhalten würden? Waren sie über die Existenz der Konzentrationslager genügend informiert, kannten sie die wah- ren Gründe ihrer Inhaftierung, wußten sie Bescheid über die Verbrechen, die an den Häftlingen in den Lagern geschahen? Die deutschen Häftlinge waren darüber hinaus besorgt, daß auch sie von den Alliierten als 'Feinde' betrachtet würden. Immer wichtiger wurde für sie die Frage, wie lange die Front am Rhein gehalten wür- de, wieviel Zeit der SS m r Liquidierung der Zeugen ihrer Verbrechen in den Konzen- trationslagern bleiben würde. Daß ein Arol- ser - der Postsekretär August Kraft - zur schnelleren Beendigung des Krieges und zur Befreiung von der nationalsozialisti- schen Diktatur beitrug und dies mit seinem Leben bezahlte, ist bis heute weitgehend unbeachtet geblieben und hat in Arolsen kaum angemessene Würdigung gefunden. Das Näherrücken der Front Am 7. März 1945 'mißlang' die Spren- gung der Rheinbrücke bei Remagen, und der 9. amerikanischen Panzer-Division un- ter Führung von Generalleutnant Leonard fiel die Ludendorff-Brücke beschädigt in die Hände. Beiden Seiten war die Bedeu- tung der Bildung dieses ost-rheinischen Brückenkopfes sofort klar. Nach erfolglo- sen deutschen Luftangriffen auf die Brücke wurden Luftwaffe und Marine aufgefordert, zu prüfen, "was sie noch erreichen können, da die Bildung dieses Brückenkopfes un- absehbare Folgen haben kann".17 Obwohl die Ursache für das 'Scheitern' der Brücken- Sprengung im einzelnen nicht geklärt wur- de, gab das Oberkommando der Wehr- 280 Die letzten Wochen 9 macht die Verurteilung der für die Spren- gung Verantwortlichen bekannt. "Durch Standgericht wurden der Major Strobel von einem Pionierregimentsstab, der Ma- jor Scheller, Adjutant eines Armeekorps, der Major Kraft von einem Landespionier- bataillon, der Oberleutnant Peters, Führer der zum Schutz der Rheinbrücke Remagen eingesetzten Flakkräfte, und in Abwesen- heit der Hauptmann Brathke, Kampfkom- mandant von Remagen, teils wegen Feig- heit, teils wegen schwerer Dienstpflicht- verletzung im Felde zum Tode verurteilt, weil sie es fahrlässig unterlassen haben, die Rheinbrücke bei Remagen rechtzeitig zu sprengen oder entschlossen zu verteidi- gen. Die Urteile an Strobel, Scheller, Kraft und Peters wurden sofort ~olls treckt ." '~ Während Angehörige und Freunde der in Arolsen ansässigen Familie Kraft die Mel- dung erst am 20. März 1945 in der Wal- deckischen Landeszeitung lesen konnten, waren die Häftlinge bereits vorher durch ihren 'Radiomann', der natürlich heimlich die 'Feindsender' abhörte, über die Entwick- lung am Rhein unterrichtet. Bis zum Einsturz der stark beschädig- ten Brücke am 17. März 1945 konnten die Alliierten Truppen übersetzen und den ost- rheinischen Brückenkopf trotz harter deut- scher Gegenwehr auf eine Breite von 50 km ausdehnen. Die Zuführung deutscher Re- serven - soweit noch vorhanden - verzö- gerte die im Raum Remagen operierende 12. Armeegruppe durch den massiven Ein- satz ihrer überlegenen Luftwaffe, der allein für die taktische Unterstützung der Boden- truppen das IX. und das XIX. Tactical Air Command zur Verfügung standen. Das Stadtgebiet von Arolsen und die den Alliierten durch ihre Luftaufklärung bekannten Kasernenanlagen und MG-Stel- lungen allerdings - und das kommt fast ei- nem 'Wunder' gleich - blieben auch in der Endphase des 2. Weltkriegs von Luftan- griffen verschont. Lediglich ein Haus an der Waldstraße am Bahnhof wurde durch eine Bombe eher zufällig getroffen, und vereinzelt kam es zu 'Notabwürfen' z.B. am Königsberg. Hart traf es demgegenüber das militä- risch völlig unbedeutende, etwa 3 km öst- lich von Arolsen an der Bahnlinie nach Kassel gelegene Dorf Külte, das innerhalb weniger Tage vier Bombardierungen erleb- te, für die verschiedene, nicht mit Sicher- heit beweisbare Motive der Alliierten ge- nannt wurden. Für eine Verwechslung mit der ähnlich an einer Bahnlinie gelegenen Munitionsfabrik Muna zwischen Landau und Wolfhagen spricht die Meldung von Radio London, westlich von Kassel sei ein Munitionslager erfolgreich bombardiert worden. Im März 1945 lagen den Westal- liierten jedoch bereits so genaue Luftauf- nahmen vor, daß ein wiederholter Angriff auf ein falsches, ungetarntes Ziel eher un- wahrscheinlich erscheint. Möglicherweise galten die Angriffe aber auch der nur eini- ge hundert Meter entfernten Maschinen- fabrik in Wetterburg, in der die Produktion kriegswichtiger Geräte - man munkelte so- gar von Ein-Mann-U-Booten - vermutet wurde. Hier arbeiteten in "Pohlmanns Ham- mer" untergebrachte ausländische Arbeiter, und in den letzten Kriegstagen hatte man begonnen, einen Stollen von der Nordseite durch den Berg zum Twistetal zu treiben. Als drittes Motiv sahen einige Häftlinge aus Buchenwald einen Zusammenhang mit einem Vorfall bei der Notlandung eines al- liierten Flugzeugs am 7. März 1945 in der 9 Die letzten Wochen 28 1 Nähe des Külter Bahnhofs. "Ein an beiden Unterschenkeln verletzter Flieger wurde von einem seiner Kameraden in die Mühle von Külte zur Ablieferung an das Rote Kreuz getragen. Der Mühlenbesitzer und einige Volkssturmleute hinderten den unverletz- ten Flieger an der Rückkehr zum Flugzeug, so daß dieses, um der Vernichtung zu ent- gehen, ohne die beiden wieder aufsteigen mußte."19 Der verletzte Insasse soll in der Kaserne zunächst vom SS-Hauptsturmfüh- rer Dr. B. medizinisch versorgt, dann dem Roten Kreuz übergeben und in das Kran- kenhaus verlegt worden sein. Der unver- letzte Flieger wurde nach Informationen der Häftlinge unter nicht geklärten Umständen erschossen. "Er ist durch den Häftlings- pfleger in den Abendstunden des 8. März in der dortigen Autogarage ausgekleidet worden. Die Todesursache: Herzschuß - Einschuß hinten mit großen verbrannten Wundrändern, kleiner Ausschuß vorn."20 Vor seinem Tod soll der Pilot jedoch noch eine Nachricht von der Landestelle an sei- nen Stützpunkt übermittelt haben.21 "Der getötete Pilot ist auf dem Friedhof begra- ben worden. Den Sarg fertigte ein Häftling aus der Tischlerei unseres Lagers an - ein Pole aus der Wajewodschaft Krakau, Kreis Bochnia. Ein kleiner Mann. Von ihm erfuh- ren wir eben, daß ein Sarg für den Ameri- kaner angefertigt worden war. Bald darauf fanden innerhalb von zwei Wochen Luft- angriffe auf das Dorf statt."22 Den ersten Bomben auf Külte am spä- ten Vormittag des 15. März 1945 folgte be- reits gegen 14 Uhr eine zweite Angriffswel- le. Ein französischer Gefangener, der zum Kohlenverladen auf dem Bahnhof einge- setzt war und sich in einen Schuppen ge- flüchtet hatte, konnte nur noch tot gebor- gen werden, Guths Mühle, Teile der Gre- beschen Fabrik und die Schienen im Bahn- hofsbereich waren schwer beschädigt. Viel Zeit zur Reparatur der Gleise blieb nicht, denn bereits am folgenden Freitag trafen die nächsten Bomben den Bahnhof, auf dem sich ungewohnt viele Menschen auf- hielten. Der Frühzug aus Kassel war über die planmäßige Endstation Volkrnarsen hin- aus bis zu den Bombentrichtern gefahren, die Passagiere waren ausgestiegen und lie- fen entlang des zerstörten Bahngeländes zu einem bereitstehenden Zug, der in Rich- tung Arolsen weiterfahren sollte. Während ein Häftlingskommando aus Arolsen mit Ausbesserungsarbeiten an den beschädig- ten Gleisen beschäftigt war, luden andere Häftlinge aus einem der Waggons privaten Hausrat. "Die Eigentümerin war evakuiert worden und erhielt eine Wohnung in Arol- sen, einem Städtchen mit klimatisch guten Bedingungen - Berglandschaft und Wälder rundherum. Die Offiziersfrau wandte sich an unseren Kommandoführer, die Gefan- genen sollten doch schnellstens die Möbel ausladen. Der Kommandoführer antworte- te, die Häftlinge würden ihre Sachen noch ausladen, jedoch müßten sie sich erst um das Lagereigentum kümmern. Während der Arbeit tauchte ein Erkundungsflugzeug auf, und unser Kommandoführer sagte: 'Es ist hier nicht sicher.' Wir entfernten uns et- wa 300 m von den Waggons. Bald darauf hörten wir die Motorengeräusche der Flug- zeuge, der Kommandoführer sagte: 'Es ist gefährlich.' So entfernten wir uns weitere 500 m. Die Bombardierung dauerte unge- fähr 15 Minuten. Der Bahnhof ist zerstört worden, der Inhalt der Waggons ist explo- diert. Von den Möbeln der Offiziersfrau ist nichts übriggeblieben. 'Die Möbel kann ?X3 Die letzten Wochen 9 Abb. 9.04: Luttaufkläningsaufnahme der Alliietten vom Bahnhofsbereich ~ ü l t e . ~ . ' 9 Die letzte :n Wochen 283 man wohl vergessen. Hab' ich nicht gesagt, daß es gefährlich wäre,' sagte unser Kom- mandoführer nach Beendigung des An- griffs."24 Reisende und Häftlinge, die sich längs des Bahndamms in Richtung der Bahnsta- tion "Fischhaus" im Gebüsch versteckt hat- ten, waren unverletzt geblieben, die Gebäu- de um den Bahnhof allerdings waren nun endgültig zerstört. Nach einem ruhigen Sonntag, an dem die Konfirmation aus Si- cherheitsgründen auf 7 Uhr in der Frühe verlegt worden war, erfolgte am Montag, den 19. März 1945, mit etwa 25 Flugzeugen der schwerste Schlag gegen den kleinen Ort. Nach der letzten Bombardierung am 21. März 1945 waren außer dem Umfeld des Bahnhofs in Külte drei Häuser weitgehend zerstört, etwa dreißig stark beschädigt, und von der Dorfkirche standen nur noch der Turm und die Außenmauern. Weitere To- desopfer hatte es nicht gegeben. Die eingleisige Strecke bei Külte konnte ebenso wie das beschädigte Volkmarser Gleisdreieck mit den vorhandenen geringen Mitteln innerhalb weniger Tage von den Häftlingen wieder befahrbar gemacht wer- den. Da aber wegen der Gefkhrdung der Haupteisenbahnlinien der deutsche Nach- schub verstärkt über die Nebenstrecken er- folgte, waren die Westalliierten an einer wirksameren Unterbrechung dieser wichti- gen Bahnverbindungen interessiert. Für die Bahnführung von Warburg über Arolsen nach Korbach war ein solches Ziel durch die Zerstörung der Eisenbahnbrücke bei Mengeringhausen zu erreichen. Gegen 13.30 Uhr am 21. März 1945 - die Bauern nutzten den sonnigen Frühlingsan- fang zu ersten Feldarbeiten, die Verwunde- ten der Reservelazarette hatten Ausgang und die Schüler verkürzten Unterricht - wur- de für Mengeringhausen wie so oft in den letzten Wochen Fliegeralarm gegeben. "Wir waren damals in der Schule, und da gab's auf einmal Fliegeralarm. Wie das dann im- mer so üblich war, mußten wir nach Hause. Ich war wieder auf dem Weg nach Hause, da fiel auf einmal die erste Bombe, und die Mengeringhäuser Brücke, das Viadukt, wurde bombardiert. Als die erste Bombe fiel, war ich kurz vor der Stadthalle. Da kam gerade so ein französischer Gefangener, der bei den Bauern als Aushilfe war. Der schnappte mich, und wir legten uns direkt neben das Haus, also direkt an die Mauer, daß da irgendwie nichts passieren konnte, weil ja ... Splitter und alles flogen da in der Weltgeschichte rum."25 Die Mehrzahl der Bomben fiel auf frei- es Feld, doch der nördliche Bogen des Via- dukts wurde bei einem der letzten Anflüge getroffen, die Bahnlinie Korbach-Vollunar- Sen war bis Kriegsende unterbrochen. Ei- nige Bomben trafen die Innenstadt von Mengeringhausen und zerstörten die Häu- ser Kleine Brunnenstraße 5 und 6. "Also das gab ein fürchterliches Getöse. Einmach- gläser und alles fiel da aus den Regalen raus, und Rauch drang auch in die Keller- räume ein, und da wären wir beinahe ins Feuer reingelaufen. Na ja, wo wir denn nichts mehr hörten, da kamen wir denn raus und besahen uns, was denn da passiert war. Da sahen wir denn, daß zwei Häuser eingeäschert waren. Der alte Mann saß nur auf so 'her Treppe und weinte. Der hatte Ziegen, und da hing eine Ziege - seht ich noch - wie die an den Sparren oben hing."26 Während dieses Luftangriffs am Früh- lingsanfang 1945 befanden sich die Arol- ser Häftlinge beim üblichen Arbeitseinsatz, 784 Die letzten Wochen 9 Abb. 9.05 Luftaufnahme der Alliierten nach dem ~ n ~ n t d auf das ~ e n ~ e n n ~ h a u s e r ~ i a d u k t . ~ ' 9 Die letzten Wochen 185 und da die Bomber aus Richtung Arolsen ühes das Mengeringhäuser Feld das Via- dukt anflogen, erlebten sie den Angriff schutzlos mit. Während des Anyriffs be- fanden wir uns auf einer Wiese. die Wach- männer dagegen in Gr2iben. Hinter der Kü- che auf der Wiese befand sich auch der euerl löschte ich."^ Andere Häftlinge be- obachteten die Zerstömng der Brücke vom Hebberg aus. "Schon ziemlich am Ende meines Aufenthaltes in Arolsen gehörte ich zu einer Häftlingsgruppe. die an einem etwa 1 km von Amisen entfernten Ort at- beitete, der "Lindenhöhe"hieß. Neben der Fahrbahn und unter der Fahrbahn ibefan- den sich TunneFgänge. Zunächst niußte ein Häftling die Leiter hinunter in einen klei- nen Brunnen steigen und mit einer Laterne den dortigen Ziisrand überprüfen. Der Tun- nel was mannshoch, seine Breite betrug et- wa 2 rn. Er fuhrte in verschiedene Richtun- gen und war von der Straßenseite her niit Sand zugeschiittet. An dieser Stelle machte die Stral3e einen Knick. Der Eingang in den Tunnel befand sich auf der anderen Seite der Fahrbahn, und wir begannen dort. den Sand wegzuschaufeln. Nach einiger Zeit sagte unser Wachmann. wir krinnten uns ausruhen. da es für eine soIche Arbeit zu spät sei. Als wir in der Nähe des Tunnels eine Pause machten. begann die Bombar- dierung des Eahngel3ndes. Ich beobachtete die Explosionen der ~ o r n b e n . " ~ ~ Die Luftangriffe auf die beiden Dörfer und die sich häufenden Fliegeralarme ver- stärkten bei den Häftlingen die Hoffnung auf baldige Befreiung. Bei den Venvunde- ren in den Arolser Lazaretten machte sich neben Resignation aber auch Unverständ- nis über das Vorgehen der Alliierten breit. "Es hat uns damaIs sehr erschüttert. Wir sind also der Meinung gewesen. daß man Abb. 9.06: Im nur wenige Meter von der Haftlingsunterkunft entfernten Reservelazarett "Pauli- nen-Hospital" - dem jetzigen Stadtkrankenhaus - wurden in Einzelfällen auch Haftlrnge behandelt, und mitunter mußten Lagennsassen vemundete Soldaten auf Pritschenwagen zur Behandlung in dieses Lazarett transportieren.-"' 286 Die letzte :n Wochen 9 jetzt nichts mehr kaputtschmeißen sollte, denn das Ende war also abzusehen, in re- lativ kurzer Zeit mußte Schluß sein, und warum jetzt noch so viel Werte zerstören? Das war das, was die Bevölkerung auch nicht verstanden hat, und das war auch das, was wir Soldaten nicht verstanden haben. Der Amerikaner hätte es nicht nötig gehabt, Bauern auf dem Feld zu beschießen und solche Brücken zu zerstören - meine ~ e i n u n g . " ~ Insgesamt fühlte sich die Arolser Be- völkerung in der "Lazarettstadt" unter dem Schutz des Roten Kreuzes relativ sicher. Vergeltung der Alliierten für den von den Deutschen begonnenen Krieg, für die Mil- lionen Toten, für die verwüsteten Städte, für den Völkermord fürchtete man kaum, die Gefahr der Zerstörung durch die eige- nen sich zurückziehenden Truppen sah man nicht. Dabei war nur wenige Tage vor dem Luftangriff auf das Mengeringhäuser Via- dukt am 19. März 1945 der Führerbefehl "Verbrannte Erde" den militärischen und zivilen Stellen übermittelt worden, in dem Hitler befahl, "alle militärischen Verkehrs-, Nachrichten-, Industrie- und Versorgungs- anlagen sowie Sachwerte innerhalb des Reichsgebietes, die sich der Feind für die Fortsetzung seines Kampfes irgendwie so- fort oder in absehbarer Zeit nutzbar ma- chen" könnte, zu zerstören.32 Dieser erst am 30. März 1945 durch Ausführungsbe- stimmungen eingeschränkte Befehl hatte seinen Sinn nicht mehr im Versuch einer Verlängerung des Kampfes, der - durch welche unvorhersehbare Wendung auch immer - doch noch zum Sieg führen sollte. Dieser Befehl diente allein dem Ziel, weite Teile Deutschlands in eine unbewohnbare Wüste zu verwandeln. Daß Hitler den endgültigen Untergang des deutschen Volkes in Kauf nahm, wenn nicht sogar beabsichtigte33, erkannte der Reichsminister für Rüstung und Kriegspro- duktion aus der Reaktion Hitlers auf seine Einwände gegen diesen "Nero-Befehl". In einem Schreiben vom 29. März 1945 an Hit- ler zitierte Albert Speer die Anmerkungen Hitlers zu seinen vorgetragenen Bedenken. "Wenn der Kneg verlorengeht, wird auch das Volk verloren sein. Dieses Schicksal ist unabwendbar. Es sei nicht notwendig, auf die Grundlagen, die das Volk zu seinem primitivsten Weiterleben braucht, Rück- sicht zu nehmen. Im Gegenteil sei es bes- ser, selbst diese Dinge zu zerstören, denn das Volk hätte sich als das schwächere er- wiesen, und dem stärkeren Ostvolk gehöre dann ausschließlich die Zukunft. Was nach dem Kampf übrigbleibe, seien ohnehin nur die Minderwertigen, denn die Guten seien gefallen!"34 Seine Ablehnung des Hitlerbe- fehls ergänzte Speer mit dem Hinweis, er könne nicht mehr an den Erfolg glauben, "wenn wir in diesen entscheidenden Mona- ten gleichzeitig und planmäßig die Grund- lage unseres Volkslebens zerstören. Das ist ein so großes Unrecht unserem Volk gegenüber, daß das Schicksal es mit uns dann nicht mehr gut meinen kann."35 Be- reits am 27. November 1941 hatte Hitler klar formuliert, daß ihm im Falle einer Nieder- lage das Schicksal des deutschen Volkes völlig egal sei. "Wenn das deutsche Volk einmal nicht mehr stark und opferbereit ge- nug ist, sein Blut für seine Existenz einzu- setzen, so soll es vergehen und von einer anderen stärkeren Macht vernichtet wer- den. Ich werde dem deutschen Volk keine Träne n a ~ h w e i n e n . " ~ ~ War im Herbst 1944 noch ein langdauernder Endkampf denk- 9 Die letzten Wochen 287 Abb. 9.07: Oie Luftaufklarungsaufnahme vom 18. Marz 1945 belegt. dai3 den Westalliierten die im Stadtgebiet verteilten Reserve-Lazarette bekannt waren. Neben dem "HJ-Heim" erkennt man die "Horst-Wessei-Kampfbahn", auf der auch eine Häftlings-FußbalCmannschaft gegen ein Team der holl~ndicchen Frontarbeiter antreten I88 Die letzten Wochen 9 bar, so deutete sich mit der Ardennenof- fensive ein schnelles Kriegsende an. Da die Westalliierten in Hitlers Meinung auf das vermeintliche politische Signal der Westof- fensive nicht reagierten, war in seiner Yor- stellung das deutsche Volk. das lieber ein Ende ähnlich dem vom November 19 18 er- sehnte, für sein Verhalten zu bestrafen, sein Untergang die logische Konsequenz. Für Arolsen hätte die Ausführung des "Nero-Befehls" die Zerstörung des gesam- ten Stadtteils westlich der Helenenstraße mit der Rahnanlape, dem Krankenhaus und den Fabriken. die Verwüstung des gesam- ten Gebiets südlich der Großen Allee mit Kaserne, Sportplatz, Neuem Schloß und Gasanstalt sowie aller Handwerksktriebe und öffentlicher Gebaude bedeutet. Abb. 9.08: Das nach Kriegsende am 27. August 1945 von den Alliierten aufgenommene Luftbild zeigt das unzerstorte ~ r o l s e n . ~ ' B Die letzten Wochen 289 Ende März 1945 rnußte den Verantwort- lichen in der Arolser Kaserne der Befeh! "Verbrannte Erde" bekannt sein, und eben- so mußte ihnen bewußt sein, daß der Ein- marsch der alliierten Truppen in h l s e n nicht mehr zu verhindern und selbst unter gräßten Opfern höchstens e in ig Tage hin- auszuschieben war. Dennoch wurde auch der Einsatz der "Restschule" vorbereitet. Mit dem letzten Schulbefehl Nr. 6145 vom 26. März 1945 gab der stellvemetende SS- Kommandeur bekannt, daU der bisherige "Flieger-Großalam" ab sofort als "Feind- aIarrn"zuur "Warnung vor Luftlandetruppen und Fallschirmspringern sowie als Panzer- wamungViene und "nur i~ Ernstfalle aus- gelöst" werde.34 Zu diesem Zeitpunkt be- fanden sich in der Arolser SS-Kaserne nwh etwa 200 SS-Angehörige, viele kriegsver- sehn oder verwundet, und einige Zivilar- beiter. Zur Schule hinzukamen aus den h l s e r L a m t t e n "Leichtkranke". und aus einem Fronturlauberzug wurden im Raum Bebra zusätzlich etwa 800 Mann aus ver- schiedenen Wehrmachisteilen nach Ami- sen gebracht. Die geplante Zuführung der Panzer-Brigade 'Westfalen" unterblieb. Kurzzeitig füllten sich die bsernenpe- bäude wieder. und das für Küchenarbeiten eingesetzte Häftlinpkornmando hatte "3 Tagessätze kalte Kost für die jeweilige Stär- ke der Schule (von 10 Tagen zu 10 Tagen zu ergänzen)" auszulagern.4" "Es kamen im- mer mehr Soldaten von der Front. Wir be- reiteten Essen für sie, das sie dann mirnah- rnen. Die von der Front eintreffenden Sol- daten waren unrasiert, müde und resigniert. Wir fühlten, daß sich die Front näherte. In der Küche wurden zusätzliche Rationen vorbereitet: Brot. Butter. ~ u r s t . " ~ ' In der Karwoche 1945 schließlich ende- te fur die KL-Häftlinge in Arolsen der Ar- beitseinsatz, das Südtor blieb geschlossen, und lediglich das Küchenkornmando ging noch die wenigen Schritte vom Lagrein- gang vorbei an der Frisörstube zum Kü- chendienst irn Block E. "Da durfte keiner mehr das Lager verlassen, und kam auch keiner mehr raus zur Arbeit. Wir waren dort im ~ a ~ e r . " ~ ~ Zaa B f & n a l mFeindalazmn dien5 al8 W a r n w vor Luftlande- ~ruppen und PallsckFmSsgrir+ernF ~ o w i e a l s Panzemmxnir - Zs w 5 r d ausge lös t GEcn Ziu6achutz-GrriaaaIam und b ~ s t c F? aue einem 5 mi:;utesisngsr, muatertrochenen %ulton wie ': r i *Pl f eger-Groeenlaxr." . 3el AuefalL der Alarmanl-e erf C? ' !: h u o l ö s q Bes Foinda l s rzes durch Kirnhenglocken. Diesa werde3 5 mh!!ten- S t u r m gei'-:i*tet. 3aa 3Qwl 11Feiz ,2a l%~r n i ~ d nur $n Ernstfalle euwel'::?. P ~ e t e ~ s _ t l l ~ ~ . ~ - ~ p . f : ~ ~ r - ~ ~ ~ Schnle, Ab sofor t e n t f a l l t 2ia Fsstengestellung P i k irae S U d t r i r , Das Südtor S l e i b 5 &eocblossen, Der Bchl.üssel w i r d b e i d:r Wanhe des F I K f t;icqslr~mmandos ffir hesondcre Fg'le hinter - legt una i s t 9 n ~kchbucki mit zu ü t e r ~ e k s n . 31e W.c!ch;rorsct?r%f 7 en sine dahirgchenii abzuendera. Abb. 9.09: In einem der letzten Schulbefehle wurde die Bewachung des Südtors direkt neben der HäftFingsunterkunfi aufWhoben.J3 290 Die letzten Wochen 9 Am Montag, den 26. März I945 rück- ten zwei "Karnpfgnippen" - eine übergeord- nete Koordination der Verteidigungsope- rationen war nicht vorgesehen. und selbst die Ausgabe von Erkennungsmarken un- terblieb - in Richtung Marbug ab. "Wir sollten dann mit einer Kampfgruppe einen Verteidigungsriegel um Marburg aufbauen. Und an dem Morgen. wie's dann losging. hab' ich mir 'nen Fahrrad geschnappt, weil ich ja z.b.V. war, war ich schon was Besse- res, konnte ja auch Fahrrad fahren. und die anderen, die waren auf den Leitenvagen verladen."43 Da in der Kaserne zwar auf- grund eines Sonderbefehls eine Liste aller im bftfahrzeugdienst ausgebildeten Lehr- gangsteilnehmer vorlag, aber lediglich ein PKW. zwei Holz-LKW und zwei Motorrä- der vorhanden waren, wurden aus den be- nachbarten Ortschaften Bauern mit land- wirtschaftlichen Fahrzeugen nach Arolsen beordert. um die nur leichtbewaffneten SS- und Wehrmachisangehörigen in kleinen Trupps nach Marburg zu schaffen. "Wir waren dreißis Mann, hatten 'nen paar Pan- zerfäuste. mit denen keiner umgehen knnn- te, außer mir, und Gewehre, und pro Mann - ich weiß nicht - waren's zehn oder fünf- zehn Schuß Munition. Maschinengewehre hatten wir keine, Maschinenpistolen hatten wir keine. Der Fliegeroberleurnant, der hat nur seinen privaten Revolver gehabt. Also die Bewaffnung höchst miserabel. Motori- sierung: eben dieser Leiterwagen. [...I Bei Abb. 9.10: Mit Pferdewagen rückten die letzten CS-Einheiten aus der Arolcer Kaserne ab." 9 Die letzten Wochen 29 1 unseren 30 Mann war einer, der hatte noch den Arm im 'Stuka'. Kennen Sie vielleicht, dieses Drahtgeflecht. Der war auch sozu- sagen mit im letzten Aufgebot. Dann einer, der hat eine Gesichtsverletzung gehabt, da hingen die Drahte noch am ~ i e f e r . " ~ ~ Zum Aufbau eines deutschen Abwehr- riegels kam es jedoch nicht mehr, da nach dem endgültigen Durchbruch der Ameri- kaner aus dem Brückenkopf Remagen am 27. März 1945 die US-Panzerspitzen fast ungehindert in östlicher Richtung vorrück- ten, noch am gleichen Tag den Raum Lim- burg erreichten und bereits am 28. März Marburg besetzten. Hier drehten zur Ver- wunderung der Deutschen, die eher einen massiven geradlinigen Vorstoß der 1. US- Armee in Richtung Berlin erwartet hatten, Teile des VII. US-Korps mit der 3. US-Pan- zerdivision und einer Infanteriedivision nach Norden ab, überrollten die sich noch im Aufbau befindliche deutsche Auffang- linie Lahn-Ohm nördlich von Marburg im Raum Biedenkopf und stießen innerhalb weniger Stunden bis nach Mengeringhau- Sen vor. Blinder Gehorsam oder Vernunft entschieden in den folgenden Stunden über das Schicksal der Menschen in den Städ- ten und Dörfern ~ordwaldecks.~ ' Inzwischen war bei den Häftlingen in Arolsen die Vermutung vom schnellen Vor- nicken der alliierten Truppen und somit vom nahenden Knegsende zur Gewißheit geworden. "Wir erfuhren, daß die Front immer näherrückte, denn abends trafen deutsche Soldaten im Lager ein. Das Es- sen, das nach dem Abendbrot übriggeblie- ben war, wurde an sie verteilt. Ich kam erst spät aus der Küche zurück, ungefähr um 23 Uhr. Ich nahm Brot mit und berichtete den anderen über die ~ e s c h e h n i s s e . " ~ ~ Die Räumung des Außenkommandos Arolsen Einerseits verstärkten die Schilderungen über die chaotischen Zustände innerhalb der deutschen Truppen, von denen auch andere im Wirtschaftsgebäude eingesetzte Häftlinge gehört hatten, die Hoffnung, die Alliierten würden noch vor einer Evakuie- rung das Lager befreien. "Wir dachten, daß wir vielleicht doch bleiben und beim Ein- marsch der Alliierten da sein werden."49 Die Möglichkeit einer Befreiung schon in Arolsen gründete sich sowohl auf die Er- wartung, die schnell in Richtung Osten vor- stoßenden amerikanischen Truppen wür- den südlich von Kassel den Rückweg nach Buchenwald abschneiden, als auch auf Außerungen der Bewachung. "Als sich die Armeen der Alliierten näherten, vermute- ten wir, daß wir evakuiert werden könnten. Unser Kommandoführer erklärte aber, er sei bereit, sich mit uns allen zu ergeben."50 Ob diese Absicht ernst gemeint war oder nur zur persönlichen Entlastung im Falle der zu erwartenden Gefangennahme geäu- ßert wurde, bleibt offen. Mit jeder Stunde wuchs andererseits zu- gleich auch die Befürchtung, die SS würde direkt vor Ort noch vor dem Einmarsch der Alliierten alle Zeugen ihrer Verbrechen be- seitigen. "Wir glaubten nicht, wieder in das KL Buchenwald eingewiesen zu werden. Zwei Tage vor der Ankunft im Hauptlager versuchten Bogdan und Jurek mich daher zu einer Flucht zu ~berreden."~ 292 Die letzten Wochen 9 Aber auch der Gedanke an einen Rück- transport in das Stammlager bereitete den Häftlingen große Angst. "Große Angst? Wir hatten keine große Angst, wir hatten sehr große Angst. Hatten wir! Denn da wir von Buchenwald nach Arolsen gekommen sind, wußten wir ja, was wieder auf uns zu- k o m m t . ' ~ ~ ~ Wer schließlich den Befehl zur Evaku- ierung des Lagers in Arolsen gegeben hat, kann nicht mit Sicherheit festgestellt wer- den, doch sprechen alle Berichte dafür, daß der Rücktransport nicht eine eigenständige Entscheidung der Wachmannschaft war. "Kar1 Wilke war schon vorher unterrichtet, daß wir zurückkommen zum Stammlager. [...J Da muß er von irgendwoher informiert worden sein."53 Ebenso läßt ein Vergleich mit der Evakuierung anderer Außenkom- mandos von Buchenwald die Vermutung zu, daß die Transporte "auf Anweisung Himmlers bzw. von Höheren SS- und Poli- zeiführem befohlen''54 wurden und die Häftlinge - soweit es die militärische Lage zuließ - "bei Feindeinwirkung zum Stamm- lager zurückzuführen waren".55 In den letzten Märztagen begann für die Gefangenen der westlichen Außenlager Bu- chenwalds das, was Hitler in seinem Füh- rerbefehl vom 18. März 1945 für die gesam- te deutsche Bevölkerung vorgesehen hatte: die vollständige Räumung des westlichen Invasionsgebiets - ohne Rücksicht auf vor- handene Nahrungs- und Transportmittel. Die verschiedenen Arolser Häftlingsgrup- pen erfuhren vermutlich erst in der Nacht zum 29. März 1945 vom unmittelbar bevor- stehenden Rücktransport nach Buchen- wald. "Um 2 - 3 Uhr nachts kam der Kom- mandofiihrer zu uns und sagte: 'Es können jeden Moment die Alliierten hier auftau- chen. Ich habe den Befehl erhalten, alle Ge- fangenen in das Buchenwalder Lager zu bringen."'56 Und auch die Osteuropäer wurden über den Abtransport unterrichtet. "Ein SS-Mann, der gut russisch sprach, informierte uns über eine bevorstehende Evakuierung. Wir bereiteten uns auf die Fahrt nach Buchenwald vor."57 In dieser Nacht zum Gründonnerstag be- fanden sich in der verdunkelten Kaserne nur noch die Häftlinge, die SS-Wachmann- schaft, wenige Männer der Schule und eine kleine Zahl Zivilpersonen. Man dachte in erster Linie an seine eigene Zukunft, und so versuchte der Chef der Wachmannschaft das Wohlwollen der Häftlinge zu gewin- nen. "Gegen 3 Uhr nachts kam der Kom- mandoführer zu uns und sagte: 'Die Front ist nah, es ist aus mit den Deutschen. Ich war immer gut zu euch. Helft mir, wenn wir in Gefangenschaft geraten.' "58 Aus den noch in großen Mengen in den Kellem des Wirtschaftsgebäudes und den Hallen am Hasenzaun lagernden Vorräten deckten sich SS und Häftlinge mit Brot und ~ a r ~ a r i n e ~ ~ ein, und für einige deutsche Häftlinge wurden Militärmäntel des Klei- derlagers ausgeteik60 "Ich bat einen SS- Mann um Erlaubnis, in die Küche gehen zu dürfen, um Essen zu holen. In der Küche befanden sich K. und W. Sie teilten mir ihr Vorhaben mit, an die Front zu gehen und gaben mir eine Front-Ration: zwei Würfel Butter, mehrere Brote und etwas Margari- ne. All das brachte ich meinen Kameraden. Ein Stück Butter bekam der Wachmann, der mich in die Küche begleitet hatte."61 In den letzten Stunden der SS-Führerschule Arolsen schien eine stillschweigende Ab- sprache die Unterschiede zwischen Bewa- cher und Bewachten zu verwischen. "Die 9 Die letzten Wochen 793 Evakuierung fand arn 29. März 1945 statt. Da alle Gefangenen zwvor unterrichtet wor- den waren. schafften wir es, Vorbereitun- gen zu treffen. Mitnehmen durften wir al- les. Mit Wacek packten wir u.a. folgendes in einen Sack Reisch, geräucherten Speck. Zigaretten aus dem Lagerraum. in dem ich gearbeitet habe. Io diesem Ca, oerraurn m- fm auch 6 bis 7 SS-Miinner, die uns später beaufsichtigten, ihre Vorkehrungen für den Nochmals rnuaten die &Häftling auf dem Kasernengelände in Arolsen anteten, und nach einem etwa 3Chninütigen Appell hgann in der Nacht der ~ b r n a r s c h . ~ ~ "Die Wachmannschaft hatte ihr Zeug zusam- mengeräumt, und wir hatten alles zusam- mengestellt, was da w x Kleidung ... Und dann Antreten. Und dann sind wir mit der Wachmannschaft zu Fuß zum Bahnhof ge- führt worden."64 Da die Eisenbahnlinie bei Mengeringhausen und KüIte nach den Bombenangriffen noch unterbrochen bzw. beschädigt und so der Arolser Bahnhof vom Zugverkehr abgeschnitten war. führte der Weg der Häftlinge zu Fuß durch den Wald estlich von Arolsen. in dem eine kur- ze Pause eingelegt wurde65. nach Wetter- burg. Durch die enge DorFstraße hatten sich nur wenige Stunden vorher einzeln und in kleinen Tmpps deutsche Soldaten in unge- ordneter Formation abgesetzt. und so nah- men die Anwohner die Kolonnen in den blau-grau-gestreiften Anzügen kaum wahr. In der Nähe des Volkrnarser Bahnhofs. der in den Märztagen 1945 bereits mehr- mals aus der Luft angegriffen worden war, wurden die Häftling zunächst in kleineren Gruppen bewacht, bevor ein aus Personen- und gedeckten Viehwaggons zusarnrnen- gestellter Zug eintraf. von dem etwa drei Wagen f i r den Transport der einzelnen 2) L' eoacuation d e ce Kamando, quelquea jrouri avant li arrivee d e ~ allieee B' effec tue de la facon arrivan te : De Arolsen ä Volbarsen ä p i e d * Ce Yolimarsen 5 20 !XI apre6 Kasael en ~hemin de f e r e t de le h Buchenmld a p i e d i . 