Bei dieser Arbeit handelt es sich um eine Wissenschaftliche Hausarbeit, die an der Universität Kassel angefertigt wurde. Die hier veröffentlichte Version kann von der als Prüfungsleistung eingereichten Version geringfügig abweichen. Weitere Wissenschaftliche Hausarbeiten finden Sie hier: https://kobra.bibliothek.uni-kassel.de/handle/urn:nbn:de:hebis:34-2011040837235 Diese Arbeit wurde mit organisatorischer Unterstützung des Zentrums für Lehrerbildung der Universität Kassel veröffentlicht. Informationen zum ZLB finden Sie unter folgendem Link: www.uni-kassel.de/zlb Wissenschaftliche Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien im Fach Geschichte Eingereicht dem Amt für Lehrerbildung Prüfungsstelle Kassel Thema: „Das Internet und die Leugnung des Holocaust. Neue Perspektiven in deutschsprachigen Veröffentlichungen“ Vorgelegt von: Dennis Beismann 2011 Gutachter: Prof. Dr. Friedhelm Boll Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung............................................................................................................1 1.1 Stand der Forschung.....................................................................................3 1.1.1 Publikationen aus den Jahren 1970 bis 1993........................................3 1.1.2 Holocaustleugnende Publikationen im Internet....................................4 1.2 Anlage der Studie.........................................................................................7 1.2.1 Fragestellung.........................................................................................7 1.2.2 Methode................................................................................................8 1.2.3 Begriffsdefinition..................................................................................9 1.2.3.1 Holocaustleugnung...................................................................9 1.2.3.2 Deutschsprachig.....................................................................14 2 Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien......................16 2.1 Analyse der Argumentationsmuster............................................................19 2.1.1 Emil Aretz: „Hexen-Einmal-Eins einer Lüge“...................................19 2.1.2 Thies Christophersen: „Die Auschwitz-Lüge“...................................22 2.1.3 Wilhelm Stäglich: „Der Auschwitz-Mythos“.....................................24 2.1.4 Ingrid Weckert: „,Massentötungen‘ oder Desinformation?“..............30 2.1.5 Germar Rudolf: „Das Rudolf-Gutachten“..........................................33 2.2 Zwischenresümee.......................................................................................38 3 Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet............................42 3.1 Methodische Überlegungen........................................................................44 3.1.1 Das Auffinden holocaustleugnender Inhalte.......................................44 3.1.2 Holocaustleugnende Publikationsformen im World Wide Web..........46 3.1.3 Kriterien für die Auswahl holocaustleugnender Webseiten................50 3.2 Analyse der Argumentationsmuster ausgewählter Online-Publikationen. .53 3.2.1 „Vrij Historisch Onderzoek“...............................................................53 3.2.2 „Metapedia“........................................................................................65 3.2.3 „Altermedia“.......................................................................................70 3.2.4 „National Journal“..............................................................................76 3.2.5 „Reichsbewegung“.............................................................................83 3.2.6 „kreuz.net“..........................................................................................84 3.3 Zwischenresümee.......................................................................................94 4 Resümee und Ausblick.....................................................................................96 5 Literatur- und Quellenverzeichnis...............................................................100 6 Anhang.............................................................................................................112 1. Einleitung 1 1 Einleitung „Was in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts geschehen ist, läßt sich nicht ungeschehen machen. Denn kein Volk kann sich der eigenen Geschichte entziehen und sie verleugnen. Sie ist ein niemals zu leugnendes Erbe. Unsere Kinder, Ihre wie unsere, bleiben die Erben der Vergangenheit.“ Chaim Herzog vor deutschen Juden und Christen in Bergen-Belsen, 1995. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges wird in Deutschland debattiert, wie dieses Erbe in angemessener Weise anzutreten sei. Stets gingen die Meinungen dabei weit auseinander, was sich an zahlreichen historischen Debatten der Bundes- republik nachweisen lässt. Weitaus jüngeren Datums ist hingegen das Bestreben, dieses historische Erbe nicht nur abzulehnen, sondern gänzlich zu verweigern. Die radikalste Spielart dieser Geisteshaltung ist die Behauptung, der nationalsozialisti- sche Völkermord an den europäischen Juden sei eine Erfindung oder zumindest in seiner überlieferten Dimension maßlos übertrieben. Nun ist es aber so, dass Verbrechen solch ungeheuren Ausmaßes Spuren hinterlassen. Unzählige davonge- kommene Opfer, Täter und Zeugen sowie eine erdrückende Masse an Doku- menten und anderen Quellen lassen keine Zweifel an fundamentalen Erkennt- nissen der Holocaustforschung zu. Das weiß auch ein Großteil der deutschen Bevölkerung, sodass diejenigen, die den Holocaust ungeschehen machen wollen, vor einem offensichtlichen Problem stehen. Seit den 1970er Jahren versucht eine sektenartige Minderheit dennoch, das Unmögliche möglich zu machen, und entwirft unermüdlich Manipulations- techniken, mittels derer wissenschaftliche Logik und moralische Verantwortung ausgehebelt werden sollen. Postulate dieser Art finden sich an den Stammtischen und in politischen Reden, vor allem aber im Publikationswesen. Auch der Siegeszug des Internets ging nicht spurlos an den Holocaustleugnern vorbei, vielmehr konnten diese das neue Medium in besonderer Weise für sich nutzbar machen. Mit im Ausland stehenden Servern ist die Szene heute vor strafrecht- 1. Einleitung 2 lichen Zugriffen deutscher Behörden geschützt und kann ihre Theorien un- mittelbar in nahezu jedem Teil der Welt ohne nennenswerte Kosten verfügbar machen. Während sich jedoch die Verbreitungsmöglichkeiten weiterentwickelt und verbessert haben, ist das „Problem“, wie sich die Historie am wirksamsten entstellen oder zumindest verschleiern ließe, auch im Internet geblieben. Welche Argumentationsfiguren werden also in diesem neuen Medium genutzt, um Zweifel an der Tatsachenbasis des nationalsozialistischen Genozids zu streuen? Hat das neue Medium die bisher bekannten Manipulationstechniken verändert? Fragestellungen diese Art sind stets mit dem Problem konfrontiert, dass die unüberschaubare Menge an Beiträgen im World Wide Web zu Einschätzungs- und Messproblemen führt. Im folgenden Beitrag soll daher ein Verfahren entwickelt werden, das es ermöglicht, Aussagen über holocaustleugnende Propaganda in den anarchischen Strukturen des Internets zu ermöglichen. Die konkrete und damit unmittelbar verbundene Absicht ist es, einen offensiven und aufgeklärten Umgang mit dem von Holocaustleugnern verbreiteten Hass im Internet zu fördern. Eine allgemeine und grundsätzliche Motivation ist es, dem Aufruf Herzogs nachzu- kommen, unser Erbe anzutreten und zum Frieden beizutragen. 1. Einleitung 3 1.1 Stand der Forschung 1.1.1 Publikationen aus den Jahren 1970 bis 1993 Die deutschsprachige Holocaustleugnung gilt gemeinhin als gut erforscht; tatsäch- lich liegen nicht wenige Studien über die Protagonisten der Szene und ihre Schriften vor. Ein Teil der erschienenen Publikationen setzt sich mit den Texten „radikaler Revisionisten“ auseinander, ohne im Konkreten deren Postulate zu analysieren und sie der tatsächlichen Quellenlage gegenüberzustellen. Vorwiegend beschreibende Arbeiten liegen vor allem von Wolfgang Benz vor, der sowohl als Autor als auch als Herausgeber wegweisende Untersuchungen vorgelegt hat.1 Weitere Arbeiten dieser Art stammen von Juliane Wetzel,2 Jürgen Zarusky,3 Hermann Langbein,4 Armin Pfahl-Traughber,5 Deborah Lipstadt6 und Michael Shermer/Alex Grobman.7 Seitdem die radikale Leugnung des Holocaust in den 1970er Jahren aufkam, wurde von wissenschaftlicher wie von politischer Seite debattiert, wie mit „radikal revisionistischen“ Schriften umzugehen sei. Einige Stimmen postulierten, die einzige angemessene Art und Weise auf die Entstellungen der Leugner zu 1 Benz, Wolfgang: Die Funktion von Holocaustleugnung und Geschichtsrevisionismus für die rechte Bewegung, in: Braun, Stephan/Geisler, Alexander/Gerster, Martin (Hrsg.): Strategien der extremen Rechten. Hintergründe – Analysen – Antworten, Wiesbaden 2009, S. 404–418. Benz, Wolfgang: „Revisonismus“ in Deutschland, in: Bailer-Galanda/Benz, Wolfgang/Neuge- bauer, Wolfgang (Hrsg.): Die Auschwitzleugner. „Revisionistische“ Geschichtslüge und histo- rische Wahrheit, Berlin 1996, S. 38–41. Ders.: Realitätsverweigerung als antisemitisches Prinzip: Die Leugnung des Völkermords, in ders. (Hrsg.): Antisemitismus in Deutschland. Zur Aktualität eines Vorurteils, München 1995, S. 121–139. Ders.: Holocaustleugnung im Rechts- extremismus, in: ders. (Hrsg.): Judenfeindschaft als Paradigma. Studien zur Vorurteilsfor- schung, Berlin 2002, S. 312–318. 2 Wetzel, Juliane: Die Auschwitzlüge, in: Benz, Wolfgang/Reif-Spirek, Peter: Geschichtsmy- then. Legenden über den Nationalsozialismus, Berlin 2003, S. 27–42. 3 Zarusky, Jürgen: Leugnung des Holocaust. Die antisemitische Strategie nach Auschwitz, in: Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (Hrsg.): Amtliches Mitteilungsblatt, Sonder- ausgabe, Bonn 1999, S. 5–15. 4 Langbein, Hermann: Überblick über die neonazistische Literatur, in: Zeitgeschichte, 1975, Heft 9/10 Juni/Juli, S. 236–242. 5 Pfahl-Traughber, Armin: Die Apologeten der „Auschwitz-Lüge“. Bedeutung und Entwicklung der Holocaust-Leugnung im Rechtsextremismus, in: Backes, Uwe/Jesse, Eckhard (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus und Demokratie, Bd. 8, Bonn 1996, S. 75–101. 6 Lipstadt befasst sich vorwiegend mit radikalen, US-amerikanischen Revisionisten, berührt dabei jedoch auch am Rande die deutschsprachigen Schriften. Sie publizierte eine der wenigen umfangreichen Monografien zum Thema. Siehe: Lipstadt, Deborah: Betrifft Leugnen des Holocaust, Zürich 1994. 7 Auch ihre Monografie thematisiert die internationale Holocaustleugner-Szene in seiner Ge- samtheit und bringt dabei auch deutschsprachige Werke zur Sprache. Siehe: Shermer, Michael/Grobmann, Alex: Denying History. Who says the Holocaust never happenend and why do they say it?, London 2000. 1. Einleitung 4 reagieren, sei es, sie zu ignorieren.8 Dieser Auffassung steht ein großer Kreis von Historikern und Historikerinnen9 entgegen, die zwar nicht empfehlen, mit Leugnern öffentlich zu debattieren, wohl aber, ihre Behauptungen argumentativ zu widerlegen.10 Einige Autoren nehmen konkret Bezug auf die holocaustleugnenden Postulate in deutschsprachigen Texten mit dem Ziel, den propagandistischen Charakter dieser Publikationen sowie ihren manipulativen Umgang mit dem Quellenmaterial als solchen zu entlarven. Als Beispiel für diese Vorgehensweise ließen sich Unter- suchungen von Hermann Graml nennen.11 Hinsichtlich dieser Form der Aufarbei- tung wird in der Breite und in der Tiefe zukünftig noch einiges zu leisten sein. Bei den vorliegenden Arbeiten handelt es sich zumeist um kurze Aufsätze, die exem- plarisch einzelne „radikal revisionistische“ Strategien aufgreifen und diese mit dem seriös aufgearbeiteten Quellenstand konfrontieren. Eine umfassende Aufar- beitung und Widerlegung von Standardwerken der Szene, wie beispielsweise Wilhelm Stäglichs „Auschwitz-Mythos“12, steht noch aus. 1.1.2 Holocaustleugnende Publikationen im Internet13 Bisher liegen keine Studien vor, die gezielt argumentative Strategien deutschspra- chiger Holocaustleugnung im Internet untersuchen. Bei der Informationsbeschaffung ist es daher hilfreich, Literatur zu bibliogra- phieren, die ein verwandtes, meist weiter gefasstes Thema behandelt. Nicht 8 Eberhardt Jäckel im Interview mit dem Deutschlandradio Kultur am 01.02.2007: „Ich habe es immer abgelehnt, mich mit solchen Leugnern des Holocaust, wie sie heißen, überhaupt auch nur auseinanderzusetzen. Man sollte sie mit Nichtachtung strafen.“ Siehe: http://www.dradio.- de/dkultur/sendungen/kulturinterview/588968/ (zuletzt eingesehen am 01.04.2011, 09:37 Uhr). 9 Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wird im Folgenden auf die gleichberechtigte Ausfüh- rung „männlich/weiblich“ verzichtet. 10 Zum Beispiel Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Langbein, Deborah Lipstadt, Pierre Vidal-Naquet etc. 11 Graml hat sich mit vereinzelten Manipulationstechniken in Wilhelm Stäglichs Buch „Der Auschwitz-Mythos. Legende oder Wirklichkeit“ auseinandergesetzt. Siehe Graml, Hermann: Alte und neue Apologeten Hitlers, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsextremismus in Deutschland. Voraussetzungen, Zusammenhänge, Wirkungen, Frankfurt a. M. 1994, S. 30–67. 12 Stäglich, Wilhelm: Der Auschwitz-Mythos. Legende oder Wirklichkeit?, Tübingen 1979. 13 Im allgemeinen Sprachgebrauch sowie in den Medien werden „Internet“ und „World Wide Web“ (WWW) gemeinhin synonym verwendet. Tatsächlich ist das WWW jedoch nur einer von zahlreichen Diensten, die durch das Internet möglich gemacht werden (weitere wären z.B. E-Mail, FTP-search, Chats etc.). Da dieser Unterschied nicht immer bekannt ist, wird im Folgenden nicht auf jeden Fall einer pauschalisierenden Verwendung hingewiesen. Im Titel dieser Studie wurde die Vokabel „Internet“ bevorzugt, da Foreneinträge Gegenstand der Un- tersuchung sein können, die u.U. auch Teil des Usenet und nicht des WWW sind. Zu dem be- schriebenen technischen Aspekten siehe: Tannenbaum, Andrew S.: Computernetzwerke, München 2003. 1. Einleitung 5 wenige Arbeiten liegen zu dem Aspekt „Rechtsextremismus14 im Internet“ vor, in denen das Thema „Revisionismus“ im Allgemeinen oder Holocaustleugnung im Speziellen Erwähnung finden. Für die Untersuchung gegenwärtiger Strukturen im Internet ist es unabdingbar, vorwiegend aktuelle Beiträge zu recherchieren, da sich im Zuge der rasanten Entwicklung des Mediums auch die Inhalte deutlich verän- dert haben. Was 1993 über das Mailboxsystem „Thule-Netz“ geschrieben wurde, hat nur einen geringen Informationswert für Analysen rechtsextremistischer Internet-Propaganda im Jahr 2011. Zahlreiche wichtige und aktuelle Arbeiten zum Thema „Rechtsextremismus im Internet“ liegen von Thomas Pfeiffer15 vor; seine Dissertation enthält ein umfang- reiches Kapitel über die Website von Ernst Zündel.16 Weitere Beiträge stammen von Burkhard Schröder, der vor allem darauf hinweist, dass eine sinnvolle Diskus- sion über die Inhalte des WWW nur auf dem Boden technischer Tatsachen statt- finden kann.17 Stefan Glaser verdeutlicht, dass Rechtsextremismus vor allem für junge Menschen heute eine Erlebniswelt darstellt, in der neue Medien ein zentrale Rolle spielen. Die Beiträge eines von ihm herausgegebenen Bandes legen dar, wie erfolgreich sich die Szene in den vergangenen Jahren bemüht hat, ihre Propaganda so zu ummanteln, dass die Inhalte breitere Akzeptanz unter jugendlichen Subkul- turen finden können. Dabei kommt professionellen Websites, dem kostenlosen Angebot von MP3s sowie einer breiten Vertretung im „Web 2.0“ etc. eine tragende Funktion zu.18 Auch Christoph Busch beschäftigt sich mit der Repräsen- tanz rechtsradikaler (er zieht diese Vokabel dem Begriff „rechtsextremistischer“ vor) Inhalte in den aktuellsten Erscheinungsformen des WWW, wie „YouTube“, 14 Zwar weist der Rechtsextremismus eine hohe Affinität zur Holocaustleugnung auf, jedoch können die motivationalen Hintergründe prinzipiell unterschiedlich und breit gefächert sein. „Radikale Revisionisten“ können durchaus auch Linke (Paul Rassinier), Katholiken (Richard Williamson), Islamisten (Mahmud Ahmadinedschad) oder Juden (Josef G. Burg) sein. 15 Pfeiffer, Thomas: Virtuelle Gegenöffentlichkeit und Ausweg aus dem „rechten Ghetto“. Stra- tegische Funktion des Internets für den deutschen Rechtsextremismus, in: Braun, Stephan/Geisler, Alexander/Gerster, Martin (Hrsg.): Strategien der extremen Rechten. Hinter- gründe – Analysen – Antworten, Wiesbaden 2009, S. 290–309. Ders.: Eine Schnellstraße zum Volk. Die Internationale des Online-Rechtsextremismus, in: Grumke, Thomas/Greven, Thomas: Globalisierter Rechtsextremismus? Die extremistische Rechte in der Ära der Globa- lisierung, Wiesbaden 2006, S. 160–180. 16 Pfeiffer, Thomas: Medien einer neuen sozialen Bewegung von rechts, Bochum 2000. 17 Schröder, Burkhard: Neonazis und Computernetze, Reinbeck 1995. 18 Glaser, Stefan: Dem Hass die Stirn bieten. Medienpädagogische Ansätze zur Auseinanderset- zung mit dem Rechtsextremismus im Internet, in: Glaser, Stefan/Pfeiffer, Thomas: Erlebnis- welt Rechtsextremismus. Menschenverachtung mit Unterhaltungswert, Bonn 2007, S. 107−127. 1. Einleitung 6 „Wikipedia“ und „StudiVZ“.19 Eine Untersuchung von Bernd Nickolay beinhaltet ein Kapitel zur Homepage des „Vrij Historisch Onderzoek“, das unten Gegenstand der Analyse sein wird.20 Einen weiteren wichtigen Aufsatz hat Juliane Wetzel vorgelegt, in dem sie den Stellenwert der Vernetzungsfunktion und der Möglich- keiten des Ideologietransports des WWW für Rechtsextremisten untersucht.21 Ein ebenfalls hilfreiches Schlagwort bei der Recherche kann „Antisemitismus im Internet“ sein. Auch zu diesem Themenkomplex liegt von Wetzel eine zentrale Arbeit vor,22 in der sie einen Überblick über rechtsextreme Internetangebote bietet und herausarbeitet, wie hier antisemitische Stereotype mit modernen WWW- Formaten, wie „MP3“ und „livestream“ verquickt werden. Martin Dietzsch und Anton Maergerle veröffentlichen 1996 – also in einer frühen Phase des Internets – eine Studie, die vor allem auf die Unterschiede hinsichtlich den auseinanderge- henden Auffassungen von Meinungsfreiheit in den USA und in Deutschland abhebt. Die Autoren stellen heraus, dass volksverhetzende Äußerungen in Deutschland sehr viel schneller Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen werden können, als in den USA.23 Schließlich kann Pfeiffer in einem Aufsatz zeigen, dass judenfeindliche Stereotype sowohl auf in- als auch auf ausländischen Seiten weit verbreitet sind. Er schildert die maßgeblichen Erscheinungsformen des Antisemi- tismus und arbeitet heraus, wie sich diese auf den Webseiten rechtsextremer Propagandisten widerspiegeln.24 Als weitere Quellen können die Verfassungsschutzberichte des Bundesministe- riums des Inneren sowie der Landesämter für Verfassungsschutz gesehen werden, 19 Busch, Christoph: Rechtsradikale im Web 2.0. „... take up positions on ,Mainstream‘ groups“, in: Dittler, Ullrich/Hoyer, Michael (Hrsg.): Aufwachen in virtuellen Medienwelten – Chancen und Gefahren digitaler Medien aus medienpsychologischer und medienpädagogischer Sicht, München 2008, S. 223–238. Ders.: Rechtsradikale Vernetzung im Internet, in: WeltTrends Nr. 48, 13. Jahrgang, Potsdam 2005, S. 67–78. Ders.: Rechtsradikalismus im Internet. Grundzüge einer neueren Diskussion, in: Busch, Christoph (Hrsg.): Rechtsradikalismus im Internet, Siegen 2010, S. 11–46. 20 Nickolay, Bernd: Rechtsextremismus im Internet. Ideologisches Publikationsmanagement und Mobilisierungskapital einer rechtsextremen sozialen Bewegung, Würzburg 2000. 21 Wetzel, Juliane: Rechtsextreme Propaganda im Internet. Ideologietransport und Vernetzung, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Auf dem Weg zum Bürgerkrieg? Rechtsextremismus und Gewalt gegen Fremde in Deutschland, Frankfurt a. M. 2001, S. 134–150. 22 Wetzel, Juliane: Antisemitismus im Internet, in: Bailer-Galanda, Brigitte (Hrsg.): Das Netz des Hasses. Rassistische, rechtsextreme und neonazistische Propaganda im Internet, Wien 1997, S. 78–105. 23 Dietzsch, Martin/Maegerle, Anton: Antisemitismus per Mausklick, in: Bailer-Galanda, Brigitte/Benz, Wolfgang/Neugebauer, Wolfgang (Hrsg.): Die Auschwitz-Leugner, Berlin 1996, S. 225–236. 24 Pfeiffer, Thomas: Antisemitismus in Computernetzen. Neue Kommunikationsformen für Rechtsextremisten, in: Sachor, Heft 10, Essen 2000, S. 131–146. 1. Einleitung 7 die seit etwa 2000 auch extremistische Bestrebungen im Internet aufführen. Auch die Organisation „Jugendschutz.net“ veröffentlicht regelmäßig Projektberichte über ihre Arbeit, in denen auch „radikal revisionistische“ Bestrebungen im Internet zur Sprache gebracht werden. Weitere Hinweise sind über den Informa- tionsdienst „Blick nach Rechts“ sowie den Verein „Gegen Vergessen Für Demo- kratie e.V.“ erhältlich. 1.2 Anlage der Studie 1.2.1 Fragestellung Es konnte gezeigt werden, dass die vorliegende Studie ein Terrain beschreitet, das weder ausreichend systematisiert noch wissenschaftlich erschlossen ist. Es ist jedoch der Anspruch des Verfassers, eine erste schmale aber gangbare Bresche in dieses Gebiet zu schlagen und eine verifizierbare Aussage darüber zu treffen. Diesem Unterfangen sind äußerst enge räumliche und zeitökonomische Grenzen gesetzt. Um dennoch, innerhalb dieser Grenzen, zu verwertbaren Ergebnissen zu kommen, gilt es, den Untersuchungsgegenstand so eng zu fassen, dass auch unter den genannten Bedingungen substanzielle Ergebnisse erzielt und dargelegt werden können. Den folgenden Überlegungen liegt die Frage zugrunde: Welche Argumenta- tionsmuster nutzten deutschsprachige, holocaustleugnende Publikationen gegen- wärtig im Internet? Es kann dabei nicht darum gehen, ein umfassendes Portrait der Szene mit all ihren Protagonisten, Kommunikationsformen und Motiven zu zeichnen, weil dieser Versuch im digitalen Sumpf des Word Wide Web untergehen müsste. Da das Internet eine unüberschaubare Informationsmenge bietet, die unentwegt in Bewegung ist und kontinuierlich weiter anwächst, gilt es, einen Zugriff auf die Thematik zu entwickeln und diesen stringent zu Ende zu führen. Doch selbst in diesem eng gesteckten Themenfeld öffnet sich ein breites Spektrum von Aspekten, unter denen sich Arbeitsergebnisse subsumieren lassen. Holocaustleugner beschreiten im Jahr 2011 kein Neuland, vielmehr war die Szene bereits in den 1970er und 1980er Jahren sehr aktiv. In welchem Maße wird heute auf dieses Erbe zurückgegriffen? Oder hat die Szene im Internet vielmehr mit den alten Ansätzen gebrochen und neue entworfen? Ferner: Das Internet ist rasanter und schnelllebiger als die Printmedien der 1970er und 1980er Jahre. Welchen 1. Einleitung 8 Einfluss hat dieser Umstand auf die Formen der Argumentation? Ist es so, dass durch die Nichtexistenz von Lektorat und Publikationskosten die „Überzeugungs- kraft“ der Argumentation nachgelassen hat? Strategiepapiere der radikalen Rechten appellieren an ihre Anhänger, extreme Standpunkte im Internet zu verschleiern und moderat zu argumentieren, um die eigenen Ideen und Wert- haltungen nicht gegenüber dem Mainstream zu diskreditieren.25 Gilt diese Beob- achtung in gleichem Maße für die Leugner des Holocaust; argumentiert die Szene heute gemäßigter als vor 30 bis 40 Jahren? Diese und andere Aspekte lassen sich der hier zugrunde liegenden Leitfrage unterordnen und es gilt, an späterer Stelle auf sie zurückzukommen, mögliche Antworten zu geben und gegenüberzustellen. 