Verfahren zur echtzeitfähigen Simulation dynamischer Emissionsverläufe ausgewählter Schadstoffe von Ottomotoren Dem Fachbereich Elektrotechnik der Universität Kassel zur Erlangung der Würde eines Doktor-Ingenieurs (Dr.-Ing.) vorgelegte Dissertation von Dipl.-Ing. Jurij Schmidgal Eingereicht am: 28. Juli 2010 Tag der Disputation: 7. September 2011 Gutachter: 1. Prof. Dr.-Ing. Heinz Theuerkauf 2. Prof. Dr. rer. nat. Ludwig Brabetz 3„Das schönste Glück des denkenden Menschen ist, das Erforschliche erforscht zu haben und das Unerforschliche ruhig zu verehren.“. Goethe 5Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftli- cher Mitarbeiter am Institut für Elektrische Energietechnik - Antriebstechnik (IEE-AT) der Universität Kassel. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr.-Ing. H. Theuerkauf für das ent- gegengebrachte Vertrauen und den wertvollen Anregungen und Hinweise, die zum Gelingen der Arbeit entscheidend beigetragen haben. Herrn Prof. Dr. rer. nat. L. Brabetz danke ich für das entgegengebrachte Interesse und für die Übernahme des Koreferates. Weiterer Dank gilt Herrn R. H. Strozyk (AUDI AG, Felix Wankel Institut) für die Bereitstellung des Versuchsträgers und der guten und interessanten Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Hybridentwicklung. Für die freundliche und gute Zusammenarbeit danke ich den Kollegen am IEE-AT. Mein besonderer Dank gilt hierbei den Herren Dr.-Ing. T. Win- sel, Dr.-Ing. C. Wilhelm und Dr.-Ing. M. Ayeb für die fachliche Unterstüt- zung, zahlreichen Diskussionen und Anregungen. Danken möchte ich eben- falls Herrn Dipl.-Ing. E. Schäfer sowie Herrn J. Wiederrecht für ihre sehr kompetente und zuverlässige Hilfestellung bei der Lösung und Umsetzung vieler technischer Ideen und Problemen, die an einem Motorenprüfstand ent- stehen. Bedanken möchte ich mich ebenfalls bei Dipl.-Ing Yuriy Bass und Dipl.-Ing. Kostyantyn Bass für ihr hohes Engagement bei der Betreuung und Betrieb des komplexen Motorenprüfstandes. Für ihre freundliche und steti- ge Hilfsbereitschaft danke ich allen anderen studentischen Hilfskräften des Fachgebiets sowie Frau Böttcher und Frau Bangert sehr herzlich. Für ihre unermüdliche Geduld bei der sorgfältigen Durchsicht der schriftli- chen Arbeit bedanke ich mich bei der „nicht vom Fach“ Frau Monika Lotz. Die erfolgreiche Arbeit wäre jedoch unmöglich gewesen, hätte ich nicht ein intaktes Privatleben in einer harmonischen Familie vorgefunden. Ich danke deshalb ganz besonders meiner geliebten Frau Tatjana und meinem geliebten Sohn Thomas, die mich oft während der Anfertigung der Arbeit entbehren mussten. Bedanken möchte ich mich auch bei meinen Eltern Lili und Viktor 6Schmidgal für die Wegweisung und entscheidende Weichenstellungen beson- ders während meiner Kindheit und Jugend. 7Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 Abkürzungen und Formelzeichen 9 1 Einleitung 13 1.1 Begleitende Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.2 Stand der Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.3 Ziele der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2 Methoden zur Versuchsplanung und echtzeitfähigen Model- lierung komplexer dynamischer Prozesse 23 2.1 Strukturierte Prozessnachbildung . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.2 Verfahren einer diskreten evidenten Interpolation (DEI) . . . . 31 2.3 Ein Ansatz zur iterativen Versuchsplanung - iDoE . . . . . . . 40 3 Simulation dynamischer Konzentrationsverläufe ausgewähl- ter Abgaskomponenten 47 3.1 Kohlenwasserstoffe HC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3.1.1 Einflussparameter der HC-Konzentration . . . . . . . . 50 3.1.2 Modellansatz zur HC -Nachbildung . . . . . . . . . . . 52 3.1.3 Simulationsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 3.1.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3.2 Stickstoffoxide NOx . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.2.1 Einflussparameter der NOx-Konzentration . . . . . . . 78 3.2.2 Modellansatz zur NO -Nachbildung . . . . . . . . . . . 82 3.2.3 Simulationsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 3.2.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3.3 Kohlenmonoxid CO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 3.3.1 Einflussparameter der CO-Konzentration . . . . . . . . 98 3.3.2 Modellansatz zur CO -Nachbildung . . . . . . . . . . . 98 3.3.3 Simulationsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3.3.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 84 Anwendung - Optimierung der Betriebsstrategien im Hybridfahrzeug 107 4.1 Dynamisches Motormodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 4.2 Entwicklungsmethoden zur Ableitung von Betriebsstrategien . 111 4.3 Betriebsstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5 Zusammenfassung und Ausblick 123 6 Anhang 127 6.1 Bestimmtheitsmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 6.2 Sum-Squared-Error (SSE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 6.3 rel. maximaler Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Literaturverzeichnis 129 Betreute Arbeiten 133 Eidesstattliche Erklärung 135 9Abkürzungen und Formelzeichen Abkürzungen HiL . . . . . . . Hardware in the Loop DoE . . . . . . .Design of Experiment DEI . . . . . . . Verfahren einer diskreten evidenten Interpolation iDoE . . . . . . Ein Ansatz zur iterativen Versuchsplanung SNN . . . . . . statisches neuronales Netz DNN . . . . . . dynamisches neuronales Netz NOx . . . . . . .Stickstoffoxide NO . . . . . . . Stickstoffmonoxid CO . . . . . . . .Kohlenmonoxid CO2 . . . . . . .Kohlendioxid HC . . . . . . . .unverbrannte Kohlenwasserstoffe SCR . . . . . . Selective Catalytic Reduction AGR . . . . . . Abgasrückführung R2 . . . . . . . . Bestimmtheitsmaß SSE . . . . . . . Sum-Squared-Error MaxErr . . . Maximaler relativer Fehler NEFZ . . . . . neue europäische Fahrzyklus APU . . . . . . auxiliary power unit ECU . . . . . . engine control unit 10 Formelzeichen mLuft,AS . . .eingeschlossene Luftmenge im Zylinder pro Arbeitsspiel m˙Luft,Zyl . . Luftmassenfluss in den Zylinder nKW . . . . . . Kurbelwellendrehzahl αZW . . . . . . Zeitpunkt der Zündung αZW,nom . . . nominaler Zeitpunkt der Zündung λ . . . . . . . . . . stöchiometrisches Luft-Kraftstoff-Verhältnis ϑKM . . . . . . Kühlmitteltemperatur ϑOel . . . . . . . Motorölltemperatur ϑZW . . . . . . .Zylinderwandtemperatur ϕENW . . . . . Stellung der Einlassnockenwelle ϕANW . . . . . Stellung der Auslassnockenwelle aDK . . . . . . . Stellung der Drosselklappe MGen . . . . . .Generatordrehmoment Zuean/aus . .Freigabe zum Zünden des Verbrennungsmotors ϑumg . . . . . . Umgebungstemperatur pumg . . . . . . .Umgebungsdruck ϑAns . . . . . . .Ansauglufttemperatur MKW . . . . . Drehmoment an der Kurbelwelle MInd . . . . . . indiziertes Drehmoment MSchlepp . . . Schleppdrehmoment pabg . . . . . . . Abgasgegendruck ϑAbg . . . . . . .Abgastemperatur m˙Kr . . . . . . .Kraftstoffmassenstrom mKr . . . . . . .Gesamtmasse des Kraftstoffes m˙NOx . . . . . Massenstrom von Stickstoffoxiden mNOx . . . . . Gesamtmasse der Stickstoffoxide m˙CO . . . . . . Massenstrom von Kohlenmonoxid mCO . . . . . . Gesamtmasse des Kohlenmonoxides m˙HC . . . . . . Massenstrom von unverbrannten Kohlenwasserstoffen mHC . . . . . . Gesamtmasse der unverbrannten Kohlenwasserstoffe 11 13 1 Einleitung Die stetig steigenden Anforderungen an die Automobilhersteller zur Erfüllung bestehender und kommender Abgasnormen unter der zusätzlichen Kraftstoff- minimierung führen dazu, dass in naher Zukunft neue alternative Fahrzeug- konzepte mit verbesserten Regelungsstrategien und neue Konzepte für in- nermotorische Maßnahmen sowie Abgasnachbehandlungen entwickelt werden sollen, die zur Verbrauchsminimierung unter der Einhaltung gesetzlich vor- geschriebener Emissionsgrenzen (NOx, HC, CO, . . . etc.) im Abgas beitragen. Zur Unterstützung bei der umfangreichen Kalibrierung der Steuergeräte ist heutzutage eine HiL (Hardware in the Loop) gestützte Simulation des Ge- samtfahrzeuges unerlässlich, da Kosten und Umfang erheblich minimiert wer- den können. In zukünftigen alternativen Antriebskonzepten, z.B. Hybridfahr- zeugen, erhöht sich die Notwendigkeit einer HiL - Simulationsunterstützung um ein Vielfaches. Ableitung optimaler Betriebsstrategien mit dem Ziel ei- ner ganzheitlichen Energieverbrauchsminimierung im Gesamtfahrzeug unter Einhaltung der gesetzlichen Richtwerte zum Emissionsausstoß können damit wirkungsvoll unterstützt werden. Für diese Aufgaben werden Simulationsmodelle aller Hardwarekomponenten benötigt, die das Systemverhalten in Echtzeit nachbilden. Der Verbrennungs- motor wird heutzutage und nach der Einschätzung vieler Experten in mittel- fristiger Betrachtung immer noch als Hauptantrieb bis hin zu einem Nebena- gregat zur Stromumwandlung in manchen Hybridvarianten eingesetzt. Daher nimmt die Effizienzsteigerung seiner Arbeitsweise weiterhin einen hohen Stel- lenwert bei den umfangreichen Optimierungsaufgaben ein. Die Entwicklung neuer Motorenkonzepte und Brennverfahren mit vielfältigen Möglichkeiten zur Steuerung des Verbrennungsprozesses, auch die vielfältigen Einsatzmög- lichkeiten des Verbrennungsmotors in unterschiedlichen Hybridvarianten, er- möglicht zwar eine bessere Annäherung an teilweise gegensätzliche Optimie- rungsziele, wie Leistung, Verbrauch und Emissionen, bringen aber allerdings eine enorm gestiegene Prozesskomplexität mit. Die zusätzlichen Einflusspa- rameter sowie neuartige Betriebsstrategien wirken sich teilweise entscheidend auf die verbrennungsmotorischen Prozesse aus und müssen modelltechnisch 14 berücksichtigt werden. Daher stellt die Simulation der verbrennungsmotori- schen Prozesse unter harten Anforderungen der Echtzeit eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Mit dieser Arbeit soll ein weiterer Beitrag zur echtzeitfähigen Nachbildung der Schadstoffkonzentrationen im Abgasstrom eines Verbrennungsmotors ge- bracht werden. Analog zu den üblichen Prozessgrößen wie Verbrauch, Leis- tung, Temperaturen etc. können dann wertvolle Aussagen über die anfal- lende Emissionen in den Testdurchläufen vorhergesagt werden. Im Rahmen eines VFI-Vorhabens wurde bereits ein Motormodell zur Applikationshilfe am Beispiel des Kaltstart- und Warmlaufverhaltens erforscht und als Ergeb- nis ein echtzeitfähiges Rechenmodell der Regelstrecke „Motor“ erstellt. Dabei wird das dynamische Verhalten von Motordrehmoment, Luft- und Kraftstoff- massenströmen und Saugrohrdruck während Motorstart und Warmlauf mit brauchbarer Genauigkeit in Echtzeit nachgebildet ([PSL+04b] [PST+08]). Ei- ne Kurzfassung des, aus zwei Teilen bestehenden, Forschungsprojektes ist im Unterkapitel Begleitende Arbeiten beschrieben. Die dort entwickelte Mo- torsimulation wird nun um die Nachbildung wichtiger und vom Gesetzge- ber limitierter Schadstoffkomponenten ergänzt und eignet sich somit für eine ganzheitliche Optimierung der vielfältigen Steuer- und Regelfunktionen im Motorsteuergerät. Angeschlossen an einen HiL-Simulator kann damit eine kosteneinsparende Grundbedatung durchgeführt werden. Es wurde ebenfalls bei der Simulation der Abgasemissionen der Einfluss des Kaltstarts, so wie das Warmverhalten eines Verbrennungsmotors vorgesehen. Man kann damit zeitintensive Applikationsarbeit beim Kaltstart bzw. Warmlauf des Verbren- nungsmotors wirkungsvoll unterstützen, mit dem Ziel die Anzahl der Kalt- startversuche zu reduzieren. Auch simulationstechnische Untersuchungen zur Schadstoffentstehung beim Betreiben des Verbrennungsmotors im Bereich der Heißkühlung sollen ebenfalls ermöglicht werden. Sie erlauben somit in Ab- hängigkeit dieses Betriebsbereiches reibungsrelevante Betrachtungen. Die vorliegende Arbeit unterteilt sich im Wesentlichen in drei Abschnitte. Zuerst werden verschiedene Methoden zur Versuchsplanung und Modellbil- dung vorgestellt. Das Ziel dabei ist, eine systematische Vorgehensweise bei der Planung und Erstellung von komplexen, dynamischen und echtzeitfähigen Modellstrukturen zu entwickeln. Die Methoden sind grundsätzlich allgemein- gültig und eignen sich zur Nachbildung von unterschiedlichen physikalisch- technischen Prozessen. Anschließend folgt im zweiten Teil der Arbeit die Anwendung der beschriebe- nen Methoden. Es werden dynamische Konzentrationsverläufe ausgewählter 15 Abgaskomponenten (NO, HC und CO) nachgebildet. Die Modelle sollen auch für die Untersuchung der Abgasemissionen in der Kaltstart- bzw. Warmlauf- phase eines Verbrennungsmotors geeignet sein. Ein besonderes Interesse gilt dabei auch den dynamischen Modellen, die nicht nur stationäre Betriebspunk- te, sondern auch dynamische Übergänge nachbilden und somit den tatsächli- chen Verhältnissen auf den Straßen näher kommen. Mit Hilfe solcher Modelle können dann komplexe Regleralgorithmen, besonders auch auf ihr Verhalten in den transienten Betriebsbereichen, optimiert werden. Der Schwerpunkt liegt in der garantierten Echtzeitfähigkeit der Modelle, in Hinblick auf ihren Einsatz in HiL-Simulatoren. Zum Abschluss der Arbeit wird dann eine weitere Anwendung des dynami- schen Motormodells vorgestellt. Die Modelle der Leistung, des Verbrauchs und der Emissionen finden ihre Verwendung in einer Gesamtfahrzeugsimu- lation eines seriellen Hybridfahrzeuges. In den vielen Strukturvarianten der Hybridfahrzeuge ist nach wie vor ein Verbrennungsmotor als zusätzliche Ener- giequelle vorgesehen, so dass die Optimierung seiner Arbeitsweise einen zen- tralen Stellenwert bei der Auslegung der Betriebsstrategien annimmt. Mit Hilfe der Simulation eines Verbrennungsmotors, eingeschlossen in die gesam- te Fahrzeugumgebung, werden dann unterschiedliche Betriebsstrategien un- tersucht, um ein globales Optimum an Energieverbrauch und Emissionen für vom Fahrer verlangte Antriebsleistung zu finden. Eine der Anforderun- gen besteht in einer geeigneten Prozessnachbildung beim Kaltstart des Ver- brennungsmotors. Besonders in einem seriellen Hybrid ist es erforderlich, die Temperatur des Motors mitzumodellieren und bei der Simulation von Schad- stoffen und des Kraftstoffverbrauchs mit zu berücksichtigen. Bei einem sol- chen Fahrzeug kommt es während des Betriebes zu mehreren Start und Stopp Vorgängen des Verbrennungsmotors, der in diesem Fall nur als Stromerzeuger fungiert. 1.1 Begleitende Arbeiten Im Verbundprojekt Applikationshilfe [PSL+04b] wurde die Machbarkeit einer Echtzeitsimulation des Kaltstart- und Warmlaufverhaltens von Ottomotoren untersucht. Späteres Ziel ist, mit Hilfe eines solchen Rechenmodells auf einem Hardware-in-the-Loop (HiL) Simulator optimierte Steuergeräteparameter zu erzeugen, während der Versuchsträger zwischen zwei Experimenten erneut auf eine neue Starttemperatur konditioniert wird. Durch die Nutzung der 16 Abkühlzeiten für weitere virtuelle Kaltstarts können so Versuche und damit Zeit und Entwicklungskosten eingespart werden. Die dafür unabdingbare Echtzeitfähigkeit des Modells wird erreicht, indem in einer physikalisch motivierten Struktur des Rechenmodells die numerische Lösung von Differentialgleichungssystemen vermieden wird. Stattdessen wer- den die Mittelwerte relevanter Motorkennwerte und deren Wechselwirkun- gen durch neuronale Netze approximiert. Durch die überlagerte physikali- sche Modellstruktur kann jedoch die Generalisierungsfähigkeit aufwendigerer Rechenverfahren zum Teil erhalten werden. Überlagerte Expertenfunktionen gewährleisten hierbei ein geeignetes Extrapolationsverhalten des Modells. So kann weiterhin die notwendige Anzahl von Eingängen der neuronalen Netze reduziert werden. Dies führt zu kompakten Netzen mit nur wenigen Neuronen und einem sehr gutmütigen Approximationsverhalten. Die physikalisch basierte Modellstruktur ist unterteilt in Funktionsblöcke, welche die Massenströme von Luft und Kraftstoff in Ansaugsystem und Ein- lasskanal bis in den Motor hinein bilanzieren. Dabei werden Verzögerungen, wie sie durch die Kapazität des Saugrohrs und durch die Zwischenspeiche- rung des eingespritzten Kraftstoffs im Wandfilm der Einlasskanäle auftreten, durch dynamische Modellelemente abgebildet. Aus Zündwinkel, Motordreh- zahl und -temperatur sowie Gemischqualität und -menge kann dann das in- dizierte Moment berechnet werden. Das Motordrehmoment ergibt sich nach Abzug von Ladungswechselarbeit und temperaturabhängiger Reibung. Als Forschungsergebnis liegt ein Rechenmodell vor, welches am Beispiel eines V6-Motors im untersuchten Kennfeldbereich das dynamische Verhalten von Motordrehmoment, Luft- und Kraftstoffmassenströmen und Saugrohrdruck während Motorstart und Warmlauf mit brauchbarer Genauigkeit nachbildet. Die Echtzeitfähigkeit wurde auf einem HiL-Simulator nachgewiesen. Auch im Folgeprojekt Applikationshilfe II [PST+08] wurde ein echtzeitfähiges Modell realisiert, mit dem zunächst das Verhalten eines Boxermotors, eben- falls mit sechs Zylindern und einer Saugrohreinspritzung für einen weiten Temperaturbereich nachgebildet werden sollte. Das in der ersten Projekt- phase entwickelte V6-Motormodell setzte sich noch in großen Teilen aus da- tengetriebenen, nichtlinear optimierten Komponenten zusammen, für deren Abgleich obligatorisch eine relativ große Menge an ein- und ausgangsseiti- gen Sollwerten notwendig ist. Gegenüber dieser Studie, wurde in der zweiten Projektphase ein Motormodell entworfen, das bei vergleichbarer Funktiona- lität mit einer deutlich geringeren Menge an Messdaten abgeglichen werden kann. Die Handhabbarkeit des Modells und insbesondere die Übertragung 17 auf andere Versuchsträger sollten hierdurch erleichtert werden. In der zweiten Projektphase sollte die Entwicklungsmethodik zur Kalibrie- rung von Motorsteuergeräten und damit der gefundene Ansatz verallgemei- nert werden. Diente seinerzeit als Versuchsträger ein Fahrzeug der Marke Audi, welches mit einem 2,4l-V6-Fünfventil-Ottomotor ausgerüstet war, so wurde der Versuchsträger für diese Projektphase von der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG zur Verfügung gestellt. Es handelt sich hierbei um einen Por- sche 996 (Facelift) mit Basismotorisierung, d. h. mit einem 3,6l-6-Zylinder- Boxermotor, der ebenfalls mit einem Applikationssteuergerät und einer Zy- linderdruckindizierung ausgestattet wurde. Die deutlich voneinander abwei- chenden Motorkonzepte (V bzw. Boxer) eröffnen ein breites Betätigungsfeld für Untersuchungen zur Übertragbarkeit des echtzeitfähigen Modells bzw. Ansatzes auf einen anderen Versuchsträger. Die Übertragbarkeit des Modells auf einen anderen, ähnlichen Versuchsträger stellt eine der wesentlichen Aufgaben und Ziele des Folgeprojektes dar. Hier- mit soll eine Modellübertragung mit einem Minimum an Versuchen, Messun- gen und versuchsbegleitender Ladungswechselrechnung ermöglicht werden. Weiterhin besitzt der Porsche-Versuchsträger eine Reihe zusätzlicher Ein- flussgrößen und Variabilitäten, die in einem entsprechend erweiterten Modell geeignet zu berücksichtigen sind. Und schließlich sollte durch eine Auswei- terung der Versuchsfahrten auf Starttemperaturen im Bereich von -11◦C bis ca. 20◦C auch der Gültigkeitsbereich des Echtzeitmodells entsprechend ver- größert werden. 1.2 Stand der Technik Die Simulationstechnik ist heutzutage im Stande, physikalische Vorgänge in einem Verbrennungsmotor mit großer Detailtiefe und Genauigkeit zu berech- nen. Dazu wurde eine Reihe von Ansätzen in [WMD01] und [MSS04] vor- gestellt. Benutzt werden dabei sehr zeitintensive FEM Methoden (Finite- Elemente-Method) mit numerischer Lösung umfangreicher partieller Diffe- rentialgleichungssysteme [Rie99]. Allerdings beträgt die benötigte Rechenzeit vorwiegend ein Vielfaches der Zeit, in der die realen Prozesse stattfinden. Aus diesem Grund können solche Modelle nicht in eine HiL Testumgebung im- plementiert werden. Zur modellbasierten Applikationshilfe mittels eines HiL Simulators werden echtzeitfähige Simulationsmodelle benötigt. Die folgende Literaturrecherche gibt einen Überblick über die bereits veröffentlichten Ar- 18 beiten im Bereich einer echtzeitfähigen Simulation der Schadstoffe in einem Otto-Motor. In [Lic01] werden die Schadstoffe: Kohlenmonoxid (CO), Stickstoffoxide (NOx) und die Kohlenwasserstoffe (HC) mit Hilfe der statischen bzw. dynamischen neuronalen Netzen nachgebildet. Die Modellierung einzelner Komponenten wird in zwei Teilfunktionen realisiert, zwischen denen in Abhängigkeit des Lambdas umgeschaltet wird. Die Unterteilung erfolgt für die Lambdawerte 0.8 < λ < 1.1 und λ < 0.8 bzw. λ > 1.1. Für den Bereich des Lambda- wertes nahe der stöchiometrischen Zusammensetzung des Luft- Kraftstoff- gemisches wird die Konzentration der Schadstoffe: Kohlenmonoxides (CO) und der Stickstoffoxide (NOx) in Abhängigkeit des Saugrohrdruckes, der Mo- tordrehzahl und des Lambda nachgebildet. Die Approximation erfolgt mit einem dreischichtigen statischen neuronalen Netz (SNN). Die Konzentrati- on der unverbrannten Kohlenwasserstoffe (HC) wird mit Hilfe eines dyna- mischen neuronalen Netzes (DNN) in Abhängigkeit der Motordrehzahl, des Saugrohrdruckes, des Luftmassenstromes in den Zylinder, sowie des Zündwin- kels nachgebildet. Für die mageren sowie fetteren Luft- Kraftstoffverhältnisse in Bereichen der Lambda λ < 0.8 bzw. λ > 1.1 werden die Konzentrationen der Schadstoffe CO, NOx und HC in Abhängigkeit der Drehzahl, Luftmasse im Zylinder pro Arbeitszyklus und des Lambdas nachgebildet. Dabei wird wiederum ein statisches neuronales Netz verwendet. Die Nachbildung der Stickoxide für die Bereiche des Lambdawertes nahe der stöchiometrischen Zusammensetzung des Luft- Kraftstoffgemisches gilt allerdings in dem An- satz von Lichtenthäler nur für den optimalen, vom Steuergerät berechneten, Zeitpunkt der Zündung. Bei den Applikationsaufgaben an einem HiL Simula- tor ist es allerdings von großer Bedeutung, besonders bei der Entstehung der Stickstoffoxide, die Variation des Zündwinkels zu berücksichtigen, da sie einen großen Einfluss auf die Entstehung ausübt. Auch das dynamische Prozessver- halten in den transienten Betriebsphasen des Verbrennungsmotors wird nur bei der Nachbildung der unverbrannten Kohlenwasserstoffe (HC) modelliert. In den von Lichtenthäler vorgestellten Modellansätzen werden ebenso wenig der variable Ventiltrieb wie das Verhalten der Schadstoffe beim Kaltstart bzw. in der Warmlaufphase des Verbrennungsmotors berücksichtigt. Die Abgasemissionen werden in [FPO03] in Abhängigkeit der Motordreh- zahl, des Zündwinkels sowie der thermodynamischen Zustände vor und nach dem Zylinder mit Hilfe der Polynome berechnet. Der Messaufwand zur Be- stimmung der Funktionskoeffizienten wird mit Hilfe der DoE - Methoden begrenzt. Es wird gleichzeitig darauf hingewiesen, dass eventuell nicht kom- plette Betriebsbereiche mit einem einzigen Polynom abgedeckt werden kön- 19 nen. Möglicherweise werden mehrere Polynome in verschiedenen Betriebs- bereichen eingesetzt, die aneinander angepasst werden. Auch hier wird das