3) Le chef du Kommando Btait le Oberscharfuhrer F I E C n j t son remplacsnent &alt le Unterechar- r er FORS- 4 ) Ag-pzd 0 o n ' b ~ 1d t p t a A rolaen e cams de uc e n m ee, mort un harne. Personne du Xomanao n l e a t sntarrs a A z o l ß m . 5 ) Lq Oberecharfuhrer FISCW a priO l e u papiera du Komando at les a portes a Puchennald, Abb. 9.11: Aussage des ehemaligen Hafilings M. vom 14. November 1946 gegenuber dem Mi- nistere des Anciens Cornbattants et victimes de la Guerre über das Kommando ~ro1sen.b~ 294 Die letzten Wochen 9 Häftlingsgruppen vorgesehen waren. "Ein Teil der Häftlinge war schon vorher 'abge- reist'. Und ich war mit bei dem letzten Troß. Wir waren - ich kann die Anzahl der Leute nicht mehr sagen - aber wir waren so viel, wir gingen in einen Personenwaggon rein. Und mit uns ist die Wachmannschaft auch zurückgefahren zum Lager. Da war Herr Demmer mit bei, und die komplette Wach- mannschaft ist mit uns dann nach Buchen- wald zurückgefahren. Wir wurden noch von Herrn Dernmer dahingehend informiert, also wir durften das Fenster nicht aufma- chen, dann würde geschossen werden, und keine Tür aufmachen. Also jeder Flucht- versuch wäre zwecklos. Es würde sofort geschossen werden. Und im anderen Wa- gen würde auch SS drin sitzen. Dahinge- hend sind wir informiert worden."67 Die genaue Stärke dieser SS-Wachmannschaft läßt sich zwar wegen der ständigen perso- nellen Veränderungen in den letzten Tagen vor der Räumung des Arolser Außenkom- mandos nicht dokumentieren, jedoch kann von etwa einem Dutzend SS-Männem aus- gegangen werden, da der letzte Monatsbe- ncht vom 20. März 1945 zwei SS-Unterfüh- rer und zwölf SS-Männer unterschiedlicher Dienstgrade ve r~e i chne te .~~ Von dieser kleinen Wachtruppe waren die Ausführungen von 'Herrn' Demmer - wie ihn einer der Betroffenen 42 Jahre da- nach bezeichnet - in dem mit Häftlingen, SS und Flüchtlingen überfüllten Zug kaum durchzusetzen. "Ich erinnere mich, daß wir auch mit Zivilisten fuhren, es waren über- wiegend Frauen und Kinder. Die Frauen waren sehr ärmlich angezogen. Überall hör- te man Weinen. Die Angst vor den Alliier- ten war weit verbreitet. Nur die Kinder schauten uns neugierig in unseren Streifen- anzügen an.''69 Zudem wurde während der Bahnfahrt die Situation in den Waggons immer unübersichtlicher. "Nach einer ge- wissen Zeit stiegen Frauen zu uns in den Wagen - Deutsche, Ausgebombte. Wegen Platzmangels setzten sich einige auf unse- ren ~ c h o ß . " ~ ~ Trotzdem zeigten die Ein- schüchterungsversuche eines SS-Wächters bei den Häftlingen ihre Wirkung. "Ich wünschte nur, daß ich das alles durchhal- ten würde. An Flucht dachte ich nicht."71 Andere spielten zwar mit dem Gedanken an eine Flucht, verwarfen jedoch schnell ihre Pläne. "Unterwegs dachte ich an Flucht. Es gab nur 8 bis 11 Wachmänner, im Ge- gensatz zu etwa 70 Häftlingen. Ich sprach über eine Flucht mit Edward Michon und Jerzy Jezioranski. Die Chancen auf Erfolg schätzten wir jedoch für sehr gering ein."72 Die ständigen Bedrohungen und Mißhand- lungen in den Konzentrationslagern, die ständige Todesgefahr und Todesangst hat- ten bei vielen zu einem "Gefühl der Macht- losigkeit, der Hilf-, Wehr- und Ausweglo- ~ i ~ k e i t " ~ ~ geführt, über die Betroffene auch Jahrzehnte später selbst noch verwundert sind. "An Einzelheiten der Evakuierung er- innere ich mich nicht mehr. Ich überlege manchmal, warum wir uns so einfach nach Buchenwald führen ließen. Es waren nur 11 Wachmänner da, dagegen 110 Häftlin- ge."74 Für die bereits seit Jahren in Kon- zentrationslagern Inhaftierten waren "Hoff- nung, Stolz und ~ u v e r s i c h t " ~ ~ nur noch leere Worte. "Ja, Hoffnung, ich weiß nicht, ob die jemand hatte. Ich persönlich, ich hab' nur gebetet, daß ich die Sache lebend über- stehe. Und eine Befreiung. ~ r g e n d w i e ! " ~ ~ Während der Fahrt in Richtung KL Bu- chenwald kam es innerhalb der SS-Wach- mannschaft zu Meinungsverschiedenheiten 9 Die letzten über das Verhalten gegenüber den HiiFtlin- gen. Neben dem drohenden Vorgehen von Demmer versuchten andere t u beruhigen. "'Der Wachhabende. ein älterer Unteroffi- zier, sagte. er wolle uns sicher hinausfuh- ren, damit wir glücklich nach Hause an- kommen. Rald würden wir frei sein. Ich glaube aber, er wollte unser Mißtrauen ver- ringern. Es sollte nur niemand an Flucht denken."" In dem überfullten Zug kam es schliefilich zu Handgreiflichkeiten, und es fielen Schüsse. Wenige Stunden entschieden letzten Endes darüber. daß die Arolser Gruppe zu- rück in das Konzentrationslager Buchen- wald kam. Wahrend sich der Transport oh- ne erhebliche zeitliche Verztigerung von Volkmarsen kommend an Kassel vorbei in den Raum Murt bewegte. stiegen die alli- ierten Truppen von Südwesten vor.7R Ihr Plan, das Ruhrgebiet von Osten her abzu- schließen, hatte den Vormarsch kurzfristig venligert. sa daß vor der Besetzung des Raumes Melsungen und damit einer Un- terbrechung der Bahnlinien nach Weimar zumindest ein Großteil der Arolser Häftlin- ge mit der Bahn Weimar und von dort zu Fuß auf Seitenwegen das Konzentrations- lager Buchenwald erreichte. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Gesamt- starke des KL über 80.OMl männliche Häft- linge, von denen etwa 50.000 auf dem Ge- lände am ~ t t e r s b e r ~ ~ ~ unter unvorstellba- ren Umstanden zusammengepfercht waren. Aber selbst in dieser Situation verwalteten die Wächter das Grauen buchhalterisch ge- nau, lieferten aber durch ihren pedantischen Bürokratismus spPteren Zeiten zugleich die Dokumentationen ihrer Verbrechen. "Wir wurden dann noch mal durchgezählt und wurden dann in diese einzelnen Blöcke verteilt."80 Auf einer maschinengeschrie- benen Liste vom 29. März 1945 wurden Nummern und Nachnamen von 1 17 vom Kommando Arolsen nach Block 49 zurück- geführten Häftlingen registrierl und in ei- ner Zusammenstel tung bestätigt. Abb. 3.12: Der Ausschnitt einer Zusarnmen- stellung der nach Buchenwald evakuierten Au- Benkommandos nennt unter Hinweis auf eine Liste für Arolsen I1 7 ~ a f t l i n ~ e . ~ Auf dieser Eingangsliste 'befindet sich noch ein weiterer Name, allerdings durch- gestrichen, der Rest schwer entzifferbar. Aufgrund eines Vergleichs der mit Sicher- heit entzifferbaren Teile der Nummer und des Nachnamens mit der Liste aller 185 be- kannten Häftlinge handelt es sich vemut- lich um den pofnischen Schuster Ludwig K. mit der Häftlingsnumrner 91214. Er war arn 13. Oktober 1944 im Alter von 21 Jah- ren von Block 52 nach Arolsen gekommen. Am 29. M a n 1945 verliert sich von ihm je- de Spur. In der Zusammenfassung werden nur 1 17 von Arolsen evakuierte Häftlinge genannt. Indirekt bestätigt diese Korrektur den Tod eines Häftlings, der in den zöger- lichen, noch immer von erheblichen Emoti- onen begleiteten Anmerkungen ehemaliger Häftlinge zum Rücktransport erwähnt wur- de. AlIerdings müssen diese in den Listen des KL Buchenwald genannten Häftlings- zahlen insgesamt mit einiges Skepsis ge- 296 Die letzten Wochen 9 Abb. 9.13: Insgesamt wurden in einer Aufstellung von Pister 18.627 Häftlinge - in der Summe liegt ein Rechenfehler - wegen "Feindnähe" nach Buchenwald zurückgenommen. Die Eintragung rechts oben beziffert die Gesamtstärke mit 81.276, wovon 48.110 im Stammlager waren. Die hand- schriftlichen Eintragungen beziehen sich auf Evakuierungstransporte nach Leitmeritz und Flossen- bürg. Die Angabe -126 für Arolsen führte in einzelnen Publikationen zu der Mißdeutung, daß es sich hierbei um Tote handelte.82 9 Die letzten Wochen 297 sehen werden. Der Kommandant des KL Buchenwald, Hermann Pister, nannte näm- lich in einer Aufstellung von 26 "nach Bu- chenwald wegen ~ e i n d n ä h e " ~ ~ zurückge- nommenen Kommandos eine größere Zahl. Nach diesem Dokument kamen 126 Häft- linge von der Führerschule Arolsen in das Stammlager zurück. Diese Zahl entspricht exakt der Kornmandostärke für den 10. März 1945, wie sie sich bei der Analyse aller be- kannten Transportdaten mit großer Wahr- scheinlich ergibt. Danach konnte nur noch der Zugang eines Häftlings belegt werden, Rücküberstelllingen ließen sich nicht fin- den. Es ergibt sich eine Abweichung von 9 bzw. 8 Personen mit mehreren Deutungs- möglichkeiten. Unter Umständen bezog sich Pister in seiner Aufstellung, die aufgrund der hand- schriftlichen Notizen auf Anfang April zu datieren ist, auf mehrere Tage oder Wochen zurückliegende und noch nicht aktualisier- te Stärkemeldungen, so daß einige Über- stellungen von Arolsen in andere Außen- kommandos und Konzentrationslager noch nicht berücksichtigt waren. In einer Phase zunehmender Auflösung wäre das Fehlen von Veränderungsmeldungen nicht ver- wunderlich. Auch könnten bereits einige Häftlinge unmittelbar vor der Evakuierung zurück nach Buchenwald geschickt worden sein. Hierfür spricht die Erinnerung Betei- ligter an mehrere Trupps auf dem Marsch zum Volkmarser Bahnhof. Zugleich liefert diese Interpretation eine Erklärung für die fehlenden Rücküberstellungsdaten einiger Häftlinge. Letztlich ist auch nicht auszu- schließen, daß von den aus Arolsen Ab- transportierten nicht alle in Buchenwald ankamen, unterwegs freigelassen wurden, flohen oder umkamen.84 Das Kriegsende für Arolsen Während am 29. März 1945 die Häftlin- ge des Außenkommandos Arolsen der un- gewissen Zukunft in Buchenwald entge- genfuhren, rollten amerikanische Truppen schnell auf Nordwaldeck zu. "Am 'span- nendsten' war eigentlich der Tag, bevor die Amerikaner einrückten, weil da plötzlich der Volkssturm eingesetzt wurde und nun tiefe Gräben mitten in der Stadt ziehen soll- te, damit die Panzer da nicht drüber konn- ten. An sich natürlich eine kindliche Idee. Ich sehe noch ein tiefes Loch in der Schul- straße - das war ungefähr dem Bürgerhaus gegenüber - und in der Hauptstraße auch. Ziemlich tiefe Löcher, die mußten fleißig arbeiten."85 In der 'Stadt der SS', die längst zu einer 'Stadt der Witwen und Flüchtlin- ge' geworden war, wünschten viele unaus- gesprochen - denn jedes offene Wort in diesem Sinne hätte noch immer den Tod bedeuten können - ein schnelles Ende her- bei und waren froh über den Abzug der letzten in der Kaserne verbliebenen Solda- ten im Verlauf des Gründonnerstags 1945. "Kaum waren die weg, es waren ganz jun- ge Kerle, junge Leute zum größten Teil, ich würde sagen, höchstens 17 bis 20 Jahre alt, da hat der Volkssturm vernünftigerweise nichts Schnelleres zu tun gehabt, als die Gräben wieder zuzuschütten. Wir wollten uns auch hier wohl lieber nicht verteidi- gen."86 Auch die Bevölkerung eines Land- striches, in dem man sich zuvor wie in kaum einem anderen zum Nationalsozialismus bekannt hatte, löste sich jetzt, da nach Jahren der Entbehrung das eigene Leben 298 Die letzten Wochen 9 unmiaelbar bedroht war, von Hitler. Ein Großteil der Zivilbevölkerung woIlte einen hinhaltenden. äußerst verlustreichen und letztendlich aussichtslosen Kampf nicht mehr fuhren, hatte sich nicht nur mit der Besetzung abgefunden, sondern wünschte die Westalliierten geradezu herbei. "Nach diesen schrecklichen Jahren war man in er- ster Linie froh: Der Krieg: ist zu Ende. Mein Mann war noch in Rußland. und ich hatte ein halbes Jahr schon nichts gehört. Dann hat man in diese Richtung gedacht. Haupt- sache, der Krieg hat endlich ein Ende, und die Soldaten kommen eines Tages doch wieder nach Hause. Ich glaube. daß wir eher gedacht haben: Gott sei Dank. da8 wir den Amerikaner haben und nicht den ~ussen . ' ' ~" Doch unter der verbliebenen SS und den Funktionsträgem gab es immer noch fana- tische AnhXnger Hitlers, die bis zum Schluß an den Endsieg glaubten und fur die jeder Führerbefehl bedingungslos und ohne Ein- schränkung auszuführen war. So wurden in der Kaserne die in gesonderten KeIlern gelagerten Akten vernichtet, irn Rathaus verbrannte man die wichtigsten Unterla- gen, darunter die gesamte Einwohnemel- dekartei. und vor dem Abnicken der letz- ten SS-Angehörigen in Richtung Kassel befolgte man noch ansatzweise den "Nero- Befehl". Die Lagerhallen hinter dem K17. in denen sich wenige Stunden vorher eini- g Häftlinge und die Wachmannschaft mit Proviant für den Transport nach Buchen- wald eingedeckt hatten und aus deren Be- ständen die Arolser Bevölkerung lange Zeit hätte versorgt werden können, wurden in Brand gesteckt. "Und die Zivilbevölke- rung kriegte das dann nun nach dieser lan- Abb. 9.14 Das Nachknegsfoto zeigt links irn Bild die Außenmauem der teilweise abgebrannten Lagerhallen hinter dem K17 und rechts die ehemalige ~äftlin~sunterkunft.~~ 9 Die letzte :n Wochen 299 gen Hungerzeit auch mit. Ich habe versucht, da Ordnung reinzukriegen, daß man das ge- rechter verteilt, verteilen sollte. War nicht möglich. Man hat mir Schläge angeboten, und was weiß ich. Der Krieg wäre zu Ende, und jetzt gehört das alles den Leuten, die nun da sind, um sich da was zu holen. Ich hab' gesehen, wie Leute - ich möchte keine Namen nennen - bis an die Knie im Zucker standen, die wichtigen Lebensmittel zer- treten haben. Man hätte die also besser verteilen können. [...I Es gab vom allerbe- sten Likör. Ich weiß, die Marke Bols, will hier nicht Schleichwerbung machen, aber die stand jetzt plötzlich hier überall, und der Sekt und Wein, das wurde alles an sich gerissen."89 Viele versuchten in Taschen einige Lebensmittel zu ergattern, aber eini- ge kamen auch mit Wagen und hielten sich an den reichlich vorhandenen Waren schad- los. Der militärische Zusammenbruch war bei nicht wenigen NS-Funktionären beglei- tet von einem vollständigen Zusammen- bruch der Moral. Vergessen war, daß noch wenige Tage vorher die "Post-Christel", ei- ne junge Angestellte auf der Poststelle der SS-Kaserne, wegen des Diebstahls einiger Päckchen zum Tode vemrteilt worden war. Inzwischen hatten amerikanische Pan- zer nach der kampflosen Besetzung Fran- kenbergs gegen 12.30 Uhr auf Nebenstra- ßen über Sachsenberg, Goddelsheim und Lengefeld das Dorf Lelbach erreicht, wo sich der Gefechtsstand der 2. Kompanie der 2. Kampfgruppe aus Arolsen befand. Der kurze, heftige Schußwechsel forderte fünf Tote und mehrere zerstörte Häuser, hielt die Amerikaner aber nicht auf. Bereits gegen 17 Uhr wurde über Adorf der Raum Bredelar erreicht. Die von den deutschen Einheiten geplante Errichtung eines "Pan- zervernichtungsschleiers" blieb in den An- fängen stecken, da für die ungefähr 40 km lange Linie von Korbach nach Marsberg nicht die geringste Nachrichtenverbindung bestand und die Übermittlung der Befehle nur über das öffentliche Telefonnetz erfol- gen konnte. Auch auf der Route durch das Eder- und Ittertal rückten die Amerikaner ohne Aufenthalt vor und besetzten - nachdem auf dem Rathausturm die weiße Fahne ge- hißt worden war - gegen 15 Uhr kampflos Korbach. Beim weiteren Vormarsch auf der Reichsstraße nördlich von Korbach stieß die amerikanische Vorhut auf eine kleine Gruppe Arolser SS-Leute, die sich an der Straße verschanzt hatte und auf Be- fehl ihres Führers die amerikanischen Pan- zer aufzuhalten versuchte. Insgesamt 17 Tote "In den Lehen", bei Niederwaroldern und bei Berndorf blieben zurück. Weiteren Beschuß fürchtend und durch eigenen Verlust vorsichtig geworden, ta- steten sich die Amerikaner über Berndorf, wo mehrere Gebäude in Brand geschossen wurden, und Twiste nach Mengeringhau- sen vor. Hier war im Verlauf des Nachmit- tags auf der Landstraße mit Schußrichtung zum Bahnhof eine Kanone in Stellung ge- bracht worden. "Die Nachbarschaft natür- lich aufgeregt drumherum und hat denen erklärt, sie sollten doch nun wegfahren, das habe doch wohl wenig Sinn hier. Die Sol- daten sagten: 'Wir haben Befehl. Punkt.' Das führten sie also aus. Ich hörte, wie ei- ne Frau zu einem dieser Soldaten sagte, daß sie ihr einziges Kind verloren habe im Kriege und daß sie nun nicht auch noch auf ihre alten Tage ihr Haus verlieren wol- le. Das war unser Nachbarhaus, das wäre dann sicher auch nicht ungeschoren davon- 300 Die letzten Wochen 9 Abb. 9.15: Vorrnarschrouten der arnerikanischen Truppen auf Arolsen und Evakuierungsrich- tung der Häftlinge des Außenkornrnandos ~ r o l s e n . ~ ~ 9 Die letzten Wochen 30 1 gekommen. Und ich weil3 noch, wie der Mann geantwortet hat: 'Gute Frau, wir ha- ben seit Lagen nichts zu essen gekriegt, wir haben auch gar keine Munition mehr. Was glauben Sie denn, wer uns hier halt?' Wann sie nun weggefahren sind. weiß ich nicht mehr, jedenfalls waren sie weg."] Für die Bewohner des Gehöfts Odenial südlich von Mengeringhausen hatte der sich rotfärbende Himmel uber dem Berg- rücken vor Twiste das Nähernicken der Amerikaner angekundigt und schlimme Be- fürchtungen geweckt. Doch ohne weitere Kampfhandlungen rückten bei Einbruch der Dunkelheit die alliierten Truppen an und brachten zwischen Hof und Bahn- damm ihre Geschütze in Stellung. Auf ih- rem Vormarsch in Nordhessen taktierten die Amerikaner äußerst vorsichtig. Um ei- gene VerIuste z.B. durch Beschuß mit Pan- zerfäusten - wie wenige Stunden zuvor zwischen Korbach und Bemdclrf - zu ver- meiden, griffen sie selten mit ihren Panzern als Spitze an. sondern belegten Stellungen und Orte. in denen Widerstand vermutet wurde, zunächst mit anhaltendem Artille- rie- und Panzerbeschuß. Erst dann nickte die Infanterie mit Panzemnterstützung vor. Und natürlich erwartete die amerikanische Führung eine mass tve Verteidigung der Stadt mit der SS-Kaserne. Den Beteuemn- gen der Hofbewohner, in Arolsen sei keine SS mehr. begegnete man auch nach dem Hinweis, Lagerhal len der SS-Kaserne sei- en angezündet worden. zunächst mit ver- ständlichem Mißtrauen. Eher ein banaler Zufall entschied. daß h l s e n vor stärke- rem BeschuR bewahrt blieb. Als sich ein Abb. 9.16: Im Dach der Post schlug eine der Granaten ein, ohne jedmh sehr großen Schaden anzurichten. 9Z 302 Die letzten Wochen 9 amerikanischer Offizier über die sehr gu- ten Englischkenntnisse des Hofbesitzers F. Plücker wunderte, erzählte dieser ihm von seinem langen Aufenthalt in Amerika. Er- innerungen an die Industriestadt Detroit, aus der auch einer der Soldaten stammte, ließen die Berichte über den hastigen Ab- zug der SS glaubhafter erscheinen. "Dann haben sie gelacht, da gab's dann 'nen biß- chen andere Stimmung. Das war vorher al- les so gespannt."93 Aber die amerikanische Führung blieb mißtrauisch. Gegen Mitter- nacht begann der Beschuß des Stadtkerns von Arolsen mit Granaten, bei dem jedoch keine Menschen verletzt wurden und die Schäden an Post, Apotheke und einigen Geschäftshäusern gering blieben. Aus Arolsen erfolgte keinerlei Reaktion, kein Schuß fiel in der ehemaligen Residenz- und Garnisonstadt. Als in den frühen Morgenstunden des Karfreitag zwei Mengeringhäuser - in Un- kenntnis über die Ereignisse auf dem Hof - den Amerikanern mit weißen Fahnen ent- gegengingen, waren die kritischen Stunden für Mengeringhausen und Arolsen bereits vorbei. Auch von Arolsen gingen Bewoh- ner den anrückenden Amerikanern mit wei- ßen Fahnen entgegen, und glaubt man den Schilderungen, so waren es sehr viele ... Durch die Große Allee rollten die US- Panzer in Richtung Kasernentor, das von Fritz Schubert zusammen mit einer kleinen Zahl ebenfalls Verwundeter aus dem Re- serve-Lazarett "H.-Heim" am Tannenkopf belgische Kino war Krankensammelstelle für alle verwundeten Soldaten aus dieser Region. Ich hab' ihnen noch gesagt, wir bitten um ärztliche Hilfe, wir haben zu we- nig Ärzte hier und hab' ihm das alles er- klärt, hab' meine Meldung gemacht, solda- tisch gemacht. Der war sehr aufgeschlos- sen, sehr vernünftig, bat mich, die Kaserne nicht zu öffnen, weitere Befehle abzuwar- t e n . ~ ' ~ ~ Nur wenige Meter entfernt in der Haupt- straße hatte sich im Rathauskeller Bürger- meister Beekmann mit einigen Freunden und Bekannten zusammengefunden. Die Aufforderung der beiden Polizisten H. und K., die weiße Fahne zu hissen, blieb erfolg- los. Schließlich holte ein amerikanischer Soldat R. Beekmann zusammen mit der als Dolmetscherin fungierenden Frau E. in die Diensträume des Rathauses. Der Krieg war für Arolsen zu Ende. bewacht wurde. "Ich hatte die Kaserne total verschlossen, und ein amerikanischer Abb. 9.17: Ob am Arolser Rathaus, an des- CI-Ofizier kam an das Tor, Ich ging raus sen Treppengeländer im Juni 1933 der Spruch "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" sowie zwei mit zwei Verwundeten Krücken, um zu Hakenkreuze angebracht worden waren, die dokumentieren, daß es sich hier um eine weiße Fahne auf Rat der Ortspolizisten gehißt Krankensammelstelle handelte; das jetzige wurde, kann nicht einwandfrei belegt werden.95 9 Die letzten Wochen 303 "Ja. wie war's? Ein bißchen feiertich. [...I Das wurde also in den allerletzten Tagen dann ganz hektisch. Und das horte dann eben auf, vorher, und dann wurde es abso- lut ruhig. grabesstill. und ich fand's so'n bißchen feierlich. Und man hatte naturlich Angst in der Erwartung, was da kommt. das ist klar."96 Doch noch dauerte der Krieg über einen Monat, wurde andernorts erbittert und ver- lustreich gekämpft. Um das vorrangige mi- litärische Ziel der Abriegelung des Ruhr- gebieis von Osten her zu erreichen, rückte ein Großteil der amerikanischen Truppen sofort weiter iber Helsen in Richtung Rho- den und erreichte noch im Verlauf des Vor- mittags Wrexen. Nachdem bereits gegen Abend des 30. März 1945 die Front längs der heutigen Bundesstraße 68 von Scher- fede über Lichtenau nach Paderbom ver- lief. trafen am 1. April I945 die Spitzen der 2. und 3. amerikanischen Panzerdivision bei Lippstadt zusammen. Der Kessel um das Ruhrgebiet war geschlossen, die Hee- resgruppe B unter Feldmarschall W. Model mit rund 300.000 Soldaten eingeschlossen. Zwischen der Heeresgruppe H in der Nähe von Hameln und der Heeresgruppe G ki FuIda entstand ein Bereich, durch den die AItiierten auf einer Breite von etwa 200 km ohne koordinierten Widerstand in Richtung Mitteldeutschband vorstoßen konnten. Zu den eingesetzten deutschen Truppen - zu- sammengewürfelt aus über 50 verschiede- nen Truppenteilen und lediglich über etwa 150 Pmzer verfugend - gehönen auch die Reste der beiden Kampfgruppen der SS- Führerschule Arolsen, die sich sudlich von Mengeringhausen gesammelt und in Rich- tung Wolthagen zurückzogen hatren. Als die Amerikaner nachrückten, wurden die "Muna" - eines der größten Munitionslager der Luftwaffe -und sieben mit etwa 7.000 r Munition beladene Züge gesprengt. Zwei Tage wurde der weitere Vormarsch der Al- Abb. 9.18: Ein amerikanischer Jeep sicherte die fast menschenleere Hauptstraße (die heu- trge Schloßsiraße), auf die sich nur ein kleiner Junge wagte.97 Abb. 9.19 Eines der ersten Nachkriegsfotos von der unzerstßrten Hauptstraße - aufgenom- men von einem amefikanischen Soldaten der nachriickenden ~ersor~un~seinheiten."" ?M Die letzten Wochen 9 liierten arn Bahndamm bei Vellmar verzö- gen. aber arn 13. April wurden die letzten etwa 30 Mann aus Arolsen in Torfhaus von den Amen kanern gefangenpenornmen?9 Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Ver- sorgungslage in Aroken schon weitgehend normalisiert. Zwar beunruhigten der Tod eines Schäfers. der nach der Sperrstunde am Braunser Weg erschossen worden war, und einige Vergewaltigungen durch ameri- kanisctte Soldaten die Bevölkerung, aber insgesamt war der Vorgang der reibungs- losen Umstellung für die Amerikaner eher eine Überraschung. Dort, wo sie die Uber- zeugiesten Nationalsozialisten envartet hat- ten, trafen sie vermeintlich auf eine Bevöl- kemng. die eher 'befreit' erschien, die das Neue mit gespannter Erwartung beobach- tete. Aber natürlich war dieses Bild - vier Wochen vor Kriegsende - unvolfständig und trügerisch. denn Soldaten und SS-An- gehörige Wanden sich nicht in Arolsen, und viele Funktionsträger hielten sich in den nahen Wäldern versteckt. Abb. 9.20: Amerikaner am 18. April 1945 - noch wurde in weiten Teilen des "Deutschen Reichs" erbittert gekampfi - vor dem SchloG. Die Amlser bestaunten den 'arnarican way of Iife' bei der Fah- nenhissung vor dem besetzten Schldß.'"" &bb. 921a: Tagebuch einer Aiolser Bürgern über die Ereigiirse in der Arolseer *~ofheke- E01 306 Die letzten Wochen 9 Abb. 9.21b: Tagebuch amr Arlser Bürgefin über die Ereignisse in der Amlser ~ ~ t h e l e . ' ~ ' 9 Die letzten Wochen 307 Die Evakuierung aus Buchenwald Nachdem bereits im Jahr 1944 von den insgesamt 136 Außenkommandos des KL Buchenwald 21 aufgelöst und 9 den Kon- zentrationslagern Stutthof und Dora-Mit- telbau unterstellt worden warenlo3, be- gann ab Februar 1945 und verstärkt nach der Rheinüberquerung durch die westli- chen und dem Erreichen der Oder durch die östlichen Alliierten nun auch noch die Räumung der restlichen Außenlager von Buchenwald. Es kam zu 'Todestransporten' mit über 70.000 Häftlingen, davon überleb- ten etwa 16.000 nichtlo4, sie verhungerten, starben an Erschöpfung, bei Luftangriffen oder wurden von der SS ermordet. In Richtung anderer Konzentrationsla- ger wurden nachweislich 44 Außenkom- mandos evakuiert oder wie die von Stadt ~ l l e n d o r f ' ~ ~ und Hess. ~ i c h t e n a u l ~ ~ ein- fach auf 'Todesmarsch' mit unbekanntem Ziel geschickt. Von den etwa 45.000 Häft- lingen dieser Transporte kamen noch in den letzten Tagen vor der Befreiung mindestens 13.000 um.Io7 Direkt in das Stammlager Buchenwald zurückgeführt wurden bis April 1945 etwa 25.000 Häftlinge, darunter auch 139 aus ~ a s s e 1 . l ~ ~ Auf diesen Evakuierungstrans- Porten in das Stammlager starben insge- samt über 3.000 Menschen, und allein der Rücktransport vom Lager SI11 in Ohrdruf - nur etwa 70 km von Buchenwald entfernt - kostete 2.100 Häftlingen das Leben. ' O9 Die 117 Häftlinge aus Arolsen wurden zu- nächst gemeinsam im Block 49 unterge- bracht, der im hinteren Teil des Lagers in unmittelbarer Nähe der "Versuchsstation" (Block 46), des sogenannten "Hygiene-In- stituts" (Block 50) und der "Tötungsstati- on" (Block 61) stand. Da einige der bereits früher zurück nach Buchenwald überstell- ten Arolser inzwischen anderen Komman- dos oder Konzentrationslagern zugewiesen waren und sich auch die Wege der verblie- benen 117 trennten, Iäßt sich das Schicksal der aus dem Außenkommando in Arolsen Evakuierten nur noch in Einzelfällen rekon- struieren. Anfang April 1945 waren unter furcht- baren Bedingungen ohne nur ansatzweise gesicherte Ernährung etwa 48.000 Men- schen im Konzentrationslager Buchenwald zusammengepfercht, deren Ungewißheit und Angst bezüglich des weiteren Verhal- tens der SS ständig wuchsen. Wie der Kom- mandoführer in Arolsen, versuchte auch der Kommandant von Buchenwald, Ober- führer Hermann Pister, die Häftlinge einer- seits zu verunsichern und andererseits zu beschwichtigen. So stachelte er am 1. April 1945 - allerdings ohne Erfolg - den deut- schen Lagerältesten I gegen die ausländi- schen Mitgefangenen auf, indem er über einen geplanten Aufstand der tschechi- schen und französischen Häftlinge gegen die deutschen Häftlinge berichtete. Funk- kontakt mit den westlichen Alliierten be- stünde bereits. Auf der anderen Seite si- cherte er am 3. April 1945 den in der Kino- halle versammelten etwa 800 Männem des Bergungstrupps zu, das Lager den Ameri- kanern unversehrt zu übergeben.' lo Aber die wenigsten ließen sich durch das Ver- sprechen täuschen. Eher befürchteten sie einen Massenmord durch Vergiften, Ver- gasen oder Erschießen. Auch die aus Arol- sen nach Buchenwald zurückgekommenen 308 Die letzten Männer erfuhren von dem Gerücht, eine totale Vernichtung des Konzentrationsla- gers durch deutsche Bomber sei geplant. "Unser letzter Kommandant, das war ja Pi- ster, der hatte vorjehabt, mit der Luftwaffe das Lager dem Erdboden gleichzumachen, daß kein Häftling lebend herauskam. Ja, und da hatte er dem Kommandant von No- ra - unten in Weimar war doch 'ne Luftstaf- fel stationiert - hat unser Kommandant dem Kommandant dort den Befehl jegeben, ver- langt, er soll Flugzeuge mit Bomben über Buchenwald drüber wegschicken und das Lager in Grund und Boden bombardieren. Das hat dieser Kommandant abjelehnt." Für den "negativen ~ventualfall"' l 2 ei- ner Liquidierung in Buchenwald waren von den antifaschistischen Kampfgemeinschaf- ten im Lager bereits seit Monaten Vorkeh- rungen getroffen worden, jedoch erschien ein bewaffneter Aufstand am 3. April 1945 - die 3. amerikanische Armee unter Gene- ral Patton stand noch etwa 80 km westlich von Weimar kurz vor Eisenach - gegen die 5.000 Mann starke Wachmannschaft nur das letzte aller möglichen Mittel, da selbst im Erfolgsfalle dem Kampf gegen die SS ein Großteil der völlig geschwächten Häft- linge zum Opfer fallen würde. Aber eine vollständige Evakuierung des Lagers sollte durch Verzögerungsmaßnah- men bis zu der in einigen Tagen erwarteten Beheiung durch die Alliierten verhindert werden.l l 3 Die Hoffnung erfüllte sich al- lerdings nur teilweise. Zwar waren bereits am 5. April 1945 die US-Einheiten auf die Linie von Mühlhausen über Gotha und Ohrdruf nach Suhl vorgedrungen und roll- ten am 6. April auf der Autobahn südlich von Gotha in Richtung Erfurt, doch nach der Besetzung von Eisenach und Langen- salza am 7. April stoppte das amerikanische Kommando die schnell vorstoßenden Pan- zerspitzen 40 km vor Buchenwald, "wohl um seine 1nf.