1.2.2 Methode Im Zentrum der Untersuchung stehen die Argumentationsmuster gegenwärtiger deutschsprachiger Holocaustleugnung im Internet. Um diese zu operationali- sieren, ist es sinnvoll, Referenzwerte zu erheben, zu denen der Untersuchungsge- genstand in Verhältnis gesetzt werden kann. Es bieten sich Monografien und Peri- odika aus den 1970er, 1980er und den frühen 1990er Jahren an, da die Szene in dieser Zeit eine „Blütezeit“ erlebte und zahlreiche Schriften vorgelegt wurden. Daher wird sich das nächste Hauptkapitel einer Analyse dieser Texte widmen. Ein zweiter Schritt der Befunderhebung widmet sich der Analyse von Argu- mentationsmustern deutschsprachiger holocaustleugnender Publikationen im Internet. Wie bereits oben erwähnt, wird im World Wide Web ein breites Spektrum an Publikationsformen in großer Menge bedient. Aussagen über dieses Angebot können nur getroffen werden, indem es auf wenige, möglichst repräsentative Texte heruntergebrochen wird, anhand derer exemplarisch gearbeitet werden kann. Welche Merkmale darauf hinweisen, ob ein Beispiel repräsentativ für ein größeres Ganzes sein kann, wird an späterer Stelle zu diskutieren sein. Analog zu der Auswertung von Printmedien ist auch bei den Internet-Publikationen darauf zu achten, dass die verschiedenen Textsorten in ihrer Heterogenität in der Untersu- chung Berücksichtigung finden. Die beiden Kernelemente dieser Untersuchung sind daher zwei empirische Analyseverfahren, deren Ergebnisse abschließend gegenübergestellt werden 25 Kleim, Milton John Jr.: On Tactics and Strategy for USENET. Siehe: http://www.burks.de/tac- tic.html (zuletzt eingesehen am 04.04.2011 um 10:14 Uhr). 1. Einleitung 9 sollen, um mögliche Antworten auf die zugrunde liegende Ausgangsfrage zu geben. Dieser Schritt erfolgt in einem letzten Schlusskapitel. Der oben beschriebene Ansatz vergleicht in unterschiedlichen Medien publi- zierte Texte und fragt nach den Argumentationsmustern, die in ihnen verwendet werden. Diese zunächst einmal leicht nachvollziehbare Vorgehensweise birgt Problematiken, die auf den ersten Blick nicht deutlich werden. Wird jedoch die Argumentation einer dickleibigen Monografie mit derjenigen verglichen, die ein wenige Worte umfassender Kommentar auf „YouTube“ enthält, sinkt die Gültig- keit und Aussagekraft der Arbeitsergebnisse. Damals wie heute gingen die Publi- kationsformen weit auseinander; heute nutzt man WWW-Seiten, Foren und Blogs, früher waren es vorrangig Monografien, Leserbriefe und Zeitschriften. Daher ist es vonnöten, möglichst vergleichbare und repräsentative Objekte auszuwählen und gleichsam die Untersuchung auf eine breite Quellenbasis zu stellen. Wie und nach welchen Kriterien diese Auswahl getroffen wird, ist zu Beginn der ent- sprechenden Kapitel zu erläutern. 1.2.3 Begriffsdefinition 1.2.3.1 Holocaustleugnung In Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand dieser Studie fällt das breite terminologische Spektrum auf, dessen Begrifflichkeiten an einer Stelle das Selbe bezeichnen, an anderer Stelle durchaus Verschiedenes meinen. Als Beispiele für diese vielfältigen Erscheinungsformen lassen sich folgende Begrifflichkeiten nennen: Holocaustleugnung, Rechtfertigungs-Antisemitismus, „Revisionismus“, Negationismus, „Einfache Auschwitz-Lüge“, „Qualifizierte Auschwitz-Lüge“, Trivialisierung des Holocaust, hardcore holocaust-denial... etc. Wenngleich nicht alle Bezeichnungen für diese Untersuchung von Interesse sind, gilt es doch, eine einheitliche Terminologie zu schaffen, die das Gemeinte unkompliziert benennt, ohne dabei in unzulässiger Weise zu vereinfachen. Bei der Untersuchung apologetischer Schriften nach 1945 tritt zunächst der Begriff „Revisionismus“ in Erscheinung. Hervorgegangen ist dieser aus einem völlig anderen Kontext, beschrieb er doch an der Schwelle zum 19. Jahrhundert eine Auseinandersetzung innerhalb der SPD um die programmatische Ausrichtung 1. Einleitung 10 der Partei.26 Ferner ist unter „Revision“ ein konstituierendes Element der Geschichtswissenschaft zu verstehen. Schließlich verlaufen Erkenntnisprozesse hier stets diskursiv und in Endlosschleife, sie gleichen einem Gebäude, dessen Bau nie völlig abgeschlossen wird. Immer wieder treten Aspekte zu Tage, deren Neubewertung lohnenswert erscheint, immer wieder etablieren sich Historiker, deren Interpretation von Teilaspekten eine Bereicherung für das Gesamtbild sein kann. Dieser Umstand ist Grundvoraussetzung für den dynamischen Prozess eines kritischen, reflektierten und differenzierten Geschichtsbildes. Gleichzeitig ermög- licht er seinen massiven Missbrauch. Brigitte Bailer-Galanda: „Wir verstehen darunter [gemeint ist der „Revisionismus“] alle Bemühungen, Geschichte im Sinne einer Verharmlosung, Beschönigung, Rechtfertigung oder Entkriminalisierung des Nationalsozialismus für persönliche, vor allem aber poli- tische Zwecke umzuschreiben bzw. durch Aufrechnung alliierter Grausamkeiten die Verbrechen des Nationalsozialismus zu relativieren.“27 Dieser Auslegung folgend, ergibt sich der Schluss, dass der Begriff „Revisio- nismus“ ein breiteres Themengebiet beschreibt, als das dieser Arbeit zugrunde liegende. Diese Definition schließt auch die Behauptung ein, der Zweite Weltkrieg sei dem Deutschen Reich aufgezwungen worden, und ist somit zu breit angelegt. Die Leugnung des Holocaust ist eine besonders aggressive Ausprägung des „Revi- sionismus“, daher kann die Umschreibung „radikaler Revisionismus“ als treffen- dere Bezeichnung für das hier zu analysierende Phänomen bezeichnet werden. Die alleinige Verwendung der Vokabel „Revisionismus“ meint im Folgenden – Bailer- Galanda folgend – die NS-Apologie in ihrer Gesamtheit. Da die Vokabel euphe- mistisch genutzt wird und die selbst ernannten „Revisionisten“ keine ergebnisof- fene Revision von Forschungsständen anstreben, sondern mit vorgefertigten Befunden operieren, ist in jedem Fall das Setzen von Anführungszeichen ange- zeigt. Das Kompositum „Auschwitz-Lüge“ geht zurück auf eine gleichnamige, Anfang der 1970er Jahre veröffentlichte Broschüre28 von Thies Christophersen. 26 Siehe hierzu: Bernstein, Eduard: Text zum Revisionismus, Bonn 1977. Sowie: Grebing, Helga: Der Revisionismus. Von Bernstein bis zum Prager Frühling, München 1987. 27 Bailer-Galanda, Brigitte: „Revisionismus“ – Pseudowissenschaftliche Propaganda des Rechts- extremismus, in: Bailer-Galanda, Brigitte/Benz, Wolfgang/Neugebauer, Wolfgang (Hrsg.): Wahrheit und „Auschwitzlüge“. Zur Bekämpfung „revisionistischer“ Propaganda, Wien 1995, S. 16. 28 Christophersen, Thies: Die Auschwitz-Lüge. Ein Erlebnisbericht von Thies Christophersen, Mohrkirch 1978. 1. Einleitung 11 Auschwitz war ein Konzentrations- und Vernichtungslager in Polen, das heute als Sinnbild für den nationalsozialistischen Massenmord an den europäischen Juden und anderen Bevölkerungsgruppen steht. Der Begriff „Auschwitz-Lüge“ stellt die Existenz des Lagers nicht in Abrede, wohl aber das damit Assoziierte. Nicht nur in Auschwitz sei es zu keinen vorsätzlichen Massentötungen von Häftlingen gekommen, auch alle weiteren, im Zuge des Holocaust begangenen Verbrechen, seien eine Lüge oder gingen zumindest mit maßlos übertriebenen Opferzahlen einher. Der Terminus bietet jedoch noch Raum für einen zweiten Gedankenschritt, in dem eine Schuldzuweisung erfolgen kann. So wird kolportiert, die Urheber einer „Verleumdungskampagne gegen Deutschland“ seien seine konspirativen und finsteren Erzfeinde, deren Motivation es sei, ihren Gegner finanziell und politisch erpressen zu können.29 Aufgrund der geschilderten Implikationen, die weit über eine unbedenkliche und aufrichtige Kritik an wissenschaftlichen Detailfragen hinausgehen, erscheint die „Auschwitz-Lüge“ als terminologisch ungeeignet für die vorliegende Studie.30 Fest im Sprachgebrauch verankert ist die Bezeichnung „Holocaustleugnung“, deren Bestandteile „Holocaust“ und „leugnen“ unabhängig voneinander proble- matisiert werden können. Ob der Begriff „Holocaust“, der vom griechischen „holókauston“ abgeleitet ist und wörtlich „Brandopfer“ bedeutet, in angemessener Weise das Gemeinte bezeichnet, wird kontrovers debattiert.31 Da sich der Terminus als Bezeichnung für den Völkermord an den europäischen Juden einge- bürgert hat und weltweit verwendet wird,32 ist es nicht sinnvoll, ihn hier zu igno- rieren. Mit dem Verb „leugnen“ wird zum Ausdruck gebracht, dass jemand eine Tat oder einen Sachverhalt bestreitet, in Abrede stellt oder verneint. Sagt das Wort „leugnen“ auch etwas über das Verhältnis des Leugners zu seiner Leugnung aus? 29 Jäckel, Eberhard/Longerich, Peter/Schoeps Julius H. (Hrsg.): Stichwort: Auschwitz-Lüge, in: Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden, Bd. 1, Berlin 1993, S. 122. 30 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Massenmorde der „Einsatzgruppen“ hinter der Front ein Teil der Shoah sind, welcher häufig zu gering eingeschätzt wird. Auch daher ist die Be- schränkung auf das Lager Auschwitz als Sinnbild für den Massenmord der Nationalsozialisten unpassend. 31 Siehe hierzu: Bein, Alex: Die Judenfrage. Biographie eines Weltproblems, Bd. 2, Anmerkun- gen, Exkurse, Register, Stuttgart 1980, S. 300. 32 Ebenso gebräuchlich erscheint – zumeist aus Opferperspektive – der hebräische Ausdruck „Shoah“, welcher jedoch in Zusammenhang mit der Leugnung von NS-Massenmorden kaum benutzt wird. 1. Einleitung 12 Thomas Wandres dazu: „Die Frage, ob Auschwitz-Leugner durchweg entgegen ihrer eigenen Überzeugung – beispielsweise aus politisch-taktischen Gründen – die Tatsachenbasis des Holo- caust angreifen, ist jedoch sehr schwer zu beantworten. Der Terminus des Leugnens verlangt das – zumindest umgangssprachlich – auch nicht. Man spricht auch dann davon, jemand leugne, wenn man ihm nicht absprechen will, von seiner Position subjektiv überzeugt zu sein. Es spricht vieles dafür, daß gerade Auschwitz- Leugner ab einem bestimmten Punkt völlig von ihrer „überwertigen Idee“ beherrscht sind.“33 Diese Auffassung deckt sich mit der Definition von „leugnen“ in Wahrigs Wörter- buch.34 Im Folgenden wird daher sowohl die Rede von „leugnen“ sein, wenn es scheinbar aus politischem Kalkül geschieht, als auch dann, wenn davon auszu- gehen ist, dass der Leugner in wahnhaften Vorstellungswelten lebt. Im Ergebnis liegt nun jeweils eine Begriffsdefinition für jeden Bestandteil des Kompositums „Holocaustleugnung“ vor, die zur Durchführung der vorliegenden Analyse tragfähig und zweckdienlich erscheint. Werden beide Termini zusammen- gefügt, ergibt sich weiterer Klärungsbedarf. Was genau schließt Holocaustleug- nung ein, was nicht? Massentötungen durch Giftgas sind ein zentraler Aspekt, der den pervers-kaltblütigen Charakter der Judenvernichtung ausmacht.35 Sie zu leugnen, muss als totale Holocaustleugnung gewertet werden. Wie verhält es sich aber mit weniger radikalen Versuchen, eine Erosion der Tatsachenbasis des Holo- caust herbeizuführen? Da sich eine totale Leugnung dem Dilemma einer erdrückenden Beweislast von zahllosem Quellenmaterial gegenübersieht, widmen sich viele Rechtsextremisten einer partiellen Leugnung. Zweifel sollen gestreut werden, indem Teilaspekte, wie die Legitimität der Nürnberger-Prozesse, die Gesamtopferzahl sowie die Authentizität der zeitnahen Referenzdokumente ange- zweifelt werden.36 Da das Lancieren derartiger Thesen darauf abzielt, das auf Fakten gegründete Fundament des Völkermords ins Wanken zu bringen, ist auch diese Erscheinungsform als Holocaustleugnung zu werten. 33 Wandres, Thomas: Die Strafbarkeit des Auschwitz-Leugnens, Berlin 2000, S. 23. 34 Wahrig-Burfeind, Renate (Hrsg.): Wahrig. Deutsches Wörterbuch, Gütersloh/München 2008, S. 941. 35 Arndt, Ingo/Scheffler, Wolfgang: Organisierter Massenmord an Juden in nationalsozialisti- schen Vernichtungslagern. Ein Beitrag zur Richtigstellung apologetischer Literatur, in: Vier- teljahrshefte für Zeitgeschichte, 24. Jahrgang, 2. Heft, Stuttgart 1976, S. 106. 36 Jäckel, Eberhard/Longerich, Peter/Schops Julius H. (Hrsg.): a.a.O., S. 122. 1. Einleitung 13 Ein weiteres, jüngeres Phänomen kann als Trivialisierung oder Minimierung des Holocaust beschrieben werden. Durch die inflationäre Verwendung des Wortes „Holocaust“ sollen die singulären Charakteristika des Genozids an den europäischen Juden in Zweifel gezogen werden. Andere, fernab vom Rechtsextre- mismus zu verortende Interessengruppen, nutzen den Begriff, um durch verwandte Wortschöpfungen zu provozieren und Aufmerksamkeit auf sich und ihre Forderungen zu ziehen. Als Beispiele ließe sich nennen: „Atomarer Holo- caust“, „Babycaust“, „Holocaust auf ihrem Teller“ oder „Bombenholocaust“ etc. Radikale Tierschützer und andere Vertreter von Partikularinteressen werden hier nicht als Holocaustleugner definiert, da sich ihre Bestrebungen gegenwärtigen Problemkomplexen widmen. Zwar würdigen sie dabei die ermordeten Juden Europas herab, jedoch ist dies nicht ihre primäre Absicht, sondern wird als Kolla- teralschaden billigend in Kauf genommen. Begriffe wie „Bombenholocaust“ oder „Vertreibungsholocaust“ zielen auf eine Neubewertung von Kriegshandlungen gegen das Deutsche Reich und seine Bevöl- kerung.37 Die Bombardierung Dresdens wird als Kriegsverbrechen gewertet, das mit dem Völkermord des NS-Regimes vergleichbar sei. Durch diesen unzuläs- sigen Vergleich wird der Holocaust relativiert, da als Ergebnis des Vergleichs die Behauptung steht, beide Ereignisse bewegten sich hinsichtlich ihres Ausmaßes in der gleichen Dimension. Zudem werden Ursache und Wirkung verwechselt – die Luftangriffe auf Dresden waren Folge des von Deutschland begonnenen Krieges, die Opfer des Holocaust starben, weil sie Juden waren. Zweifelsfrei ist die Singu- larität des Holocaust Gegenstand kontroverser Debatten, jedoch wird in Kreisen seriöser Historiker als Vergleichsobjekt höchstens der Völkermord an den Arme- niern, die Inquisition oder der Genozid in Ruanda, nicht aber die Bombardierung Dresdens genannt.38 Daher werden derartige Trivialisierungen in unserer Analyse miteinbezogen. 37 Bundesamt für Verfassungsschutz: Argumentationsmuster im rechtsextremistischen Antisemi- tismus. Aktuelle Entwicklungen, Köln 2005, S. 19f. 38 Zur Diskussion um die Singularität des Holocaust siehe die Debatte des Historiker-Streits: Augstein, Rudolf (Hrsg.): „Historikerstreit“. Die Dokumentation der Kontroverse um die Ein- zigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung, München/Zürich 1987. Oder auch: Evans, Richard: Wie einzigartig war die Ermordung der Juden durch die Nationalsozialisten?, in: Morsch, Günter/Perz, Bertrand (Hrsg.): Neue Studien zu nationalsozialistischen Massentö- tungen durch Giftgas. Historische Bedeutung, technische Entwicklung, revisionistische Leugnung, Berlin 2011, S. 1–10. 1. Einleitung 14 1.2.3.2 Deutschsprachig Es ist zu klären, wie der Kreis von Autoren und Publizisten eingegrenzt werden kann, sodass er dem Rahmen dieser Arbeit gerecht wird und gleichzeitig verwert- bare Ergebnisse von inhaltlich qualitativer Substanz entstehen können. Dabei liegt es nahe, sich auf deutschsprachige Publikationen zu beschränken, da dies die Muttersprache des Verfassers ist und somit eine höhere Textkompetenz vorliegt, als es in einer anderen Sprache der Fall wäre. Doch zieht bereits diese Festlegung weitere Fragen nach sich. Wie ist beispiels- weise mit dem Deutsch-Kanadier Ernst Zündel zu verfahren, der seit 53 Jahren in Kanada lebt und die Inhalte seiner stark frequentierten Homepage in sechs verschiedenen Sprachen anbietet?39 Auch der Holocaustleugner Frederick Töben wurde in Deutschland geboren, hat jedoch die australische Staatsbürgerschaft angenommen und stellt seine Veröffentlichungen in mehreren Sprachen auf australischen Servern zur Verfügung.40 Jürgen Graf ist Schweizer, Gerd Honsik Österreicher, beide sind „radikale Revisionisten“. Ausschließlich Veröffent- lichungen deutscher Staatsbürger zu analysieren, würde das Feld massiv eingrenzen und die produktivsten Publizisten fänden so keine Berücksichtigung, wodurch die Repräsentativität der Ergebnisse massiv eingeschränkt werden würde. Ferner: Was bei der Arbeit mit Printmedien, über deren Verfasser häufig Informationen vorliegen, nicht immer einfach ist, wird unmöglich, wenn Aussagen über die Beiträge in Foren und ihre Urheber getroffen werden sollen. Die Nationalität eines Nutzers lässt sich ohne die den Ermittlungsbehörden vorbe- haltenen Möglichkeiten und Befugnisse nicht zweifelsfrei klären. Es bleibt also nur, grundsätzlich jede Form holocaustleugnender Äußerungen miteinzubeziehen, insofern sie in deutscher Sprache abgefasst sind. Einschränkungen können jedoch sehr wohl dann vorgenommen werden, wenn es sich bei Inhalten offensichtlich um Übersetzungen oder mehrsprachige Angebote handelt. Viele US-amerikanische Homepages bieten ihre Angebote auch 39 Darunter auch die englische. Es ist bekannt, dass englische (häufig amerikanische) WWW- Angebote, die dem extremistischen Spektrum zuzuordnen sind, deutlich stärker frequentiert werden als deutsche. Siehe dazu: Landgraf, Rocco/Rehm, Steffi: Rechtsradikale Internetcharts – eine quantitative Inhaltsanalyse, in: Busch, Christoph (Hrsg.): Rechtsradikalismus im Internet, Siegen 2010, S. 244. 40 Ein deutsches Gericht hielt es für erwiesen, dass das Ziel seiner Propaganda auch Deutschland gewesen sei, sodass Töben bei einem Besuch in Deutschland verhaftet wurde und eine zehn- monatige Haft verbüßen musste. Siehe dazu: Körber, Florian: Rechtsradikale Propaganda im Internet – der Fall Töben, Berlin 2003. 1. Einleitung 15 in französischer, spanischer und deutscher Sprache an. Inhalte dieser Art werden in dieser Untersuchung nicht als ursprünglich deutschsprachig definiert und finden daher keine Berücksichtigung. Nicht immer lässt sich jedoch zweifelsfrei klären, in welcher Sprache eine Publikation ursprünglich abgefasst wurde. Die vorhandene Materialfülle lässt es zu, derartige Grenzfälle zu umgehen, ohne das Gesamtbild zu verzerren. Sollte diese Veröffentlichung dennoch im weiteren Verlauf Gegenstand der Studie werden, wird an entsprechender Stelle auf die Problematik hingewiesen. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 16 2 Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit „radikal-revisionistischen“ Monografien und Periodika, die zwischen 1970 bis 1993 in deutscher Sprache erschienen sind. Dabei soll gezeigt werden, welche manipulativen Strategien die Autoren in ihren Texten verwenden, um ihre gefärbten Geschichtsbilder auf eine vermeintliche Tatsachenbasis zu stellen. Die ersten Holocaustleugner waren die Nationalsozialisten selbst, versuchten sie doch, den Völkermord an den europäischen Juden vor dem Ausland und der deutschen Bevölkerung geheim zu halten.41 Als die Vernichtungslager in Polen aufgrund der vorrückenden Roten Armee geräumt werden mussten, wurden die Gaskammern gesprengt und belastendes Beweismaterial verbrannt.42 Angesichts der totalen Zerstörung und der Massen von Heimkehrern, die über das ungeheure Morden berichteten, wagte nach 1945 zunächst niemand in Deutschland, den begangenen Genozid in Frage zu stellen. Erste zaghafte Versuche, völkische und nationalistische Vorstellungen zu rehabilitieren, mussten sich darauf beschränken, die deutsche Kriegsschuld in Abrede zu stellen.43 An eine zweite große Position auf dem Schuldkonto des Nationalsozialismus`, den Massenmord an der europä- ischen Juden, wagte man sich erst in den 1970er Jahren heran. In der Folgezeit hatte die Holocaustleugnung in Deutschland Konjunktur, nicht zuletzt deshalb, weil das Strafgesetzbuch erst in den 1980er und 1990er Jahren um Paragraphen ergänzt wurde, die ein zunehmend verschärftes Vorgehen gegen die Leugnung des Holocaust ermöglichten.44 Die „Hochphase“ währte bis Anfang der 1990er Jahre, als abermals die Strafverfolgung verschärft wurde und sich die Szene aus der 41 Broszat, Martin: Hitler und die Genesis der „Endlösung“. Aus Anlaß der Thesen von David Irving, in: Viertelsjahrshefte für Zeitgeschichte, 25. Jahrgang, 4. Heft, Stuttgart 1977, S. 765. 42 Obermüller, Klara: Die „Auschwitz-Lüge“, in Hentges, Gundrun/Kempfert, Guy/Kühnl, Reinhard (Hrsg.): Antisemitismus. Geschichte, Interessenstruktur, Aktualität, Heilbronn 1995, S. 153–168. 43 Graml, Hermann: Alte und neue Apologeten, a.a.O., S. 30–66. 44 Zum Entstehungsprozess aller relevanten Paragrafen zur Ahndung von Holocaustleugnung siehe: Weusthoff, Anja: Endlich geregelt? Zur Ahndung der Holocaustleugnung durch die deutsche Justiz, in: Bailer-Galanda/Benz, Wolfgang/Neugebauer, Wolfgang (Hrsg.): Die Auschwitz-Leugner. „Revisionistische“ Geschichtslüge und historische Wahrheit, Berlin 1996, S. 252–272. Wandres, Thomas: a.a.O. Günter, Thomas: Rechtliche Möglichkeiten gegen Rechtsextremismus im Internet, in: Braun, Stefan/Geisler, Alexander/Gerster, Martin (Hrsg.): Strategien der extremen Rechten. Hintergründe, Analysen, Antworten, Wiesbaden 2009, S. 631–645. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 17 Öffentlichkeit zurückziehen musste. Der Aufschwung und das Abebben markieren die Grenzen des Untersuchungsfeldes dieses Kapitels. Ein bloßes Referieren der Literatur über das Phänomen „Holocaustleugnung“ kann nur einen vagen Eindruck von dem propagandistischen Sprachgestus und den Agitationsformen in „radikal-revisionistischen“ Texten vermitteln. Daher gilt es im Weiteren, einschlägige, ausgewählte Publikationen der Szene vorzustellen, zu zitieren und zu analysieren. Gezeigt werden soll, wie Autoren Quellenmaterial manipulieren und selektieren, um zu stets den gleichen, zuvor festgelegten Ergeb- nissen zu gelangen. Die Titel sind dabei so ausgewählt, dass möglichst viele Facetten des sich eröffnenden Spektrums abgedeckt werden und die Studie gleichsam auf eine breite Quellenbasis gestellt wird. Den vielfältigen Publikati- onsformen jener Zeit wird am ehesten entsprochen, wenn querschnittartig ausge- wählt wird und möglichst repräsentative Textbeispiele verwendet werden, die eine exemplarische Funktion in der Analyse einnehmen können. In Frage kommen daher nicht nur die hinlänglich bekannten und einschlägigen Monografien, sondern nach Möglichkeit auch kürzere Hetzschriften, wie sie sich in den holo- caustleugnenden Periodika finden. Im Anschluss an die Analyse erfolgt ein Zwischenresümee. Abschließend sei noch auf eine methodische Unwegsamkeit hingewiesen, die – wenn sie auch nicht völlig eingeebnet werden kann −, hier doch zumindest proble- matisiert werden sollte. In gleichem Maße wie Hass eine global verbreitete Emo- tion ist, ist auch die Leugnung des Holocaust ein internationales Phänomen. „Revisionistische“ Bestrebungen haben ihren Ursprung nicht in Europa, vielmehr gilt der US-Amerikaner Harry Elmer Barnes als Vordenker dieser Geisteshaltung, da er das Eingreifen der USA in den Ersten Weltkrieg kritisch bewertete und die deutsche Verantwortlichkeit relativierte.45 Von einem zunächst seriösen amerika- nischen Isolationismus ausgehend, radikalisierte er zusehends seine Ansichten und verharmloste nach 1945 die deutsche Kriegsschuld am Zweiten Weltkrieg sowie den Holocaust.46 Es wird sich an späterer Stelle zeigen, dass Holocaustleugner heute über das Internet in hohem Maße miteinander vernetzt sind und ihre Dok- trinen ergänzen und befruchten. Wenngleich in geringerem Umfang, ließ sich 45 Barnes, Harry Elmer: The genesis of the World War. An introduction to the problem of war guilt, New York 1926. 46 Barnes, Harry Elmer: Revisionism and Brainwashing. A survey of the war-guilt question in Germany after two world wars, Erscheinungsort unbekannt 1963. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 18 dieses Phänomen bereits in der Periode beobachten, die Gegenstand dieses Kapitels sein wird. Das pseudo-naturwissenschaftliche „Rudolf-Gutachten“47 ist beispielsweise nicht ohne den ähnlich gearteten „Leuchter-Bericht“ zu denken, vielmehr wurde es von diesem inspiriert. Beide Schriften versuchen zu beweisen, dass Gaskammertötungen in Birkenau aus technischen Gründen nicht möglich gewesen seien. Auch Autoren, die versuchen, die Referenzdokumente zum Holo- caust zu falsifizieren, können auf vielfältige, bereits vorhandene Anknüpfungs- punkte zurückgreifen und diese weiterentwickeln.48 So konnte Wilhelm Stäglich in seinem 1978 erschienenen Buch, der „Auschwitz-Mythos“49, auf die ähnlich geartete Schrift des US-amerikanischen Autors Arthur R. Butz, „The Hoax of the Twentieth Century“,50 zurückgreifen. Unter den Protagonisten der „radikal-revi- sionistischen“ Szene wurde es sehr bald üblich, sich immer wieder und unermüd- lich gegenseitig zu zitieren, um infolge eines Zirkelschlusses, Glaubwürdigkeit zu erlangen.51 Wie lassen sich also die deutschsprachigen Texte aus diesem, sich wechselseitig beeinflussenden Zitier-Konglomerat und den beschriebenen Inter- dependenzen isolieren, ohne die Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse zu schmälern? Eine Möglichkeit wäre es, alle Referenzen, Zusammenhänge und Verbindungen in die Analyse einzubeziehen. Diese Vorgehensweise würde zwei- fellos die zeitökonomischen Grenzen des empirischen Zugriffs überschreiten und scheidet daher aus. Es bleibt nur, an entsprechender Stelle auf häufige Verweise und offensichtlich ausgeprägte Ideologievernetzungen hinzuweisen, wenn diese im Laufe der Recherche deutlich werden. 