Prozessverhalten bei der Entstehung der Schadstoffe während der Kaltstart-, bzw. Warmlaufphase des Verbrennungsmotors nicht berücksichtigt. Der Ein- fluss des variablen Ventiltriebes sowie Dynamik der Konzentrationsverläufe wird ebenfalls nicht modelliert. Friedrich verwendet in seinem Modellansatz die Polynome als Funktionsapproximatoren, die allerdings nicht besonders für die funktionale Annäherung von stark nichtlinearen Prozessen geeignet sind. Daher ist er gezwungen den Eingangsraum in mehrere Bereiche zu un- terteilen, um sie dann einzeln zu modellieren. Mittels Polynomen werden auch in [WH03] die Abgasemissionen nachgebil- det. Dabei werden statistische Auswerte- und Berechnungsmethoden ange- wandt. Die Modelle werden zum einen zur schnelleren Bedatung der steuer- geräteinternen Kennfelder benutzt. Dadurch kann die Anzahl der Prüfstand- versuche reduziert werden. Zum anderen können die ermittelten Funktions- koeffizienten der Polynome direkt im Steuergerät abgespeichert werden. Man verzichtet dabei gänzlich auf die umfangreichen Kennfelder. Dadurch ergibt sich eine beträchtliche Einsparung an benötigter Speicherkapazität des Mo- torsteuergerätes. Die Eingänge der jeweiligen Modelle bilden alle prozessre- levanten und mittels Sensoren erfassbaren Einflüsse. Das Modell stellt einen reinen Black - Box Ansatz dar. Die zum Abgleich benötigten Versuchsrei- hen werden mit Hilfe der Methoden zur statistischen Versuchsplanung (DoE) generiert. Die Prozessapproximation mittels Polynomfunktion findet in vie- len Fällen ihre Berechtigung. Besonders wenn es um Eingangsräume mit hoher Dimensionsanzahl geht und es bei der Nachbildung des Prozessver- haltens nicht auf hohe Approximationsgüte im breiten Eingangsraumbereich ankommt. Es werden damit sehr gute Resultate bei den komplizierten Op- timierungsaufgaben erzielt. Die Modelle eignen sich aber nur eingeschränkt bei der Approximation hoch nichtlinearer Prozesse, mit der Anforderung das Prozessverhalten im breiten Eingangsraum mit hoher Approximationsgüte nachzubilden. Die Modelle sehen auch nicht die Möglichkeit einer Nachbil- dung in transienten Betriebsbereichen vor. In [LSJE02] wird die Nachbildung der NOx Konzentration mittels neuronaler Netze vorgenommen. Einflussgrößen sind: Luftfeuchtigkeit, Saugrohrdruck, Saugrohrtemperatur, Kraftstoffmenge und Drehzahl. Der sogenannte „virtu- elle Sensor“ wird für die Steuerung eines SCR-Katalysators verwendet (Se- lective Catalytic Reduction). Ebenfalls wird nur die NOx Konzentration in [DH00] in Abhängigkeit der Kraftstoff- bzw. Luftmasse, Lage der 50% Ener- gieumsetzung, AGR-Rate, Sauerstoffgehalt im Abgas und der Drehzahl mit 20 Hilfe neuronaler Approximatoren berechnet. Die damit berechnete Konzen- tration der Stickoxide wird für die Dosierung des Reduktionsmittels in einem SCR - Katalysator verwendet. Die Modelle werden als reine Black Box An- sätze mit Integration neuronaler Approximatoren ausgeführt. Um eine gute Modellgüte zu erlangen, soll der Versuchsraum hinreichend angeregt werden. Bei einer zunehmenden Anzahl der Eingänge wächst die Menge der benötig- ten Messdaten exponentiell. In der Literatur wird dieses Problem als „Fluch der Dimensionen“ bezeichnet und schon bereits ab vier Einganggrößen als schwierig empfunden [Win02]. Dazu kommt es, dass bei der Nachbildung von stark nichtlinearen Prozessen, um eine gute Approximationsgüte zu erlangen, viele Neuronen in der verdeckten Schicht eines Netzes verwendet werden, die wiederum die Gefahr eines unplausiblen Verhalten im Interpolations- sowie Extrapolationsbereich mit sich bringen. Zusätzliche Schwierigkeiten bringen die dynamischen neuronale Strukturen mit sich. Außer den regulären Mo- delleingängen werden zusätzlich zeitverzögerte Ein- sowie Ausgänge in die Modellstruktur dazu genommen. An dieser Stelle muss dann noch die Stabi- lität des Modells besonders beachtet werden. Zum besseren Verständnis der komplexen physikalischen Zusammenhänge bei der Entstehung der Schadstoffe im Abgasstrom eines Verbrennungsmotors ist eine detaillierte und umfassende Beschreibung in [Hey88] gegeben. 1.3 Ziele der Arbeit Echtzeitfähige Modellierung der Schadstoffemissionen von Verbrennungsmo- toren stellt das primäre Ziel dieser Arbeit dar. Die in begleitenden Arbeiten beschriebene Modellstruktur eines Verbrennungsmotors soll um die Modelle zur Prädiktion der gesetzlich limitierten Abgaskomponenten (NO, HC und CO) einer ottomotorischen Verbrennung erweitert werden. Die Anforderun- gen an die Emissionsmodelle benötigen ebenfalls die Berücksichtigung der Temperaturabhängigkeit beim Kaltstart, sowie Warmlaufphase des Verbren- nungsmotors, sowie eine geeignete Nachbildung der Konzentrationsverläufe in den transienten Betriebsbereichen . Die Modelle sollen dann bei einer HiL gestützten Kaltstartapplikation der Steuergeräte eingesetzt werden. Bei der Schadstoffnachbildung soll eine strukturierte Vorgehensweise zur Ver- suchsplanung und echtzeitfähiger Modellierung entwickelt werden, die einen Anwender in die Lage versetzt, beliebig umfangreiche Simulationsmodelle von physikalisch-technischen Prozessen zu erstellen, die den harten Anforderun- gen der Echtzeitfähigkeit genügen. 21 Das Motormodell soll dann in eine Gesamtfahrzeugsimulation eines Hybrid- fahrzeuges mit einem seriellen Antriebsstrang eingesetzt werden und zur Op- timierung der Betriebsstrategien beitragen. Diese Betriebsart des Verbren- nungsmotors ist besonders zur Optimierung geeignet, da sie die maximale Anzahl an Freiheitsgraden zur Verfügung stellt. 23 2 Methoden zur Versuchsplanung und echtzeitfähigen Modellierung komplexer dynamischer Prozesse Ein physikalisch - technischer Prozess wird als komplex bezeichnet, wenn er mehrere Einflussparameter und ein stark nichtlineares dynamisches Verhal- ten aufweist. Die Notwendigkeit einer modelltechnischen Erfassung dessen, besonders zum Einsatz in einer HiL-Simulationsumgebung, nimmt stark an Bedeutung in vielen industriellen Anwendungen zu. Beispielsweise wird die echtzeitfähige Simulation der physikalisch - chemischen Vorgänge in moder- nen Verbrennungskraftmaschinen erheblich durch die Zunahme der vielfachen Möglichkeiten zur Steuerung der Verbrennungsprozesse erschwert. Besonders die Entstehung der Schadstoffe ist von vielen Einflussparametern abhängig, die auch durch ihre gegenseitige Wechselwirkung die Nachbildung noch zu- sätzlich erschweren. Auch eine starke Nichtliniarität zeichnet die Prozesse der Schadstoffbildung aus. Dazu wird der Wunsch nach den Modellen, die auch die Dynamik des Prozessverhaltens in transienten Bereichen in geeigneter Weise berücksichtigen, immer deutlicher. Die freien Parameter der Modellstruktur werden in der Regel mit Hilfe von Messdaten bestimmt. Durch die Versuche wird der Prozess an seinen Ein- gängen stimuliert und das Verhalten am Ausgang aufgezeichnet. Durch eine sorgfältig geplante Auswahl der Versuchsreihen können dann die Parameter bestimmt werden. Somit hängen die Versuchsplanung und Modellbildung eng miteinander zusammen und werden gemeinsam behandelt. In diesem Kapitel wird eine konsequente Vorgehensweise bei der Versuchspla- nung und Modellierung vorgestellt. Die Zielsetzung ist dabei eine akzeptable Modellqualität mit vertretbarer Anzahl an dazu nötigen Versuchen. Es be- ginnt mit einer geeigneten Strukturierung des Prozesses (Kap. 2.1). Unter strukturierter Prozessnachbildung versteht man eine physikalisch motivier- te Unterteilung eines Prozesses in einzelne Teile, die in einfachen Schritten aufeinander aufbauen. Dazu gehört ebenfalls eine geeignete Auswahl der Mo- delleingänge. Als Endergebnis resultiert eine zusammengesetzte Modellstruk- 24 tur, die ein komplexes Prozessverhalten nachbildet. Die einzelnen Teilmodelle werden teilweise mit Hilfe der neuronalen Netze realisiert. Ein Verfahren ei- ner diskreten evidenten Interpolation (DEI) (Kap. 2.2), das beim Training neuronaler Netze verwendet wird, sichert bei minimaler Messdatenanzahl ein plausibles und evidentes Verhalten der Netze. Die Strukturierung des Pro- zesses hat auch einen unmittelbaren Einfluss auf die Versuchsplanung. Für den Abgleich der einzelnen Teilmodelle, werden entsprechend Versuchsreihen benötigt. Daher kann man an dieser Stelle auch von einer strukturierten Ver- suchsplanung sprechen, die dadurch ebenfalls in einfachen Schritten aufein- ander aufbauend gestaltet werden kann. Benutzt werden dabei klassische, in vielen Fällen gut bewertete, Versuchsplanungsmethoden (DoE). Eine ausführ- liche Zusammenstellung dieser Methode ist in [Gun03] gegeben. Als Erweite- rung der klassischen Versuchsplanung wird im Anschluss dieses Kapitels ei- ne iterative Vorgehensweise zur Versuchsplanerstellung bei den geschlossenen Modellstrukturen (Black Box) vorgestellt (Kap. 2.3). Bei der klassischen Ver- suchsplanung ist oftmals nicht im Vorhinein bekannt, welche Prozessbereiche anhand ihrer Komplexität eine intensivere Vermessung benötigen. Diese Pro- blematik wird von der hier vorgestellten iterativen Versuchsplanung gelöst, indem die Versuchsplanung, die Vermessung sowie die Analyse der bereits vermessenen Daten in einem iterativen Prozess kombiniert bzw. integriert werden. Der Einsatzschwerpunkt dieser Methode liegt bei stark nichtlinearen Prozessen und trägt zu einer besseren Prozesserfassung bei. 2.1 Strukturierte Prozessnachbildung Die Strukturierung eines umfassenden physikalisch-technischen Prozesses er- möglicht, von seiner ursprünglichen Komplexität ausgehend, ein Aufspalten in überschaubare und leicht nachvollziehbare Teile. In einfachen Etappen, beginnend mit einem einfachen Modellkern, wird die Modellstruktur schritt- weise erweitert und ermöglicht zum Schluss die Nachbildung eines komple- xen dynamischen Verhaltens. In Analogie dazu wird auch bei der Planung der dazugehörigen Versuche vorgegangen. Die daraus gewonnenen Messda- ten dienen zum Abgleichen der freien Parameter der einzelnen Teilmodelle. Die Versuchsplanung erfolgt ebenfalls strukturiert in aufeinander aufbauen- den Schritten. Daher stehen die Versuchsplanung und Modellbildung in ei- ner direkten Verbindung zueinander und bilden zusammen eine ganzheitliche Vorgehensweise. Die am Anfang durchgeführte Analyse des Prozesses selektiert eine geeig- 25 nete Auswahl der Modelleingänge. Anschließend wird eine Unterteilung des Prozesses vorgeschlagen, die die Aufspaltung in ein statisches Modell und eine dynamische Erweiterung vorsieht. Darüber hinaus wird das statische Teilmodell wiederum mit Hilfe eines nominalen Modellkerns mit wenigen Eingängen, dem die weiteren Prozesseingänge sukzessiv extern aufgeprägt werden, realisiert. Der nominale Modellkern hat i.d.R. eine geringe Anzahl an Eingängen und wird als ein Blackbox Modell betrachtet. Zur Versuchs- planung können klassische DoE-Methoden bzw. kombiniert mit einem An- satz zur iterativen Vorgehensweise (iDoE) verwendet werden. Der letztere wird ausführlich im Kap. 2.3 vorgestellt. Des Weiteren erfolgt die Ergän- zung des nominalen Modellkernes um die restlichen Einflussparameter mit Hilfe von geeignet gewählten Basisfunktionen. Mit Basisfunktion wird in die- sem Zusammenhang eine Funktion bezeichnet, die in ihrer Grundform das Verhalten eines Einflussparameters generell widerspiegelt. Der nominale Mo- dellkern berechnet den Funktionswert, welcher dem Prozesswert entspricht, wenn die extern aufgeprägten Einflussgrößen auf einem nominalen Wert fest- gehalten werden. Ist der Einfluss des aufzuprägenden Einganges gering oder unterscheidet sich in der Gesamtheit aller Betriebspunkte nicht wesentlich, so kann man eine vollständige Separation des entsprechenden Einganges durch- führen. D. h. der Einfluss dieses Einganges ist von keinem anderen Eingang abhängig, der bereits im Modell an einer anderen Stelle verwendet wurde. Ist es nicht der Fall, so müssen die freien Parameter der Basisfunktion als Funktionen betrachtet werden, die in Abhängigkeit der schon verwendeten Eingänge berechnet werden müssen. Man spricht von sogenannten Parame- terfunktionen einer Basisfunktion. Diese Parameterfunktionen gestalten die Form der Basisfunktion, die an jedem Betriebspunkt einen etwas anderen Ver- lauf annimmt. Die gewählten Parameterfunktionen müssen sicherstellen, dass die Basisfunktion für den nominalen Fall keinen Einfluss auf den Modellaus- gang ausübt. Eine geeignete Wahl der Basisfunktion ermöglicht komplexe und nichtlineare Zusammenhänge besser nachzubilden. Zur Erfassung der Basis- funktion sowie zugehöriger Parameterfunktionen können wiederum klassische (DoE) wie auch iterative (iDoE) Versuchsplanungsmethoden verwendet wer- den. Das Modell in diesem Stadium bildet das Prozessverhalten für stationäre Betriebspunkte nach und wird um eine dynamische Erweiterung versehen, die die transienten Bereiche entsprechend berücksichtigt. Des Weiteren wird das Vorgehen für eine strukturierte Prozessnachbildung detailliert und allgemeingültig beschrieben. 26 Vorgehensweise Gegeben sei eine zeitkontinuierliche Prozessfunktion f mit n unabhängigen Einflussgrößen x1 bis xn y := f(x1, · · · , xn, t) ∈ R, (2.1) die mit Hilfe einer Modellfunktion fm mit dem Parametersatz W und ausrei- chender Genauigkeit beschrieben werden kann: ym := fm(x1, · · · , xn, t,W ) ≈ y. (2.2) Die Suche nach einer geeigneten Funktion fm ist schwierig und aufwändig. Hierbei ist ein Kompromiss zwischen Modellgüte und der Anzahl, der für den Abgleich benötigten Messdaten, zu finden. Das primäre Ziel der strukturierten Prozessnachbildung besteht in der sys- tematischen Vorgehensweise, die einen umfangreichen dynamischen Prozess nicht als ganzes betrachtet, sondern versucht die Komplexität in einfachen aufeinander aufbauenden Teilschritten zu gestalten. So erfolgt zuerst ähnlich dem Hammersteinmodell die Aufspaltung des Gesamtmodells in einen sta- tionären Modellkern, dem die dynamische Erweiterung nachgeschaltet wird [Nel01]. Allgemein lässt sich der Zusammenhang mit Hilfe der Differential- gleichung n-ter Ordnung wie folgt beschreiben: any n(t) + an−1yn−1(t) + . . .+ a1y′(t) + y(t) = fS(x1, . . . , xn) (2.3) wobei die fS der Ausgang des statischen nichtlinearen Modells ist. Die Form der Gleichung wurde so angepasst, dass für die Grenzwertbetrachtung t→∞ der Wert des Modellausganges y den Wert des statischen Kernes fS darstellt. y(t→∞) = fS(x1, . . . , xn) (2.4) Somit kann man durch die Auswahl der stationären Betriebspunkte bei der Vermessung des Prozesses zuerst den stationären Modellkern abgleichen. An- schließend lässt sich die Dynamik des Prozessverhaltens mithilfe der transi- enten Betriebsbereiche darstellen. Die Vorgehensweise bei der strukturierten Prozessnachbildung gliedert sich in drei Schritte: 1. Schritt: Bildung eines Nominalmodellkerns Zuerst wird das Modell in einen nominalen Modellkern mit der Funktion f 0m unterteilt. In Abhängigkeit der Einflussgrößen z.B. x1 bis xN wird mit dem 27 Parametersatz W 0 der nominale Prozesswert y0m berechnet y0m := f 0m(x1, · · · , xN ,W 0) ≈ y0. (2.5) Die für den Abgleich der nominalen Modellfunktion f 0m benötigten Messdaten y0 werden aus den Versuchsreihen gewonnen, die mit Hilfe einer klassischen bzw. kombiniert mit einer iterativen Vorgehensweise (iDoE) geplant werden. Mit Hilfe des im Kap. 2.2 vorgestellten Verfahrens einer diskreten evidenten Interpolation (DEI) können zusätzliche Sollwerte y0z generiert werden, mit deren Hilfe dann zusammen mit den Sollwerten y0 der Wichtungssatz W 0 gefunden werden kann. Die restlichen Einflussparameter xN+1 bis xn werden dabei auf ihren Nominalwerten xN+1,nom bis xn,nom festgehalten. Deren Wahl erfolgt im Vorfeld und sind i. A. Funktionen der Betriebspunkte x1 bis xN xN+1,nom := f 0xN+1,nom(x1, · · · xN ,W 0xN+1) ... ... xn,nom := f 0xn,nom(x1, · · · xN ,W 0xn) (2.6) und im einfachsten Fall Konstanten xN+1,nom := const ... ... xn,nom := const (2.7) Im allgemeinen Fall muss also ebenfalls die Funktionen f 0xN+1,nom bis f 0 xn,nom , zur Modellfunktion f 0m, abgeglichen werden. Des Weiteren erfolgt die Aufprä- gung externer Einflüsse xN+1 bis xn nacheinander und wird an dem Einfluss xN+1 gezeigt. 2. Schritt: Aufprägung eines expliziten Einflusses Anschließend wird der Einfluss des Faktors xN+1 durch geeignete Basisfunkti- on fxN+1 und den Parametersatz W xN+1 mit Hilfe der Funktion fxN+1exp explizit aufgeprägt: yN+1m := fxN+1exp (f 0m, fxN+1(xN+1,W xN+1)). (2.8) Die Funktion fxN+1exp stellt in der überwiegenden Anzahl der Fälle ein Produkt oder eine Summe der beiden Funktionswerte f 0m und fxN+1 dar: fxN+1exp = f 0m fxN+1(xN+1,W xN+1) oder fxN+1exp = f 0m + fxN+1(xN+1,W xN+1) (2.9) 28 Um die Parameter W xN+1 der Basisfunktion fxN+1 zu bestimmen, werden die Messungen yN+1 durchgeführt, bei denen an unterschiedlichen Betriebspunk- ten, definiert durch die Einflussparameter x1 bis xn, eine Variation des Ein- flusses xN+1 durchgeführt wird. Die Planung von notwendigen Versuchspunk- ten erfolgt wiederum mit Hilfe der klassischen Methoden bzw. in Kombination mit der iterativen Vorgehensweise. Die Sollwerte yxN+1 für den Abgleich der Basisfunktion fxN+1 lassen sich mit der inversen Funktion (fxN+1exp )−1 und den Prozesswerten yN+1 nach der Vorschrift yxN+1 = (fxexp)−1 (f 0m, yN+1) (2.10) generieren. Lassen sich die yxN+1 Werte mit einer geeignet gewählten Basis- funktion fxN+1 nur in Abhängigkeit des Einflusses xN+1 ausreichend beschrei- ben yxN+1 = fxN+1(xN+1,W xN+1), (2.11) so spricht man von einer vollständigen Separation. Man benötigt nur wenige Messpunkte, um solch eine Funktion gut abzugleichen, der Parametersatz W xN+1 besteht dann aus konstanten Werten W xN+1 := {wxN+1i ∈ R : i = 1, . . . , Nw},mit : wxN+1i := const, (2.12) wobei Nw die Anzahl der Parameter im Parametersatz W xN+1 darstellt. Ist der Einfluss des Faktors xN+1 an unterschiedlichen Betriebspunkten ver- schieden, müssen die einzelnen Parameter wxN+1i des Parametersatzes W xN+1 in Abhängigkeit der Faktoren x1 bis xN mit den Parameterfunktionen fxN+1w,i und den Wichtungssätzen W xN+1w,i berechnet werden w xN+1 i := f xN+1 w,i (x1, · · · , xN ,W xN+1w,i ), (2.13) oder kompakt W xN+1 := F xN+1W (x1, · · · , xN ,W xN+1W ), (2.14) mit: W xN+1 w,i : i = 1, . . . , NW ⊆ W xN+1W und f xN+1 w,i : i = 1, . . . , NW ⊆ F xN+1W (2.15) Der Abgleich der Parameterfunktionen erfolgt am einfachsten, wenn an un- terschiedlichen Betriebspunkten bei der Konstanthaltung der Einflüsse x1 bis xN nur der Einfluss xN+1 variiert wurde. Dazu werden zuerst an den Betriebspunkten xi1 bis xiN mit i = 1, . . . NBP , wobei NBP die Anzahl der 29 Betriebspunkte ist, die Lerndaten yxN+1,i aus den durchgeführten Versuchs- reihen generiert. Die dazu erforderlichen Versuche werden ebenfalls mit Hilfe der klassischen DoE-Methoden bzw. ergänzt durch die iterative Vorgehens- weise geplant. Somit wird schließlich die Schar der Funktionen f ixN+1 an den Betriebspunkten xi1 bis xiN bestimmt: f ixN+1(xN+1,W xN+1 i ) != yxN+1,i. (2.16) Auch hier kann mit Hilfe des DEI Algorithmus zusätzliche Punkte erzeugt und beim Abgleichen berücksichtigt werden. Somit ist W xN+1 Soll = {W xN+11 , . . . ,W xN+1NBP }. (2.17) Anschließend bildet man die Menge der Parameterfunktionen F xN+1W mit Hilfe der Sollwerte W xN+1Soll mit geeigneten Funktionen nach: F xN+1 W (x1, · · · xN ,W xN+1W ) != W xN+1Soll . (2.18) Im Fall, dass bei der Variation des Einflusses xN+1 nicht immer ein konstanter Betriebspunkt garantiert werden konnte, werden die Wichtungssätze W xN+1W der Parameterfunktionen F xN+1W nachträglich nachjustiert. Dazu wird zuerst die Kostenfunktion K(W xN+1W ) gebildet: K(W xN+1W ) := (yxN+1 − fxN+1(xN+1, F xN+1W (x1, · · · xN ,W xN+1W )))2. (2.19) Mit der Methode der nichtlinearen Optimierung wird ein optimaler Wich- tungssatz W xN+1W,opt nach der Vorschrift min W xN+1 W (K(W xN+1W ))→ W xN+1W,opt (2.20) bestimmt. 3. Schritt: Aufprägung eines dynamischen Verhaltens Das im zweiten Schritt ermittelte Teilmodell bildet das Prozessverhalten an stationären Betriebspunkten nach und wird in diesem Schritt um eine dy- namische Erweiterung ergänzt. Allgemein wird der Zusammenhang in der Gleichung 2.3 beschrieben. In der praktischen Anwendung (vgl. 3.1.2, 3.2.2, 3.3.2) hat sich in vielen Fällen eine Differenzialgleichung der Form mit Vor- geschalteter Totzeit a1y ′(t) + y(t) = fS(x1(t− ttot), . . . , xn(t− ttot)) (2.21) als geeignet erwiesen, deren Zeitkonstante a1 sowie die Totzeit ttot in Abhän- 30 gigkeit des Betriebspunktes berechnet wird. a1 = fa1((x1, . . . , xn) ttot = f tot((x1, . . . , xn). (2.22) Zur Bedatung der entsprechenden Dynamikfunktionen brauchen nicht unbe- dingt zusätzliche Messdaten am Prüfstand eingefahren werden, sofern bei der Vermessung der stationären Stützstellen die Messfolgen beim Betriebspunkt- wechsel mit aufgezeichnet wurden. 