-Div.en abzuwartenM1 4, wie das Oberkommando der Wehrmacht ver- mutete. Diese fur die Häftlinge dramatische ~n t sche idun~ l l 5 forderte nochmals unzäh- lige Opfer, da so noch ungefähr 28.000 Bu- chenwalder in acht Haupttransporten aus dem Lager weggeschafft wurden.l l6 Ergab die Evakuierung der östlichen Konzentrationslager vor den anrückenden sowjetischen Truppen unter der Prämisse eines immer noch erhofften Endsiegs aus der Sicht der SS-Machthaber noch einen gewissen Sinn, so bedeutete die Räumung Buchenwalds nur eine planlose Verschie- bung der Häftlinge von einem Konzentra- tionslager in ein anderes, dessen Befreiung dann einige Tage später zu erwarten war. Die Versorgung mit minimalen Lebensmit- telrationen läßt vermuten, daß für Buchen- wald ein Befehl zur systematischen und vollständigen Liquidierung aller Häftlinge auf diesen Transporten zunächst nicht er- folgte. Wenn eine vollständige Beseitigung aller Beweise der mörderischen Verbrechen in Buchenwald nicht mehr möglich war, so konnten auf diesen "Evakuierungstranspor- ten" zumindest die Zeugen der eigenen Ver- brechen - falls sie nicht an Erschöpfung starben - in kleineren Gruppen umgebracht und ihre Leichen beseitigt werden. Neben blanker Mordlust einiger SS-Leute beleg- ten diese Transporte aber auch, daß "die KL in einem Stadium der allgemeinen Auf- lösung an den Rand der Aufmerksamkeit Hirnrnlers und seiner ~ t ä b e " l 7 gerückt waren, denn durch die Transporte wurden die stark zerstörten Eisenbahnstrecken zu- sätzlich belastet, Lokomotiven und Wag- 9 Die letzten Wochen 309 gons für den Nachschub in die Kampfge- biete blockiert und kampftaugliche Män- ner der SS gebunden - z.B. allein 5.000 be- wachten Buchenwald, aber nur 800 Solda- ten unterschiedlichster Einheiten sollten vor Arolsen die auf das Ruhrgebiet vor- rückende 3. US-Panzerdivision aufhalten. Einem Teil der SS-Wachmannschaft muß unterstellt werden, auf diese Weise gezielt den eigenen Einsatz an der Front in den letzten Kriegstagen unterlaufen zu haben. Am 6. April 1945 fiel für die Buchenwal- der die Entscheidung. "Es hatte sich der Reichsverteidigungskommissar und Gau- leiter des Gaues Thüringen, Sauckel, sowie der zuständige Höhere SS- und Polizeifüh- rer, SS-Obergruppenführer zu Waldeck und Pyrmont, eingeschaltet, es kam jedenfalls ein Funkspruch, ich nehme an, aus Berlin, am Abend des 6. 4. 1945, ob vom Reichs- führer-SS direkt oder von der Amtsgruppe D, ist mir nicht bekannt, der Anweisung gab, die Häftlinge so weitgehend wie mög- lich zu evakuieren."' l 8 Seine weiteren Ab- sichten nach Eingang dieses Befehls mel- dete Lagerkommandant Pister unverzüglich dem SS-WVHA in Berlin: "RF-SS hat über KDS Weimar befohlen, Lagerstärke durch Abtransport weitgehend zu vermindern in Richtung Flo. -1- Beginn mit Eisenbahn- transport und Treck morgen früh 7.4.45. Werde täglich Zahl des Transports melden. Wieviel sollen abgestellt werden? Derzei- tige Lagerstärke 48.000."' l 9 Der Befehl des Kommandanten von Bu- chenwald vom 7. April 1945, 14.000 Häft- linge unverzüglich für den Abtransport be- reitzustellen, wurde zunächst erfolgreich unterlaufen. 120 "Eine Evakuierung sollte stattfinden. Aber die Häftlinge wollten das Lager nicht verlassen." l2 Die Häftlinge blieben in den Blöcken, und nur etwa 3.000 standen auf dem Appellplatz. "Es wurde gedroht, bewaffnete SS-Männer würden die Gebäude stürmen, falls die Häftlinge diese nicht binnen zehn Minuten verlassen. So geschah es auch. Auf dem Appellplatz lagen Leichen erschossener Häftlinge." l 22 Zu den Opfern dieses 7 . April 1945 zählte auch der aus Warschau stammende verhei- ratete Maurer Stanislaw W. Im Alter von 37 Jahren war er am 13. Oktober 1944 nach Arolsen gekommen und hier bis zur Evaku- ierung nach Buchenwald am 29. März 1945 geblieben. Am 7. April 1945 starb er an "beidseitiger Lungenentzündung". 23 Ziel der Räumungstransporte war zu- nächst das nur etwa 160 km Luftlinie süd- östlich von Buchenwald gelegene Konzen- trationslager Flossenbürg, das sich nach Einschätzung Pisters noch nicht in unmit- telbarer Nähe der Front befand. Von den 3.105 jüdischen Häftlingen dieses ersten Trecks am 7. Apnl 1945 wurden auf dem strapaziösen Fußmarsch in Richtung Ober- pfalz mindestens 238 erschossen oder er- s c h l a g e ~ ~ . ~ ~ ~ Die Namen der Toten, die am Wegrand liegenblieben, sind weitgehend unbekannt, die genaue Zahl läßt sich nie mehr bestimmen. Etwa 1.500 Tote forderte der ebenfalls nach Flossenbürg bestimmte Eisenbahn- transport vom 7. April 1945, zu dem 4.500 gerade vom Außenkommando SI11 nach Buchenwald gekommene Häftlinge unter Führung des SS-Obersturmbannführers Hans Merbach getrieben wurden. Für diese bereits äußerst geschwächten Männer aus Ohrdruf - unter ihnen auch einige Häftlin- ge aus Arolsen - erhielt er pro Mann eine Handvoll gekochter Kartoffeln, 500 Gramm Brot, 50 Gramm Wurst und 25 Gramm Mar- 3 10 Die letzten Wochen 9 garine. Die Gefangenen hatten kein Trink- wasser, und es war keinerlei ärztliche Be- treuung auf diesem Transport vorgesehen. "Ich hatte nur einen Häftlingssanitäter mit einer Ä~ztehilfstasche für die 4.480 Häftlin- ge zur verfügung." l 25 Nachdem noch am gleichen Tag ameri- kanische Truppen weiter auf Flossenbürg vorgestoßen waren und somit eine Befrei- ung auch dieses KL durch die Alliierten un- mittelbar bevorstand, wurde der Transport über Pilsen, Passau nach München umge- leitet und erreichte nach dreiwöchiger Fahrt am 28. April ~ a c h a u . l ~ ~ Die Vorfälle in der Nähe des Güterbahnhofs Nammering spie- gelten die unvorstellbare Brutalität der SS- Wachmannschaft wider. In den auf Neben- gleisen abgestellten Waggons wurden in der Nacht vom 19. zum 20. April 1945 etwa 1.000 Häftlinge ermordet und die Leichen in einem naheliegenden Steinbruch auf ei- nem aus Eisenbahnschienen errichteten 'Rost' verbrannt. Das Verhalten des Pfarrers von Aicha vorm Wald, J. Bergmann, zeig- te hier, daß mit Zivilcourage Häftlingen zu- mindest ein wenig geholfen werden konn- te. "Ich verkündete daraufhin zur Beschaf- fung von Lebensmitteln in der Kirche eine Sammlung, die so reichlich ausfiel, daß fir mehrere Tage Lebensmittel vorhanden und so für die größte Not vorgesorgt war."12' Am 8. April verließ ein weiterer Trans- port mit 4.800 Häftlingen, darunter eben- falls einige aus dem Kommando Arolsen, das KL Buchenwald zunächst in Richtung Osten. "Unsere Nummern wurden notiert. In Fünfergruppen, die jeweils zu 100 Mann zählenden Gruppen zusammengeschlossen wurden, führte man uns zu den bereitste- henden ~ a ~ ~ o n s . " l ~ ~ Über Chemnitz und Flöha erreichte dieser Zug bei Reitzenhain das Gebiet des Reichsprotektorats Böhmen und Mähren, bevor er bei Tachau erstmals geteilt wurde. Etwa 1 .500 Häftlinge wurden aus östlicher Richtung zum KL Flossen- bürg getrieben.129 "Weiter ging es zu Fuß. Wer sich langsam bewegte oder erst gar nicht fähig war zu gehen, wurde erschos- sen. Ein Häftling warf sich vor einem SS- Mann auf die Knie. Ich ging gerade an ihm vorbei und sah in die glasigen Augen des Mannes, der um sein Leben bat. Der SS- Mann schrie: 'Steh auF Der Häftling schaff- te das nicht mehr. 'Steh auf! Ich werde schie- ßen!' Der SS-Mann trat den Häftling, warf eine Jacke auf ihn und schoß aus seinem Maschinengewehr. Ich habe oft gesehen, wenn jemand erschossen wurde. Den Vor- fall vergesse ich jedoch nie. Die glänzen- den Augen des Menschen, der nicht mehr sprechen konnte, der keine Kraft mehr be- saß, werde ich immer in Erinnerung behal- ten. Ein hungernder Mensch ist unfähig zu sprechen und gerät in einen Zustand von Kraftlosigkeit, in dem es unmöglich ist zu sprechen. Wird er umgeweht, so steht er nicht mehr auf. Dieser Mensch kniete vor dem SS-Mann, so um Mitleid bittend. Der erschoß ihn jedoch. [...I Den Schluß der Gruppe bildeten ungefähr 15 SS-Männer, unter ihnen auch Ukrainer. Auf Häftlinge, die hinter die Gruppe gerieten, wurde ge- schossen. Täglich kamen nur wenige ans Ziel. Ich konnte mich mit einem solchen Schicksal nicht abfinden. Den gesamten Krieg hatte ich überlebt. Ich wollte nicht sterben." l 30 Dem Tod war Bogdan Wozniak, der als 19jähriger Gymnasiast arn 26. Mai 1940 von der Stapo Litzmannstadt als Nummer 11654 in das KL Dachau eingeliefert worden war, in den vergangenen fünf Jahren mehrfach 9 Die letzten Wochen 31 1 nur knapp entgangen. "Ich arbeitete die ganze Zeit draußen bei Frost und Kälte. Meine Aufgabe war es, Bretter zu stapeln und sie anschließend in die Tischlerei zu bringen. Wäre ich lange bei dieser Arbeit geblieben, so hätte ich das nicht durchge- halten. Ich erkältete mich und erkrankte an den ~ u n ~ e n . " l ~ l Ein Mithäftling, der ihm freundlich gesonnen war, verhalf ihm zum Arbeitseinsatz im Büro. Doch kaum hatte sich sein Gesundheitszustand stabilisiert, erkrankte er an einer lebensbedrohlichen Blinddarmentzündung. Bogdan Wozniak überstand die am 10. Februar 1941 von ei- nem SS-Arzt durchgeführte Operation - ei- ne Seltenheit für ein Konzentrationslager. Erneut verschlechterte sich sein Gesund- heitszustand so sehr, daß er im Spätsom- mer 1943 wegen einer röntgenologisch dia- gnostizierten Lungenerkrankung auf die Quarantäneabteilung der Krankenstation des Konzentrationslagers Dachau verlegt wurde.132 "Dank eines älteren Häftlings, der Blockschreiber des Blocks 12 war, be- kam ich Arbeit in der Küche beim Ausbil- dungszentrum der SS." 33 Zusammen mit seinen Landsleuten Jerzy Jezioranski und Eduard Michon kam Bogdan Wozniak mit der Verlegung der SS-Schule am 8. Januar 1944 nach Arolsen. In der Kaserne hatten sie sich angefreundet, den Transport nach Buchenwald hatten sie gemeinsam über- standen, und nun marschierten sie neben- einander in Richtung des KL Flossenbürg. "Stark genug war ich, um zu fliehen, da ich bis vor kurzer Zeit in der Küche gearbeitet hatte und deshalb leichten Zugang zu Le- bensmitteln besaß."134 Während des Eva- kuierungstransports von Arolsen zum KL Buchenwald hatten sie die Chancen einer Flucht als viel zu gering eingeschätzt.135 Jetzt die grausamen Ereignisse auf diesem Evakuierungsmarsch vor Augen, waren sie zu fast jedem Risiko bereit. Etwa 20 km vor Flossenbürg entschloß sich B. Wozniak zur Flucht. "Am Vormittag meines Flucht- tages gingen wir eine kurvenreiche Strecke bergauf. Ich wußte, daß wir uns dem Lager näherten. Ein SS-Mann, ein älterer Öster- reicher vom Volkssturm, ging neben mir. Ich begann ein Gespräch mit ihm. Er sagte, er hatte genug von allem, am liebsten wür- de er flüchten, ihm würden jedoch aufgrund seines fortgeschrittenen Alters die Kräfte dazu fehlen. Ich sagte ihm, daß ich vorhat- te, mit einem Kameraden zu fliehen und bat ihn, sich ein Stück nach hinten zu entfer- nen. Als er einige Meter hinter uns ging, flüchteten wir zu dritt: Edward Michon, Jerzy Jezioranski und ich. Es wurde auf uns geschossen. Zum Glück hatten die SS- Männer keine Hunde dabei. Als die Schüs- se abgeklungen waren, stand ich auf. Ich stellte fest, daß ich allein war und ging in westliche Richtung - so kam es mir jeden- falls vor. Nach etwa einer halben Stunde hörte ich, wie mein Name leise gerufen wur- de. Es war Edward Michon. Von Jerzy Je- zioranski fehlte jegliche Spur." 136 J. Jezioranski verlor den Kontakt zu sei- nen Freunden, irrte allein in den Wäldern umher und gab die Flucht auf. "Nachdem die Schüsse abgeklungen waren, begann ich nach meinen Kameraden zu suchen, konnte sie aber im dichten Wald nicht fin- den. Ich entschloß mich, zu den evakuier- ten Häftlingen zurückzukehren." l 37 Auch andere Häftlinge des Außenkom- mandos Arolsen wurden von Buchenwald in die Nähe von Flossenbürg verschlagen. Von den beiden Häftlingen E. ~ o z m u s l ~ ~ und W. Sonnenberg, die in der Nähe die 312 Die letzten Wochen 9 Abb. 9.22: In einer Nachkriegsabschrift der Häfllingskartei des Konrentrationclagers Dachau wird Waclaw Sonnenberg als Nummer 1712 aufgeführt. Der polnische Landarbeiter aus Gr. Elsin- gen wurde kurz nach der Besetzung seiner Heimat verhaftet und im Dezember 1939 in das K t Sachcenhausen und am 5. Man 1940 weiter nach Dachau Oberstellt. Auch 3onnenberg kam mit dem Transport arn 8. Januar 1944 von Dachau als Buchenwaldnumrner 31 978 nach Arolsen, wo er bis zur AufIBsung des Kommandos am 29. M a n 1945 blieb.13g Heute lebt W. Sonnenberg, der seit 1955 an den Folgen eines Unfalls leidet, mit seiner Frau und 4 Kindern als Rentner 7 . Kategorie in seiner Herrnat. ses Konzentrafionslapers eine Flucht plan- ten, sprang Sonnenberg in die ~ r e i h e i t l ~ und hielt sich wie B. Wozniak und E. Mi- chon in den Wäldern der Oberpfalz ver- steckt. Am Tag des Abtransports dieser Häft- Iingsgruppe aus dem Konzentrationslager Buchenwald waren Nürnberg und Eger von der alliierten Luftwaffe bombardiert wor- den, die 90. US-Infanterie-Division rückte von Nordwesten auf den Raum Flossen- bwrg vor. und das Bezirkskommando Nüm- berg erklärte die Verteidigung der Naablinie rum wichtigen Ziel. In FlossenbLg ging der Terror jedoch unvermindert weiter. Pro- minente Gefangene wurden nach Dachau verlegt oder wie z.B. der Abwehrchef Ca- naris, des Reichsgerichtsrai von Duhnanyi und der Theologe Bonhoeffer hingerichtet. Als der Häftlingstreck aus Buchenwald am 15. April 1945 Flossenhürg erreichte. schlug die Lage kurzfristig um, schien die Befreiung greifbar nahe, die Lagerleitung übergab das KonzentrationsIager dem Bür- germeister von Ffossenbürg. Aber nur für wenige Stunden hingen am 16. April 1945 über den Baracken weiße Fahnen, denn am 17. April übernahm die Wachmannschaft erneut die Befehlsgewalt. Wieder wurden Häftlinge in den Td getrieben, als am 19. April 1945 auch dieses Konzenuationsla- ger auf ausdrücklichen Befehl des Reichs- führers-SS Himmler geräumt wurde. "Die Übergabe kommt nicht in Frage. Das La- ger ist sofort zu evakuieren. Kein Hgftling darf lebend in die Hände des Feindes fal- ~ e n . " ' ~ ' Sechs Gefangenentransporte auf mehreren Routen bewegten sich in Rich- tung Regensburg, blieben jedoch auf Ne- 'bengleisen wegen der zerbombten Bahn- strecke nach dem schweren Luftangriff auf Schwandorf vom 17. April 1945 stecken. Noch vor der Unterbrechung der Eisen- bahntinie durch das Naabtal hatte ein wei- terer Evakuierungstransport am 9. April 1945 Buchenwald über Schwandorf nach Dachau verlassen. Zu den vorwiegend pol- nischen und russischen 4.800 Häftlingen gehorte auch der 1907 in Czenstochau ge- boren Roman Psink. Der Zahnarzt war als Schlosser arn 23. Juni 1944 nach Arolsen gekommen, aber bereits vor der Auflösung des Außenkommandos zurück in Block 48 des KL Buchenwald geschickt worden. Mit 9 Die letzter I Wochen 313 R. Psink wurde auch L. ~ a j k a I ~ * diesem Transport zugewiesen. "Durch Lautspre- cher wurden wir aufgefordert, uns aus den Baracken auf den Appellplatz zu begeben. Gleichzeitig gaben Ukrainer in deutschen Uniformen mit großem Enthusiasmus und Eifer Befehl, kein Gefangener solle das La- ger verlassen. Auf alle, die es dennoch ta- ten, würde geschossen. Der Appellplatz war gefüllt mit Toten. [...I Endlich fand ich mich in einer zur Eva- kuierung aufgestellten Gefangenengruppe wieder. Es gelang mir und dem Zahnarzt Roman Psink aus Czenstochau, uns mit ei- ner kleinen Maschine und einer Säge aus- zurüsten. Wir marschierten etwa 8 km zu Fuß. Während des Marsches wurden die Schwachen erschossen. In Weimar wurden wir in Waggons geladen und in Richtung Tschechoslowakei gefahren."143 Der Ei- senbahntransport ging von Weimar in öst- liche Richtung zunächst bis Gera und dann weiter südlich über Plauen nach Eger. "Als wir entdeckten, daß sich an der Spitze des Zuges zwei Dampflokomotiven befanden, flüchteten wir. Nach dem Heraussägen ei- niger Bretter aus dem Boden entschieden sich zwölf Personen dazu, aus dem Wag- gon zu springen. Man mußte nach dem Aufkommen auf der Erde noch eine Weile an den Gleisen entlanglaufen und sich da- bei an dem fahrenden Zug festhalten. Da- nach ließ man sich auf die Erde fallen und wartete, bis sich der Zug entfernt hatte. Vom 11. bis 30. April hielten wir uns vor allen Menschen versteckt. Auf Feldern und in Wäldern suchten wir nach etwas Eßba- rem."'44 Trotz aller Vorsicht wurden sie auf dem Marsch in Richtung Heimat von einer Gruppe des Volkssturms entdeckt. "Vier von uns flüchteten zu einem Holz- schlag, danach in einen großen Wald. Ich lief in Socken. Danach ging ich etwa 30 km, ohne Schuhe, ohne eine Kopfbedeckung, im knöcheltiefen Schnee."145 Schließlich erfuhr Ludwik Majka in der Nähe eines ihm nicht näher bekannten Ortes vom En- de des Kriegs. Neben Flossenbürg und Dachau waren weitere Evakuierungsziele die südöstlich Buchenwalds an der Bahnlinie von Dres- den nach Prag gelegenen Lager Theresien- stadt und Leitmeritz, in die am 7. April etwa 1.500 und am 10. April 1945 2.000 Häftlin- ge überführt wurden. Zu ihnen gehörten mindestens drei, die gemeinsam am 5. Fe- bruar 1944 vom Stammlager Buchenwald in das Außenkommando Arolsen überstellt worden waren. Als Maurer war der 1915 in Grodno geborene Stanislaw Kruk mit der Buchenwaldnummer 8787 in Arolsen ein- gesetzt, und der polnische Häftling Wac- law Manturzyk mit der Nummer 34260 war im Alter von 28 Jahren mit der Berufsan- gabe Tierpfleger nach Arolsen gekommen und dort bis zur Evakuierung geblieben. Waclaw Manturzyk war am 23. Oktober 1943 zusammen mit ~ e r z y ~ u r a w s k i l ~ ~ von Auschwitz nach Buchenwald überstellt worden. "Wir wurden aufgerufen, uns auf den Appellplatz zu begeben, lehnten uns je- doch gegen diesen Befehl auf. Unser Block stand als letzter in der Reihe direkt bei den Drahtumzäunungen. Wir sahen, daß die SS-Männer mit Schlagstöcken, Revolvern und Hunden kamen. Sie sprangen durch die Fenster ins Gebäude, schossen und trieben uns auf den Platz. Wir wurden in Fünfergruppen aufgestellt. " 47 Der Trans- port führte vom Lager über Weimar, Gera, Chemnitz, Außig und Leitmeritz nach The- 314 Die letzten Wochen 9 resienstadt. "Während der gesamten Zeit aßen und schliefen wir kaum. Wenn wir aus dem Zug stiegen, wurde die Gruppe sofort von Wachmännern umringt. Wagte ein Häftling es, nur einen Schritt abseits zu tun, wurde auf ihn geschossen. In den Ru- hepausen, die eingelegt wurden, kochten wir Wasser. Ich hatte noch einige Vorräte Grieß und Zwieback aus einem Päckchen, das ich einmal erhalten hatte, bei mir. Über zehn Tage teilte ich das Essen mit einigen Häftlingen." 148 Von den etwa 500 sowjetischen Häftlin- gen dieses Transports gelang einem Groß- teil die bereits im Stammlager vorbereitete ~ 1 u c h t . l ~ ~ Die Männer in Zurawskis Wag- gon waren jedoch so geschwächt, daß kei- ner einen Fluchtversuch unternahm. "Wäh- rend des Transports starb Stanislav Kruk, der auch im Arolser Außenlager war, vor Erschöpfung. Wir brachten ihn in den Lei- chenwaggon. Von 90 in Buchenwald ein- gestiegenen Häftlingen blieben nur 15 am ~ e b e n . " l ~ O Als nach etwa vier Wochen Irrfahrt dieser Transport schließlich in der Nähe von Theresienstadt ankam, waren 200 bis 300 Häftlinge unterwegs umge- kommen. Mit einem letzten Transport, der am 10. April 1945 mit etwa 2.780 Häftlingen das Lager verließ und über dessen Verbleib bis heute kein präziser Hinweis vorliegt, wur- den innerhalb von vier Tagen 28.285 Häft- linge aus Buchenwald 'auf Todesmarsch geschickt'. Viele Tote blieben namenlos an den Wegen liegen, wurden verscharrt oder in Massengräbern begraben. Auch wenn somit die genaue Todeszahl nicht mehr re- konstruierbar ist, muß davon ausgegangen werden, daß mindestens 8.000 Personen diese Märsche nicht überlebten. l 5 2 Die Befreiung Als am 10. April 1945 der Obergruppen- führer und General der Waffen-SS und zu- gleich Höherer Polizeiführer des Wehrkrei- Ses IX Josias Erbprinz zu Waldeck und Pyr- mont nach Buchenwald kam, um "Pister auf Vordermann zu bringen"153, befanden sich noch etwa 21.000 Häftlinge im Lager, unter ihnen die ehemaligen 'Arolser' Willy Apel, Walter Erdmann und Jan B. aus Kra- kau. Der 30jährige polnische Buchenwald- häftling mit der Nummer 7831 war bei der Einrichtung des Kommandos als Schwei- ßer nach Arolsen gekommen, er hatte den Evakuierungstransport überlebt, doch ei- nen Tag vor der Befreiung kam er am 10. April 1945 in Buchenwald um.lS4 Am Mittwochmorgen war den Häftlin- gen klar, daß dieser 11. April 1945 die Ent- scheidung bringen würde, da die ame- rikanischen Truppen ihren Vormarsch auf Erfurt fortgesetzt hatten und der Geschütz- donner ihrer Artillerie bereits bis Buchen- wald drang. "Wir haben das gehört. Das Schießen mit den Panzern und Geschützen kam immer näher. Die SS-Bewachung wur- de unruhig."155 Nachdem gegen Mittag "Feindalarm" ausgelöst worden war, befahl der Rapportführer allen SS-Männern, sich außerhalb des Häftlingslagers in Stellung zu begeben. Zurück im Lager blieben nur die Besatzungen der Wachtürme und ver- stärkte Postenketten. Der Lagerkomman- dant und die höchsten SS-Führer hatten sich bereits abgesetzt.lS6 Gegen 13 Uhr näherten sich aus Rich- tung Hottelstedt die ersten amerikanischen Panzer dem Lager. "Dann kam vom Lande aus - nicht von Weimar, mehr von Erfurter 9 Die letzten Wochen 315 Seite - ein Flugzeug, Motorflugzeug, Pro- pellerflugzeug, das flog immer hin und her und lenkte einen Panzer. Und das war ein amerikanischer. Das haben wir uns denken können, denn der Panzer, der kam immer näher, vorsichtig. Die Besatzung hat wahr- scheinlich jedacht, daß da Minen irgendwo sind, Minen ausjelegt worden ist. Und da war 'ne kleine Feldscheune im Walde, da waren solche Heckenschützen - oder Ver- teidiger, woll'n es mal so sagen - waren da in dem Schuppen, hatten sich dort verkro- chen und fingen an zu schießen. Auf den Panzer mit dem MG! Und der Panzer hat sich rumjedreht, sein Turm mit der Kano- ne. Bums, ein Schuß rein in die Scheune. Da flog die in die Luft, und da haben wir doch jesehen, das waren Amerikaner."157 Gegen 14 Uhr verließen die ersten Po- sten die Wachtürme. "Ich habe den Auf- trag jehabt, mit Fernrohren den Posten, ei- nen Turm zu beobachten, wenn der seine Stellung verläßt. Der ist weggegangen, hat sein MG rausjenommen, runter vom Turm, und noch bißchen hinjeguckt, und zuck, in die Büsche verdrückt. [...I Wo keiner mehr da war, auf dem Turm war, da hab' ich Be- scheid jegeben ins Lager, und da sind die aus dem Lager raus. Den Zaun runter, mit 'nem Brett, was so alles parat lag, runterje- schmissen, weil der unter Strom stand. Und da sind sie n a ~ s . " ' ~ ~ Nachdem Häftlinge den Stacheldraht durchschnitten hatten, wurde auf Turm 1 die weiße Fahne gehißt. "So fanden die ersten amerikanischen Pan- zer, die von Nordwesten her anrollten, das befreite Buchenwald vor."159 Für einen Großteil der aus Buchenwald vom 7. bis 10. April 1945 Abtransportier- ten kam die Befreiung jedoch erst einige Tage später, Ende April 1945. Die auf Räu- mungstransporten geflohenen Häftlinge versteckten sich sicherheitshalber in den Wäldern. "Edward Michon und ich irrten zwei Wochen lang in der Nähe von Flos- senbürg herum. Wir übernachteten im Wald und deckten uns mit Ästen zu. Die Nächte in Bayern sind sehr kalt, es war April. Man begann mit der Aussaat und dem Setzen der Kartoffeln. In einem Keller in der Nähe eines Dorfes fanden wir ein Faß mit Sauer- kraut. Davon nahmen wir einen Eimer mit, den wir an einem Stock zu zweit trugen. Ei- ne Woche lang ernährten wir uns von dem Sauerkraut. Wir trafen einen Bauern, dessen Frau Essen aufs Feld gebracht hatte. Wir hatten großen Hunger. Als der Bauer sich von sei- nem Wagen entfernt hatte, auf dem das Ge- schirr ausgebreitet war, sprangen wir aus dem Gebüsch hervor und stahlen eine mit Suppe gefüllte Kanne. Nach dem Essen stellten wir diese wieder zurück auf den Wagen. Vom Versteck aus sahen wir, wie verwundert der Bauer war, als er feststell- te, daß sich in der Kanne nichts mehr be- fand. Zwei Tage vor dem Einmarsch der Amerikaner trafen wir nach Sonnenunter- gang auf einen Mann, der sehr lange auf den Feldern gearbeitet haben mußte. Wir gingen auf ihn zu. Es stellte sich heraus, daß er Pole war. Wir umarmten uns bei der Begrüßung. Der Mann brachte uns Essen. Kleidung konnte er uns jedoch nicht be- schaffen. Er erzählte, daß sich die Bäuerin über seinen großen Appetit in der letzten Zeit schon sehr wunderte. Auf die Straße wagten wir uns noch nicht. Dort marschier- ten Mitglieder des Volksstums umher."160 So wie B. Wozniak und E. Michon hat- te sich nach der Flucht auch J. Jezioranski in Richtung Flossenbürg durchgeschlagen 316 Die letzte :n Wochen 9 und wurde wie die Arolser Häftlinge Roz- mus, Bolek, Richter und Sonnenberg Ende April 1945 in der Oberpfalz von amerikani- schen Truppen befreit. Aber gerade die letzten Tage forderten nochmals viele ~ o d e s o ~ f e r l ~ ~ , und so bot sich den amerikanischen Truppen in der Nähe Schwandorfs ein schreckliches Bild, als sie am 24. Apiil 1945 ausgehungerte Häftlinge aus verschlossenen Eisenbahn- waggons befreiten. "Auf dem Bahnhof der eingenommenen Stadt fanden Suchtrupps einen Zug mit verschlossenen Güterwagen. Beim Öffnen der Waggons entdeckten sie russische und polnische Gefangene. Seit Tagen ohne Nahrung und Wasser, von ih- ren Wachmannschaften im Stich gelassen, waren bereits viele gestorben. Die Mehr- zahl der noch Lebenden entstieg den Wag- gons in einem ausgemergelten und hyste- rischen Zustand näher dem Tod als dem Auch wenn kein absolut siche- rer Beweis mehr erbracht werden kann, ist davon auszugehen, daß Häftlinge der SS- Führerschule Arolsen ebenfalls zu den in der unmittelbaren Umgebung von Schwan- dorf befreiten Buchenwaldern gehörten. Hierfür spricht, daß einige Insassen des Arolser Außenkommandos erste medizini- sche Versorgung in amerikanischen Laza- retten in Schwandorf erhie1ter1.l~~ In den nächsten Tagen wagten sich im- mer mehr geflohene Häftlinge aus ihren Verstecken. "Am 26. April kamen wir zum Waldrand. Wir trafen auf mit Bündeln be- packte Menschen. Dieser Anblick weckte in mir die Erinnerung an das Jahr 1939 in Polen. Als die Mehrheit der Leute sich ent- fernt hatte, ging ich auf eine deutsche Frau zu - Edward Michon wartete inzwischen im Wald - und fragte, was das alles zu bedeu- ten habe. Sie antwortete, daß die Amerika- ner bereits einmarschiert seien. Edward und ich schlossen uns den Menschen an. Dann hörten wir Schüsse, die immer lauter wurden. Ein amerikanischer Soldat mit ei- nem Jeep fuhr an unsere Seite und merkte an der Kleidung, wer wir waren. Wir wur- den auf das VIII. Quartier der Amerikani- schen Armee gebracht. Dort überprüfte man unsere Identität. Danach wurde der Tisch, wir saßen nämlich in einer Küche, mit Lebensmitteln beladen. Wir aßen je- doch nur Brot und tranken ~ i l c h . " ~ ~ ~ Bis kurz vor Kriegsende mußten die Bu- chenwaldhäftlinge, die am 10. April 1945 nach Leitmeritz bzw. Theresienstadt (Te- rezin) geschickt worden waren, noch auf ihre Befreiung warten. "In der Nacht kamen wir in Terezin an. Es war dunkel. Natürlich wußten wir nicht, wo wir uns befanden. Am nächsten Morgen sahen wir tschechi- sche Flaggen in den Fenstern. Es kamen zwei Zivilisten zu uns und sagten: 'Ihr seid frei.' Dann wurde uns in Tücher gewickel- tes Brot gebracht. Die uns immer noch be- wachenden SS-Männer aßen auch von dem Brot. Am 6. Mai, ungefähr um 10 Uhr, ka- men zwei Männer mit Armbinden und Re- volvern. Sie kamen an den Zug und nah- men die entwaffneten SS-Männer mit. Die Waffen wurden in dem Waggon zuriick- gelassen. Die Häftlinge wurden in Gebäu- de des Internationalen Roten Kreuzes ge- bracht. Wir schliefen die ganze Nacht und den ganzen Tag. Man fragte uns, ob sich ein Koch unter uns befände. Ich meldete mich mit sieben anderen Freunden. Darun- ter befand sich auch Waclaw Manturzyk, der kurz darauf ins Krankenhaus gebracht wurde. 4 bis 5 Tage vor der Rückkehr nach Polen kam er zu uns zurück." 165 10 Nach der Befreiung 317 10 Nach der Befreiung 318 Nach der Befreiunp. I0 for civilinii iiitenicc ol 13tidieii\vrilrlq Vat.&21fitJ# I&ntitütakarte für Bircheni~ntder Zivilinlrrwirrfr. - - ''I Current nurnlier .......... ' ' ' ~ntoriiec ~iutnim- 30341 laufende Nx. Hblflifigs-Nr. H o l i k ...................................................... Farnily naine Farnllfenname Karel .............................................. Cbristian nanie Vorname B orn 11,2.1902 ......................... ehren in Nationality . 88 i ........... NaliotioIitäl, Adrpas ~&sl~v~~a~li&k0~a,ais.574. d drcsse Abb. 10.01: Am 21. April 1945 im Kwizentrationslager Buchenwald ausgestellte vorläutrge Iden- titätskarte des tschechischen Häftlings Karel Holtk, der vom 11. November 1943 bis zum 29. Man 1945 im Außenkommando Arolcsn war.' 10 Nach der Befreiung 319 Die ersten Tage nach der Befreiung Die Vertreibung der SS aus Buchenwald am 1 1. April 1945 bedeutete für die im KL zurückgebliebenen etwa 2 1.000 Häftlinge die langersehnte Freiheit, zugleich aber fast immer eine weitere Zäsur in ihrem Leben. "Im nachhinein ist das schwer zu sagen. Man ist neu geboren. Man fangt von vorne an zu leben. Ich meine, ich hatte in dem Fal- le das Glück, daß ich wieder ein bißchen Mensch sein durfte in Arolsen. Hatte ich das große Glück. Denn ich war nicht zum Skelett abgemagert."2 Ein ähnliches 'Glück' wie der Frisör der Arolser SS-Führerschule Karl-Heinz Genzen hatten nur wenige.3 Im Gegenteil, viele Ge- fangene befanden sich in einer so schlechten körperlichen Verfassung, daß sie nicht ein- mal an die unmittelbare Zukunft zu denken imstande waren. "Die Zahl der sterbenden Menschen hier in dem ungeheueren Nazi- gefangenenlager beträgt 40 pro Tag. Keine ärztliche Hilfe kann sie retten. Durch Un- terernährung physisch erschöpft, mit einer durch Grausamkeit und schlechte Behand- lung völlig zerstörten Widerstandskraft, sind die Opfer, obwohl sie gerettet worden sind, zu schwach, um weiterleben zu kön- nen. Man wirft einen Blick auf irgendein abgezehrtes Wrack eines Menschen. Er lebt vielleicht bis morgen oder dämmert 2 bis 3 Wochen dahin mit der einzigen Ge- wißheit, daß er zum Sterben verurteilt ist. Europa hat kein tragischeres Schauspiel zu bieten. [...I Überall sah man halbverhunger- te Männer, die fast bis zum äußersten des Menschenmöglichen ausgebeutet worden waren. Alle hatten hervorstehende Rippen, dünne Beine und Arme und eingefallene ~ a n ~ e n . " ~ Unter diesen Bedingungen im befreiten Buchenwald, wie sie ein Reporter des Daily Telegraph in London am 18. April 1945 schilderte, war die vordringlichste Auf- gabe nicht die Organisation der Heimkehr, sondern die Bereitstellung von Nahrung und Kleidung. Auf dem Freiheitsappell am 12. April 1945, der zugleich das letzte An- treten der nun ehemaligen Häftlinge auf dem gefürchteten Appellplatz sein sollte, sah folglich der vom Internationalen Lager- komitee als Kommandant eingesetzte Hans Eiden eine Hauptaufgabe in der Sicherung der Ernährung im Lager. Durch Aushang beschwor das Lagerkomitee die befreiten Gefangenen eindringlich zu helfen: "Die Aufrechterhaltung des ganzen Lagerbetrie- bes, die Pflege unserer Kranken und Schwa- chen ist unsere eigene Angelegenheit. Das Lagerkomitee erwartet, daß alle Kameraden bei Anforderung bereit sind, die ihnen auf- getragenen Arbeiten im Interesse aller La- gerinsassen zu erledigen."5 Da Hilfe von außen in den ersten Tagen nach der Befreiung kaum möglich war, lag die Betreuung der etwa 5.000 Kranken des Lagers in den Händen medizinisch erfahre- ner Häftlinge. Walter ~ r d m a n n ~ , der Sani- täter des Außenkommandos in Arolsen, setzte ohne Rücksicht auf die eigene Ge- sundheit seine ganze Kraft bei der Betreuung von Kranken und Geschwächten ein, und auch nach Abzug der Mehrzahl ehemaliger Häftlinge blieb er weiter in Buchenwald, um die Transportunfahigen zu pflegen. Erst An- fang Juni 1945 kehrte er in seine Heimat- stadt Gera zurück, um nach dem Einmarsch der Roten Armee am Neuaufbau der loka- len Kriminalpolizei mitzuwirken. Seine Wi- 320 Nach der Befreiung 10 derstandskraft reichte nicht mehr lange. Am 23. August 1945 starb Walter Erdmann im Alter von 33 Jahren an einer Typhusinfek- tion als Folge der Lagerhaft. 