47 Rudolf, Germar: Das Rudolf-Gutachten. Gutachten über die „Gaskammern“ von Auschwitz, London 2001 (Erstauflage 1993). 48 Nicht nur in den USA, auch in Deutschlands Nachbarländern wurde sehr früh der Holocaust geleugnet. So hat der Franzose Paul Rassinier bereits 1949 sein Buch „Le passage de la ligne“ veröffentlicht, in dem der Autor den Massenmord an den europäischen Juden trivialisierte. Siehe: Rassinier, Paul: Le passage de la ligne, Bourg-en-Bresse 1949. 49 Stäglich, Wilhelm: a.a.O. 50 Butz, Arthur R.: The Hoax of the Twentieth Century. The Case against the presumed Extermi- nation of the european Jewry, Chicago 1976. Eine Jahr wird die deutsche Übersetzung, „Der Jahrhundertbetrug“, von Udo Walendy herausgegeben. 51 Wetzel, Juliane: Die Auschwitzlüge, a.a.O., S. 36. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 19 2.1 Analyse der Argumentationsmuster 2.1.1 Emil Aretz: „Hexen-Einmal-Eins einer Lüge“ Als Markierung des Übergangs von einem „Revisionismus“, der die deutsche Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in Abrede stellt, zu einer aggres- siveren Ausprägung, die Zweifel am Erkenntnis-Konsens der etablierten Holo- caust-Forschung vorgibt, kann Emil Aretz`52 1970 erschienenes Buch, „Hexen- Einmal-Eins einer Lüge“53, betrachtet werden. Auch wenn die Rhetorik des Autors in ihrer Eloquenz hinter dem zurückbleibt, was spätere Epigonen publizieren sollten, vereint sein Werk doch im Ansatz viele Täuschungsmanöver und Verschleierungstaktiken der späteren Jahre. Zwar leugnet Aretz den Holocaust nicht, behauptet aber, dass die Opferzahlen viel zu hoch eingeschätzt würden. In Analogie zum Hexen-Einmal-Eins in Goethes Faust entwickelt er die These, dass die Zahl von sechs Millionen ermor- deten Juden auf wundersame Weise zustande gekommen sei und sich nicht belegen ließe. Diese müsse tatsächlich weitaus geringer ausfallen, anderweitige Behauptungen verfolgten lediglich das Ziel, Deutschland finanziell und politisch erpressbar zu machen. Die Juden selbst hätten Hitler an die Macht gebracht, um infolge des Holocaust einen Staat „Israel“ erpressen zu können, der für sie ledig- lich eine Etappe auf dem Weg zur angestrebten Weltherrschaft sei.54 Um den Forschungsstand hinsichtlich der Opferzahlen in Zweifel zu ziehen, bringt Aretz eine sich über Seiten hinziehende Auflistung von kurzen Zitaten, deren Urheber die Zahl der Opfer von wenigen Tausend bis zu 41 Millionen einschätzen. Obwohl zu berücksichtigen ist, dass Schätzungen 1970 deutlich schwerer fielen als heute, da die Archive der Sowjetunion noch geschlossen waren, ist Aretz vorzuwerfen, dass er die seinerzeit bereits vorliegenden Erkenntnisse der Holocaust-Forschung kommentarlos ignorierte.55 Die alles dominierende Referenz in seinem Text ist 52 Zur Person Emil Aretz siehe: Mayer, Elke: Verfälschte Vergangenheit. Zur Entstehung der Ho- locaustleugnung in der Bundesrepublik Deutschland unter besonderer Berücksichtigung rechtsextremer Publizistik von 1945 bis 1970, Frankfurt a. M. 2003, S. 228. Die Autorin konnte trotz umfangreicher Recherchen keine Informationen über den Autor finden, sodass es nicht ausgeschlossen ist, dass es sich bei dem Namen um ein Pseudonym handelt. Aus der Analyse weiterer Texte schloss sie, dass er der Ludendorff-Bewegung nahesteht. 53 Aretz, Emil: Hexen-Einmal-Eins einer Lüge, Pähl 1970. 54 Ebd. S. 247. 55 So hatte Gerald Reitlinger bereits 1953 sein Grundlagenwerk „Die Endlösung“ vorgelegt, in dem er anhand gründlicher Recherche und aller ihm zur Verfügung stehenden Quellen die Op- ferzahl mit 4,5 Millionen bezifferte. Siehe: Reitlinger, Gerald: Die Endlösung. Hitlers Versuch 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 20 hingegen der französische Holocaustleugner Paul Rassinier, dessen Schriften immer wieder als Beleg angeführt werden. Eine genaue Betrachtung der ersten 50 Fußnoten in Aretz` Buch ergibt, dass in mindesten 25 Anmerkungen auf Autoren verwiesen wird, die klar dem (radikal-)„revisionistischen“, zumindest aber dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen sind. Der ideologische Hintergrund der rest- lichen aufgeführten Autoren konnte nicht mit Sicherheit geklärt werden. Auf seriöse Historiker verweist Aretz selten, die Erkenntnisse der Holocaust- Forschung bis 1970 nimmt er nicht zur Kenntnis. Raul Hilbergs 1961 erschie- nenes Standardwerk zum Thema56 ignoriert Artez mit Ausnahme seiner kontro- versen Thesen über die Funktion der „Judenräte“ in der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik. Dass Aretz diese Punkte bringt, andererseits aber zentrale Aspekte aus der gleichen Studie kommentarlos ignoriert (nämlich die Zahl der jüdischen Opfer im Holocaust, die Hilberg nach umfangreicher Quellenauswer- tung 1961 auf 5,1 Millionen57 schätze), ist ein denkwürdiges Beispiel für Aretz` selektiven und tendenziösen Umgang mit Quellen und ein klares Indiz für den massiven Mangel an intellektueller und wissenschaftlicher Redlichkeit in seiner Darstellung. Diese Unaufrichtigkeit und das Desinteresse daran, den Leser objektiv über den historischen Gegenstand zu informieren, lässt sich anhand einer Episode nachvollziehen, die der Autor schildert, um weitere Zweifel hinsichtlich der Opferzahlen für Auschwitz zu streuen. Auf den ersten Seiten seines Buches schreibt er spöttisch: „Den Rekord bezüglich der Höhe der Zahl [der Holocaust-Opfer] hält der unga- risch-jüdische Arzt Dr. Nikolaus Nyiszli, Häftling und Assistent des SS-Sturm- führers Dr. Mengele in Auschwitz-Birkenau. Nach seinem Bericht, der 1951 in Frankreich veröffentlicht wurde, sind allein in Auschwitz-Birkenau viereinhalb Jahre hindurch Tag für Tag 25000 Juden vergast, erschossen und verbrannt worden. Das sind insgesamt 41 Millionen! Als der Bericht 10 Jahre später – 1961 – in West- deutschland in der Illustrierten „Quick“ in großer Aufmachung erschien, hatte Nyiszli die tägliche Mordleistung ohne Angabe von Gründen auf 15000 verringert, wodurch seine Gesamtzahl dann auf 24,6 Millionen sank.“58 der Ausrottung der Juden Europas 1939–1945, Berlin 1992 (Erstauflage London 1953). 56 Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden, Frankfurt a. M. 1990 (deutsche Erstauflage: Berlin 1982). 57 Hilberg, Raul: a.a.O., S. 1299. 58 Aretz, Emil: a.a.O., S. 17. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 21 Abgesehen davon, dass es zweifelhaft erscheint, wenn Aretz die Berichterstattung der „Quick“ aufgreift, Hilberg, Reitlinger u.a. jedoch ignoriert, fällt eine Text- passage an späterer Stelle auf, in der er sich auf die Nyiszli-Zahlen rückbezieht. Nachdem Aretz die Behauptung aufgestellt hat, die einzigen Zeugen für Gas- kammertötungen in Auschwitz seien Rudolf Höß und Nyiszli,59 stellt er deren Aussagen gegenüber, um Widersprüchlichkeiten herauszuarbeiten: „Man findet auch bei ein und demselben Verfasser und in ein und demselben Buch z.T. wesentliche Widersprüche. Rassinier verglich eingehend den französischen Text des Buches von Nyiszli mit dem Text der deutschen Ausgabe; da wimmelt es nur so von Abweichung, die z.T. sehr groß sind.“60 Weiter heißt es: „Bezüglich der täglichen Vernichtungszahlen klaffen die Angaben von H [Höß] und N [Nyiszli] auch weit auseinander. Bei H ist die Höchstzahl 9000, bei N 25000 französisch und 15000 deutsch.“61 Auffällig am letzten Zitat ist, dass mit der „deutschen Ausgabe“ die Bericht- erstattung der „Quick“ gemeint ist. Ferner wird dem Leser vorenthalten, dass zwischen dem Erscheinen der französischen und deutschen „Ausgabe“ zehn Jahre lagen. In Zusammenhang mit der großen Spannbreite von geschätzten Opfer- zahlen erschien es Aretz also zweckdienlich, darauf hinzuweisen, dass Nyszli im Laufe von zehn Jahren seine Opferzahlen drastisch nach unten korrigiert hatte. In den beiden letzten Zitaten versucht Aretz hingegen den Eindruck zu erwecken, die Angaben zu den Kapazitäten der Massenvernichtungsanlagen würden mitunter dramatisch in zwei parallel erschienenen Auflagen variieren. Hier tritt der manipu- lative Umgang mit Daten zutage, die belegen, dass dem Autoren nicht daran gelegen ist, den Leser mit der tatsächlichen Quellenlage vertraut zu machen. Aretz wandte erstmalig eine apologetische Technik an, die Schule machen sollte und zum festen Bestandteil der Trickkiste des „radikalen Revisionismus`“ werden sollte. In Zusammenhang mit der Frage, ob es in Auschwitz-Birkenau Gaskammern gegeben habe, schreibt er: „Das Buch [die Autobiografie des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß] enthält eine faksimilierte Seite des Originals der Höß-Niederschrift, die deutlich zeigt, daß 59 Was natürlich Unsinn ist. Siehe beispielsweise Vrba, Rudolf: Ich kann nicht vergeben, München 1964. 60 Aretz, Emil: a.a.O., S. 52. 61 Ebd., S. 52. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 22 Höß mit Tinte schrieb. Aber in der französischen Ausgabe ist gesagt, daß Höß seine Aufzeichnungen mit Bleistift schrieb. Obwohl [Martin] Broszat [62]das Original 1956 im Justizministerium in Warschau einsehen konnte, bringt er ein Faksimile in Tintenschrift. Ich sandte es an Rassinier, und er schrieb mir, daß es eine Fälschung sei. So werden also ,Dokumentationen‘ gemacht!“63 Dass Aretz selbst zur Stützung seiner kühnen These keine weiteren quellen- kritischen Nachforschungen anstellt, sondern die unbegründete Meinung eines notorischen Holocaustleugners übernimmt, spricht für sich. In Folge bestreitet er die Beweiskraft des Dokuments und kommt zu dem Schluss, dass es die überlie- ferten Anlagen zur Massentötung durch Gas nicht gegeben haben könne.64 Auch die zahlreich vorliegenden Zeugen- und Täteraussagen sowie die im Eichmann- und den Auschwitz-Prozessen gewonnenen Erkenntnisse hätten Gaskammern der überlieferten Größe nicht beweisen können.65 Spätere Holocaustleugner sollten immer wieder das Grundgerüst ihrer Argumentation auf Aussagen vermeintlicher Autoritäten aufbauen, deren Aufrichtigkeit und Unvoreingenommenheit höchst fragwürdig ist. 2.1.2 Thies Christophersen: „Die Auschwitz-Lüge“ Während Aretz vornehmlich Zweifel an der Zahl der Holocaust-Opfer anmeldete, leitet Thies Christophersen mit seiner Broschüre „Die Auschwitz-Lüge“66 1973 eine aggressivere Gangart der Holocaustleugnung ein. Gleichzeitig prägte er mit dem Titel einen Begriff, der heute noch stellvertretend für den Versuch steht, die Last, die der nationalsozialistische Völkermord hinterlassen hat, zu schmälern. Christophersen wählte den Untertitel „Ein Erlebnisbericht“ für seine Schrift, in der er vorgab, unvoreingenommen und neutral darüber zu berichten, wie er persönlich Auschwitz wahrgenommen habe. Vom Januar bis zum Dezember des Jahres 1944 war er in Raisko, einer Pflanzenzuchtstation abseits des Stammlagers 62 Broszat war von 1972 bis 1989 Direktor des Instituts für Zeitgeschichte in München und hat häufig in Fragen zum Nationalsozialismus Stellung bezogen. Er korrigierte schon sehr früh die in der Gedenkstätte Auschwitz genannten Zahlen von vier Millionen Ermordeten auf die tatsächliche – seit den 1990er Jahren auch dort revidierte – Zahl von ca. 1,1 Millionen. 63 Aretz, Emil: a.a.O., S. 47. 64 Ebd., S. 46. 65 Weiterführende Literatur zum Eichmann-Prozess siehe Arendt, Hannah: Eichmann in Jerusa- lem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen, München 2006 (Erstausgabe 1963). Zum Auschwitz-Prozess siehe: Langbein, Hermann: Der Auschwitz-Prozess. Eine Dokumentation, Frankfurt a. M. 1995. 66 Christophersen, Thies: a.a.O. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 23 Auschwitz und der Vernichtungsstätte Auschwitz-Birkenau, wohin er als SS-Mann zur Kultivierung eines kautschukhaltigen Gewächses abkommandiert worden war. Christophersen berichtet, dass ihm zur Verrichtung seiner Tätigkeiten Häftlinge aus den beiden großen Lagern zugeteilt worden seien, und schildert sein Verhältnis zu ihnen, das von Respekt und gegenseitiger Wertschätzung geprägt gewesen sei. Zu keinem Zeitpunkt habe er in Auschwitz Misshandlungen geschweige denn Exekutionen von Insassen beobachten können, vielmehr habe es zahlreiche Vergnügungsmöglichkeiten und eine sehr gute Verpflegung gegeben, sodass es zumeist nur „einige Zeit dauerte, bis sie [unterernährte Neuankömm- linge im Lager] sich herausgefuttert hatten“67. In Bezug auf die Gaskammern schreibt er: „Ich habe während meiner Zeit in Auschwitz nicht die geringsten Anzeichen von Massenvergasungen bemerkt. Auch der Geruch von verbranntem Fleisch, der oft über dem Lager gelegen haben soll, ist eine glatte Lüge. In der Nähe des Haupt- lagers war eine große Beschlagschmiede. Der Geruch von dem Einbrennen der Hufeisen war natürlich nicht angenehm. Übrigens, der Leiter dieser Beschlag- schmiede lebt heute in meinem Nachbardorf.“68 Christophersen ist bemüht, sich als unabhängigen Beobachter zu präsentieren, dessen besondere Kompetenz als Zeitzeuge fundamentale Konsense der etablierten Geschichtswissenschaft in Frage zu stellen vermag. Trotz der knappen Seitenzahl der Broschüre gelingt es ihm jedoch nicht, dieser Linie treu zu bleiben, vielmehr verfällt er regelmäßig in neonazistische Rhetorik: „Ich glaube, in Dresden sind an diesem Tage [gemeint sind die schweren Luftan- griffe auf die Stadt im Februar 1945] mehr Menschen gestorben, als in den gesamten Kriegsjahren Menschen in Auschwitz gestorben sind. Doch die Kriegs- verbrechen der Alliierten stehen auch heute noch nicht zur Debatte.“69 67 Ebd., S. 35. 68 Ebd., S. 37. 69 Ebd., S. 30. Die Zahl der Opfer der Luftangriffe war lange Zeit Gegenstand von Spekulationen, in denen oft von zu hohen Zahlen ausgegangen wurde. Neusten Berechnung zufolge ist von 18.000 bis 25.000 Toten auszugehen. Siehe Schaarschmidt, Wolfgang: Dresden 1945. Daten, Fakten, Opfer, Graz 2010. Auch hinsichtlich der Opferzahlen für Auschwitz hat es nach 1945 einige Zeit gedauert, bis zuverlässige Schätzungen möglich waren. Heute gelten Zahlen von 1,1 bis 1,5 Millionen Todesopfer für alle zum Lagerkomplex Auschwitz gehörenden Einrichtungen als gesichert. Siehe: http://en.auschwitz.org.pl/h/index.php?option=com_content&task=view&id=14&Itemid=13 (zuletzt eingesehen am 27.04.2011 um 17:35 Uhr). 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 24 Der Autor schließt seinen Bericht mit der berechtigten Frage, warum – wenn Auschwitz eine Art Vergnügungspark war – die Angeklagten vor dem Internatio- nalen Militärgerichtshof in Nürnberg zwar ihre Schuld, jedoch nicht den Völker- mord an sich bestritten. Seine Antwort darauf ist, dass die Aussicht auf ein mildes Urteil die Beklagten dazu veranlasst habe, wahrheitswidrig auszusagen, bzw. habe die „Sieger-Justiz“ entsprechende Versprechungen gemacht, um die deutsche Schuld zementieren zu können. Ferner lägen Berichte vor, die bewiesen, dass schwer belastende Aussagen mithilfe von Folter erpresst wurden, wenn der Beschuldigte nicht im Sinne der Anklage aussagen wollte.70 Diese wie auch alle anderen Behauptungen Christophersens werden ohne Belege aufgestellt. 2.1.3 Wilhelm Stäglich: „Der Auschwitz-Mythos“ 1979 erscheint im Grabert-Verlag „Der Auschwitz-Mythos“71 des ehemaligen Finanzrichters Wilhelm Stäglich, ein Buch, das „radikal-revisionistische“ Thesen erstmals in ein Gewand wissenschaftlichen Habitus` kleidete. Der dem dicklei- bigen Band angehängte Anmerkungsapparat, Sprachgestus sowie Aufbau des Textes sollen offensichtlich den Eindruck einer ergebnisoffenen Untersuchung erwecken. Jedoch beweist Stäglich bereits in der Einführung seines Buches, dass er die Klaviatur des Antisemitismus perfekt beherrscht und bemüht ferner alle entsprechenden Stereotype, von der wahnhaften Vorstellung, das „internationale Finanzjudentum“ kontrolliere die Medien bis zu der Behauptung, Historikern jüdi- schen Glaubens könne hinsichtlich der deutschen Geschichte keine Kompetenz zugesprochen werden.72 Im Gegensatz zum Erscheinungsbild des Textes enthalten die Kernthesen des Autors kaum nennenswerten Überraschungen, vielmehr bleibt es bei Be- hauptungen, die auch schon in den 1970er Jahren lanciert wurden. Stäglich versucht zu beweisen, dass kaum einer der hinlänglich bekannten Belege für die zentrale Funktion des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau in dem Völker- mord an den europäischen Juden einer kritischen Überprüfung standhält. Tatsäch- lich habe es zwar ein gleichnamiges Internierungslager gegeben, in dem jedoch kaum jemand, erst recht mit Gas, ermordet worden sei. 70 Christophersen, Thies: a.a.O., S. 43f. 71 Stäglich, Wilhelm: a.a.O. 72 Stäglich, Wilhelm: a.a.O., S. 3. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 25 „Der Auschwitz-Mythos“ gliedert sich in drei Kapitel, von denen sich das erste den Dokumenten zum Lager widmet, das zweite den Zeugen und Erlebnis- berichten und einem dritten, das den Auschwitz-Prozess thematisiert. Zu Stäglichs Argumentationsmuster schreibt der Historiker des Instituts für Zeitgeschichte in München Hermann Graml: „Alle Quellen aus der NS-Zeit, in denen über das Mordprogramm gesprochen wird oder in denen die Anfänge und der Verlauf des Massenmords ihren Niederschlag gefunden haben, ob es sich um Reden Hitlers oder Himmlers handelt, um die Tage- bücher von Goebbels, um Aufzeichnungen Rosenbergs, um das Diensttagebuch des Generalgouverneurs Frank, […] um militärische Akten usw. usw., alle diese Quellen erklärt er für ganz oder teilweise gefälscht.“73 Quellen, die den Interpretations- und Manipulationsspielraum der Holocaust- leugnung massiv einschränken und den Nationalsozialismus zutiefst belasten, sind die Reden von Heinrich Himmler. Stäglich legt eine groteske Blüten treibende Interpretation dieser Dokumente vor, deren Argumentation frei und unumwunden den kaltblütigen Mord an Frauen und Kindern rechtfertigt. In einer Gegenüber- stellung von Stäglichs Darstellung und den von ihm verwendeten Originalquellen soll nun gezeigt werden, wie er seine Materialien entstellt, um Beweise, die seinen Thesen zuwiderlaufen, in Belege umzumünzen. Besonders bekannt und belastend sind Himmlers Reden in Posen, gehalten am 4. und 6. Oktober 1943, wobei erstere in ihrer gesamten dreistündigen Redezeit auf Wachsspielplatte sowie getippt auf 115 Schreibmaschinenseiten vorliegt. Folglich ist es hier nur möglich, die besonders wesentlichen Sätze zu zitieren, welche auch Stäglich bringt: „Ich will hier vor Ihnen in aller Offenheit auch ein ganz schweres Kapitel erwähnen. Unter uns soll es einmal ganz offen ausgesprochen sein, und trotzdem werden wir in der Öffentlichkeit nie darüber reden […]. Ich meine jetzt die Juden- evakuierung, die Ausrottung des jüdischen Volkes. Es gehört zu den Dingen, die man leicht ausspricht. ,Das jüdische Volk wird ausgerottet‘, sagt ein jeder Parteige- nosse, ganz klar, steht in unserem Programm, Ausschaltung der Juden, Ausrottung, machen wir. Und dann kommen sie alle an die braven 80 Millionen Deutschen, und jeder hat seinen anständigen Juden. Es ist ja klar, die anderen sind Schweine, aber dieser eine ist ein prima Jude. Von allen, die so reden, hat keiner zugesehen, keiner hat es durchgestanden. Von euch werden die meisten wissen, was es heißt, wenn 100 Leichen beisammen liegen, wenn 500 daliegen oder wenn 1000 daliegen. Dies 73 Graml, Hermann: Alte und neue Apologeten, a.a.O., S. 53. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 26 durchgehalten zu haben und dabei – abgesehen von Ausnahmen menschlicher Schwächen – anständig geblieben zu sein, das hat uns hart gemacht. Dies ist ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt unserer Geschichte, denn wir wissen, wie schwer wir es hätten, wenn wir heute noch in jeder Stadt – bei den Bombenangriffen, bei den Lasten und bei den Entbehrungen des Krieges – noch die Juden als Geheimsaboteure, Agitatoren und Hetzer hätten.“74 Stäglich dazu: „Dem mit dem historischen Sachverhalt Vertrauten fällt es allerdings schwer, zu glauben, daß Himmler diese – zum Teil völlig unsinnigen – Äußerungen wirklich von sich gegeben haben soll. Zumindest ist anzunehmen, daß bestimmte Passagen dieses Redeabschnitts in dem Dokument fehlen, die für die Erkenntnisse der Zusammenhänge wichtig wären. Denn im Grunde ist alles, was Himmler hier angeblich gesagt haben soll, zusammenhanglos und scheint auf die Tätigkeit der Einsatzgruppen bei der Bandenbekämpfung oder auf die Niederschlagung einiger jüdischer Aufstände in Sobibor, Treblinka (Herbst 1943) – Bezug zu haben [sic!]. Daß es sich bei den von Himmler möglicherweise angesprochenen Exekutionen nicht um den behaupteten planmäßigen Judenmord größten Stils gehandelt haben kann, zeigen schon die von ihm genannten verhältnismäßig geringfügigen Zahlen, nämlich 100, 500 oder 1000 Leichen. Hinsichtlich der Gaskammermorde werden jedenfalls sonst wesentlich höhere Zahlen von Menschen genannt, die dadurch auf einmal umgekommen sein sollen.“75 Bereits in diesem wenige Zeilen umfassenden Zitat lässt sich deutlich Stäglichs perfide und zynische Art der Darstellung (1000 Leichen – geringfügige Zahlen) sowie sein massiver Mangel an intellektueller Moral ablesen. Alle vorliegenden quellenkritischen Behandlungen der Rede außer Acht lassend, die Tatsache igno- rierend, dass die Rede als Audio-Aufnahme auf Wachsschallplatten vorliegt, behauptet er, Himmlers Text sei zusammenhangslos und in Bezug auf den Kampf gegen Partisanen geäußert worden. Freilich ergeben sich in der Rede dafür keinerlei Anhaltspunkte. Himmlers Argumentation ist inhaltlich kohärent und weist weder in sprachlicher noch in logischer Hinsicht Brüche auf, sodass es ausgeschlossen ist, dass dem zitierten Auszug eine Passage entnommen wurde, die seine Gesamtbedeutung wesentlich verschieben könnte. Ebenso abwegig ist die 74 Heinrich Himmler in Posen am 4. Oktober 1943, zitiert nach Stäglich, Wilhelm: a.a.O., S. 91. 75 Stäglich, Wilhelm: a.a.O., S. 92. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 27 Behauptung, es sei die Rede gewesen von „Bandenbekämpfung“ oder „Aufständen in Sobibor“. Himmler kommt eingangs explizit auf das Verhältnis von jüdischen und nichtjüdischen Deutschen sowie die Situation im „Altreich“ zu sprechen, wo es 1943 keinen jüdischen Widerstand mehr gab.76 Er leitet die Passage vielmehr unmissverständlich ein, indem er allgemein von der „Juden- evakuierung“ respektive der „Ausrottung des jüdischen Volkes“ insgesamt spricht und nicht von vereinzelten Widerstandsgruppen „im Osten“, dem Hauptschauplatz des Partisanenkampfes oder dem Aufstand in Sobibor. Weiter geht Stäglich auf eine Rede Himmlers ein, die dieser zwei Tage später ebenfalls in Posen hielt und hinsichtlich des Massenmordes an den europäischen Juden ähnliche Aussagen trifft, wie in der Rede vom 4. Oktober 1943. Der Gauleiter und SS-Obergruppenführer Karl Wahl sowie Gauleiter und SA-Ober- gruppenführer Rudolf Jordan sollen bei dieser Rede anwesend gewesen sein. Beide hätten ihm – Stäglich – versichert, dass Himmlers niemals derartige Aussagen, wie sie in den Posener Reden über die „Judenfrage“ fielen, gemacht habe.77 Stäglich: „Ein zu billiges Argument wäre es, diese beiden Zeitzeugen wegen ihrer früheren Stellung in der NSDAP für unglaubwürdig zu erklären […].“78 Eben dieses Argument ist es aber, mit dem der Autor eine der ergiebigsten Quellen für die NS-Massenmorde, die unzähligen Zeugenaussagen der Über- lebenden, in ihrer Gesamtheit negiert. Die Befangenheit und Geltungssucht der Betroffenen sei die Ursache für Zeugnisse, die den Völkermord belegen. Stäglich zitiert nach „Heinrich Himmler. Geheimreden 1933 bis 1945 und andere Ansprachen“.79 Diese Ausgabe enthält auch eine Rede Himmlers, die er am 21. Juni 1944 vor Generälen in Sonthofen gehalten hat, in der es heißt: 76 Ab Oktober 1941 begann die Deportation jüdischer Deutscher „nach dem Osten“, die Ende 1942 weitgehend abgeschlossen war. Anfang 1943 wurden die letzten verbliebenen Juden, die in „kriegswichtigen“ Betrieben der Berliner Rüstungsbetriebe beschäftigt waren, in die Ghettos und Vernichtungslager verschleppt (die sogenannte „Fabrikaktion“). Zurück blieben etwa 15.000 Menschen jüdischen Glaubens, die in „Mischehen“ lebten oder sich versteckt hielten. An einen bewaffneten und handlungsfähigen Widerstand war unter den versprengt in Deutschland lebenden und unter der Verfolgung leidenden Menschen kaum zu denken. Zur Deportation jüdischer Deutscher siehe: Kundrus, Birthe/Meyer, Beate (Hrsg.): Die Deporta- tion der Juden aus Deutschland. Pläne, Praxis, Reaktion, 1938−1945, Göttingen 2004. 