0 mf M my 1x Nx 0 my 1+Nx 11 −nxx L nx M M L Nominalmodell Basisfunktion Parametervariation einer Basisfunktion M 1a tott 1. Schritt 2. Schritt 3. Schritt Bild 2.1: Strukturierte Prozessnachbildung 31 2.2 Verfahren einer diskreten evidenten Interpolation (DEI) Nach der durchgeführten Strukturierung des Prozesses, werden die einzelnen Teilmodelle mit Hilfe der datengetriebenen Funktionsapproximatoren reali- siert. In der Praxis werden häufig Polynomfunktionen niedrigen Grades einge- setzt. Mit steigendem Grad solcher Polynomfunktionen lassen sich die Funk- tionswerte an den gemessenen Stützstellen zwar besser approximieren, dabei entstehen aber unerwünschte Oszillationen in den Zwischenbereichen. Gut- mütiger verhalten sich häufig Funktionsapproximatoren auf Basis neuronaler Netze. Auch bei stark nichtlinearen Prozessen weisen sie eine hohe Approxi- mationsfähigkeit auf. Mit steigender Anzahl der Neuronen in der verdeckten Schicht treten zwar ebenfalls Unregelmäßigkeiten bei der Interpolation auf, was aber mit Hilfe von zusätzlichen dort platzierten Punkten verhindert wer- den kann, die schließlich zum Training des Netzes mitverwendet werden. Das hier vorgestellte Verfahren einer diskreten evidenten Interpolation (DEI) er- zeugt in einem iterativen Prozess eine beliebige Anzahl von Stützstellen, die ein möglichst plausibles Verhalten des zugrunde liegenden Prozesses wieder- geben. Die Leistungsfähigkeit des Verfahrens ist insbesondere bei der Ver- wendung in einem mehrdimensionalen Eingangsraum und beliebig verteilten Messdaten gegeben. Dadurch entsteht eine ausreichende Anzahl an Zwischen- punkten, um anschließend das Training eines neuronalen Netzes oder auch anderen Funktionen erfolgreich durchführen zu können. Hierbei wird eine hohe Approximationsgüte an den Messstellen sichergestellt und in den Zwi- schenbereichen ein plausibler Verlauf angestrebt. Das Verfahren einer diskreten evidenten Interpolation bildet auch die Basis für den im nächsten Kapitel 2.3 vorgestellten Ansatz zur iterativen Versuchs- planung (iDoE). Vorgehensweise Gegeben sei ein Eingangsraum U = {ui ∈ RNu : i = 1, · · · ,M}, (2.23) mit Nu Dimension und M Anzahl der Messpunkten. Der zugehörige Prozess- ausgang sei yi := fp(ui) ∈ R (2.24) wobei fp unbekannt ist. 32 Durch eine einmalige Durchführung des nachfolgend beschriebenen Verfah- rens wird ein zusätzlicher Punkt uM+1 erzeugt und der dazugehörige Funkti- onswert yM+1 := fDEI(uM+1) (2.25) wird nach dem Kriterium einer evidenten Interpolation gebildet (vg. Defini- tion 1) und befindet sich innerhalb einer konvexen Hülle, die die Menge aller Messpunkte ui umschließt. Definition 1: Eine Interpolationsfunktion fint : u ∈ RNu → y ∈ R ist evident, wenn der Funktionsverlauf im Interpolationsbereich ohne unerwartete Oszil- lationen erfolgt. Das Verfahren unterteilt sich in drei Schritte: 1. Schritt: Bestimmung von Tangentialebenen an den Stützstellen Im ersten Schritt werden zu jedem Punkt ui eine Tangentialebene vi(u) = yi + ∂fp(u) ∂u · (u− ui) (2.26) bestimmt. Die partiellen Ableitungen ∂fp(u)∂u werden mit Hilfe der natürlichen Nachbarn uji ∈ U ji ⊆ U und den dazugehörigen Funktionswerten yji = fp(uji ) mit j = 1, . . . , N in, wobei N in Anzahl der natürlichen Nachbarn des Punktes ui ist, abgeschätzt zu ∂fDEI(u) ∂u ≈ ∂fp(u) ∂u . (2.27) Zwei Punkte sind natürliche Nachbarn, wenn sie einen gemeinsamen Voronoi- Knoten besitzen. Ein Voronoi-Knoten wird aus dem Voronoi-Diagramm ab- geleitet. Dabei wird der Eingangsraum U in Regionen aufgeteilt, deren Zen- tren die Messpunkte ui darstellen. So besitzt jeder Messwert ui seine eigene Voronoi-Region. Laut Definition haben alle Punkte einer Region den gerings- ten euklidischen Abstand zum dazugehörigen Zentrum [Kle05]. Dabei bilden die Grenzen der benachbarten Regionen um ein jeweiliges Zentrum einen Polygonzug, der sie umschließt. Die Kanten des Polygons werden dann als Voronoi-Kanten und die Ecken des Polygons als Voronoi-Knoten bezeichnet. Die Abschätzung der Tangentialebenen erfolgt mit Hilfe des Least-Squares- Verfahrens, indem man ein lineares Gleichungssystem der Form: (yji − yi) = ∂fDEI(u) ∂u (uji − ui) (2.28) aufstellt und unter Minimierung der Fehlerquadrate die partiellen Ableitun- 33 gen ∂fDEI(u)∂u ermittelt. Eine Tangentialebene kann nur eindeutig beim Vorhan- densein mindestens Nu Nachbarn (j ≥ Nu) bestimmt werden. Im Grenzfall j = Nu dürfen keine zwei oder mehrere Nachbarn in einen Punkt zusam- menfallen. Für den Fall, dass eine Anhäufung der Nachbarpunkte in einem Gebiet vorkommt, wird der Einfluss der einzelnen Nachbarn zusätzlich mit einem Gewichtsfaktor versehen. Die Ermittlung der Gewichtungsfaktoren er- folgt ähnlich wie auch bei der Methode Voronoi Interpolation, vgl. [Kle05]. An dieser Stelle wird die Methode zur Ermittlung der Gewichte anhand eines Beispiels für Nu = 2 beschrieben: Man bildet zuerst die Voronoi-Zellen mit Bezug auf die natürlichen Nachbarn uji des Punktes ui, ohne Berücksichtigung derselben. Die Flächen der einzel- nen Zellen werden mit F ji bezeichnet. Anschließend bildet man die Voronoi- Zellen angewandt auf die Elemente {uji , ui}. Die in Abb. 2.2 schraffierte Flä- che der Voronoi-Zelle um den Punkt ui entspricht dabei dem Wert Fi. Die Gewichte der Punkte uji , die die Neigung der Tangentialebene beeinflussen, errechnen sich dann mit gji = F ji ∩ Fi Fi (2.29) iu 1 iu 2iu 3 iu 4 iu5 iu Bild 2.2: Voronoi Interpolation 34 2. Schritt: Bildung optimaler Punkt-zu-Punkt-Verbindungen Im zweiten Schritt werden nach dem im [Kle05] beschriebenen Verfahren Delaunay-Triangulation1 für mehrdimensionalen Raum Simplexe ∆S ⊆ U mit s = 1, . . . , NS erzeugt, wobei NS die Anzahl der Simplexe ist. Mit den Eigenschaften: • Punkte eines Simplex bilden eine konvexe Hülle, die eine leere Menge umschließt, • Der Durchschnitt zwei verschiedener Simplexe ist entweder leer, ein ge- meinsamer Eckpunkt, eine gemeinsame Kante, eine gemeinsame Drei- ecksfläche oder im u-Dimensionalen ein gemeinsames Nu − 1 Polytop. • Die Verbindungslinien zwischen den Punkten eines Simplex weisen einen maximalen Innenwinkel auf. Die Bildung einer Delaunay-Triangulation ist eigentlich nur ein Zwischen- schritt zur Bildung optimaler Punkt zu Punkt Verbindungen DkS ⊆ ∆S mit k = 1, . . . , Nu∑ i=1 i, die sich aus den Kanten der Simplexe ableiten lassen. Die doppelten Ver- bindungen, die aus zwei benachbarten Simplexen stammen, werden aussor- tiert. Nach dem Aussortieren bleiben die Einfachverbindungen Dl ⊆ D mit l = 1, . . . , ND, wobei ND die Anzahl aller Einfachverbindungen ist. Die Ele- mente einer Verbindung sind {u1l , u2l } ∈ Dl und werden zukünftig als End- punkte einer Verbindung bezeichnet. Jeder Endpunkt besitzt eine Tangen- tialebene v1l (u) und v2l (u), die aus der Menge der Tangentialebenen vi (vgl. 1. Schritt) sind. Des Weiteren wird für jede Verbindung mit den dazu gehörigen Tangen- tialebenen an jeweils beiden Endpunkten eine Richtungsableitung zu dem gegenüber liegendem Endpunkt bestimmt al,1→2 = grad(v1l (u)) · u1l − u2l |u1l − u2l | , bzw. al,2→1 = grad(v2l (u)) · u2l − u1l |u2l − u1l | . (2.30) 1In einem R2 Eingangsraum generiert das Verfahren Delaunay-Triangulation aus der vorgegebenen Punk- temenge ein Dreiecksnetz. Das Verfahren wurde nach einem russischen Mathematiker Delone benannt und im Jahr 1934 veröffentlicht. 35 So besitzt jeder der Verbindungen Dl vier charakteristische Merkmale: • Funktionswerte an den Endpunkten y1l = f(u1l ), y2l = f(u2l ) und • Richtungsableitungen in Richtung des gegenüber liegenden Punktes al,1→2, al,2→1. Jetzt wird eine parametrierte Kurve gesucht, die außer der Erfüllung der vier Randbedingungen ohne unerwünschte Oszillationen im Zwischenbereich verläuft: f : [u1l , u2l ]→ RNu, t 7−→ f(t). (2.31) Für die gestellte Aufgabe eignet sich sehr gut eine Bezier Kurve dritten Gra- des f(t) = fB(t) = 3∑ i=0 3 i ti(1− t)3−ipi, t ∈ [0, 1] (2.32) wobei p0 = y1l , p3 = y2l , p1 = al,1→2 3 + p0 und p2 = al,2→1 3 + p3. (2.33) 3. Schritt: Erzeugung eines zusätzlichen Punktes Im dritten und letzten Schritt des Verfahrens wird ein neuer Punkt uM+1 erzeugt, indem die längste Verbindung DL = max ‖Dl‖ in der Mitte geteilt wird, wobei uM+1 = u1L + u2L 2 . (2.34) Der Funktionswert der Bezier Kurve fB(uM+1) an der Stelle uM+1 bildet somit einen neuen zusätzlichen Punkt, der zu der Menge der Punkte ui zugefügt wird. Als nächstes wird zu diesem Punkt eine neue Tangentialebene vM+1(u) = fB(uM+1) + ∂fDEI(u) ∂uk · (u− uM+1) (2.35) bestimmt. Um eine Tangentialebene an der Stelle uM+1 eindeutig bestimmen zu können, ist ein lineares Gleichungssystem mit Nu + 1 Gleichungen notwendig. Die ersten beiden Gleichungen sind durch den Funktionswert fB(uM+1) vM+1(uM+1) = fB(uM+1) (2.36) sowie die Richtungsableitung in Richtung u2L − uM+1 |u2L − uM+1| 36 gegeben. Die Richtungsableitung entspricht dabei dem Wert der ersten Ab- leitung der Bezier Kurve fB(uM+1) an der Stelle uM+1 grad(vM+1(u)) · u 2 L − uM+1 |u2L − uM+1 = f ′B(uM+1). (2.37) Im Fall Nu > 1 sind weitere Nu − 1 Gleichungen notwendig und es wer- den dazu Nu − 1 normierte Richtungsvektoren an der Stelle uM+1 mit den Eigenschaften: a1(u)⊥a2(u)⊥, . . . ,⊥aNu−1(u)⊥ u2L − uM+1 |u2L − uM+1| (2.38) gebildet. Die dazugehörigen Richtungsableitungen Ak mit k = 1, . . . , Nu − 1 werden aus den Richtungsableitungen an den Stellen u1L und u2L mit den Tangentialebenen v1L(u) und v2L(u) in die Richtung der Richtungsvektoren ak gemittelt Ak = grad(v1L(u)) · ak(u) + grad(v2L(u)) · ak(u) 2 (2.39) so dass die dazugehörigen Gleichungen lauten grad(vM+1(u)) · ak(u) = Ak. (2.40) Durch das Lösen des Gleichungssystems aus den Gleichungen 2.36, 2.37 und 2.40 werden die unbekannten Koeffizienten der neuen Tangentialebene vM+1(u) bestimmt. Durch die Bildung eines neuen Punktes uM+1 entstehen gleich- falls neue Verbindungen. Zunächst entstehen aus der Verbindung DL zwei neue Verbindungen D1L und D2L mit den Elementen {u1L, uM+1} ∈ D1L und {uM+1, u2L} ∈ D2L. Anschließend werden weitere Verbindungen wie folgt ge- bildet: DL ⊆ ∆m mit m = 1, . . . , Nm, Nm ist die Anzahl der Simplexe, die ei- ne gemeinsame Kante DL enthalten. Die neuen Verbindungen Dp mit p = 1, . . . , (Nu − 1)Nm entstehen aus den Elementen {uM+1, up} ∈ Dp, mit up ∈ {{∆1∪, . . . ,∪∆m} ∼ DL}. Durch Widerholen des dritten Schrittes können weitere zusätzliche Punkte iterativ gebildet werden. 37 Anwendung Die Anwendung des Verfahrens wird an einem Beispiel vorgestellt. In der Abbildung 2.3 sind die vorgegebenen Messpunkte ui ∈ R2 : i = 1, · · · , 14 in einem zweidimensionalen Eingangsraum dargestellt, der durch die Einfluss- parameter x1 und x2 aufgespannt wird. Der zugehörige Prozessausgang ist yi ∈ R. 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 x 1 x 2 y Messpunkte Bild 2.3: Vorgegebene Messpunkte Im ersten Schritt des Verfahrens werden zu jedem Punkt ui eine Tangential- ebene vi gebildet. Das Ergebnis wird in der Abb. 2.4 dargestellt. 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.5 1 x 1x 2 y Bild 2.4: Bildung der Tangentialebenen 38 Im zweiten Schritt werden optimale Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zwischen den Messpunkten gebildet (Abb. 2.5). Die Zuordnung der Punkte wird so ge- staltet, dass die Innenwinkel zwischen den Verbindungslinien möglichst groß werden. In dieser Phase des Verfahrens entsteht ein sog. „Grundgerüst“, der als eine Basis für weiteres Vorgehen feststeht und den möglichen Funktions- verlauf im Interpolationsbereich andeutet. 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.5 1 x 1x 2 y Messpunkte Verbindungslinien Bild 2.5: Bildung optimaler Punkt-zu-Punk-Verbindungen Im dritten und letzten Schritt des Verfahrens wird dann ein zusätzlicher Punkt erzeugt, indem die längste Punkt-zu-Punkt-Verbindung in der Mitte geteilt wird (Abb. 2.6). An dem neu erzeugten Punkt wird ebenfalls eine 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.5 1 x 1x 2 y Messpunkte Verbindungslinien Zus. Punkt Bild 2.6: Erzeugung eines zusätzlichen Punktes 39 dazugehörige Tangentialebene sowie neue Verbindungen zu den in der Nähe liegenden Punkten gebildet (Abb. 2.7). Durch mehrmaliges Wiederholen des 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.5 1 x 1x 2 y Bild 2.7: Bildung einer Tangentialebene und zusätzlicher Punkt-zu-Punkt - Verbindungen dritten Schrittes können weitere zusätzliche Punkte iterativ gebildet werden (Abb. 2.8). 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 0 0.5 1 x 1x 2 y Messpunkte Verbindungslinien Zus. Punkte Bild 2.8: Ergebnis des Verfahrens einer diskreten evidenten Interpolation (DEI) 40 2.3 Ein Ansatz zur iterativen Versuchsplanung - iDoE Die nachfolgend vorgestellte Methode einer iterativen Versuchsplanung eig- net sich zur Erstellung eines Versuchsplans für geschlossene Modellstruktu- ren (Black Box) und stellt eine Ergänzung zur klassischen Versuchsplanung (DoE) dar. Besonders bei stark nichtlinearen Prozessen sind oft die Versuch- spläne, die mit klassischen DoE-Methoden erstellt werden nicht ausreichend, um eine gute Modellqualität im gesamten Eingangsraum zu gewährleisten. Bereiche mit hohen Gradienten werden häufig ungenügend vermessen, wo- raus eine schlechte Modellqualität an diesen Stellen resultiert. Teilweise sind solche Bereiche nicht im Vorhinein bekannt, werden bei der D-optimalen Se- lektion übersehen und bleiben daher bei der Versuchsplanerstellung sowie bei der Modellbildung unberücksichtigt. Die hier vorgestellte Methode zur Ver- suchsplanerstellung schlägt alternativ eine iterative Vorgehensweise vor. Das Verfahren beginnt mit einem minimalen Anfangsversuchsplan. Nach seiner Umsetzung werden die gewonnenen Messdaten analysiert und Kandidaten für nächste Versuche gewonnen. Das Verfahren basiert auf dem im Kap. 2.2 vorgestellten DEI Verfahren. Es wird jedes Mal aus dem angenommenen evi- denten Verlauf des Prozesses zwischen den bereits vermessenen Messpunkten ausgegangen. Gleichzeitig wird für die Bereiche zwischen den Messpunkten eine Wahrscheinlichkeitsverteilung des Prozesswertes gebildet, die dann mit- einander verglichen werden, um daraus den Bereich mit der größten Unsi- cherheit zu selektieren. Die Anwendung des Verfahrens wird im Anschluss an einer theoretisch kritischen Testfunktion verifiziert. Vorgehensweise Gegeben sei ein Anfangsversuchsplan V0: V0 := {xi ∈ RNx : i = 1, . . . ,M0}, (2.41) wobei Nx ist die Dimension und M0 die Anzahl der Messpunkte. Die Punkte des Anfangsversuchsplans sollen den Eingangsraum möglichst abdecken, da die weiteren Versuchspunkte innerhalb der konvexen Hülle erzeugt werden, die die Menge der Punkte xi des Anfangsplanes V0 umschließt. Im nächsten Schritt werden anhand des Anfangsversuchsplanes die Messdaten gewonnen. Der zugehörige Prozessausgang sei yi := fp(xi) ∈ R. (2.42) 41 Mit der, als unbekannt vorausgesetzten Prozessfunktion fp. Das Verfahren der iterativen Versuchsplanung analysiert die vorhandenen Messpunkte yi und macht einen Vorschlag, an welcher Stelle im Eingangsraum die größte Unsicherheit herrscht, um dort eventuell einen neuen Messpunkt zu setzen xneu = fiDoE(V0, yi). (2.43) Der bestehende Versuchsplan V0 wird somit um den Punkt xneu zu dem neuen Versuchsplan Vneu erweitert: Vneu = {V0, xneu}. (2.44) Nach der Durchführung der Messung hat man den tatsächlichen Prozesswert yneu an der Stelle xneu: yneu := fp(xneu) ∈ R. (2.45) Das Verfahren der iterativen Versuchsplanung unterteilt sich in 2 Schritte: 1. Schritt: Analyse der vorliegenden Messdaten Mit Hilfe des DEI Verfahrens (Kap. 2.2) werden ausgehend aus den vorhande- nen Messdaten xi mit den entsprechenden Funktionswerten yi die zusätzliche Punkte xz mit den dazugehörigen Funktionswerten yz erzeugt: [xz, yz] = fDEI(xi, yi). (2.46) Aus dem ersten Schritt des DEI Verfahrens sind ebenfalls die abgeschätzten Tangentialebenen vi(xi) ∀ i = 1, . . . ,M0 an den Stützstellen xi bekannt. 2. Schritt: Wahrscheinlichkeitsanalyse Im Weiteren werden die zusätzlichen Punkte xz einzeln betrachtet. Es wird eine Verteilung der Wahrscheinlichkeitsdichte fµ mit dem Parametersatz W µ an der Stelle xz angenommen µ = fµ(y,W µ), (2.47) die aussagt wie wahrscheinlich ist es, dass an der Stelle xz die Prozessfunktion fp einen bestimmten Wert y annimmt. Die gesuchte Wahrscheinlichkeitsdich- teverteilung fµ soll folgende Randbedingungen erfüllen: • Es gibt Grenzen yg,max bzw. yg,min, bei deren überschreiten es höchstun- wahrscheinlich ist, dass dort ein Prozesswert auftreten kann: µ = fµ(yg,min,W µ) = fµ(yg,max,W µ) = 0. (2.48) 42 • An dem Funktionswert, der nach dem Kriterium der evidenten Interpo- lation gebildet wurde yz, soll die Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung ihr Maximum aufweisen: f ′ µ(yz,W µ) = 0 ∧ f ′′ µ(yz,W µ) < 0. (2.49) • Der Integralwert über die Wahrscheinlichkeitsverteilung fµ zwischen den Grenzen yg,max und yg,min ist gleich 1: yg,max∫ yg,min fµ(y)dy = 1. (2.50) Zum Einhalten dieser Randbedingungen ist eine Betaverteilung der Form fµ(y) = fβ(y) = 1 B(p, q)(y − yg,min) p−1(yg,max − y)q−1 (2.51) mit B(p, q) = yg,max∫ yg,min (y − yg,min)p−1(yg,max − y)q−1dy (2.52) gut geeignet, wobei die Parameter p und q geeignet gewählt werden müssen. Die Grenzen yg,min und yg,max werden mit Hilfe der natürlichen Nachbarn xz,NN des Punktes xz abgeschätzt, mit NN = 1, . . . , N zn, wobei N zn die Anzahl der natürlichen Nachbarn des Punktes xz ist. Zwei Punkte sind natürliche Nachbarn, wenn sie einen gemeinsamen Voronoi-Knoten besitzen, wie in 2.2 beschrieben. Die natürlichen Nachbarn xz,NN des Punktes xz sind Elemente aus der Menge der Stützstellen des Anfangsversuchsplanes V0: xz,NN ∈ V0. (2.53) Dazu wird zunächst, bezogen auf jeden Nachbarn xz,NN , ein möglicher Grenz- wert yNNg an der Stelle xz bestimmt. Mit Hilfe der Tangentialebene vNN des Nachbarn xz,NN wird eine Richtungsableitung aNN in Richtung des zu unter- suchenden Punktes xz gebildet: aNN = grad(vNN(x)) · xz − xz,NN|xz − xz,NN | . (2.54) Ein Grenzwert yNNg bezogen auf jeden Nachbarn xz,NN des Punktes xz ist dann: yNNg = aNN |xz − xz,NN |+ yNN , (2.55) wobei der Wert yNN dem Funktionswert des Nachbarn xz,NN entspricht. Der 43 Grenzwert yNNg wird anschließend zusätzlich um die Gewichtung, die mit der Methode der Voronoi-Interpolation bestimmt wird, skaliert. Das gibt den näheren Nachbarn die Möglichkeit, mehr Einfluss auszuüben. Zum Schluss wird zu der Menge aller Grenzpunkte noch ein Punkt yLg zuge- fügt, der mittels einer linearen Interpolation an der Stelle xz erzeugt wird. Somit ist G die Menge aller Grenzwerte an der Stelle xz: G = {{yNNg ∈ R : NN = 1, . . . , N zn}, yLg }. (2.56) Jetzt wird der minimale yg,min bzw. der maximale yg,max Grenzpunkt be- stimmt: yg,min = min(G) yg,max = max(G). (2.57) Der Wert der Verteilungsfunktion fµ an dem Erwartungswert yz entspricht der maximalen Wahrscheinlichkeitsdichte µmax: µmax = fµ(yz). (2.58) Mit Hilfe der maximalen Wahrscheinlichkeitsdichte µmax wird ein Unsicher- heitsfaktor FWuncert gebildet: FWuncert = 1 µmax . (2.59) Der kann um die zusätzliche distanzabhängige Korrektur F duncert erweitert werden, um die Punkte, die etwas weiter auseinander liegen, mehr zu gewich- ten: F duncert = eλ(−1/d). (2.60) Wobei der Abstand d zum nächsten Nachbarn xz,NN und λ die Stärke der Di- stanzabhängigkeit darstellt. Somit setzt sich der gesamte Unsicherheitsfaktor Funcert wie folg zusammen: Funcert = FWuncert F duncert = 1 µmax eλ(−1/d). (2.61) Diese Werte werden an allen Punkten xz miteinander verglichen. Der Punkt, an dem der Faktor Funcert am größten ist, ist der Punkt mit der größten Unsicherheit und sollte im nächsten Schritt vermessen werden. 44 Anwendung Die Anwendung des Verfahrens wird beispielhaft an einer Testfunktion y := fTest(x1, x2) = 0.75e− (9x1−20)2 100 − 9x2+110 − 0.2e− (9x1−25) 2−(9x2−10)2 60 (2.62) verifiziert (Abb. 2.9). 0 1 2 3 0 1 2 3 0 0.2 0.4 0.6 x 1x 2 y Testfunktion Bild 2.9: Testfunktion Zuerst wird ein Anfangsversuchsplan V0 erstellt: V0 := {xi ∈ R2 : i = 1, . . . , 4}, (2.63) welcher die äußeren Begrenzungen (Eckpunkte) des Versuchsraums beinhal- tet, wie in der Abbildung 2.10 mit Kreisen verdeutlicht. In der Abbildung 2.10 sind ebenfalls die Prozesswerte samt zugehöriger Modellfunktion, die mit Hilfe der DEI-Interpolation mit anschließendem Training des statischen neuronales Netzes (SNN) erstellt wurde, dargestellt. In den Abbildungen 2.11 bis 2.13 sind weitere Versuchspunkte in der Rei- henfolge der Erstellung, entsprechender Vermessung und das dazugehörige Modell dargestellt. 45 0 1 2 3 0 1 2 3 0 0.2 0.4 0.6 x 1x 2 y Bild 2.10: Anfangsversuchsplan 0 1 2 3 0 1 2 3 0 0.2 0.4 0.6 x 1 3 1 x 2 2 y existing point new point Bild 2.11: Iterationen 1 bis 3 46 0 1 2 3 0 1 2 3 0 0.2 0.4 0.6 x 1 4 5 x 2 y existing point new point Bild 2.12: Iterationen 4 bis 5 0 1 2 3 0 1 2 3 0 0.2 0.4 0.6 6 x 1 7 x 2 y existing point new point Bild 2.13: Iterationen 6 bis 7 47 3 Simulation dynamischer Konzentrationsverläufe ausgewählter Abgaskomponenten Die aktuellen Normvorschriften zur Einhaltung der in die Umgebung emit- tierter Schadstoffkomponenten stellen eine ernstzunehmende Schranke dar, die bei den Optimierungsaufgaben zur Kraftstoffminimierung bzw. Maximie- rung der Leistung nicht überschritten werden darf. Daher sind die Modelle der Schadstoffe eine wichtige Komponente bei der Gesamtfahrzeugsimulation zur umfangreichen HiL gestützten Applikations- und Optimierungsaufgaben. Be- sonders die Prädiktion der Emissionen in der Kaltstart bzw. Warmlaufphase des Verbrennungsmotors kann solche Aufgaben effizient unterstützen. Nicht weniger wichtig ist eine folgerichtige Nachbildung der Abgaskomponenten in den transienten Betriebsphasen des Verbrennungsmotors. Die auf chemischen Gleichungen basierenden Simulationen mit guter Genauigkeit sind von vielen lokalen Faktoren im Brennraum abhängig und erfordern eine umfassende 3D Simulation des Ladungswechsels sowie des Verbrennungsprozesses. Solche Si- mulationsmodelle sind dann in der Regel nicht echtzeitfähig und können nur für ausgewählte stationäre Betriebspunkte in einem Vielfachen der Echtzeit die Konzentration der Schadstoffe berechnen. Die hier vorgestellten Modelle werden vielmehr mit Hilfe der Messdaten, die an einem Motorenprüfstand aufgenommen wurden, parametriert. In diesem Zusammenhang spricht man auch von datengetriebener Modellbildung. Solche Modelle bilden im Mittel das Prozessverhalten nach, was in vielen Fällen der gestellten Anforderung genügt. Das Prozessverhalten wird anhand der Information an den Eingängen nach einer fest definierten Zeit berechnet und am Ausgang ausgegeben. Die aktuellen Konzepte der Verbrennungskraftmaschinen weisen eine zunehmend hohe Anzahl an unterschiedlichen Variabilitäten auf, die den Verbrennungs- prozess beeinflussen. Die Schadstoffe reagieren dabei sehr empfindlich und teilweise entscheidend auf die Änderung dieser Verstellparameter und weisen dabei eine starke Nichtliniarität auf. Daher eignet sich die Modellierung der Abgaskomponenten besonders gut zur Verifikation und als Anwendungsbei- spiel der im vorigen Kapitel vorgestellten Methoden zur Versuchsplanung und 48 echtzeitfähiger Modellbildung komplexer dynamischer Prozesse (Kap. 2). Es werden die drei wichtigsten Schadstoffkomponenten: • Unverbrannte Kohlenwasserstoffe (HC) • Stickstoffmonoxid (NO) • Kohlenmonoxid (CO) nachgebildet. Die Modelle sollen nicht nur stationäres Betriebsverhalten, sondern auch die Dynamik des Prozessverhaltens in den transienten Betriebsbereichen in aus- reichender Modellqualität nachbilden. Eine weitere Anforderung liegt in der plausiblen Prozessnachbildung direkt nach dem Kaltstart und dem Warmlauf des Verbrennungsmotors. Die Validierung der Modelle erfolgte an einem dynamischen Motorenprüf- stand mit einer schnellen Messtechnik zur dynamischen Konzentrationserfas- sung der zu untersuchenden Abgaskomponenten. Durch die Einstellung der Motorenprüfstand Entnahmestelle Tastköpfe Auswertung Bild 3.1: Motorenprüfstand am IEE-AT 49 Drehzahl sowie des Fahrpedals am Prüfstand konnte der Verbrennungsmotor in einem breiten Bereich angeregt werden. Mit Hilfe der Konditionierungen der Betriebsmittel Wasser, Öl, Luft und Kraftstoff konnten stets reproduzier- bare Versuchsbedingungen hergestellt werden. Zur Verfügung stand ebenfalls ein Applikationssteuergerät, mit dessen Hilfe auch die internen Variablen eines Steuergerätes zur umfassenden Prozessanregung verstellt werden konn- ten. Dazu zählen z.B. freie Bestimmung des Zeitpunktes der Zündung, An- fettung bzw. Abmagerung des Kraftstoff-Luftgemisches und Verstellung der Ein- und Auslassnockenwelle. Die unten aufgeführte Tabelle gibt einen Überblick über die Anzahl und den Bereich der variablen Einstellparameter. Verstellgröße Bereich Einheit Drehzahl 1000 - 4000 min−1 Last Niederlast - Volllast - Zündwinkel Betriebspunktabhängig, Variation in 3 - 4 Stuffen ◦KW Kühlmitteltemperatur 20 - 100 ◦C Einlassnockenwelle 0 - 40 ◦KW Auslassnockenwelle 0 - 40 ◦KW Lambda 0.9 - 1.2 - Tabelle 3.1: Variablen Einstellparameter In den folgenden Unterkapiteln werden die Modelle der einzelnen Schadstoff- komponenten HC, NO und CO beschrieben. Dabei gliedert sich die Darstel- lung in physikalische Grundlagen, Beschreibung der Modellstruktur samt der Auswahl der Funktionen mit den Hinweisen zum Parametrieren. Anschließend werden Simulationsergebnisse zusammenfassend dargestellt und diskutiert. Am Ende des jeweiligen Kapitels erfolgt noch eine kurze Zusammenfassung mit den wichtigsten Merkmalen und praktischen Hinweisen zum betreffenden Simulationsmodell. Da die Modellstrukturen der HC, NO und CO Modelle bis auf die Wahl der Approximatoren sehr ähnlich ausfallen, wird nur auf die Beschreibung der Modellstruktur bei der Nachbildung der unverbrannten Kohlenwasserstoffe in voller Detailtiefe eingegangen. Bei den restlichen Abgaskomponenten wird ein grober Überblick gegeben und nur die Abweichungen erläutert. 