25 Jahre später ehrte ihn am 6. Dezem- ber 1970 seine Geburtsstadt für die antifa- schistische Tätigkeit und gab dem Haus der Jungen Pioniere in Gera seinen Namen. Jährlich wurde im Mai eine "Walter-Erd- mann-Festwoche" veranstaltet, in "der Pä- dagogen und Kollektive der FDJ-ler und Pioniere im Beisein der Kampfgefährten Walter Erdmanns Rechenschaft legen über die erfolgreiche Erfüllung des FDJ- und Pi- on i e ra~ f t r a~es" .~ 1989, nur wenige Wochen nach der Vereinigung beider deutschen Staaten, wurde das Jugendhaus umbenannt, der Name Walter Erdmann verschwand. Im Lager auf dem Ettersberg folgten der Hochstimmung der ersten Tage nach der Befreiung auch Phasen der Ernüchterung. Angst, Unruhe nahmen nervenaufreibende Formen an, man traute der neuen Situation noch nicht uneingeschränkt, ja sogar eine Rückkehr der Unterdrücker wurde befürch- tet. Der Körper rebellierte gegen die unge- wohnte Nahrung, Magen-Darm-Störungen nahmen dramatisch zu. Wer überlebt hatte und bei Kräften war, wollte den grauenhaf- ten Ort möglichst schnell verlassen, aber der Krieg war noch nicht beendet, die Ab- reise verzögerte sich immer wieder, die Un- sicherheit über das Schicksal der Angehö- rigen belastete zusätzlich, ein Kontakt nach Hause war kaum möglich. Fragen nach dem Wohin wurden in den Wochen des War- tens für viele immer vordringlicher. Noch einmal versammelten sich die nun ehemaligen Häftlinge am 19. April 1945 zur Totenfeier für die im Konzentrationslager Buchenwald und in seinen Außenlagern umgekommenen Kameraden. "5 1.000 er- schossen, gehenkt, zertrampelt, erschlagen, erstickt, ersäuft, verhungert, vergiftet, ab- gespritzt ... [...] Die Vernichtung des Nazis- mus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren ermordeten Kameraden, ihren An- gehörigen schuldig. Zum Zeichen Eurer Bereitschaft f i r diesen Kampf erhebt die Hand zum Schwure und sprecht mir nach: Wir s c h ~ ö r e n ! " ~ In den nächsten Tagen begann der Ab- zug der ausländischen Häftlinge in die be- reits befreiten Staaten: am 22. April 1945 kehrten zuerst die Franzosen in ihre Heimat zurück, wenige Tage später die Belgier, am 7. Mai die Holländer und als letzte auslän- dische Gruppe schließlich Anfang August die ~ u ~ o s l a w e n . ~ Die deutschen Buchen- walder verließen das Lager erst nach der bedingungslosen Kapitulation am 8. Mai 1945. Da BuchenwaldNeimar zu diesem Zeitpunkt im Verwaltungsbereich der ame- rikanischen Truppen lag, erfolgte zunächst die Rückführung in Orte der westlichen Be- satzungszonen. Erst danach begann die Entlassung in die sowjetische Besatzungs- zone. Jeder ehemalige Häftling des Konzen- trationslagers Buchenwald erhielt einen provisorischen Personalausweis, auf dem neben den Personalien auch die Haftdauer verzeichnet wurde. Dieses zweisprachige Dokument war gleichberechtigt vom ameri- kanischen Kommandanten und dem Vorsit- zenden des Internationalen Lagerkornitees, dem deutschen Häftling Walter Bartel, un- terschrieben. Ein außergewöhnliches Vor- kommnis unmittelbar nach Kriegsende. 10 Nach der Befreiung 32 1 bniib~t*&- b ~ ~ t ~ ~ l o U S l i g t ? $ l h"JT.~m +w und m m Knnxi~nlrriluu*itagr LludiviiweliI bij Wgimu in Fmhot p i * . Abb. 10.02: Ausweis des ehemaligen Häit- lings Willy Apel, vom 14. November 1943 bis August 1944 Kapo im bußenkommando Arol- sen.I'J Die AnzahI der Lagerinsassen des Au- ßenkomrnandos Arolsen, die ihre Befreiung auf dem Gelände des ehemaligen KL erleb- ten und von hier in die Heimat zurückkehr- ten oder anderswo einen Neuanfang k- gannen, is t bisher unbekannt. sie kann je- dwh grundsätzlich anhand von ihrliefer- ten Individualdokurnenten der Verfolgen mit großer Genauigkeit bestimmt werden. Wieviele Häftlinge des Amlser Komman- dos in Buchenwald auf Evakuierungstsans- porte geschickt wurden. ist irn Gegensatz dazu anhand von Primärquellen kaum fest- stellbar, da eine namentliche Registrierung nicht erfolgte. Diese Zahl kann allerdings aus anderen Daten erschlossen werden. Das genaue Ausmaß der auf den Märschen Umgekommenen wird sich demgegenüber endgültig kaum ermitteln lassen, da viele Tote namenlos Gegraben wurden.! ' Für die meisten überlebenden Häftlinge der Evakuiemngstransporte 'bedeutete die Befreiung noch lange nicht die Rückkehr in das früher gewohnte Leben. Mehr noch als für ihre Kameraden in Buchenwald wur- den für sie die nächsten Wochen zur qual- vollen Gratwanderung zwischen k b e n und T d . denn nach der Lagerzeit hatten die Ta- ge auf strapaziösen Fußmärschen oder in überfüllten Eisenbahnwaggons ihre letzten Kräfte verbraucht. Die Rechnung der SS- Verantwortlichen, Zeugen ihrer Verbrachen so mrn Schweigen zu bringen. schien dmh noch aufzugehen. "Vom Marktplatz her nä- herten sich langsam Männer in blau-weil3 gestreiften Anzügen, Soldaten der Waffen-SS bewachten mit aufgepflanztem Seitengewehr diesen eigenartigen Zug. Angehörige des Konzentmtionslagers Fiossenbiirg bewegten sich in Richtung Bahnhof. Lautlos blieb alles, auch die Smßenpassanten. SS-Bewachung! Ausgemergelt, dem Zusarnmenbnich nahe, schleppten sich die Männer winvärts . Zwei von ihnen brachen zusammen, sie blieben liegenund - starben."12 Den Soldaten der 7 1. WS-Infanterie-Di- vision war bei den grausamen Bildern irn Naabtal bewußt daß den befreiten Häftlin- gen allein mit angemessener Nahrung nicht geholfen werden konnte, sondern daß sie dringend medizinischer Versorgung bedurf- ten. Irn oberpfälzischen Schwandarf, in dem mehrere Evakuiemngstransporte endeten, wurden nach Übernahme durch amerikani- sche Einheiten €ur ausländische Häftlinge die Turnhalle als Samrnelunterkunft herge- richtet und zur Ergänzung der völlig unzu- reichenden Kapazität des örtlichen Kran- kenhauses das Kasino der Bayerischen 322 Nach der Befreiung 1 Das Sonderstandesamt Arolsen "Mit dem Ende des 2. Weltkrieges kam auch die grauenhafte Wahrheit über die Ver- brechen der Nationalsozialisten in den Konzentrationslagern an das Licht der Öffent- lichkeit, und es begann die Wiedergutmachung an den Geschädigten und ihren An- gehörigen. Der schnell wiederkehrende 'Büroalltag' verlangte von all denen, die Wie- dergutmachung forderten, Nachweise über die erlittenen Verluste. Voraussetzung war auch der Nachweis über den Tod von Angehörigen in den Konzentrationslagern. Doch wo sollte dieser beschafft werden? Die 'Standesämter' der Konzentrationslager existierten nicht mehr, deren Register waren zum größten Teil vernichtet oder uner- reichbar im Ausland. Hinzu kam, daß ein großer Teil der Sterbefälle niemals beurkun- det worden war. Deshalb wurde vom Gesetzgeber, seinerzeit war dies das Land Hes- sen, durch die Zweite Hessische Verordnung vom 01. September 1949 'Zur Beurkun- dung der Sterbefälle in den Konzentrationslagern ..., soweit die Anzeige durch die Internationale Tracing Service (IRO) erfolgt, das Sonderstandesamt in Arolsen (als) zuständig (erklärt)'. Durch Änderung des Personenstandsgesetzes in 1951 wurde diese Regelung auf das ganze Bundesgebiet ausgeweitet." l 3 Das als selbständige Behörde am 1. September 1949 neu geschaffene Sonderstandes- amt war bis 1952 in der ehemaligen SS-Kaserne - dort wo von 1943 bis 1945 ein Au- ßenkommando des Konzentrationslagers Buchenwald eingerichtet war - unterge- bracht. 1952 wurden die Büros in das Neue Schloß - wenige Jahre zuvor Dienstsitz des SS-Oberabschnitts "Fulda-Werra" - verlegt. Heute befindet es sich im Dachge- schoß des Rathauses von Arolsen. Sein Arbeitsbereich umfaßt die Beurkundung der Sterbefalle von Häftlingen ehemali- ger deutscher Konzentrationslager. Nicht beurkundet werden Sterbefalle in den Ghet- tos und in den Konzentrationslagern, soweit sie bereits anderweitig beurkundet waren und über sie auch Urkunden zu erhalten sind. Da ein Großteil der Dokumente über die Konzentrationslager verlorengegangen waren und Unterlagen aus den Vernich- tungslagern weitgehend fehlen, liefert die Zahl der hier beurkundeten Sterbefälle kei- ne Aussage über die tatsächliche Zahl der Todesfalle. Die Arbeit des Sonderstandesamts ist eng mit der des ISD verknüpft. "Die vom Inter- nationalen Suchdienst ermittelten Sterbefalle werden mit den Beweisunterlagen der Urkundenprüfstelle zur Überprüfung vorgelegt. Fehlende Angaben werden noch, so- weit zu bekommen, ermittelt. Hierbei helfen [...] die Staatsarchive, Meldeämter und Standesämter. [...I Wenn der Todesfall hinreichend nachgewiesen und alle ermittelten Daten ergänzt wurden, wird der Sterbefall beurkundet. Werden Sterbeurkunden von uns angefordert, so werden internationale Sterbeurkunden ausgestellt, die dem An- tragsteller ohne Übersetzung weiterhelfen." l 4 1992 stellte das Sonderstandesamt 13 17 Neubeurkundungen aus und nahm 2015 Be- richtigungen vor. l 10 Nach der Befreiung 323 Braunkohlen-Industrie BBI zur stationären Versorgung umfunktioniert. Doch fiir viele der hier Eingelieferten kam jede medizini- sche Betreuung zu spät. Allein in diesem lediglich 80 Betten umfassenden Lazarett starben vom Zeitpunkt der Einrichtung am 24. April bis zum 7. Juli 1945 noch 45 Per- sonen an den Folgen der Lagerhaft.I6 Auch den Arolser Häftling Hilmar Rich- ter17, der arn 28. April 1945 in dieses provi- sorische, unter der Bezeichnung "Hospital Casino'' später von der UNRRA'~ betreute Lazarett eingeliefert wurde, konnten die ärztlichen Maßnahmen nicht retten. Nach knapp einmonatiger Behandlung starb er am 25. Mai 1945 um 21.30 Uhr - wie der To- tenschein des Krankenhauses st . Barbara (Abteilung Kasino) genau vermerkte - im Alter von 38 Jahren an ~1eckfieber. l~ Oh- ne Angehörige, weit entfernt von seiner schwer zerstörten Geburtsstadt Hamburg, wurde er in Schwandorf beerdigt. Arolsen jedoch ließ ihn auch über den Tod hinaus nicht los. In Räumen der ehemaligen SS- Kaserne, in der er ein Jahr KL-Häftling war und 1944 zum Weihnachtsmärchen aufge- spielt hatte20, begann 1949 das "Sonder- standesamt" mit der Beurkundung von To- desfällen in Konzentrationslagern. Keine Gedenktafel trägt hier Hilmar Richters Na- men, nur eine der 296.081 in dieser Behör- de ausgestellten Sterbe~rkunden.~' Ebenfalls in das "Hospital Casino" ein- geliefert wurde M. ~ o l e k ~ ~ , der vom Kom- mando SI11 bei Ohrdruf nochmals zurück nach Buchenwald evakuiert und dann in Richtung Flossenbürg in Marsch gesetzt worden war. Die Schußverletzung des in der Nähe von Roding bei Schwandorf be- freiten Polen verheilte schnell, so daß er bald von der Krankenstation in die Klein- stadt entlassen werden konnte. Ein weite- rer Häftling des Kommandos in der Arol- ser SS-Führerschule, der nach seiner Be- freiung im Naabtal in diesen kleinen Ort verschlagen wurde und hier eine erste Un- terkunft zugewiesen bekam, war Jerzy Je- z i ~ r a n s k i ~ ~ , ein Landsmann von Marjan Bolek. Beide kannten sich bereits aus der Arolser SS-Führerschule, in der sie mehr- fach zusätzliche Nahrungsmittel aus Küche und Lagerhallen organisiert hatten. Jetzt, in der gefährlich verworrenen Situation An- fang Mai 1945, war ein Freund wichtig, auf den man sich verlassen konnte, denn noch herrschten im Raum um Schwandorf chao- tische Zustände, die nur langsam vom zu- ständigen Kommandeur der "90th Division Artillery", der Besatzungsdivision fir die Oberpfalz, unter Kontrolle gebracht werden konnten. Neben den Ausgebombten und Flüchtlingen mußten über 1.000 Ausländer - ehemalige Häftlinge aus Flossenbürg und Buchenwald, Zwangsarbeiter und Kriegs- gefangene - in der nach dem Bombenangriff schwer zerstörten Stadt untergebracht und versorgt werden. Nur wenig Wohnraum war noch vorhanden, und die knappen Le- bensmittel wurden zum Mißfallen der deut- schen Bevölkerung von der Militärverwal- tung vorzugsweise an Ausländer verteilt. Von den befreiten Häftlingen, die jahrelang ausgebeutet worden waren und nun nichts besaßen als das, was sie gerade am Leibe trugen, erwartete die Zivilbevölkerung jetzt edle Zurückhaltung und hilfreiche Unter- stützung. Plünderungen durch Ausländer wurden mit heller Empörung registriert. Zur reibungsfreien Organisation einer Rückkehr in die Heimatländer wurden in Zusammenarbeit mit den Alliierten natio- nale Komitees eingerichtet, die ihren Mit- 324 Nach der Befreiung 10 gliedern Identifikationspapiere ausstellten dunklon~ ausgegeben, viele packten ihre und damit zugleich erste Dokumente über Habseligkeiten für eine Flucht zusammen. die Haftzeit lieferten. Erstmals nach der er- Zusätzlich verunsicherten die ununterbro- bärmlichen Zeit, in der sie nur als Nummer chen in Richtung Osten sollenden amerika- existiert hatten. hielten die ehemaligen Ge- nischen Panzer. Doch die Befürchtungen fangenen jetzt ein Schriftstüick in den Han- trafen nicht ein, so daB ab Augu5t 1445 den, das nicht nur ihren Namen dokumen- auch viele der osieuropäischen Häftling tierte. sondern ihnen zugleich auch wieder der Konzentrationslager Flossenburg und Rechte gab. Buchenwald aus der Oberpfalz in ihre Hei- Ab Juni I945 stabilisierte sich die Situa- matländer aufbrachen. tion so weit. daß mit einer Rücküberfuh- Ähnlich erging es den Arotser Häftlin- rung der befreiten Häftlinge in ihre Heimat- gen, die in anderen Orten Bayerns oder auf lander begonnen werden konnte, und auch dem Gebiet der Tschechoslowakei 'befreit hier gab es wie im KL Buchenwald für die wurden. Auch für die nach Theresienstadt Westeumpäer geringere Probleme. Schwie- evakuierten Buchenwalder, deren Betreu- riger erwies sich die Heimkehr der Polen ung nach der Befreiung Anfang Mai 1945 und Russen, denn Gerüchte von bevorste- das Internationale Rote Kreuz übernahm. henden Kämpfen zwischen den Wesialli- verzögerte sich die Rückfahrt, so daß z.B. iesten und der Sowjetunion machten die der Arolser Häftling Jerzy zurawskiZ4 erst Runde. erneut wurden Richtlinien zur Ver- am 22. Juni 1945 nach Hause zurückkehrte. $ Ikaalclbl n I n i s j s z i J byiyn wipzr:e:r~ P O I I S ~ Kommitttc in Schw~ndord sbozu koncantracyjrego 3 chknwa d Nr.31971 "POLONIA'" 2 cy7y !: xr. l l p a l Komitet PoI5Lrl W Schwendorfie 7 3 ';L - . . ..>Y C O K c m : Tha r-cords ar this Csmp S ~ J W t h a t 3ezt3raAskl Tarzy ar aa lnmata a f Nr. f 29- juchnnraid Xr. 31971 3 a a h ~ u Nr.1Igl 7sncentratf oas Camp. OFFICIAL- ! Allied ExpedItionnrp T. : i . Abb. 10.03: Milgliedsausweis des ehemaligen Arolser Haftlings J. Jezioranski im polnischen Komitee "Poionia" in ~chwandorf.'~ 10 Nach der Befreiung 325 Abb. 10.04: Die beiden ehemaligen Häftlinge des Außenkommandos drolcen - Maqan Bolek (rechts) und Jeny Jezioranski (links) - vor dem Hauptquartier der "90th Division Artillerj" in ~ c h w a n d o r f . ~ ~ 326 Nach der Befreiung 10 Der Neubeginn Die ersten Wochen nach der Befreiung hatten in erster Linie der gesundheitlichen Stabilisierung gedient, der Behandlung der schlimmsten physischen Krankheiten, wäh- rend sich psychische Schädigungen, wie sie später unter dem Begriff "KZ-Syndrom'' zusammengefaßt wurdenz7, weitgehend der Therapie entzogen. Zu unterschiedlich wa- ren die Symptome, als daß sie geradlinig und ursächlich auf die Haftzeit zurückge- führt werden konnten. Vorgänge, die sich im Inneren abspielten, um Vergangenheit und Zukunft zu verknüpfen, wurden durch die aktuellen Anforderungen bei der Grün- dung einer neuen Existenz verdeckt. "Am 26. April begegnete ich arnerikanischen Sol- daten und wurde nach fünf Jahren Lager- haft ein freier Mensch. Die Zeit, in der man nur eine Nummer war und nur für die Be- dürfnisse des 'Reichs' gelebt hat, war vor- bei, und es begann die Zeit der Vorberei- tung auf ein normales eben."^^ In dieser Zeit aber wurden den Verfolg- ten bereits zwei beunruhigende Fakten be- wußt. Der deutschen Bevölkerung war die offene Verfolgung der 'KZler' zwar per An- weisung 'ausgetrieben' worden, man hatte ihr die Besichtigung der Stätte des Grauens befohlen, aber so leicht ließ sich die in den zwölf Jahren gefestigte Meinung nicht aus- schalten: Unterschwellig bestanden Abnei- gung, Mißtrauen und Furcht gegen diese Menschen weiter, denen unter Hinweis auf ihre Verfolgung von den Alliierten sogar gewisse Privilegien zugestanden wurden. Zum anderen registrierten die überleben- den Opfer, daß die Sieger - also sogar die- jenigen, denen sie ihre Befreiung aus den Machenschaften der SS zu verdanken hat- ten - nicht in erster Linie ihretwegen in den Krieg gezogen waren. "Die Sieger haben uns nicht auf Händen getragen, etwa wie verloren geglaubte, wiedergefundene, ju- belnd befreite Brüder und ~ c h w e s t e m . " ~ ~ Vor der Kapitulation war von den Alliierten alles, was sich auf deutschem Boden be- wegte, prinzipiell als Feind angesehen wor- den, hatten die Militärs zumeist nicht zwi- schen Tätern und Opfern unterschieden und so auch Häftlingstransporte - obwohl aus der Luft kaum zu verwechseln - mit Tiefflie- gern angegriffen. Direkt nach Kriegsende war der Umgang mit den Befreiten unbe- holfen, unsicher und gehemmt. Wie sollte man sich unvorbereitet Menschen gegen- über verhalten, die ein bisher von nieman- dem erlebtes Schicksal hinter sich hatten? Wie konnte man in den ersten Nachkriegs- wochen die von den Nationalsozialisten Verfolgten unterscheiden von der Menge jener, die sich für Verfolgte ausgaben? Vielfach sicher in guter Absicht, wurden die befreiten KL-Häftlinge mit Delikatessen vollgestopft, die dem Körper eher schade- ten, so als könne mit einer guten Mahlzeit all die schrecklichen Erlebnisse vergessen gemacht werden. Die mageren Gestalten in den Lagern, die Leichenberge bildeten ge- nauso häufig ein Fotomotiv wie der gesund wirkende, adrett gekleidete Befreite. "Man hat über die eigentlichen Opfer oft hinweg- gesehen und sich mit einer Entrüstung be- gnügt, die durchs Photographieren zu be- friedigen war."30 In dieser Situation, in der die Alliierten keine systematische Vorstellung vom Um- gang mit den NS-Verfolgten hatten, in der bei vielen Deutschen die nationalsozialisti- sche Gesinnung unter einer sehr dünnen 10 Nach der Befreiung 327 Schicht mehr oder weniger verborgen wei- terlebte, in der Verfolgten gegenüber oft gedankenlos gehandelt wurde, in der fast jeder, nicht selten mit allen Mitteln, ums Lebensnotwendigste kämpfte, begann im Sommer 1945 für die ehemaligen Häftlinge des Arolser Außenkommandos "Arthur" der Neuanfang. Relativ unkompliziert - zumindest was die äußeren Bedingungen anging - gelang der Neubeginn für NS-Verfolgte, die eine weitgehend intakte Familie in der vertrau- ten Umgebung wiederfanden. Willy Apel, Bernhard Reißig und Fritz U. kehrten z.B. in Verhältnisse zurück, die ihnen Chancen einer Anknüpfung an die Lebensphase vor der Inhaftierung boten. Für sie spielte auch die Anerkennung ihres politischen Wider- stands gegen den Faschismus eine zentrale Rolle bei der Verarbeitung der Haftzeit. Im Gegensatz dazu fand Willi V. bei der Rückkehr in seinen Heimatort eine durch Bomben völlig zerstörte Stadt vor, in der weder Familie noch das frühere Zuhause einen ruhenden Pol bildeten. Versehen mit 300 Mark "Sofortunterstützung" war es für ihn ein Beginn aus dem Nichts. Erst 1952 bekam er eine Geamtentschädigung von 2.375 DM für 105 Monate Haft, knapp 23 DM für jeden Monat, etwa 76 Pfennige für jeden ~ a f t t a ~ . ~ Auch diejenigen polnischen Häftlinge, die unmittelbar nach der Befreiung in ihre Heimatorte zurückkehrten, kamen in ein vom Krieg schwer zerstörtes Land. "Bei meiner Heimkehr am 23. Juni 1945 fand ich nur Schutt und Asche. Vor meiner Verhaf- tung habe ich auf dem Lande gelebt auf ei- nem Bauernhof von 9 ha. Im Krieg fanden in diesem Gebiet Gefechte statt; es handel- te sich um den Brückenkopf Warka-Mag- nuszew. Die Bevölkerung dieser Region war ausgesiedelt, die Gebäude waren dem Erdboden gleichgemacht worden. Auf dem Hof war nur meine 71 Jahre alte Mutter zu- rückgeblieben, die eine einzige Kuh hatte retten können. Keine Geräte, keine Möbel, buchstäblich nichts war gerettet worden."32 Nach und nach kehrten weitere in deutsche Konzentrationslager verschleppte Famili- enmitglieder heim. "Gemeinsam begannen wir, den Hof wieder aufzubauen. Wir wa- ren ledig. Tm März 1949 starb mein Bruder. Am 5.6. 1949 heiratete ich und arbeitete bis 1978 auf dem Hof. Es war sehr schwer, al- les wieder aufzubauen und neue landwirt- schaftliche Maschinen zu be~chaf fen . "~~ Andere nach Polen Zurückgekehrte fan- den ein intaktes Elternhaus vor, konnten sich aber mit den gesellschaftlichen Verän- derungen nicht zufriedengeben. So sah der sofort nach der Befreiung von Schwandorf in seine Heimat zurückgekehrte Marjan B e lek zwar bei seiner Familie, die einen klei- nen Fleischerladen betrieb, die materielle Versorgung gewährleistet, konnte aber die politischen Verhältnisse nur schwer akzep- tieren. Über seine Unzufriedenheit schrieb er auch einer jungen deutschen Frau, die er beim Aufenthalt im "Hospital Casino" ken- nengelernt hatte, und die ihn nun ermun- terte, nach Schwandorf zu kommen. Aber auch die Oberpfalz wurde nach der Heirat für M. Bolek nicht zur Heimat. "Polen ist nicht gut, Deutschland ist schlecht."34 Al- so entschied sich das Paar, 1949 nach Au- stralien auszuwandern und in völlig frem- der Umgebung den Neuanfang zu wagen. Jahre überlagerte der erfolgreiche Aufbau einer neuen Existenz die Spuren der Verfol- gung, vollständig ausgelöscht wurden sie 328 Nach der Befreiung 10 aber nie. Die Ablehnung seines Antrags auf Wiedergutmachung ließ alte Wunden erneut aufbrechen. Den Riß in der Biogra- phie, der trotz beruflicher und materieller Erfolge geblieben ist, spiegelt nicht zuletzt die Tatsache wider, daß die Bindungen an die alte Heimat, in denen Verwandte und Freunde leben, auch heute noch so groß sind, daß M. Bolek mit seiner Frau regel- mäßig die weite Reise nach Europa unter- nimmt. Diese örtliche Trennung traf Fritz w . ~ ~ nicht, und dennoch bewirkte auch für ihn die Zeit im Konzentrationslager einen irre- parablen Bruch in seinem Leben. Der 'Reitlehrer' des Arolser Kommandos war auf einem der Evakuierungstransporte bis nach Österreich verschlagen worden und nach der Befreiung durch amerikanische Truppen in der Nähe von Spittal schwer- krank zurückgekehrt in den Ort, wo er als Stallbursche 1939 verhaftet worden war und jetzt Bekannte vermutete. Für ihn lag das Elternhaus zwar in leicht erreichbarer Nähe, hatten Vater und Mutter überlebt. Aber es war kein Zuhause mehr. Die Fami- lie verstieß ihn auch jetzt, lehnte den Sohn ab und wollte mit dem ehemaligen KL-In- Sassen nichts zu tun haben. Die Entwurze- lung war für Fritz W. unwiderruflich. Auch später nach Heirat und Geburt der Kinder ließ sich das Band zu Eltern und Geschwi- stern nicht mehr knüpfen. Mit seiner Frau beschloß er, den eigenen Kindern - die in- zwischen selbst längst erwachsen sind und ein gesichertes Leben führen - die Haftzeit in Buchenwald zu verschweigen. Bis zu seinem Tod 1980 ließ Fritz W. das Stigma des 'KZlers' nicht los. Drei ehemalige Häftlinge des Außen- kommandos Arolsen trafen unabhängig voneinander eine merkwürdige, aber aus der damaligen Situation auch verständlich erscheinende Entscheidung: Sie zogen nur wenige Wochen nach der Befreiung in die Stadt, die sie bisher aus der Sicht des Häft- lings kennengelernt hatten. Als Displaced Person, ohne Bindung an Angehörige oder Wohnort, kam der Pole Edward Muszyns- ki zurück nach Arolsen, wo er jetzt von ei- nigen Zivilpersonen, die er in positiver Er- innerung hatte, Unterstützung erhoffte. Der in Breslau geborene Günther Pasch- ke wollte nicht in seine schlesische Heimat zurückkehren, und so führte ihn - weder "Flüchtling" noch "Displaced Person" - der Weg über Marburg am 20. Juni 1945 nach Arolsen. In der Kaserne fand er einen Ar- beitsplatz, nur wenige Meter neben der ehe- maligen Häftlingsunterkunft, in der jetzt deutsche Zivilarbeiter ihre Mahlzeiten ein- nahmen. Nachdem 1945 das in der Kaserne vorhandene Mobiliar "von Fremdarbeitern [...I aus den Fenstern geworfen, teilweise aber auch von amerikanischen Truppen ver- brannt" worden war36, hatte sich die Lage sehr schnell stabilisiert. "Arolsen gives Education to people from all nations", warb ein von der I R 0 in der Kaserne organisier- tes Training Center. Die Autohalle nutzte eine Firma zur Reparatur landwirtschaftli- cher Maschinen, und der von Häftlingen angelegte Feuerlöschteich diente einem Be- trieb zur Herstellung von Gerbemitteln als Lager für Baumrinden. In diesem Umfeld kannte Günther Paschke sich aus, hier wur- den seine beruflichen Qualifikationen aner- kannt. Doch die Erlebnisse in Dachau und Buchenwald wirkten nach. Zurückgezogen lebte er in der Bahnhofstraße. Im Alter von 29 Jahren verunglückte er am 6. Juni 1949 mit dem Fahrrad tödlich. 10 Nach der Befreiung 329 Abb. 10.05 Postkarte des I.R.O. Training Center in der ehemaligen ~ ~ - ~ a s e r n e . ~ ' 330 Nach der Befreiung 10 Schließlich zog im Juli 1945 Karl-Heinz Genzen in den Ort, in dem er 13 Monate als Buchenwaldhäftling in der Kaserne gefan- gen war. Nach der Befreiung hatte er seine Heimatstadt Stettin aufgesucht, aus der die Eltern jedoch mit unbekanntem Ziel geflo- hen waren. Ohne präzise Zukunftspläne kehrte er in die Nähe Weimars zurück, ent- schloß sich dann aber nach der Übernahme Thüringens durch die sowjetische Besat- zungsmacht, in den Westzonen einen neu- en Anfang zu versuchen. Da die meisten Großstädte schwer zerstört waren, glaubte der gelernte Frisör, in einer Kleinstadt, von der er wußte, daß sie von den Kriegsereig- nissen weitgehend unberührt geblieben war, am schnellsten Anschluß zu finden. In Arolsen waren alle drei nicht sonder- lich gern gesehen, erinnerten sie doch al- lein durch ihre Anwesenheit an die Zeit, die man so schnell wie möglich vergessen wollte. Waren sie vielleicht zurückgekom- men, um sich für alles ihnen angetane Un- recht zu rächen? Die Propaganda des Drit- ten Reichs hatte mit dem 8. Mai 1945 nicht ihre Wirkung verloren. Waren diese 'KZler' nicht doch alles Kriminelle, die während ihrer Lagerhaft auch noch die restlichen menschlichen Umgangsformen verloren hatten? Mit offenen Armen wurden die ehe- maligen Häftlinge und die vielen nach Arol- sen verschlagenen Displaced Persons nicht empfangen, die nun, da die Amerikaner das Sagen hatten, vorzugsweise Wohnungen erhielten, während alteingesessene Hono- ratioren Teile ihrer Häuser räumen mußten. Andererseits bot ihre Anwesenheit aber auch Beruhigung, denn sie schien zu bestä- tigen, daß es zumindest im Außenkomman- do Arolsen so arg schlimm nicht gewesen sein konnte. Über alle Bedenken hinweg waren ehemalige SS-Angehörige in der er- sten Nachkriegszeit schon auf sie angewie- sen. Ein "Persilschein" -jenes Stück Papier, mit dem man sich von der Vergangenheit wie mit einem Stück Seife reinzuwaschen erhoffte - von einem Häftling, der freiwillig in die Stadt seiner Haft zurückgekehrt war, tat bei der Spruchkammer seine Wirkung. "Der frühere KZ-Häftling Genzen hat näm- lich bekundet, daß er als Insasse des La- gers Buchenwald zu einem Kommando in die SS-Kaserne geschickt worden war. [. . .] Während der Behandlung kamen Genzen und der Betroffene einander menschlich näher, und Dr. X hat es daraufhin unter- nommen, Briefe des Genzen, aber auch an- derer KZ-Häftlinge zu befördern und ent- gegenzunehmen und dadurch die Brücke zwischen diesen Häftlingen und ihren Fa- milienangehörigen zu schlagen. Welche Bedeutung eine derartige Handlungsweise für die seelische Lage der Häftlinge gehabt hat, braucht nicht näher erörtert zu werden. Aber klar ausgesprochen werden muß, daß X. sich durch einen derartigen mannhaften Einsatz für die Interessen der politischen Opfer in eine Gefahr gebracht hat, deren Ausmaß ihm naturgemäß im vollen Umfang klar war."38 Den Ermittler der Spruchkam- mer hofierte man, schenkte ihm Nahrungs- mittel und suchte seinen Kontakt, um ihn schon wenige Jahre später in einer sich än- dernden weltpolitischen Situation fallenzu- lassen. Die NS-Verfolgten verloren an Ein- fluß, dann wurden sie zunehmend gemie- den. Karl-Heinz Genzen merkte diesen Um- schwung bald und verließ .Arolsen, um in der Anonymität einer Großstadt den zwei- ten Neuanfang zu starten. Für Edward Muszynski, der einen Ar- beitsplatz bei der UNRRA bekommen hat- 10 Nach der Befreiung 33 1 te, blieb Deutschland nur eine Zwischen- station. Bei einem Fleischer, der ihm auch schon während der Haftzeit hin und wieder ein Stück Wurst zugesteckt hatte, lernte er die im Dritten Reich als sogenannte 'Halb- juden' verfolgten Geschwister Rosemarie und Margarete Voigt aus Helsen kennen.39 Der ehemalige KL-Häftling Edward Mus- zynski heiratete 1946 die jüngere Rosemarie und der nach Kriegsende zugezogene ehe- malige SS-Mann Walter B. die ältere Gretl. 