77 Als Beleg führt Stäglich im Anmerkungsapparat nicht nachprüfbare und für Holocaustleugner typische Quellenangaben an, wie „Fotokopie/Dokument/Original o.ä. im Besitz des Verfas- sers“. In diesem Fall: S. 398, Anmerkung 136: „Briefwechsel im Besitz des Verfassers“. 78 Stäglich, Wilhelm: a.a.O.,S. 98. 79 Smith, Bradly F./Petersen, Agnes F. (Hrsg.): Heinrich Himmler. Geheimreden 1933 bis 1945 und andere Ansprachen, Frankfurt a. M. 1974, S. 203. Bradly F. Smith ist nicht zu ver- wechseln mit Bradly R. Smith, dem Holocaustleugner und Mitbegründer des „Committe for Open Debate on the Holocaust (CODOH)“. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 28 „Eine andere Frage, die maßgeblich für die innere Sicherheit des Reiches und Europas war, ist die Judenfrage gewesen. Sie wurde nach Befehl und verstandesge- mäßer Erkenntnis kompromißlos gelöst. [Applaus] Ich glaube, meine Damen und Herren, daß sie mich so weit kennen, daß ich kein blutrünstiger Mensch bin und kein Mann, der an irgendetwas Hartem, was er tun muß, Freude oder Spaß hat. Ich habe aber andererseits so gute Nerven und ein so großes Pflichtbewusstsein – das darf ich für mich in Anspruch nehmen −, daß ich dann, wenn ich eine Sache als notwendig erkenne, sie kompromißlos durchführe. Ich habe mich nicht für berech- tigt gehalten – das betrifft nämlich die jüdischen Frauen und Kinder −, in den Kindern die Rächer groß werden zu lassen, die dann unsere Väter [sic!] und unsere Enkel umbringen. Das hätte ich für feige gehalten. Folglich wurde die Frage kompromißlos gelöst. [...]“80 Stäglich zitiert diese Passage in Gänze, unterschlägt jedoch den ersten Satz, ohne auf die Auslassung hinzuweisen. Der Grund dafür liegt auf der Hand, behauptet er doch, hinsichtlich des Holocaust habe das NS-Regime keine Tarnsprache benutzt und mit beispielsweise „Evakuierung“ tatsächlich Räumung oder Umsiedlung gemeint.81 Im ersten Satz des Zitats spricht Himmler jedoch über die „Lösung der Judenfrage“, im weiteren Verlauf über die in diesem Zuge angeblich notwendige Ermordung von Frauen und Kindern. Diese weiteren Ausführungen können nicht in Stäglichs Interesse sein, sodass er den ersten Satz kurzum abtrennt. Vor dem Hintergrund dieser Modifikation interpretiert Stäglich erneut, Himmler habe auch hier von der Partisanenbekämpfung sprechen müssen: „Das unterschiedslose Vorgehen auch gegen Frauen und Kinder im Partisanen- kampf war zweifellos eine brutale und rücksichtslose, völkerrechtlich und mora- lische höchst anfechtbare Maßnahme, die zu rechtfertigen Himmler vor diesen Wehrmachtsführern wahrscheinlich allen Anlaß hatte, da sie kaum verborgen blieb. Es kann aber nicht verschwiegen werden, dass sich auch Frauen und sogar Kinder häufig genug am Partisanenkampf beteiligten, wie jeder Ostfrontkämpfer weiß. Wenn angesichts dieser Umstände unterschiedslos hart durchgegriffen wurde, so geschah das also in erster Linie zur Sicherheit der kämpfenden Truppe und der Nachschubwege. Doch ist das kaum vergleichbar mit der ebenfalls unterschieds- losen Tötung deutscher Frauen und Kinder durch die zu diesem Zweck befohlenen Flächenbombardements der Wohnviertel deutscher Städte, für die es keinerlei Rechtfertigung gibt. […] Es ist aber eine Tatsache, daß die jüdische Bevölkerung 80 Ebd., S. 203. 81 Stäglich, Wilhelm: a.a.O., S. 32. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 29 fast immer mit den Partisanen gemeinsame Sache machte. Es handelt sich also um eine Reaktion auf die heimtückische und völkerrechtswidrige Kampfführung eines hinterhältigen und überaus grausamen Gegners, die niemals als planmäßiger Völkermord eingestuft werden kann.“82 Stäglichs Argumentationslinie verrät nicht nur, dass er offensichtlich ein kalt- herziger Mensch ist, sondern sich anscheinend seinerzeit auch nicht über den dies- bezüglichen Forschungsstand informiert hat. Zwar ist es richtig, dass es bewaff- neten, jüdischen Widerstand gab,83 doch war bei Erscheinen des Buches auch bekannt, dass die Morde an der Zivilbevölkerung in keinem kausalen Zusammen- hang zum Partisanenkrieg standen.84 Vielmehr waren sie bereits vor dem 22. Juni 1941 beschlossen und wurden, lange bevor sich der Partisanenkrieg 1942 intensi- vierte, von eigens dazu aufgestellten Einsatzgruppen durchgeführt.85 Abschließend sei auf eine Randerscheinung hingewiesen, von der doch auf das Selbstverständnis der „radikalen Revisionisten“ geschlossen werden kann. Es ist auffällig, dass Stäglich, wenn er sich namentlich auf andere Wissenschaftler bezieht, er diese mal mit, mal ohne akademischen Titel nennt. Notorische Holo- caustleugner wie Paul Rassinier und Robert Faurisson werden bei Erstnennung stets mit Titel genannt, ebenfalls promovierte aber unliebsame Zeugen der Shoah, wie Eugen Kogon oder Miklós Nyiszli, meist ohne. Hier zeigt sich, wie sehr „radikale Revisionisten“ bemüht sind, ihren Erzeugnissen ein wissenschaftlich seriöses Erscheinungsbild zu verleihen und gleichzeitig dem Renommee der etablierten Geschichtswissenschaft keinen Vorschub zu leisten.86 82 Ebd., S. 102f. 83 Vor allem in den ersten Nachkriegsjahrzehnten ist der jüdische, (bewaffnete) Widerstand nahezu völlig aus dem öffentlichen Diskurs ausgeklammert worden. 1961 erschien erstmals Raul Hilbergs Standardwerk „Die Vernichtung der europäischen Juden“, das den Mythos nährte, die europäischen Juden hätten sich wie „Schafe zur Schlachtbank führen lassen“. Erst ab den 1970er Jahre erfolgte ein Paradigmenwechsel, indem eine junge, jüdische Historiker- generation, die nicht unmittelbar von den NS-Verbrechen betroffen war, ein selbstbewusstes Geschichtsbild etablierte. Siehe zu diesem Wandel: Paucker, Arnold: Jüdischer Widerstand in Deutschland, in: Gedenkstätte Deutscher Widerstand (Hrsg.): Beiträge zum Widerstand 1933– 1945, Heft 37, Berlin 1989. Zum aktuellen Forschungsstand siehe: Tec, Nechama: Bewaff- neter Widerstand. Jüdische Partisanen im Zweiten Weltkrieg, Gießen 2009. 84 Bereits 1969 erschien: Messerschmidt, Manfred: Die Wehrmacht im NS-Staat. Zeit der Indik- trination, Hamburg 1969. Hesse, Erich: Der sowjetrussische Partisanenkrieg 1941 bis 1944 im Spiegel deutscher Kampfanweisungen und Befehle, Studien und Dokumente zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges, Bd. 9, Göttingen 1969. 85 Krausnick, Helmut: Hitlers Einsatzgruppen. Die Truppen des Weltanschauungskrieges 1938 – 1942, Frankfurt a. M. 1989. 86 Hier noch einmal der Verweis auf die euphemistische Selbstbezeichnung der Holocaust- leugner als „Revisionisten“ und die damit verbundene Absicht, den Eindruck wissenschaftli- cher Seriosität und Reputierlichkeit zu erwecken. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 30 2.1.4 Ingrid Weckert: „,Massentötungen‘ oder Desinformation?“ In der von dem deutschen „Revisionisten“ Udo Walendy herausgegebenen Zeit- schrift „Historische Tatsachen“ veröffentlichte Ingrid Weckert 1985 den Aufsatz „,Massentötungen‘ oder Desinformation?“.87 Die Autorin leugnet die Massen- morde an den europäischen Juden nicht explizit, vermittelt in ihrem Text aber – und das ist an dieser Stelle neu – unterschwellig den Eindruck, die etablierte Geschichtswissenschaft habe die Geschehnisse im Zusammenhang mit der Shoah dilettantisch und manipulativ aufgearbeitet. Namentlich stützt sich ihre Argumen- tation auf die Studie „Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas“88, herausgegeben von Eugen Kogon, Herrmann Langbein, Adalbert Rückerl und anderen (im Folgenden nur noch Kogon). Angeregt wurde diese Schrift durch die in den 1970er Jahren lancierte Behauptung, Tötungen durch Giftgas seitens der Nationalsozialisten seien eine reine Erfindung, und die Absicht, dieser Form holo- caustleugnender Propaganda eine wissenschaftliche Dokumentation entgegenzu- setzen. Weckert analysiert Kogons Publikation und weist auf (vermeintliche) Fehler der Herausgeber hin. In einem ersten Abschnitt widmet sie sich Druckfehlern, Zahlendrehern, falsch geschrieben Namen und versehentlichen Unkorrektheiten. Dabei kommt ihrer Darstellung zugute, dass sie sich auf die erste Auflage des Buches bezieht und diese tatsächlich nicht wenige Flüchtigkeitsfehler beinhaltet. Die folgenden Teile widmen sich der Quellenauswahl Kogons und können weitere Widersprüchlichkeiten nachweisen, die an einer Stelle auf die allzu genaue, ja fast kleinliche Betrachtungsweise Weckerts zurückzuführen sind, an anderer Stelle als klarer Fehler Kogons bezeichnet werden müssen. Übliche Vorgänge aus der wissenschaftlichen Praxis sowie für die Historiogra- phie konstituierende Tatsachen begreift die Autorin als Widersprüchlichkeiten, aus denen nur die Unmöglichkeit der Shoah geschlussfolgert werden könne. Geht aus einem von Kogon zitierten Dokument hervor, die Firma „Saurer“ habe komplette Gaswagen an das Reichssicherheitshauptamt geliefert, aus einem anderen jedoch, „Saurer“ habe nur den Motor produziert, disqualifiziert dieser Widerspruch in 87 Weckert, Ingrid: „Massentötungen“ oder Desinformation?, in: Historische Tatsachen Nr. 24, Vlotho 1985. 88 Kogon, Eugen/Langbein, Hermann/Rückerl, Adalbert (Hrsg.): Nationalsozialistische Massen- tötungen durch Giftgas. Eine Dokumentation, Frankfurt a. M. 1983. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 31 ihrer Deutung beide Dokumente.89 Sagt ein Augenzeuge aus, der zu den Gaskam- mern gehörende Dieselmotor in Belzec habe in einer Scheune gestanden und ein anderer, dass dieser unter freiem Himmel stand, schließt Weckert, dass es womög- lich keinen Motor gegeben hat.90 Infolge zeigt sich die Autorin verwundert, dass Kogon nicht mit Techniken hantiert, die zum Grundrepertoire der Holocaustleug- nung gehören: „Der Leser des Massentötungsbuches mag sich fragen, warum so viele Zeugen, unabhängig voneinander, ,Gaswagen‘ erwähnt haben oder sich […] dahingehend geäußert haben sollen, und weshalb man ihre Aussagen nicht aufeinander abge- stimmt hat.“91 Ob die Autorin tatsächlich in Hinblick auf die Arbeitsweise der Geschichtswissen- schaft ahnungslos ist oder ihre Unwissenheit nur vorgibt, bleibt offen. Um die eigene Position zu untermauern, führt sie unfreiwillige Zeugen an; Historiker mit wissenschaftlicher Reputation, deren Zitate sie in sinnentstellender Weise für ihre Darstellung nutzt. So soll ein Schreiben von Martin Broszat folgende Behauptung Weckerts stützen: „Die Grundbehauptung von ,Massentötungen‘ ist, daß es Gaskammern bzw. Anlagen zum Töten von Menschen durch Giftgas zunächst in den sogenannten Euthanasieanstalten, dann im Operationsgebiet der Einsatzgruppen hinter der russi- schen Front und im ,Todeslager Kulmhof‘ und schließlich in den ,Vernichtungsla- gern‘ Sobibor, Belzec, Treblinka und Auschwitz sowie in den Konzentrationslagern Majdanek, Mauthausen, Sachsenhausen, Ravensbrück, Stutthoff, Neuengamme, Natzweiler und Dachau gegeben habe. Nun wird aber längst auch von offizieller Seite behauptet, daß Vergasungen von Menschen nur in den Lagern in Polen statt- gefunden haben sollen.“92 In der Fußnote zu diesem Zitat wird auf ein Schreiben Broszats an die Zeitung „Die Zeit“ verwiesen, welches im Text als Faksimile abgedruckt ist. Hierin korri- gierte der einstige Leiter des Instituts für Zeitgeschichte einen Redakteur, der in einem Artikel den Eindruck entstehen lassen hatte, im Konzentrationslager Dachau seien Menschen jüdischen Glaubens durch Gas ermordet worden. Broszat betonte, dass „weder in Dachau noch in Bergen-Belsen noch in Buchenwald [...] 89 Weckert, Ingrid, a.a.O., S. 13f. 90 Ebd., S. 30. 91 Ebd., S. 22. 92 Ebd., S. 12. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 32 Juden oder andere Häftlinge vergast worden“93 seien. Die Aussage des Historikers, dass in den Lagern des „Altreiches“ keine Massentötungen von Menschen jü- dischen Glaubens durch Gas stattfanden, soll bei Weckert die These belegen, dass in deutschen Lagern überhaupt niemand mit Gas ermordet wurde. Die Autorin entstellt Broszats Aussage, um den Beweis für eine These zu führen, die ange- sichts der vorliegenden Arbeiten zu diesem Themenkomplex nicht haltbar ist.94 Aus ihrer Kritik an Kogon schlussfolgert sie, dass wenn sich in der Dokumen- tation renommierter Historiker eine hohe Anzahl von Fehlern finde, ihre gesamte Geschichtsschreibung und womöglich auch alle Forschungsergebnisse der etablierten Zeitgeschichtsforschung mehr als zweifelhaft seien. Belegt worden sei diese Annahme bereits durch „in der Fachwelt herausragende Namen“95, wie Aretz, Butz, Faurisson, Hoggan, Stäglich und Walendy. Bei den Genannten handelt es sich um Holocaustleugner, Alt- und Neo-Nationalsozialisten, von denen keiner ein Studium der Geschichtswissenschaft vorweisen kann. Das Zitieren von und Verweisen auf „revisionistische" Autoren ist ein typisches Merkmal holo- caustleugnender Publikationen, wodurch eine breite Quellen- und Literaturbasis vorgegeben und der Eindruck von Glaubwürdigkeit erweckt werden soll.96 Diese Referenz ist ein klares Indiz für die ideologische Heimat Weckerts. Obwohl sie vorgibt, die Studie von Kogon lediglich rezensieren und einer objektiven, kriti- schen Prüfung unterziehen zu wollen, lässt sich ihr ideologischer Hintergrund stets zwischen den Zeilen lesen. So schreibt sie: „Seit Jahrzehnten nichts als Verbrechensvorwürfe! Befreier und Opportunisten- befreite überschlagen sich geradezu in Verkennung der Grenzen, die einer Glaub- würdigkeit oder gar erst Sachdebatte gesetzt sind, das ,Schuldkonto‘ des deutschen Volkes endlos zu vermehren.“97 Dieser syntaktisch unglückliche Satz gibt Aufschluss über die Vorstellungswelten der Autorin; konkreter wird es, wenn Weckert das Bild kritisiert, das Kogon von der Führungselite des Nationalsozialismus` zeichnet: 93 Ebd., S. 20. 94 Zu Gaskammertötungen in deutschen Konzentrationslagern siehe: Morsch, Günter/Perz, Bertrand (Hrsg.): Neue Studien zu nationalsozialistischen Massentötungen durch Giftgas. His- torische Bedeutung, technische Entwicklung, revisionistische Leugnung, Berlin 2011. 95 Weckert, Ingrid: a.a.O., S. 3. 96 Wetzel, Juliane: Auschwitzlüge, a.a.O., S. 29. 97 Weckert, Ingrid: a.a.O., S. 1. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 33 „Als Freiwild freigegeben, sind diese jeglicher Diffamierung ausgesetzt; ihnen wird, legt man die Formulierung des Bundesgerichtshofes von Karlsruhe an, „das Menschsein abgesprochen“, eine Todsünde wider den heiligen Geist, sollte ein Bundesbürger ähnlich mit einer anderen Menschengruppe verfahren.“98 Unterschwellig klingt hier ein Bedauern durch, dass es in Deutschland weitaus weniger Akzeptanz findet, wenn gegen Minderheiten gehetzt wird, eine Stili- sierung von nationalsozialistischen Tätern zu Opfern jedoch meist auf Ablehnung stößt. An anderer Stelle konstatiert Weckert: „Der Inhalt des Skriptums ,Massentö- tungen‘ ist eine Sammlung von angeblichen Beweisstücken für den behaupteten nationalsozialistischen Massenmord.“99 Die zahlreichen und eindeutigen Spuren, die die Giftgas-Tötungen hinterlassen haben, belegen diesen also nur „angeblich“, folglich ist der Völkermord, den sie beweisen, nur eine „Behauptung“. Neu in Weckerts Darstellung ist ein Paradigmenwechsel, weg von den Methoden der selektiven Wahrnehmung und der Tatsachenverfälschung hin zu einem direkten Gegenangriff auf die verhasste, etablierte Historiographie, deren Forschungsergebnisse den eigenen Vorstellungen und Bestrebungen im Weg stehen. 2.1.5 Germar Rudolf: „Das Rudolf-Gutachten“ Ende der 1980er bzw. Anfang der 1990er Jahre entwickelte die internationale Szene der Holocaustleugner eine völlig neue Argumentationstechnik, um erneut die Tatsächlichkeit des Holocaust in Frage zu stellen. Naturwissenschaftliche Expertisen sollten nun die technische Unmöglichkeit von Gaskammertötungen in Auschwitz-Birkenau und anderen Vernichtungslagern beweisen. Germar Rudolf wurde zum schillernden Hoffnungsträger der Szene, als er 1992 den „Rudolf- Report“100 vorlegte, ein Gutachten, das ursprünglich nur zur Verteidigung des wegen Volksverhetzung angeklagten Alt-Nationalsozialisten Otto Ernst Remer101 dienen sollte. Zunächst versandte Rudolf über tausend Exemplare in broschierter 98 Ebd., S. 4. 99 Ebd., S. 3. 100 Rudolf, Germar: a.a.O. 101 Remer war ein junger Wehrmachtsgeneral im Nationalsozialismus und maßgeblich an der Niederschlagung des Umsturzversuches vom 20. Juli 1944 beteiligt. Nach 1945 war er Mitbe- gründer der später verbotenen Sozialistischen Reichspartei und (radikaler) „Revisionist“. Siehe auch: Wetzel, Juliane: Remer, Otto Ernst, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, Bd. 2, Personen L−Z, Berlin 2009, S. 679−680. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 34 Form an Professoren der Zeitgeschichte sowie an führende Personen aus Justiz, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Später veröffentlichte er den Text als Buch, der, in mehrere Sprachen übersetzt, auf der ganzen Welt „radikalen Revisionisten“ Argumente liefern sollte, die auf der Unbestechlichkeit des naturwissenschaft- lichen Beweises fußen. Bemühten die Leugner des Holocaust sich in den 1970er Jahren nicht oder nur halbherzig darum, die eigenen antisemitischen und/oder nationalistischen Über- zeugungen zu verbergen, so scheint ein Entwicklungsprozess der 1980er Jahre, in dessen Zuge extreme Ansichten zunehmend verschleiert wurden, mit dem „Rudolf-Gutachten“ abgeschlossen zu sein. Der Autor ist äußerst bemüht, den Eindruck jeglicher Nähe zu Gruppen und Werthaltungen, die der Glaubwürdigkeit seiner Schrift abträglich sein könnten, zu vermeiden.102 Er formuliert im Vorwort seines „Gutachtens“ den Anspruch, unbefangen zu sein, und fasst seinen Text ohne nennenswerte antisemitische Polemiken oder anderweitige Ausfälle dieser Art ab. Dieser vorgegebenen ideologischen Neutralität ist auch der wissenschaft- liche Habitus des Textes geschuldet, welcher von einer hohen Anzahl an Tabellen und Verlaufskurven sowie einem gigantischen Anmerkungsapparat geprägt ist. Das „Rudolf-Gutachten“ kann nicht gedacht werden, ohne zumindest darauf hinzuweisen, dass es als Weiterentwicklung eines ähnlichen Ansatzes zu sehen ist, der bereits vier Jahre zuvor publiziert wurde: dem „Leuchter-Report“103. Fred Leuchter gab vor, „Spezialist für Hinrichtungsanlagen“ zu sein und zahlreiche US-Gefängnisse bei der Planung und Konstruktion von Exekutions-Vorrichtungen beraten und mit entsprechenden Gerätschaften beliefert zu haben. Ebenfalls zur gerichtlichen Verteidigung eines Rechtsextremisten (in diesem Falle des einschlägig bekannten Deutsch-Kanadiers Ernst Zündel104) fuhr Leuchter nach Polen, um nach einer kurzen Reise und der illegalen Entnahme von Gesteins- proben aus den Ruinen der Gaskammern in Auschwitz und Majdanek den vermeintlichen Beweis liefern zu können, dass kein Häftling in den beiden Lagern durch Gas zu Tode gekommen sein konnte.105 102 Rudolf, Germar: a.a.O., S. 27. 103 Leuchter, Fred A.: The first Leuchter Report, Toronto 1988. 104 Zündel ist ein in Kanada lebender deutscher Staatsbürger und eine der bekanntesten Figuren der internationalen „revisionistischen“ Szene. 105 Leuchter kaprizierte sich darauf, dass die Gesteinsproben keine Spuren von einem einstigen Kontakt mit Zyklon-B aufweisen würden und dass die Gaskammern über keine Heizungen verfügt hätten. Gerade diese seien jedoch notwendig gewesen, da das Giftgas bei winterlichen Temperaturen nur eine unzulängliche Wirkung entfaltet hätte. Georges Wellers hat dem entge- 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 35 Das Gericht hielt es jedoch für erwiesen, dass Leuchter ein Hochstapler sei, der zu Unrecht einen (Ingenieurs-) Titel führe und Kompetenzen und Referenzen vorgegeben habe, die einer kritischen Nachprüfung an den entsprechenden Stellen nicht standhielten. Das Gutachten selbst wurde vom Gericht als grobe Spekulation zurückgewiesen. Die Holocaustleugner feierten Leuchter dennoch als Märtyrer, den man habe mundtot machen wollen, um zu verhindern, dass seine „unbe- quemen Wahrheiten“ ein politisches Erdbeben nach sich ziehen könnten. Tatsächlich erkannten bald selbst überzeugte Holocaustleugner die deutlichen Mängel des „Leuchter-Reports“, verstanden diese neue Form der Agitation jedoch als ausbaufähige und sinnvolle Ergänzung ihres Repertoires, sodass Leuchter nicht wenige Epigonen nach sich zog.106 Ein in der Szene populärer Vertreter dieser pseudo-naturwissenschaftlichen Spielart der Leugnung des Holocaust ist Germar Rudolf, welcher vorgab, die Ansätze des „Leuchter-Reports“ aus der Sicht des Chemikers zu prüfen, weiterzuentwickeln und auszudifferenzieren. Ihm kam dabei zugute, dass er zur Zeit der Gutachtenerstellung Doktorand am Max-Planck- Institut war, in dessen Namen er Gesteinsproben, die er ohne Zustimmung der Museumsleitung in Auschwitz entnommen hatte, analysieren lassen konnte. Die Referenz einer renommierten Forschungseinrichtung verlieh seiner Darstellung zwar zunächst eine tiefer gehende Glaubwürdigkeit, zog jedoch gleichsam seine fristlose Kündigung nach sich.107 gengehalten, dass Leuchter davon ausging, dass die Nationalsozialisten in ihren Gaskammern – wie in US-amerikanischen Hinrichtungszellen – eine exorbitant hohe Menge an Zyklon-B verwenden hätten, um einen schnellen und sicheren Tod des Opfers herbeizuführen. Die SS konnte jedoch mit deutlich geringeren Dosen arbeiten, da sie im Gegensatz zu den Voll- streckern der Todesstrafe in den USA keine Zeugen und keine kritische Öffentlichkeit zu fürchten hatte. Das eingesetzte Zyklon-B wiederum sei – so Wellers – zu großen Teilen von den Körpern der Opfer aufgenommen worden, sodass sich nur äußerst geringe Spuren im Mauerwerk ablagern konnten. Aus dem gleichen Grund sei die Räumung und Säuberung der Gaskammern auch keine unmittelbar gesundheitsgefährdende Arbeit für die „Sonder- kommandos“ gewesen. Hinsichtlich der Heizungen betont Wellers, dass die zusammenge- pferchten und in Todesangst versetzen Menschen den Raum binnen weniger Augenblicke auf die erforderliche Temperatur aufgeheizt hatten, ohne dass zusätzliche Wärmezuführung not- wendig gewesen wäre. Siehe: Wellers, Georges: Der „Leuchter-Bericht“ über die Gaskam- mern von Auschwitz. Revisionistische Propaganda und Leugnung der Wahrheit, in: Benz, Wolfgang/Distel, Barbara (Hrsg.): Dachauer Hefte, 7. Jahrgang, Heft 7, Dachau 1991, S. 230– 241. 106 Zu nennen wäre neben Rudolf das „Lüftl-Dokument“ des Österreichers und Bauingenieurs Walter Lüftl, dessen Argumentation in der Tradition Leuchters steht. Siehe dazu Bailer- Galanda, Brigitte: Leuchter und seine Epigonen, in: Bailer-Galanda, Brigitte/Benz, Wolfgang/Neugebauer, Wolfgang (Hrsg.): Die Auschwitzleugner. „Revisionistische“ Ge- schichtslüge und historische Wahrheit, Berlin 1996, S. 124f. 107 Landesamt für Verfassungsschutz Berlin (Hrsg.): Die internationale Revisionismus- Kampagne, Berlin 1994, S. 39. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 36 Rudolf fährt im Wesentlichen zwei Argumentationsschienen: Zum einen behauptet er, dass die Gesteinsproben, die er entnommen habe, nicht die Rück- stände aufweisen, die zu erwarten seien, wenn sie längere Zeit großer Mengen Blausäure (das Gift des Präparates „Zyklon-B“) ausgesetzt gewesen wären. Zum anderen postuliert er, dass in den Massenvernichtungsanlagen in Auschwitz- Birkenau aus bautechnischer Sicht ein Völkermord in den historisch überlieferten Maßstäben nicht hätte stattfinden können. In Bezug auf die Gesteinsproben führt er aus: „1.) Das zum Eisenblau abreagierende Cyanid [Cyanide sind Salze und andere Verbin- dungen der Blausäure] im Mauerwerk besitzt eine viele Jahrhunderte währende Langzeitstabilität. Es zerfällt in ähnlichen Zeiträumen wie das Mauerwerk selber. Cyanidrückstände müßten daher noch heute in fast unverminderter Menge nach- weisbar sein, ungeachtet der Witterungseinflüsse. Beweis dafür sind die noch heute äußerlich blauen, stark cyanidhaltigen Außenwände der Entwesungstrakte BW 5a/b in Birkenau. 2.) Unter den tatsächlichen möglichen Umständen bei den bezeugten massenhaften Menschenvergasungen mit Blausäure müßten in den fraglichen Räumen Cya- nidrückstände in ähnlicher Größenordnung zu finden sein, wie sie in den Sachent- wesungsanlagen zu finden sind, einschließlich der sich daraus ergebenden blauen Wandfärbung. 