50 3.1 Kohlenwasserstoffe HC Diesel und Ottokraftstoffe bestehen aus einem Gemisch von Kohlenwasser- stoffen. Auch nach der Verbrennung verbleiben Anteile hiervon im Abgas. Aromatische Kohlenwasserstoffe gelten als krebserregend. Sie entstehen so- wohl bei unvollständiger Verbrennung, als auch durch Verdunstung von Kraft- stoff. Zusammen mit Stickoxid und Sonneneinstrahlung verwandelt sich HC in Schleimhaut reizende organische Verbindungen, die maßgeblich am Entste- hen von Sommersmog beteiligt sind. Unverbrannte Kohlenwasserstoffe (HC) setzen sich aus einer Vielzahl verschiedener flüchtiger organischer Substan- zen zusammen. Laut der Gesetzgebung wird die Gesamtheit aller CyHx- Komponenten, die mit einem Flammen-Ionisations-Detektor im Abgasstrom eines Verbrennungsmotors ermittelt werden, erfasst und limitiert [MS99]. 3.1.1 Einflussparameter der HC-Konzentration Das Vorkommen der Kohlenwasserstoffe im Abgasstrom eines Verbrennungs- motors ist die Folge einer unvollständigen Verbrennung des Luft-Kraftstoffge- misches. Es gibt mehrere Ursachen, warum die Kohlenwasserstoffmoleküle nicht vollständig mit dem Sauerstoff reagieren. Zum einen sind der vorzeitige Abriss der Flammenfront an der kalten Zylinderwand, sowie die Löschung der Flamme beim Eingang in die enge Spalte, z. B. die Lücke zwischen dem Kol- ben, Kolbenringen und der Zylinderwand, dafür verantwortlich. Auch durch zu große Gasturbulenzen oder durch zu fettes bzw. mageres Gasgemisch kann lokal die Flamme erlöschen. In allen Fällen verbleiben die Reste des Luft- Kraftstoffgemisches unverbrannt zurück [WMD01]. Eine andere Ursachenquelle stellt eine dünne Ölschicht an den Wänden der Brennkammer dar. Während des Ansaug- und Kompressionstaktes absorbiert das Öl die Kohlenwasserstoffmoleküle. Sie nehmen an der anschließenden Ver- brennung nicht teil und werden während des Expansions- und Ausschiebetak- tes wieder in die Brennkammer desorbiert. Die Schichtdicke, Viskosität und Öltemperatur sind dabei entscheidende Parameter. Das unausgeglichene, stöchiometrische Luft-Kraftstoffverhältnis beeinflusst ebenfalls in starkem Maße die Konzentration der verbliebenen Kohlenwas- serstoffe. Beim fetteren Gasgemisch sind nicht genügend Sauerstoffmoleküle vorhanden, um mit allen Kohlenwasserstoffen zu reagieren, die dann zwangs- läufig unverbrannt bleiben. Bei einer mageren Zusammensetzung sind trotz 51 unvollständiger Komponentenvermischung immer noch genügend Sauerstoff- moleküle in unmittelbarer Nähe vorhanden, um den Kohlenwasserstoff voll- ständiger zu verbrennen. Die Menge der HCMoleküle, die an der primären Reaktion durch die Verbren- nung nicht beteiligt waren, vermischt sich bei der Expansion und anschließen- dem Verlassen des Zylinders im Ausschiebetakt mit den verbrannten Gasen und reagiert dabei nachträglich mit den ebenfalls verbliebenen Sauerstoffato- men. Begünstigt wird die Reaktion durch Einblasen zusätzlicher Sekundärluft in den Abgastrakt. Ein zusätzlicher Nebeneffekt entsteht durch die Blow-By Gase. Sie „durch- spülen“ den Spalt zwischen dem Kolben, Kolbenringen und der Zylinderwand und bringen somit das unverbrannte Gemisch in das Kurbelgehäuse, das an- schließend mittels der Entlüftung wieder in den Ansaugtrakt zugeführt wird. [Hey88] Zusammenfassung der Auswahl der Einflussgrößen Aus der kurzen Zusammenfassung der Forschungsergebnisse zur Entstehung der unverbrannten Kohlenwasserstoffe wird die Komplexität des Prozesses deutlich, der von vielen Konstruktions- und Betriebsparametern abhängig ist. Die einzelnen Einflüsse sind teilweise sehr aufwändig zu ermitteln und können somit nicht als Eingangsgrößen für das Modell verwendet werden. Das Ziel dieser Arbeit ist, die Ableitung von sogenannten sekundären Einflüssen, die sich auf die oben erwähnten primären Einflüsse direkt auswirken und somit indirekt zur Bildung der unverbrannten Kohlenwasserstoffe beitragen. Diese sind in der Tabelle 3.2 aufgeführt. Einflussgröße Abkürzung Einheit Kurbelwellendrehzahl nKW min−1 eingeschlossene Luftmenge im Zylinder pro Arbeitsspiel mLuft,AS mg Zeitpunkt der Zündung αZW ◦KW stöchiometrisches Luft-Kraftstoff-Verhältnis λ - Stellung der Einlassnockenwelle ϕENW ◦KW Stellung der Auslassnockenwelle ϕANW ◦KW Kühlmitteltemperatur ϑKM ◦C Tabelle 3.2: Einflussgrößen der HC Entstehung 52 3.1.2 Modellansatz zur HC -Nachbildung In diesem Abschnitt soll ein datengetriebenes Simulationsmodell vorgestellt werden, welches mit Hilfe der im Kap. 2.1 vorgestellten Methode einer struk- turierten Prozessnachbildung im ersten Schritt in ein stationäres Modell und eine dynamische Erweiterung unterteilt wird. Das stationäre Teilmodell des vorgestellten Ansatzes ist weiterhin in einen nominalen Modellkern mit weni- gen Eingängen, dem die restlichen Einflussparameter extern aufgeprägt wer- den, strukturiert. Eine verallgemeinerte Darstellung der Modellstruktur wird in Abb. 3.2 gegeben. ASLuftm , Motn SNNZW a 0 mHC mHC λ KMϑ 1 1 λ λf ϑf 0 ,mHCf ENWϕ ANWϕ 0 1 ENWϕ ENWf 0 1 ANWϕ ANWf 1a tott )( )( , ,1 1 ZylLuft tot tot ZylLuft a mft mfa & & = = Bild 3.2: Modellstruktur der HC-Nachbildung Die funktionale Abhängigkeit des Prozesses der HC-Konzentration ergibt sich zu HC(t) := fHC(mLuft,AS, nKW , aZW , λ, ϕANW , ϕENW , ϑKM , t) (3.1) Der hier vorgestellte Modellansatz samt Abgleichvorschrift lautet somit HCm(t) := fHC,m(mLuft,AS, nKW , aZW , λ, ϕANW , ϕENW , ϑKM , t) ≈ HC(t). (3.2) 53 Wie auch bei der strukturierten Prozessnachbildung vorgeschlagen, wird zu- erst der stationäre Modellkern abgeglichen. Für den stationären Fall t→∞ gleicht der Modellausgang dem Wert des stationären Modellausgangs. HCm(t→∞) := fHC,m,S(mLuft,AS, nKW , aZW , λ, ϕANW , ϕENW , ϑKM) (3.3) Durch die Auswahl der stationären Betriebspunkte bei der Vermessung des Prozesses kann das stationäre Teilmodell abgeglichen werden. Das stationäre Teilmodell unterteilt sich in einen nominalen Kern HC0m,S := f 0HC,m(mLuft,AS, nKW , aZW ) (3.4) dem die Funktionen der Einflüsse der Kühlwassertemperatur fϑ(ϑKM), des Lambda fλ(λ) sowie der Einlass- bzw. Auslassnockenwelle fENW (ϕENW ) bzw. fANW (ϕANW ) explizit am Ausgang aufgeprägt werden. Das Gesamtmodell des stationären Kerns ergibt sich zu HCm,S := fϑ(f 0HC,m(mLuft,AS, nKW , aZW ), ϑKM) fλ(λ) fENW (ϕENW ) fANW (ϕANW ). (3.5) Die Funktion des nominalen Modellkerns f 0HC,m errechnet den nominalen Mo- dellwert der HC Konzentration bei einem stöchiometrischen Luft-Kraftstoff- verhältnis λ = 1, Stellung der Einlass- bzw. Auslassnockenwelle ϕENW = 0 bzw. ϕANW = 0 und einer Kühlmitteltemperatur ϑKM = 90◦C. Die für den Abgleich der Funktion benötigten Messdaten werden am Prüfstand an statio- nären Betriebspunkten aufgenommen. Die Bedingung ϑKM = 90◦C ist jedoch schwer zu gewährleisten und insbesondere bei größeren Drehzahlen und Las- ten driftet sie häufig zu höheren Temperaturen ab. Es ist meist recht zeitauf- wendig die Temperatur mit Hilfe einer Konditionierung auf den gewünschten Wert zu bringen. Das nachfolgend beschriebene Vorgehen entschärft die Be- dingung ϑKM = 90◦C. Im ersten Schritt des Vorgangs wird die funktionale Abhängigkeit der HC-Konzentration von der Kühlmitteltemperatur im mitt- leren bis oberen Temperaturbereich ϑKM > 60◦C ermittelt. Die Daten der nominalen Modellfunktion können am betriebswarmen Motor aufgenommen werden und müssen die Bedingung ϑKM = 90◦C nur ungefähr einhalten. Anschließend werden sie mit der Temperaturfunktion auf die Nominalwerte korrigiert. Demzufolge gliedert sich das Vorgehen in folgende Schritte: • Ermittlung einer funktionalen Abhängigkeit der HC-Konzentration von der Kühlmitteltemperatur im mittleren bis oberen Temperaturbereich ϑKM > 60◦C 54 • Abgleich des nominalen Modellkerns f 0HC,m • Bestimmung der Funktion des Kühlmitteltemperatureinflusses für den gesamten Temperaturbereich fϑ(ϑKM) • Aufprägung des Einflusses des Luft-Kraftstoffverhältnisses fλ(λ) • Aufprägung des Einflusses der Einlassnockenwelle fENW (ϕENW ) • Aufprägung des Einflusses der Auslassnockenwelle fANW (ϕANW ) • Dynamische Erweiterung Einfluss der Kühlmitteltemperatur unter Bedingung ϑKM > 60◦C Mehrere Kaltstartversuche mit anschließendem Warmlauf, bei denen alle va- riablen Betriebsparameter festgehalten werden, zeigen eine linear abfallende Tendenz der Kohlenwasserstoffkonzentration in Abhängigkeit der Kühlmit- teltemperatur im mittleren bis oberen Temperaturbereich ϑKM > 60◦C, wie in der Abb. 3.3 dargestellt. 50 60 70 80 90 100 110 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 Kühlmitteltemperatur / °C H C / p p m n Mot - 4000 1/min, m Luft - 0.66 g n Mot - 2000 1/min, m Luft - 2.02 g n Mot - 1000 1/min, m Luft - 1.21 g Bild 3.3: Einfluss der Kühlmitteltemperatur auf die HC-Konzentration Es wird deutlich, dass der Einfluss der Temperatur im Bereich ϑKM > 60◦C eine lineare Funktion darstellt. Die Steigung der Funktion ist jedoch in Ab- hängigkeit vom Betriebspunkt verschieden. Der Betriebspunkt wird durch 55 die Größen Drehzahl nKW und eingeschlossene Luftmenge pro Arbeitsspiel mLuft,AS definiert. Der Einfluss der Kühlmitteltemperatur für ϑKM > 60◦C wird nun als Differenz zur nominalen HC-Konzentration bei ϑKM = 90◦C von der Funktion f 90ϑ berechnet und anschließend dem Ausgang des nomi- nalen Modellkernes f 0HC,m additiv aufgeprägt. Die Funktion f 90ϑ ergibt sich somit zu f 90ϑ (ϑKM) := a(ϑKM − 90) ≈ HCKalt,90 −HC90 (3.6) wobei a := fa(nKW ,mLuft,AS). (3.7) Die Abgleichdaten HCKalt,90 stammen aus den Kaltstart- bzw. Warmlauf- messungen des Verbrennungsmotors HCKalt, mit HCKalt,90 := HCKalt|λ=1 ∧ ϕENW=0◦KW ∧ ϕANW=0◦KW ∧ ϑKM>60◦C . (3.8) Die Konstante HC90 entspricht der Kohlenwasserstoffkonzentration bei der Kühlmitteltemperatur ϑKM = 90◦C. Mit der Struktur der Funktion f 90ϑ wird sichergestellt, dass der Funktionswert bei der Kühlmitteltemperatur ϑKM = 90◦C gleich 0 ist. Der Abgleich der Funktion f 90ϑ erfolgt imWesentlichen durch die Ermittlung der Funktion fa, welche die Steigung der HC-Konzentration an unterschiedlichen Betriebspunkten darstellt. Der Abgleich erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Schritt werden an unterschiedlichen Betriebspunkten nkKW , m k Luft,AS die Steigungen aSoll,k mit k = 1, . . . , NBP bestimmt, wobei NBP die Anzahl der Betriebspunkte ist. Im zweiten Schritt werden diese durch eine Funktion fa fa(nKW ,mLuft,AS) ≈ aSoll (3.9) in Abhängigkeit der Drehzahl nKW und eingeschlossener Luftmenge pro Ar- beitsspiel mLuft,AS gebracht. Bei der Planung der benötigten Versuchsreihen zur Bestimmung der Funktion fa wird zuerst ein minimaler Anfangsversuch- plan erstellt, der anschließend mit Hilfe der iterativen Versuchsplanung 2.3 erweitert wird. Nominaler Modellkern Die für den Abgleich der nominalen Modellfunktion f 0HC,m benötigten Mess- daten HC0 werden am Prüfstand an stationären Betriebspunkten aufgenom- men und nach dem Kriterium HC0 := HC|λ=1 ∧ ϕENW=0◦KW ∧ ϕANW=0◦KW ∧ ϑKM≈90◦C (3.10) 56 selektiert, wobei die Kühlmitteltemperatur den Wert von 90◦C nur ungefähr einhalten muss. Bei der Versuchsplanung kann die Methode der iterativen Versuchsplanung 2.3 verwendet werden. Die Messdaten für den Abgleich des nominalen Modellskerns werden mit Hilfe der im vorigen Kapitel ermittel- ten Funktion des Kühlmitteltemperatureinflusses f 90ϑ auf die Temperatur von ϑKM = 90◦C korrigiert. HC0Kor = HC0 − f 90ϑ (ϑKM) (3.11) Mit Hilfe des in Kap. 2.2 vorgestellten DEI-Verfahrens werden zusätzliche Sollwerte HC0Z generiert, mit deren Hilfe dann zusammen mit den Sollwerten HC0Kor die Modellfunktion f 0HC,m abgeglichen werden kann. Als Modell wird ein dreischichtiges Multi Layer Perceptron (MLP) der Form f 0HC,m := f 0HC,MLP = B2 +W2tanh(B1 +W1u) (3.12) verwendet, mit u := [nKW ,mLuft,AS, aZW ] und einem geeignet festgelegten Wichtungssatz {B2,W2, B1,W1} ∈ W 0, wie beispielsweise in [Win02] detail- liert beschrieben. Um eine bessere Approximation an den Stützstellen HC0Kor zu erreichen, werden sie beim Abgleich der Funktion höher gewichtet be- rücksichtigt. Der Abgleich erfolgt nach dem Prinzip einer nichtlinearen Op- timierung und wird auch als Lernverfahren oder Training bezeichnet. Durch eine mehrfache, zufällige Initialisierung des Wichtungssatzes W 0 wird nach einem lokalen Minimum gesucht, welches dem unbekannten globalen Mini- mum möglichst nahe kommt. In dieser Anwendung wurde das Training mit dem Software-Tool XtraNN [Win08] durchgeführt. Einfluss der Kühlmitteltemperatur im gesamten Temperaturbereich Aus den Untersuchungen amMotorenprüfstand folgt, dass die HC-Konzentra- tion direkt nach dem Kaltstart bei niedrigen Kühlmitteltemperaturen ϑKM < 60◦C ein stark reziprokes Verhalten aufweist. Wo entgegen bei etwas höheren Temperaturen ϑKM > 60◦C, wie schon in Kap. 3.1.2 beschrieben, sich die HC-Konzentration linear zur Kühlmitteltemperatur verhält. Das Ver- halten lässt sich mit einer Funktion f 60ϑ (ϑKM) := 1 + 1 b ϑKM 4 (3.13) beschreiben und ist in der Abb. 3.4 dargestellt. Sollwerte für den Abgleich 57 werden nach der Vorschrift HCKalt,60 = HC Kalt f 0HC,m + f 90ϑ (ϑKM) (3.14) erzeugt. Die Funktion gewährleistet, dass für die asymptotische Grenzwert- betrachtung in Richtung der höheren Temperaturen ein Wert = 1 ausgegeben wird. Mit Hilfe des Verfahrens Least-Squares lässt sich der freie Parameter b bestimmen. 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 0 0.5 1 1.5 2 2.5 ϑ < 60 °C Kühlmitteltemperatur / °C F u n k t i o n f ϑ ϑ ϑ ϑ 6 0 Messpunkte HC Kalt, 60 Bild 3.4: Kühlmitteltemperatureinfluss (ϑKM < 60◦C) Somit ergibt sich als Gesamtfunktion fϑ = [f 0HC,m + f 90ϑ (nKW ,mLuft,AS, ϑKM)]f 60ϑ (ϑKM). (3.15) Deren Struktur wird weiterhin in der Abb. 3.5 veranschaulicht. 58 KMϑ KMϑ 0 90 ASLuftKW mn ,, 90 ϑf 60 KMϑ 1 60 ϑf 0 mHC ϑf Bild 3.5: Modellstruktur der Funktion des Kühlmitteltemperatureinflusses Aufprägung des Einflusses des Luft-Kraftstoffverhältnisses Untersuchungen der Lambda-Abhängigkeit an einer Vielzahl von Betrieb- spunkten zeigen (Abb. 3.6), dass der Einfluss von λ jeweils eine parabolische Funktion ist, die mit einem Polynom zweiten Grades beschrieben werden kann. Es wird eine Funktionsbeschreibung der Parabel in Scheitelpunktsform fλ(λ) := c2(λ− c1)2 + c0 (3.16) benutzt, mit dem Vorteil, dass man die Lage und Wert des Funktionsmini- mums direkt aus den Parametern c0, c1 ablesen kann. Der Verlauf der Funktion soll sicherstellen, dass sie bei λ = 1 den Wert 1 besitzt. fλ(1) = 1 (3.17) Die Aufprägung des Einflusses des Luft-Kraftstoffverhältnisses erfolgt expli- zit, d.h. in dem der Ausgang des Modells fϑ(f 0HC,m, ϑKM) mit dem Wert der Funktion fλ multipliziert wird. Die Sollwerte HCλ für den Abgleich der Funktion lassen sich nach der Vorschrift HCλ = HC Λ fϑ(f 0HC,m, ϑKM) (3.18) an stationären Betriebspunkten erzeugen. Die Messdaten HCΛ werden am 59 0.75 0.8 0.85 0.9 0.95 1 1.05 1.1 1.15 1.2 1500 2000 2500 3000 3500 4000 4500 5000 Lambda, λ H C / p p m n Mot - 2000 1/min, m Luft,AS - 0.98 g n Mot - 2000 1/min, m Luft,AS - 1.84 g n Mot - 4000 1/min, m Luft,AS - 1.46 g Bild 3.6: Kohlenwasserstoffe bei Variation des Luft-Kraftstoff-Verhältnisses Prüfstand unter Bedingung HCΛ := HC|ϕENW=0◦KW ∧ ϕANW=0◦KW ∧ ϑKM≈90◦C . (3.19) aufgenommen. Wie auch aus der Abb. 3.6 ersichtlich, ist der Verlauf der Basisfunktion fλ für verschiedene Betriebspunkte unterschiedlich. Ein Betriebspunkt ist durch die Einflussgrößen nKW und mLuft,AS definiert. Deshalb werden die Parameter c0 := fλc0(nKW ,mLuft,AS) c1 := fλc1(nKW ,mLuft,AS) (3.20) in Abhängigkeit der genannten Einflussgrößen berechnet. Die Parameter c0, c1, wie bereits erwähnt, repräsentieren die Lage und den Wert der tiefsten Stelle der Parabel. Der Parameter c2 wird aus der gestellten Bedingung fλ(1) = 1 abgeleitet. c2 = 1− c0 (1− c1)2 . (3.21) Die Bestimmung der Koeffizientenfunktionen fλc0, f λ c1 erfolgt wie in Kap. 2.1 60 beschrieben bei der Aufprägung eines expliziten Einflusses im Fall einer nicht vollständigen Separation. Bei der Planung der benötigten Versuchsreihen zur Bestimmung der Funktion wird zuerst ein minimaler Anfangsversuchplan er- stellt, der anschließend mit Hilfe der iterativen Versuchsplanung 2.3 erweitert wird. Aufprägung des Einflusses von Einlassnockenwelle Untersuchungen der Abhängigkeit der Einlassnockenwelle an einer Vielzahl von Betriebspunkten zeigen, dass der Einfluss der Einlassnockenwelle ϕENW jeweils eine parabolische Funktion ist, die mit einem Polynom zweiten Grades beschrieben werden kann. 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 2200 2400 2600 2800 3000 3200 3400 Einlassnockenwelle / °KW H C / p p m n KW - 2000 1/min, m Luft,AS - 1.1 g n KW - 1000 1/min, m Luft,AS - 2.9 g n KW - 4000 1/min, m Luft,AS - 3.3 g Bild 3.7: Kohlenwasserstoffe bei Variation der Einlassnockenwelle Es wird folgende Basisfunktion gewählt: fENW := d2ϕ2ENW + d1ϕENW + d0. (3.22) Da die Funktion bei Nockenwellenstellung von 0◦KW kein Beitag auf die restliche Funktion ausüben darf, wird der Koeffizient d0 = 1 gewählt. Die Aufprägung des Einflusses der Einlassnockenwelle erfolgt explizit, d.h. in dem der Ausgang des bereits bestehenden Modells fϑ(f 0HC,m, ϑKM)fλ mit 61 dem Wert der Funktion fENW multipliziert wird. Die Sollwerte HCENW für den Abgleich der Funktion lassen sich nach der Vorschrift HCENW = HC ΦENW fϑ(f 0HC,m, ϑKM)fλ (3.23) an stationären Betriebspunkten erzeugen. Die Messdaten HCΦENW werden am Prüfstand unter Bedingung HCΦENW := HC|ϕANW=0◦KW ∧ ϑKM≈90◦C . (3.24) aufgenommen. Wie auch aus der Abb. 3.7 ersichtlich, ist der Verlauf der Ba- sisfunktion fENW für verschiedene Betriebspunkte unterschiedlich. Ein Be- triebspunkt ist durch die Einflussgrößen nKW und mLuft,AS definiert. Deshalb werden die Parameter d2 := fENWd2 (nKW ,mLuft,AS) d1 := fENWd1 (nKW ,mLuft,AS) (3.25) in Abhängigkeit der genannten Einflussgrößen berechnet. Die Bestimmung der Koeffizientenfunktionen fENWd2 , f ENW d1 erfolgt wie in Kap. 2.1 beschrieben bei der Aufprägung eines expliziten Einflusses im Fall einer nicht vollständigen Separation. Bei der Versuchsplanung kann die Methode der iterativen Versuchsplanung 2.3 verwendet werden. Aufprägung des Einflusses von Auslassnockenwelle Untersuchungen der Abhängigkeit der Auslassnockenwelle an einer Vielzahl von Betriebspunkten zeigen, dass der Einfluss der Auslassnockenwelle ϕANW jeweils eine parabolische Funktion ist, die ebenfalls mit einem Polynom zwei- ten Grades beschrieben werden kann. Es wird folgende Basisfunktion gewählt: fANW := e2ϕ2ANW + e1ϕANW + e0. (3.26) Da die Funktion bei Nockenwellenstellung von 0◦KW kein Beitag auf die restliche Funktion ausüben darf wird der Koeffizient e0 = 1 gewählt. Die Aufprägung des Einflusses der Auslassnockenwelle erfolgt explizit, d.h. in dem der Ausgang des bereits bestehenden Modells fϑ(f 0HC,m, ϑKM)fλfENW 62 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 1400 1600 1800 2000 2200 2400 2600 2800 3000 Auslassnockenwelle / °KW H C / p p m n KW - 2000 1/min, m Luft,AS - 1.1 g n KW - 1000 1/min, m Luft,AS - 2.5 g n KW - 4000 1/min, m Luft,AS - 3 g Bild 3.8: Kohlenwasserstoffe bei Variation der Auslassnockenwelle mit dem Wert der Funktion fANW multipliziert wird. Die Sollwerte HCANW für den Abgleich der Funktion lassen sich nach der Vorschrift HCANW = HC ΦANW fϑ(f 0HC,m, ϑKM)fλfANW (3.27) an stationären Betriebspunkten erzeugen. Die Messdaten HCΦANW werden am Prüfstand unter Bedingung HCΦENW := HC|ϕENW=0◦KW ∧ ϑKM≈90◦C . (3.28) aufgenommen. Wie auch aus der Abb. 3.8 ersichtlich, ist der Verlauf der Ba- sisfunktion fANW für verschiedene Betriebspunkte unterschiedlich. Ein Be- triebspunkt ist durch die Einflussgrößen nKW und mLuft,AS definiert. Deshalb werden die Parameter e2 := fANWe2 (nKW ,mLuft,AS) e1 := fANWe1 (nKW ,mLuft,AS) (3.29) in Abhängigkeit der genannten Einflussgrößen berechnet. Der Untersuchung zu Folge ist die Konzentration der unverbrannten Koh- lenwasserstoffe ebenfalls in starkem Maße von der Wechselwirkung der Aus- 63 und Einlassnockenwelle abhängig. Um die Überschaubarkeit des Modellan- satzes zu behalten, kann bei der Berücksichtigung der Wechselwirkung wei- terhin nach der Methode der strukturierten Prozessnachbildung (Kap. 2.1) vorgegangen werden. Die betriebspunktabhängigen Parameter e2 und e1 der Parameterfunktion fANW werden mit Hilfe der Funktionen fANWe2 und f ANW e1 (Gl. 3.29)in Abhängigkeit des Betriebspunktes berechnet. Sie werden für die weitere Betrachtung im Sinne der strukturierten Prozessnachbildung in no- minale Parameterfunktionen fANW,0e2 und f ANW,0 e1 umbenannt, die für den Fall, dass keine Wechselwirkung vorliegt, also ϕENW = 0, die nominalen Werte der Koeffizienten e02 und e01 liefern und somit die Basisfunktion des Einflusses der Auslassnockenwelle fANW gestalten. Wird aber gleichzeitig auch die Einlass- nockenwelle verstellt, so müssen die von den nominalen Parameterfunktio- nen fANW,0e2 und f ANW,0 e1 berechneten Werte e02 und e01 entsprechend korrigiert werden. Wie auch bei der konsequenten Anwendung der strukturierten Pro- zessnachbildung werden diese Funktionen multiplikativ von den Funktionen fANWENWe2 und f ANWENW e1 beeinflusst. Als Basisfunktion wird wiederum ein Polynom zweiten Grades gewählt, das in Abhängigkeit der Einlassnocken- welle ϕENW den entsprechenden Korrekturwert berechnet und multiplikativ berücksichtigt. fANWENWe2 := e 2 2ϕ 2 ENW + e12ϕENW + e02 fANWENWe1 := e 2 1ϕ 2 ENW + e11ϕENW + e01 (3.30) Da die Funktion bei der Stellung der Einlassnockenstellung von 0◦KW kei- nen Beitrag ausüben darf, wird der Koeffizient e02 = 1 sowie e01 = 1 gewählt. Die Parameter e22, e12, e21 und e11 werden wiederum mit geeigneten Parameter- funktionen fANWENWe22 , f ANWENW e12 , fANWENWe21 und f ANWENW e11 e22 := fANWENWe22 (nKW ,mLuft,AS) e12 := fANWENWe12 (nKW ,mLuft,AS) e21 := fANWENWe21 (nKW ,mLuft,AS) e11 := fANWENWe11 (nKW ,mLuft,AS) (3.31) berechnet. Bei der Versuchsplanung kann die Methode der iterativen Ver- suchsplanung 2.3 verwendet werden. Die unten aufgeführte Abbildung 3.9 veranschaulicht die Modellstruktur. 