1949 wanderten E. und R. Muszynski nach Australien aus. Nach ihrem ersten Besuch in Arolsen 1988 faßten sie ihre Gefühle in nun schon gebrochenem Deutsch zusam- men: "Es war ja sehr schön, die alte Heimat wiederzusehen, aber sehr traurig, wenn man keine Verwandten mehr dort hat. [...I Ich still habe Heimweh, trotzdem daß wir nun schon seit 1949 hier in Australien sind."40 Auch andere Verschleppte wollten oder konnten nicht in ihre Heimat zurückkehren: Für viele war der Weg nach Hause durch die politischen Veränderungen erschwert oder sogar unterbrochen, viele blieben auf der Suche nach den ebenfalls deportierten Angehörigen vorübergehend in den west- lichen Besatzungszonen, andere wollten auch gar nicht mehr zurückgehen, sondern wie Adolf Korzynski nach Übersee - mög- lichst weit weg vom Ort des Geschehens. Als "displaced persons" (DPs) warteten sie zunächst in r,euen Lagern - den "Assembly Centers" - oder in beschlagnahmten Gebäu- den auf Nachricht von vermißten Verwand- ten, auf ihre Heimreise oder auf die Aus- wanderung. "DPN- erneut diskriminierten zwei Buchstaben Personen, die unter der nationalsozialistischen Diktatur schwer ge- litten hatten. Daß die Siegermächte wie in vielen Städten auch in Arolsen Privatwoh- nungen für ihre eigene Unterbringung be- schlagnahmten, wurde von der Bevölke- rung noch zähneknirschend hingenommen. Der Krieg war ja verloren. Daß nun aber ehemalige 'KZler' oder 'Fremdarbeiter' in diese Wohnungen einzogen, jetzt unter der Bezeichnung 'DP', erschien vielen eine un- erhörte Zumutung. Anders als für Kriegsgefangene, die of- fiziell unter dem Schutz der Genfer Konven- tion standen und durch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz unterstützt wer- den konnten, fehlte für die große Zahl die- ser aus ihren Heimatländern verschleppten Zivilpersonen eine entsprechende Hilfsor- ganisation. Das Hauptquartier der Alliier- ten Expeditionsstreitkräfte SHAEF (Supre- me Headquarters of the Allied Expeditiona- ry Forces) in London begann daher bereits Anfang 1944 mit einer Registrierung von Verschleppten und Verschollenen aus den überfallenen Ländern und sammelte zudem seit März 1945 Informationen über Häftlin- ge der Konzentrationslager, um nach dem erwarteten baldigen Kriegsende möglichst reibungslos mit der Rückführung der DPs beginnen zu können. Nach der Verlegung von Versailles nach Frankfurt wurde im Juli 1945 das SHAEF aufgelöst. Die Betreuung der Deportierten und die Suche nach Ver- schollenen wurden der Combined Displa- ced Persons Executive CDPX übertragen, und im September 1945 wies der Alliierte Kontrollrat in Deutschland die Ausführung dieser Aufgabe der Hilfs- und Wiederauf- bau-Organisation der Vereinten Nationen UNRRA (United Nation Relief and Rehabi- litation Administration) ni. Noch im glei- chen Jahr verlegte diese UN-Organisation ihr Hauptquartier von FrankfurtMain nach Arolsen in die ehemaligen Diensträume des 332 Nach der Befreiung 10 SS-Oberabschnitts "Fulda-Werra" irn Neu- en Schloß?' Die von dieser SS-Dienststelle aufgebauten ausgezeichneten Kommunika- tiansverbindungen in fast alle wichtigen europäischen Städte - Arolsen bildete einen Knotenpunkt der Haupttelefonleitungen - halfen jetzt bei der Koordination der über die gesamten westlichen Besatzungszonen verstreuten Zweigstellen. So wurde auch der ehemalige Häftling des Außenkommandos Arolstn Ludwik Majka von einem UNRRA-Team betreut. Der auf dem Gebiet der Tschechoslowakei befreite polnische Offizier wußte. daß wei- tere Verwandte aus der Heimat verschleppt worden waren und sich - soweit sie über- lebt hatten - irn Westen befanden. "Ich bin nach IXutschEand zurückgekehrt. In Wei- ßenburg hielt sich meine Frau auf. die dort Zwangsarbeit geleistet hat (geheiratet hat- ten wir am 30.04. 1939). [...] Im März 1946 ist meine Tochter in Weißenbarg zur Welt gek~rnrnen."~' Von der iLTNRRA bekam die WRHA T e a m 555 Weissenburg . Familie eine Wohnung zugewiesen. doch erst 7'1: Jahre nach seiner Gefangennahme, 2 Jahre nach seiner Befreiung konnte Lud- wik Majka im Mai 1947 mit Fnu und Kind nach Polen zurü~kkehren.~" Schon sehr bald nach Kriegsende wurde deutlich. daß die Rückfbhning der NS-Ver- folgten eine sehr viel umfangreichere, kom- pliziertere und längerfristige Aufgabe dar- stellte. als zunächst vom Hauptquartier der Alliierten Expeditionsstreitkrafte SHAEF angenommen. Ende 1945 wurde ein Zen- trales Suchbüro (Central Tmcing Bureau CTB) eingerichtet, dessen Aufgabe anfangs darin bestand. '"Staatsangehörige aus Mit- gliedsländern der Vereinten Nationen, wäh- rend des Krieges verrnißte Soldaten oder Zivilisten zu suchen. alle Dokumente, die sich auf Flüchtlinge oder verschleppte Per- sonen auf deutschem Boden beziehen. zu sammeln und aufzubewahren und den aus- einandetgenssenen Familien Hilfe bei der Wiedereingliedemng zu leisten".'%mnd- Th8 Solloslryl Paliah D.P. @U autbdriaed t o s tay temporarsly in UNRRA 555 Waisßsnburp and Fn UNRRA C-9. Abb. 10.06: Bescheinigung der UNRRA über die Betreuung der Familie des ehemaligen Häit- lings des AuOenkommandoc Arolsen Ludwik ~ a j k a . ~ ~ 10 Nach der Befreiung 333 lage hierfür war der am 6. Dezember 1945 von den Alliierten an die deutschen Orts- und Bezirksbehörden ergangene Befehl, in- nerhalb von 30 Tagen "alle erdenklichen Nachforschungen über Militär- und Zivil- angehörige der Vereinten Nationen anzu- stellen, alle Auskünfte oder Dokumente, die diese Personen betreffen, zu sammeln und sofort das Ergebnis dieser Nachfor- schungen in der vorgeschriebenen Form, die mindestens Namen, Vornamen, Natio- nalität und genaue Daten enthalten muß, den zu diesem Zweck von den Komman- danten der Besatzungszonen beauftragten Behörden zu ~ b e r m i t t e l n " . ~ ~ Von den loka- len Instanzen wurden die Ergebnisse der Recherchen an das CTB weitergeleitet. Anfang Januar 1946 wurde dieses Zen- trale Suchbüro CTB nach Arolsen verlegt und erhielt seine Diensträume in der ehe- maligen ~ s - ~ a s e r n e . ~ ~ Dort, wo neun Mo- nate zuvor noch Häftlinge des Konzentra- tionslagers Buchenwald Hilfsarbeiten für die SS-Führerschule geleistet hatten und SS-Führerschüler auf den Dienst als Wirt- schafts-Verwaltungsführer vorbereitet wor- den waren, begann nun die Archivierung und Auswertung der Dokumente national- sozialistischer Verbrechen. Das Zentrale Suchbüro verfügte ursprünglich nicht über Originaldokumente, die bei der Suche nach Vermißten helfen oder über das Schicksal Deportierter Auskunft geben konnten. Sei- ne Aufgabe beschränkte sich auf eine "Ko- ordination der Suchtätigkeit zwischen den Nationalen Auskunftsstellen der Alliierten und den Suchstellen der verschiedenen Be- satzungszonen ~ e u t s c h l a n d s " . ~ ~ Nach weitgehendem Abschluß der DP- Rückführung durch die UNRRA übernahm am 1. Juli 1947 die Internationale Flücht- lingsorganisation I R 0 (International Refu- gee Organization) das Zentrale Suchbüro, das am 1. Januar 1948 den bis heute gülti- gen Namen ITS - International Tracing Ser- vice - erhielt. Unter Leitung der I R 0 ergab sich eine beträchtliche Expansion des Auf- gabenfeldes, denn nun wurden auch Ost- europäer, die erst nach Kriegsende in den Westen gekommen waren, der Obhut des ITS unterstellt. Nachdem 1948 die bei der Befreiung der Konzentrationslager sicher- gestellten Dokumente dem ITS zur Archi- vierung und Bearbeitung übergeben wor- den waren, erfolgte eine Ausdehnung des zu betreuenden Personenkreises auf ehe- malige KL-Häftlinge aller Nationalitäten. 1951 ging die Verantwortung für den Internationalen Suchdienst auf die Alliierte Hochkommission für Deutschland HICOG über. Hatte der iTS zunächst nur Fragen der Familienzusammenführung zu hehandeln, so wurde er nun auch für die Ausstellung von Inhaftierungsbescheinigungen und zum Nachweis von Todesfällen in den KL herangezogen.49 Seit Mai 1955 untersteht der ITS dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz. Arolsen, das etwa 200 KL-Häftlinge aus eigener Erfahrung 'kennengelernt' hatten, wurde für Millionen NS-Opfer oder deren Angehörigen ein Synonym für die Beur- kundung ihrer Verfolgung und ihres Leids. Fünf Jahre nach Kriegsende waren über 1.000 Personen mit der Beantwortung der Anfragen beschäftigt. In fünf Jahrzehnten wurden über 7 Millionen Auskünfte erteilt, 2 Millionen Fall-Akten und eine Namen- Kartei mit 44 Millionen Hinweiskarten an- gelegt, über 19.000 Meter Dokumentenma- terial archiviert sowie 135.000 Meter Mi- krofilm und 81.000 Mikrofiches belichtet.50 334 Nach der Befreiuno: 10 Abb. 10.07 Haupteingang der ehemaligen SS-Kaserne, die seit Januar f 946 als Dienststelle des Zentralen Suchdienstes CT& bzw. ab 1948 des Internationalen Suchdienstes ITS d~ente .~ 11 Srafverfolgung 335 11 Strafverfolgung Abb. 11.01: Anklageschrift des Oberen Militargerichts in Dachau gegen den Kommandofuhrer des Außenkommandos krolsen." 11 Srafverfolgung 337 Der Militärgerichtsprozeß gegen den Kommandoführer Bei der Räumung des Außenkomman- dos Arolsen Ende März 1945 wurden die namentlich erfaßten 117 Häftlinge von 14 SS-Männern bewacht. Wieviele von diesen jedoch tatsächlich mit dem Transport auf dem Ettersberg ankamen, ist ebensowenig dokumentiert wie ihr Verhalten und Ver- bleib in den Tagen bis zur Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald am 1 I. April. Sicher belegt ist lediglich die Fest- nahme des Kommandoführers Oberschar- führer Friedrich Demmer im Kasernenbe- reich des KL. "Der war dort irgendwie von den Häftlingen gefangengenommen wor- den. Angeblich soll er sich dort im Wald versteckt gehalten haben und ist denn ir- gendwie aufgegriffen ~ o r d e n . " ~ In den in- stabilen Tagen unmittelbar nach der Be- freiung Buchenwalds wurde F. Demmer wie alle Angehörigen der SS-Wachmann- schaft, derer man habhaft wurde, hinter ei- ner Spezialumzäunung untergebracht. Zum einen wollte man ihre Flucht verhindern, zum anderen sollten sie nicht Opfer einer Lynchjustiz werden, denn nach den Jahren der Quälerei konnte natürlich bei den Häft- lingen nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, "daß da ganz automatisch Rache- gelüste entstanden sind, daß die gesagt ha- ben: 'laß mal, wenn ich frei bin, dann nehmt ich dich.' Aber ich kann auch sagen, nach der Befreiung durch die Amerikaner war das oberste Motto - das wurde auch klar und deutlich über den Lautsprecher ausge- geben - 'Wir sind nicht das, wofür man uns hingestellt hat.' Also es darf in keiner Form irgendwelche Repression oder so etwas vorgenommen werden. Egal, wo wir einen Wachmann getroffen haben, wir wollen nicht das sein, als was wir hingestellt wor- den sind. Mir ist kein Fall bekannt, daß ein Wachmann vom Häftling mißhandelt wor- den ist. Die sind ordnungsgemäß in das Lager eingeliefert worden und sind dort in diesem Trakt, der für die vorgesehen war, eingeliefert worden und sind auch verpflegt worden. Also sie haben das Gegenteil er- fahren, was man von uns gesagt hat."3 Am Zaun, der nun Häftling und Wäch- ter in umgekehrte Rollen trennte, erkannte der ehemalig Häftling K.-H. Genzen das Gesicht des SS-Kommandoführers, das er fast ein Jahr regelmäßig in der Arolser Fri- sörstube rasiert hatte, sofort wieder. "Und da hab' ich auch dann den Lagerkomman- danten von Arolsen wieder getroffen, den Demmer. Ich durfte mit ihm keinen Kontakt aufnehmen und durfte mit ihm nicht spre- chen. Aber wir haben uns beide gesehen und haben uns beide zugenickt."4 Friedrich Dernmer wurde von den Ame- rikanern in Haft genommen und 1947 vor dem Oberen Militärgericht in Dachau, das den Buchenwald-Komplex zu verhandeln hatte, angeklagt. Eine Strafverfolgung des zweiten Kommandoführers J. Fischer und seines Stellvertreters Forster durch die Alliierten erfolgte nicht. Unter Berufung auf Sonderbefehl 196, Headquarters, Euro- pean Command, APO 757, vom 26. Septem- ber 1947 verhandelte das Obere Militärge- richt (General Military Govemment Court) am Nachmittag des 30. Oktobers 1947 ge- 11 Srafverfolgung 339 auch nach Wiederholung lediglich mit der Bemerkung, er habe "nur jemanden zur Ar- beit abkommandiertH.l Hier griff sein Ver- teidiger ein und stellte fest, er habe die An- gelegenheit zuvor mit dem Angeklagten be- sprochen und dieser erkläre sich im Punkt I für schuldig. Auch nach Belehrung über die sehr weitreichenden rechtlichen Folgen blieb F. Demmer dann bei seiner Aussage: "I plead ~ u i l t ~ . " ~ ~ Ebenso erklärte er sich im Punkt I1 für schuldig. Im Verhör schilderte der Angeklagte zu- nächst sehr kurz seinen Werdegang, bevor sich die Fragen konkreter auf den Einsatz im Außenkommando Arolsen bezogen. Al- lerdings blieben die Angaben zu Arbeiten, Lebensbedingungen und zur Unterbrin- gung der Häftlinge sehr allgemein, und das Gericht verlangte auch keine weiteren Prä- zisierungen. Die Anzahl der Häftlinge be- zifferte er auf " 126 oder 1 16"13, ohne auch nur mit einem Wort auf die schwankende Kommandogröße einzugehen. Zu dieser ungenauen Feststellung - immerhin hatte er als Verantwortlicher die Häftlinge Ende März 1945 von Arolsen nach Buchenwald zurückgebracht - erfolgte ebenfalls keine Nachfrage. Im anschließenden Kreuzverhör stellte sich F. Demmer als Kommandoführer dar, der oft bei kleineren Vergehen der Häftlin- ge weggehört und ein Auge und mitunter auch "one and one-half eyes" zugedrückt habe.I4 Übergriffe seien mit einer Ausnah- me nicht vorgekommen, insbesondere habe er Häftlinge nicht geschlagen oder kleinere Zwischenfalle nach Buchenwald gemeldet. Er gestand lediglich, ein einziges Mal ei- nem Häftling einige Schläge versetzt zu ha- ben. Sehr genau erinnerte er sich an die vier im Juni geflohenen Lagerinsassen. Dieses Ereignis hatte nach seiner Aussage für ihn persönliche Konsequenzen, denn er wurde vor ein SS-Gericht zitiert und auch bestraft, eine Behauptung, für die es außer dieser eigenen Einlassung allerdings keinerlei Be- lege gab. l Sein Verbleib in Arolsen sprach zumindest gegen eine nennenswerte Strafe. Breiteren Raum im Verfahren nahm die Flucht Anfang Dezember 1944 ein, auf die sich schließlich auch der Kernpunkt der Anklage stützte. Tm Dialog mit dem Anklä- ger dokumentierte der Beschuldigte ein aus- weichendes Vorgehen, in dem er geschickt vermied, sich auf konkrete Aussagen fest- zulegen: "Frage: Welcher Nationalität waren die Häftlinge, die Sie bewachten? Antwort: Das ist mir unbekannt. Frage: Waren es Deutsche? Antwort: Das weiß ich nicht. Frage: Wie oft flohen während Ihrer Anwesenheit Häftlinge aus Arolsen? Antwort: Sechs Männer. Frage: Wie oft geschah es? Antwort: Sechs Männer. Frage: Vier Männer flohen im Juni 1944, ist das richtig? Antwort: Ja. Frage: Erinnern Sie sich, ob im Dezember 1944 ein 340 Srafverfolgung 11 17 oder 18 Jahre alter russischer Junge mit Namen Kowalow floh? Antwort: Der Name ist mir unbekannt. Frage: Gut, erinnern Sie sich, daß im Dezember 1944 ein junger Russe floh und 2 oder 3 Tage später zurückgebracht wurde? Erin- nern Sie sich an diesen Vorfall? Antwort: Ja, aber ich weiß nicht, ob sein Name Ko- walow war oder nicht. Einer von ihnen wurde zur Schule zurückgebracht. Frage: Wurde er von Ihnen tätlich angegriffen? Antwort: ein.“'^ Interessant war hier die Formulierung des Angeklagten "one of them"17, auf die das Gericht allerdings nicht näher einging. Sie bestätigte nämlich indirekt Erinnerun- gen weiterer ehemaliger Häftlinge, daß P. Kowalew nicht allein zu fliehen versucht hatte. Über das Schicksal dieser zweiten Person, auf die auch die Stärkemeldungen hindeuten, ist nichts bekannt. ' Auf die abschließende Frage der Vertei- digung, ob er eine Erklärung abgeben wol- le, antwortete der Angeklagte: "Ja, ich kann dem Hohen Gericht nur sagen, daß ich eine ruhige und ungefährliche Person bin. " l Nach kurzer Beratung verurteilte das Obe- re Militärgericht Friedrich Demmer zu zehn Jahren Zwangsarbeit, beginnend mit dem Tag seiner Verhaftung bei der Befreiung Buchenwalds am 11. April 1945. Gemessen an den im Verfahren bewie- senen Delikten - neben der allgemeinen Zu- gehörigkeit zur SS-Wachmannschaft ledig- lich die eingestandenen Schläge mit einem Stock - erschien einem der damaligen Bela- stungszeugen dieses Strafmaß im Vergleich mit einigen Hauptkriegsverbrechem recht hoch.20 Die Anklagevertretung machte sich die Sache allerdings auch sehr einfach, in- dem sie sich allein auf pauschale Erklärun- gen zweier ehemaliger Häftlinge stützte und ansonsten keinerlei weiteres Beweismateri- al aus KL-Akten heranzog. Das Geständnis - dies wurde im Verfahren klar erkennbar - machte in den Augen des Anklägers jede zusätzliche Beweismittelbeschaffung über- flüssig.2 Da während des Prozesses Name und Nationalität des vermeintlich zu Tode Ge- prügelten bekannt waren, hätte 1947 der Vorwurf zu diesem Punkt konkretisiert wer- den können. Nachfragen bei dem Zeugen, der den Tötungsvorwurf erhoben hatte, wä- ren ebenfalls möglich gewesen, denn die- ser wohnte zum Zeitpunkt des Verfahrens in Westdeutschland. Sollte die Anklagever- tretung aber stillschweigend davon ausge- gangen sein, daß P. Kowalew - in den Pro- tokollen falschlicherweise Kowalow - nicht umgekommen war, so verlor die gesamte Zeugenaussage an Glaubwürdigkeit. Er- staunlicherweise nutzte die Verteidigung diese innere Unstimmigkeit im ersten Ver- fahren nicht aus. Äußerst problematisch sind die eher als "Persilscheine" zu wertenden Aussagen der beiden Entlastungszeugen. Der im Wirt- schaftsgebäude der SS-Kaserne eingesetzte Zivilist konnte, da er ansonsten kaum Kon- takt zu den Häftlingen hatte, nur seine Be- obachtungen in diesem Bereich schildern, und die Entlastungen des Beschäftigten ei- ner Gastwirtschaft, in der sich F. Demmer oft aufhielt, bezogen sich allein auf Hören- sagen und waren nicht gerichtsverwertbar. 11 Srafverfolgung 34 1 "In welchem Gebiet waren Sie im März 1944 zu Aufgaben eingesetzt?" "In Arolsen." "Und während Ihrer Aufgaben in Arolsen waren Sie beauftragt mit spezifischen Auf- gaben bezüglich der Überwachung von Häftlingen eines Konzentrationslagers?" "Ja." "Wieviele Häftlinge unterstanden Ihrer Bewachung?" "Ich weiß es nicht genau, aber etwa 126 oder 116." "Und wo kamen die Häftlinge her, die in Ihrem Bereich waren?" "Von Buchenwald." "Welche Aufgaben hatten die Häftlinge zu erfüllen, während der Zeit Ihrer Bewachung?" "Einige Personen arbeiteten in der Kleiderkammer, Schuhwerkstatt, Frisörstube, Ga- rage, in der Küche." "Nun, waren die Häftlinge in einem gesonderten Lager mit Stacheldrahtumzäunung untergebracht oder lebten sie in einer anderen Gebäudeform?" "Sie lebten auf dem Gelände der Kaserne." "Und waren sie von der regulären Kaserne getrennt oder lebten sie auf demselben Grundstück, auf dem die Kaserne lag?'' "Es war das gleiche Gelände." "Nun sprechen Sie über die Kaserne. Wozu diente die Kaserne?'' "Während meiner Anwesenheit wurde sie als SS-Führerschule genutzt." [...I "Haben Sie jemals einen der angeblichen Täter wegen Diebstahls oder anderer Ver- gehen körperlich bestraft? Das heißt, durch Schläge oder eine andere Art körperlicher Strafe?'' "In einem Fall." "Und welcher Fall war das?" "Das war der Fall, als Cognac gestohlen wurde." "Und welche Art der Strafe führten Sie durch oder verhängten Sie dafür, daß der Täter Cognac gestohlen hatte?" "Sie erhielten, jeder von ihnen, 2 Schläge auf ihren Hintern.'' "Womit? Mit einer Waffe oder mit einem Stock oder mit einer anderen Art Waffe?" "Mit einem Stock." "Und wurde diese Strafe von Ihnen durchgeführt, persönlich?" "Ja, in diesem Fall war ich es." "Nun, Sie als Kommandoführer des Häftlingskommandos mußten den Häftlingen bestimmte Anweisungen geben, ist das richtig?" "Ja." Abb. 11.02: Auschnitt aus dem Verhör des Kommandoführers F. Demmer vor dem Oberen Mili- tärgericht in ~ a c h a u . ~ ~ d i t e i l , h l i f9ee a d b* terrib- baatw qn4 BlQoby. Ths d-oi 8frk.4 hvther thct mh Pater biaä on a t-rf frcr Amiümn w a r *o Briehmelb. IJE eteted thal tha dmtb rsmZFsd ?rm. pli ras- '$r U m t iectrsed and Ib mtated fui*hsr t h t tbs 4 #i * mr) Mrih betet1 loeber and tbat at droldion (ko l i en ) be qak f'rqnsntu isr tha aeeuiab bQatl= imb~tss vlth s itick (B W: ?-B U)+ Ineident Bolek, a former h c l s a n a d i m t o . eCateb Fn rn jad ie ia l euorn a+atement that in June or J- 1944 he m i a u the a c m e d aes~.rilt Fo l l&, h i i - arid fiench i ~ s t 0 ~ (11 14: TA). Zridcneo ~ Q T Defanse: The sucused t e a t i f i e d tbat a goirag hmairn iamtcr who oecaped in Deaedmr 1944 (Xnctdent 1) Pai brou&t k.4, %U* rai not essauitea by hfm. t m . t a i eioepid in J u o 1944 irnd in Ilecsmber 1944. bf d Be in~eetigatßd t h ~ B~CPPD in h n o ( i n c i d o n t ~ , D b t i t 4 not Iinp Qr othet- wife d i t r a e t fkse iaterrogatod (R 21-25). 5 accnaed denied tha eviQ ance offerec! in prsdf o f eoch o f the i iotdeata in i iqigort of tha eharges. slthsqh be df? not withbpw t i m plrias o f guilty, Ee dfd not wpdrt in- m ~ t e i t o 3t1ckcmielZ aor did he puniali inrrrrtei swasely snougb for thom t o requiro hgapitril treatmat or sther mdical ~ i d . Bowvar, the approxixte dAta of tha rcpor ta or posaibli: puaiehmnts ere not indicated (B 21-24}. It wes agrvod by s t l p u h t i o n batveen tha nccusad an& tha defanae CO- i e l ea.2 tho groascution tbat tho eaeusad warn s deteil Leader a t &rtilaent an adminf atrct ion -01 f o r SS mil i tary peraoirnel, frm &rch 1944 uritil Sovombar 19%; Ehat i n IIoiembar 1944 he wai re l i er sd and m.de aiaiitaat hip- t a i l 1aeAor bacause s numbr a f Inmatsi $ed ssoiped in SS urrifonni they had mtolen; t b t he remixied ae, aa nesimt~nt until tba epe.aaation of tb -1 that ho w-a& not usunlfy r i o i o u a or brah and wia mrnr.-- 7 1 - -" - " Abb. 11.03: Auschnitt aus "Review and Recommendations'hom 27. Februar 1 948.23 Bemerkenswert für die Strafverfolgung der Alliierten ist, daß gegen den zweiten SS-Angehörigen W., der an den Mißhand- lungen Peter Kowalews beteiligt gewesen sein sollte, nicht ermittelt wurde, obwohl in der Zeugenaussage sein Name genannt wurde. Die Berufung Friedrich Demmers gegen das Urteil hatte auf der Basis dieser spär- lichen Beweislage gute Erfolgsaussichten. Nur wenige Monate später am 27. Februar 1948 griff das "Deputy Judge Advocate's Office'' in seiner Überprüfung nochmals die von den ehemaligen Häftlingen dargeleg- ten Vorfalle in Arolsen auf, zweifelte diese Tatbestände offenbar nicht grundsätzlich an, kennzeichnete sie jedoch in Bezug auf den Angeklagten Demmer als "vage und ~ n d e u t l i c h " . ~ ~ Neben einer Bestätigung der formalen Korrektheit des Verfahrens wurde die Empfehlung ausgesprochen, das Urteil aufzuheben. Am 15. April 1948 verfügte das Militärgericht (Military Government Court) nach Überpnifung der Strafsache und "nach entsprechendem Studium des Sachverhalts'' gemäß der übertragenen Befugnis, "dass der Befund und das Urteil nicht bestaetigt wer- den. Der Leiter, Kriegsverbrechergefaengnis, wird Friedrich DEMMER aus der Haft im Kriegsverbrechergefaengnis Nr. 1, Lands- berg, Deutschland, entlassen."25 Fast genau drei Jahre befand sich F. Demmer in Haft. Etwa gleichzeitig wurde ein Großteil der "Entnazifizierungsverfahren" gegen Ange- hörige der Führerschule, die zwar nicht un- mittelbar für die Bewachung der Häftlinge eingesetzt worden waren, aber gemäß der Richtlinien im "Arrest Categories Hand- book" in sogenannten "automatischen Ar- rest" genommen und in Internierungslager verbracht worden waren, beendet.26 Ermittlungen der Zentralen Stelle der Landesjustizvenvaltungen Ludwigsburg Nach Abschluß der "Kriegsverbrecher- prozesse" durch die Alliierten und der "Ent- nazifizierungsverfahren" kam es auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den folgenden Jahren nur in Einzelfällen zu einer Verfolgung von NS-Verbrechen, da lediglich bei konkreter Anzeige gegen ei- nen Beschuldigten die zuständige Staats- anwaltschaft ihre Ermittlungen aufnahm. Für Arolsen geschah dies in den 50er Jah- ren nicht, so daß in der Phase des Wieder- aufbaus und Wirtschaftswunders keinerlei weitere Spurensicherungen und Zeugen- vernehmungen vorgenommen wurden. Ebenso ergaben sich im Fall Arolsen zu- nächst keine Veränderungen, als 1958 die "Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltun- gen zur Aufklärung nationalsozialistischer ~ewal tverbrechen"~~ in Ludwigsburg ge- schaffen wurde, da die zuständigen Justiz- minister der Länder und West-Berlins den Ermittlungsbereich dieser neuen Behörde ausdrücklich auf Tötungsverbrechen be- schränkten, für die ein Gerichtsstand des Tatortes in der Bundesrepublik Deutsch- land einschließlich West-Berlin nicht ge- geben war.28 Erst 1964 - ein Jahr vor Ab- lauf der Frist von 20 Jahren - erfolgte eine Ausweitung des Zuständigkeitsbereichs, so daß die "Zentrale Stelle" - wie sie auch kurz genannt wird - seitdem auch Verbre- chen zu verfolgen hat, "die im Bundesge- 344 Srafverfolgung 11 biet während der nationalsozialistischen Herrschaft von Gewalthabern des Dritten Reichs oder in deren Auftrag außerhalb der eigentlichen Kriegshandlungen begangen worden sind".29 Allerdings waren bei Be- ginn der Vorermittlungen, die neben den Konzentrationslagern auch die Außenkom- mandos einbezogen, bereits alle Verbrechen mit Ausnahme von Tötungsdelikten ver- jährt, so daß Mißhandlungen und Schika- nen gar nicht mehr erfaßt wurden. Die Re- cherchen wurden zudem dadurch erheblich erschwert, daß in der langen Zeitspanne zwischen Tatausführung und Strafverfol- gung Verdächtige untergetaucht oder ver- storben, Zeugen unbekannt verzogen oder ebenfalls verstorben und Beweismittel ver- schwunden waren. Die im Fall des Außenkommandos Arol- Sen federführend von der Kasseler Staats- anwaltschaft geleiteten Voruntersuchungen erbrachten zuwenig Faßbares und wurden daher bereits 1966 eingestellt.30 Im Über- prüfungsvorgang 429 AR 1824166 der Lud- wigsburger Behörde hieß es abschließend: "Das Kommando Arolsen des KL Buchen- wald ist zuerst am 25.6.1944 und zuletzt am 29.3.1945 mit 1 17 Häftlingen erwähnt. Es handelte sich um ein Männerkornmando, das an der SS-Führerschule mit Bauarbei- ten beschäftigt war. Kommandoführer wa- ren die SS-Oberscharführer Fischer und Demmer. Der Monatsbencht vom März 1945 meldet keine Sterbefälle. Nach den Untersuchun- gen der Besatzungsmächte sind in Arolsen keine Häftlinge zu Tode gekommen. Das Kommando ist später mit 126 Mann 'we- gen Feindnähe' nach Buchenwald zurück- genommen worden. Bei der Staatsanwalt- schaft Kassel sind keine Verdachtsmomen- te für die Begehung von Tötungsdelikten bekannt geworden. Daher besteht mangels Tatverdacht kein Anlaß, die Untersuchun- gen von Amts wegen weiter zu führen."31 Die Grundaussage dieses Abschlußsta- tements - kein Todesfall auf dem Gelände des Außenkommandos in Arolsen - wird auch durch die vorliegende Untersuchung erhärtet, so daß im Endresultat den Ermitt- lungsbehörden kein schwerwiegendes Ver- säumnis nachgesagt werden kann. Dennoch sind am Ergebnis der Staatsanwaltschaft Kassel mehrere Aspekte irritierend. Zunächst beschränkte sich die Unter- suchung allein auf den Zeitraum Juni 1944 bis März 1945 und bezog somit 8 der ins- gesamt 17 Monate des Bestehens des Au- ßenkommandos nicht in die Analyse ein. 1966 hätten die korrekten Daten leicht er- mittelt werden können, denn lediglich drei Jahre später nannte das vom Internationa- len Suchdienst ISDIITS herausgegebene vorläufige Verzeichnis der Haftstätten un- ter dem Reichsführer-SS mit Hinweis auf KL-Akten den 14. November 1943 als Da- tum der ~ i n r i c h t u n g . ~ ~ Schon eine Proto- kollauswertung des Verfahrens vor dem Oberen Militärgericht in Dachau vom 30. Oktober 1947 gegen den Kommandoführer hätte verdeutlicht, daß hier ein Fehler vor- liegen mußte, denn der Angeklagte gab im Verhör das Frühjahr 1944 als Zeitpunkt sei- ner Versetzung zum Außenkommando Arol- Sen an.33 Eine schlichte Befragung des SS- Kommandoführers, der noch an seinem al- ten Wohnort lebte und dessen Anschrift den Ermittlungsbehörden bekannt gewesen sein mußte, hätte hier Klarheit gebracht. Vor der Staatsanwaltschaft Köln, die ge- gen Demmer in einem das Außenkomman- do Arolsen nicht betreffenden Komplex 11 Srafverfolgung 345 ermittelte, gab dieser ebenfalls an, seit Fe- bruar 1944 in Arolsen gewesen zu sein.34 Hauptverhandlungspunkt im Buchen- waldprozeß war ferner eine Flucht Anfang Juni 1944 (also vor dem 25. Juni), an deren Ablauf sich der Angeklagte genau erinner- te. 1966 lebten von den geflohenen und na- mentlich bekannten vier Häftlingen noch zwei in Westeuropa, einer in Amerika, und über ihre Flucht aus Arolsen war in Medien bereits berichtet worden. Sowohl P. Schaul als auch N. Wolff und A. Korzynsky waren mit dem ersten Transport am 14. Novem- ber 1943 in die SS-Kaserne gekommen.35 Ebenso hätte eine erneute Vernehmung der im Buchenwaldprozeß zum Außenkom- mando Arolsen vernommenen ehemaligen Häftlinge, deren Anschriften ohne Schwie- rigkeiten zu ermitteln gewesen wären, so- fort offengelegt, daß sie bereits deutlich vor Sommer 1944 - nämlich am 14. Novem- ber 1943 bzw. am 21. Januar 1944 - nach Arolsen gekommen waren. Ohne angemessene Überprüfung - im- merhin ging es um den Verdacht von Tö- tungsdelikten - wurde lapidar festgestellt, die Untersuchung der Besatzungsmächte hätte ergeben, in Arolsen seien keine Häft- linge getötet worden. Das Abschlußgut- achten stützte sich somit hauptsächlich auf das fast 20 Jahre zurückliegende Verfahren sowie den Monatsbericht für März 1945, der die vom Truppenarzt vorgenommenen Eintragungen lediglich für einen einzigen Monat enthielt. Für die restlichen 16 Mo- nate existierten solche Unterlagen nicht.36 Unberücksichtigt blieben die in Arolsen kursierenden Gerüchte, die bei Ermittlun- gen vor Ort sicher nicht verborgen geblie- ben wären, Häftlinge seien "zum Absprit- zen" zurück nach Buchenwald geschickt worden. Auch blieb unberücksichtigt, daß es im Prozeß gegen den Kommandoführer gerade um den Tod eines Häftlings ging, wenn auch nicht direkt auf dem Gelände der Kaserne. In der Revision wurde diese Zeugenaussage nicht verworfen. Die in vorliegender Untersuchung aus- gewerteten Berichte belegen, daß ein Häft- ling nach einem Fluchtversuch Ende 1944 in der Kaserne schwer geschlagen wurde. Ehemalige Häftlinge, die seit der Befreiung 1945 keinen Kontakt zueinander hatten, schildern dies übereinstimmend, und eini- ge Zivilarbeiter der SS-Kaserne erinnern sich - wenn auch etwas zögerlich - an ei- nen solchen Vorfall. Zweifelsfrei gesichert ist die Rücküberstellung Peter Kowalews nach dem gescheiterten Fluchtversuch in das Stammlager mit Meldung des Sachver- halts am 27. November 1944. Nicht bestä- tigt werden kann demgegenüber der Tod von Peter Kowalew auf dem Transport. Si- cher ist vielmehr, daß ein Häftling mit der Nummer 37981, die auch P. Kowalew trug, noch Anfang April 1945 in Buchenwald in den Blöcken 41 und 44 lebte.37 Dieser Wi- derspruch blieb sowohl im Buchenwaldpro- zeß als auch bei den Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Kassel unerwähnt. Bei- de Instanzen überprüften offenbar nicht, welche Hinweise den Hauptbelastungszeu- gen zu seiner schwerwiegenden Anschul- digung geführt hatten. Er konnte, da der Tod auf dem Transport zwischen Arolsen und Buchenwald eingetreten sein sollte, nur auf zwei Wegen zu seiner Information gekommen sein. Falls der auch als Kapo fungierende Zeuge die Häftlinge wie üblich zusammen mit einigen SS-Wachmännern in das Stammlager begleitet und dabei seine Beobachtung gemacht hätte, wäre seine 346 Srafverfolgung 11 Aussage von erheblichem Gewicht. Wußte man unter den Häftlingen in Arolsen aller- dings nur durch Erzählungen von diesem Vorfall, so verlor der Vorwurf erheblich an Beweiskraft. Eine erneute Vernehmung die- ses 1966 in Australien lebenden Zeugen hätte bestehende Zweifel ausräumen kön- nen. Heute - nach dem Tod des Zeugen und des Kommandoführers - wird die Ein- schätzung des Wahrheitsgehalts der Aus- sage zusätzlich dadurch erschwert, daß es in Arolsen zwei Lagerinsassen mit dem Na- men Kowalew gab. Auch nahm die Häft- lingszahl am Datum der Rücküberstellung P. Kowalews von 120 auf 118 ab.38 Name und Schicksal des zweiten Häftlings konn- ten nicht erkundet werden. Insgesamt bleibt kritisch anzumerken, daß von der Staatsanwaltschaft erneute Vernehmungen von ehemaligen Häftlingen offensichtlich nicht erfolgten, weder von den bereits in Dachau befragten noch von weiteren Personen, die in Westdeutschland oder im westlichen Ausland von einer Be- hörde leicht zu ermitteln gewesen wären. Ebensowenig wurden ehemalige SS-Ange- hörige des Stabs der Führerschule, die zum Zeitpunkt der Ermittlungen in Arolsen wohnten oder deren Aufenthaltsort eben- falls leicht festzustellen gewesen wäre, sy- stematisch befragt. Eine weitere Ungereimtheit des zitierten Abschlußberichts der Staatsanwaltschaft Kassel sticht sofort ins Auge: die Diskre- panz in der Angabe der Häftlingszahl bei der Evakuierung. Zunächst heißt es, die Kommandostärke wurde "zuletzt am 29.3. 