3.) In den angeblichen „Gaskammern“ sind ähnlich unsignifikante Cyanidrückstände zu finden wie in jedem beliebigen Gebäude.“108 Die „blaue Wandfärbung“ ist ein zentrales Glied in der Argumentationskette von Rudolf, weil sie ein unzweifelhafter Beleg für das Inkontaktkommen von nicht geringen Mengen Blausäure mit der Feuchtigkeit im Mauerwerk sei. Der Autor gibt vor, dass er zwar in den Entlausungsanlagen in Auschwitz diese irreversibelen Färbungen gefunden habe, nicht aber in den ehemaligen Gaskammern bzw. den davon übrig gebliebenen Ruinen. Auch die Untersuchung der von ihm entnom- menen Gesteinsproben auf entsprechende Reaktionsprodukte habe – so Rudolf – die Vermutung gestützt, dass Massentötungen durch Zyklon-B in diesen Räumen nicht stattgefunden haben können.109 Tatsächlich wurden aber nicht nur in den zahllos sichergestellten, mit Frauenhaar gefüllten Säcken des Lager-Magazins 108 Rudolf, Germar: a.a.O., S. 181. 109 Auf diese Behauptungen ließen sich auch die Einwände von Wellers gegen den „Leuchter- Bericht“ anführen. Siehe Anmerkung 105. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 37 signifikante Spuren von Cyanid nachgewiesen,110 auch Jan Markiewicz vom Forensischen Institut in Krakau konnte in den Ruinen der Gaskammern ent- sprechende Spuren nachweisen.111 Ferner hat Richard J. Green ein Gegengut- achten erstellt, in dem es heißt: „His [Rudolfs] argument concerning the traces of cyanides found in the gas chamber are based upon: 1) an erroneous comparison of his supposed sensitivity levels to those of the IFFR [Forensisches Institut in Krakau], 2) an incorrect assumption that exposure to HCN [Blausäure] should produce an equivalent amount of Prussian blue [die Farbe „Berliner Blau“] in the gas chambers as in the delousing chambers, which owes to a comparison of gas phase concentrations without adequate examination of the condensed phase concentrations or the kinetics, and 3) questioning the intellectual honesty of the researchers at the IFFR“112 Der zweite Punkt, an dem Rudolfs Argumentation ansetzt, ist die Bautechnik der Gaskammern in den Krematorien II und III, die über keine Vorrichtung verfügt hätten, um das Giftgaspräparat einzuwerfen. Er führt weiter aus, dass das Zyklon- B über mehrere Stunden tödliche Mengen Blausäure abgegeben haben müsste und die Räume, welche angeblich über keine Lüftungsanlagen verfügten, somit über viele Stunden unbetretbar gewesen sein müssten. Schließlich hätten die „Sonder- kommandos“ nicht ohne Gasmasken und entsprechende Schutzanzüge die Räume leeren und säubern können.113 Rudolf hatte seine Informationen zum Umgang mit und der Wirkungsweise von Zyklon-B den Datenblättern entnommen, die den heute handelsüblichen Blau- säure-Präparaten beiliegen. Josef Bailer weist jedoch daraufhin, dass sich Rudolfs Zahlen auf die Begasung eines von Läusen befallenen, mehrstöckigen Hauses im Winter beziehen (bei niedriger Temperatur verteilt sich das Gift weniger schnell und wird von den Tieren auch langsamer aufgenommen).114 Ferner wird außer Acht gelassen, dass Insekten weitaus resistenter gegen das Gift sind als Menschen 110 Tiedemann, Markus: „In Auschwitz wurde niemand vergast.“ 60 rechtsradikale Lügen und wie man sie widerlegt, Mühlheim an der Ruhr 1996, S. 141. 111 http://www.holocaust-history.org/auschwitz/chemistry/iffr/report.shtml#ref-04 (zuletzt einge- sehn am 21.04.2011 um 21:40 Uhr). 112 Gutachten von Richard J. Green 2001, Siehe: http://www.holocaust-history.org/irving- david/rudolf/affweb.pdf (zuletzt eingesehen am 24.04.2011 um 11:30 Uhr). 113 Auf diese Behauptungen ließen sich auch die Einwände von Wellers gegen den „Leuchter- Bericht“ anführen. Siehe Anmerkung 105. 114 Bailer, Josef: Die „Revisionisten“ und die Chemie, in: Bailer-Galanda, Brigitte/Benz, Wolfgang/Neugebauer, Wolfgang: Die Auschwitz-Leugner. „Revisionistische“ Geschichtslüge und historische Wahrheit, Berlin 1996, S. 141. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 38 und daher erst bei höheren Wirkstoffkonzentrationen und deutlicher längerer Anwendungsdauer sterben. Hinsichtlich des Schutzes der „Sonderkommandos“ übersieht der Autor, dass ein Menschenleben, vor allem ein jüdisches, in Auschwitz nichts wert war.115 Vielmehr schließt er von den hohen Sicherheitsbestimmungen zum Schutz des Personals in US-amerikanischen Hinrichtungszellen auf die in Kriegszeiten gebauten und völkerrechtswidrig betriebenen Vernichtungsstätten in NS-Lagern. Den Bau und die Konstruktion der vergitterten Schächte in den Gaskammern der Krematorien II und III, über die das Zyklon-B eingeführt werden konnte, hat Jean- Claude Pressac ausführlich untersucht und anhand von Bauplänen und Korrespon- denzen zwischen der Bauleitung und ihren Zulieferfirmen dokumentiert.116 2.2 Zwischenresümee Abschließend werden nun die Ergebnisse dieses Kapitels zusammengefasst, in dem untersucht wurde, welche Argumentationsmuster die deutschsprachige Holo- caustleugnung in ihren Publikationen von 1970 bis 1993 verwendet hat. Anhand der untersuchten Fallbeispiele konnte gezeigt werden, dass der deutschsprachige „radikale Revisionismus“ seit den 1970er Jahren kontinuierlich seine Methodik der Propaganda weiterentwickelt, ausdifferenziert und erweitert hat. Fahrlässig wäre es, die Szene auf eine sektenhafte Gruppe von Lügnern und Unzurechnungsfähigen zu reduzieren, deren absurde Wahnvorstellungen ohnehin nicht ernst genommen werden können. Die Argumentationen der „radikalen Revi- sionisten“ dürfen in ihrer Demagogie, Rhetorik und Eloquenz nicht unterschätzt werden, vielmehr wurden verschieden geartete Manipulationstechniken ent- wickelt, die Zweifler zu überzeugen und selbst bei einem Publikum mit reflek- tiertem Geschichtsbild Zweifel zu streuen vermögen. Dabei legen die Holocaust- leugner ihre Argumentationsmuster so an, dass ihre Geschichtsklitterung nicht ohne Weiteres erkennbar wird und sich nur durch gezielte und dezidierte Überprü- fungen nachweisen lässt. 115 Die „Sonderkommandos“ setzen sich zumeist aus Männern jüdischen Glaubens zusammen und wurden in regelmäßigen Abständen von der SS ermordet. Siehe dazu: Greif, Gideon: „Wir weinten tränenlos...“. Augenzeugenberichte des jüdischen „Sonderkommandos“ in Auschwitz, Frankfurt a. M. 1999. 116 Pressac, Jean-Claude: Die Krematorien von Auschwitz. Die Technik des Massenmordes, München 1994, S. 95. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 39 Werden die analysierten Verschleierungstaktiken und Täuschungsmanöver betrachtet, zeigt sich, dass der „radikale Revisionismus“ in seiner Agitation eine deutliche Entwicklung gemacht hat. Im Zuge dieses Prozesses erkannten die Prot- agonisten der Szene Fehler und Schwächen früherer Publikationen und versuchten diese Erfahrungen gewinnbringend für kommende Arbeiten zu nutzen. Weiterent- wickelt wurden zahlreiche Faktoren, die maßgeblichen Einfluss auf den Re- zeptionsprozess des Textes haben. So wurde beispielsweise das Erscheinungsbild und der Sprachgestus der Texte kontinuierlich angepasst und in zunehmenden Maße ein Anspruch auf vermeintlich unvoreingenommene Wissenschaftlichkeit erhoben.117 In noch stärkerem Maße konnte ein Ausbau argumentativer Strategien, sowohl in die Tiefe als auch in die Breite, nachgewiesen werden. Der angeblich wissenschaftliche Anspruch hat deutlich zugenommen und damit auch die scheinbare Glaubwürdigkeit der Publikationen. Erschien es 1973 noch überzeugend, zu behaupten, dass es kein Vernichtungslager in Auschwitz gegeben haben könne, da man schließlich selbst dabei gewesen sei und Gegenteiliges bestätigen könne, wurden zwei Jahrzehnte später bereits pseudo-wissenschaftliche „Gutachten“ erstellt, die ihre Überzeugungskraft aus der Unumstößlichkeit natur- wissenschaftlicher Gesetzmäßigkeiten schöpfen sollten. Das offene Eingeständnis von Sympathien mit dem Nationalsozialismus, zumindest aber die zugegebene Nähe zu rechtsextremen Überzeugungen, entwickelte sich zumeist anti- proportional zu dem vorgegebenen Maß an Wissenschaftlichkeit. Während in der Frühphase deutschsprachiger Holocaustleugnung antisemitische Ressentiments in zahlreichen Schriften deutlich zutage traten oder nur halbherzig verborgen wurden, verwendeten „radikale Revisionisten“ bald zunehmenden Aufwand darauf, diese ideologischen Belastungen zu kaschieren. Immer deutlicher trat die Proklamation in den Vordergrund, politisch sowie ideologisch unbelastet zu sein und lediglich angetrieben von einem wissenschaftlichen Interesse und sich aus der etablierten Geschichtsschreibung ergebenden Zweifeln, die Tatsachenbasis des Holocaust einer kritischen Überprüfung unterziehen zu wollen. 117 In diesem Zusammenhang wäre die Frage interessant, ob diese Entwicklung als Bestandteil einer prinzipiellen, sich weiter ausdifferenzierenden und spezialisierenden Arbeitsteilung des rechtsextremen Spektrums gesehen werden kann. Autonome Nationalisten und rechte Skin- heads treten als gewaltbereite soziale Bewegung auf der Straße in Erscheinung, Anwälte reden, Bürgermeister in Ostdeutschland werden regierungsfähig und „Revisionisten“ konstru- ieren den geschichtswissenschaftlichen Unterbau der Bewegung. 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 40 Wandel und Progression sind nicht das einzige Moment, das die argumenta- tiven Strategien dieser Szene ausmacht. Es konnten auch Konstanten nachge- wiesen werden, die in vielen der hier analysierten Veröffentlichungen beobachtet werden konnten. Eine konstituierende Grundvoraussetzung jeder Holocaustleug- nung ist und muss sein, dass der aktuelle Forschungsstand sowie die Gesamtheit der von der etablierten Historiographie gewonnenen Erkenntnisse nicht etwa widerlegt oder zurückgewiesen, sondern zumeist vollständig ignoriert wird. Diese Gesetzmäßigkeit bezieht sich auf alle Forschungsfelder, die dazu geeignet scheinen, die Faktizität des Holocaust zu stützen. Der Nationalsozialismus ist wohl die am besten erforschte Phase der deutschen Geschichte; ein Wissen, das Bibliotheken füllt, wird von den „radikalen Revisionisten“ nicht zur Kenntnis genommen. Analog erklären die Apologeten alle Zeugenaussagen, die den Völker- mord belegen, für erkauft, erlogen oder erpresst, alle Dokumente für manipuliert oder gefälscht, alle Nachkriegsprozesse als politische Schauprozesse und Willkür der „Sieger-Justiz“. Im Umkehrschluss werden die Erzeugnisse anderer Holo- caustleugner zur über jeden Zweifel erhabenen Referenz aufgebauscht und uner- müdlich zitiert, um in einem Zirkelschluss Kontinuität und Glaubwürdigkeit vortäuschen zu können. Eine Lüge wird solange zitiert, bis sie als Wahrheit glaub- haft erscheint. Von der Regel, dass der Kenntnisstand der etablierten Wissenschaft ignoriert wird, werden Ausnahmen gemacht, wenn sich Zitate renommierter Historiker finden, die – aus dem Zusammenhang gerissen – für die eigene Argumentation in Stellung gebracht werden können. Diese selektive und tendenziöse Auswahl will- kommener Textstellen und das skrupellose Auslassen missliebiger sind wichtige Instrumente im holocaustleugnenden Instrumentarium. Kann Beweismaterial, das die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen zweifellos belegt, nicht ignoriert werden, erfolgen abenteuerliche Interpretationen und Umdeutungen, an deren Ende Täter zu Opfern und Opfer zu Tätern werden. Ein weiterer Ausnahmefall tritt ein, wenn sich in Arbeiten der Zeitgeschichtsforschung einzelne Fehler nach- weisen lassen. Deren Bedeutung wird hochstilisiert und infolge als Beleg für die behauptete Unmöglichkeit des Holocaust angeführt. Insgesamt scheint sich zum Ende der untersuchten Periode ein Trend anzu- deuten, der sich weniger radikalen Thesen, zumindest aber moderaten Agitations- formen und Verpackungsstrategien zuwendet. Maximalforderungen, wie dass im 2. Holocaustleugnende Argumentationsmuster in Printmedien 41 Nationalsozialismus kein Jude vorsätzlich getötet worden sei, treten in den Hinter- grund und werden von partiellen Leugnungsversuchen verdrängt. Anstatt apo- diktisch den Holocaust in Gänze zu bestreiten, scheint man zu einer „Nadelstich- Taktik“ überzugehen, die einzelne Details des bundesrepublikanischen Geschichtsbildes angreift und in Zweifel zieht. Typischer Bestandteil dieser Vorgehensweise ist das Erstellen pseudo-naturwissenschaftlicher „Gutachten“, die im Verbund mit anderen Manipulationstechniken das Erkenntnis-Gebäude der Zeitgeschichtsforschung Stück für Stück ins Wanken bringen sollen. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 42 3 Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet Weltweit haben derzeit über zwei Milliarden Menschen Zugang zum World Wide Web, womit die Zahl der Nutzer in den vergangenen zehn Jahren um das sechs- fache gestiegen ist.118 Das Simon Wiesenthal Center in Los Angeles konstatiert, dass Extremisten jedweder Couleur mit dem rasanten Wachstum schrittgehalten haben und bereits 1995 die erste Webseite mit menschenverachtenden Inhalten online ging.119 Heute schätzt die Organisation, dass gegenwärtig 14.000 Webseiten, Foren und soziale Netzwerke mit antisemitischen Inhalten im Internet zu finden sind.120 In ihrem Projektbericht für das Jahr 2009 gibt das Unternehmen „Jugendschutz.net“ die Gesamtzahl aller deutschsprachigen Internetseiten rechts- extremen Inhalts mit 1872 an, von denen der Statistik zufolge lediglich zehn auffielen, die den Holocaust leugneten.121 Obwohl im Laufe der Recherche zu dieser Arbeit der Eindruck entstanden ist, dass es tatsächlich mehr sind, überrascht die niedrige Zahl. Der Boom rechtsextremer Webseiten ist folglich in quantitativer Hinsicht an den „radikalen Revisionisten“ vorbeigegangen. Vielmehr ist die Zahl entsprechender Angebote in den vergangenen Jahren konstant geblieben, sodass der Verfassungsschutz des Landes Baden-Württemberg bereits 2001 die Zahl entsprechender Seiten auf 20 bis 30 schätzte.122 Es wäre jedoch fahrlässig, den propagandistischen Schaden derartiger Inhalte an der Anzahl jener Webseiten zu messen, die im Monitoring von „Jugend- schutz.net“ auftauchen. Faktoren, die die Tragweite holocaustleugnender Agita- tion ebenfalls beeinflussen, sind Inhalt und Aufmachung der Informationen, enge 118 http://www.internetworldstats.com/stats.htm (zuletzt eingesehen am 02.06.2011 um 18:21 Uhr). 119 Simon Wiesenthal Center (Hrsg.): iReport. Online Terror and Hate. The First Decade, Los Angeles 2008. Einzusehen unter: http://www.wiesenthal.com/ireport (zuletzt aufgerufen am 02.06.2011 um 18:36 Uhr). 120 http://www.wiesenthal.com/site/apps/nlnet/content2.aspx? c=lsKWLbPJLnF&b=4441467&ct=9141065 (zuletzt eingesehen am 02.06.2011 um 19:04 Uhr). 121 Jugendschutz.net (Hrsg.): Rechtsextremismus online. Beobachten und effektiv bekämpfen, Mainz 2010, S. 2. Einschränkend muss hinzugefügt werden, dass den Holocaust trivialisieren- de Inhalte nicht in den Statistiken von „Jugendschutz.net“ berücksichtigt wurden. Die genann- ten Zahlen beziehen sich lediglich auf Formen der Holocaustleugnung, die von rechtsextre- men Webseiten ausgehen. Über deutschsprachige islamistische Seiten, auf denen der „radikale Revisionismus“ durchaus auch in Bezug auf den Nahostkonflikt ein Rolle spielen kann, liegen keine Zahlen vor. 122 Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (Hrsg.): Extremisten im Internet. Eine Herausforderung für die Sicherheitsbehörden, Stuttgart 2001, S. 19. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 43 Vernetzung durch Hyperlinks sowie eine gute Platzierung in den Ergebnislisten häufig genutzter Suchmaschinen. Holocaustleugner können sich in besonderem Maße die Vorteile des WWW zunutze machen, weil das Medium eine grenzüber- schreitende Verbreitung von Informationen in jeden Winkel der Erde ermöglicht. Darüber hinaus existieren im Internet keine Hemmschwellen, die manche Menschen im realen Leben eventuell vom Besuch einer rechtsextremen Veranstal- tung oder vom Annehmen entsprechender Flugblätter abhalten würden. Die Leugnung des Holocaust ist in der Bundesrepublik strafbar, auch wenn entsprechende Äußerungen über das Internet getätigt werden. Allerdings fällt die Ahndung derartiger Delikte durch die Justizbehörden meist schwer, da viele Webseiten ihren Serverstandort im Ausland, häufig in den USA haben (eine Zeit lang auch in Russland). Da das First Amendment der US-amerikanischen Verfas- sung die Meinungsfreiheit als höchstes Gut deklariert und damit eine breite Ausle- gung der Meinungsfreiheit zulässt, ist es oft nicht möglich, die entsprechenden Inhalte aus dem Netz zu nehmen. Zwar lässt sich ohne Weiteres ermitteln, welche Firma in welchem Bundesstaat eine bestimmte Seite speichert, jedoch sind US- amerikanische Unternehmen oft nicht willens, die Namen ihrer zahlenden Kunden preiszugeben. Eine Sperrung von Homepages, wie sie vonseiten der Politik in regelmäßigen Abständen gefordert wird, verkennt den dezentralen Aufbau des Netzes und seine anarchischen Strukturen.123 Vielversprechender erscheinen prag- matische Maßnahmen, die auf nationaler Ebene in Zusammenarbeit von staat- lichen Stellen und den Betreibern populärer Webdienste Wirksamkeit zeigen können. So blendet die deutsche „Google“-Seite seit einiger Zeit auf Antrag straf- rechtlich relevante Inhalte in ihren Suchergebnissen aus und weist den Nutzer darauf hin, wieviele Seiten aus welchen Gründen nicht gelistet werden.124 In die gleiche Richtung zielt das Vorgehen, dass Online-Ausgaben deutscher Zeitungen 123 Schröder, Burkhard: Rechtsextremismus im Internet, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (B39/2000). Als Beleg lässt sich anführen, dass bereits 1996 der Provider „T-Online“ durch eine behördli- che Verfügung dazu gezwungen wurde, für seine Kunden den Zugriff auf den (gesamten!) US-amerikanischen Server zu sperren, der u.a. die „Zündelsite“ hostete. Die Homepage, be- trieben von dem deutsch-kanadischen Neo-Nationalsozialisten Ernst Zündel, ist eine der po- pulärsten holocaustleugnenden Homepages im Netz. Unmittelbar nach der Sperrung regten sich vor allem in den Vereinigten Staaten Proteste von Netzaktivisten, die zwar mehrheitlich nicht mit Zündel sympathisieren, jedoch in dieser Maßnahme einen Eingriff in die Meinungs- freiheit und die Souveränität des Internets sahen. Binnen kürzester Zeit wurden die Datenbe- stände der „Zündelsite“ in zahlreichen Accounts gespiegelt und somit auch für „T-Online“- Kunden wieder zugänglich gemacht. Die Sperrung in Deutschland wurde damit obsolet und infolge wieder aufgehoben. Der Vorfall erlangte Präzedenzwirkung und zeigt, dass sich die Autonomie des Internets nicht durch obrigkeitsstaatliche Maßnahmen begrenzen lässt. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 44 (z.B. die „Süddeutsche Zeitung“) zuweilen die Kommentarfunktion ihrer Texte deaktivieren, wenn zu einem Thema erfahrungsgemäß zahlreiche inakzeptable Beiträge zu erwarten sind. Soziale Netzwerke wie „Facebook“ und „StudiVZ“ löschen Gruppen, in denen gegen Minderheiten gehetzt wird, und schließen die Urheber aus ihrem Netzwerken aus. Ein Ausbau der Zusammenarbeit auf dieser Ebene erscheint zukunftsfähiger als gut gemeinte Absichtserklärungen, die ange- sichts der technischen Tatsachen ins Leere laufen müssen. Im Weiteren soll nun dargelegt werden, wie Netzinhalte ermittelt wurden und nach welchen Kriterien die Auswahl und Zusammenstellung der Fallbeispiele erfolgte. Einer Analyse der Argumentationsmuster dieser Webseiten folgt ein Zwischenresümee, in dem die Arbeitsergebnisse zusammengefasst werden. Im Schlussteil werden die Resultate der gesamten Studie gegenübergestellt, um mögliche Antworten auf die Ausgangsfrage zu geben, welche Argumentations- muster Holocaustleugner gegenwärtig im Internet nutzen. 3.1 Methodische Überlegungen 3.1.1 Das Auffinden holocaustleugnender Inhalte Es konnte bereits gezeigt werden, dass während sich die rechtsextreme Szene im Internet insgesamt ausgebreitet hat, sich die Zahl holocaustleugnender Webseiten seit einigen Jahren auf konstant niedrigem Niveau hält. So ergab sich im Entste- hungsprozess dieser Untersuchung die vom Verfasser unerwartete Problematik, dass holocaustleugnende Inhalte, bevor sie auf ihre Argumentationsmuster hin analysiert werden konnten, erst einmal aufgespürt werden mussten. Das Internet ist nicht in dem Maße mit entsprechender Demagogie überschwemmt, dass es nur eines unachtsamen Klicks bedarf, um entsprechende Inhalte auf den Bildschirm zu rufen. Susann Zeinel Abidine hat 2008 eine Studie vorgelegt,125 in der sie untersuchte, welche Wirkung rechtsextreme Inhalte im Internet auf Kinder und Jugendliche 124 So werden bei der Suche nach den Begriffen „Auschwitz“ und „Mythos“ insgesamt acht Treffer von der deutschen „Google“-Seite nicht angezeigt. „Google“ hat für einzelne Monate Statistiken darüber veröffentlicht, wie oft von welchen Re- gierungen die Löschung von Webseiten aus den „Google“-Suchergebnissen erbeten wurde. Für den Zeitraum Juli bis Dezember 2009 ist Deutschland nach China und Brasilien mit 458 Anfrage auf Platz 3. Siehe: http://www.google.com/transparencyreport/governmentrequests/ (zuletzt eingesehen am 01.05.2011 um 17:55 Uhr). 125 Abidine, Susann Zeinel: Rechtsextremismus im Internet. Angebote für Kinder und Jugendli- che und pädagogische Konsequenzen, Saarbrücken 2007. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 45 haben können. In diesem Zusammenhang ging sie der Frage nach, wie Nutzer auf entsprechende Homepages stoßen können. Sie nennt die folgenden Möglich- keiten: a) Aufsuchen von Web-Seiten direkt über die Webadresse b) Nutzen von Hyperlinks c) Experimentieren mit Web-Adressen d) Suchen mit Suchmaschinen Alle vier Möglichkeiten wurden im Zuge der vorliegenden Arbeit auf ihre Praxistauglichkeit bei der Suche nach zentralen und stark frequentierten Internet- Angeboten hin überprüft. Sehr bald schieden dabei die Variante a) und c) aus, da sie keine oder keine nennenswerten Resultate lieferten. Als effektivste und unkomplizierteste Suchmethode erwies sich in der ersten Phase der Recherche die Möglichkeit d), das Nutzen von Suchmaschinen. Die im Untersuchungszeitraum am stärksten frequentierte Suchmaschine war „Google“,126 infolge stützte sich die Recherche ausschließlich auf diesen Dienst.127 Wie bereits erwähnt, blendet die Suchmaschine auf Antrag staatlicher Stellen Suchergebnisse aus, wenn diese gegen geltendes Recht verstoßen. Dieser Mechanismus lässt sich umgehen, indem zur Recherche bewusst „Google“-Seiten verwendet werden, die in Ländern ansässig sind, deren Regierungen eine weniger restriktive Gesetzgebung hinsicht- lich der Leugnung des Holocaust haben. So lässt sich beispielsweise unter „www.google.dk“, der dänischen „Google“-Seite, eine Vielzahl holocaust- leugnender, rassistischer und nationalistischer Agitation finden, die vom deut- schen Pendant nicht angezeigt werden würde. Als geeignete Suchbegriffe erwiesen sich Schlagwörter, die zentrale Punkte der „radikal-revisionistischen“ Agenda benennen, wie z.B. „Revisionismus“, Gaskammer, Auschwitz, Mythos, „Sechs-Millionen-Lüge“, alliierte Kriegsverbrechen oder auch die Namen einschlägig bekannter Holocaustleugner. 126 „Alexa“ ist ein Serverdienst, der ein Ranking darüber führt, welche Webseiten national und international die höchsten Zugriffszahlen verzeichnen können. Diesen Statistiken zufolge war „Google“ im April 2011 international die bestbesuchteste Seite aller Web-Angebote. Siehe: http://www.alexa.com/siteinfo/google.com# (zuletzt eingesehen am 01.05.2011 um 17:49 Uhr). 127 Vermutlich ließen sich auch über andere Suchmaschinen wie „Yahoo“ „wertvolle“ Treffer er- mitteln, jedoch konnte bereits mit der Verwendung von „Google“ in der Kombination mit anderen Recherchemethoden genügend Material gesammelt werden, sodass sich die Analyse auf diese Suchergebnisse beschränken kann. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 46 Allein mit diesen Begriffen lassen sich relevante Inhalte finden, von denen aus die Suchmethode b), das Nutzen von Hyperlinks, äußerst ertragreich ist. Im letzten Kapitel wurde gezeigt, dass die Szene der „radikalen Revisionisten“ insofern stark interagiert, als dass die Protagonisten in ihren Printmedien beson- ders häufig einander zitieren, bzw. sich gegenseitig als Referenz angeben. Diese Bezugnahmen und Verweise lassen sich auch in der gegenwärtigen Internet-Szene zumindest insofern beobachten, als dass nahezu alle namhaften WWW-Angebote via Hyperlink miteinander verbunden sind. Das bedeutet für die Recherche, dass der Suchende, nachdem er eine der zentralen Domains ausfindig gemacht hat, auf einen Großteil vieler weiterer relevanter Inhalte Zugriff hat. Über diese Methode bedarf es nur weniger Suchmaschinentreffer, um sich, über die auf diesen Seiten zu findenden Verlinkungen, einen großen Teil der elementaren Angebote zu erschließen. 