64 ANWf ENWANW ef 2 0, 2 ANW ef ENWANW e f 2 2 ENWANW e f 1 2 KWn ASLuftm , ANWϕ 2e ENWϕ 0 2e 2 2e 1 2e ENWANW ef 1 ENWANW e f 2 1 ENWANW e f 1 1 2 1e 1 1e 1e0, 1 ANW ef 0 1e Bild 3.9: Modellstruktur, HC-Wechselwirkung der Einlass - Auslassnockenwelle Aufprägung eines dynamisches Verhaltens Zur Nachbildung der HC-Konzentration in transienten Bereichen sind die tatsächlichen Kraftstoff- und Luftmassen in den Zylindern zum Zeitpunkt der Zündung notwendige Eingangsgrößen. Durch die Kenntnis beider Grö- ßen kann man das Luft - Kraftstoffverhältnis λ im Zylinder genau bestim- men. Wie man schon im vorigen Kapitel gesehen hat, beeinflusst der λ- Wert im starken Maße die Bildung der Kohlenwasserstoffe. Die Modelle, die Zylinderluft- bzw. Kraftstoffmassenfluss m˙Luft,AS, m˙Kr,AS berechnen, wurden beispielsweise im [WAT+04], [WAW+06] und [Sch05] detailliert beschrieben. Daher müssen beide Modelle bei der Simulation der dynamischen HC Verläu- fe mit parametriert werden. Die Restdynamik des Prozesses ist zum Teil durch die Mischungsprozesse im Sammler nach dem Abgaskrümmer beim Wechsel des Betriebspunktes gegeben, sowie durch die geringen Mengen des unver- brannten Luft-Kraftstoffgemisches, die mit den Teilen der Restgase wieder in den Verbrennungsraum gelangen und somit die Bildung der unverbrannten Kohlenwasserstoffe beeinflussen. Diese Dynamik kann mit Hilfe einer Diffe- renzialgleichung a1y ′(t) + y(t) = fS(x1(t− ttot), . . . , xn(t− ttot)) (3.32) 65 mit vorgeschalteter Totzeit realisiert werden. Die Zeitkonstante a1 sowie die mHC1a tott SmHC , Bild 3.10: Modelstruktur, Aufprägung der Prozessdynamik Totzeit ttot, wie auch in Kap. 2.1 bei der Aufprägung eines dynamischen Verhaltens beschrieben, sind variabel und werden Mithilfe der Funktionen fa1 und f tot in Abhängigkeit des Luftmassenflusses m˙Luft,Zyl a1 = fa1(m˙Luft,Zyl) ttot = f tot(m˙Luft,Zyl) (3.33) berechnet. Zum Abgleich der Funktionen werden bei verschiedenen Luftmassenflüssen m˙Luft,Zyl die Zeitkonstanten a1 und ttot bestimmt und mit Hilfe einer geeig- neten Funktion abgebildet. (Abb. 3.11) 0 0.5 1 a 1 / s e c 0 50 100 150 200 250 300 350 400 0.1 0.12 0.14 0.16 0.18 0.2 t t o t / s e c Luftmassenfluss / kg/h Bild 3.11: Zeitkonstanten a1 und ttot in Abhängigkeit des Luftmassenflusses m˙Luft,Zyl 66 3.1.3 Simulationsergebnisse Im folgenden Unterkapitel werden die Simulationsergebnisse dargestellt. Die Qualität des Modells wird dabei unter zwei Gesichtspunkten betrachtet. Zu- erst wird die Fähigkeit des Modells untersucht, die unverbrannten Kohlenwas- serstoffe für die stationären Betriebspunkte nachzubilden. Zur Beurteilung der Qualität des stationären Modellverhaltens wird das Bestimmtheitsmaß2 aus der Statistik herangezogen. In weiterer Betrachtung wird auf die Simulation der Dynamik des Prozesses eingegangen. Bei der Vermessung des stationären Prozessverhaltens wurden die dynamischen Übergänge beim Betriebspunktwechsel mit aufgezeichnet. Die einzelnen Datensätze werden mit einer laufenden Nummer (lfd. Nr.) auf- geführt. Für die Aussage über die Qualität der Nachbildung der transienten Prozessübergänge werden die normierte Summe der Fehlerquadrate 6.2 so- wie maximale relative Abweichung von dem Messwert 6.3 als Gütekriterien eingesetzt. In Anlehnung an die Gestaltung der Modellstruktur werden bei der Darstel- lung der Simulationsergebnisse einzelne Einflussgrößen nacheinander unter- sucht und eine Aussage über die Qualität der Nachbildung getroffen. Daher wird zuerst die Qualität des nominalen Modellkernes beurteilt. Darauf fol- gend wird die Modellgüte bei der Nachbildung der Abhängigkeit des Lamb- daeinflusses sowie der Ein- und Auslassnockenwelle untersucht. Zuletzt erfolgt die Beurteilung der Nachbildung der Temperaturabhängigkeit nach dem Kalt- start bzw. Warmlauf des Verbrennungsmotors. Simulationsergebnis, nominaler Modellkern Dadurch, dass der nominale Modellkern mit Hilfe der neuronalen Netze rea- lilsiert wird, kann eine hohe Approximationsgüte der Prozessnachbildung im stationären Betrieb erreicht werden (Abb. 3.12). Das Bestimmtheitsmaß wird mit einem Wert von 0.998 angegeben, was eine sehr gute Modellqualität be- stätigt. Der Nachteil der Überanpassung der neuronalen Netze bei erhöhter Anzahl der Neuronen in der Zwischenschicht kann durch die Platzierung im Interpolationsbereich zusätzlich erzeugter Punkte, die mit Hilfe einer diskre- ten evidenten Interpolation (DEI) generiert wurden, erfolgreich unterbunden 2Das Bestimmtheitsmaß (R2) ist ein Maß für die Abhängigkeit zweier Variablen und kann die Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Ein Wert in der Nähe von 1 deutet auf eine gute Übereinstimung des Modellausganges mit dem gemessenen Prozesswert hin. Die Berechnungsformel befindet sich im Anhang 6.1. 67 werden. Es ist auch nicht mehr nötig, um die Overfitingeffekte auszuschlie- ßen, den Messdatensatz in einen Trainings- und Validierungsdatensatz auf- zuteilen. Es können alle zur Verfügung stehenden Messdaten zum Training benutzt werden. Somit erhöht sich die Prozesserfassung und es besteht keine Notwendigkeit mehr auf die wertvollen Messdaten für die Validierungszwecke zu verzichten. Bild 3.12: Stationäre Betriebspunkte Im Bild 3.13 werden die Ergebnisse der Prozessnachbildung in den transien- ten Phasen zusammenfassend dargestellt. Im oberen Teil der Grafik wird für alle zur Verfügung stehenden Messdatensätze, die mit einer laufenden Num- mer (lfd. Nr.) gekennzeichnet sind, die normierte Summe der Fehlerquadrate (SSE) dargestellt. Parallel dazu ist im unteren Teil der Grafik die maximale relative Abweichung der gleichen Datensätze aufgeführt. In der Abbildung 3.14 werden beispielhaft einige Verläufe der HC-Konzentration dargestellt, bei denen eine gute (lfd. Nr. 17 - rechts) und eine schlechte (lfd. Nr. 16 - links) Approximation erfolgte. Die Anregung des Prozesses für das Abglei- chen des nominalen Modellkernes erfolgte durch die sprunghafte Änderung des Zündwinkels. Auch bei der Betrachtung der Fehlerabweichungen während der dynamischen Prozessübergänge wird eine zufriedenstellende Modellgüte bestätigt. Der maximale Summen-Squared-Error (SSE) aller zur Verfügung stehenden Datensätze liegt bei ca. 8 %. Bei der Betrachtung aller Messpunkte treten in einzelnen Fällen maximale relative Abweichungen von über 20 % auf. Bewertet wurde dabei das ungefilterte Messsignal, das mit einem relativ starken Rauschen und Schwankungen behaftet ist. Als Beispiel kann wieder- um die Messung mit der laufenden Nummer 16 herangezogen werden. Deren rel. max. Fehler beträgt ca. 20 %. Aus dem dargestellten Prozessverlauf in Gegenüberstellung zur Simulation (Abb. 3.14 links) kann aber im Mittel von 68 Bild 3.13: dynamische Übergänge, Zusammenfassung Bild 3.14: dynamische Übergänge, ausgewählte Verläufe 69 einer ausreichenden Prozesserfassung ausgegangen werden. Relativ hohe Feh- lerwerte aller Messpunkte sind auf ein erhebliches Signalrauschen bei einem relativ niedrigen Prozesswert zurückzuführen. Simulationsergebnis, Lambdaeinfluss In der Abbildung 3.15 wird die Modellgüte bei der Variation des Luft- Kraft- stoffverhältnisses λ an den stationären Betriebspunkten dargestellt. Das Be- Bild 3.15: Stationäre Betriebspunkte stimmtheitsmaß beträgt dabei den Wert von 0.991. Die stationäre Appro- ximation des Prozess ist zufriedenstellend, erreicht aber nicht an allen Be- triebspunkten die hochwertigen Simulationsergebnisse, die sich bei der Nach- bildung der HC-Konzentrationen durch den nominalem Modellkern erzielen lassen. Die Aufprägung der Lambdaabhängigkeit erfolg durch eine Basisfunk- tion, die in Abhängigkeit des Betriebspunktes angepasst wird. In den meisten Fällen repräsentiert diese Modellanpassung das Prozessverhalten in ausrei- chendem Maß. In wenigen Ausnahmefällen nimmt aber die Verhaltensweise der HC-Konzentration bei der Variation des Luft- Kraftstoffverhältnisses et- was abweichenden Verlauf. Es können dann nicht alle Datenpunkte mit großer Genauigkeit getroffen werden. Dieser Sachverhalt ist auch für die schlechtere Modellqualität bei der Nachbildung der transienten Prozessübergänge zu- ständig. Ein großer Teil der Datensätze weist einen SSE Wert von unter 10 % auf (3.16). In den wenigen Ausnahmefällen ist aber die normierte Summe der Fehlerabweichungen höher. In der Abbildung 3.17 links wird die Messung mit der laufenden Nummer 36 respektive der Simulation dargestellt, wo der SSE Wert über 15 % liegt. Wie aber aus der Darstellung des Konzentrations- verlaufes ersichtlich ist, stellt die starke Abweichung bei der Nachbildung des 70 Bild 3.16: dynamische Übergänge, Zusammenfassung stationären Prozessverhaltens die Hauptursache für den hohen SSE Wert dar. Das Prozessverhalten während der kurzen Phase des dynamischen Übergan- ges kann aber als zufriedenstellend bezeichnet werden. Im gleichen Datensatz tritt auch der größte maximale relative Fehler von ca. 35 % auf. Dieser Um- stand ist auf ein hohes Signalrauschen bei einem relativ niedrigen Prozesswert zurückzuführen. Die einzelnen Messausreißer hin zu den größeren Prozesswer- ten verursachen den hohen rel. Fehler. In der Abbildung 3.17 rechts ist ein Beispiel für eine hohe Modellqualität in der stationären sowie dynamischen Betriebsphase dargestellt. Bild 3.17: dynamische Übergänge, ausgewählte Verläufe 71 Simulationsergebnis, Einfluss der Einlassnockenwelle Die Abbildung 3.18 stellt die Modellgüte bei der Aufprägung der Variation der Einlassnockenwelle ϕENW an den stationären Betriebspunkten mit ei- nem Bestimmtheitsmaß von 0.97 dar. Analog zu der Aufprägung des Lamb- Bild 3.18: Stationäre Betriebspunkte daeinflusses, ist die Approximationsgüte als zufriedenstellend zu bezeichnen, erreicht aber ebenfalls nicht an allen Betriebspunkten die Qualität der Pro- zessnachbildung, die sich mit dem nominalen Modellkern erzielen lässt. Die Aufprägung der Abhängigkeit der Einlassnockenwelle erfolgt ebenso durch ei- ne Basisfunktion, die in Abhängigkeit des Betriebspunktes angepasst wird. In den meisten Fällen repräsentiert diese Modellanpassung das Prozessverhal- ten in ausreichendem Maß. In wenigen Ausnahmefällen nimmt aber die Ver- haltensweise der HC-Konzentration etwas abweichenden Verlauf. Es können dann nicht alle Datenpunkte mit großer Genauigkeit getroffen werden. Dieser Sachverhalt ist auch für die schlechtere Modellqualität bei der Nachbildung der transienten Prozessübergänge zuständig. Der große Teil der Datensätze weist einen SSE Wert von unter 10 % auf (3.19). In den wenigen Ausnahme- fällen ist aber die normierte Summe der Fehlerabweichungen höher. In der Abbildung 3.20 links wird eine Messung mit der laufenden Nummer 9 re- spektive der Simulation dargestellt, deren SSE Wert ca. 15 % beträgt. Wie aber aus der Darstellung des Konzentrationsverlaufes ersichtlich ist, stellt die starke Abweichung bei der Nachbildung des stationären Prozessverhaltens die Hauptursache für den hohen SSE Wert dar. Das Prozessverhalten während der kurzen und wenig ausgeprägten Phase des dynamischen Überganges kann aber als zufriedenstellend bezeichnet werden. Im gleichen Datensatz tritt auch der größte maximale relative Fehler von ca. 28 % auf. Dieser Sachverhalt ist 72 Bild 3.19: dynamische Übergänge, Zusammenfassung Bild 3.20: dynamische Übergänge, ausgewählte Verläufe 73 auf ein relativ hohes Signalrauschen zurückzuführen. Die einzelnen Messaus- reißer hin zu den größeren Prozesswerten verursachen den hohen rel. Fehler. In der Abbildung 3.20 rechts ist ein Beispiel für eine hohe Modellqualität in der stationären sowie dynamischen Betriebsphase dargestellt. Simulationsergebnis, Einfluss der Auslassnockenwelle In der Abbildung 3.21 wird die Modellgüte der Nachbildung bei der Va- riation der Auslassnockenwelle ϕANW an den stationären Betriebspunkten dargestellt. Ein Teil der Messdaten berücksichtigt zusätzlich auch die Wech- Bild 3.21: Stationäre Betriebspunkte selwirkung der Ein- und Auslassnockenwelle. Das Bestimmtheitsmaß beträgt dabei den Wert von 0.988. Die Modellerweiterung weist eine gute Appro- ximationsgüte auf, die allerdings, wie auch schon bei der Berücksichtigung oben beschriebener Einflüsse, nicht an allen Betriebspunkten die hochwer- tigen Simulationsergebnisse erreicht, die sich z.B. bei der Simulation des nominalen Modellkern erzielen lässt. Die Aufprägung der Abhängigkeit der Auslassnockenwelle erfolg durch eine Basisfunktion, die in Abhängigkeit des Betriebspunktes angepasst wird. Dazu wird die Wechselwirkung der Ein- und Auslassnockenwelle ebenfalls mit Hilfe einer Basisfunktion nach konsequen- ter Anwendung der Methode der strukturierten Prozessbildung aufgeprägt. In den meisten Fällen repräsentiert diese Modellanpassung das Prozessver- halten im ausreichenden Maß. In wenigen Ausnahmefällen nimmt aber die Verhaltensweise der HC-Konzentration etwas abweichenden Verlauf. Dieser Sachverhalt ist auch für die schlechtere Modellqualität bei der Nachbildung einiger transienten Prozessübergänge zuständig. Der große Teil aller Daten- sätze weist einen SSE Wert von unter 10 % auf (3.22). In drei Fällen (lfd. Nr.: 74 Bild 3.22: dynamische Übergänge, Zusammenfassung 49, 50, 51) ist aber die normierte Summe der Fehlerabweichungen deutlich höher. In der Abbildung 3.23 links wird die Messung mit der laufenden Num- mer 51 respektive der Simulation dargestellt. Deren SSE Wert beträgt ca. Bild 3.23: dynamische Übergänge, ausgewählte Verläufe 22 % . Wie aber aus der Darstellung des Konzentrationsverlaufes ersichtlich ist, kann keine signifikante Änderung des Prozessverlaufes auf die sprunghaf- te Verstellung der Auslassnockenwelle in diesem Betriebspunkt verzeichnet werden. Allein starke Abweichung bei der Nachbildung des stationären Pro- zessverhaltens stellt die Hauptursache für den hohen SSE Wert dar. In den gleichen Datensätzen treten auch die großen maximalen rel. Fehler von bis 75 zu 39 % auf. Dieser Umstand ist auf ein hohes Signalrauschen bei einem re- lativ niedrigen Prozesswert zurückzuführen. Die einzelnen Messausreißer hin zu den kleineren Prozesswerten verursachen den hohen rel. Fehler. In der Abbildung 3.23 rechts ist ein Beispiel für eine hohe Modellqualität in der stationären sowie dynamischen Betriebsphase dargestellt. Simulationsergebnis, Einfluss der Kühlmitteltemperatur In der Abbildung 3.24 werden an zwei unterschiedlichen Betriebspunkten die Simulationsergebnisse in Gegenüberstellung zur Messung aus den Kaltstart bzw. Warmlaufversuchen des Verbrennungsmotors dargestellt. Es erfolgt eine gute Nachbildung der starken Temperaturabhängigkeit der im Abgasstrom verbliebenen Kohlenwasserstoffe. Bild 3.24: Warmlaufverhalten 76 3.1.4 Zusammenfassung Das vorgestellte Modell simuliert in Echtzeit die Entstehung der unverbrann- ten Kohlenwasserstoffe unter der Berücksichtigung der Einflüsse der wichtigs- ten Einstellparameter. Dazu gehören Drehzahl nKW , eingeschlossene Luft- masse pro Arbeitsspiel im Zylinder mLuft,AS, Zeitpunkt der Zündung aZW , Luft-Kraftstoff-Verhälltnis λ, Stellung der Ein- ϕENW bzw. Auslassnocken- welle ϕANW sowie die Kühlwassertemperatur ϑKM . Damit ist ein breiter Be- triebsbereich des Verbrennungsmotors abgedeckt, in dem die präzisen Aus- sagen über die HC-Konzentration vorhergesagt werden können. Ein beson- deres Merkmal stellt die Berücksichtigung des thermischen Zustandes des Verbrennungsmotors dar. Dadurch wird die Prädiktion der Schadstoffkon- zentration für das Kaltstart- bzw. Warmlaufverhalten des Motors ermöglicht. Eine weitere wichtige Eigenschaft liegt in dem repräsentativen Verhalten des berechneten Konzentrationsverlaufes in den transienten Betriebsphasen des Verbrennungsmotors. Es wurde eine physikalisch motivierte Modellstruktur gewählt, die unter der Anwendung oben beschriebener Methoden zur Versuchsplanung und echtzeit- fähiger Modellierung komplexer dynamischer Prozesse erfolgreich zum Ein- satz kommt und eine gute Modellqualität sicherstellt. Durch die eingesetzten Methoden der strukturierten Prozessnachbildung sowie des Verfahrens einer diskreten evidenten Interpolation kann ein gutmütiges Prozessverhalten im Interpolationsbereich realisiert werden. Durch den Einsatz vieler physikalisch motivierter Basisfunktionen reagiert das Modell auch im Extrapolationsbe- reich den Erwartungen entsprechend. Das Modell zeichnet sich durch eine hohe Approximationsgüte an den sta- tionären Betriebspunkten aus. Die Qualität der Übereinstimmung wird mit Hilfe des Bestimmtheitsmaßes ausgedrückt. Das Bestimmtheitsmaß bei der Untersuchung des Prozessverhaltens der einzelnen Einflüsse liegt zwischen den Werten von 0.97 und 0.998. Dieser Wertebereich entspricht einer ho- hen Übereinstimmung des Modell- und Prozessausganges. Die Analyse des zeitlichen Prozessverlaufes in den stationären sowie transienten Betriebspha- sen bestätigt ebenfalls eine zufriedenstellende Modellqualität. Über 94% aller zur Verfügung stehenden Datensätze können mit einer normierten Summe der Fehlerquadrate SSE < 10% nachgebildet werden. Der mittlere Sum- Squared-Error über alle Datensätze beträgt dabei den Wert von SSE = 5.5%. Es treten aber auch vereinzelt größere Fehlerabweichungen auf. Bei etlichen Messdatensätzen liegt der SSE Wert über 20%. Auch der maximale relative Fehler beträgt zeitweise den Wert von über MaxErr > 35%. Dieser Um- 77 stand deutet auf ein gewisses Risiko hin, das bei den Optimierungsaufgaben nicht ausgeschlossen werden kann. Bedingt durch mehr oder weniger star- ke Modellungenauigkeit kann dabei eine falsche Schlussfolgerung getroffen werden. Diese Tatsache sollte daher stets berücksichtigt und resultierende modellbasierte Optimierungsergebnisse mit den tatsächlichen Messungen am Motorenprüfstand verifiziert werden. 78 3.2 Stickstoffoxide NOx Bei den Stickoxiden unterscheidet man zwischen den Stickstoffmonoxiden NO und den Stickstoffdioxiden NO2, wobei bei einer ottomotorischen Ver- brennung hauptsächlich die Stickstoffmonoxide entstehen. Stickoxid ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas, das in der Umgebungsluft langsam zu Stickstoffdioxid NO2 umgewandelt wird. Das allerdings ist giftig und riecht stechend. NO und NO2 werden in der Regel zusammengefasst und mit NOx bezeichnet. Nachfolgend werden die physikalischen Grundlagen zur NOx Bildung wäh- rend der ottomotorischen Verbrennung kurz erläutert, um eine Ableitung der relevanten Einflussgrößen durchzuführen. 3.2.1 Einflussparameter der NOx-Konzentration Bei einer ottomotorischen Verbrennung entstehen hauptsächlich die Stick- stoffmonoxide NO. Beim Dieselmotor kann die Konzentration der Stickstoff- dioxide jedoch bis auf 10% bis 30% ansteigen (vgl. [ [Hey88] ]). Aus die- sem Grund wird der Anteil der Stickstoffdioxide NO2 bei der nachfolgend beschriebenen Simulation nicht berücksichtigt. Die nachfolgend diskutierten Grundlagen und chemischen Reaktionsgleichungen der Stickoxid-Bildung ba- sieren in großen Teilen auf den Veröffentlichungen [MS99] und [WMD01]. Die betrachteten Mechanismen der Stickoxidbildung beschränken sich auf die Untersuchungen zur Stickstoffmonoxidbildung NO, die hauptsächlich auf vier verschiedene Weisen erfolgt: • Thermische NO Bildung • Bildung von Prompt NO • Aus N2O erzeugtes NO • Konversion von Brennstoffstickstoff in NO Thermische NO-Bildung Die thermische NO Bildung wurde laut [MS99] erstmal von Zeldovich im Jahr 1946 beschrieben und im Jahr 1991 von Bauluch erweitert. Der erweiterte Zeledovich-Mechanismus setzt sich aus den drei Elementarreaktionen O• +N2 k1↔ NO +N • (3.34) 79 N • +O2 k2↔ NO +O• (3.35) N • +OH• k3↔ NO +H• (3.36) zusammen, mit den Konstanten k1 = 1.8 · 1011 · e− 38370T m 3 kmols (3.37) k2 = 6.4 · 106 · T · e− 3139T m 3 kmols (3.38) k3 = 2.8 · 1010 m 3 kmols (3.39) die für die Geschwindigkeit stehen, mit der die an der Reaktion beteiligten Stoffe gebildet bzw. verbraucht werden. Diese Geschwindigkeitskonstanten wurden experimentell ermittelt und zeigen eine unterschiedliche Temperatu- rabhängigkeit. Die Reaktion ( 3.34) erfolgt erst bei viel höheren Temperaturen ausreichend schnell, im Gegensatz zu den Reaktionen ( 3.35) und ( 3.36). Daher auch die Bezeichnung Thermische NO-Bildung und ursächlich hierfür ist die starke Dreifachbildung der N2 Moleküle. Das nach der ersten Reaktion gebildete Stickstoffatom N reagiert sofort in den Reaktionen ( 3.35) und ( 3.36) weiter zur NO. Somit ist die Reaktion ( 3.34) der bestimmende Schritt. Um eine Größenordnung von der Dynamik der NO-Bildung zu bekommen, wurden Experimente in einem thermischen Reaktor bei konstantem Druck durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten, dass sich bei einer Temperatur von 2400 K erst nach 20 ms ein Gleichgewicht der NO-Konzentration einstellte, wogegen sich dieses bei einer Temperatur von 2800 K bereits nach etwa 3 ms ergab (vgl. [MS99]). Solch hohe Temperaturen entwickeln sich bei der motorischen Verbrennung für sehr kurze Zeit direkt in der Flammenfront. Desweiteren steigen bei einem starken Druckanstieg die Temperaturen des bereits verbrannten Gases hinter der Flammenfront ebenfalls auf sehr große Werte (vgl. [Hey88]). In dieser Phase der Verbrennung erfolgt der wesentliche Anteil der Bildung von Stickstoffmonoxiden. Wogegen in der Expansionspha- se des Verbrennungsprozesses die Temperaturen auf niedrigere Werte sinken, wodurch sich die Bildung der Stickoxide deutlich verlangsamt. In [MSS04] wird dieses Verhalten als „Einfrieren“ der Reaktion bezeichnet. 80 Bildung von Prompt-NO Der Prozess der Bildung von sog. Prompt-NO wurde laut [MS99] erstmals von Fenimore im Jahr 1979 beschrieben und hängt in erster Linie mit der Bildung des CH Radikals zusammen. Der Vorläufer des CH Radikals wird nur unter brennstoffreichen Bedingungen in der Flammenfront gebildet. CH-Radikale reagieren mit dem Luftstickstoff N2 zu HCN (Blausäure) und anschließend weiter zu NO: CH +N2 k→ HCN +N → · · · → NO (3.40) mit der Reaktionskonstanten k = 4.4 · 109 · e− 11060T m 3 kmols (3.41) Aufgrund dieser relativ niedrigen Aktivierungsenergie läuft die Bildung des Prompt-NO bereits bei geringeren Temperaturen ab. Die Bildung der Prompt- NO ist im Gegensatz zur thermischen NO-Bildung nicht so stark temperatu- rabhängig. Über N2O erzeugtes NO Die Reaktion zur Bildung des NO aus N2O verläuft ähnlich wie bei der ther- mischen NO Bildung. Die Sauerstoffatome greifen die Dreifachbindung des N2 Moleküls an. Im Gegensatz zur thermischen Bildung von NO entsteht laut Reaktionsgleichung ( 3.42 ) zunächst einmal - durch Einwirkung eines dritten Stabilisierungsmoleküls M - als Zwischenprodukt N2O. Dieses zerfällt in einer Folgereaktion ( 3.43 ) mit Sauerstoff zu NO. N2 +O +M → N2O +M (3.42) N2 +O → NO +NO (3.43) Konversion von Brennstoffstickstoff in NO Die Brennstoffe für den Verbrennungsmotor enthalten praktisch keinen ge- bundenen Stickstoff, so dass bei einer motorischen Verbrennung auf diese Weise entstandene Stickoxide eine sehr geringe Rolle spielen. 