1945 mit 117 Häftlingen'' angegeben, we- nige Zeilen später ist jedoch von 126 "we- gen Feindnähe" zurückgenommenen Häft- lingen die Rede. Beide Angaben beziehen sich korrekt auf überlieferte ~ o k u m e n t e ~ ~ , so daß den ermittelnden Behörden hier kein Fehler zu unterstellen ist. Eine Interpreta- tion dieses Befundes erfolgte allerdings scheinbar nicht, zumindest wurde sie nicht schriftlich fixiert. Wie in vorliegender Un- tersuchung gezeigt wurde, differierte das Entstehungsdatum beider Dokumente nur um wenige Tage Anfang April 1945, und trotzdem wurde diese Abweichung nicht zum Ansatz weiterer Recherchen zur Klä- rung der Frage genommen, was mit den 'überzähligen' Häftlingen in den letzten Ta- gen des Bestehens des Außenkommandos in Arolsen geschah. Auch der Kommando- führer F. Demmer hatte im Prozeß spontan 126 - die von Pister angegebene Zahl - oder 1 16 genannt. Die Häftlingszahl 117, wie sie auf der letzten Eintragung in Buchenwald nach Eintreffen der Arolser Häftlinge fest- gehalten wurde, nannte er - nur zwei Jahre nach dem Evakuierungstransport - nicht. Anhand der fast vollständig erhaltenen Un- terlagen des Konzentrationslagers Buchen- wald, die der Staatsanwaltschaft 1966 zur Einsichtnahme zur Verfügung standen, hät- ten die bestehenden Zweifel ausgeschaltet werden können. Die vorliegende Untersu- chung, die der Zahl 126 zwar eine deutlich größere Wahrscheinlichkeit einräumt, kann - da datengeschützte Informationen nicht zugänglich waren - keine endgültige Klar- heit bringen. Diese Kritik an der oberflächlichen Er- mittlung gilt unabhängig von der Tatsache, daß auch umfangreichere Untersuchungen mit großer Wahrscheinlichkeit - aber nicht mit Sicherheit - das gleiche Ergebnis gelie- fert hätten, nämlich daß auf dem Gelände des Außenkommandos Arolsen keine Tö- tungsdelikte vorgekommen sind. 12 Zusammenfassung 347 Zusammenfassung 348 Zusammenfassung 12 Das Ende des Kaiserreichs bedeutete für die Kleinstadt Arolsen den Verlust ihrer politisch, gesellschaftlich und wirtschaft- lich tragenden Funktionen: Mit der Abset- zung von Fürst Friedrich zu Waldeck und Pyrmont am 13. November 1918 durch den Arbeiter- und Soldatenrat war sie fortan nur noch die "ehemalige Residenzstadt", und mit der Auflösung des Militärs verlor sie die Garnison. Die sich daraus ergebende ökonomische, kulturelle und bevölkerungs- statistische Stagnation verdroß die zumeist konservativ orientierte Bevölkerung erheb- lich, nicht zu unterschätzen waren jedoch auch die tiefen emotionalen Wunden, die die Revolution hinterließ. Nach wie vor verstand man sich als Re- gierungssitz des Fürstentums Waldeck und verehrte die fürstlichen Personen, auch un- ter Hinweis auf deren karitative Leistun- gen, als die Repräsentanten der "kleinen Monarchie". Republikanischen und demo- kratischen Ideen stand eine breite Mehrheit reserviert gegenüber, die neue Republik wurde für außenpolitische Demütigungen und den wirtschaftlichen Niedergang ver- antwortlich gemacht. Mit Abneigung und in erster Linie wirtschaftlichen Notwendig- keiten folgend war 1929 der Anschluß an Preußen vollzogen worden. Vornehmlich der Beamtenapparat - eine nennenswerte Arbeiterbewegung existierte in der indu- striearmen, ländlichen Region nicht - war geprägt von Sehnsüchten nach einer star- ken Führung. In dieser Antihaltung gegen die Republik stellte sich auf "Waldecks Weg ins Dritte Reich'' Ende der 20er Jahre die NSDAP als radikalste Alternative von den anderen Rechtsparteien dar. Die Wäh- ler liefen ihr in Scharen zu, und schon 1930 wurde sie stärkste politische Partei. Kurz nach der Machtergreifung Hitlers schien sich für viele Arolser der Traum ei- ner Anknüpfung an die vermeintlich große vorrepublikanische Zeit zu erfüllen, denn mit der Übernahme der Führung des SS- Oberabschnitts "Fulda-Wena" durch den Sohn des letzten regierenden Fürsten er- hielt dieser in den Augen vieler Einwohner eine ihm angemessene Position. Zugleich rückte die Stadt mit der Verlegung einer so wichtigen SS-Kommandobehörde in den Mittelpunkt auch überregionaler Politik. Die Vorstellung, trotz der Kleinheit etwas Besonderes zu sein und zu den ausgewähl- ten Städten des Deutschen Reichs zu zäh- len, wurde 1935 noch weiter verstärkt, als erneut Uniformierte in die ehemalige 83er- Kaserne einzogen, und zwar nicht nur 'ein- fache' Wehrmachtssoldaten, sondern die auf den Führer vereidigte SS-Verfügungs- truppe "Germania". Dieser Name prägte für fünf Jahre die Stimmung in der Stadt, ja er wirkte letztlich lange über die Zeit des Drit- ten Reiches hinaus. Die Teilnahme der VT beim "Anschluß" Österreichs, bei der Be- setzung des Sudetenlandes und der Bildung des Protektorats Böhmen und Mähren be- stärkte weite Teile der Bevölkerung in ih- rem Selbstwertgefühl ebenso wie die An- wesenheit hoher Funktionsträger von SS und Staat. Die Bedeutung des soldatischen Motivs für den 'Weg Arolsens im Dritten Reich' ist nicht zu unterschätzen. Der Glaube, innerhalb des Deutschen Reiches bedeutsam zu sein, ließ die Dimen- sionen in Arolsen etwas verrutschen, denn trotz des Zuzugs vieler SS-Angehöriger und des erheblichen wirtschaftlichen Auf- schwungs verbunden mit den ungewöhn- lich umfangreichen Baumaßnahmen war und blieb die Stadt auch weiterhin klein. Aber diese kleine Stadt hatte für fünf Jahre eine überproportional große Geschichte. Die Einsetzung Hitlers als Reichskanz- ler war besonders von den konservativen Eliten in Waldeck als dringend notwendige Rettung vor dem Bolschewismus sowie als Beginn einer 'heuen Zeit' aufgefaßt worden. Terror gegen Andersdenkende deuteten sie als heldischen und notwendigen Kampf ge- gen drohende marxistische und bolschewi- stische Gefahren, so daß die Verhaftung von Kommunisten und Sozialdemokraten und deren Einweisung in Konzentrations- lager mit Wohlwollen akzeptiert wurden. Offene Übergriffe auf politische Gegner blieben in Arolsen eher selten. Als ange- messenes Mittel zur erstrebten Herstellung von Ruhe und Ordnung verstand man die Verhängung der "Schutzhaft", die in der räumlich engumgrenzten Stadt Arolsen mit einer soziologisch weitgehend homogenen Zusammensetzung ohnehin nur wenige - aber dennoch einige - traf. Das Verschwin- den der jüdischen Mitbürger und die auch in der Presse verbreiteten Berichte über die Konzentrationslager stießen auf keine nen- nenswerte Ablehnung. Der Kriegsbeginn und damit auch der Abzug der "Germania" wurden im Gegen- satz zu den überschwenglichen Reaktionen bei früheren Einsätzen der SS-Verfügungs- truppe mit Zurückhaltung aufgenommen. Den ausführlichen Würdigungen des 'Hel- dentodes' in der Lokalpresse folgten in im- mer größerer Zahl immer kürzere Meldun- gen vom Tod beim Einsatz für das Vater- land. In Arolsen 'kehrte Ruhe ein'. Das in der Kaserne stationierte SS-Flak-Ausbil- dungs- und Ersatz-Regiment hinterließ bei der Bevölkerung kaum Erinnerungen. Erst gegen Kriegsende wurde dann nochmals die wichtige Position Arolsens im SS-Sy- stem deutlich, als die SS-Führerschule des Verwaltungsdienstes aus der Dachauer Ka- serne nach Arolsen verlegt und zur Führer- schule des Wirtschafts-Verwaltungsdien- stes erweitert wurde. Wieder interessierte nicht so sehr der 'einfache Soldat', sondern die höherrangige Person des Offiziersan- wärters rückte in den Mittelpunkt. Die Be- deutung dieser Entscheidung, für deren Zustandekommen keine zwingenden sach- lichen Motive gefunden werden konnten, wird daran augenfällig, daß es insgesamt nur drei weitere SS-Junkerschulen im Drit- ten Reich gab. Etwa zum Zeitpunkt der Einrichtung der SS-Schule in Arolsen begann eine dritte Funktionsverschiebung der Konzentrati- onslager: Zunächst als Lager vorwiegend zur Ausschaltung der politischen Opposi- tion, zur Elirninierung sozialer Außenseiter und zur Aufrechterhaltung eines permanen- ten Terrors gegen die Bevölkerung aufge- baut, in der ersten Kriegshälfte zusätzlich zur Massenexekution eingesetzt, wurden sie nun in einer Kriegssituation, in der nach der Niederlage bei Stalingrad immer mehr Männer dem Arbeitsprozeß entzogen und an die zurückweichenden Fronten geschickt werden mußten, in die totale Kriegsführung eingegliedert. Aufgrund der von Oswald Pohl forcierten Idee des Arbeitseinsatzes der Häftlinge überzog innerhalb eines Jah- res ein dichtes Netz von Außenkomman- dos das Reich und die besetzten Gebiete, zunächst im unmittelbaren Nahbereich der Stammlager, dann in immer größerem Um- kreis. Unter den 134 Außenkommandos des Konzentrationslagers Buchenwald nah- men die "SS-Führerschule" und das "SS- Bekleidungslager" in Arolsen, die mit der 350 Zusammenfassung 12 Normalbelegstärke von etwa 110 bzw. 20 zu den kleinen Lagern zählten, in mehrfa- cher Hinsicht eine Sonderrolle ein. Vom Konzentrationslager Buchenwald, das der Amtsgruppe D des SS-Wirtschafts- Verwaltungshauptamts in Berlin unterstand, wurden von November 1943 bis März 1945 insgesamt etwa 183 Häftlinge zum Einsatz in Arolsen an zwei Arbeitsplätze abgestellt, die gleichfalls vom SS-WVHA verwaltet wurden. Dies war allerdings nicht beson- ders ungewöhnlich, denn in vielen SS-ei- genen Betrieben und auch SS-Dienststellen einschließlich der Junker- sowie Unterfüh- rerschulen gab es Außenkommandos der nahegelegenen Stammlager. Scheinbar den Rüstungsbetrieben 'gleichgestellt', wurde zwar auch für solche Kommando-Katego- rien anhand der registrierten Arbeitsstun- den das zu entrichtende Häftlingsentgelt berechnet und in Forderungsnachweisen erfaßt, jedoch auf eine tatsächliche Über- weisung von einem SS-Konto auf ein an- deres ab 1944 verzichtet. Wirklich außergewöhnlich und wichtig erscheint aber ein anderer Aspekt dieser Verflechtung. In der Führerschule Arolsen wurden SS-Junker ausgebildet, die nach erfolgreicher Abschlußprüfung mit der Be- zeichnung "SS-Führer des Verwaltungs- dienstes" die Qualifikationen zum Einsatz im SS-WVHA besaßen. Versetzungen und Kommandierungen von Arolsen an dieses Hauptamt sind in den überlieferten Schul- befehlen mehrfach belegt. Umgekehrt er- folgten im Jahr 1944 auch Kommandierun- gen vom WVHA an die SS-Führerschule nach Arolsen, und da die Existenz des für die KL-Verwaltung zuständigen Amtes D nicht der Geheimhaltung unterstand, müs- sen SS-Angehörigen in Arolsen Erlaßlage und Anweisungen grundsätzlich bekannt gewesen sein. Inwieweit sie über die Ver- nichtungslager informiert waren, ist dem- gegenüber nicht deduktiv abzuleiten. Auf- grund der erheblichen Personalfluktuation und des äußerst breitgestreuten Rekrutie- rungsbereichs der SS-Führerschüler ist je- doch anzunehmen, daß einige vor ihrem Aufenthalt in Arolsen von den Massen- morden Kenntnis hatten. Immerhin deuten Eintragungen in Personalakten z.B. über ihren Einsatz in Auschwitz darauf hin. Offenkundig bewußt war Stab, Lehrper- sonal und Führerschülern in Arolsen, daß zum zukünftigen Betätigungsfeld eines SS- Verwaltungsführers auch Verwaltungsauf- gaben im Amt D und somit in einem Kon- zentrationslager gehören konnten. Geht man von einer zumindest auf höchster Ent- scheidungsebene planmäßigen Organisa- tion der KL aus, so mußten die SS-Führer- schüler, um auf diese Aufgaben vorbereitet zu werden, über Struktur der Konzentrati- onslager, Besoldung der Wachmannschaft, Lebens- und Arbeitsverhältnisse in den KL-Stammlagern, Abstellung von Häftlin- gen in Außenkommandos unterschiedlich- ster Art und die vom Amt D III (Sanitätswe- sen) gefihrten Sterbestatistiken bereits bei ihrer Ankunft in Arolsen grundsätzlich in- fomiiert gewesen sein oder während der Lehrgänge untemchtet werden. Fächer wie "Kassen- und Abrechnungsbestimmun- gen", "Disziplinarrecht", "Unterkunftswe- sen" und "Verwaltungsrecht" boten hierzu inhaltliche Anknüpfungspunkte. Gemäß Schulordnung war der Kontakt zu Häftlin- gen untersagt, so daß einzelne Häftlinge oder das gesamte Kommando nicht als le- bendes Anschauungsmaterial zur Schu- lung verwendet werden sollten. 12 Zusammenfassune 35 1 Vielmehr waren Häftlinge primär nach Arolsen geschickt worden, um die vom SS- Flak-Ausbildungs- und Ersatz-Regiment verlassene Kaserne für die Belange einer Führerschule umzurüsten. Hierzu reichten 34 Häftlinge aus, die unter Anleitung eines Kapos und eines Häftlings-Vorarbeiters diese Aufgabe bis Jahresende 1943 ohne nennenswerte Zwischenfälle erledigten. Nach Unterrichtsbeginn im Januar 1944 wurde das Kommando zunächst auf 60 und später im Herbst auf etwa 100 deutlich ver- größert, denn nun mußten die Häftlinge fast alle auf dem Kasernengelände anstehenden Hilfsarbeiten und Dienstleistungen, die ge- mäß Stellenplan in Friedenszeiten von Zi- vilarbeitem ausgeführt werden sollten, er- ledigen. Der Einsatzbereich erstreckte sich von der Kasernen-Küche, den verschiede- nen Werkstätten über die Kleiderkammer hin zum Bedienen der SS-Angehörigen in Frisörstube und Kantine sowie zum Putzen aller Mannschaftsgebäude. Hinzukamen Bauarbeiten außerhalb des Kasernengelän- des an einem Feuerlöschteich, vier Lehrba- racken und Behelfsheimen für SS-Führer. Ein zweites, nicht streng getrenntes Kom- mando aus durchschnittlich 20 osteuropä- ischen Häftlingen versorgte das ebenfalls der SS unterstellte Bekleidungslager. Der Tagesablauf der Häftlinge war folg- lich an den zeitlichen Rhythmus der Schu- le gebunden: Bestimmte Arbeiten mußten zu vorgeschriebenen Zeiten fertig sein, an- dere konnten nur während des Unterrichts der SS-Schüler in den Hörsälen oder bei Feldübungen erledigt werden. Auch wenn dieser Rhythmus monoton, ein Tag wie der vorausgegangene war, so gab er dem Le- ben der Häftlinge eine in ihrer Bedeutung kaum zu unterschätzende Struktur. Nicht nur der weithin sichtbare Uhrturm auf der Exerzierhalle neben dem Kaserneneingang zeigte den Häftlingen die fortgeschrittene Tageszeit an, auch anhand der verrichteten Arbeiten wußten sie, wann ihr Einsatz be- endet war, sie freie Zeit zum Erholen hat- ten. Die Arbeiten waren teilweise sehr hart, aber man wußte immerhin, wann die befoh- lene Arbeit abends aufhörte. Nach Ende des Schulbetriebs lagen in der Kaserne für die Häftlinge im Normalfall keine Arbeiten mehr vor, und die Schul-SS konnte z.B. den Abendappell nicht beliebig ausdehnen, da jede Verlängerung nicht nur den Häftlingen die Zeit zur Erholung verkürzte, sondern ihr gleichzeitig Zeit zum Lernen und Vor- bereiten des Unterrichts nahm. Das Häft- lingskommando verschwand dann weitge- hend aus dem Interessensfeld der SS. Die äußeren Parameter in der Führer- schule Arolsen brachen die von den Häft- lingen in Buchenwald erfahrene absolute Macht der SS in Ansätzen. Im Stammlager war nahezu jede Arbeit allein darauf aus- gerichtet, die Häftlinge zu terrorisieren und sie letztendlich psychisch und physisch zu vernichten. Es ist eine unangebrachte Ver- harmlosung, sie als Zwangsarbeit zu etiket- tieren, denn bei dieser sollte ja mit Mitteln des Zwangs zur Verrichtung einer Tätig- keit angetrieben werden, deren Ziel ein in irgendeinem Sinne verwertbares Ergebnis war. In Buchenwald und den meisten ande- ren Konzentrationslagern war es aber wei- testgehend unerheblich, ob die Arbeit gut oder schlecht verrichtet wurde, und an die- ser Tatsache änderte die Schwerpunktver- schiebung hin zur ökonomischen Häftlings- ausbeutung nur wenig. Durch sorgfältige und der Aufgabenstellung angemessene Arbeit konnte ein Häftling genausowenig 352 Zusammenfassung 12 wie durch Gehorsam oder Befolgen der La- gerordnung einen auf seine persönliche Vernichtung ausgerichteten Terror vermei- den. Strafen dienten vorrangig nicht der Sanktionierung bei Verfehlungen. Sorgfäl- tige Arbeit, Eifer, Unterwürfigkeit, Anbie- derei oder gar Kollaboration verhinderten im System des totalen Terrors nicht plötz- liche, unangemessene, oft todbringende Reaktionen. Gerade diese Willkür war Mit- tel zur Zerstörung des Häftlings. ~hn l i che Anzeichen lassen sich für Arolsen finden: Auch hier setzte es Schläge, ohne da8 der Betroffene einen kausalen Zusammenhang zu seiner Arbeit oder seinem Verhalten her- stellen konnte, gab es privilegierte Häftlin- ge, wurden Günstlinge der SS-Wache ohne erkennbaren Grund fallengelassen. In der SS-Führerschule ergab sich aber eine Kon- stellation, die das Ausüben dieser totalen Macht zumindest eingrenzte. So wie der Tagesablauf der Häftlinge auf den Dienstplan der Schule abgestimmt war, so war umgekehrt der Schulablauf auf die Arbeit der Häftlinge angewiesen. Wahr- scheinlich wäre der Schulbetrieb durch den Ausfall der Häftlinge nicht unmöglich, so aber doch erheblich beeinträchtigt gewe- sen. Der Morgenappell konnte in Arolsen nicht beliebig ausgedehnt werden, da an- dernfalls die Mahlzeiten nicht rechtzeitig fertig gewesen wären, die SS-Angehörigen duldeten keine Verzögerung beim Frisörbe- such, die Tätigkeiten in der Autowerkstatt und an den Lehrsälen mußten pünktlich, zügig und qualitativ gut erledigt werden. Qualvolle Zeitverzögerungen wären auf die SS direkt zurückgefallen. Zerschundene Häftlinge paßten im Eigeninteresse der SS nicht in Küche, Speisesaal, Kantine und in die Schlafräume der SS-Führerschüler. Auf saubere, hygienische Verhältnisse in der Häftlingsunterkunft wurde von der SS zum Eigenschutz geachtet. Das Bild des elen- den, apathischen, zum Skelett abgemager- ten "Muselmanns" wäre auf dem umgrenz- ten Gelände unangenehm in Erscheinung getreten, hätte das ästhetische Empfinden gestört. Die Ernährung wurde daher qua- litativ und quantitativ an der unteren Gren- ze gehalten, ohne sie zu unterschreiten. Zu- sammen mit der Proviantbeschaffung aus Küche und SS-Lager war sie ausreichend, und dieses Kräftereservoir wurde bei den Todesmärschen zur Evakuierung Buchen- walds für viele Arolser Häftlinge lebens- wichtig. Die Verknüpfung von Lebensqualität der Schul-SS und der Häftlinge nahm den schlimmsten Schikanen und Übergriffen die Spitze, ohne sie jedoch ganz zu verhin- dem. Schwere körperliche Mißhandlungen in den Kellern des Wirtschaftsgebäudes und dem SS-Bekleidungslager werden von Zeitzeugen geschildert und waren auch Gegenstand des Militärgerichts-Prozesses gegen den Kommandoführer. Im Verlauf des Jahres 1944 veränderte sich die Situation der Häftlinge dadurch, daß sie immer stärker als private Hilfskräf- te der SS-Führer 'dienten'. Sie übernahmen Lakaien- oder Burschenfunktionen. Diese Bindung an einen SS-Mann enthob den Häftling der Anonymität, es entstand ein 'persönliches' Verhältnis, in dem Brutalität und Quälerei seltener vorkamen, ja es ent- wickelten sich nach übereinstimmenden Berichten ehemaliger Häftlinge sogar ge- wisse Sympathien. Die Kommunikation war aber nur oberflächlich betrachtet sym- metrisch. Kein Häftling konnte sich der ge- wonnenen Vorteile gewiß sein. Ein falsches 12 Zusammenfassung 353 Wort, eine beliebige Handlung konnten den totalen Umschwung im Verhalten des SS-Mannes bringen. Der Lebensraum der Arolser Häftlinge war wie in Buchenwald von einem Zaun fest umgrenzt. Innerhalb des Kasemenare- als waren sie konkurrierenden Interessen ausgesetzt: Dem für den reibungslosen Be- trieb verantwortlichen SS-Schulkommando, den SS-Führerschülem, der SS-Wachmann- schaft aus Buchenwald und den Zivilisten. In den wechselseitigen Abhängigkeiten stand das Dutzend der Wachmannschaft zwischen den höheren Rängen der Schule an unterer Stufe der Hierarchieleiter, und um nicht aufzufallen, hielten sie sich zu- rück. Wurde allerdings die eigene Position gefährdet, wie z.B. nach mehreren Flucht- versuchen, ging man unnachgiebig mit den Häftlingen ins Gericht. Die Führerschüler verhielten sich den Häftlingen gegenüber reserviert. Gröbere Tätlichkeiten wurden auch aus dem Grund nicht gewagt, weil es dafür keine ausdrückliche Erlaubnis gab und man nie wissen konnte, welche Aus- wirkungen Übergriffe auf die Abschlußbe- urteilung hatten. Kleine Überschreitungen der Anweisungen durch die Häftlinge wur- den wiederholt als Anlaß genommen, dann 'formal korrekt' gegen die Gefangenen vor- zugehen. Am unproblematischsten war der Kontakt zu den Zivilarbeitem in der Kaser- ne. Sie halfen den Häftlingen in Einzelfäl- len, ohne dabei allzusehr ihr eigenes Leben zu riskieren. Die Kompetenzaufspaltung innerhalb der SS, die Bedeutung der Häftlinge für die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs, die zeitliche Strukturierung und die räumliche Einengung vemngerten die Gefahr schlim- mer Übergriffe. Sie nahmen dem Häftling tagsüber an der Arbeitsstelle die unmittel- bare Todesangst, die er im KL Buchenwald ständig verspürt hatte. Die Wahrschein- lichkeit, vor Ort von einem SS-Angehöri- gen plötzlich tödliche Schläge zu erhalten, erschossen oder aufgehängt zu werden, be- stand kaum. Arolsen erschien - wie es ein ehemaliger Häftling formulierte - im Ver- gleich zu Buchenwald als "Sanatorium". Aber das Leiden war immer nur 'auf Zeit entschärft'. Der Terror war verlagert auf die existentielle Frage, was der nächste Mor- gen bringen würde. Jeder Transport nach Buchenwald, wurde er aus noch so harm- losen Gründen durchgef'jhrt, bedeutete für die Häftlinge akute Gefahr, die Gefahr, in Buchenwald zu bleiben. Daß diese Angst nicht unbegründet war, zeigt die erhebliche Zahl der Rücküberstellungen. Jeder dritte Häftling wurde vor Auflösung des Kom- mandos ohne ersichtlichen Grund in das Stammlager zurückgeschickt. Mehrere ka- men dort oder in anderen Kommandos um. Die vorliegende Studie stützt sich auf Kriegszeitdokumente des Konzentrations- lagers Buchenwald, die bis Dezember 1944 weitgehend erhalten sind, auf unvollstän- dig überlieferte Befehle und Unterlagen der SS-Führerschule des Wirtschafts-ver- waltungsdienstes sowie auf die Prozeßun- terlagen gegen den SS-Kommandoführer. Anhand dieser Dokumente waren Einrich- tung, Struktur und Größe des Außenkom- mandos mit guter Genauigkeit zu analysie- ren. Nicht geklärt werden konnte, wer die Abstellung von Häftlingen nach Arolsen anordnete und wer die Evakuierung des Kommandos unmittelbar vor Einmarsch der Alliierten befahl. Offen bleibt auch das Schicksal einiger Häftlinge, für die ein Da- tum der Rücküberstellung nach Buchen- 354 Zusammenfassung 12 wald nicht feststellbzr war. Fast für die Ge- samtzahl dieser Personen konnte die Bio- grafie zu einem späteren Zeitpunkt in ei- nem anderen Lager oder nach der Befrei- ung wieder aufgegegriffen und rekonstru- iert werden, so daß die Aussage erhärtet wird, vor Ort in Arolsen seien keine Häft- linge umgekommen. Es wurde allerdings nachgewiesen, daß einige vor Ende März 1945 rücküberstellte Häftlinge die Lager- zeit nicht überlebten oder auf einem der Evakuierungstransporte starben. Die ausgewerteten Dokumente lieferten jedoch nur wenig Informationen über die Lebens- und Arbeitsbedingungen im Arol- ser Lager. Um diese zu ermitteln, greift die Untersuchung auf Berichte und Interviews von Zeitzeugen zurück. Gespräche mit an- nähernd 200 damals in Arolsen lebenden Zivilisten und SS-Angehörigen wurden ge- führt und Niederschriften sowie Interviews mit etwa 18 Prozent der Häftlinge des ehe- maligen Außenkommandos Arolsen aus- gewertet. Häftlinge unterschiedlicher Kate- gorien und Nationalitäten wurden befragt. Nicht einbezogen werden konnten ehema- lige Häftlinge aus der Sowjetunion mit der Bezeichnung "Russe", da von keinem der heutige Aufenthaltsort feststellbar war. Bei der Analyse der Berichte zeigten sich zwar Abweichungen in Detailfragen, aber auch erstaunliche Übereinstimmungen im grund- sätzlichen Aussagegehalt sogar bei Zeit- zeugen, die seit 1945 keinen Kontakt mehr miteinander gehabt haben. In der Darstellung bedient sich die Un- tersuchung in erheblichem Maße des Zi- tieren~ von Zeitzeugenberichten, vonvie- gend denen ehemaliger Häftlinge. Die Ent- scheidung für dieses Vorgehen fiel vor dem Hintergrund der möglichen Kritik an den Quellen sehr bewußt. Es besteht sicher die Gefahr, daß in der Schilderung nur Teile - aus welchen Motiven auch immer - preis- gegeben werden und so die Wahrheit ver- fälschen oder Fakten aus der zeitlichen Di- stanz von fast 50 Jahren ungenau erinnert werden. Tatsachenbehauptungen wurden daher nur übernommen, wenn sie zugleich durch eine objektive Quelle oder weitere Zeugen bestätigt wurden. Aus dieser Ab- sicht erklärt sich, daß neben die Zitate eine Vielzahl Originaldokumente gestellt wurde. Die Situation in dem kleinen Außen- kommando läßt sich in wissenschaftlichen Begriffen systematisiert beschreiben, stati- stisch erfassen und auswerten. Aber Zah- len, auch wenn sie noch so groß sind, kön- nen den Terror in den Konzentrationsla- gern eben nur begrifflich und statistisch verdeutlichen, ebenso wie der Gang durch eine saubere, gepflegte KZ-Gedenkstätte die ständige Todesangst der Häftlinge nur ansatzweise vermitteln kann. Es erscheint daher auch ein angemessener Zugang, die, die beides unmittelbar erlebt und überlebt haben, in erster Linie zu Wort kommen zu lassen. Gerade die Erinnerung an eine Klei- nigkeit, die in rein fachwissenschaftlichen Abhandlungen und Zusammenfassungen oft nicht vorkommt, spiegelt ein wichtiges Stück Lagerleben wider. Dem Häftling war zu diesem Zeitpunkt dieses Ereignis ganz besonders wichtig! Nur der Geschlagene selbst sah das Gesicht dessen, der ihn schlug. Für jeden einzelnen Häftling hatte die Zeit im Lager eine andere Bedeutung, niemand anders hatte die Zeit in Arolsen so erlebt wie er, und wenn sich ein anderer daran erinnert, so sind es nicht seine, son- dem die Erinnerungen des anderen an die Zeit in Arolsen. Anhang 355 Anhang 356 Die Häftlinge Anhang Die Häftlinge des Außenkommandos Arolsen Insgesamt konnten 185 Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald namentlich ermittelt werden, bei denen ein Hinweis auf das Außenkommando Arolsen vorhanden ist. Lediglich bei zwei Häftlingen ist dieser Bezug vage. In der folgenden Tabelle wer- den Nationalität, Geburtsort, Beruf, Geburtsdatum, Ankunft in Arolsen, Rücküberstel- lung nach Buchenwald bzw. Flucht sowie die Aufenthaltsdauer in Arolsen für alle 185 Häftlinge aufgelistet. Die mit "?" gekennzeichneten Daten konnten nicht mit Sicherheit ermittelt werden. Von allen Häftlingen sind auch die Vor- und Nachnamen bekannt. Auch wenn so das Risiko der Fehldeutung besteht, die ehemaligen Häftlinge würden hier erneut nur als "Nummern" behandelt, wird aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes in der folgenden Tabelle bewußt auf eine Namensnennung verzichtet. Die Angabe der Nationalität N richtet sich nach Eintragungen in SS-Dokumenten: B: Belgier D: Deutscher F: Franzose I: Italiener J: Jugoslawe L: Luxemburger Li: Litauer N: Niederländer P: Pole R: Russe T: Tschechoslowake U: Ungar Uk: Ukrainer - P P P P - P P P P P Nummer N Geburtsort Beruf Geburts- von von Tage datum Buchenwald Arolsen in nach nach Arol- Arolsen Buchenwald Sen 61 P Litzmannstadt 299 P StrzelceMale 357 D Augsburg 382 D Cursdorf 395 D BeiersdorfIS. 532 P Krasna 821 L Ettelbreck 913 L Colmar-Berg 1458 D Grünstadt 1498 P Kelbask 1529 R Kiew 1705 B Welkenraedt 181 1 P Warschau 2403 D Zwickau Tischler Fleischer Zimmermann Schlosser Steinmetz Zimmerer Frisör Autoschlosser Gärtner Bauer Schlosser Maurer Arbeiter Betonarbeiter Anhang Die Häftlinge Nummer N Geburtsort Beruf Geburts- datum 2427 D Kotzschbar 2473 D Köln 2558 D AdoriNogtland 2770 P Warschau 2799 P Zalesie 2920 Li Bronschekowo 3063 P Kibel 3230 P Cischewig 3490 D Mausbach 3545 1 PievePelago 3551 P Topola 3562 T Wesely 3734 Uk Woliza-Skitomir 3802 P Chelm 3805 P Bortniki 3841 R Gogolow 4696 R Leningrad 4861 D Hülzweiler 5164 P Rajeza 5596 D StetschIDresden 5880 D Eriurt 5995 R Ozerjani 6598 D Kassel 7059 P Litzmannstadt 7367 Uk Schmarnoje-Kursk 7703 D Ratekau 7831 P Budzyna 7856 R Andrejewska 7920 P SmorynIBilgoraj 8179 D Gera 8209 P Bugaj 8452 R Kirow (Tulikolow) 8463 R Sadowka 8787 P Grodno 8868 R Sdobnikowo 9136 T Nassaberg 9150 R Kotscherahinzi MaurerIFleischer Schlosser Textilarbeiter Schlosser Fleischer Metallarbeiter Arbeiter Schuster Koch Gemeindesekretär Landarbeiter Kellner Lagerkaplan Landarbeiter Tischler Schlosser Musiker, Bergmann Landarbeiter Melker Angestellter Arbeiter Kaufmann ? Arbeiter Fleischer Schweißer Schlosser Landarbeiter Weber Schuster Arbeiter Chauffeur Maurer Schlosser KochIKellner ? von von Buchenwald Arolsen nach nach Arolsen Buchenwald 02.08.1 944 29.03.1945 02.03.1 945 29.03.1 945 09.09.1944 16.12.1944 13.1 0.1 944 29.03.1945 14.1 1.1943 29.03.1945 21.09.1944 ? 14.11.1943 10.10.1944 13.10.1944 ? 14.11.1943 27.11.1943 21.09.1944 29.03.1945 05.02.1944 29.03.1 945 14.11.1943 ? 13.10.1944 29.03.1 945 05.02.1944 10.10.1944 05.02.1 944 29.03.1945 21.01.1944 29.03.1945 13.10.1944 29.03.1 945 14.11.1943 27.11.1943 21.09.1 944 29.03.1 945 06.11.1944 29.03.1945 14.11.1943 ? 05.02.1944 ? 14.1 1.1943 06.09.1944 14.1 1.1943 29.03.1945 21.09.1944 29.03.1945 18.05.1944 29.01 .I 945 14.11.1943 ? 05.02.1944 29.03.1 945 05.02.1944 29.03.1945 14.1 1.1943 29.03.1945 21.01.1944 29.03.1945 24.03.1 944 29.03.1945 13.10.1944 29.03.1 945 05.02.1 944 ? 