3.1.2 Holocaustleugnende Publikationsformen im World Wide Web Das Internet bietet zahlreiche Verbreitungskanäle für holocaustleugnende Propa- ganda; nicht alle können in dieser Studie Berücksichtigung finden. Ziel der folgenden Überlegungen ist es, die Publikationsformen des Internets, die für die Holocaustleugnung von Interesse sind, vorzustellen. Ferner soll diskutiert werden, welche dieser Phänomene in sinnvoller Weise Teil der Analyse werden können. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, mit welchen Propagandaformen Schüler und Geschichtslehrer u.U. in Kontakt kommen, wenn sie zum Thema „Holocaust“ recherchieren. Mit welchen Argumentationen werden politisch Unbelastete konfrontiert, wenn sie – sei es aus bewusster Neugier oder versehentlich – auf derartige Webseiten stoßen? Wie inszeniert sich der „radikale Revisionismus“ gegenüber der Mehrheitsgesellschaft? Zudem gilt es, adäquate Vergleichsobjekte auszuwählen, die in sinnvoller Weise in Verhältnis zu den Untersuchungsergebnissen des letzten Kapitels gesetzt werden können. Verfasser von Monografien oder Aufsätzen haben in der Regel einen gewissen Qualitätsanspruch an die eigene Publikation, sodass diese vor dem Erscheinen inhaltlich reflektiert und orthographisch korrigiert wird. Erscheinungs- formen des modernen WWW, deren Nutzer allzu spontan und intuitiv miteinander interagieren, finden daher im Weiteren keine Berücksichtigung. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 47 Mitte der 1960er Jahre werden die ersten Grundlagen für ein Computernetz gelegt, das zunächst nur auf die militärischen Nutzungsabsichten der US-Luft- waffe ausgerichtet ist. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurde die Technik zu einem weltweiten Netzwerk weiterentwickelt, das nicht nur zum Datenaustausch genutzt sondern auch als Massenmedium verwendet wird. Die Privatisierung und Kommerzialisierung der Netze beginnt an der Schwelle von den 1980er zu den 1990er Jahren und geht mit einem enormen Zuwachs an Nutzerzahlen einher. Geben 1997 nur 6,5 % der deutschen Bevölkerung an, das Internet gelegentlich zu nutzen, sind es 2010 bereits 69,4 %.128 In den 1990er Jahren entstehen auch wichtige digitale Dienste und Formate, die die mannigfaltigen Nutzungsmöglich- keiten des Netzes heute ausmachen und seinen Siegeszug maßgeblich bedingen. Eine der populärsten Entwicklungen jener Periode, das World Wide Web, ist in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand von besonderem Interesse. Es ermöglicht die Darstellung von Dokumenten auf jedem Rechner, der über einen Internetzugang und einen Browser verfügt. Diese technische Innovation ist für den globalen Rechtsextremismus im Allgemeinen und die Leugnung des Holo- caust im Speziellen von besonderer Bedeutung. Ohne die Verfolgung durch die Ermittlungsbehörden fürchten zu müssen, können von nun an strafrechtlich rele- vante Inhalte über sichere Serverstandorte anonym in das Netz eingespeist werden. Diese „traditionelle“ Nutzungsform des Internets hat seine elementare Funktion für den „radikalen Revisionismus“ bis heute nicht eingebüßt und nimmt daher eine zentrale Position in der folgenden Analyse ein. Eine weitere Möglichkeit zur Verbreitung von Propaganda, deren technische Realisierung schon in den 1990er Jahren erfolgte, ist das Angebot zum Download umfangreicherer Textdokumente (häufig im PDF-Format). Auf diesem Weg lassen sich auch größere Textmengen wie Monografien und Zeitschriften im Internet verbreiten und bequem herunterladen, speichern und/oder ausdrucken. Prinzipiell ist diese Möglichkeit zur Verbreitung von Propaganda auch heute noch vielfach im Netz vorhanden und wird von Publizisten rege genutzt. Ein Großteil der Schriften, die im letzten Kapitel analysiert wurden, findet sich in hochauflösender Qualität eingescannt und alphabetisch sortiert im Internet wieder. Auch neue, umfangreiche Monografien in deutscher Sprache können jederzeit und kostenlos 128 http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/index.php?id=onlinenutzung0 (zuletzt eingesehen am 03.05.2011 um 12:05 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 48 bezogen werden, ohne mit den Protagonisten dieser anrüchigen Szene in direkten Kontakt treten zu müssen. Es erscheint jedoch unwahrscheinlich, dass Schüler ein mehrere Hundert Seiten umfassendes Buch herunterladen und lesen, sodass diese Publikationsform im Weiteren keine Berücksichtigung finden wird. 2003 kommt erstmals das Schlagwort „Web 2.0“ auf, das konstatiert, dass sich medienspezifische Nutzungsformate entwickelt hätten, die die Vorstellung von einer völlig neuen Version des Webs nahelegen.129 Tatsächlich hat sich seit diesem Zeitpunkt eine breite Palette an Nutzungsformen herausgebildet, die in vielfältiger Weise dem Nutzer die Möglichkeit bieten, am WWW zu partizipieren. Schon zuvor zeichneten sich Angebote ab, die den User in die Lage versetzen, am virtu- ellen Geschehen teilzuhaben und mitzuwirken, wie beispielsweise in Gästebü- chern oder in Foren. Die Entwicklung nahm jedoch ab einem gewissen Zeitpunkt in qualitativer und quantitativer Hinsicht neue Dimensionen an und brachte immer innovativere Formate hervor, die eine engere Verknüpfung von virtuellem und realem Leben ermöglichten. Der Begriff „Web 2.0“ wird heute zunehmend von dem Terminus „Social Media“ verdrängt, sodass letzterer im Weiteren verwendet wird. Der beschriebene Prozess, der 2003 erstmals benannt wurde, schritt in den Folgejahren weiter voran, sodass heute ein vielfältiges Angebot an Teilhabe- und Nutzungsmöglich- keiten die Netzrealität prägt. Der „Social Media Kompass 2010/2011“ führt eine große Bandbreite an gegenwärtigen Erscheinungsformen partizipativer Medienan- gebote im Internet auf.130 Folgenden Phänomene könnten als denkbare Kategorien für die Untersuchung geprüft werden: Social Networks, Blogs, Microblogs, News- groups/Foren, Wikis und Foto- und Video-Sharing. Social Networks wie „Facebook“ und „StudiVZ“ verzeichnen vor allem in jüngster Zeit einen enormen Zuwachs an Nutzerzahlen und werden zunehmend von Extremisten jedweder Couleur genutzt.131 Die Berücksichtigung dieser riesigen Materialbestände erscheint lohnenswert, ist jedoch hier nicht realisierbar. Darüber hinaus sind die Beiträge der Social Networks häufig sehr knapp gehalten, sodass auch sie keinen angemessenen Vergleichswert zu den Analyse-Ergebnissen 129 In Analogie zu Versionsnummern von Softwareprodukten wurde die Zahl „2.0“ gewählt. 130 Bundesverband Digitale Wirtschaft (Hrsg.): Social Media Kompass 2010/2011, Düsseldorf 2011. 131 Zum Thema „Antisemitismus auf „Facebook“ siehe: http://www.zeit.de/digital/internet/2010- 06/antifa-antisemitismus-facebook (zuletzt eingesehen am 03.05.2011 um 13:08 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 49 des letzten Kapitels bieten können. Social-Networks werden daher im Folgenden nicht einbezogen. Microblogs sind Dienste wie „Twitter“, die nur eine Maximallänge von 140 Zeichen zulassen. Ein populäres Angebot, das Foto- und Video-Sharing anbietet, ist „YouTube“, wo Nutzer die Beiträge anderer User kommentieren können. Hier finden sich zahllose antisemitische und holocaustleugnende Kommentare, die jedoch in der Regel nur wenige Zeilen umfassen. Diese Hetzzuschriften sind ebenfalls so knapp gefasst, dass sie keinen adäquaten Vergleichswert zu den im letzten Kapitel analysierten Monografien und Periodika bieten können. Micro- blogs und Foto-/Video-Sharing-Angebote werden daher nicht Gegenstand der Untersuchung sein. Foren und Newsgroups gleichen einem Schwarzen Brett im Internet, auf denen in erster Linie Fragen und Meinungen ausgetauscht und archiviert werden. Häufig bilden sich um die Portale aber auch feste Gemeinschaften, deren Teilnehmer sich kennen und durchaus eine Beziehung zueinander aufbauen. Zwar werden auf diesen Brettern mitunter auch umfangreiche, wohl durchdachte Texte veröffent- licht, tendenziell handelt es sich aber eher um spontane Kurzbeiträge. Die Charak- teristika dieser Publikationen unterscheiden sich deutlich von den Printmedien, sodass sie im Weiteren keine Berücksichtigung finden. Der „Social Media Kompass“ liefert zu Blogs und Wikis die folgende Begriffs- definition: „Blogs Via Blogs können Nutzer Meinungen zu spezifischen Themen, News oder Aspekte des eigenen Lebens veröffentlichen. Die Leser des Blogs können die Text-, Audio oder Videobeiträge (auch Vlogs genannt) eines Autors kommentieren, verlinken und diskutieren. Bekannte Blogging-Dienste sind: blog.de, Blogger, Livejournal, myblog.de, twoday.net, Type-Pad, Windows Live Spaces und WordPress. […] Wikis Wikis dienen dem Online-Austausch von Wissen und Informationen. Das Beson- dere: die Beiträge von Wikis können von einem oder mehreren Autoren erstellt werden. Der Inhalt kann jederzeit bearbeitet und somit verändert werden. Bekannte Wikis sind. DMOZ, Knol und Wikipedia. [...]“132 132 Bundesverband Digitale Wirtschaft (Hrsg.): a.a.O., S. 8f. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 50 Beide Formate, Blogs und Wikis, lassen sich mit dem methodischen Ansatz dieser Arbeit in Einklang bringen und stecken daher, neben den klassischen Homepages im HMTL-Format, den Untersuchungsrahmen dieser Analyse ab. 3.1.3 Kriterien für die Auswahl holocaustleugnender Webseiten Die Organisation „Jugendschutz.net“ überprüft jugendschutzrelevante Angebote im WWW und ist damit auch zuständig für das Monitoring der rechtsextremen Internet-Szene. Die im jährlichen Turnus publizierten Projektberichte geben vor allem Aufschluss über die quantitative Dimension entsprechender Inhalte sowie die eingeleiteten Gegenmaßnahmen. Während von dieser Seite aus das Angebot rechtsextremer Inhalte beobachtet wird, soll die vorliegende Studie die Nachfrage entsprechender Inhalte in den Mittelpunkt rücken. Untersuchungsgegenstand sind folglich Internetseiten, die besonders häufig und regelmäßig rezipiert werden. Es ist also nicht Ziel, das Angebot in seiner Breite zu betrachten, stattdessen sollen die Argumentationsmuster zentraler und stark frequentierter Inhalte einer qualita- tiven Inhaltsanalyse unterzogen werden. Die Frage, wie oft eine Webseite besucht wird, ist nur schwer zu beantworten, da die Angaben der Betreiber (sofern Anfragen beantwortet wurden) unglaub- würdig erscheinen. Eine Vorauswahl potenzieller Fallbeispiele konnte bereits im Rahmen erster Orientierungsversuche bei den Recherchen zur Untersuchung getroffen werden. Wie unter 3.1.1. beschrieben, ist ein Großteil der einschlägigen Seiten via Hyperlink miteinander verbunden, sodass beim Durcharbeiten verlinkter Homepages bald ein Kanon immer wieder auftauchender Domains entsteht. Gemäß den Angaben des Verfassungsschutzes handelt es sich dabei um nicht mehr als etwa zwanzig Seiten, die immer wieder in Erscheinung treten. Da jedoch selbst diese Anzahl den Rahmen dieser Arbeit überschreitet, werden Angebote aussortiert, die sich an Besucher richten, die offensichtlich bereits über ein „revisionistisches Vorwissen“ verfügen und sich weiter in die Materie vertiefen möchten. Es verbleibt ein Fundus von einem guten Duzend holocaustleugnender Seiten, die für die Analyse in Frage kommen. Der Serverdienst „Compete“133 ist ein Werkzeug im Internet, das Webseitenzugriffe zählt und in Tabellen und Grafiken darstellt. Ein Großteil des Leistungspakets ist kostenpflichtig, einige, hier ausrei- 133 http://www.compete.com/ (zuletzt eingesehen am 01.06.2011 um 16:55 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 51 chende Basisfunktionen können jedoch auch unentgeltlich genutzt werden. Für alle Domains der getroffenen Vorauswahl wurden die monatlichen Besucher- zahlen bei „Compete“ abgerufen und miteinander verglichen, sodass sich Trends hinsichtlich der Frequentierung ablesen lassen. „Compete“ listet nur Seiten, die ein gewisses Minimum an Traffic vorweisen können, sodass ein wichtiges Krite- rium sein kann, ob zu einer Domain überhaupt Daten vorhanden sind. Die folgenden Webseiten konnten im Zeitraum zwischen Mai 2010 und März 2011 die meisten Klicks vorweisen, sodass sie im Weiteren Gegenstand der Analyse sein werden: Webseite Durchschnittliche monatliche Besucherzahl „Vrij Historisch Onderzoek“ 11336 „Altermedia“ 8122 „Metapedia“ 7351 „National Journal“ 1941 „kreuz.net“ 40 „Reichsbewegung“ Keine Angabe 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 52 Hier die Graphen, wie sie die Analyse mit „Compete“ ergeben hat (aus urheber- schutzrechtlichen Gründen entfernt): Die x-Achse der Koordinatensysteme bildet den zeitlichen Rahmen der Messung ab, die y-Achse zeigt die Zahl der monatlichen Besuche (k=Kilo=tausend). Das „National Journal“ besitzt die URL „globalfire.tv“ und ist unter diesem Namen in der Grafik verzeichnet. Für die Seite „Reichsbewegung.org“ bietet „Compete“ keine Werte an, trotzdem wird die Homepage miteinbezogen, da sie häufig verlinkt ist und die Analyse der Inhalte vielversprechend erscheint. „Die […] Besucherzahlen [aus „Compete“] werden anhand unterschiedlicher Quellen errechnet, z.B. aus Angaben von diversen Internetanbietern, von Internet- Datenbanken (opt-in panels), von Dienstleistungsunternehmen, die einen Informa- tionsaustausch über das Internet anbieten sowie den Nutzern der Compete Symbol- leiste.“134 Bei der Ermittlung der Werte wurde das „Unique-Visitors-Verfahren“ verwendet, das eine Person nur einmal pro Monat als Nutzer zählt, egal wie häufig diese die Seite besucht hat. „Compete“ zufolge handelt es sich hierbei um die geeignetste Methode zur Ermittlung der tatsächlichen Beliebtheit einer Homepage. Dennoch ist die Aussagekraft der Ergebnisse deutlich eingeschränkt, vor allem deshalb, 134 Landgraf, Rocco/Rehm, Steffi: a.a.O., S. 229. Quelle: http://siteanalytics.compete.com/altermedia.info+kreuz.net+metapedia.org/ Quelle: http://siteanalytics.compete.com/vho.org+globalfire.tv/ 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 53 weil z.B. „kreuz.net“ sich ausschließlich an deutschsprachige Nutzer richtet, alle anderen Seiten jedoch Sektionen in mehreren Sprachen anbieten.135 Besucher- zahlen für deutschsprachige Länder können mit „Compete“ nicht separat darge- stellt werden. Gleichwohl scheinen die Werte zumindest einen ersten Eindruck davon zu vermitteln, wie oft Seiten holocaustleugnenden Inhalts insgesamt aufge- rufen werden. Zudem ist davon auszugehen, dass eine Seite, die global betrachtet sehr viele Besucher hat, auch auf ihren einzelnen Subseiten ein gewisses Mindestmaß an Attraktivität vorweisen kann. 3.2 Analyse der Argumentationsmuster ausgewählter Online- Publikationen 3.2.1 „Vrij Historisch Onderzoek“ Das vielleicht umfangreichste Angebot holocaustleugnender Schriften in deut- scher Sprache bietet die Webseite der Organisation „Vrij Historisch Onderzoek“136 (Freie Historische Forschung, kurz VHO). Diese wurde 1985 von Siegfried und Herbert Verbeke gegründet, ging 1997 ans Netz und vertreibt bis heute Bücher, Zeitschriften, Aufkleber, Flugblätter etc.137 Dies geschieht sowohl per Versand über den Verlag „Castle Hill Publishers“ aus dem Ausland sowie in digitaler Form über das WWW. Offiziell ist die „VHO“ in Berchem (Belgien) ansässig, was insofern eine Verschleierungsmaßnahme sein muss, als dass bei wiederholten Durchsuchungen von Räumen der Organisation keine strafrechtlich relevanten Materialien gefunden wurden.138 Die Webseite spiegelt das gesamte „radikal-revisionistische“ Publikations- wesen nahezu lückenlos wider; neben der „Auschwitz-Lüge“ von Christophersen, dem „Auschwitz-Mythos“ von Stäglich und dem „Rudolf-Report“ von Rudolf lassen sich derzeit alleine 78 weitere deutschsprachige Monografien als PDF- Dokument herunterladen. Darüber hinaus werden vier mittlerweile eingestellte Zeitschriften (teilweise im Volltext) zur Verfügung gestellt. Diese und sämtliche weitere Download-Angebote sind kostenlos. 135 „Altermedia.org“ 23 Sprachen, „Metapedia.org“ 16 Sprachen, „VHO.org“ fünf Sprachen, „National Journal“ zweisprachig, „Kreuz.net“ einsprachig, „Reichsbewegung.org“ einspra- chig. 136 www.vho.org (zuletzt eingesehen am 10.05.2011 um 17:02 Uhr). 137 Fromm, Rainer/Kernbach, Barbara: Rechtsextremismus im Internet, München 2001, S. 236. 138 Nickolay, Bernd: a.a.O., S. 156. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 54 Das Hausorgan der „VHO“ sind die „Vierteljahreshefte für freie Geschichtsfor- schung“139, deren Kopf Germar Rudolf dem Verfassungsschutz zufolge „Deutsch- lands aktivster Revisionist“140 ist. Sein Periodikum erschien vierteljährlich von 1997 bis 2006 und musste schließlich eingestellt werden, weil er sich zunehmend staatlicher Repressionen ausgesetzt sah. Die Veröffentlichung des „Rudolf- Reports“ führte u.a. zu einem Strafermittlungsverfahren, infolge dessen der Autor wegen Volksverhetzung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Er entzog sich seiner Verhaftung und floh über Spanien, England in die USA, wo er einen Antrag auf politisches Asyl stellte.141 Dieser wurde 2004 abgelehnt und Rudolf in die Bundesrepublik abgeschoben, wo ihn die Polizei noch am Flughafen verhaftete. Seit seiner Haftentlassung im Juli 2009 versucht er eine Aufenthaltserlaubnis in den USA zu erlangen, die ihm jedoch bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt verwei- gert wird, weil, so Rudolf, „[t]he U.S. consulate dealing with Rudolf's „greencard“ simply refuses to adjudicate his case, claiming that ,the case is so complicated that we cannot even give you an estimate as to how long it will take to come to a decision.‘“142 „Freedom for Germar Rudolf“,143 fordert der Autor für sich selbst und bringt seine Empörung darüber zum Ausdruck, dass die USA ihn offensicht- lich nicht wieder einreisen lassen wollen. Die Organisation „Vrij Historisch Onderzoek“ hat sich mittlerweile aufgelöst. Treibende Kraft und Administrator der Homepage ist nun Rudolf, der diese Webplattform ausschließlich nach seinem Gusto ausrichtet.144 Rudolf steht für einen pseudo-naturwissenschaftlichen, vorgeblich objektiven „radikalen Revisio- nismus“. Belegt wird diese Beobachtung auch durch die Tatsache, dass während seiner Haftzeit die „Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung“ von ihrem Kurs abwichen und klar erkennbar ideologisch motivierte, ungehemmte Holo- caustleugnung betrieben.145 139 Der Name ist bewusst in Anlehnung an die „Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte“ vom Institut für Zeitgeschichte in München gewählt, um sich wissenschaftlich zu geben und/oder Ver- wechselungen zu provozieren. 140 Bundesministerium des Inneren (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2004, Berlin 2005, S. 112. 141 Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): White Pride Worldwide. Fallbeispiele: Die Internationale des Online-Rechtsextremismus, Düsseldorf 2004, S. 3. 142 http://germarrudolf.com/ (zuletzt eingesehen am 10.05.2011 um 16:01 Uhr). 143 http://www.vho.org/ (zuletzt eingesehen am 10.06.2011 um 11:48 Uhr). 144 Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): White Pride Worldwide, a.a.O., S. 3, Anmer- kung 4. 145 Siehe bspw.: Neumann, Victor (Hrsg.): „Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung“, Nr. 3/2007. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 55 In Bezug auf die technischen Möglichkeiten und die optische Aufmachung ist die Seite nicht auf der Höhe der Zeit, sondern erinnert mehr an HTML-Seiten der frühen 2000er Jahre. Die Webseite ist äußerst textlastig und enthält außer verein- zelten Bildern altmodisch wirkende, gelbliche Muster im Hintergrund. Die Inhalte werden in fünf Sprachen angeboten sowie Links zu 41 (meist) holocaust- leugnenden Homepages bereitgestellt, – womit nahezu alle relevanten Netz- Inhalte zum Thema verfügbar sind. Wird die Domain der „VHO“ über „Google“ gefunden und angeklickt, gelangt der Nutzer in das Empfangsportal der Webplattform, die eine Einführung zu den Inhalten der Seite in fünf verschiedenen Sprachen bereithält. Am Schluss dieser siebenseitigen Einführung wird per Link auf eine Broschüre verwiesen, in der die „wichtigsten Fragen zum Thema Holocaust-Revisionismus“ beantwortet würden. Die Einleitung zur Seite trägt die Überschrift „Die Holocaust-Kontroverse. Ein Fall für die Redefreiheit“,146 ein Autor wird nicht benannt. Der Text gliedert sich in kurze Abschnitte, die jeweils 200 bis 300 Wörter umfassen und eigene Zwischenüberschriften tragen. Am Kopf des Textes ist das Foto eines Massen- grabes in dem Konzentrationslager Bergen-Belsen zu sehen. Charakteristisch für diese Publikation ist, dass sie auf engen Raum eine Vielzahl von Argumenten komprimiert, die nur schwer verifizierbar sind, da sie nicht belegt werden. Die Schrift verfügt weder über einen Anmerkungsapparat noch ein Literaturver- zeichnis. Eingangs erläutert der Autor das Selbstverständnis des „Revisionismus“: „Es ist selbstverständlich, daß man geschichtliche Themen debattiert, aber beim Holocaust ist das nicht erlaubt – eine einflußreiche Lobby [147] hat hier eine Ausnahme durchgesetzt. Dabei sollte doch jedermann ermuntert werden, die Holo- caust-Geschichte ebenso kritisch zu untersuchen, wie dies bei anderen geschicht- lichen Ereignissen gang und gäbe ist. 146 http://vho.org/Intro/D/Flugblatt.html (zuletzt eingesehen am 05.05.2011 um 20:57 Uhr). Da Online-Texte über keine Seitenzahlen verfügen, wird im Weiteren, um den Anmerkungs- apparat überschaubar zu halten, nicht jedes Zitat mit dem immer gleichen Link versehen. Sofern im Fließtext nicht eine neue Internet-Quelle eingeführt und belegt wird, beziehen sich alle Zitate auf die zuletzt belegte Quelle. 147 Um das Aktivwerden von Justizbehörden zu vermeiden, sind im antisemitischen Diskurs Chiffre gängig, die von allen judenfeindlichen Gruppen verstanden werden. Hinter einer „ein- flussreichen Lobby“, einer „Gruppe an der Ostküste“ oder „mächtigen Bankiers“ steht immer die Vorstellung von einem „internationalen Finanzjudentum“, das die Medien kontrolliert und das Weltgeschehen durch „Marionettenregierungen“ in Washington, Jerusalem und Berlin zum eigenen Vorteil steuert. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 56 Das ist kein extremer oder radikaler Standpunkt. Die kritische Hinterfragung hat im Abendland eine Jahrtausende alte Tradition, die durch griechische Philosophen wie Sokrates begründet und im Rahmen der Aufklärung vor ein paar Jahrhunderten wieder erneuert wurde.“ Der Verweis auf Sokrates ist insofern nachvollziehbar, als dass das pädagogische Konzept des Philosophen zunächst einmal jede Meinung zulässt, – sei sie auch noch so radikal und abwegig. Voraussetzung ist jedoch, dass sie sich einer ratio- nalen, kritischen Überprüfung stellt. Besteht sie diese Prüfung, erhält sie Gültig- keit, erweist sie sich als falsch, wird sie indiskutabel.148 Die „kritische Hinterfra- gung“, von der in der Einleitung die Rede ist, scheint aus Sicht des „radikalen Revisionismus“ nur bei missliebigen Tatsachen geboten, nicht jedoch für die eigene Doktrin. Schließlich suchen Holocaustleugner unermüdlich nach einzelnen Ungewissheiten, Zweideutigkeiten oder fälschlichen Annahmen im Erkenntnis- kanon der Holocaust-Forschung, um von dort aus die Shoah in ihrer Gesamtheit zu hinterfragen. Die klaffenden Lücken und Krater ihres faktenfreien Weltbildes ignorieren sie. Zudem erscheint es unwahrscheinlich, dass sie ihre Standpunkte hinterfragen würden, wenn ihnen nachgewiesen würde, dass sie einem „Irrtum“ unterliegen. Denn in nahezu allen Fällen ist die Leugnung des Holocaust nur ein Vehikel zur Verbreitung von Antisemitismus und Antizionismus.149 Auch die Analogie zur Aufklärung ist fragwürdig. Markus Tiedemann: „Die Tradition der Aufklärung hält […] eine klare, wissenschaftspropädeutische Lösung parat. Fokussiert wird nicht auf den Inhalt, sondern auf die Methode und die Genese der Behauptung. Genau dann, wenn alle Methoden nur im Dienst eines bereits vorgegebenen Ergebnisses stehen, handelt es sich eben nicht um Wissen- schaft, sondern schlicht um Propaganda. Genau dies trifft nun auf die revisionis- tische Geschichtsfälschung in eindrucksvoller Weise zu. Quellen werden geleugnet, erfunden oder manipuliert um zu einem bereits bestimmten Ergebnis zu kommen.