81 Zusammenfassung der Auswahl der Einflussgrößen Wie schon aus der Zusammenstellung der physikalisch-chemischen Grundla- gen deutlich wurde, sind die Faktoren • lokale Konzentrationen der Reaktionsgase O2 und N2 sowie • lokale Verbrennungstemperatur primäre Einflussgrößen bei der Bildung von Stickstoffmonoxid NO. Die genannten Reaktionsverhältnisse sind in der Praxis am Motorenprüfstand nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand zu ermitteln. Mit Hilfe umfassen- der und sehr rechenzeitintensiver 3D Simulation gelingt es zwar, die Prozesse der Verbrennung auf rein physikalisch-chemischer Basis mit lokaler Auflösung zu bestimmen. Man beschränkt sich aber auch dort auf die Haupteffekte und trifft starke Vereinfachungen der chemischen Reaktionsgleichungen. Das Ziel dieser Arbeit ist die Ableitung von sogenannten sekundären Einflüs- sen, die sich auf die oben erwähnten primären Einflüsse direkt auswirken und somit indirekt zur Bildung des Stickstoffmonoxides NO beitragen. Zusammenfassend lassen sich sekundäre Einflüsse ableiten. Diese sind in der Tabelle 3.3 aufgeführt. Einflussgröße Abkürzung Einheit Kurbelwellendrehzahl nKW min−1 eingeschlossene Luftmenge im Zylinder pro Arbeitsspiel mLuft,AS mg Zeitpunkt der Zündung αZW ◦KW stöchiometrisches Luft-Kraftstoff-Verhältnis λ - Stellung der Einlassnockenwelle ϕENW ◦KW Stellung der Auslassnockenwelle ϕANW ◦KW Kühlmitteltemperatur ϑKM ◦C Tabelle 3.3: Einflussgrößen der NO Entstehung 82 3.2.2 Modellansatz zur NO -Nachbildung Die Modellstruktur zur Nachbildung der Stickstoffmonoxide entspricht im Wesentlichen der Modellstruktur zur Nachbildung der unverbrannten Koh- lenwasserstoffe (Kap. 3.1.2). Es werden lediglich in manchen Teilmodellen unterschiedliche Basisfunktionen eingesetzt, die auf die Sollwerte der NO Messung abgestimmt werden. Aus diesem Grund erfolgt in der nachfolgen- den Strukturbeschreibung nur eine Erläuterung der Unterschiede der beiden Modelle. Eine verallgemeinerte Darstellung der Modellstruktur wird in Abb. 3.25 ge- geben. Die funktionale Abhängigkeit des Prozesses der NO-Konzentration ASLuftm , Motn SNNZW a 0 mNO mNO λ KMϑ 1 1 λ λf ϑf 0 ,mNOf ENWϕ ANWϕ 0 1 ENWϕ ENWf 0 1 ANWϕ ANWf 1a tott )( )( , ,1 1 ZylLuft tot tot ZylLuft a mft mfa & & = = Bild 3.25: Modellstruktur der NO-Nachbildung ergibt sich zu NO(t) := fNO(mLuft,AS, nKW , aZW , λ, ϕANW , ϕENW , ϑKM , t) (3.44) Der hier vorgestellte Modellansatz samt Abgleichvorschrift lautet somit NOm(t) := fNO,m(mLuft,AS, nKW , aZW , λ, ϕANW , ϕENW , ϑKM , t) ≈ NO(t). (3.45) Wie auch bei der strukturierten Prozessnachbildung vorgeschlagen, wird zu- erst der stationäre Modellkern abgeglichen. Für den stationären Fall t→∞ 83 gleicht der Modellausgang dem Wert des stationären Modellausgangs. NOm(t→∞) := fNO,m,S(mLuft,AS, nKW , aZW , λ, ϕANW , ϕENW , ϑKM) (3.46) Durch die Auswahl der stationären Betriebspunkte bei der Vermessung des Prozesses kann das stationäre Teilmodell abgeglichen werden. Das stationäre Teilmodell unterteilt sich in einen nominalen Kern NO0m,S := f 0NO,m(mLuft,AS, nKW , aZW ) (3.47) dem die Funktionen der Einflüsse der Kühlwassertemperatur fϑ(ϑKM), des Lambda fλ(λ) sowie der Einlass- bzw. Auslassnockenwelle fENW (ϕENW ) bzw. fANW (ϕANW ) explizit am Ausgang aufgeprägt werden. Das Gesamtmodell des stationären Kerns ergibt sich zu NOm,S := fϑ(f 0NO,m(mLuft,AS, nKW , aZW ), ϑKM) fλ(λ) fENW (ϕENW ) fANW (ϕANW ). (3.48) Das Vorgehen beim Abgleich der Modellstruktur gliedert sich in folgende Schritte: • Ermittlung einer funktionalen Abhängigkeit der NO-Konzentration von der Kühlmitteltemperatur im mittleren bis oberen Temperaturbereich ϑKM > 60◦C • Abgleich des nominalen Modellkerns f 0NO,m • Bestimmung der Funktion des Kühlmitteltemperatureinflusses für den gesamten Temperaturbereich fϑ(ϑKM) • Aufprägung des Einflusses des Luft-Kraftstoffverhältnisses fλ(λ) • Aufprägung des Einflusses der Einlassnockenwelle fENW (ϕENW ) • Aufprägung des Einflusses der Auslassnockenwelle fANW (ϕANW ) • Dynamische Erweiterung Einfluss der Kühlmitteltemperatur unter Bedingung ϑKM > 60◦C Der Einfluss der Kühlmitteltemperatur bei der Bildung der Stickstoffmon- oxide (NO) im mittleren bis oberen Temperaturbereich zeigt, im Gegensatz 84 50 60 70 80 90 100 110 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 4500 5000 5500 Kühlmitteltemperatur / °C H C / p p m n Mot - 4000 1/min, m Luft - 0.66 g n Mot - 2000 1/min, m Luft - 2.02 g n Mot - 1000 1/min, m Luft - 1.21 g Bild 3.26: Einfluss der Kühlmitteltemperatur auf die NO-Konzentration zur Temperaturabhängigkeit der Konzentration der unverbrannten Kohlen- wasserstoffe (HC), eine linear leicht steigende Tendenz, wie in der Abb. 3.26 dargestellt. Der Einfluss der Kühlmitteltemperatur für ϑKM > 60◦C wird ebenfalls als Differenz zur nominalen NO-Konzentration bei ϑKM = 90◦C von der Funkti- on f 90ϑ berechnet und anschließend dem Ausgang des nominalen Modellkernes f 0NO,m additiv aufgeprägt. Die Funktion f 90ϑ ergibt sich somit zu f 90ϑ (ϑKM) := a(ϑKM − 90) ≈ NOKalt,90 −NO90 (3.49) wobei a := fa(nKW ,mLuft,AS). (3.50) Die weitere Vorgehensweise beim Erzeugen der Abgleichsdaten sowie beim Bestimmen der Funktion fa erfolgt wie bei dem Modellieren der Tempera- turabhängigkeit der HC - Konzentration und wird im Kap. 3.1.2 detailliert beschrieben. 85 Nominaler Modellkern Als Funktionsapproximator des nominalen Modellkernes wird ähnlich wie bei dem nominalen Modellkern der HC-Konzentration ein dreischichtiges Multi Layer Perceptron (MLP) verwendet. Die temperaturabhängige Korrektur der Messdaten zum Abgleich des neuronalen Netzes sowie die Abgleichsvorschrift wird im Kap. 3.1.2 detailliert beschrieben. Einfluss der Kühlmitteltemperatur im gesamten Temperaturbereich Der Einfluss der Kühlmitteltemperatur im gesamten Temperaturbereich lässt sich mit einer etwas modifizierten Funktion f 60ϑ f 60ϑ (ϑKM) := 1 1 + c ϑKM 4 (3.51) beschreiben. Die Anhaltspunkte zur Vorgehensweise bei dem Erzeugen der Sollwerte für den Abgleich der Funktion, sowie die Hinweise zur Parametrierung können im Kap. 3.1.2 nachgelesen werden. Aufprägung des Einflusses des Luft-Kraftstoffverhältnisses Untersuchungen der Lambda-Abhängigkeit an einer Vielzahl von Betrieb- spunkten zeigen (Abb. 3.27), dass der Einfluss von λ jeweils eine parabolische Funktion ist, die jedoch mit einem Polynom zweiten Grades nur ungenügend beschrieben werden kann. Außerdem würde eine Parabel eine schlechte Extra- polationsfähigkeit aufweisen. Aus diesem Grund wird hier eine Basisfunktion der Form fλ(λ,W λ) := w2[σ(B11 + w11λ)− σ(B21 + w21λ)] (3.52) eingesetzt. Die Aufprägung des Einflusses des Luft-Kraftstoff-Gemisches so- wie Generierung der Sollwerte für den Abgleich der Parameterfunktionen {fλw2, fλB11 , fλw11 , fλB21 , fλw21 , } der Koeffizienten {w2, B11 , w11, B21 , w21} w2 := fλw2(nKW ,mLuft,AS, aZW ,W λ w2 ) B11 := fλB11(nKW ,mLuft,AS, aZW ,W λ B11 ) w11 := fλw11(nKW ,mLuft,AS, aZW ,W λ w11 ) B21 := fλB21(nKW ,mLuft,AS, aZW ,W λ B21 ) w21 := fλw21(nKW ,mLuft,AS, aZW ,W λ w21 ) (3.53) 86 0.75 0.8 0.85 0.9 0.95 1 1.05 1.1 1.15 1.2 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 4500 Lambda, λ N O / p p m t AS - 60 msec, m Luft - 0.98 g t AS - 60 msec, m Luft - 1.84 g t AS - 30 msec, m Luft - 1.46 g Bild 3.27: Stickstoffoxide bei Variation des Luft-Kraftstoff-Verhältnisses erfolgt in identischer Weise wie bei der Lambdaaufprägung der HC-Konzentration und wird in Kap. 3.1.2 ausführlich behandelt. Die Wahl der Basisfunktionen sowie die Abgleichsvorschriften bei der Aufprä- gung des Einflusses der Einlass- sowie der Auslassnockenwelle erfolgt weitge- hend identisch mit der Vorgehensweise, die bei der Aufprägung dieser Einflüs- se zur Nachbildung der HC-Konzentration vorgestellt wurde. Auch die Erwei- terung des stationären Modellkernes um die Dynamik des Prozessverhaltens werden ähnlich der dynamischen Erweiterung des stationären HC-Modells durchgeführt und werden in Kap. 3.1.2 ausgearbeitet. 87 3.2.3 Simulationsergebnisse Im folgenden Unterkapitel werden die Simulationsergebnisse dargestellt. Ana- log zu der Vorgehensweise bei der Beurteilung der Modellqualität der un- verbrannten Kohlenwasserstoffe (Kap. 3.1.3) wird hier zuerst die stationäre Modellgenauigkeit mit Hilfe des Bestimmtheitsmaßes 6.1 untersucht. Für die Aussage über die Qualität der Nachbildung der transienten Prozessübergänge werden ebenfalls die normierte Summe der Fehlerquadrate 6.2 sowie maxima- le relative Abweichung von dem Messwert 6.3 als Gütekriterien eingesetzt. Simulationsergebnis, nominaler Modellkern In der Abbildung 3.28 sind die Ergebnisse des nominalen Modellkernes an den stationären Betriebspunkten dargestellt. Das Bestimmtheitsmaß beträgt Bild 3.28: Stationäre Betriebspunkte dabei den Wert von 0.997, was einer sehr guten Modellqualität entspricht. Die hohe Modellgüte lässt sich, wie auch schon bei der nominalen Nachbildung der unverbrannten Kohlenwasserstoffe (HC) an den stationären Betriebspunkten (Kap. 3.1.3), durch das Verwenden der neuronalen Approximatoren begrün- den. Im Bild 3.29 werden die Ergebnisse der Prozessnachbildung in den transi- enten Betriebsphasen des Verbrennungsmotors zusammenfassend dargestellt. Auch bei der Betrachtung der Fehlerabweichungen in dynamischen Prozess- übergängen wird eine zufriedenstellende Modellgüte bestätigt. Der maximale Summen-Squared-Error (SSE) aller zur Verfügung stehenden Datensätze liegt 88 Bild 3.29: dynamische Übergänge, Zusammenfassung bei ca. 6 %. In der Abbildung 3.30 werden beispielhaft einige Verläufe der NO- Konzentration dargestellt, bei denen eine gute (lfd. Nr. 10 - rechts) und eine schlechte (lfd. Nr. 23 - links) Approximation erfolgte. Bei der Betrachtung Bild 3.30: dynamische Übergänge, ausgewählte Verläufe aller Messpunkte treten in einzelnen Fällen maximale relative Abweichun- gen von über 20 % auf. Bewertet wurde dabei das ungefilterte Messsignal, das mit einem relativ starken Rauschen und Schwankungen behaftet ist. Als Beispiel kann wiederum die Messung mit der laufenden Nummer 23 herange- zogen werden. Deren rel. max. Fehler beträgt ca. 15 %. Aus dem dargestellten Prozessverlauf respektive der Simulation (Abb. 3.30 links) kann auf die Ur- sachen für relativ große Abweichungen geschlossen werden. Zu einem wurde 89 der mittlere Prozessverlauf nicht genügend getroffen und zum anderem liegt ein erhebliches Signalrauschen bei einem relativ niedrigen Prozesswert vor. Simulationsergebnis, Lambdaeinfluss In der Abbildung 3.31 wird die Modellgüte der Nachbildung bei der Varia- tion des Luft- Kraftstoffverhältnisses λ an den stationären Betriebspunkten dargestellt. Das Bestimmtheitsmaß beträgt dabei den Wert von 0.98. Die Ap- Bild 3.31: Stationäre Betriebspunkte proximationsgüte entspricht weitgehend den Erwartungen, erreicht aber nicht an allen Betriebspunkten die hochwertigen Simulationsergebnisse, die bei der Prozessnachbildung durch den nominalen Modellkern erreicht wurden. Der Grund für die Qualitätseinbußen stimmt mit dem Grund überein, der schon bei der Simulation zur Lambdaabhängigkeit der HC-Konzentration erläutert und in Kap. 3.1.3 beschrieben wurde. Bei der Nachbildung der dynamischen Prozessübergänge liegt der SSE Wert bei den großen Teilen aller Datensätze unter 10 % (3.32). In den wenigen Ausnahmefällen ist aber die normierte Summe der Fehlerabweichungen et- was höher. In der Abbildung 3.33 links wird die Messung mit der laufenden Nummer 4 respektive der Simulation dargestellt, deren SSE Wert beträgt ca. 15 %. Wie aber auch schon im Kap. 3.1.3 beschrieben, stellt die starke Ab- weichung bei der Nachbildung des stationären Prozessverhaltens die Haupt- ursache für den hohen SSE Wert dar. Bei der Betrachtung aller Messpunkte treten in einzelnen Fällen maximale relative Abweichungen von über 40 % auf. Als Beispiel kann wiederum die Messung mit der laufenden Nummer 4 herangezogen werden. Deren rel. max. Fehler beträgt ca. 43 %. Aus dem 90 Bild 3.32: dynamische Übergänge, Zusammenfassung Bild 3.33: dynamische Übergänge, ausgewählte Verläufe 91 dargestellten Prozessverlauf in Gegenüberstellung zur Simulation (Abb. 3.33 links) ist hauptsächlich der ungenügend getroffene mittlere Prozessverlauf als die Ursache zu identifizieren. Bei einem zwar geringeren Signalrauschen entsteht trotzdem eine relativ hohe Abweichung, da der Prozess einen sehr niedrigen Wert aufweist. Das Prozessverhalten während der kurzen Phase des dynamischen Überganges kann aber als zufriedenstellend bezeichnet werden, da die abfallende Flanke der Simulation annähernd gleiche Steilheit mit dem Prozessverlauf aufweist. In der Abbildung 3.33 rechts ist ein Beispiel für ei- ne hohe Modellqualität in der stationären, sowie dynamischen Betriebsphase dargestellt. Simulationsergebnis, Einfluss der Einlassnockenwelle In der Abbildung 3.34 wird die Modellgüte der Nachbildung bei der Variati- on der Einlassnockenwelle ϕENW an den stationären Betriebspunkten darge- stellt. Das Bestimmtheitsmaß beträgt dabei den Wert von 0.981. Die Appro- Bild 3.34: Stationäre Betriebspunkte ximationsgüte entspricht weitgehend den Erwartungen, erreicht aber nicht an allen Betriebspunkten die hochwertigen Simulationsergebnisse, die bei der Prozessnachbildung durch den nominalen Modellkern erreicht wurden. Der Grund für die Qualitätseinbußen stimmt mit dem Grund überein, der schon bei der Simulation der Abhängigkeit des Einlassnockenwelleneinflusses auf die HC-Konzentration erläutert und in Kap. 3.1.3 beschrieben wurde. Bei der Nachbildung der dynamischen Prozessübergänge liegt der SSE Wert bei den großen Teilen aller Datensätze unter 10 % (3.35). In den wenigen Aus- nahmefällen ist aber die normierte Summe der Fehlerabweichungen höher. In 92 Bild 3.35: dynamische Übergänge, Zusammenfassung der Abbildung 3.36 links wird die Messung mit der laufenden Nummer 21 respektive der Simulation dargestellt, der SSE Wert beträgt dabei ca. 15 %. Wie aber aus der Darstellung des Konzentrationsverlaufes ersichtlich ist, kann Bild 3.36: dynamische Übergänge, ausgewählte Verläufe keine signifikante Änderung des Prozessverlaufes auf die sprunghafte Ver- stellung der Einlassnockenwelle in diesem Betriebspunkt verzeichnet werden. Allein starke Abweichung bei der Nachbildung des stationären Prozessverhal- tens stellt die Hauptursache für den hohen SSE Wert dar. In der Abbildung 3.36 rechts ist ein Beispiel für eine hohe Modellqualität in der stationären, sowie dynamischen Betriebsphase dargestellt. Bei den Messdatensätzen mit der laufenden Nummer 10, 11 und 13 treten überdurchschnittlich hohe rel. 93 Fehler auf. Die Ursache dafür stellt das zu niedrig eingeschätzte innere Luft- Kraftstoffverhältnis in der Übergangsphase dar. Es wird eine zu fette Ver- brennung vorhergesagt, die dann die Senkung der NO-Konzentration nach sich zieht. Simulationsergebnis, Einfluss der Auslassnockenwelle In der Abbildung 3.37 wird die Modellgüte der Nachbildung bei der Variati- on der Auslassnockenwelle ϕANW an den stationären Betriebspunkten darge- stellt. Das Bestimmtheitsmaß beträgt dabei den Wert von 0.996. Die Appro- Bild 3.37: Stationäre Betriebspunkte ximationsgüte entspricht weitgehend den Erwartungen, erreicht aber nicht an allen Betriebspunkten die hochwertigen Simulationsergebnisse, die bei der Prozessnachbildung durch den nominalen Modellkern erreicht wurden. Der Grund für die Qualitätseinbußen stimmt mit dem Grund überein, der schon bei der Simulation zur Abhängigkeit des Auslassnockenwelleneinflusses auf die HC-Konzentration erläutert und in Kap. 3.1.3 beschrieben wurde. Bei der Nachbildung der dynamischen Prozessübergänge liegt der SSE Wert bei allen Datensätzen unter 11 % (3.38). In der Abbildung 3.39 links wird die Messung mit der laufenden Nummer 48 respektive der Simulation dargestellt, deren SSE Wert beträgt dabei ca. 11 %. Wie aber aus der Darstellung des Konzentrationsverlaufes ersichtlich ist, kann keine signifikante Änderung des Prozessverlaufes auf die sprunghafte Verstellung der Auslassnockenwelle in diesem Betriebspunkt verzeichnet werden. Allein starke Abweichung bei der Nachbildung des stationären Prozessverhaltens stellt die Hauptursache für den hohen SSE Wert dar. In der Abbildung 3.39 rechts ist ein Beispiel für eine 94 Bild 3.38: dynamische Übergänge, Zusammenfassung Bild 3.39: dynamische Übergänge, ausgewählte Verläufe 95 hohe Modellqualität in der stationären, sowie dynamischen Betriebsphase dargestellt. Bei dem Messdatensatz mit der laufenden Nummer 34 tritt ein überdurchschnittlich hoher rel. Fehler von ca. 46 % auf. Die Ursache dafür stellt das zu niedrig eingeschätzte innere Luft- Kraftstoffverhältnis in der Übergangsphase dar. Es wird eine zu fette Verbrennung vorhergesagt, die dann die Senkung der NO-Konzentration nach sich zieht. Simulationsergebnis, Einfluss der Kühlmitteltemperatur In der Abbildung 3.40 werden an zwei unterschiedlichen Betriebspunkten die Simulationsergebnisse in Gegenüberstellung zur Messung aus den Kaltstart bzw. Warmlaufversuchen des Verbrennungsmotors dargestellt. Es erfolgt ei- ne gute Nachbildung einer eher mäßig ausfallenden Temperaturabhängigkeit der Stickstoffmonoxide (im Vergleich zu Temperaturabhängigkeit der unver- brannten Kohlenwasserstoffe). Bild 3.40: Warmlaufverhalten 96 3.2.4 Zusammenfassung Das vorgestellte Modell simuliert in Echtzeit die Entstehung des Stickstoff- monoxides unter der Berücksichtigung der Einflüsse der wichtigsten Einstell- parameter. Dazu gehören Drehzahl nKW , eingeschlossene Luftmasse pro Ar- beitsspiel im ZylindermLuft,AS, Zeitpunkt der Zündung aZW , Luft-Kraftstoff- Verhälltnis λ, Stellung der Ein- ϕENW bzw. Auslassnockenwelle ϕANW sowie die Kühlwassertemperatur ϑKM . Damit ist ein breiter Betriebsbereich des Verbrennungsmotors abgedeckt, in dem die präzisen Aussagen über die NO- Konzentration vorhergesagt werden können. Ein besonderes Merkmal stellt die Berücksichtigung des thermischen Zustandes des Verbrennungsmotors dar. Dadurch wird die Prädiktion der Schadstoffkonzentration für den Kalt- start bzw. Warmlaufverhalten des Motors ermöglicht. Eine weitere wichti- ge Eigenschaft liegt in dem repräsentativen Verhalten des berechneten Kon- zentrationsverlaufes in den transienten Betriebsphasen des Verbrennungsmo- tors. Es wurde eine physikalisch motivierte Modellstruktur gewählt, die unter der Anwendung oben beschriebener Methoden zur Versuchsplanung und echtzeit- fähiger Modellierung komplexer dynamischer Prozesse erfolgreich zum Ein- satz kommt und eine gute Modellqualität sicherstellt. Durch die eingesetzten Methoden der strukturierten Prozessnachbildung sowie des Verfahrens einer diskreten evidenten Interpolation kann ein gutmütiges Prozessverhalten im Interpolationsbereich realisiert werden. Durch den Einsatz vieler physikalisch motivierter Basisfunktionen reagiert das Modell auch im Extrapolationsbe- reich den Erwartungen entsprechend. Das Modell zeichnet sich durch eine hohe Approximationsgüte an den sta- tionären Betriebspunkten aus. Die Qualität der Übereinstimmung wird mit Hilfe des Bestimmtheitsmaßes ausgedrückt. Das Bestimmtheitsmaß bei der Untersuchung des Prozessverhaltens der einzelnen Einflüsse liegt zwischen den Werten von 0.98 und 0.997. Dieser Wertebereich entspricht einer ho- hen Übereinstimmung des Modell- und Prozessausganges und kann maximal den Wert 1 erreichen. Die Analyse des zeitlichen Prozessverlaufes in den sta- tionären sowie transienten Betriebsphasen bestätigt ebenfalls eine zufrieden- stellende Modellqualität. Über 96% aller zur Verfügung stehenden Datensätze können mit einer normierten Summe der Fehlerquadrate SSE < 10% nachge- bildet werden. Der mittlere Sum-Squared-Error über alle Datensätze beträgt dabei den Wert von SSE = 5.4%. Es treten aber auch vereinzelt größere Fehlerabweichungen auf. Bei etlichen Messdatensätzen liegt der SSE Wert bei ca. 15%. Auch der maximale relative Fehler beträgt zeitweise den Wert 97 von über MaxErr > 40%. Dieser Umstand deutet auf ein gewisses Risiko hin, das bei den Optimierungsaufgaben nicht ausgeschlossen werden kann. Bedingt durch mehr oder weniger starke Modellungenauigkeit kann dabei ei- ne falsche Schlussfolgerung getroffen werden. Diese Tatsache sollte daher stets berücksichtigt und resultierende modellbasierte Optimierungsergebnisse mit den tatsächlichen Messungen am Motorenprüfstand verifiziert werden. 98 3.3 Kohlenmonoxid CO Bei Luftmangel entsteht infolge unvollständiger Verbrennung Kohlenmon- oxid, ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas. Wenn CO eingeatmet wird, blockiert es die Sauerstoffaufnahme im Blut und führt, je nach Konzentration, zu Kopfschmerzen, Übelkeit oder sogar zum Tod. CO wird durch Oxidations- prozesse zu CO2 umgewandelt. 3.3.1 Einflussparameter der CO-Konzentration Bei einer ottomotorischen Verbrennung ist der CO Anteil die dominierende Schadstoffkomponente. In einem Verbrennungsprozess ist CO ein Zwischen- produkt der Kohlendioxidbildung und entsteht vermehrt bei einem Sauer- stoffmangel (λ < 1) als folge einer unvollständigen Verbrennung. Bei einem Sauerstoffüberschuss ist die CO-Emission sehr niedrig und nahezu unabhän- gig vom Lambdawert. [BS02] Im unterstöchiometrischen Bereich (λ < 1) reagiert Kohlenmonoxid mit dem Sauerstoff O2 parallel zu H2-Oxidation: CO +OH• ↔ CO2 +H•, (3.54) H2 +OH• ↔ H2O +H•, (3.55) Während die letzte Reaktion sich quasi im Gleichgewicht befindet, ist die CO-Oxidation kinetisch kontrolliert und läuft beim fetteren Luftkraftstoffge- misch langsamer ab. Mit steigendem Luftverhältnis erhöht sich die Reakti- onsgeschwindigkeit, die CO-Konzentration sinkt dem zufolge entsprechend. Im Wesentlichen wird die Konzentration des Kohlenmonoxides vom stöchio- metrischen Luft-Kraftstoffverhältnis λ bestimmt. 3.3.2 Modellansatz zur CO -Nachbildung Die Modellstruktur zur Nachbildung der Kohlenmonoxide ist durch eine ge- ringere Anzahl der Modelleingänge deutlich einfacher zu parametrieren, als die zuvor vorgestellten Modelle der unverbrannten Kohlenwasserstoffe so- wie des Stickstoffmonoxides. Das Simulationsmodell wird ebenfalls im ersten Schritt in ein stationäres Modell und eine dynamische Erweiterung unterteilt. 