21.09.1944 29.03.1945 14.11.1943 04.03.1944 06.1 1.1944 29.03.1945 Tage in Arol- Sen 239 27 98 167 501 331 13 189 418 167 248 418 433 167 13 189 143 297 501 189 256 41 8 418 501 433 370 167 189 11 1 143 Die Häftlinge Nummer N Geburtsort Beruf Geburts- daturn von von Tage Buchenwald Arolsen in nach nach Arol- Arolsen Buchenwald Sen Krosilowa Litzmannstadt Krzemieniec Besko Leipzig Slawoszen Lissau Deutschleutern Federowka Czeska-Hulcza Czysciec/Posen Panizewo Markuszew Jaroslawice Nowe-Zawady Charkow ZarkutSaporoskje Chojniza Smolnice Tours Duwanka Warschau Iwaschenewka Warschau DenHaag Beaumont Dinklar Posen Prossnitz Radschitz Zidenice Makejewka Heiligenwald Petropanlowka Nowosil Pawlodav Alexandrowka Landarbeiter Radiornonteur Autoschlosser Landarbeiter Kellner Landarbeiter Tischler Maschinenschlo: Elektriker Frisör Fleischer Koch, Bäcker Schneider Student Fleischer Schweißer Landarbeiter Arbeiter Tischler Lagerarbeiter Koch Heizer Landarbeiter Arbeiter lsolierer Bäcker, Koch Arbeiter Koch Steuerbearnter Kellner Koch Schlosser Bergmann Landarbeiter Landarbeiter Tierarzt Landarbeiter -- Nummer N Geburtsort Beautor Lüttich Saarbrücken Breslau Silberbach (T) Wiesbaden Mostar Nürnberg Hamburg Fürth München Czenstochau Winniza Olesko-Lemberg Onkla Rzansk Neumarkt Gajowka Ksawerow Weliko-Globoko Veliko Oslica TalciOrch(di,chi) Cerknica NowaPraga Kirowgrad Tschernokonze Urazowo Urazowo Ingulo-Kamjanka Wawarowka Miranpol Belirin Kiew Kiew Kamenka Die Häftlinge Anhang Beruf Geburts- von von Tage datum Buchenwald Arolsen in nach nach Arol- Arolsen Buchenwald Sen Matrose Student Kaufmann Schmied Hausmeister Kraftfahrer Kunstmaler Tischler Elektromonteur Kellner Schneider Schlosser Schuster Schlosser Tischler Agronom Automechaniker Heger Fleischer Landarbeiter Landwirt Arbeiter Bauer Zimmermann Sänger Landwirt Lehrer Schlosser Schlosser Frisör Bergmann Tischler Koch Schüler Schuster Schüler Radiomonteur Anhang Die Häftlinge 361 Nummer N Geburtsort Beruf Geburts- von von Tage datum Buchenwald Arolsen in nach nach Arol- Arolsen Buchenwald Sen 45843 R Kazbirowka 46849 R Nishnitschurskaja 52802 R Warwarowka 53035 R Kononychino 60316 R Jenikale 69740 T Siebenhirten 73898 R Rostow 75003 P Miedzyrzel 86518 P Kuligi 90387 P Sieradt 90812 P Warschau 91 178 P Warschau 91 197 P Polock 91214 P Maksymilianow 91220 P Litzmannstadt 91266 P Warschau 91268 P Warschau 100464 R Awratyn 101958 U Sombathely 128981 P Kazmierz 131034 R Alexandrowka 131049 R Kiew 133190 F Lien Landarbeiter Dreher Elektriker Tischler Schlosser Dachdecker Musikstudent Tischler Zimmermann Frisör Schlosser Tischler Arbeiter Schuster Zimmermann Maurer Maurer Tischler Riemenschneider Maurer Schlosser Arbeiter Frisör 362 Anmerkungen Anhang Anmerkungen 1 Arolsen im Zeichen der SS 1 Fotosammlung Maindorfer 2 H. Nicolai, S. 245 3 H. Nicolai, S. 246 4 Fotosammlung Zimmer 5 H. Nicolai, S. 319 (falschlicherweise gedruckt als S. 329) 6 Zitiert nach H. Reichold, S. 259. Geschichte des Realgymnasiums für Jungen, S. 52 Waldeckischer Landeskalender 1932, S. 60 Fotosammlung Zimmer G. Steiner, S. 249 StA MR 16513982 Fotosammlung Maindorfer WLZ 21.03.1933 Ausführliche Werbung für und Informationen über den freiwilligen Arbeitsdienst finden sich in der WLZ vom 09.03. und 11.03. 1933. WLZ 21.03.1933 StadtA Arolsen AR I1 (4) - 2111 WLZ21.11.1933 StadtA Arolsen AR I1 (4) - 2112 StadtA Arolsen AR I1 (4) - 2 112 StadtA Arolsen AR I1 (4) - 2112 Fotosammlung Zimmer Geheime Kommandosache 364135 g.Kdos AHA IaB vom 13.02. 1935, zitiert nach: P. Hausser, S. 240. G. Steiner, S. 308 H. Höhne, S. 413 P. Hausser, S. 234 0. Weidinger, S. 57 ff. StadtA Arolsen AR I1 (4) - 2113 und AR I1 (4) - 2 114 WLZ 31.10.1935 WLZ 31.10.1935 Fotosammlung Zimmer H. Buchheim, S. 161 WLZ 31.01.1936 Fotosammlung Maindorfer Fotosammlungen Maindorfer und Zimmer WLZ 25.03.1936 35 WLZ 04.05.1936 36 WLZ 04.05.1936 37 Fotosammlung Zimmer 38 Fotosammlung Zimmer 39 H. Höhne, S. 446 40 0. Weidinger, S. 62 4 1 Fotosammlung Maindorfer 42 Auskunft Stadt Arolsen gegenüber dem Autor 1993. Der Kaufvertrag befindet sich wegen der Verhandlungen über die Nutzung der Kaserne nach Abzug der belgischen Streitkräfte 1994 nicht im Archiv. 43 HHStA Wi 519/V, 2144-17 44 Diese Vertragsklauseln spielen bei der Pla- nung für die Nutzung des Kasernenareals nach dem Abzug der belgischen Garnison im Jahr 1994 eine wichtige Rolle. 45 Fotosammlung Zimmer 46 Fotosammlung Zimmer 47 Fotosammlung Zimmer 48 Waldeckischer Landeskalender 1939, S. 89 49 Fotosammlung Maindorfer 50 Fotosammlung Zimmer 5 1 Credit National Archives III-SC-357706, Washiigton 52 StadtA Arolsen AR I1 (4) - 2114 53 Fotosammlung Zimmer 54 G. Steiner, S. 309 55 Waldeckischer Landeskalender 1937, S. 54 56 StadtA Arolsen AR I1 (4) - 2114 57 Eine ausführliche Darstellung der Funktionen eines Oberabschnitt-Führers findet sich bei A. Schmeling: Josias Erbprinz zu Waldeck und Pyrmont. 58 WLZ vom 13.02.1937 59 Fotosammlung Zimmer 60 Fotosammlung Zimmer 61 A. Schmeling, in Groeneveld, S. 71 62 A. Schmeling, in Groeneveld, S. 71 63 Fotosammlung Zimmer 64 Zusammengestellt nach der1 in der WLZ veröf- fentlichten Angaben der Stadt Arolsen. Es fehlen: 6.34, 5.38, 6.38, 9.38, 2.39. Beim Einwohnermeldeamt in Arolsen sind für die- Anhang Anmerkungen 363 Sen Zeitraum keine zusammenfassenden Un- terlagen vorhanden. 65 Schreiben von Herrn H. Jedicke Sen. an den Autor vom 08.1 1.1987 66 Zusammengestellt nach den in der WLZ veröf- fentlichten Angaben der Stadt Arolsen und ergänzenden Angaben des Standesamts. 67 WLZ 30.10.1935 68 StadtA Arolsen AR I1 (1) - 117 69 Eine ausführliche Dokumentation des Schick- sals der Arolser Juden findet sich bei M. Win- kelmann. 70 WLZ 02.02.1943 7 1 Fotosammlungen Maindorfer und Zimmer 72 Fotosammlung Zimmer 73 WLZ 22.08.1936 74 WLZ 22.08.1936 75 WLZ21.09.1936 76 WLZ 21.09.1936 77 WLZ 01.09.1937 78 WLZ 30.08.1937 79 WLZ 01.04.1938 80 StadtA Arolsen AR I1 (4) - 2115 8 1 Fotosammlung Zimmer 82 P. Hausser, S. 289 83 StadtA Arolsen AR I1 (4) - 2115 84 WLZ 13.114.11.1943 85 Kriegstagebuch OKW, S. 1278 86 Kriegstagebuch OKW, S. 1281 87 WLZ 13.114.1 1.1943 88 Filminterview des Autors mit dem ehemaligen Schüler Willi Götte vom 20.1 1.1986. Die ersten Recherchen des Autors über die Zeit von 1933 bis 1945 in Arolsen mündeten in einem etwa 60minütigen Videofilm mit dem Titel "Arthur - Das Außenkommando Arolsen des Konzentrationslagers Buchen- wald", der am 26. März 1990 uraufgeführt wurde. Für diese Dokumentation wurden Zeitzeugen interviewt und gefilmt. Auf diese Filmaufnahmen beziehen sich im folgenden jeweils die Hinweise auf Filminterviews. 89 WLZ 13.114.1 1.1943 90 Filminterview des Autors mit dem ehemaligen Schüler Willi Götte vom 20.11.1986 9 1 Filminterview des Autors mit dem ehemaligen Patienten des Reservelazaretts "HJ-Heim" Fritz Schubert vom 18.07.1985 2 Wege nach Arolsen 1 Das Original der ersten Transportliste befin- det sich beim ISDLTS in Arolsen. Herr W. Apel stellte dem Autor eine Kopie zur Verfu- gung, die er vor etwa 25 Jahren bei einem Besuch des Internationalen Suchdienstes ISDATS erhielt. Die Namen sind aus daten- schutzrechtlichen Bestimmungen bereits auf dieser Kopie geschwärzt. 2 WLZ 30.10.1943 3 Zur Position und Funktion des Kapos siehe auch Kapitel 7. 4 Filminterview des Autors mit dem ehemaligen Häftling Willy Apel am 23.10.1987, im folgenden: Bericht W. Apel 5 Näheres zu den Außenkommandos siehe auch Kapitel 4. 6 Siehe auch: A.F. Groeneveld. 7 Auswertung der ersten Transportliste vom 14.1 1.1943 8 Bericht W. Apel 9 Bericht W. Apel 10 Bericht W. Apel 11 Bericht W. Apel 12 H. Tesmer, S. 135 ff. 13 Privatbesitz W. Apel 14 Bericht W. Apel 15 M. Broszat, S. 66 1 6 H. Höhne, S. 186 17 Auskunft des ISD/iTS gegenüber dem ehema- ligen Häftling W. Apel bzw. seinem Rechts- beauftragten 18 Bericht W. Apel 19 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 69 20 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 62 21 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 62 22 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 63 23 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 67 24 Kopie im Privatbesitz W. Apel 25 Bericht W. Apel 26 E. Kogon, S. 388 27 Bericht W. Apel 364 Anmerkungen Anhang Bericht W. Apel Quelle unbekannt Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald: Bu- chenwaldarchiv 57-3-26 Kopie im Privatbesitz von W. Apel E. Kogon, S. 382 Auskunft des ISD/iTS gegenüber dem ehema- ligen Häftling W. Apel bzw. seinem Rechts- beauftragten Kreisleitung Gera-Stadt der SED (Hg.), S. 26 Kreisleitung Gera-Stadt der SED (Hg.), S. 36 Kreisleitung Gera-Stadt der SED (Hg.), S. 35 KJVD: Kommunistischer Jugendverband Deutschlands Kreisleitung Gera-Stadt der SED (Hg.), S. 26 Kreisleitung Gera-Stadt der SED (Hg.), S. 30 Kreisleitung Gera-Stadt der SED (Hg.), S. 32 A. F. Groeneveld, S. 12 E. Kogon, S. 393 Kreisleitung Gera-Stadt der SED (Hg.), S. 41 BAK R 581264 Bericht Frau Rabe aus P. Frau Rabe kannte den ehemaligen Häftling Häberle und hat seine Verhaftung miterlebt. W. Ayaß: Ein Gebot ..., S. 66 Reichssicherheitshauptamt - Amt V - (Hg.), - Vorbeugende Verbrechensbekämpfung. Erlaß- sammlung, bearbeitet von SS-Hauptsturmfüh- rer Kriminalrat Richrath im Reichssicher- heitshauptamt, 0.0. (Berlin), o.J. (1942), abge- druckt bei W. Ayaß: Ein Gebot ..., S. 46/47. rer Kriminalrat Richrath im Reichssicher- heitshauptamt, 0.0. (Berlin), o.J. (1942), zitiert nach W. Ayaß: Ein Gebot ..., S. 44. 5 1 W. Ayaß: Ein Gebot ..., S. 44 52 Zitiert nach W. Ayaß: Ein Gebot ..., S. 55. 53 Siehe auch: M. Broszat, S. 77. 54 Bericht Frau Rabe aus P. 55 W. Ayaß: Ein Gebot ..., S. 60 56 Der Name wurde auf Wunsch der Ehefrau von Fritz W. gekürzt. Einzelheiten finden sich auch im Kapitel 10. Der Fall des ehemaligen Häftlings Fritz W. verdeutlichte dem Autor, daß personenbezo- gene Daten behutsam zu verwenden sind. Frau W. reagierte auf eine Anfrage zunächst sehr irritiert und verängstigt, unterstützte den Autor dann jedoch bei seinen Recherchen tatkräftig. Sie bat allerdings ausdrücklich, alle Informationen ohne Namensnennung zu ver- wenden, da sie ansonsten für sich und ihre Familie Nachteile befürchte. 57 Auskunft des ISDfiTS gegenüber dem ehe- maligen Häftling Fntz W. bzw. seinem Rechtsbeauftragten 58 M. Broszat, S. 87 59 M. Broszat, S. 88 60 Auskunft des ISDATS gegenüber dem ehe- maligen Häftling Fntz W. bzw. seinem Rechtsbeauftragten 6 1 Bericht Frau W. 62 M. Broszat, S. 79 48 Reichssicherheitshauptamt - Amt V - (Hg.), 63 E. Kogon, S. 397 Vorbeugende Verbrechensbekämpfung. Erlaß- 64 Privatbesitz K. Holik sammlung, bearbeitet von SS-Hauptsturmfuh- rer Kriminalrat Richrath im Reichssicher- heitshauptamt, 0.0. (Berlin), o.J. (1942), abge- druckt bei W. Ayaß: Ein Gebot ..., S. 46/47. 49 Der Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Inneren, 26.01.1938 in: Reichssicherheitshauptamt - Amt V - (Hg.), Vorbeugende Verbrechensbekämpfung. Erlaß- sammlung, bearbeitet von SS-Hauptsturmfüh- rer Kriminalrat Richrath im Reichssicher- heitshauptamt, 0.0. (Berlin), o.J. (1942), S. 47 50 Reichssicherheitshauptamt - Amt V - (Hg.), Vorbeugende Verbrechensbekämpfung. Erlaß- sammlung, bearbeitet von SS-Hauptsturmfüh- 65 Eine Kopie der Anklageschrift findet sich im Privatbesitz K. Holik. 66 Entlassungsschein des Zuchthauses Halle, Kopie im Privatbesitz von K. Holik 67 WLZ 24.10.1938 68 WLZ 29.06.1939 69 A. F. Groeneveld, S. 12 70 E. Kogon, S. 397 71 Panstwowe Museum w Oswiecimiu, ohne Signatur 72 Panstwowe Museum w Oswiecimiu, ohne Signatur 73 Auskunft des ISDATS gegenüber dem ehemaligen Häftling M. Bolek bzw. seinem Rechtsbeauftragten Anhang Anmerkungen 365 74 Interview des Autors mit dem ehemaligen Häftling M. Bolek am 28.06.1991 bei seinem ersten Besuch in Arolsen nach 1945, im folgenden: Bericht M. Bolek 75 Panstwowe Museum W Oswiecimiu Archivum Zgl K1 Auschwitz - Transportlisten D-Au T-31811 149709 76 Panstwowe Museum W Oswiecimiu Archivum Zgl K1 Buchenwald t.8 D-Bu-31118 149720 77 Bencht M. Bolek 78 Auskunft des ISD/iTS gegenüber dem ehe- maligen Häftling M. Bolek bzw. seinem Rechtsbeauftragten 79 Auskunft des ISDOTS gegenüber dem ehe- maligen Häftling M. Bolek bzw. seinem Rechtsbeauftragten 80 Interview mit dem ehemaligen Häftling L. Majka in seinem Wohnort am 16.12.1991, protokolliert von Frau D. Kolakowska, im folgenden: Bericht L. Majka Frau D. Kolakowska sei an dieser Stelle aus- drücklich für ihre große Unterstützung der Arbeit gedankt. Sie recherchierte den augen- blicklichen Wohnort der vom Autor ge- suchten ehemaligen Häftlinge und führte ausführliche Gespräche mit ihnen. Ihre Pro- tokolle liegen in polnischer Sprache vor und wurden vom Autor übersetzt. 8 1 Bericht L. Majka 82 Auskunft des ISD/iTS gegenüber dem ehe- maligen Häftling L. Majka bzw. seinem Rechtsbeauftragten 83 Bericht L. Majka 84 Bericht L. Majka 85 E. Kogon, S. 296 86 Bericht L. Majka 87 Auskunft des ISD/iTS gegenüber dem ehe- maligen Häftling L. Majka bzw. seinem Rechtsbeauftragten 3 Einrichtung des Außen- kommandos 1 BAK, NS 4 Bu1229 2 Bericht L. Majka 3 Siehe auch S. 21. 4 Fotosammlung Zimmer 5 Auskunft Stadt Arolsen gegenüber dem Au- tor 1993 6 WLZ 06.09.1935 7 Fotosammlung Maindorfer 8 Hochbauamt der Stadt Arolsen, Beschriftun- gen vom Autor 9 Bericht W. Apel 10 HLVA Wi: 9145-3,1025K. Mit Genehmigung des Hessischen Landesvermessungsamtes vervielfältigt - Vervielfaltigungnummer 4/94. 11 Bericht W. Apel 12 Fotosammlung Zimmer 13 Staatsbauamt Arolsen 14 Bericht W. Apel 15 Bencht W. Apel 16 Fotosammlung Zimmer 17 Fotosammlung Zimmer 18 H. Buchheim, S. 208 19 Übliche Abkürzung für "Reichsfihrer-SS und Chef der deutschen Polizei im Reichsministe- rium des Inneren" 20 P. Hausser, S. SO 21 Anlage zu: SS-Führungshauptamt, Komman- doamt der Waffen SS, Abt IdBeIOe, Tgb. Nr. 825 geh. vom 16. Juni 1941, zitiert nach P. Hausser, S. 301. 22 Eine wissenschaftliche Dokumentation über die Führerschule des Verwaltungsdienstes in Dachau und die SS-Führerschule des Wirt- schafts-Verwaltungsdienstes in Arolsen lie- gen bisher nicht vor. 23 H. Buchheim, S. 164 24 M. Broszat, S. 83 25 Schwarze Korps vom 1 1.06.1942 26 Schwarze Korps vom 1 1.06.1942 27 Berlin Document Center BDC, Personalakte Bochmann 28 Führernachwuchs der Waffen-SS, zitiert in P. Hausser, S. 323. 29 BAMAF RS 51437.20 30 BAIMAF RS 51437.20 3 1 BAIMAF RS 51436.24 32 BAIMAF RS 51437.18 33 BAIMAF RS 51437-1511 6 34 BAlMAF RS 51437-15 35 BAMAF RS 51437-15 36 BNMAF RS 51437-16 37 BAIMAF RS 51437-16 366 Anmerkungen Anhang 38 BAiMAF RS 51437-17 39 BNMAF RS 51437.17 40 BNMAF RS 51443.39 41 BNMAF RS 51437- 10 42 BNMAF RS 51437- 10 43 Beispiele finden sich in BAiMAF RS 51437- 73; Umfangreiche Untemchtsunterlagen fmden sich in: BA/MAF RS 51438, RS 51439, RS 51440, RS 51441; Aufgaben der Abschluß- prüfungen finden sich in: BAiMAF RS 51442. 44 Beispiele in BAJMAF RS 51437-7 1 45 Beispiele in BAiMAF RS 51437-72 46 BAIMAF RS 51437-71/72/73 Die Schreibweise NSDAP. und MG. 42 findet sich in den Originalaufgaben. 47 B m A F RS 51442-1. Weitere Aufgaben fin- den sich in: RS 51438 - 442. 48 BAIMAF RS 51443-91 49 BNMAF RS 51437-10 50 BAIMAF RS 51443-91 5 1 BAiMAF RS 51443-37 52 BNMAF RS 51437-12 53 Selbst in Durchführungsbestimmungen für die Lehrgruppen wurde diese überholte Be- zeichnung verwendet: BA/MAF RS 51437-10. 54 Eine genaue Dauer der Lehrgänge wurde zwar zu Beginn festgelegt, durch Kriegsein- wirkungen ergaben sich jedoch wiederholt Verschiebungen. 55 Beispiele für die Prüfungsaufgaben finden sich in: BNMAF RS 51442. 56 BAiMAF RS 51437-12 57 BNMAF RS 51443-80 58 BAIMAF RS 51443-79 59 BA/MAF RS 51443-102 60 BAiMAF RS 51443- 102 61 BNMAF RS 51443-103 62 BAiMAF RS 51443- 102 63 BAIMAF RS 51443.79 64 BNMAF RS 51443-79 65 BNMAF RS 51436-24 66 Fotosammlung Zimmer 67 BNMAF RS 51436-24 68 WLZ vom 22.04.1944 69 BNMAF RS 51437-21 70 BNMAF RS 51436.26 7 1 BAMAF RS 51436-26 72 Interview mit dem ehemaligen Häftling Bog- dan Wozniak in seinem Wohnort am 08. 02. 1992, protokolliert von Frau D. Kolakowska, im folgenden: Bericht B. Wozniak 73 Bericht B. Wozniak 74 Auskunft der KZ-Gedenkstätte Dachau vom 03.09.1991 75 Auskunft des ISDIITS gegenüber dem ehe- maligen Häftling Bogdan Wozniak bzw. seinem Rechtsbeauftragten 76 Auskunft des ISDflTS gegenüber dem ehe- maligen Häftling Bogdan Wozniak bzw. seinem Rechtsbeauftragten 77 Archivum Glownej Komisji Badania Zbrodni przeciwko Narodowi Polskiemu - Instytut Pamieci Narodowej, Warschau, KL Buchenwald, 62143-43v 78 Yad Vashem, Jerusalem, HS 19 79 Aus der polnischen Niederschrift ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob der "Ortsbauern- fuhrer" oder ein "Ortsbannführer" gemeint ist. 80 Interview mit dem ehemaligen Häftling E. Rozmus in seinem Wohnort am 15. 11. 1991, protokolliert von Frau D. Kolakowska, im folgenden: Bericht E. Rozmus 81 Auskunft der KZ-Gedenkstätte Dachau vom 03.09.1991 82 Bericht E. Rozmus 83 Bericht E. Rozmus 84 Bericht E. Rozmus 85 Filminterview des Autors mit dem ehema- ligen Häftling F. Labalue in Arolsen am 04.10. 1986, im folgenden: Bericht F. Labalue 86 Deutsches Kriminalpolizeiblatt Nr. 4904 vom 14. 06.1944 87 Bericht F. Labalue 88 Interview des ehemaligen Häftlings F. Labalue mit dem Titel "Can Good come from Evil" in: Observer Magazin vom 19. 1 1 . 1989 89 Bericht F. Labalue 90 A. Mitscherlich, S. 63 9 1 Bericht F. Labalue 92 Bericht F. Labalue 93 Interview mit F. Labalue in: Observer Magazin vom 19. 1 1. 1989 94 Bericht F. Labalue 95 Bericht F. Labalue 96 BNMAF RS 51437-29 Anhang Anmerkungen 367 97 Filminterview des Autors mit der ehemaligen Zivilarbeiterin in der Kaserne Frau L. Krüger vom 29.10.1988, im folgenden: Bericht L. Krüger 98 Interview mit dem ehemaligen Häftling J. Zu- rawski in seinem Wohnort am 13.02.1992, protokolliert von Frau D. Kolakowika, im folgenden: Bericht J. Zurawski 99 Fotosammlung Zimmer 100 Bericht J. Zurawski 101 Schreiben des ehemaligen Häftlings S. Pieniazek vom 07.06.1991 102 BAIMAF RS 51443.30 103 Schreiben von S. Pieniazek vom 07.06.1991 104 Schreiben von S. Pieniazek vom 07.06.1991 105 Schreiben der Mahn- und Gedenkstätte Bu- chenwald vom 06.09.1990 mit Abschriften aus dem Nummernbuch des KL Buchenwald 106 Privatbesitz S. Pieniazek 107 Archivum Glownej Komisji Badania Zbrodni przeciwko Narodowi Polskiemu - Instyiut Parnieci Narodowej, Warschau, KL Buchenwald. 361100 4 Konzentrationslager und Außenkommandos 1 BAK NS 4 Bu/230 2 H. Höhne, S. 188 3 WLZ 30.01.1937 4 E. Kogon, S. 55 5 WLZ 30.01.1937 6 M. Broszat, S. 43 7 M. Broszat, S. 45 8 M. Broszat, S. 38 9 H. Höhne, S. 112 10 J. Erbprinz zu Waldeck und Pyrmont, zitiert nach: A. Schmeling, in Groeneveld, S. 70. 1 1 S. Haffner, S. 37 12 E. Kogon, S. 306 13 E. Kogon, S. 307 14 Bericht Krüger 15 Filminterview des Autors mit der ehemaligen Zivilarbeiterin in der Kaserne Frau E. Zeides am 29.10. 1988 in Arolsen, im folgenden: Bericht E. Zeides 16 G. Steiner, S. 295 17 H. Höhne, S. 187 18 Vergleiche auch S. Haffner. 19 Zusammengestellt nach dem Haftstättenver- zeichnis des ITS. 20 Institut für Zeitgeschichte: Personalakte Eicke Fa 74 2 1 M. Broszat, S. 50 22 Siehe auch S. 56. 23 M. Broszat, S. 51 24 M. Broszat, S. 51 25 R. Höß, S. 56 26 R. Höß, S. 56 27 M. Broszat, S. 54 28 S. Haffner, S. 58 29 H. Höhne, S. 190 30 Anlage zu Nr. 1 164138 g. Kdos. WFALII, zitiert in P. Hausser, S. 252 ff. 3 1 Anlage zu Nr. 1164138 g. Kdos. WFAR.11, zitiert in P. Hausser, S. 252 ff. 32 Anlage zu Nr. 1 164138 g. Kdos. WFALII, zitiert in P. Hausser, S. 252 ff. 33 WLZ 03.06.1939 34 WLZ 03.06.1939 35 WLZ 03.06.1939 36 Diese Angaben finden sich in einem Schrei- ben des Chefs des WVHA 0. Pohl an Reichs- fuhrer-SS Himmler vom 30. April 1940; zitiert in Buchenwald: Mahnung und Ver- pflichtung, S. 25 1. 37 WLZ 03.06.1939, Fotosammlung Zimmer 38 R. Höß, S. 69 39 Siehe Fntz W., S. 64. 40 M. Broszat, S. 104 41 M. Broszat, S. 121 42 Das Zahlenmaterial wurde entnommen: Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung. 43 Zusammengestellt nach dem Haftstättenver- zeichnis des ITS. 44 Zusammengestellt nach den Angaben im Haftstättenverzeichnis des ISD/ITS. Genannt ist jeweils das Datum der Unterstellung unter den Inspekteur der KL bzw. das WVHA. Mit- unter bestanden die Lager als Außenkom- mandos oder unter anderer Bezeichnung schon vorher, so daß sich Abweichungen zu anderen Veröffentlichungen ergeben. 45 S. Haffner, S. 157 368 Anmerkungen Anhang 46 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 70 1 47 M. Broszat, S. 12 48 Haftstättenverzeichnis des ITS, S. 191 49 M. Broszat, S. 104 50 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 59 5 1 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 59 52 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 79 53 E. Kogon, S. 122 54 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S.109 55 Haftstättenverzeichnis des ITS 56 Haftstättenverzeichnis des ITS 57 M.Broszat,S. 117 58 M. Broszat, S. 117 59 M. Broszat, S. 117 60 M. Broszat, S. 117 61 M. Broszat, S. 107 62 Siehe auch S. 85. 63 H. Höhne, S. 357 64 0. Pohl, zitiert nach: Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 251. 65 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 252 66 M. Broszat, S. 125 67 E. Kogon, S. 297 68 M. Broszat, S. 105 69 M. Broszat, S. 106 70 Nürnbg. Dok. NO-400, zitiert nach M. Bros- zat, S. 106. 7 1 M. Broszat, S. 106 72 Auskunft des ISDIITS gegenüber dem ehe- maligen Häftling W. Apel bzw. seinem Rechtsbeauftragten 73 Auskunft des ISDnTS gegenüber dem ehe- maligen Häftling B. Reißig bzw. seinem Rechtsbeauftragten 74 Hinweise auf Prämienzahlungen an Häftlinge des Außenkommandos Arolsen finden sich z.B. bei der Abrechnung für den Monat Fe- bruar 1945, BMILTS. 75 E. Kogon, S. 298 76 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 250 77 Ausführliche Schilderungen der Verhältnisse inVDora" finden sich z.B. in: Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, G. Diekmann: KZ Dora Mittelbau, M. Bornemann: Das KL Dora-Mittelbau, E. Pachaly: KZ Mittelbau-Dora. 78 Haftstättenverzeichnis des ITS 79 Zusammengestellt nach dem Haftstättenver- zeichnis des ITSIISD. 80 Yad Vashem, Jerusalem, HS 19 81 Yad Vashem, Jenisalem, HS 19 82 Siehe auch D. Vaupel. 83 Siehe auch B. Klewitz. 84 Haftstättenverzeichnis des ITS 85 Zusammengestellt aus: Haftstättenverzeichnis des ITS, Yad Vashem, Bundesarchiv Koblenz. 86 E. Kogon, S. 58 87 Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald, Bu- chenwaldarchiv 62 26-1: Bericht W. Apel vom 08. 12.1947 88 Zusammengestellt aus: Haftstättenverzeichnis des ITS, Yad Vashem, Bundesarchiv Koblenz. 5 Struktur und Größe des Außenkommandos Arolsen 1 Yad Vashem, Jerusalem, M 32-99 2 M. Broszat, S. 113 3 Siehe auch S. 27. 4 Siehe auch S. 27. 5 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 270; A. Schmeling, S. 68 6 Siehe auch S. 86f. 7 M. Broszat, S. 119 8 M. Broszat, S. 119 9 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 702 10 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 700 11 D. Vaupel, S. 38 12 B. Klewitz, S. 18 13 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 702 14 Bericht J. Zurawski 15 Archivum Panstwowego Museum W Oswie- cimiu Zespol D-AuI-41116 149708 Anhang Anmerkungen 369 16 Archivum Panstwowego Museum w Oswie- cimiu Zespol D-Bu-31111 149720 17 Bericht J. Zurawski 18 Privatbesitz J. Zurawski 19 Bericht J. Zurawski 20 Siehe auch S. 168 ff. 21 Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald, Buchenwaldarchiv 22 Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald, Buchenwaldarchiv 23 BAK NS 4 Bul245 24 Siehe auch S. 241ff. 25 Siehe auch S. 244. 26 Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald, Buchenwaldarchiv 27 Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald, Buchenwaldarchiv 28 Siehe auch S. 277 ff. 29 Siehe auch S. 175 ff. 30 Da der Internationale Suchdienst ISDIITS in Arolsen dem Banner Abkommen unterliegt, darf er seine Auskünfte nur den ehemaligen Verfolgten selbst, deren Rechtsnachfolgern bzw. Wiedergutmachungs- und Rentenbehör- den erteilen. Drittpersonen kann lediglich bei Vollmachtsvorlage Auskunft erteilt werden. Auskünfte zur historischen Forschung entzie- hen sich dem Aufgabenbereich des ITS. Am Ende der Recherchen blieben einige die Statistik betreffende Fragen offen, so daß sich der Autor abschließend mit der Bitte an den Bundesminister des Inneren BMI wandte, auf- grund der engen örtlichen Verknüpfung des Sitzes des ISDIITS und des Außenkomman- das Arolsen hier weiterzuhelfen. Am 29.03. 1993 teilte das BMI mit, daß in diesem kon- kreten Ausnahmefall und im Hinblick auf die Bedeutung der Arbeit für die Stadt Arolsen der ISDIITS zur Auskunft über dieses Außen- kommando betreffende Fragen berechtigt werde. Die Fragen wurden dem BMI schrift- lich vorgelegt, an den ISD/ITS weitergeleitet und anschließend im Sinne der Genehmigung beantwortet, so daß wichtige Verifikationen erfolgen konnten. Personenbezogene, dem Datenschutz unterliegende Informationen waren von der Auskunft nicht betroffen. Im folgenden zitiert als: ITSIBMI. 31 Wie unter 30) erläutert, entzieht sich histori- sche Forschung dem Aufgabenbereich des In- ternationalen Suchdienstes ISDIITS in Arol- sen, so daß Einblicknahme von Drittpersonen in Individualdateien nicht erlaubt ist. Diese Einschränkung behindert die Forschung er- heblich, da so z.B. soziologische Analysen kaum vorgenommen und Kontakte zu Über- lebenden nur schwer hergestellt werden kön- nen. Wichtige Aussagen zum Außenkom- mando Arolsen bleiben daher offen, obwohl sie anhand vorliegender Dokumente weitge- hend beantwortet werden könnten. Die persönlichen Erlebnisse des Autors mit ehemaligen Häftlingen, die noch heute unter den Folgen der Lagerhaft leiden oder ihre In- haftierung selbst ihren Kindern und nahen Angehörigen verschweigen, führten beim Au- tor zu einem gewissen Verständnis für die en- ge Auslegung der Bestimmungen durch das BMI. Für die überschaubare Zukunft gilt es, eine angemessene Lösung zu finden. 32 Hier wurden Lebensläufe ausgewertet, die der ISD/ITS den ehemaligen Häftlingen oder de- ren Rechtsbeauftragten zur Verfügung stellte. 33 Zusammengestellt nach Unterlagen aus: Bu- chenwald, Warschau, Yad Vashein, ITSIBMI. 34 Zusammengestellt nach Unterlagen aus: Bu- chenwald, Warschau, Yad Vashem, ITSIBMI. Für einen Transport konnte der Name des Häftlings nicht mit Sicherheit ermittelt wer- den. Mehrere Häftlinge sind mit großer Wahr- scheinlichkeit nach einem ersten Aufenthalt in Arolsen nach Buchenwald zurückgeschickt worden, dann aber später erneut nach Arolsen gekommen. Die Gesamtsumme der aufgeführ- ten Zugänge (186 + 1) entspricht somit nicht der Zahl der namentlich bekannten Häftlinge. 35 ITSIBMI 36 Siehe auch S. 190. 37 Siehe auch S. 130 f. und 191. 38 Zusammengestellt nach Unterlagen aus: Bu- chenwald, Warschau, Yad Vashem, ITSIBMI. 39 Siehe auch das Dokument in Abb. 5.07. 40 Die Zahlen beziehen sich auf die 159 Häftlin- ge, von denen Ankunftsdatum in Arolsen und Rücküberstellungsdatum anhand von Trans- portlisten sicher belegt werden konnten 370 Anmerkungen Anhang 41 In älteren Ausgaben von Buchenwald: Mah- nung und Verpflichtung finden sich diese Angaben. Sie wurden so auch vom Archiv der Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald dem Autor mitgeteilt. 42 Privatbesitz W. Apel 43 In einer Computersimulation wurden alle be- kannten Individual- und Transportdaten, Kommandostärken und Zeitzeugenberichte verknüpft. Die Ergebnisse belegen eine inne- re Stimmigkeit und erhärten so die Interpreta- tionen. 44 ITS/BMI 45 Ausgewertet wurden Unterlagen aus: Bu- chenwald, Warschau, Yad Vashem. ITSIBMI. 46 Siehe auch S. 215 ff. 47 Zusammengestellt aus: Buchenwald, War- schau. Yad Vashem, ITSIBMI. 48 Siehe auch S. 241 ff. 49 Zusammengestellt aus: Buchenwald. War- schau, Yad Vashem, ITS/BMI. 50 Zusammengestellt aus: Buchenwald, War- schau. Yad Vashem, ITS/BMI. 51 Zusammengestellt aus: Buchenwald, War- schau, Yad Vashem, ITSIBMI. 52 Siehe auch S. 67 ff. und 138 ff. 53 Siehe auch S. 98 und S. 100. 54 Zusammengestellt aus: Buchenwald, War- schau, Yad Vashem, ITSIBMI. 6 Arbeiten 1 Fotosammlung Zimmer 2 Bericht J . Zurawski 3 Filminterview des Autors mit dem ehema- ligen Häftling K.-H. Genzen in Arolsen am 13. 08. 1988, im folgenden: Bericht K.-H. Genzen 4 Zitiert nach: Buchenwald: Mahnung und Ver- pflichtung, S. 256. 5 Bericht B. Wozniak 6 Bericht J . Zurawski 7 Bericht J. Zurawski 8 Bericht B. Wozniak 9 B A N A F RS 51443 - 71 10 Yad Vashem HS 19 M. Broszat, S. 118 Bericht F. Labalue Bericht K.-H. Genzen Bericht J . Zurawski Bericht J. Zurawski Bericht F. Labalue Bericht W. Apel BAiMAF RS 51443 - 79 (z.B. 46. Kriegslehr- gang) Filminterview des Autors mit dem ehemali- gen Lehrgangsteilnehmer der SS-Führerschu- le Michael Steinmann, aufgenommen in Arolsen am 12.10.1986 und 04.07.1987, im folgenden: Bericht M. Steinmann Bericht W. Apel Zusammengestellt aus Unterlagen: Yad Vashem HS19, BAK NS 4 Bu/230, ITS/BMI. Bericht M. Steinmann Siehe auch S. 62 ff. Bericht M. Steinmann Bericht M. Bolek BAlMAF RS 51436 - 23 Bericht M. Steinmann B A N A F RS 51443 - 42 Fotosammlung Zimmer Bericht B. Wozniak Bericht B. Wozniak Siehe auch S. 156. Bericht M. Steinmann Bericht J. Zurawski Bericht B. Wozniak Fotosammlung Zimmer Bericht B. Wozniak Bericht B. Wozniak Bericht B. Wozniak Bericht B. Wozniak Bericht B. Wozniak Bericht B. Wozniak B A N A F RS 51443 - 21 BAiMAF RS 51443 - 23 BAMAF RS 5/443 - 23 BAlMAF RS Y443 - 23 Bericht B. Wozniak Siehe auch S. 261 ff. Bericht K.-H. Genzen E. Kogon, S. 103 E. Kogon, S. 102 Anhang Anmerkungen 37 1 52 Das Foto wurde freundlicherweise vom Sohn des ehemaligen Frisörs der SS-Kaserne K. Wilke zur Verfügung gestellt. 53 Bericht K.-H. Genzen 54 Privatbesitz K.-H. Genzen 55 Bericht K.-H. Genzen 56 Bericht K.-H. Genzen 57 Siehe auch S. 105 ff. 58 Bericht F. Lahalue 59 Bericht F. Labalue 60 Fotosammlung Zimmer 61 BAlMAF RS 51443 - 25 62 BA/MAF RS 51443 - 17 63 B m A F RS 51443 - 8 1 64 Bericht J. Zurawski 65 Bericht des ehemaligen Häftlings S. Der Name wurde auf Wunsch des Betroffe- nen gekürzt. 66 Fotosammlung Zimmer 67 Filminterview mit der ehemaligen Zivilarbei- terin Frau E. Raff in Arolsen am 02.1 1.1987, im folgenden: Bericht E. Roff 68 Bericht F. Labalue 69 Bericht W. Apel 70 Fotosammlung Maindorfer 71 Bericht J. Zurawski 72 Bericht J. Zurawski 73 Zusammengestellt aus Unterlagen: Yad Vashem HS19, BAK NS 4 Bu1230, ITSBMI. 74 Bericht J. Zurawski 75 Bericht des ehemaligen Häftlings S. Der Name wurde auf Wunsch des Betroffe- nen gekürzt. 