“150 Der Verweis auf die Tradition des Abendlandes und die Werte der Aufklärung sind pseudo-humanistische Fassade, hinter der sich die Bestrebungen, diese zu 148 Tiedemann, Markus: Rechtsextreme Geschichtsfälschung und die pädagogische Antwort der offenen Gesellschaft, in: BPjM-Aktuell, Jahrestagung 2006, Bonn 2006, S. 16. 149 Skelton-Robinson, Thomas: Neue Tendenzen der Holocaustleugnung in Nordamerika, in: Morsch, Günter/Perz, Bertrand: (Hrsg.): a.a.O., S. 412. 150 Tiedemann, Markus: a.a.O., S. 15. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 57 begraben, verbergen. Im weiteren Textverlauf verortet der Autor „die Juden“ im Konfliktgefüge des Dritten Reichs: „Im Zweiten Weltkrieg wurden die Juden außerdem als Feinde des Deutschen Reiches und als potentielle Gefahr seiner Kriegsbemühungen angesehen, genau wie Deutsche, Italiener und Japaner in den USA eingestuft wurden.“ Hier finden sich deutliche Anklänge an Ernst Nolte, der in den 1980er Jahren u.a. postulierte, die Internierung von Bürgern jüdischen Glaubens habe die Reaktion auf eine „jüdische Kriegserklärung“ sein können.151 Für diese abwegige These sprechen von Holocaustleugnern immer wieder vorgelegte Zeitungsmeldungen und Aussagen aus den 1930er und 1940er Jahren, die derartiges belegen sollen.152 Dazu ist zu sagen, dass die überall in der Welt lebenden Juden nicht als eine kollektive Gruppe existieren und weder 1939 noch heute eine gemeinsame Regie- rung haben, die im Namen „der Juden“ dem Deutschen Reich den Krieg erklären konnte. Selbst diese Tatsache außer Acht lassend, hätte das geltende Völkerrecht jegliche Maßnahme gegen unbewaffnete Zivilisten verboten.153 Ein weiteres Thema, dem sich der Autor der Einführung widmet, sind die Fotos von Leichenbergen, die in der Nachkriegszeit den Schrecken der Lager belegten. Dazu wird ausgeführt: „Wir haben alle „die Fotos“ gesehen. Endlos. Fotos aus alliierten Nachkriegs- sendungen, die angloamerikanische Fotographen bei der Einnahme der deutschen Lager gemacht haben, vor allem die schrecklichen Szenen von Dachau, Buchen- wald und Bergen-Belsen. […] Diese Bilder werden gewöhnlich so dargeboten, daß 151 Heinsohn, Gunnar: Warum Auschwitz? Hitlers Plan und die Ratlosigkeit der Nachwelt, Hamburg 1995, S 113. 152 Kurz nach dem deutschen Angriff auf Polen wurde bekannt, dass Chaim Weizmann einen Brief an das Auswärtige Amt in London gerichtet hatte, indem er erklärte, dass die Juden auf der Seite Großbritanniens stünden und für die Demokratie kämpfen würden. Gleichwohl war Weizmann 1939 nur Präsident des Zionistischen Weltkongresses, der zu dieser Zeit gut eine Millionen (etwas mehr als 6% der damaligen jüdischen Weltbevölkerung) Mitglieder umfasste. Siehe dazu: Auerbach, Hellmuth: „Kriegserklärung“ der Juden an Deutschland, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Legenden, Lügen, Vorurteile. Ein Wörterbuch zur Zeitgeschichte, München 1992, S. 122–126. Der US-Amerikaner Theodor N. Kaufmann veröffentlichte zu Beginn des Jahre 1941 die Broschüre „Germany must perish“, in der er für eine Sterilisation aller Deutschen plädierte, wenn es zum Krieg mit dem Deutschen Reich käme. Sowohl vom NS-Regime als auch vom „Revisionismus“ wird Kaufmann immer eine angebliche Nähe zu dem amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt nachgesagt. Tatsächlich hatte diese Verbindung zu keinem Zeitpunkt Bestand, Kaufmann wurde in den USA kaum zur Kenntnis genommen. Siehe dazu: Benz, Wolfgang: Die „jüdische Kriegserklärung“ an Deutschland. Ju- denvernichtung aus Notwehr?, in: ders./Reif-Spirek, Peter (Hrsg.): Geschichtsmythen, Legenden über den Nationalsozialismus, Berlin 2003, S. 11–26. 153 Geiss, Imanuel: Zum Historiker-Streit, in: Augstein, Rudolf (Hrsg.): „Historikerstreit“. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenver- nichtung, München/Zürich 1987, S. 375. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 58 die dargestellten Szenen als das Ergebnis zielgerichteter deutscher Politik wirken – wenn dies nicht sogar ausdrücklich angemerkt wird. Die Fotos sind echt, aber ihre Deutung ist falsch. Selbst die etablierten Historiker räumen ein, daß es in keinem dieser Lager eine deutsche Politik zur Tötung der Häftlinge gab. Während der letzten Kriegsmonate, als die Sowjetarmee in Deutschland einmarschierte, zerstörten englische und US- amerikanische Bomber durch Flächenbombardierungen praktisch alle deutschen Großstädte. Das Verkehrssystem, die Nahrungsversorgung, medizinische und sanitäre Einrichtungen – alles brach zusammen. Das war der Zweck dieser Luftan- griffe, die eine Barbarei der Kriegsführung darstellten, wie es sie seit der Invasion der Mongolen nicht mehr gegeben hatte. Millionen Flüchtlinge, die vor der Sowjetunion flohen, ergossen sich über Mittel- und Westeuropa. Als Ergebnis des fortdauernden Krieges, des Hungers, und der Epidemien starben Millionen Zivilisten in ganz Deutschland. Die Lager bildeten bei dieser Tragödie keine Ausnahme. Die noch immer unter deutscher Befehlsge- walt stehenden Lager waren überfüllt durch Häftlinge, die aus dem Osten evakuiert worden waren. Anfang 1945 litten die Insassen an Unterernährung und Epidemien wie Fleckfieber und Cholera, und viele kamen dadurch um.“ (Fehler im Original) Zunächst einmal fällt an diesem Zitat auf, dass der Verfasser sich den wahrschein- lichen Umstand zunutze macht, dass Laien der Geschichtswissenschaft vermutlich nicht exakt über den Unterschied zwischen den Konzentrationslagern im „Altreich“ und den Vernichtungslagern in Polen informiert sind. „Selbst die etablierten Historiker räumen ein, daß es in keinem dieser Lager eine deutsche Politik zur Tötung der Häftlinge gab.“ Diese fragwürdige Aussage suggeriert, dass die schrecklichen Bilder von der Befreiung der Lager (im Text wird das Wort „Einnahme“ bevorzugt) nicht dem Schuldkonto der Nationalsozialisten, sondern dem Hunger und den Epidemien zuzurechnen seien. Für diese wiederum trage das NS-Regime auch keine Verantwortung, sondern vielmehr die alliierten Luftan- griffe, welche durch ihre Bombardements die katastrophalen Zustände in den Lagern zu verantworten hätten. Der Text verdichtet hier eine große Anzahl an Behauptungen, ohne diese zu reflektierten, abzuwägen oder zu belegen. Was mit „keine deutsche Politik zur Tötung der Häftlinge“ gemeint ist, bedarf einer weiteren Erläuterung. Sollte dem Verfasser an der unterschiedlichen Funktion von Konzentrations- und Vernich- tungslagern gelegen sein, würde diese Unterscheidung implizieren, dass es in 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 59 Auschwitz-Birkenau, Sobibor, Belzec, Treblinka, Majdanek und Kulmhof sehr wohl eine „deutsche Politik zur Tötung von Häftlingen“ gab. Zu den Lebensbe- dingungen in den Konzentrationslagern des „Altreiches“ liegen zahlreiche Berichte und Studien vor, die zur Kenntnis genommen werden müssen, bevor anderweitige Behauptungen aufgestellt werden.154 Es wäre wichtig, zu wissen, welche „etablierten Historiker“ gemeint sind, wenn sie im Text als Beleg für eine These angeführt werden. Handelt es sich um „radikale Revisionisten“ oder um seriöse Forscher wie Raul Hilberg oder Saul Friedländer, deren Aussagen immer wieder gerne von Holocaustleugnern aus dem Zusammenhang gerissen und/oder umgedeutet werden? Schließlich zieht der Autor die Opferzahl des Holocaust in Zweifel, indem er auf eine Erinnerungstafel in der Gedenkstätte Auschwitz rekuriert, die bis 1990 den Wert der Ermordeten mit vier Millionen bezifferte.155 Kritisch bemerkt wird, dass die Zahlen und Kalkulationen verschiedener Wissenschaftler seit 1945 vari- ieren und jeweils nur geschätzt, nicht aber exakt angegeben werden können. Die Zahl von vier Millionen Opfern geht auf Berechnungen einer polnisch- sowjetischen Untersuchungskommission von 1945 zurück und ist nachweislich falsch; sie wurde Anfang 1990 auf die Zahl 1,1 Millionen berichtigt. Die For- derung nach exakten Zahlen ist absurd und täuscht eine Unwissenheit gegenüber den chaotischen Bedingungen und Umständen des Zweiten Weltkrieges in Osteu- ropa vor, die nicht glaubwürdig erscheint. Im letzten Absatz des Textes wird auf eine Broschüre156 verwiesen, die per Link verfügbar ist und als PDF-Dokument gespeichert sowie ausgedruckt werden kann. Diese Datei umfasst elf Textseiten und ist in ein Frage-Antwort-Schema geglie- dert, das die „Fragen, die am häufigsten zum Holocaust-Revisionismus“ gestellt werden, beantworten soll. Jede der 14 gestellten Fragen wird auf ca. einer halben 154 Siehe z.B.: Benz, Wolfgang/Distel, Barbara (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der na- tionalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 3, Sachsenhausen, Buchenwald, verlegt in München 2006. Zánislav Zámecnik: Das war Dachau, Frankfurt a. M. 2006. Wenck, Alexan- dra-Eileen: Zwischen Menschenhandel und „Endlösung“: Das Konzentrationslager Bergen- Belsen, Braunschweig 2000. Kaienburg, Hermann: Das Konzentrationslager Neuengamme 1938–1945, Bonn 1997. Strebel, Bernhard: Das KZ Ravensbrück. Geschichte eines Lager- komplexes, Braunschweig 2003. Wagner, Jens-Christian: Produktion des Todes. Das KZ Mit- telbau-Dora, Göttingen 2004. Benz, Wolfgang/Distel, Barbara (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der deutschen Konzentrationslager, Bd. 4, Flossenbürg, Mauthausen, Ravens- brück, verlegt in München 2006. 155 Körber, Florian: a.a.O., S. 14. 156 http://vho.org/Intro/D/HoloNieGegebenGesBro.pdf (zuletzt eingesehen am 06.05.2011 um 12:42 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 60 Textseite beantwortet, sodass der Rezeptionsprozess erleichtert wird und eine schnelle Orientierung möglich ist. Die Schrift wird mit einem knappen Anmer- kungsapparat versehen und enthält vereinzelte Bilder und Faksimile-Abdrucke sowie ein Umschlagbild, das eine Werbekampagne für das Holocaust-Mahnmal in Berlin imitiert. Lea Rosh ließ 2001 zur Finanzierung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas in Berlin ein provokantes Plakat entwerfen, das einen Sturm der Entrüs- tung auslöste.157 Vor dem Hintergrund einer idyllischen Berglandschaft stand in großen Buchstaben: „Den Holocaust hat es nie gegeben“. Erst bei genauerem Hinsehen war darunter kleingedruckt zu lesen: „Es gibt immer noch viele, die das behaupten. In 20 Jahren könnten es noch mehr sein. Spenden Sie deshalb für das Denkmal für die ermordeten Juden Europas.“ 157 http://www.judentum.net/deutschland/mahnmal.htm (zuletzt eingesehen am 11.05.2011 um 10:09 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 61 Auf dem Titelbild der vorliegenden Broschüre wird die Aktion imitiert (aus urhe- berschutzrechtlichen Gründen entfernt): Das Cover gibt den Duktus der ihm folgenden Ausführungen vor und formuliert Suggestivfragen, die nicht ungeschickt zur Lektüre der Broschüre animieren. Die Selbststilisierung der Publizisten als „Ketzer“ entspricht der aus Kreisen „radi- kaler Revisionisten“ lancierten Behauptung, die Menschheit huldige einer „Holo- caust-Religion“, an die man glauben müsse und die jeglichen Zweifel bestrafe. Wohlweislich wird an die Tatsache angeknüpft, dass in Deutschland eine „Schlussstrich-Mentalität“ grassiert, dass die Erinnerung an den Völkermord Teilen der Bevölkerung „auf die Nerven geht“, wie es auf dem Plakat salopp formuliert wird.158 Schließlich wird der Rezipient gefragt, ob er sich zu einer 158 http://www.deutschegeschichten.de/zeitraum/themaplus.asp? KategorieID=1003&InhaltID=1638&Seite=6 Quelle: http://vho.org/Intro/D/HoloNieGegebenGesBro.pdf 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 62 „Gruppe von Menschen [zählt], die sich nicht länger bevormunden lassen, sondern selbst urteilen wollen“. Wer möchte sich schon gerne bevormunden lassen? Die Verfasser wecken an dieser Stelle Neugier und schaffen mit ihren Fragen breite Zustimmungskorridore, denen sich kein unbedarfter Leser entziehen kann. Auch durch die rote Einfärbung des Artikels „den“ in der Überschrift grenzt sich das Imitat vom Original ab, in welchem lediglich eine Schriftfarbe für den gesamten Text verwendet wurde. Diese Änderung könnte als eine Abschwächung der Gesamtaussage gewertet werden. Als wäre nicht gemeint, dass es überhaupt keinen Holocaust gab, sondern, dass er nicht in der Form stattgefunden hat, wie sie heute überliefert ist. Dieser Auslegung folgend, verlagert sich die Bedeutung des Umschlagbildes in Richtung Trivialisierung des Holocaust. Der Text erhärtet diesen Eindruck, gibt er sich doch insgesamt gemäßigt und augenscheinlich frei von antisemitischen Vorurteilen. Mehr noch als die Einlei- tung der Webseite, richtet sich die Broschüre an Leser, die geschichtswissen- schaftliche Laien und vielleicht auch politisch unbelastet sind. So wird der Rezi- pient auf weiten Umwegen über das Selbstverständnis von Wissenschaft, die von der Überprüfung überlieferter Thesen lebe, sanft an die Agenda der Holocaust- leugnung herangeführt. Die folgenden 14 Fragen werden aufgeworfen: „•Was ist Revisionismus? •Warum geschichtlicher Revisionismus? •Warum Holocaust-Revisionismus? •Was versteht man unter ,dem Holocaust‘ bzw. der ,Shoah‘? •Was behauptet der Holocaust-Revisionismus? •Was ist mit den vielen Bildern von Leichenbergen in den Konzentrationslagern? •Welchen Unterschied macht es, ob die Opfer an Seuchen oder in Gaskammern umkamen? •Ist es nicht egal, wie viele Juden im Dritten Reich umkamen, da selbst 1.000 Juden schon zu viele wären? •Aber verdienen denn die jüdischen Opfer nicht in jedem Fall Respekt und Wiedergutmachung? •Wer sind die Holocaust-Revisionisten? •Was wollen die Holocaust-Revisionisten? •Ist der Holocaust-Revisionismus illegal? •Wo kann ich mehr über den Holocaust-Revisionismus erfahren? 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 63 •Wo kann ich Info-Material bestellen?“ Nicht alle der gegebenen Antworten auf diese Fragen bedürfen hier einer geson- derten Erwähnung, da in vielen zwar der „radikale Revisionismus“ salonfähig gemacht werden soll, jedoch nicht in jeder explizit der Holocaust geleugnet wird. Die Kernthesen der Ideologie werden unter „Was behauptet der Holocaust-Revi- sionismus?“ vorgestellt und in acht kurzen, prägnanten Punkten formuliert. Erst in der sechsten These ist der Leser an der aggressivsten Ausprägung, der „Gas- kammerlüge“, angelangt. Dazu heißt es: „Es gibt auch keine Dokumente, welche die Existenz von Menschentötungs- gaskammern beweisen (vgl. dazu G. Rudolf und W. Rademacher), und ebenso- wenig materiellen [sic!] Spuren der behaupteten Massenmorde [...]. Alle ,Beweise‘ beruhen allein auf Zeugenaussagen, deren Unzuverlässigkeit in Sachen Holocaust hinlänglich bekannt ist (vgl. F. Faurisson, M. Köhler und J. Graf).“ Hier erfolgt das Negieren der Existenz zahlreicher Beweisdokumente (Korrespon- denzen, Abrechnungen etc.), der Ruinen gesprengter Gaskammern und mit Blau- säure in Kontakt gekommenen Menschenhaares sowie die Diffamierung von Augenzeugen als „unzuverlässig“. Derartige „Einwände“ haben oben bereits Erwähnung gefunden, sodass an dieser Stelle ein Hinweis auf die zentrale Lite- ratur genügt.159 Die angeführten Belege verweisen durchweg auf Autoren, die den Holocaust leugnen und deren Schriften in der Datenbank der „VHO“ zu finden sind. Während noch unter Punkt acht behauptet wird, dass die Zahl der Holocaust- Opfer gut unterhalb einer Millionen Menschen läge, beschränken sich alle anderen im Text genannten Aspekte auf weniger aggressive Argumentationsmuster des „radikal-revisionistischen“ Repertoires. Diese sollen nicht für sich überzeugen, 159 Zu den Referenzdokumenten siehe Hilberg, Raul: Die Quellen des Holocaust. Entschlüsseln und Interpretieren, Frankfurt a. M. 2009. Broszat, Martin (Hrsg.): Kommandant in Auschwitz. Autobiographische Aufzeichnungen des Rudolf Höß, München 1998 (Erstauflage München 1985). Zu den Gaskammern der Vernichtungslager siehe: Pressac, Jean-Claude: a.a.O. Pelt, Robert Jan van: Auschwitz, in: Morsch, Günter/Perz, Bertrand (Hrsg.): Neue Studien zu natio- nalsozialistischen Massentötungen durch Giftgas. Historische Bedeutung, technische Ent- wicklung, revisionistische Leugnung, Berlin 2011, S. 196–218. Friedländer, Saul: Die Jahre der Vernichtung. Das Dritte Reich und die Juden, 2. Bd., 1939–1945, München 2006. Aly, Götz: „Endlösung“. Völkerverschiebung und der Mord an den europäischen Juden, Frankfurt a. M. 2005. Zu Augenzeugenberichten des Holocaust siehe: Boll, Friedhelm: Sprechen als Last und Befreiung. Holocaust-Überlebende und politisch Verfolgte zweier Diktaturen, Bonn 2003. Greif, Gideon: „Wir weinten tränenlos...“. Augenzeugenberichte des jüdischen „Sonder- kommandos“ in Auschwitz, Frankfurt a. M. 1999. Ferner enthält der fast zehnstündige Doku- mentarfilm von Claude Lanzmann „Shoah“ (Frankreich 1985) zahlreiche Interviews mit Au- genzeugen des Holocaust. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 64 sondern in der Summe Zweifel streuen. So zum Beispiel der Hinweis darauf, dass „kein Befehl der NS-Regierung zur körperlichen Vernichtung der Juden gegeben“ worden sei. Richtig ist hingegen nur, dass kein schriftlicher (!) Befehl Hitlers gefunden werden konnte. Adolf Eichmann sagte jedoch in seinem Prozess 1961 aus: „Die Endlösung der Judenfrage selbst, also ich meine jetzt mal diesen Sonder- auftrag zum Beispiel, den Heydrich bekommen hat, um es mal ganz krass zu sagen, die Tötung, war kein Reichsgesetz gewesen, das war ein Führerbefehl gewesen, ein sogenannter Führerbefehl gewesen, und Himmler und Heydrich und der Chef des Verwaltungs- und Wirtschaftshauptamtes haben sich als Chefs nun in diesen Füh- rerbefehl geteilt. Nach der damaligen Rechtsauffassung, die allgemein war, hieß es: Führerworte haben Gesetzeskraft.“ (wörtlich wiedergegeben) 160 Typisch für Holocaustleugner ist die Vorgehensweise, mit der der Verfasser folgendes Postulat zu belegen versucht: „Es hat keine staatliche Organisation und keinen Finanzhaushalt zur Durchführung dieses angeblichen Plans gegeben (vgl. dazu klassisch der weltweit prominenteste Holocaust-Forscher R. Hilberg: ,Aber was 1941 begann, war kein im voraus geplanter, von einem Amt zentral organisierter Vernichtungsvorgang [der Juden]. Es gab keine Pläne und kein Budget für diese Vernichtungsmaßnahmen. Sie [die Maßnahmen] erfolgten Schritt für Schritt, einer nach dem anderen. Dies geschah daher nicht etwa durch die Ausführung eines Planes, sondern durch ein unglaub- liches Zusammentreffen der Absichten, ein übereinstimmendes Gedankenlesen einer weit ausgreifenden [deutschen] Bürokratie.‘)“ Es erscheint grotesk, dass ein Zitat Raul Hilbergs, dessen Lebenswerk die Analyse und Darstellung des Holocaust war, die Nichtexistenz desselben belegen soll. Zwar sagt der Holocaust-Experte, dass es „keine Pläne und kein Budget für diese Vernichtungsmaßnahmen“ gab, allerdings fährt er dann fort, dass, „[s]ie [die Maßnahmen] […] Schritt für Schritt“ erfolgten. Dass sie erfolgten, widerlegt die Kernaussage der Broschüre fundamental. 160 Zitiert nach http://www.h-ref.de/personen/eichmann-adolf/eichmann-jerusalem.php (zuletzt eingesehen am 11.05.2011 um 11:08 Uhr). Zur Existenz eines schriftlichen „Führer“-Befehls zur Ermordung der europäischen Juden siehe auch: Neugebauer, Wolfgang: Gab es einen schriftlichen Hitlerbefehl zur Judenvernich- tung?, in: Bailer-Galanda, Brigitte/Benz, Wolfgang/Neugebauer, Wolfgang (Hrsg.): Die Auschwitzleugner. „Revisionistische“ Geschichtslüge und historische Wahrheit, Berlin 1996, S. 175–181. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 65 In dem hier verwendeten Zitat Hilbergs positioniert sich der Autor in einer Debatte, die vornehmlich in den 1970er Jahren über das Zustandekommen der Entscheidung zur Vernichtung der europäischen Juden geführt wurde. Die soge- nannten Intentionalisten161 hatten schon sehr früh die exponierte Stellung Hitlers und seinen aggressiven Antisemitismus hervorgehoben und betont, dass der Entschluss zum Völkermordmord vor allem von ihm intendiert war. In den 1970er Jahren traten zunehmend sogenannte Funktionalisten162 auf, die eine multi- dimensionale Struktur des NS-Machtapparates hervorhoben, in der neben Hitler weitere Interessengruppen miteinander um Einfluss konkurrierten. Im Zuge dieses dynamischen Prozesses hätten sich die Gegenspieler in ihrer Aggressivität gegen- seitig gesteigert und so die Verschärfung der Maßnahmen gegen die Juden beschleunigt.163 1977 konstatierte Hans Mommsen: „Daß die Endlösung ins Werk gesetzt wurde, ist keineswegs allein auf Hitler zurückzuführen, sondern auf die komplexe Struktur des Entscheidungsprozesses im Dritten Reich, die zu einer kumulativen Radikalisierung führte.“164 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Autoren der „VHO“ bemüht sind, gemäßigte Ausdrucksformen für ihre Doktrin zu finden, um sich so bürgernah zu geben. Durch die Vermeidung einer aggressiven Sprache sowie die Verschleierung radikaler Thesen wird versucht, die Holocaustleugnung als einen diskutablen Standpunkt darzustellen und seine Vertreter als legitime Gesprächspartner in Szene zu setzen. 3.2.2 „Metapedia“ Seit 2006 existiert die Webseite „Metapedia“165, die der Enzyklopädie „Wikipedia“ in Hinblick auf das optische Erscheinungsbild und die konzeptionelle Gestaltung zum Verwechseln ähnlich sieht. Deutlich zu unterscheiden ist sie hingegen durch die tendenziöse Ausrichtung der Beiträge, die versucht, rechts- 161 Vertreter dieser Denkrichtung sind z.B. Andreas Hillgruber, Eberhard Jäckel und Joachim Fest. 162 Vertreter diese Denkrichtung waren und sind vor allem Martin Broszat und Hans Mommsen. Raul Hilberg vertrat nicht wenige Positionen, die in deutlicher Nähe zu diesem Interpreta- tionsansatz anzusiedeln sind. 163 Ein knappe, aber prägnante Darstellung der Kontroverse findet sich unter: Fischer, Torben: In- tentionalisten vs. Strukturalisten, in: Fischer, Torben/Lorenz, Matthias N. (Hrsg.): Lexikon der „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des National- sozialismus nach 1945, Bielefeld 2009, S. 217–220. 164 Mommsen, Hans: Nationalsozialismus oder Hitlerismus?, in: Bosch, Michael (Hrsg.): Persön- lichkeit und Struktur in der Geschichte, Düsseldorf 1977, S. 66. 165 http://de.metapedia.org/wiki/Hauptseite (zuletzt eingesehen am 18.05.2011 um 11:43 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 66 extreme Argumentationsfiguren seriös zu ummanteln. Jeder angemeldete Nutzer hat die Möglichkeit, eigene Beiträge zu erstellen bzw. bestehende zu ändern und sich an Diskussionen über die Gestaltung von Artikeln zu beteiligen. Wie ihr Vorbild ist „Metapedia“ in verschiedenen Sprachen einsehbar (derzeit sind es 16); der deutsche Bereich ging 2007 online. Der Politikwissenschaftler Thomas Pfeiffer erwähnt 2009 noch die „Encyclopaedia Germanica“ als vergleichbares Projekt, welches jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt anscheinend nicht mehr betrieben wird.166 In das Netz gespeist wird „Metapedia“ aus Schweden, die Betreiber sind laut Impressum die „NSFE media AB“.167 Hauptanteilseigner und Geldgeber dieses Unternehmens ist Lennart Berg, geführt wird die Firma von Anders Lagerström.168 Die Anzahl der verfügbaren Beiträge ist in der deutschen Version in den vergan- genen Jahren deutlich gestiegen: Waren es im März 2008 nur 110 Stichwörter,169 stieg die Zahl bis Ende des selben Jahres auf 4000.170 Von 2009 mit 6200171 klet- terte die Gesamtzahl auf gegenwärtig 19.708 Beiträge und ist damit (nach Ungarn) der international zweitgrößte „Metapedia“-Ausläufer.172 Während die Anfangsphase schleppend anlief,173 wird die Seite gegenwärtig stärker frequen- tiert, sodass alleine am 19. März 2011 40 Änderungen in unterschiedlichen Einträgen vorgenommen wurden. Der SPD-Landtagsabgeordnete Mathias Brodkorb führt zum nicht zufällig gewählten Namen „Metapedia“ aus, dass „[d]ie Vorsilbe „Meta“ [...] die Verbindung zu „Metapolitik“ [zieht]. Gemeint ist damit, dass die Eroberung der Gesellschaft vor der Politik beginnt, nämlich durch die Erlangung der intellektuellen Meinungsführerschaft. Dieser Strategie ist offen- 166 Zwar ist die Seite nach wie vor im Netz zu finden, enthält jedoch keine Beiträge. 