99 Das stationäre Teilmodell des vorgestellten Ansatzes ist weiterhin in einen nominalen Modellkern mit wenigen Eingängen, dem der Einfluss des Luft- Kraftstoffverhältnisses extern aufgeprägt wird. Die Modellstruktur wird in Abb. 3.41 dargestellt. ASLuftm , Motn SNN 0 mCO mCO λ 1 1 λ λf 0 ,mCOf 1a tott )( )( , ,1 1 ZylLuft tot tot ZylLuft a mft mfa & & = = Bild 3.41: Modellstruktur der CO-Nachbildung Die funktionale Abhängigkeit des Prozesses der CO-Konzentration ergibt sich zu CO(t) := fNO(mLuft,AS, nKW , λ, t) (3.56) Der hier vorgestellte Modellansatz samt Abgleichvorschrift lautet somit COm(t) := fCO,m(mLuft,AS, nKW , λ, t) ≈ CO(t). (3.57) Wie auch bei der strukturierten Prozessnachbildung vorgeschlagen, wird zu- erst der stationäre Modellkern abgeglichen. Für den stationären Fall t→∞ gleicht der Modellausgang dem Wert des stationären Modellausgangs. COm(t→∞) := fCO,m,S(mLuft,AS, nKW , λ) (3.58) Durch die Auswahl der stationären Betriebspunkte bei der Vermessung des Prozesses kann das stationäre Teilmodell abgeglichen werden. Das stationäre Teilmodell unterteilt sich in einen nominalen Kern CO0m,S := f 0CO,m(mLuft,AS, nKW ) (3.59) dem die Funktionen des Lambdaeinflusses fλ(λ) explizit am Ausgang aufge- prägt wird. Das Gesamtmodell des stationären Kernes ergibt sich zu COm,S := f 0CO,m(mLuft,AS, nKW )fλ(λ). (3.60) Das Vorgehen beim Abgleich der Modellstruktur gliedert sich in folgende 100 Schritte: • Abgleich des nominalen Modellkerns f 0CO,m • Aufprägung des Einflusses des Luft-Kraftstoffverhältnisses fλ(λ) • Dynamische Erweiterung Nominaler Modellkern Als Funktionsapproximator des nominalen Modellkernes wird ähnlich wie bei dem nominalen Modellkern der HC-Konzentration ein dreischichtiges Multi Layer Perceptron (MLP) verwendet. Die Auswahl der Messdaten zum Ab- gleich des neuronalen Netzes sowie die Abgleichsvorschrift wird im Kap. 3.1.2 detailliert beschrieben. Aufprägung des Einflusses des Luft-Kraftstoffverhältnisses 0.75 0.8 0.85 0.9 0.95 1 1.05 1.1 1.15 1.2 -1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Lambda, λ C O / p p m t AS - 60 msec, m Luft - 0.98 g t AS - 60 msec, m Luft - 1.84 g t AS - 30 msec, m Luft - 1.46 g Bild 3.42: Kohlenwasserstoffe bei Variation des Luft-Kraftstoff-Verhältnisses Untersuchungen der Lambda-Abhängigkeit an einer Vielzahl von Betrieb- spunkten zeigen (Abb. 3.42), dass der Einfluss von λ jeweils eine abfallende Funktion ist, die für eine magere Verbrennung gegen 0 tendiert Es wird eine 101 Basisfunktion der Form fλ(λ,W λ) := w2[σ(B11 + w11λ)] (3.61) eingesetzt. Die Aufprägung des Einflusses des Luft- Kraftstoffverhältnisses erfolgt explizit, indem der Ausgang des nominalen Modells f 0CO,m mit dem Wert der Funktion fλ multipliziert wird. Die Sollwerte COλ für den Abgleich der Funktion lassen sich nach der Vorschrift COλ = CO f 0CO,m (3.62) an stationären Betriebspunkten erzeugen. Wie auch aus der Abb. 3.42 er- sichtlich, ist der Verlauf der Basisfunktion fλ für verschiedene Betriebspunk- te sehr ähnlich. Deswegen sind die Parametern der Basisfunktion in diesem Fall, abweichend zur Lambdaaufprägung bei NO- und HC-Konzentrationen, keine Funktionen des Betriebspunktes. Die Bestimmung der Koeffizienten {w2, B11 , w11} erfolgt wie in Kap. 2.1 beschrieben bei der Aufprägung eines expliziten Einflusses im Fall einer vollständigen Separation. Die Erweiterung des stationären Modellkernes um die Dynamik des Prozess- verhaltens werden ähnlich der dynamischen Erweiterung des stationären HC- Modells durchgeführt und werden in Kap. 3.1.2 ausgearbeitet. 102 3.3.3 Simulationsergebnisse Im folgenden Unterkapitel werden die Simulationsergebnisse dargestellt. Ana- log der Vorgehensweise, wie sie bei der Beurteilung der Modellqualität der unverbrannten Kohlenwasserstoffe (Kap. 3.1.3) beschrieben wurde, wird zu- erst die stationäre Modellgenauigkeit mit Hilfe des Bestimmtheitsmaßes 6.1 untersucht. Für die Aussage über die Qualität der Nachbildung der transi- enten Prozessübergänge werden ebenfalls die normierte Summe der Fehler- quadrate 6.2 sowie maximale relative Abweichung von dem Messwert 6.3 als Gütekriterien eingesetzt. Simulationsergebnis, nominaler Modellkern In der Abbildung 3.43 wird das Ergebnis des nominalen Modellkernes an den stationären Betriebspunkten dargestellt. Das Bestimmtheitsmaß beträgt da- Bild 3.43: Stationäre Betriebspunkte bei den Wert von 0.966, was einer sehr guten Modellqualität entspricht. Die hohe Modellgüte lässt sich, wie auch schon bei der nominalen Nachbildung der unverbrannten Kohlenwasserstoffe (HC) an den stationären Betriebspunkten (Kap. 3.1.3), durch das Verwenden der neuronalen Approximatoren begrün- den. Die Betrachtung des nominalen Prozessverhaltens während der dynamischen Übergänge entfällt, da kaum messbare Änderung des Prozessverhaltens auf die Variation der nominalen Modelleingänge stattfindet. 103 Simulationsergebnis, Lambdaeinfluss In der Abbildung 3.44 wird die Modellgüte der Nachbildung bei der Variation des Luft- Kraftstoffverhältnisses λ an den stationären Betriebspunkten darge- stellt. Das Bestimmtheitsmaß beträgt dabei den Wert von 0.898. Die Appro- Bild 3.44: Stationäre Betriebspunkte ximationsgüte der Prozessnachbildung erreicht nicht die hohen Simulations- werte, wie die Ergebnisse des nominalen Modellkerns oder die Qualität der Lambdaaufprägung bei der Nachbildung der HC- und NO-Konzentrationen (Kap. 3.1.3 und 3.2.3). Der Grund für die Qualitätseinbußen liegt zum Teil darin, dass die Basisfunktion zur Aufprägung der Lambdaabhängigkeit mit Hilfe einer vollständigen Separation dem nominalen Modellausgang aufge- prägt wird. Es erfolgt keine betriebspunktabhängige Parameteranpassung. Die Anpassung der Basisfunktion erfolgt durch die Minimierung der mittle- ren Summe der Fehlerquadrate an allen Betriebspunkten. Der Anlass dafür liegt in der nicht zufriedenstellenden Reproduzierbarkeit des Prozessverhal- tens durch die eingesetzte Messtechnik. Die Messanlage verfügt über keine Messbereichsanpassung. Die Erfassung des Messwertes erfolgt mit einem fes- ten Messbereich, dessen Endwerte einen breiten Bereich umfasst. Abgesehen von einer fettangereicherten Verbrennung bewegt sich aber die Konzentration des Kohlenmonoxides im unteren Bereich der Messskala und verursacht auch durch große Streuung der Messwerte relativ hohe Fehlerabweichungen. Man könnte zwar durch die betriebspunktabhängige Parameterkorrektur der ein- gesetzten Basisfunktion eine ebenfalls hohe Approximationsgüte erreichen, würde aber grundsätzlich die tatsächliche Qualität der Prozessnachbildung nicht rechtfertigen können. Mit dem oben geschilderten Hintergrund lässt sich auch die hoch ausgefallene 104 Fehlerquote bei der Nachbildung der Prozessdynamik erklären (Abb. 3.45). Abweichende Prozessnachbildung bei niedrigen Konzentrationswerten ergibt Bild 3.45: dynamische Übergänge, Zusammenfassung einen großen SSE Wert (Abb. 3.46, links). In der Abbildung 3.46 rechts ist ein Beispiel für eine hohe Modellqualität in der stationären, sowie dynamischen Betriebsphase dargestellt. Bild 3.46: dynamische Übergänge, ausgewählte Verläufe 105 3.3.4 Zusammenfassung Das vorgestellte Modell simuliert in Echtzeit die Entstehung des Kohlenmon- oxides unter der Berücksichtigung der Einflüsse der Drehzahl nKW , einge- schlossene Luftmasse pro Arbeitsspiel im ZylindermLuft,AS und Luft-Kraftstoff- Verhälltnis λ. Es wurde eine physikalisch motivierte Modellstruktur gewählt, wobei die Komplexität der Modellstruktur sich deutlich von den Modellstruk- turen bei der Nachbildung der HC und NO unterscheidet. Nur bei der Varia- tion des Lambdaeinflusses bei einem fetteren Luft-Kraftstoff-Gemisch lassen sich nennenswerte Änderungen der CO-Konzentration feststellen. Bei dem stöchiometrischen sowie abgemagerten Gemischverhältnissen treten keine re- levanten Änderungen des Konzentrationsverlaufes auf. Dazu befinden sich die Werte im unteren Bereich der Messskala und werden mit einer großen Streu- ung überlagert. Aus diesen Gründen wurde eine einfachere, dafür aber ro- bustere Modellstruktur gewählt. Es wurde eine höhere Modellgüte bei einem ausgeglichenen Luft-Kraftstoffverhältnis λ = 1 angestrebt. Die Modellqua- lität weist dabei das Bestimmtheitsmaß von R2 = 0.966 auf. Die Güte des Simulationsmodells bei Lambdavariation ist eher mäßig ausgefallen und hat an den stationären Betriebspunkten einen Wert von R2 = 0.898. Die Analyse des zeitlich aufgelösten Prozessverhaltens samt dynamischen Übergängen bei der Lambdavariation ergibt ebenfalls eine eher mäßige Modellqualität. Über 72% aller zur Verfügung stehenden Datensätze können mit einer summier- ten Fehlerabweichung von SSE < 30% nachgebildet werden. Der mittlere Sum-Squared-Error beträgt dabei den Wert von SSE = 25%. Durch die eingesetzten Methoden der strukturierten Prozessnachbildung so- wie des Verfahrens einer diskreten evidenten Interpolation kann ein gutmü- tiges Prozessverhalten im Interpolationsbereich realisiert werden. Durch den Einsatz einer physikalisch motivierten Basisfunktion bei der Lambdaaufprä- gung reagiert das Modell auch im Extrapolationsbereich den Erwartungen entsprechend. Größere Modellungenauigkeit dieses Modellansatzes deutet auf ein höheres Risiko hin, das bei den Optimierungsaufgaben auftreten kann. Dadurch kann eine falsche Schlussfolgerung getroffen werden. Diese Tatsache sollte daher stets berücksichtigt und resultierende modellbasierte Optimierungsergebnisse mit den tatsächlichen Messungen amMotorenprüfstand verifiziert werden. 107 4 Anwendung - Optimierung der Betriebsstrategien im Hybridfahrzeug Durch die Zunahme der zusätzlichen Systemkomponenten und der damit ver- bundenen gesteigerten Komplexität des Gesamtsystems in einem Hybridkon- zept besteht einerseits eine hervorragende Gelegenheit, das Gesamtfahrzeug insgesamt effizienter zu betreiben, andererseits wird es immer schwieriger, ein geeignetes Optimum in Anbetracht der zusätzlichen Freiheitsgrade bei der Auslegung einer Betriebsstrategie zu finden. In den vielen Strukturvarianten der Hybridfahrzeuge ist nach wie vor ein Verbrennungsmotor als zusätzliche Energiequelle vorgesehen. Im Gegensatz zu den konventionellen Fahrzeugen ändert sich seine Betriebsart im Hybrid-Einsatz wesentlich. Durch eine teil- weise Entkopplung von der Straße in einem parallelen Hybrid, bzw. einer vollständigen Entkopplung in einem seriellen Hybrid, ergibt sich die Mög- lichkeit, den Verbrennungsmotor so zu betreiben, dass er möglichst in energe- tisch günstigeren Bereichen arbeitet. Ein Betriebsmanagementsystem wählt in Abhängigkeit der unterschiedlichen Einflussgrößen die optimale Betriebss- trategie des Verbrennungsmotors. Dabei spielen die Start-Stopp Vorgänge sowie der thermische Zustand des Verbrennungsmotors für die Auslegung ei- ne wichtige Rolle. Zusätzlich gelten für die Parametrierung die Maßgaben der gesetzlich vorgeschriebenen Abgasnormen. Um diese Aspekte bei der Opti- mierung zu berücksichtigen, wird ein Modell des Verbrennungsmotors benö- tigt, welches das Motorverhalten unter dem Einfluss der Temperaturen im transienten Betrieb hinreichend genau nachbildet. In dieser Arbeit wird ein dynamisches Motormodell eingesetzt, das für eine solche Optimierung der Betriebsstrategien in einem Hybridfahrzeug geeignet ist. Dabei werden alle für das Betriebsmanagement wichtigen Prozessgrößen, wie Leistung, Kraftstoffverbrauch, Emissionen, Betriebstemperaturen etc. in Echtzeit nachgebildet. Somit ist das Modell auch für die Echtzeitanwendun- gen in einer HiL - Simulationsumgebung geeignet. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt liegt dabei in der Berücksichtigung des Kaltstart-, Warmlauf- und des Abkühlverhaltens des Verbrennungsmotors. Durch die Wahl einer 108 physikalisch motivierten Grundstruktur ist eine Kombination zwischen da- tengetriebener und physikalisch orientierter Modellbildung entstanden. Es können wertvolle Vorhersagen über die wichtigen Prozessverläufe im Motor mit einem vertretbaren Messaufwand getroffen werden. Damit ergibt sich auch eine kostengünstige Ausgangsbasis für die Optimierung der Betriebss- trategien von Hybridfahrzeugen mit dem Ziel der Senkung des Kraftstoffver- brauchs und der CO2-Emission pro Strecken-Kilometer. Auf Basis des Simulationsmodells wurde ebenfalls ein automatisierter An- satz entwickelt, der eine leistungsstarke Entwicklungsmethode zur Ableitung optimaler Betriebsstrategien bietet. Das Ziel dabei ist eine automatisierte Vorgehensweise zu entwickeln, die unter der Anwendung der leistungsfähigen Suchalgorithmen aus dem Bereich der nichtlinearen Systemidentifikation, bei den umfangreichen Optimierungsaufgaben ihren Einsatz findet. 4.1 Dynamisches Motormodell Ein wesentlicher Bestandteil des Gesamtsimulationsmodells liegt in der rea- litätsnahen Nachbildung des Verbrennungsmotors. Benutzt wird dabei das Motormodell, welches in [PSL+04b] und [PST+08] entwickelt und vorgestellt wurde. Ebenfalls fließen in die Arbeit umfangreiche Erkenntnisse aus den Ar- beiten [WAT+04], [WAW+06], [Sch05], [PSTW02], [PSL+04a], [WWA+07], [SWA+08], [SWWT08] zusammen. Das Motormodell wurde an den aktuel- len Verbrennungsmotor angepasst und um die Simulation der Schadstoffe im Abgasstrang, die im vorigen Kapitel beschrieben wurden, erweitert. Beson- derer Schwerpunkt liegt dabei in der Berücksichtigung der Systemdynamik sowie Modellierung der Temperaturentwicklung und deren Einfluss auf den Verbrauch und die Schadstoffe. Mit Hilfe des Gesamtmotormodells lassen sich umfangreiche Untersuchungen zur Optimierung der Betriebsstrategien durchführen. Im Vordergrund steht die Energieminimierung im Gesamtfahr- zeug. Als Nebenbedingung gilt allerdings die Einhaltung der gesetzlich vorge- schriebenen Abgasnormen. Diese Information liefern die oben beschriebenen Modelle der Schadstoffkomponenten. Der Verbrennungsmotor stellt ein mimo (multiple Input multiple output) - System dar und lässt sich im Zustandsraum allgemein wie folgt x˙(t) = f(x(t), u(t)) y(t) = g(x(t), u(t)) (4.1) 109 beschreiben, wobei u(t) den Eingangs-, x(t) - den Zustands- und y(t) - den Ausgangsvektor des Systems darstellen. Der Eingangsvektor u(t) setzt sich aus den folgenden Komponenten zusam- men u := [aDK(t),MGen(t), Zuean/aus(t), ϕENW , ϕANW , ϑumg, pumg, ϑAns]T , (4.2) die sich in unterschiedliche Gruppen aufteilen. In erster Linie in operative Stellgrößen: aDK(t) - die Stellung der Drosselklappe,MGen(t) - das eingestell- te Drehmoment des Generators sowie die Freigabe zum Zünden des Verbren- nungsmotors Zuean/aus(t). Eine andere Gruppe stellen die Betriebsparameter des Verbrennungsmotors: ϕENW - Stellung der Einlass- und ϕANW - Stellung der Auslassnockenwelle dar. Der letzte Teil des Eingangsvektors beinhaltet die Umweltbedingungen wie Umgebungstemperatur ϑumg, Umgebungsdruck pumg sowie die Ansauglufttemperatur ϑAns. Der Ausgangsvektor des Motormodells y(t) setzt sich wie folgt zusammen: y(t) := [nKW (t),MKW (t), m˙Kr(t), m˙NOx(t), m˙HC(t), m˙CO(t)] (4.3) mit nKW (t) - die Drehzahl, MKW (t) - Drehmoment sowie der Massenstrom von Kraftstoff m˙Kr(t) und die Emissionen: Stickstoffoxide m˙NOx(t), unver- brannte Kohlenwasserstoffe m˙HC(t) und Kohlenmonoxid m˙CO(t). Der Zustandsvektor repräsentiert innere Größen des Motormodells x := [mL,AS, azw,nom, ϑKW , ϑOel, ϑZW ,MInd,MSchlepp, pabg, ϑAbg] (4.4) und besteht aus der eingeschlossenen Luftmasse im Zylinder pro Arbeitsspiel mL,AS, dem nominalen Zündwinkel azw,nom, der Temperatur des Kühlwas- sers ϑKW , des Motoröls ϑOel sowie der Zylinderwandtemperatur ϑZW , dem indizierten Drehmoment MInd, dem Schleppdrehmoment MSchlepp, dem Ab- gasgegendruck pabg sowie der Abgastemperatur ϑAbg. Der Modellansatz samt Abgleichvorschrift lautet somit x˙M(t) := f˜(x(t), u(t)) ≈ x˙(t) yM(t) := g˜(x(t), u(t)) ≈ y(t). (4.5) Die Modellfunktionen f˜ und g˜ beinhalten ein komplexes Motormodell und sind in Form einer Modellstruktur in der Abb. 4.1 dargestellt. Im Motormodell werden alle relevanten Motorkennwerte und deren Wechsel- wirkungen berechnet. Im Vorfeld wird der Gesamtprozess, basierend auf der 110 Temperaturen (Wasser, Öl, Bauteile) Luftpfad (Drosselklappe, Saugrohr) Kraftstoffpfad Zündwinkel Kennfeld Abgas (Schadstoffe, Temperatur, Druck) Indiziertes Drehmoment Verluste (Reibung, Ladungswech) Klopfgrenze + - Starttemperaturen Umweltbedingungen Drosselklappe Zündung an / aus Generator- moment+ - Drehzahl Emissionen Leistung Verbrauch Bild 4.1: Modellstruktur physikalischen Kenntnis, geeignet in Teilprozesse unterteilt, die wiederum mit Hilfe einer strukturierten Vorgehensweise mit Integration datengetriebener Approximationsansätze (z.B. neuronaler Netze) das Prozessverhalten hinrei- chend nachbilden. So werden der Luftmassenstrom durch die Drosselklappe in das Saugrohr, sowie der Luftmassenstrom vom Saugrohr in die Zylinder und der Saugrohrdruck in einem dynamischen Teilmodell „Luftpfad“ berechnet. Aus der eingeschlossenen Luftmenge im Arbeitsraum sowie unter Berück- sichtigung der Anreicherung des Kraftstoffes, der Drehzahl, des Zündwinkels und der Temperaturen wird ein indiziertes Drehmoment berechnet. Das re- sultierende Drehmoment an der Kurbelwelle ergibt sich nach dem Abzug der Ladungswechselverluste und der temperaturabhängigen Reibung. Durch die Bilanzierung des entstandenen Drehmomentes an der Kurbelwelle mit dem Drehmoment der Generatoreinheit kann man die Drehmomentdifferenz erre- chen, die wiederum zur Änderung der Drehzahl führt. Die Drehzahl wird als Eingang dem Gesamtmodell zugeführt. Im separatem Modellblock „Abgas“ werden in erster Linie die produzierten Emissionen (NO, HC und CO) be- rechnet. Ebenfalls wird die kritische Prozessgröße Abgastemperatur vor dem Katalysator sowie der Abgasgegendruck berechnet. Ein wichtiger Bestandteil des Modells bildet die Berechnung der Temperaturen des Kühlwassers, des Öls und der Bauteile. Wichtig sind dabei die Phasen beim Kaltstart sowie die Abkühlung des Verbrennungsmotors. Somit stellt das Gesamtmodell eine dy- namische und kaltstartfähige Nachbildung des Gesamtmotors dar. Durch die Vermeidung von iterativ zu lösenden Differentialgleichungssystemen ist das Modell echtzeitfähig und zum Einsatz in einer HiL-Umgebung geeignet. 111 Durch das Betriebsmanagementsystem erfolgt die Vorgabe der gewünschten Drehzahl nKW (t) bzw. Drehmomentprofile MSoll(t). Um die Anforderung zu erfüllen, werden ein Drehzahl- bzw. Drehmomentregler vorgeschaltet. Die Drehzahlregelung erfolgt durch Anpassen des Drehmomentes vom Genera- tor MGen(t). Die Drehmomentregelung durch Verstellung der Drosselklappe aDK(t). Es handelt sich um eine nichtlineare Reglerstruktur, die im einfachs- ten Fall in Abhängigkeit des Betriebspunktes eine Anpassung der Parameter durchführt. Denkbar sind auch prädiktive modellbasierte Reglerstrukturen, die nach Kriterien der Gütevektoroptimierung ausgelegt werden. Allgemein lässt sich der Regler ebenfalls im Zustandsraum wie folgt beschreiben: x˙R(t) = fR(xR(t), uR(t)) yR(t) = gR(xR(t), uR(t)). (4.6) Der Eingangsvektor uR(t) beinhaltet die Komponenten der Solltrajektorien für Drehzahl nSoll(t) und Drehmoment MSoll(t) sowie die tatsächlichen Ver- läufe der beiden Größen nKW (t) und MKW (t) uR(t) := [nSoll(t), nKW (t),MSoll(t),MKW (t)]T . (4.7) Der Ausgangsvektor yR(t) := [MGen(t), aDK(t)]T . (4.8) hat die beiden Stellgrößen des Verbrennungsmotors: Drehmoment des Gene- rators MGen(t) und die Stellung der Drosselklappe aDK(t). Schaltet man die beiden Systeme zusammen und führt die zu regelnden Aus- gänge des Motors zu den Eingängen des Reglers, so resultiert ein Gesamtsys- tem, das in Abhängigkeit des Gesamteingangsvektors u := [nSoll(t),MSoll(t), Zuean/aus(t), ϕENW , ϕANW , ϑUmg, pumg, ϑAns]T . (4.9) zu optimieren gilt. 4.2 Entwicklungsmethoden zur Ableitung von Betriebsstrategien Das Ziel einer optimalen Betriebsstrategie in einem Hybridfahrzeug besteht in der Regel in der Minimierung des Gesamtenergieumsatzes unter Einhaltung 112 der gesetzlich festgelegten Emissionshöchstgrenzen beim Folgen eines vorge- gebenen Geschwindigkeitsprofils. Als Effizienzvergleichskriterium dient dabei der neue europäische Fahrzyklus (NEFZ). Bewertet werden zum einen der Bedarf an elektrischer Energie zum Fortbewegen des Fahrzeuges, sowie der Kraftstoffverbrauch und die, vom Verbrennungsmotor in die Umgebung emit- tierten Schadstoffe. Mittels der Simulation sowie eines übergeordneten auto- matisierten Optimierungsalgorithmus wird hier eine Entwicklungsmethodik vorgestellt, die zur Herleitung einer optimalen Betriebsstrategie eingesetzt wird. Im Kern der Betrachtung liegt ein Simulationsmodell des Gesamtfahrzeuges. Gewählt wurde ein serielles Hybridkonzept. Die Modelle aller Systemkom- ponenten berechnen nötige Zwischengrößen, die miteinander entsprechend gekoppelt werden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt in der realitätsnahen dynamischen Nachbildung des Verbrennungsmotors, der gekoppelt mit ei- nem Generator (APU) die nötige elektrische Energie erzeugt. Im Gesamt- konzept stellt der Verbrennungsmotor eine Komponente mit einem geringen Wirkungsgrad dar, der u.a. abhängig von der Drehzahl und dem Drehmo- ment ist. Die Optimierung seiner Arbeitsweise birgt nicht zuletzt deshalb ein großes Potenzial. Der Verbrennungsmotor stellt ein komplexes und ein stark nichtlineares dy- namisches System dar. In der Praxis der Betriebsstrategieauslegung bedient man sich oft einfacher Motormodelle, die auf Basis einer stationären Kenn- feldvermessung erstellt werden. Dabei wird der Fehler, der bei dem Startvor- gang sowie dem Wechsel der Betriebspunkte entsteht, vernachlässigt. Eine bessere Berücksichtigung der dynamischen Effekte ermöglicht eine realisti- schere Abschätzung der Energieflüsse und somit eine stärkere Aussagekraft bei der Auslegung der Betriebsstrategien. Ein weiteres Merkmal liegt in der Berücksichtigung des thermischen Zustandes des Verbrennungsmotors. Die Betriebstemperaturen spielen eine erhebliche Rolle bei der Berechnung der Leistung, des Kraftstoffverbrauchs sowie der Emissionen. Besonders in ei- nem Hybridfahrzeug kann es während des Betriebs zu mehreren Start-Stopp Vorgängen kommen, dabei kann eine genauere Berücksichtigung der Tem- peraturentwicklung eine entscheidende Rolle spielen. In der Praxis wird oft mit einem Kaltstartfaktor gearbeitet, der sehr pauschal die Auswirkung der Betriebstemperaturen berücksichtigt. Eine Modellierung und Berücksichti- gung der entsprechenden Betriebstemperaturen beim Kaltstart, Warmlauf und beim Abkühlverhalten tragen erheblich zu dem hier vorgeschlagenen Ent- wicklungskonzept bei. Durch die Vorgabe von Drehzahl- bzw. Drehmoment- profilen als Eingangsgrößen des Motormodells, sowie von konstanten Um- 113 gebungsbedingungen, kann mit dem Simulationsmodell eine virtuelle Fahrt durchgeführt werden. Am Ende werden dann die entstandenen Emissionen, sowie der Energie- und Kraftstoffbedarf bilanziert. Eine ideale Betriebsstrate- gie wird über einen Optimierungsalgorithmus ermittelt. Dies geschieht durch virtuelle Versuche mit einem Gesamtsimulationsmodell unter Einhaltung von vorher definierten Effizienzkriterien. Eine Betriebsstrategie besteht in erster Linie aus einer Sollwertvorgabe der gewünschten Drehzahl- bzw. Drehmomentverläufe nSoll(t) bzw. MSoll(t). Die Sollprofile setzen sich aus einzelnen Teilabschnitten zusammen. Sie lassen sich in drei Phasen unterteilen: • Startvorgang • stationäre Betriebspunkte • Wechsel zwischen den Betriebspunkten Zusätzlich werden charakteristische Merkmale {c1n, . . . , cNnn } ∈ Cn {c1M , . . . , cNMM } ∈ CM (4.10) definiert, wobei c1n bis cNnn sowie c1M bis cNMM die einzelne Merkmalle, mit Nn und NM Anzahl der Merkmale, darstellen. Unter deren Variation lässt sich eine flexible Gestaltung der Drehzahl- sowie Drehmomenttrajektorien nSoll(t) bzw. MSoll(t) ableiten nSoll(t) = fnSoll(Cn) MSoll(t) = fMSoll(CM). (4.11) Parallel zur Bestimmung der Sollprofile besteht eine zusätzliche Aufgabe in der Bestimmung optimaler Betriebsparameter des Verbrennungsmotors. Der Fortschritt bei der Motorentwicklung in konventionellen Fahrzeugen hat zu einer hohen Anzahl an unterschiedlichen Variabilitäten geführt. Mit deren Hilfe kann der Verbrennungsprozess in einem möglichst breiten Kennfeldbe- reich optimal gesteuert werden. Dazu zählen z.B. der vollvariable Ventiltrieb, die verstellbare Länge des Saugrohrs, die Direkteinspritzung und andere Maß- nahmen. In einem seriellen Hybridkonzept dagegen kann der Betriebsbereich, in dem der Verbrennungsmotor arbeitet, deutlich eingeschränkt werden. Der Motor kann dadurch deutlich einfacher und somit kostengünstiger gebaut werden. Die Bestimmung der richtigen Einstellung solcher Parameter kann 114 somit von dem Optimierungsalgorithmus ebenfalls übernommen werden {p1, . . . , pNp} ∈ PVM . (4.12) PVM stellt dabei eine Menge einzelner Parameter p1 bis pNp, mit Np die An- zahl der Parameter, dar. Im Test wird der Verbrennungsmotor entlang der generierten Trajektorien nSoll(t) bzw. MSoll(t) und gewählter Parameterein- stellung PVM betrieben und am Ende einer Bewertung unterzogen. Bewertet werden die abgegebene Energiemenge am Generator EGen, die Kraftstoffmas- se mKr sowie die Masse der emittierten Schadstoffe mNOx, mHC und mCO. Es handelt sich dabei um eine Mehrgrößenoptimierung, die mit Hilfe der geeigneten Kostenfunktion K die Gesamtkosten K = fK(EGen,mKr,mNOx,mHC ,mCO) (4.13) berechnet. Das Ziel der Optimierung besteht nun in der Variation der charakteristischen Merkmale Cn und CM sowie den Betriebsparametern PVM mit der Aufgabe die Kosten zu minimieren min︸ ︷︷ ︸ (Cn,CM ,P ) → {Cn,Opt, CM,Opt, PVM,Opt}. (4.14) Es resultiert am Ende eine optimale Sollwertvorgabe nSoll(t) bzw. MSoll(t) nSoll,Opt(t) = fnSoll(Cn,Opt) MSoll,Opt(t) = fMSoll(CM,Opt). (4.15) für den Verbrennungsmotor bei einer bestmöglichen Einstellung der Betrieb- sparameter PVM,Opt. Die Suche nach einem Optimum in einem hochdimensionalen Eingangsraum kann mit Hilfe nichtlinearer Optimierungsmethoden durchgeführt werden. Die Voraussetzung dafür ist eine stetige und differenzierbare Kostenfunktion K, die nach den einzelnen Parametern partiell abgeleitet werden kann und die einen hohen mathematischen Aufwand mit sich bringt. Eine Alternati- ve besteht in genetischen Suchalgorithmen, wie z.B. das Downhill-Simplex- Verfahren nach Nelder und Mead [LRWW98]. Der Vorteil dieses Verfahrens ist ein geringerer Aufwand, da der Algorithmus ohne Ableitungen nach Pa- rameter auskommt. Das Verfahren ist allerdings rechenzeitintensiver, da die Findung des Minimums einiger Korrekturen bedarf. Durch eine sinnvolle Vor- gabe der Startbedingung kann der Optimierungsalgorithmus selbständig die 115 unterschiedlichen Trajektorien generieren und unter verschiedenen Einstel- lungen der Variabilitäten des Verbrennungsmotors die virtuellen Tests durch- führen. Die abschließende Bewertung gibt Anhaltspunkte über die Effizienz der gewählten Kombination. 