76 Bericht L. Majka 77 Bericht L. Majka 78 Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald, Buchenwaldarchiv 79 Fotosammlung Zimmer 80 BAIMAF RS 51443 - 19 81 BAIMAF RS 51443 - 20 82 Bericht M. Steinmann 83 A.F. Groeneveld, S. 28 84 Bericht J. Zurawski 85 Bericht J. Zurawski 86 Bericht J. Zurawski 87 BAlMAF RS 51443 - 5 88 Bericht L. Majka 89 BNMAF RS 51443 - 5 90 Filminterview des Autors mit dem ehemali- gen Hitlerjungen Helmut Hilke in Arolsen am 03. 10.1987, im folgenden: Bericht H. Hilke 91 BAK NS 4 Bu1229 92 Bericht L. Majka 93 Bericht J. Zurawski 94 Bericht J. Zurawski 95 BAlMAF RS 51443 -37 96 Bericht M. Steinmann 97 Bericht M. Steinmann 98 Bericht M. Steinmann 99 BAMAF RS 51443 -42 100 BAIMAF RS 51443 -42 101 Bericht K.-H. Genzen 102 Bericht K.-H. Genzen 103 Bericht K.-H. Genzen 104 Bericht K.-H. Genzen 105 Bericht L. Bartimes vom 02.05.1991 106 Auskunft der KZ-Gedenkstätte Dachau 107 Bericht W. Apel 108 WLZ 19.12.1944 109 Filminterview des Autors mit Frau M. Blaszczyk in Arolsen am 6.01.1989, im folgenden: Bericht M. Blaszczyk 110 Bericht M. Blaszczyk 11 1 Bericht M. Blaszczyk 112 Siehe auch S. 64 ff. 1 13 Bericht H. Hilke 114 Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Wien, 14235 115 Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Wien, 14235 1 16 Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Wien, 14235 1 17 Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Wien, 14235 1 18 Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Wien, 14235 119 Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Wien, 14235 120 Fotosammlung Zimmer 121 BAK NS 4 Bu1229 122 E. Kogon, S. 294 123 Yad Vashem, Jerusalem, HS19 124 Yad Vashem, Jerusalem, HS 19 125 BAK NS 4 Bu1229 372 Anmerkungen Anhang 126 BAK NS 4 Bul229 127 Yad Vashem, Jerusalem, HS 19 128 Yad Vashem, Jemsalem, HS19 129 BAK NS 4 Bu1230 130 Yad Vashem, Jerusalem, HS19 13 1 Yad Vashem, Jerusalem, HS19 132 Yad Vashem, Jerusalem. HS 19 133 Yad Vashem, Jerusalem, HS 19 134 BAK NS 4 Bu1245 135 Yad Vashem, Jemsalem, HS 19 136 Ausgewertet aus Unterlagen von: Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, Yad Vashem, ITSIBMI. 137 Yad Vashem, Jerusalem, HS19 138 Yad Vashem, Jerusalem, HS19 7 Lebensbedingungen 1 Das Foto wurde freundlicherweise vom Sohn des ehemaligen Frisörs der SS-Kaserne K. Wilke zur Verfügung gestellt. 2 Staatsbauamt Arolsen 3 Rekonstruktion vom Autor auf der Grundlage der Originalbauzeichnung (Staatsbauamt Arolsen) 4 Bericht K.-H. Genzen 5 Bericht J. Zurawski 6 Bericht L. Majka 7 Rekonstruktion vom Autor auf der Grundlage der Originalbauzeichnung (Staatsbauamt Arolsen). Die Position der Betten, Tische und Schränke änderte sich während des Beste- h e n ~ des Außenkommandos mehrfach. 8 Foto G. Hedderich 9 Vergleiche z.B. die Außenkommandos in Hessisch Lichtenau oder Stadtallendorf. 10 Bericht K.-H. Genzen 11 Bericht J . Zurawski 12 Bericht J. Zurawski 13 Bericht J. Zurawski 14 Bericht E. Rozmus 15 Bericht E. Rozmus 16 M. Broszat, S. 113 17 BAIMAF RS 51443 - 75 18 Yad Vashem, Jerusalem, M 32 - 99 19 Bericht J. Zurawski 20 Siehe auch S. 58 ff. 2 1 Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen Ludwigsburg, 429 AR 1824166. im folgenden: Zentrale Stelle 22 M. Broszat, S. I10 23 Zentrale Stelle 24 Zentrale Stelle 25 Auskunft der Mahn- und Gedenkstätte Bu- chenwald, Eintragungen im Nummernbuch 26 Bericht J. Zurawski 27 Bencht B. Wozniak 28 Zentrale Stelle 29 Einwohnermeldeamt Aschaffenburg 30 Bericht B. Wozniak 31 Yad Vashem. Jerusalem, M 32 - 99 32 Zentrale Stelle 33 Yad Vashem, Jerusalem, M 32 - 99, Zentrale Stelle 34 Zentrale Stelle 35 Zentrale Stelle 56 Zentrale Stelle 37 Zentrale Stelle 38 Zentrale Stelle 39 Zentrale Stelle 40 Zentrale Stelle 41 Archivum Glownej Komisji Badania Zbrodni Hitlerowskich W Polsce, KL Buchenwald 62 42 Zentrale Stelle 43 , Bericht W. Apel 44 Bericht L. Majka 45 Bericht B. Wozniak 46 M. Broszat, S. 112 f. 47 D. Vaupel, S. 89 48 Bericht W. Apel 49 Bencht L. Majka 50 Bericht W. Apel 5 1 Bericht L. Majka 52 Bericht J. Zurawski 53 Bericht B. Wozniak 54 Bericht J. Zurawski 55 Bericht F. Labalue 56 B A N A F RS 51443 - 75 57 Bericht F. Labalue 58 Bericht L. Majka 59 Bericht B. Wozniak 60 Bericht B. Wozniak 61 Bericht des ehemaligen Häftlings S. Der Na- me wurde auf seinen Wunsch hin abgekürzt. 62 Bericht J. Zurawski Anhang Anmerkungen 373 63 Bericht L. Majka 64 Bericht J. Zurawski 65 Bericht B. Wozniak 66 Siehe auch Kapitel 5. 67 Bericht B. Wozniak 68 Bericht B. Wozniak 69 Bericht J. Zurawski 70 Bericht L. Majka 71 Siehe auch S. 71 ff. 72 Bericht L. Majka 73 Bericht J. Zurawski 74 Bericht J. Zurawski 75 Bericht J. Zurawski 76 Bericht B. Wozniak 77 Bencht W. Apel 78 Bencht W. Apel 79 Bericht W. Apel 80 Bericht W. Apel 8 1 Bericht W. Apel 82 Bericht W. Apel 83 Bericht W. Apel 84 Siehe z.B. Schulbefehl 29/44, BA/MAF RS 51443 - 25. 85 Bericht L. Majka 86 Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald, Buchenwaldarchiv: Bericht W. Apel vom 08.12.1947 87 H. Himmler: Geheimreden, S. 200 88 Das Dokument ist abgedruckt in: Buchenwald: Ein Konzentrationslager, S. 12 89 Das Dokument ist abgedruckt in: Buchenwald: Ein Konzentrationslager, S. 12 90 Siehe auch Kapitel 8. 91 H. Himmler: Geheimreden, S. 200 92 H. Himmler: Geheimreden, S. 200 93 H. Himmler: Geheimreden, S. 200 94 E. Kogon. S. 89 95 Bericht W. Apel 96 Bericht K.-H. Genzen 97 Bericht M. Bolek 98 Bericht K.-H. Genzen; Bericht M. Bolek 99 Bericht W. Apel 100 Bericht W. Apel 101 Bericht K.-H. Genzen 102 Bericht K.-H. Genzen 103 Siehe auch S. 270 f. 104 Auskunft des ISD/iTS gegenüber dem ehema- ligen Häftling B. Reißig bzw. seinem Rechts- beauftragten 105 Auskunft der Tochter des ehemaligen Häft- lings B. Reißig, Frau E. Rohn 106 Auskunft des ISDIITS gegenüber dem ehe- maligen Häftling B. Reißig bzw. seinem Rechtsbeauftragten 107 Siehe auch S. 184 f. 108 Siehe auch S. 185 ff. 109 Diese Angaben finden sich im Antrag des ehemaligen Häftlings V. auf Entschädigung in seiner Heimatstadt. 110 Siehe auch S. 58 ff. 111 SieheauchS. 111. 112 Daten zur Inhaftierung lieferte: Archivum Panstwowego Muzeum W Oswiecimiu zespol, KL Buchenwald, D-Bu-31111 Nr. 149720. Daten über die Zeit nach der Befreiung lie- ferte: Ceskoslovensky Svaz Bojovniku Za Svohodu A Proti Fasismus in Prag. Diese Stelle recherchierte auf Anfrage 1990191 in der CSSR den Lebensweg vom Autor ge- nannter Häftlinge und berichtete ausführlich in einem Schreiben vom 30.04.1991. 1 13 Bericht J. Zurawski 114 Bencht B. Wozniak 115 Bericht B. Wozniak 116 Bericht B. Wozniak 117 R. Klüger, S. 122 f. 11 8 Bericht J. Zurawski 119 Bericht L. Majka 120 Bericht J. Zurawski 121 Bericht B. Wozniak 122 Bericht B. Wozniak 123 Bericht J. Zurawski 124 Bericht J. Zurawski 125 Bericht B. Wozniak 126 Bericht B. Wozniak 127 Diese und ähnliche Formulierungen wurden in Gesprächen mit Zeitzeugen immer wieder geäußert. 128 Fotosammlung Zimmer 129 Bericht K.-H. Genzen 130 BAlMAF RS 51437 - 24 13 1 BA/MAF RS 51437 - 28 132 BAIMAF RS 51437 - 28 133 Bericht J. Zurawski 134 Bericht K.-H. Genzen 135 Bericht K.-H. Genzen 374 Anmerkungen Anhang 136 Rekonstruktion vom Autor auf der Grundlage der Originalbauzeichnung (Staatsbauamt Arolsen) 137 Foto G. Hedderich 138 Bericht J. Zurawski 139 Bericht W. Apel 140 Bericht J. Zurawski 14 1 BAiMAF RS 51443 - 7 142 BAIMAF RS 51443 - 7 143 Bericht W. Apel 144 Gemeint ist die Helenenstraße in Arolsen. 145 Bericht J. Zurawski 146 M. Broszat, S. 113 147 Zentrale Stelle 148 Bericht J . Zurawski 149 Bericht J . Zurawski 150 BAIMAF RS 51443 - 7 15 1 BA NS 4 Bu1245 152 Zentrale Stelle, BDC 153 Die Angaben stützen sich auf Aussagen im Kriegsverbrecherprozeß gegen den Kom- mandoführer des Außenkommandos Arolsen, im folgenden: Buchenwald-Prozeß. Siehe auch Kapitel 11. 154 Buchenwald-Prozeß 155 Zentrale Stelle 156 E. Kogon, S. 398 157 Bericht F. Labalue 158 R. Klüger, S. 143 159 Bericht J. Zurawski 160 Bericht M. Steinmann 161 Bericht M. Steinmann 162 Bericht K.-H. Genzen 163 Bericht L. Majka 164 Bericht M. Bolek 165 Bericht M. Steinmann 166 Bencht E. Rozmus 167 Bericht B. Wozniak 168 Bericht B. Wozniak 169 Bericht M. Steinmann 170 M. Broszat, S. 119 17 1 BAiMAF RS 51437 - 7 172 Bericht B. Wozniak 173 Siehe auch S. 3 10 f. 174 Bericht B. Wozniak 175 Bericht B. Wozniak 176 Bericht B. Wozniak 177 Bericht E. Rozmus 178 Buchenwald-Prozeß 179 Bericht E. Rozmus 180 Bericht F. Labalue 181 Siehe auch S. 274. 182 Buchenwald-Prozeß 183 Bericht F. Labalue 184 Bericht F. Labalue 1 85 Bericht W. Apel 186 Bencht W. Apel 187 Bericht W. Apel 188 Bericht L. Majka 189 Bericht L. Majka 190 Bericht M. Steinmann 191 Bericht M. Steinmann 192 Bericht K.-H. Genzen 193 Bericht K.-H. Genzen 194 Bericht K.-H. Geuzen 195 Ergänzungen von Frau Labalue während des Filminterviews mit ihrem Ehemann 196 Bericht K.-H. Genzen 197 Ergänzungen von Frau Labalue während des Filminterviews mit ihrem Ehemann 198 Bericht K.-H. Genzen 199 Bericht L. Majka 200 R. Klüger, S. 15 20 1 Bericht F. Labalue 202 Buchenwald-Prozeß 203 Bericht F. Labalue 204 Siehe auch S. 21 1 f. 205 Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald, Ein- trag im Nummembuch 206 Bericht L. Majka 207 Hierfür spricht auch die große Zahl an Rück- überstellungen. Siehe auch S. 146 f. 208 Bericht B. Wozniak 209 Siehe auch S. 147. 2 10 Siehe auch S. 67 ff. 21 1 Bericht J. Zurawski 212 Siehe auch S. 164. 2 13 Bericht M. Bolek 214 Bencht M. Bolek 215 Ähnliche Äußerungen - ohne konkreten Be- leg - wurden auch von ehemaligen SS-Ange- hörigen in ihren Schilderungen gemacht. 216 Bericht M. Bolek 21 7 Bericht M. Bolek 2 18 Bericht M. Steinmann 2 19 Bericht K.-H. Genzen Anhang Anmerkungen 375 220 Bericht L. Krüger 22 1 Bericht L. Krüger 222 Bericht L. Krüger 223 Bericht L. Krüger 224 Bericht B. Wozniak 225 Bericht L. Majka 226 Bericht B. Wozniak 227 Bericht E. Rozmus 228 Bericht E. Zeides 229 Bericht B. Wozniak 230 Bericht L. Majka 23 1 Bericht L. Majka 232 Privatbesitz J. Jezioranski 233 Bericht E. Rozmus 234 In Interviews konnten sich fast alle Zeitzeu- gen, die während des Krieges in Arolsen wohnten, rin die Häftlinge erinnern. 235 Bericht M. Steinmann 236 M. Winkelmann. S. 343 237 Bericht E. Zeides 238 Bericht B. Wozniak 239 Interview mit dem ehemaligen Häftling J. Jezioranski in seinem Wohnort am 25. und 26. 01. 1992, protokolliert von Frau D. Kola- kowska, im folgenden: Bericht Jezioranski 240 Eine Kopie des Briefes vom Außenkom- mando Arolsen über das KL Buchenwald an die Heimatanschrift wurde dem Autor freund- licherweise vom ehemaligen Häftling J. Jezioranski zur Verfügung gestellt. im folgenden: Brief Jezioranski 24 1 Brief Jezioranski 242 Brief Jezioranski 243 Brief Jezioranski 244 Brief Jezioranski 245 Brief Jezioranski 246 Brief Jezioranski 247 Bericht L. Majka 248 Bericht L. Majka 249 E. Kogon, S. 149 250 Brief Jezioranski 25 1 Brief Jezioranski 252 Bericht K.-H. Genzen 253 Bericht K.-H. Genzen 254 Bericht E. Rozmus 255 Bericht J. Zurawski 256 Bericht J. Zurawski 257 Bericht L. Majka 258 E. Kogon, S. 143 259 Brief Jezioranski 260 Bericht J. Zurawski 261 Bericht J. Zurawski 262 Bericht F. Labalue 263 Bericht F. Labalue 264 Bericht B. Wozniak 265 Bericht B. Wozniak 266 Bericht W. Apel 267 Bericht J. Zurawski 268 Bericht W. Apel 269 BAlMAF RS 51443 - 84 270 BAiMAF RS 51443 - I ff. 27 1 BAlMAF RS 51443 - 28 ff. 272 B A N A F RS 51443 - 29 273 Foto G. Hedderich 274 Bericht B. Wozniak 275 BAlMAF RS 51443 - 89 276 BAIMAF RS 51443 - 89 277 B m A F RS 51443 - 30 278 BAIMAF RS 51443 - 89 279 HLVA Wi 9/45 - 2,2027K. Mit Genehmigung des Hessischen Landes- vermessungsamtes vervielfältigt - Verviel- fältigungnummer 4/94. 280 BAIMAF RS 51443 - 89 28 1 BAiMAF RS 51443 - 115 282 BAIMAF RS 51443 - 95 283 BAIMAF RS 51443 - 95 8 Flucht Deutsches Kriminalpolizeiblatt Nr. 4904 vom 14.06.1944 Bericht F. Labalue Siehe auch S. 52 ff. Siehe auch S. 1 1 1. Siehe auch S. 105 ff. F. Labalue meint hier Lebensmittel. Bericht F. Labalue, Fotosammlung Zimmer Schreiben des ehemaligen Luxemburger Häft- lings L. Bartimes vom 02.05.1991 Siehe auch S. 50. Deutsches Kriminalpolizeiblatt Nr. 4904 vom 14.06.1944 376 Anmerkungen Anhang 12 Das Foto schickte Pierre Schaul kurz nach Kriegsende an Kar1 Wilke. seinen ehemaligen "Chef" in der Frisörstube, nach Arolsen. Die Reproduktion wurde freundlicherweise vom Sohn des ehemaligen Frisörs K. Wilke zur Verfügung gestellt. 13 Die Skizze stellte freundlicherweise L. Barti- mes zur Verfügung. Vergleiche hier auch den Grundriß auf S. 78 bzw. die Luftaufnahme auf der Titelseite. 14 Bericht F. Labalue 15 Bericht K.-H. Genzen 16 Bericht F. Labalue 17 Bericht F. Labalue 18 Bencht W. Apel 19 Bericht F. Labalue 20 Rappel 1980, S. 103. Hier findet sich eine ausführliche Schildemng der Flucht. 2 1 Bericht F. Labalue 22 Bericht W. Apel 23 Bericht W. Apel 24 BAK NS 4 Bu1230 25 Bericht W. Apel 26 Bericht W. Apel 27 Deutsches Kriminalpolizeiblatt Nr. 4902 vom 12.06.1944 28 Deutsches Kriminalpolizeiblatt Nr. 4904 vom 14.06.1944 29 Bencht W. Apel 30 Bericht W. Apel 3 1 BAIMAF RS 51443 - 25 32 BAhlAF RS 51443 - 20 33 Siehe auch S. 222 f. 34 Bericht W. Apel. Siehe auch S. 150. 35 Bericht W. Apel 36 Rappel 1980, S. 110 37 Rappel 1980, S. 109 38 Bericht W. Apel 39 BAiMAF RS 51443 - 112 40 Bericht E. Roff 41 Buchenwald-Prozeß 42 BAiMAF RS 51443 - 25 43 BAiMAF RS 51443 - 37 44 BA/MAF RS 51443 - 37 45 BAMAF RS 51443 - 72 46 BAiMAF RS 51443 - 25 47 Bericht J . Zurawski 48 Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald. Ein- tragungen im Nummernbuch 49 Buchenwald-Prozeß. Siehe auch S. 342. 50 Buchenwald-Prozeß. Siehe auch S. 342. 9 Die letzten Wochen 1 BAIMAF RS 51437 - 66 2 WLZ31.01.1945 3 WLZ 31.01.1945 4 WLZ 31.01.1945 5 BAiMAF RS 51437 - 66 6 BA/MAF RS 51437 - 66 7 S. Haffner, S. 194 8 Bericht B. Wozniak 9 Fotosammlung Zimmer 10 Fotosammlung Zimmer 11 BAIMAF RS 51443 - 114 12 BA/MAF RS 51443 - 108 13 BAIMAF RS 51443 - 108 14 Siehe auch S. 147. 15 Siehe auch S. 147 16 BAIMAF RS 51443 - 10812 17 Kriegstagebuch OKW vom 09.03.1945, S. 1159 18 WLZ 20.03.1945 19 E. Kogon, Ausgabe 1946, S. 202. In späteren Ausgaben wird dieser Vorfall nicht mehr auf- geführt. 20 E. Kogon, Ausgabe 1946, S. 202. In späteren Ausgaben wird dieser Vorfall nicht mehr auf- geführt. 21 Bericht L. Majka 22 Bericht L. Majka L. Majka verwechselt hier wahrscheinlich die Nationalitäten. 23 HLVA Wi 9/45 - 2,2027K. Mit Genehmigung des Hessischen Landes- vermessungsamtes vervielfältigt - Verviel- fältigungnummer 4194. 24 Bericht L. Majka 25 Filminterview des Autors mit dem ehema- ligen Schüler Willi Götte in Arolsen vom 20. 11. 1986 26 Filminterview des Autors mit dem ehema- ligen Schüler Willi Götte in Arolsen vom 20. 11. 1986 Anhang Anmerkungen 377 27 HLVA Wi 9/45 - 3, 1025K. Mit Genehmigung des Hessischen Landes- vermessungsamtes vervielfältigt - Verviel- fältigungnummer 4/94. 28 Bericht E. Rozmus 29 Bericht J. Zurawski 30 Fotosammlung Zimmer 31 Filminterview des Autors mit dem ehemali- gen Patienten des Reservelazaretts "HJ- Heim" Fritz Schubert vom 18.07.1985, im folgenden: Bericht F. Schubert 32 Zitiert nach: Kriegstagebuch OKW, S. 1580. 33 Siehe auch S. Haffner. 34 Zitiert nach: Kriegstagebuch OKW, S. 1582 ff. 35 Zitiert nach: Kriegstagebuch OKW, S. 1582 ff. 36 S. Haffner, S. 198 37 HLVA Wi 9/45 - 3, 1025K. Mit Genehmigung des Hessischen Landes- vermessungsamtes vervielfältigt - Verviel- faltigungnummer 4/94. 38 HLVA Wi 453145-88,4620K. Mit Genehmigung des Hessischen Laudes- vermessungsamtes vervielfältigt - Verviel- faltigungnummer 4/94. 39 BA/MAF RS 51443 - 116 40 BA/MAF RS 51432 - 83 41 Bericht B. Wozniak 42 Bericht K.-H. Genzen 43 BAIMAF RS 51443 - 1 16 44 Bericht M. Steinmann 45 Fotosammlung Zimmer 46 Bericht M. Steinmann 47 Ausführliche Erlebnisberichte von Zeitzeu- gen über die letzten Kriegstage in Waldeck finden sich bei U. Wolkers. 48 Bericht J. Zurawski 49 Bericht J. Zurawski 50 Bericht L. Majka 5 1 Bericht L. Majka 52 Bericht K.-H. Genzen 53 Bericht K.-H. Genzen 54 C. Schäfer, S.20 55 C. Schäfer, S.22 56 Bericht J. Zurawski 57 Bericht E. Rozn~us 58 Bericht J. Zurawski 59 Bericht E. Rozmus 60 Bericht B. Wozniak 61 Bericht B. Wozniak 62 Bericht L. Majka 63 Bericht J. Zurawski 64 Bericht K.-H. Genzen 65 Bericht J. Zurawski 66 Zentrale Stelle 67 Bericht K.-H. Genzen 68 Zentrale Stelle, siehe auch den letzten Mo- natsbericht auf S. 208. 69 Bericht B. Wozniak 70 Bericht L. Majka 7 1 Bericht E. Rozmus 72 Bericht B. Wozniak 73 D. Vaupel, S. 149 74 Bericht J. Zurawski 75 D. Vaupel, S. 149 76 Bericht K.-H. Genzen 77 Bericht B. Wozniak 78 Bericht L. Majka Eine genaue Route des Evakuierungstrans- ports läßt sich nicht feststellen, da sich keiner der befragten Häftlinge an Ortsnamen für die letzten Kilometer bis in das Stammlager Buchenwald erinnern konnte. 79 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 492 80 Bericht K.-H. Genzen 81 Die Kopie wurde von W. Apel zur Verfügung gestellt, ohne daß er die genaue Quelle ange- ben konnte. Wahrscheinlich liegt das Original beim ISDIITS in Arolsen. 82 Zentrale Stelle 83 Zentrale Stelle 84 Die von C. Schäfer auf Seite 23 genannte Zahl von 226 evakuierten Häftlingen beruht wohl auf einem Schreibfehler. Die dort in der Rubrik "nicht in Buchenwald angekommene, unterwegs umgekommene Häftlinge" ge- machte Angabe von 644 ist mit Sicherheit falsch, da gar nicht soviele Häftlinge in Arolsen waren. 85 Filminterview des Autors mit Frau R. Kunisch in Arolsen am 7.06.1985 86 Filminterview des Autors mit Frau R. Kunisch in Arolsen am 7.06.1985 87 Filminterview des Autors mit Frau M. Lött- gen in Arolsen am 16.04.1986 88 Credit National Archives 111-Sc-357706 378 Anmerkungen Anhang 89 Bericht F. Schubert 90 Zeichnung Zimmer 91 Filminterview des Autors mit dem ehemali- gen Schüler K. Luley in Arolsen am 16.04. 1986 92 Fotosammlung Maindorfer 93 Filminterview des Autors mit Frau Plücker in Mengeringhausen am 30.05.1986 94 Bericht F. Schubert 95 Waldeckischer Landeskalender 1934, S. 53 96 Filminterview des Autors mit dem ehemali- gen Schüler K. Luley in Arolsen am 16.04. 1986 97 Fotosammlung Maindorfer 98 Das Foto wurde freundlicherweise von dem ehemaligen amerikanischen Soldaten Jack H. Hartzog zur Verfügung gestellt. 99 Eine ausführliche Schilderung findet sich in: Der Freiwillige, Heft 411985 (hier sind einige Ortsangaben fehlerhaft), Jahrbuch '86 des Landkreises Kassel (hier fehlen die Quellenangaben). 100 Credit National Archives 239 - PA.4 - 92 - 1 101 Die Auszüge des Tagebuchs ihrer Mutter wur- den freundlicherweise von Frau L. Liebach zur Verfügung gestellt. 102 Die Auszüge des Tagebuchs ihrer Mutter wur- den freundlicherweise von Frau L. Liebach zur Verfügung gestellt. 103 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 493 104 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 495 ff. 105 Siehe auch B. Klewitz. 106 Siehe auch D. Vaupel. 107 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 496 108 Siehe auch A.F. Groeneveld. 109 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 495 110 C. Schäfer, S. 54 11 1 Bericht W. Apel 1 12 E. Kogon, S. 352 1 13 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 600 114 Kriegstagebuch des OKW, S.1229 1 15 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 600 1 16 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 498 ff. 1 17 E. Kogon, S. 35 1 1 18 C. Schäfer, S. 19 1 19 C. Schäfer, S. 20 120 E. Kogon, S. 360 12 1 Bericht B. Wozniak 122 Bericht B. Wozniak 123 Der Tod wurde beim Souderstandesamt Arol- sen beurkundet. 124 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 499; C. Schäfer, S. 56 125 C. Schäfer, S. 59 126 C. Schäfer, S. 60 127 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 505 128 Bericht B. Wozniak 129 C. Schäfer, S. 61 130 Bericht B. Wozniak 13 1 Bericht B. Wozniak 132 Auskunft des ISD/ITS gegenüber dem ehe- maligen Häftling B. Wozniak bzw. seinem Rechtsbeauftragten 133 Bericht B. Wozniak 134 Siehe auch S. 164 ff. 135 Siehe auch S. 294. 136 Bericht B. Wozniak 137 Bericht J. Jezioranski 138 Siehe auch S. 104 f. 139 KZ-Gedenkstätte Dachau 140 Bericht E. Rozmus 141 Zitiert nach: G. Klitta, S. 164. 142 Bericht L. Majka 143 Bericht L. Majka 144 Bericht L. Majka 145 Bericht L. Majka 146 Siehe auch S. 138. 147 Bericht J . Zurawski 148 Bericht J . Zurawski 149 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 500 150 Bericht J. Zurawski 15 1 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 501 152 C. Schäfer, S. 65 153 E. Kogon, S. 361 154 Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald: Buchenwaldarchiv: Eintragungen irn Num- Anhang Anmerkungen 379 mernbuch; Warschau: Eintragungen im Nummernbuch; ITSIBMI 155 Bericht W. Apel 156 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 612 157 Bericht W. Apel 158 Bericht W. Apel 159 E. Kogon, S. 362 Die These der 'Selbstbefreiung' des KL Bu- chenwald durch die Häftlinge wird unter- schiedlich diskutiert. F. Pingel vertritt z.B. die Meinung, amerikanische Truppen hätten das Lager befreit. Sicher ist unbestritten, daß oh- ne die vorrückenden Alliierten eine Befrei- ung kaum möglich gewesen wäre. Der Bei- trag der Häftlinge sollte jedoch bei der Be- wertung der letzten Tage des KL vor dem Einmarsch der Alliierten nicht zu gering ein- geschätzt werden. 160 Bericht B. Wozniak 161 Siehe z.B. G. Klitta, S. 164 ff. 162 Zitiert nach: G. Klitta, S. 170. 163 Siehe auch S. 323. 164 Bericht B. Wozniak 165 Bericht J. Zurawski 10 Nach der Befreiung I Privatbesitz K. Holik 2 Bericht K.-H. Genzen 3 Siehe auch S. 168 ff. 4 Daily Telegraph London vom 18.04.1945, zitiert nach Buchenwald: Mahnung und Ver- pflichtung, S. 64 1. 5 Zitiert nach Buchenwald: Mahnung und Ver- pflichtung, S. 639. 6 Siehe auch S. 58 ff. 7 Kreisleitung Gera-Stadt der SED (Hg), S. 34 8 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 645 9 Buchenwald: Mahnung und Verpflichtung, S. 752 10 Privatbesitz W. Apel 11 Siehe z.B. C. Schäfer und G. Klitta. 12 Zitiert nach G. Klitta, S. 165. 13 Informationen über das Sonderstandesamt 14 Informationen über das Sonderstandesamt 15 Presseveröffentlichung des Souderstandes- amtes vom 1 1.01.1993 16 G. Klitta, S. 171 17 Siehe auch S. 184. 18 UNRRA: United Nations Relief and Rehabili- tation Administration - Hilfs- und Wiederauf- bau-Organisation der Vereinten Nationen 19 G. Klitta, S. 171; Einwohnermeldeamt Hamburg; Standesamt Schwandorf; Sonderstandesamt Arolsen 20 Siehe auch S. 184. 21 Diese Zahl umfaßt nur die Personen, deren Tod im Sonderstandesamt Arolsen beurkun- det wurde. Sie gibt nicht die Zahl aller Toten an, die insgesamt in Ghettos sowie Konzen- trations- und Vernichtungslagern umkamen. Der Hinweis ist besonders wichtig, da unter Angabe dieser Zahl in bestimmten Veröffent- lichungen immer wieder ein Beleg gesehen wird, die Zahl der im Dritten Reich Getöteten zu verringern und damit zu relativieren. 22 Siehe auch S. 67 ff. 23 Siehe auch S. 250 ff. 24 Siehe auch S. 138 ff. 25 Privatbesitz J. Jezioranski 26 Privatbesitz J. Jezioranski 27 Siehe z.B. J. Bastiaans, A. Kepinski, P. Ma- tussek, R. Targowla. 28 Bericht B. Wozniak 29 R. Klüger, S. 189 30 R. Klüger, S. 190 3 1 Stadtarchiv der Geburtsstadt von W. Der Name wurde vom Autor aus daten- schutzrechtlichen Gründen gekürzt. 32 Bericht J. Zurawski 33 Bericht J. Zurawski 34 Bericht M. Bolek 35 Siehe auch S. 64. 36 HHStAWi 519N, 2144-17: Bericht des Treu- händers über das zur Kontrolle gestellte Ver- mögen Serien-Nr. VB-2144.17 vom 14.10. 1946. 37 Fotosammlung Zimmer 38 StadtA Arolsen AR XV (1) - 1018 Der Name wurde vom Autor geändert. 39 Zum Lebenslauf der Familie Voigt siehe auch: 380 Anmerkungen Anhang M. Winkelmann, S. 80 ff. Schreiben der Eheleute Muszynski vom 10. 05.1988. Der in gebrochenem Deutsch ver- faßte Brief wurde vom Autor in Schriftspra- che übertragen. ITS - 30 Jahre im Dienst der Menschlichkeit. S. 7 Bericht L. Majka Bericht L. Majka Einwohnermeldeamt Weißenburg ITS - 30 Jahre im Dienst der Menschlichkeit, S. 7 COMMANDEMENT EN CHEF FRANCAIS EN ALLEMAGNE. Zitiert nach: ITS, S. 13. Als Grund für die Wahl Arolsens als Sitz des Zentralen Suchbüros werden die zentrale Lage in den westlichen Besatzungszonen, die Nachrichtenverbindungen und die vorhande- nen Gebäude genannt. Aspekte einer politi- schen Motivation wurden bisher nicht unter- sucht. ITS 1945 - 1965, S. 1 Siehe auch S. 322. ITS, S. 31 Fotosammlung Zimmer 11 Strafverfolgung National Archive Washington, USA: Buchenwaldprozeß 000-Buchenwald-20, im folgenden: Buchenwaldprozeß; Anklageschrift P-2 Bericht K.-H. Genzen Bericht K.-H. Genzen Bericht K.-H. Genzen Buchenwaldprozeß, Anklageschrift P-2 Buchenwaldprozeß, Review S. 2 Buchenwaldprozeß, S. 3 Buchenwaldprozeß, S. 13 Buchenwaldprozeß, S. 12 Buchenwaldprozeß, Review S. 3 11 Buchenwaldprozeß, S. 9 12 Buchenwaldprozeß, S. 10 13 Buchenwaldprozeß, S. 18 14 Buchenwaldprozeß, S. 19 15 Buchenwaldprozeß, S. 22 16 Buchenwaldprozeß, S. 24 f. 17 Buchenwaldprozeß, S. 25 18 Siehe auch S. 147 und S. 274. 19 Buchenwaldprozeß, S. 29 20 Bericht M. Bolek 21 Buchenwaldprozeß, S. 13 22 Buchenwaldprozeß, S. 18 f. Übersetzung vom Verfasser 23 Buchenwaldprozeß, Review S. 3 24 Buchenwaldprozeß, Review S. 4 25 Buchenwaldprozeß, Review Anlage 26 Eine Auswertung der großen Zahl von Entna- zifizierungsverfahren gegen Angehörige der SS-Führerschule Arolsen erfolgte in der vor- liegenden Arbeit nicht, da Zusammenhänge zu den KL-Häftlingen nicht bekannt sind und ein unmittelbarer Erkenntnisgewinn für die Untersuchung nicht zu erwarten war. 27 Siehe auch: P. Steinbach und S. Rückerl. 28 Siehe z.B. S. Rückerl, S. 143. 29 P. Steinbach, S. 49 30 Zentrale Stelle 3 1 Zentrale Stelle 32 ITS: Vorläufiges Verzeichnis der Haftstätten unter dem Reichsführer-SS, S. 26 33 Buchenwaldprozeß, S. 18 34 Zentralstelle im Lande Nordrhein-Westfalen für die Bearbeitung von nationalsozialisti- schen Massenverbrechen in Konzentrations- lagern: 130 (24) AR 1/62 (2) Sonderheft 195. Nach Dokumenten der "Deutschen Dienst- stelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht" in Berlin war F. Demrner von Februar 1944 bis März 1945 in Arolsen. 35 Siehe auch S. 261 f. 36 Nach Angaben des BMI/ITS existieren solche Unterlagen in den Beständen des ITS nicht. 37 Buchenwald: Mahn- und Gedenkstätte: Aus- zug aus dem Nummembuch 38 BMVITS. Siehe auch S. 147. 39 Siehe auch S. 142 ff. und S. 296. Anhang Archivalien 381 Archivalien Auschwitz-Birkenau, Staatsarchiv des Museums, Panstwowe Muzeum W Oswiecimiu Archiwum: Dokumente des KL Buchenwald: Transportlisten Auschwitz - Buchenwald Dokumente der Häftlingskartei Bundesarchiv Koblenz BAK: Nürnberger Dokumente: All Proz 2 NI. KL Buchenwald: NS 4 Bu 189, NS 4 Bu 205, NS 4 Bu 210, NS 4 Bu 229. Bundesarchiv - Militärarchiv Freiburg BANAF: SS-Führerschule d.W.V. Arolsen: RS 51436: Kriegsstärkenachweis der SS-Führerschule des Wirtschafts-Verwaltungs- dienstes Arolsen mit Stellenbesetzung RS 51437: Organisationsunterlagen und Lehrgruppenbefehle RS 51438: Unterrichtsunterlagen RS 51439: Unterrichtsunterlagen RS 51440: Unterrichtsunterlagen RS 5144 1 : Unterrichtsunterlagen 1944 RS 51442: Abschlußpriifungen - Grundaufgaben 1944 (1945) RS 51443: Schulbefehle verschied. Art. 1944 - 1945 RS 51444: Standortbefehle des Standortältesten der Waffen-SS Arolsen 1944 (1945) RS 51445: Stern RS 51949: Taktik RW 19: Bericht der Wehrwirtschaftsinspektion IX, Kassel Ceskoslovensky Svaz Bojovniku Za Svobodu A Proti Fasismu, Prag: Biografien von Häftlingen der Nationalitätenkategorie T Dokumente aus dem Privatbesitz ehemaliger Häftlinge Gedenkstätte Yad Vashem (Archiv), Jerusalem: Buchenwald-Dokumente HS 12, HS 13, HS 17, HS 19, HS 20 Bestand M 32-99 Geschichtsverein Waldeck, Ortsverein Arolsen: Waldeckische Landeszeitung WLZ 1939 - 1945 Waldeckischer Landeskalender 1933 - 1942, 1950 382 Archivalien Anhang Hauptkommission zur Erforschung von Verbrechen gegen die polnische Nation. Institut zur Bewahrung der Erinnerung an die nationale Vergangenheit. Warschau. Angaben zu ehemaligen Häftlingen des Außenkommandos Arolsen Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden HHSta Wi: Bestand 649: Akten der amerikanischen Militärregierung in Deutschland (Hessen) - National Archives of the United StatesIOMGUS Bestand 5 19: Zustandsbeschreibung der Arolser Kaserne nach 1945 Hessisches Landesvermessungsamt Wiesbaden HLVA Wi: Fotoarchiv: 9145,453145 - Vervielfaltigungsnummer 4/94 Hessisches Staatsarchiv Marburg HSta Mb: Bestand 165, Regierungspräsident in Kassel Internationaler Suchdienst ISDATS Arolsen: Auskünfte gegenüber ehemaligen Häftlingen bzw. deren Rechtsbeauftragten Krankenbuchlager Berlin: Teillazarette des Reservelazaretts Arolsen KZ-Gedenkstätte Dachau: Auszüge aus der Häftlingskartei National Archives Washington: Buchenwald-Prozeß 000-20 Fotoarchiv Nationale Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald, Archiv: Buchenwaldarchiv: Häftlingsberichte Buchenwaldarchiv: Transportlisten Abschriften aus dem Nummernbuch Foto der Lehrbaracken (ohne Signatur) Staatsbauamt Arolsen: Bauunterlagen der Kaserne: Waffenmeisterei Stadtarchiv Arolsen StadtA: Abteilung I: Allgemeine Verwaltung Abteilung 11: Militär und Kriegswesen Anhang Archivalien 383 Abteilung 111: Öffentliche Sicherheit und Ordnung Abteilung IV: Handel, Gewerbe, Wirtschaft Abteilung VI: Kultur, Heirnatpflege, Geschichte Abteilung VIII: Sozialwesen, Gesetzliche Sozialversicherung Abteilung X: Bauwesen Abteilung XI: Landwirtschaft und Forsten Abteilung XIII: Verkehrs- und Nachrichtenwesen Abteilung XV: Gerichts- und Prozeßwesen Stadtarchiv Korbach: Waldeckische Landeszeitung WLZ, Jahrgänge 1933 - 1939 Stiftung Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Wien: Personalakten Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen Ludwigsburg: 429 AR 1824166 Biografien ehemaliger Häftlinge des Außenkommandos Arolsen: Apel, Willy Appel, Heinrich Bitzer, Kar1 Bolek, Marjan Erdmann, Walter Finkler, Peter Genzen, Karl-Heinz Häberle, Josef Holik, Kare1 Hucl, Heinrich Jezioranski, Georg Labalue, Fernand Lukasik, Stanislas Majka, Ludwik Michon, Eduard Muszynski, Eduard Novotny, Oldrich Paschke, Günther Patr, Frantizek Pieniazek, Stanislaw Reißig, Bernhard Richter, Hilmar Rogozinski, Stefan Rozmus, Eduard Rysavy, Jindrisch Schaul, Pierre S., Alfred Sonnenberg, Waclaw U., Fritz V., Willi W., Fritz Wolff, Nic Wozniak, Bogdan 3 84 Literaturverzeichnis Anhang Literaturverzeichnis Adomo, Theodor W.: Was bedeutet: Aufarbeiten der Vergangenheit. 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