4.3 Betriebsstrategie Mit Hilfe der oben vorgestellten Methode zur Herleitung einer optimalen Be- triebsstrategie wird hier ein Anwendungsbeispiel gezeigt. Der Betrieb eines Verbrennungsmotors in einem seriellen Hybridkonzept zur Bereitstellung von elektrischer Energie soll effizienter gestaltet werden. Optimiert werden da- bei die Betriebstrajektorie sowie die Einstellung der freien Parameter eines Verbrennungsmotors. Als Bewertungskriterium dient der neue europäische Fahrzyklus (NEFZ). Eine der Randbedingungen legt eine konstante Menge an elektrischer Energie ENEFZ fest, die in der Batterie während des Fahrzyklus eingespeist werden soll ENEFZ = tNEFZ,Ende∫ t=0 (PGen(t))dt. (4.16) Der Verbrennungsmotor ist direkt mit einer Generatoreinheit verbunden, die auch als elektrischer Motor fungieren kann. Im letzten Fall wird berücksich- tigt, dass der Generator beim Startvorgang, oder auch zum schnelleren Be- triebspunktwechsel als Motor arbeitet und Leistung verbraucht. Im ersten Schritt des Verfahrens wird eine geeignete Gesamtkostenfunktion K aufgestellt, die aus mehreren Komponenten besteht. Da die zu erzeugende Energiemenge ENEFZ konstant ist, muss in erster Linie der Verbrauch mKr minimiert werden. Er stellt somit die ersten Teilkosten Kkr dar Kkr = mKr = tNEFZ,Ende∫ t=0 (m˙Kr(t))dt. (4.17) Die weiteren Kostenanteile berücksichtigen den Schadstoffausstoß. Bewer- tet wird dabei die Gesamtmasse der einzelnen Komponenten: Stickstoffoxide (NOx) mNOx, unverbrannte Kohlenwasserstoffe (HC) mHC und Kohlenmon- oxid (CO) mCO, die während des Tests in die Umgebung emittiert werden 116 mNOx = tNEFZ,Ende∫ t=0 (m˙NOx(t))dt mHC = tNEFZ,Ende∫ t=0 (m˙HC(t))dt mCO = tNEFZ,Ende∫ t=0 (m˙CO(t))dt. (4.18) Bei der Aufstellung der Teilkosten ist entscheidend, dass die gesetzlichen Grenzwerte mNOx,max, mHC,max und mCO,max am Ende des Fahrzyklus nicht überschritten werden. Sind die zulässigen Höchstwerte überschritten mNOx > mNOx,max mHC > mHC,max mCO > mCO,max (4.19) so müssen die Kosten groß genug gesetzt werden, in anderem Fall sind sie gleich Null KHC = Kgross ∀ mHC > mHC,max KHC = 0 ∀ mHC ≤ mHC,max (4.20) Das gleiche gilt für KNOx und KCO. Die Gesamtkostenfunktion setzt sich wie folgt zusammen: K = Kkr +KNOx +KHC +KCO. (4.21) Im zweiten Schritt des Verfahrens werden die charakteristischen Merkmale Cn und CM (vgl. Gl. 4.10) mit den dazugehörigen Funktionen fnSoll und fMSoll (vgl. Gl. 4.11) definiert. Mit ihrer Hilfe werden dann die Sollverläufe nSoll(t) und MSoll(t) generiert. Es erfolgt ebenfalls die Festlegung der Betriebspara- meter des Verbrennungsmotors PVM (Gl. 4.12). Im folgenden Beispiel (Abb. 4.2) wird eine mögliche Variante zur Erstel- lung einer Betriebstrajektorie nSoll(t) und MSoll(t) vorgeführt. Die Sollprofile setzen sich aus drei Teilabschnitten zusammen. Dazu gehören Startvorgang, stationäre Betriebspunkte, sowie transiente Übergänge beim Betriebspunkt- wechsel. Der Startvorgang besteht aus zwei Phasen. Zuerst wird der Verbrennungsmo- 117 1 Trn 1 TrM 2 TrM 1 Trt 0 1000 2000 3000 D r e h z a h l 0 0 50 100 150 200 Zeit D r e h m o m e n t Start Vorgang Stationärer Betriebspunkt 1 2 Trn Betriebspunkt- wechsel 4000 Stationärer Betriebspunkt 2 Zündung 1 Mt schn 2 Hn 2 HM 1 WM 1 Wn 1 Hn 1 HM 3 Mt 2 Mt 1 nt 3 nt 2 nt 4 Mt 6 Mt 5 Mt 4 nt 6 nt 5 nt 2 Wn 2 WM Bild 4.2: Drehzahl-, Drehmomentsolltrajektorien tor ungezündet bis zu einer Drehzahl nsch hochgeschleppt. Nach dem Errei- chen der Schleppdrehzahl erfolgt die Kraftstoffeinspritzung mit darauf fol- gender Zündung des Luft-Kraftstoffgemisches. Anschließend wird zu dem ersten stationären Betriebspunkt [n1Tr,M1Tr] hochgefahren. Die dazugehöri- ge Trajektorie besteht aus dem Drehzahlverlauf mit den charakteristischen Punkten [t1n, n1H , t2n, n2H , t3n, n1Tr] und einem Drehmomentverlauf mit dazugehö- rigen charakteristischen Punkten [t1M ,M1H , t2M ,M2H , t3M ,M1Tr]. Zwischen diesen Stützstellen kann entweder linear oder mit Hilfe der quadratischen Splines interpoliert werden. Beim letzteren ergibt sich ein glatter Verlauf. Die An- zahl der Zwischenschritte kann beliebig erweitert werden. Durch die Variation dieser Merkmale kann ein beliebiger Verlauf generiert werden, der unter Mi- nimierung der Kosten optimiert werden kann. Bei dem stationären Betriebspunkt [n1Tr,M1Tr] handelt es sich um einen Punkt, der auf der Trajektorie des geringsten Verbrauches und nach Möglichkeit im Verbrauchsbestpunkt liegt. Der Verlauf der Trajektorie ist von mehren Ein- flüssen abhängig. In der Abb. 4.3 werden beispielhaft minimale Verbräche in Abhängigkeit der Leistung P bei unterschiedlichen Temperaturen ϑKW und der Stellung der Auslassnockenwelle ϕANW gezeigt. Die Trajektorie des geringsten Verbrauches wird aus dem Modell des Ver- brennungsmotors abgeleitet. Dazu gehören Drehzahl nTr sowie Drehmoment MTr, die in Abhängigkeit der Leistung P , Motortemperatur ϑKW sowie der 118 240 260 280 300 V e r b r a u c h [ g / k W h ] 30 °C 60 °C 90 °C Variation der Motortemperatur Verbrauchsbestpunkt 20 30 40 50 60 70 80 90 100 245 250 255 260 265 270 275 0 °KW 20 °KW 40 °KW V e r b r a u c h [ g / k W h ] Leistung [kW] Variation der Auslassnockenwelle Bild 4.3: Trajektorie des geringsten Verbrauches in Abhängigkeit der Motortemperatur und Stellung der Auslassnockenwelle Steuerzeiten der Einlass- ϕENW sowie Auslassnockenwelle ϕANW nTr = fn,Tr(P, ϑKW , ϕENW , ϕANW ) MTr = fM,Tr(P, ϑKW , ϕENW , ϕANW ) (4.22) mit Hilfe der Funktionen fn,Tr und fM,Tr berechnet werden. Eine andere Funk- tion fP,Best berechnet ebenfalls in Abhängigkeit der Motortemperatur ϑKW und der Steuerzeiten der Einlass- ϕENW sowie Auslassnockenwelle ϕANW die Leistung PBest, bei der der geringste Kraftstoffverbrauch vorliegt. PBest = fP,Best(ϑKW , ϕENW , ϕANW ). (4.23) Eingesetzt in die Gleichung 4.22 kann entsprechend die Drehzahl nBest sowie der Drehmoment MBest im Verbrauchsbestpunkt berechnet werden nBest = fn,Tr(PBest, ϑKW , ϕENW , ϕANW ) MBest = fM,Tr(PBest, ϑKW , ϕENW , ϕANW ) (4.24) Während des Betriebs muss daher der Verbrauchsbestpunkt mit dem Erwär- men des Verbrennungsmotors nachgeführt werden.(Abb. 4.4) Die Motortem- peratur wird ebenfalls im Motormodell separat berechnet. Die Untersuchungen zum Schadstoffausstoß auf der Trajektorie des gerings- 119 20 30 40 50 60 70 80 90 44 46 48 50 52 54 Temperatur [°C] L e i s t u n g [ k W ] Verbrauchsbestpunkt Bild 4.4: Verbrauchsbestpunkt in Abhängigkeit der Motortemperatur ten Verbrauches (Abb. 4.5) zeigen, dass das Minimum der normierten Schad- stoffmenge aller Komponenten bei den höheren Leistungen, verglichen zum Verbrauchsbestpunkt, liegt. Durch die Addition eines Leistungsoffset Poffs zur Bestpunktleistung PBest wird dem Optimierungsalgorithmus die Mög- lichkeit gegeben, sich auf der Trajektorie des geringsten Verbrauches frei zu bewegen und nach Bedarf sich in die Richtung der Emissionsbestpunkte zu verschieben. nTr = fn,Tr([PBest + Poffs], ϑKW , ϕENW , ϕANW ) MTr = fM,Tr([PBest + Poffs], ϑKW , ϕENW , ϕANW ) (4.25) Durch die Vorgabe mehrerer stationärer Betriebspunkte kann die Betriebstra- jektorie flexibel gestaltet werden. In dem Beispiel Abb. 4.2 sind es zwei Punk- te: [n1Tr,M1Tr] und [n2Tr,M2Tr]. Die Übergänge zwischen den Betriebspunkten können ähnlich wie beim Start- vorgang mit Hilfe mehrerer Drehzahl- und Drehmomentfolgen mit entspre- chenden Übergangszeiten frei gestaltet werden. In der Abbildung 4.2 sind die Drehzahl- [t4n, n1W , t5n, n2W , t6n] sowie Drehmomentfolgen [t4M ,M1W , t5M ,M2W , t6M ] darstellt. Die Vorgehensweise ist der beim Startvorgang ähnlich. Zuletzt werden die Betriebsparameter des Verbrennungsmotors definiert. In diesem Beispiel sind es die Steuerzeiten der Einlass- ϕENW und Auslassno- ckenwelle ϕANW . Der Stellwinkel der beiden spielt eine wichtige Rolle bei dem Kraftstoffverbrauch und Emissionsausstoß des Verbrennungsmotors. Die Abb. 4.6 zeigt das Verhalten des Verbrennungsmotors im Verbrauchsbest- punkt unter Variation der Auslassnockenwelle ϕANW . Die Aufgabe des Optimierungsalgorithmus besteht darin, eine optimale Ein- 120 5 10 15 20 H C [ m g / k W s ] 30 °C 60 °C 90 °C 4 5 6 N O [ m g / k W s ] 20 30 40 50 60 70 80 90 100 8 10 12 C O [ m g / k W s ] Leistung [kW] Bild 4.5: Schadstoffe auf der Trajektorie des geringsten Verbrauches in Abhängigkeit der Motortemperatur stellung dieser Betriebsparameter zu finden. Sie stellen zusätzliche Stellgrößen bei der Gesamtoptimierungsaufgabe dar {ϕENW , ϕANW} ∈ PVM . (4.26) Somit setzt sich der gesamte Vektor der charakteristischen Merkmale zu {nsch, n1H , t1n, n2H , t2n, n1Tr, t3n, t1Tr, n1W , t4n, n2W , t5n, n2Tr, t6n} ∈ Cn {M 1H , t1M ,M2H , t2M ,M1Tr, t3M ,M1W , t4M ,M2W , t5M ,M2Tr, t6M} ∈ CM {ϕENW , ϕANW} ∈ PVM (4.27) zusammen. Die Kostenfunktion (Gl. 4.21) wird dann nach der Vorschrift (Gl. 4.14) unter Variation der charakteristischen Merkmale (Gl. 4.27) minimiert. (Abb. 4.7) Es empfiehlt sich in Anbetracht der Rechenzeit, die Suche nach einer opti- malen Betriebsstrategie in mehreren Stufen durchzuführen. Angefangen mit wenigen charakteristischen Merkmalen im initialen Durchlauf, kann durch sukzessive Erhöhung der Merkmale der resultierende Verlauf weiter verfei- nert werden. 121 246 248 250 252 V e rb ra u ch [ g /k W h ] 5 5.5 6 6.5 7 H C [ m g / k W s] 5.7 5.75 5.8 N O [ m g / k W s] 0 5 10 15 20 25 30 35 40 10.3 10.4 10.5 10.6 C O [ m g /k W s] Auslassnockenwelle [°KW] Bild 4.6: Schadstoffe im Verbrauchsbestpunkt in Abhängigkeit der Stellung der Auslassno- ckenwelle 122 1 2 3 4 17 18 19 20 21 22 23 K o s t e n Iterationen Kosten Iterationen K o s t e n Bild 4.7: iteratives Vorgehen bei Minimierung der Kostenfunktion 123 5 Zusammenfassung und Ausblick In der vorliegenden Arbeit wurden Simulationsmodelle der wichtigsten Schad- stoffkomponenten bei einer ottomotorischen Verbrennung erstellt. Die Model- le sind in der Lage, den zugrunde liegenden chemischen Prozess in Echtzeit zu berechnen und werden in einer HiL - Simulationsumgebung eingesetzt. Die Arbeit beginnt mit der Herleitung von allgemeingültigen Methoden zur Versuchsplanung und echtzeitfähiger Modellierung komplexer dynamischer Pro- zesse. Der Schwerpunkt liegt dabei in der Ableitung einer konsequent struk- turierten Vorgehensweise bei der Modellerstellung, die für den Einsatz in einem HiL Simulator geeignet ist. Dabei wird ein Weg von der Versuchspla- nung bis zur Erstellung eines fertigen Modells aufgezeigt. Demzufolge wird ein zunächst unübersichtlich und komplex erscheinender Prozess durch sys- tematische Vorgehensweise in seinem Schwierigkeitsgrad anfangs reduziert, um hinterher wieder im vollen Umfang schrittweise aufgebaut zu werden. Die einzelnen Einflüsse werden separiert, um sie dann mit wenigen Messdaten bes- ser modelltechnisch nachbilden zu können. Durch das sog. „Durchleuchten“ des Prozesses gewinnt man auch deutlich an allgemeinem Prozessverständnis und kann somit die komplexen Zusammenhänge besser nachvollziehen. Die beschriebene Vorgehensweise der Prozessstrukturierung gilt auch für die Ver- suchsplanung, die dadurch auch in einfachen Schritten aufeinander aufbau- end gestaltet werden kann. In diesem Zusammenhang spricht man auch von einer strukturierten Versuchsplanung bzw. Modellbildung. Zum Abgleichen der einzelnen Teilmodelle werden Messdaten benötigt, die aus den geplan- ten Versuchsreihen generiert werden. Dabei werden bei der Versuchsplanung die Besonderheiten jedes einzelnen Teilmodells berücksichtigt. Es werden zu einem die bewährten Methoden der klassischen Versuchsplanung (DoE) ein- gesetzt. Zu anderem wird bei den stark nichtlinearen Black Box Modellen ergänzend eine iterative Vorgehensweise (iDoE) vorgeschlagen. Die Mächtig- keit dieses Ansatzes kommt besonders bei stark nichtlinearen Prozessen oder auch bei Unkenntnis des ungehfähren Prozessverhaltens im interessierenden Eingangsraum zum tragen. Der Ansatz der iterativen Versuchsplanung ist am besten geeignet, um ihn bei den Prüfstandsautomatisierungssystemen ein- zusetzen, die eine online Auswertung der Messdaten vornehmen. Der kann 124 aus der Analyse der bereits vorhandenen Stützstellen einen Vorschlag zur weiteren Vermessung generieren. Ein Verfahren einer diskreten evidenten In- terpolation (DEI) dient dabei als Basis zur iterativen Versuchsplanung und wird auch beim Training der neuronalen Netzte mit großem Erfolg eingesetzt. Mit dem DEI - Verfahren erfolgt im Prinzip ein gesteuertes Anlernen eines neuronalen Netzes mit Hilfe zusätzlich erzeugter Punkte im Interpolationsbe- reich. So lässt sich das komplexe nichtlineare Prozessverhalten in stationären Betriebspunkten auch bei minimalem Messaufwand gut nachbilden. Neuro- nale Netze weisen sich durch ihre Anpassungsfähigkeit wieder einmal als gute Funktionsapproximatoren aus, die bei stark nichtlinearen Prozessen eine hohe Approximationsgüte erreichen. Das ansonsten häufig unplausible Verhalten neuronaler Approximatoren im Interpolationsbereich, besonders bei einer ho- hen Anzahl an Neuronen in der verdeckten Schicht, wird hierdurch zuverlässig verhindert. Im zweiten Teil der Arbeit werden dynamische Konzentrationsverläufe aus- gewählter Abgaskomponenten nachgebildet. Dazu zählen die unverbrannten Kohlenwasserstoffe (HC), das Stickstoffmonoxid (NO) sowie das Kohlenmon- oxid (CO). Die vorgestellten Modelle simulieren in Echtzeit die Entstehung der Schadstoffe für den Kaltstart samt anschließender Warmlaufphase bis hin zu leicht überhöhten Temperaturen des Kühlmittels (ca. 105 ◦C). Damit lassen sich die Konzentrationen der genannten Schadstoffe für weite Tempe- raturbereiche vorhersagen. Die Modelle sind somit für die Untersuchungen der Schadstoffentstehung beim Kaltstart, sowie für die Heißkühlung eines Ottomotors geeignet. Ein anderer wichtiger Aspekt stellt nicht nur die Nach- bildung eines stationären, sondern auch eines dynamischen Modellverhaltens in den transienten Betriebsphasen des Verbrennungsmotors dar. Die konse- quente Anwendung der im ersten Teil der Arbeit vorgestellten Methoden erlaubt die Berücksichtigung einer großen Anzahl der Prozesseinflussgrößen bei hoher Simulationsqualität. Durch eine physikalisch motivierte Modell- struktur erhöht sich auch die Generalisierungsfähigkeit der Prozessnachbil- dung. Der Einfluss der einzelnen Einflussgrößen kann damit ebenfalls besser nachvollzogen werden. Besonders bei der Nachbildung der Schadstoffe konnte die Effektivität der Ansätze gezeigt werden, da die Entstehungsprozesse der genannten Abgaskomponenten sich durch hohe Komplexität der chemischen Reaktionsgleichungen auszeichnen. Darüber hinaus weisen sie ein stark nicht- lineares Prozessverhalten auf, welches in Abhängigkeit vieler Einflussgrößen und deren Wechselwirkungen geprägt ist. Trotz dieser Umstände konnte die Echtzeitfähigkeit und hohe Simulationsgüte der Modellansätze gewährleis- tet werden und wurde auf dem HiL Simulator (Abb. 5.1) verifiziert. HiL- 125 Bild 5.1: HiL - Simulation auf einem CARTS-System Simulatoren ermöglichen eine kostengünstige Grundapplikation der Steuerge- räte unter reproduzierbaren Bedingungen. Um dieses Entwicklungswerkzeug effizient einsetzen zu können, sind neben den üblichen Motorkenngrößen ins- besondere Kenntnisse der Abgasemission unerlässlich. Die hier entwickelten Schadstoffmodelle werden in das Gesamtmodell des Verbrennungsmotors in- tegriert. Das Gesamtmodell wurde bereits in [PSL+04b] und [PST+08] auf einem HiL-Simulator implementiert und im Verbund mit einem originalen Steuergerät überprüft. So bietet die Nachbildung der Schadstoffe auf einem HiL-Simulator ein erhebliches Potenzial, um bei der ECU-Kalibrierung Um- fang und Kosten zu reduzieren. Bei der Ermittlung optimaler Regelungs- strategien bietet sich hiermit die Möglichkeit, eine Emissionsreduzierung als weitere Zielgröße unmittelbar einzubinden. Ein wichtiger Aspekt bei der Nachbildung der verbrennungsmotorischen Pro- zesse stellt die Fähigkeit des Modells, den simulierten Prozessverlauf auf an- dere Motoren zu skalieren dar. Dadurch lässt sich der Aufwand einer Model- lanpassung bei einem Motorwechsel wesentlich reduzieren. Die bestehenden Modellstrukturen werden dann durch die Änderung der konstruktiven Para- meter an einen anderen Motor angepasst. Um die Skalierbarkeit der Schad- stoffmodelle zu überprüfen, ist mindestens noch ein Aggregat erforderlich, 126 an dem die Übertragung verifiziert werden kann. Mangels einer eingehenden Untersuchung an einem weiteren Verbrennungsmotor konnte dieser Aspekt in der vorliegenden Arbeit nicht berücksichtigt werden und kann Gegenstand weiterer Arbeit werden. Allgemein lässt sich aber behaupten, dass durch die Anwendung der Methode einer strukturierten Prozessnachbildung sich die Skalierung der Modelle einfacher realisieren lässt, als bei reinen Black Box Modellen. Das Prozessverhalten ist durch die Wahl geeigneter Basisfunktio- nen einzelner Einflüsse in ihrem Grundverhalten vorgegeben. Die Variation dieser Eingänge bei einem anderen Motor verursacht ein ähnliches Prozessver- halten. Bei einer Anpassung der Modellstrukturen auf einen anderen Motor müssen dann wenige zusätzliche Messungen an einem neuen Aggregat durch- geführt werden, um die entsprechenden Parameterfunktionen anzupassen. Die Anwendung der Schadstoffmodelle findet bei der Optimierung der Be- triebsstrategien im Hybridfahrzeug statt. Die Betriebsstrategie in elektrifi- zierten Fahrzeugkonzepten muss eine effiziente Aufteilung der zur Verfügung stehenden Energie vornehmen und nimmt somit eine Schlüsselposition im globalen Energiemanagement in Hybridfahrzeugen ein. Die hierzu erforder- liche Kalibrierung stellt eine schwierige und aufwendig zu lösende Aufgabe dar. Zur Lösung der Aufgabe bieten sich modellbasierte Verfahren an, die vor allem unter Verwendung dynamischer und kaltstartfähiger Modelle eine hohe Ausgabequalität ermöglichen. 127 6 Anhang 6.1 Bestimmtheitsmaß Das Bestimmtheitsmaß R2 gibt den Anteil der durch das Modell y(k) erklär- ten Streuung an [Was05] [UM08]. R2 := M∑ k=1 (y(k)− yp(k))2 M∑ k=1 (yp(k)− yp(k))2 (6.1) mit yp(k) dem Prozessausgang und k = 1, . . . ,M , wobei M die Anzahl der Messpunkte darstellt. 6.2 Sum-Squared-Error (SSE) Normierte Summe der Quadratabweichungen [Win02]: SSE := 1 max k |yp(k)| √√√√√ 1 M M∑ k=1 (yp(k)− y(k))2 (6.2) yp(k) - Prozess, y(k) - Modellausgang, k = 1, . . . ,M - Messpunkte, wobei M die Anzahl der Messpunkte darstellt. 6.3 rel. maximaler Fehler Maximaler relativer Fehler [Win02]: MaxErr := max k |yp(k)− y(k)| max k |yp(k)| (6.3) 128 yp(k) - Prozess, y(k) - Modellausgang, k = 1, . . . ,M - Messpunkte, wobei M die Anzahl der Messpunkte darstellt. 129 Literaturverzeichnis [BS02] Basshuysen, R. van ; Schäfer, F.: Handbuch Verbrennungs- motor. 2. 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In: SAE International Congress, SAE Nr. 2007-01-1345, Detroit(USA) (April 2007) 133 Betreute Arbeiten Die Betreuung der unten aufgeführten Diplomarbeiten erfolgte im Rahmen meiner Promotion im Institut für Elektrische Energie und Antriebstechnik (IEE-AT) an der Universität Kassel. Bass, Kostyantyn: „Automatisierung der Messbereichsanpassung einer hoch- dynamischen Abgasmessanlage in Verbindung mit der Moddelierung von HC- Konzentrationen“, Universität Kassel, Diplomarbeit, 2009 Bass, Yuriy: „Modellierung hochdynamischer NOx - Konzentrationsverläufe bei einer ottomotorischen Verbrennung zum Einsatz in einer HiL - Simulati- onsumgebung“, Universität Kassel, Diplomarbeit, 2010 135 Eidesstattliche Erklärung Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Dissertation selbständig und ohne unerlaubte Hilfe angefertigt und andere als die in der Dissertation an- gegebenen Hilfsmittel nicht benutzt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus veröffentlichten oder unver- öffentlichten Schriften entnommen sind, habe ich als solche kenntlich ge- macht. Kein Teil dieser Arbeit ist in einem anderen Promotions- oder Habilitations- verfahren verwendet worden. Kassel, den 15.07.2010 Jurij Schmidgal