167 http://de.metapedia.org/wiki/Metapedia:Impressum (zuletzt eingesehen am 18.05.2011 um 11:44 Uhr). 168 Brodkorb, Mathias: Wikipedia-Verschnitt. Das rechte Online-Nachschlagewerk „Metapedia“, 2008, eingesehen unter: http://www.endstation-rechts.de/index.php? option=com_k2&view=item&id=367:wikipedia-verschnitt-das-rechte-online-nachschlage- werk&Itemid=386 (zuletzt aufgerufen am 18.05.2011 um 11:56 Uhr). 169 Schmidt, Volker: Lexikon für Ignoranten. „Metapedia“ wäre gern ein Nachschlagewerk für die rechte Szene, in: Frankfurter Rundschau, 04.03.2008. 170 Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht über das Jahr 2008, Pressefassung, S. 60. 171 Innenministerium des Landes Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2009, S. 42. 172 http://www.metapedia.org/ (zuletzt eingesehen am 18.05.2011 um 12:29 Uhr). 173 Nowak, Peter: Rechte Wikipediakopie zwischen Anspruch und Wirklichkeit, 10.02.2008, ein- zusehen unter: http://www.heise.de/tp/artikel/27/27205/1.html (zuletzt aufgerufen am 18.05.2011 um 12:56 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 67 kundig auch „Metapedia“ verpflichtet. Die Begründer dieses subtilen Politikan- satzes sind in der „Neuen Rechten“ zu suchen.“174 Zum eigenen Selbstverständnis ist in dem Wissensportal zu lesen: „Die Metapedia ist eine vom Leser mitgestaltbare Weltnetzenzyklopädie. Der Prototyp ist Wikipedia. Während sie jedoch Spiegel des gegenwärtigen Zeitgeistes ist und sich von politischem Konformitätsdruck leiten läßt, will Metapedia in der Arbeit unabhängig, im Sinne der Freiheit der Wissenschaft, sein. So sollen in phänomenologischer Herangehensweise Vorverurteilungen und Klischees abge- schottet werden, um jedem Gegenstand eine unvoreingenommene Darstellung zu bieten. Metapedia will Aspekte aufhellen, über Wahrheiten und Fakten schreiben und nicht über das, was die politisch korrekte Mehrheit von Schreibern dafür hält und ihren Leser oktroyiert.“175 In der Praxis bedeutet das, dass der erste Satz eines Eintrages über Breslau lautet: „Breslau ist eine deutsche Großstadt im Südosten Deutschlands und seit der völkerrechtswidrigen Annexion durch Polen 1945 vorübergehend unter polnischer Verwaltung.“176 Da Hitler nur „offiziell“ am 30. April 1945 gestorben und seine Leiche niemals gefunden worden sei, wird spekuliert, er habe sich womöglich im April 1945 mit einem Privatflugzeug nach Barcelona abgesetzt.177 Unter dem Stichwort „Holocaust“ ist zu lesen: „Mit dem Begriff Holocaust (alternativ Shoah) verbindet man im Shoaismus die durch Strafrecht und Erziehung reglementierte Vorstellung von einer geplant und industriell durchgeführten Vernichtung von mehr oder weniger sechs Millionen Juden und weiterer Menschen durch die Nationalsozialisten in den Jahren 1942 bis 1945. Fälschlicherweise vertreten insbesondere Shoaisten, eine Planung, Vorberei- tung und Ausführung einer, heute als Holocaust benannten, Judenmassenvernich- tung sei Absicht der nationalsozialistischen Politik gewesen.“ (Fehler im Original) Näher erläutert wird der Eintrag unter den folgenden Aspekten: „1. Begriffsur- spung, 2. Postulierte Opferzahlen, 3. Postulierte Tötungsweisen, 3.1 Weiterverar- beitung derart Getöteter, 4. Historische Holocauste, 5. Bestreiter des Holocaust, 6. 174 Brodkorb, Mathias: Wikipedia-Verschnitt. Das rechte Online-Nachschlagewerk „Metapedia“, 2008, eingesehen unter: http://www.endstation-rechts.de/index.php? option=com_k2&view=item&id=367:wikipedia-verschnitt-das-rechte-online-nachschlage- werk&Itemid=386 (zuletzt aufgerufen am 18.05.2011 um 11:56 Uhr). 175 http://de.metapedia.org/wiki/Metapedia:Projektbeschreibung (zuletzt eingesehen am 19.05.2011 um 16:47 Uhr). 176 http://de.metapedia.org/wiki/Breslau (zuletzt eingesehen am 19.05.2011 um 16:52 Uhr). 177 http://de.metapedia.org/wiki/Adolf_Hitler#Spekulationen_um_den_Tod (zuletzt eingesehen am 19.05.2011 um 17:05 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 68 Holocaustreligion, 7. Holocaustindustrie“. Hinsichtlich der Opferzahlen soll durch das Zitieren von Quellen, deren diesbezüglichen Einschätzungen drastisch ausein- andergehen, Verwirrung gestiftet werden. Vor allem unmittelbar nach Kriegsende fiel die Bezifferung der Ermordeten schwer, sodass „Metapedia“ die Zahlen der „Neuen Saarbrücker Zeitung“ vom August 1945 wiedergeben kann. Diesen Angaben zufolge haben „die Deutschen 26.000.000 Menschen allein in den Konzentrationslagern ermordet [...], wobei der größte Anteil auf das KL Dachau mit einem Tagesdurchschnitt von 12.000 bis 15.000 entfiel.“178 Unabhängig davon, ob diese Meldung wider besseren Wissens oder zu Propagandazwecken verbreitet wurde, ändert sie nichts an der Seriosität aktueller Studien zu den Opferzahlen.179 Zu „Tötungsweisen“ wird eine Vielzahl grausamer und absurder Hinrichtungs- möglichkeiten (insgesamt 28) aufgeführt, deren Anwendung Deutschland bezich- tigt worden sei. Unter „Weiterverarbeitung derart Getöteter“ findet sich eine Liste mit Gegenständen (insgesamt 20), zu denen die Nationalsozialisten ihre Opfer „weiterverarbeitet“ haben sollen. Dan Diner sieht den Holocaust als „ein Niemandsland des Verstehens, ein schwarzer Kasten des Erklärens, ein historiographische Deutungsversuche aufsau- gendes, ja, außerhistorische Bedeutung annehmendes Vakuum“.180 Diese schein- bare Unerklärbarkeit machen sich die Verfasser des „Metapedia“-Textes zunutze, indem sie neben den kaum fassbaren aber wahrhaften Schrecken eine Vielzahl weiterer, fingierter Schrecken reihen. Sicherlich sind dem Deutschen Reich nach 1945 auch NS-Verbrechen nachgesagt worden, die reine Erfindung waren.181 Da es für sie keine Belege gab, verschwanden sie als nicht haltbar in der Vergessen- heit. Massentötungen durch Giftgas wurden Deutschland nach Kriegsende eben- falls vorgeworfen. Aufgrund unzähliger Quellen und Zeugenaussagen sind diese jedoch zweifelsfrei bewiesen und daher fester Bestandteil bundesrepublikanischer 178 http://de.metapedia.org/wiki/Holocaust_%28Massenvernichtung%29 (zuletzt eingesehen am 19.05.2011 um 17:45 Uhr). 179 Die Opferzahlen der Shoah sind oben bereits thematisiert worden, daher an dieser Stelle nur der Hinweis auf die zentrale Literatur zum Thema: Aly, Götz: „Endlösung“. Die Völkerver- schiebung und der Mord an den europäischen Juden, Frankfurt a. M. 1995. Browning, Christopher: Die Entfesselung der „Endlösung“. Nationalsozialistische Judenpolitik 1939– 1942, München 2003. Pohl, Dieter: Verfolgung und Massenmord in der NS-Zeit 1933–1945, Darmstadt 2003. 180 Diner, Dan: Zwischen Aporie und Apologie. Über Grenzen der Historisierbarkeit des Natio- nalszialismus, in: ders. (Hrsg.): Ist der Nationalsozialismus Geschichte? Zur Historisierung und Historikerstreit, Frankfurt a. M. 1987, S. 73. 181 Arndt, Ingo/Scheffler, Wolfgang: a.a.O., S. 108. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 69 Erinnerungskultur. Diesen Unterschied versuchen die Autoren zu verwischen; die Aussagen glaubwürdiger Zeugen sollen von der Tatsache durchlöchert werden, dass es auch unzuverlässige Zeugen gab. Der Hinweis auf die „Weiterverarbeitung“ (es handelt sich um Leichenschän- dung) der Körper ermordeter Lagerhäftlinge knüpft an die Tatsache an, dass Zahngold, Menschenhaar und -häute von den Nationalsozialisten gesammelt und z.T. zur „Verwertung“ in das „Altreich“ geliefert wurden.182 Als folgenschwerer Mythos muss hingegen die Behauptung gewertet werden, aus dem Körperfett der Opfer sei Seife gewonnen worden. Diese Anschuldigung, die russische Anklage- vertreter bei dem Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher erhoben hatten, wurde bereits 1960 vom Institut für Zeitgeschichte widerlegt.183 Gleich- wohl findet sich bei „Metapedia“ „Seife aus Menschenfett“ in der langen Liste von Gegenständen, die aus den Körpern der Opfer gefertigt worden seien. Ein Mausklick leitet den Nutzer zur „Seifenlüge“ weiter, wo ausgeführt wird: „Zur alliierten Greuelpropaganda gehört auch die Seifenlüge. Sie besagte, aus mensch- lichem Fett von toten Konzentrationslagerhäftlingen sei Seife hergestellt worden. Das Gerücht hält sich bis heute hartnäckig.“184 Die folgenden Ausführungen zu dieser Legende nehmen breiten Raum ein, verschweigen jedoch, dass sie lange widerlegt ist. Das Motiv hinter diesem Aufblähen von Fehlinformationen ist, beim Leser die Frage aufzuwerfen: ,Wenn alle diese Horrorgeschichten falsch sind, was von unserem Wissen über die Shoah ist dann richtig?‘ Zu Sobibor heißt es: „Das KL Sobibor war ein Durchgangslager mit dem Ziel der Umsiedlung von Juden vorrangig aus dem Gebiet Polens im Rahmen der Gesamtlösung der Juden- frage. Nachdem sich der Madagaskarplan auf Grund der englischen Ablehnung eines Friedensschlusses nicht durchführen ließ, sollten die Juden in die besetzten Ostgebiete umgesiedelt werden.“185 182 Auerbach, Hellmuth: Lampenschirme aus Menschenhaut, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Legenden, a.a.O., S. 138. 183 Auerbach, Hellmuth: Seife aus Judenfett, in Benz, Wolfgang (Hrsg.): Legenden, a.a.O., S. 185–186. 184 http://de.metapedia.org/wiki/Seife_aus_Menschenfett (zuletzt eingesehen am 19.05.2011 um 20:58 Uhr). 185 http://de.metapedia.org/wiki/Konzentrationslager_Sobibor (zuletzt eingesehen am 04.06.2011 um 20:19 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 70 Diese Begriffsdefinition unterschlägt, dass Sobibor ein Vernichtungslager war, indem im Zuge der „Aktion Reinhardt“ 150.000 bis 250.000186 Juden überwiegend durch Gas getötet wurden. Bewusst wird behauptet, die Absicht der Nationalsozia- listen sei es gewesen, Häftlinge hier nur vorübergehend zu konzentrieren („KL“), um langfristig ihre Aussiedlung möglich zu machen („Durchgangslager“). Tatsächlich betrieb das NS-Regime gegenüber Bürgern jüdischen Glaubens zunächst eine Vertreibungspolitik, bis nach dem Angriff auf die Sowjetunion ein Auswanderungsverbot (Herbst 1941) erlassen wurde. Ab diesem Zeitpunkt strebte Hitler die „Endlösung der Judenfrage“ an, deren Zustandekommen oben bereits Erwähnung gefunden hat.187 Die zu diesem Zwecke errichteten Lager hatten ausschließlich die Funktion, die europäischen Juden der Vernichtung zuzuführen und dürfen daher nicht mit Konzentrationslagern geschweige denn Durchgangsla- gern verwechselt werden. Indem die Autoren der „Metapedia“ diese deutliche Trennungslinie vernebeln, leugnen sie die Existenz der Haupttatwaffe des Holo- caust.188 3.2.3 „Altermedia“ Der Blog „Altermedia“189 ist das rechte Pendant zum globalisierungskritischen, überwiegend linksorientierten Netzerk „Indymedia“, einer „weltweite[n] Plattform unabhängiger Medienorganisationen und hunderter JournalistInnen, die eigenver- antwortlich nicht hierarchische, nicht kommerzielle Berichterstattung betreiben.“190 Auch „Altermedia“ gibt sich globalisierungskritisch, spricht im Gegensatz zu „Indymedia“ jedoch ein rechtsextremes, zuweilen auch neo- 186 Distel, Barabara: Sobibor, in: Benz, Wolfgang/Distel, Barbara (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Bd. 8, München 2008, S. 375. 187 Zur Debatte zwischen sogenannten Strukturalisten und sogenannten Intentionalisten siehe S. 65f. 188 Vor allem in der frühen Nachkriegszeit fiel die Unterscheidung zwischen Konzentrationsla- gern auf deutschem und Vernichtungslagern auf polnischem Boden schwer. Verwechselungen kamen auch dadurch zustande, dass zum Komplex Auschwitz beide Lagertypen zählten. Um zu verhindern, dass der vorrückenden Roten Armee Beweise über deutsche Kriegsverbrechen in die Hände fielen, wurden die Häftlinge der Vernichtungslager 1944/1945 auf sogenannten Todesmärschen in die KZ des „Altreichs“ getrieben. Da britische Truppen bei der Befreiung von z.B. Bergen-Belsen Tausende abgemagerter und unbestatteter Leichen fanden, wurde diese Einrichtung fälschlicherweise als Vernichtungslager eingestuft. Ferner darf nicht verges- sen werden, dass auch in den Konzentrationslagern des „Altreiches“ zahllose Menschen (auch durch Gas) ermordet wurden. Arndt, Ingo/Scheffler, Wolfgang: a.a.O., S. 109. 189 http://de.altermedia.info/ (zuletzt eingesehen am 28.05.2011 um 19:11 Uhr). 190 http://de.indymedia.org/ (zuletzt eingesehen am 28.05.2011 um 17:12 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 71 nationalsozialistisches Klientel an. Unter „Wer wir sind“ führen die Betreiber der Seite aus: „Die Redaktion besteht aus Dissidenten, die in der Regel keiner Partei angehören und politisch unabhängig sind. Mit ihrer Hilfe gibt Altermedia denen die Stimme zurück, die sonst wenig oder kaum gehört werden. Die Redaktion ist kein in sich geschlossener Kreis sondern eine offene Gruppe der Jeder angehören kann, der Lust und ein wenig Talent zum Schreiben hat.“191 (Fehler im Original) Die Selbstbezeichnung als „Dissidenten“ bringt zum Ausdruck, dass die Betreiber sich in Gegnerschaft zur Bundesrepublik positionieren, einem System, das sich nicht von innen reformieren lasse, sondern von außen kritisiert und bekämpft werden müsse. Seit 2003 ist die Seite am Netz und verfügt gegenwärtig über 23 Subseiten, die aus verschiedenen europäischen Ländern (sowie Kanada und den USA) in der jeweiligen Landessprache betrieben werden. Auf jeder dieser Sektionen themati- siert „Altermedia“ vor allem national relevante Inhalte, nimmt jedoch auch Bezug auf internationale Geschehnisse und Meldungen. So bietet „Altermedia“ eine Art Presseschau, die sowohl Texte rechter Organe (wie z.B. Widerstand.info) als auch nichtrechter Medien publiziert, welche einschlägig kommentiert aufbereitet werden. Ferner können Nutzer eigene Texte, Links und Videos etc. an die Redak- tion senden, diese werden geprüft und gegebenenfalls veröffentlicht. Die Kommentarfunktion der Beiträge wird von den Besuchern rege genutzt, im Gegensatz zu vielen anderen Blogs muss jedoch jeder Beitrag zunächst vom Administrator freigegeben werden, sodass „Open Postings“ nicht möglich sind. Dennoch scheint sich ein fester Kern von Kommentatoren unter der Nutzerschaft gebildet zu haben, die einander bekannt sind und Sympathien bzw. Antipathien zueinander hegen. Der Blog der Wochenzeitung „Die Zeit“ sieht im Januar 2011 „Altermedia“ als das populärste Internetportal der rechten Szene und widmet sich in einem Beitrag Axel Möller, dem Betreiber der Seite.192 Lange Zeit wurde über die Urheberschaft der Homepage spekuliert, im Mai 2011 hat das Landgericht Rostock Möller rechtskräftig als Verantwortlichen für „Altermedia“ wegen Volksverhetzung in neun Fällen schuldig gesprochen. Inwieweit diese Entscheidung Einfluss auf die 191 http://de.altermedia.info/wer-wir-sind-2 (zuletzt eingesehen am 28.05.2011 um 17:30 Uhr). 192 http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2011/01/14/anklage-gegen-naziseite-altermedia_5396 (zuletzt eingesehen am 28.05.2011 um 18:33 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 72 Inhalte des Blogs hat, ist derzeit noch nicht abzusehen, eine Löschung der Seite ist nicht möglich, da diese auf Servern in den USA liegt. Während 2006 noch ein überwiegender Teil der Texte auf „Altermedia“ von der NPD stammte,193 sind es gegenwärtig nur noch rund ein Fünftel. Grund dafür könnte sein, dass Möller vor einigen Jahren seine NPD-Mitgliedschaft niederge- legt hat, da es zu Unstimmigkeiten zwischen ihm und der Partei kam, weil seinem Portal „vorgehalten [wurde], Debatten über Richtungsstreitigkeiten zugespitzt und Informationen über Personen und Strukturen öffentlich gemacht zu haben, die besser intern verhandelt werden sollten“.194 Pfeiffer hat 2008 die strategischen Funktionen des Internets für Rechtsextremisten analysiert und dabei unter anderen drei zentrale Aufgaben herausgearbeitet: „Ihre [die der Webseiten mit rechtsextremen Inhalten] Gegenöffentlichkeit ist facettenreicher und dynamischer als zuvor, die Vernetzung enger – in punkto Brei- tenwirkung haben sich nicht alle Anfangshoffnungen erfüllt, gleichwohl nutzen etliche Websites die Möglichkeiten des Netzes durchaus geschickt, um ihre Reich- weite zu erhöhen – breitenwirksamer als in Zeiten des Internets dürfen Rechts- extremisten nach 1945 jedenfalls kaum zuvor gewesen sein.“195 Alle drei Stichwörter, „Gegenöffentlichkeit“, „Vernetzung“ und „Breitenwirksam- keit“, haben in Bezug auf Altermedia in unterschiedlichem Umfang Anspruch auf Gültigkeit. Der Begriff „Gegenöffentlichkeit“ bedeutet für die rechtsextreme Szene eine Abgrenzung von dem politischen System und seinen etablierten Massenmedien. Er misst Medien eine integrative Funktion zu, die den hetero- genen Rechtsextremismus durch „[i]nformationelle Vernetzung und symbolische Integration“196 zusammenführen und -halten soll. Dieser Aufgabe kommt „Alter- media“ nach, indem es einen Raum bietet, der sich dem Zugriff staatlicher Ermitt- lungsbehörden weitgehend entzieht und ungestörten Meinungsaustausch unter Gesinnungsgenossen ermöglicht. Die tendenziöse Auswahl von Nachrichtenmel- dungen und das Gruppengefühl tragen zur Konstruktion einer sinnstiftenden Erlebniswelt bei und integrieren den Nutzer in die soziale Bewegung „Rechts- 193 Pfeiffer, Thomas: Eine Schnellstraße, a.a.O., S. 172. 194 Speit, Andreas: Eine Erdrückende Beweislage. „Altermedia“-Betreiber zieht Berufung zurück, in: Tageszeitung, 18.05.2011. Einzusehen unter http://www.taz.de/1/netz/netzkultur/artikel/1/eine-erdrueckende-beweislage/ (zuletzt aufgeru- fen am 28.05.2011 um 20:41 Uhr). 195 Pfeiffer, Thomas: Virtuelle Gegenöffentlichkeit, a.a.O., S. 307. 196 Pfeiffer, Thomas: Eine Schnellstraße, a.a.O., S. 295. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 73 extremismus“. Kommentatoren können beim Hinterlassen ihrer Beiträge E-Mail- Adressen oder die URL einer Webseite angeben, sodass prinzipiell dem Aspekt „Vernetzung“ Rechnung getragen wird. Gleichwohl ist zu sagen, dass das WWW im Allgemeinen und die rechtsextreme Szene im Speziellen Kommunikations- möglichkeiten nutzt, (wie z.B. das Forum „Thiazi“197) hinter denen das Vernet- zungspotenzial von Blogs wie „Altermedia“ deutlich zurückbleibt.198 Angesichts der Tatsache, dass die Seite deutlich höhere Besucherzahlen verzeichnet als die meisten anderen Fallbeispiele dieser Studie, kann „Altermedia“ Breitenwirkung nicht abgesprochen werden. Vor allem aufseiten der Leugner des Holocaust ist die Hoffnung groß, mit dem Internet die Reichweite der eigenen Propaganda zu erhöhen, sodass auch „Altermedia“ Elemente dieser Doktrin widerspiegelt.199 Die Suchfunktion der Seite liefert auf die Suchbegriffe „Tagebuch Anne Frank“ etwa 40 entsprechende Beiträge, von denen sich die meisten ausschließlich auf das Werk der Autorin beziehen, einige andere diese nur am Rande erwähnen. Die hohe Trefferquote ist insofern wenig überraschend, als dass das im Sommer 1947 erstmalig veröffentlichte Tagebuch ein Zeugnis der NS-Verfolgung ist, welches in beklemmender Weise die Ängste und Verzweiflung der Opfer einfängt. Da es sehr bald hohe Popularität erlangt hat und dem Rezipienten einen leichten Zugang zu der Holocaust-Thematik bietet, wurde bereits in den 1950er Jahren die Echtheit der Aufzeichnungen in Zweifel gezogen.200 Ansatzpunkt für die Anfechtungen war die Tatsache, dass die Editionsgeschichte des „Tagebuchs der Anne Frank“201 nicht gradlinig verlief, sondern mehrere Manuskripte vorlagen, erste Übersetzungen aus dem Niederländischen nicht immer gelungen waren und vereinzelte Passagen zunächst gestrichen worden waren.202 Infolge behaupteten einschlägig bekannte Holocaustleugner, wie Robert Faurisson, David Irving, Heinz Roth u.a., das Buch sei gefälscht und womöglich vom Vater des Mädchens, Otto Frank, geschrieben. 197 „Thiazi“ ist das größte deutschsprachige Forum der rechtsextremen und neo-nationalsozialis- tischen Szene und gibt vor, derzeit über 21.000 Mitglieder zu haben. Siehe http://forum.thia- zi.net/ (zuletzt eingesehen am 31.05.2011 um 08:43 Uhr). 198 Im Netz findet sich auch ein „Altermedia“-Forum, welches jedoch nicht mit dem Blog verlinkt ist und darüber hinaus nur schwach frequentiert wird. 199 Pfeiffer, Thomas: Eine Schnellstraße, a.a.O., S. 301. 200 Kramer, Sven: Tagebuch der Anne Frank, in: Fischer, Torben/Lorenz, Matthias N. (Hrsg.): Lexikon der „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945, Bielfeld 2007, S. 108. 201 Rijksinstitut voor Oorlogsdocumentatie – Niederländisches Staatliches Institut für Kriegsdo- kumentation (Hrsg.): Die Tagebücher der Anne Frank , Frankfurt a. M. 1988. 202 Wetzel, Juliane: Anne Frank-Tagebuch, in: Benz, Wolfgang: (Hrsg.): Legenden, Lügen, Vorur- teile. Ein Wörterbuch zur Zeitgeschichte, München 1992, S. 24. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 74 Dieser strengte – später auch mit Unterstützung des „Anne Frank-Hauses“ – gegen derartige Verleumdungskampagnen Prozesse an, in deren Verlauf wissen- schaftliche Institute die Manuskripte einer forensischen Analyse unterzogen. So wurde bereits 1959 eine erste Expertise erstellt, gefolgt von einem Gutachten des Bundeskriminalamtes Wiesbaden 1978. Obwohl letzteres zweifelsfrei bestätigte, dass die Untersuchung des Materials keinen Zweifel an dessen Echtheit zulasse, nährte es weitere Verunsicherungen. Grund dafür war die Tatsache, dass sich in dem Manuskript vereinzelte mit Kugelschreiber vorgenommene Korrekturen fanden, die erst nach Kriegsende vorgenommen worden sein konnten, da dieses Schreibgerät erst nach 1951 Verbreitung fand.203 Um sämtliche Zweifel auszuräumen, nahm das niederländische „Gerechtelijke Laboratorium“ (Gerichts- laboratorium des Justizministeriums) im Auftrag des „Rijksinstituut voor Oorlogs- documentatie“ (Reichsinstitut für Kriegsdokumentation) 1981 eine weitere Analyse vor. In einem 270seitigen Gutachten wurden sämtliche Zweifel an der Echtheit der Tagebücher ausgeräumt und die Kugelschreiberkorrekturen, welche sich auf insgesamt zwei Manuskriptseiten fanden, auf die Nachkriegszeit datiert. Auch das BKA hat 2006 in einer Pressemitteilung bekräftigt, dass die kriminal- technische Untersuchung aus dem Jahr 1980 keine Zweifel an der Echtheit der Dokumente zulässt.204 „Altermedia“ greift das Thema dennoch immer wieder auf und berichtet im Januar 2010 über Miep Gies mit der Schlagzeile: „Die Retterin der ersten mit Kugelschreiber beschriebenen Blätter gestorben“.205 Gies hatte über zwei Jahre hinweg in ihrem Amsterdamer Hinterhaus die Familie Frank versteckt und 1944, nach deren Verhaftung durch die Gestapo, die Manuskripte entdeckt und aufbe- wahrt. Im Text werden Zweifel an der Echtheit der Aufzeichnungen genährt, indem der Autor behauptet, diese seien mit einem Schreibgerät geschrieben 203 Bailer-Galanda, Brigitte: Das Tagebuch der Anne Frank, in: Bailer-Galanda, Brigitte/Benz, Wolfgang/Neugebauer, Wolfgang (Hrsg.): Die Auschwitzleugner. „Revisionistische“ Ge- schichtslüge und historische Wahrheit, Berlin 1996, S. 173. Der „Spiegel“ überinterpretierte die Bemerkungen der BKA-Untersuchung zu der Verwen- dung von Kugelschreiberfarbe und folgerte: „Im ,Tagebuch der Anne Frank‘ ist nachträglich redigiert worden. Die Echtheit des Dokuments wurde dadurch weiter in Zweifel gezogen.“ Siehe http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14317313.html (zuletzt eingesehen am 01.06.2011 um 08:55 Uhr). 204 http://www.bka.de/pressemitteilungen/2006/pm260706.html (zuletzt eingesehen am 01.06.2011 um 09:05 Uhr). 205 http://de.altermedia.info/general/die-retterin-der-ersten-mit-kugelschreiber-beschriebenen- blatter-gestorben-13-01-10_39297.html (zuletzt eingesehen am 01.06.2011 um 10:04 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 75 worden, das im Zweiten Weltkrieg noch gar nicht erfunden war. Ähnliches behauptet auch Michael Winkler auf „Altermedia“: „Das ,Tagebuch‘ der Anne Frank wurde in zwei verschiedenen Handschriften verfaßt und teilweise mit Kugelschreibern erstellt, die es erst ab 1951 gab. Anne Frank war zwar in Auschwitz, doch sie wurde vor den anrückenden Russen nach Bergen-Belsen evakuiert. Dort wurde sie weder vergast noch anderweitig ermordet, sondern sie starb an Typhus.“206 Dass Anne Frank durch Gas getötet wurde, ist von seriöser Seite nie vorgegeben worden, vielmehr handelt es sich bei dieser Behauptung um einen „Pappdrachen“. Diese Metapher geht auf Peter Longerich zurück, der konstatiert, dass Holocaust- leugner oft Legenden erfinden, welche sie anschließend widerlegen können, um zu kolportieren, dass die Tatsachenbasis des Holocaust auf wackligen Beinen stehe.207 Kenneth McVay vom „Nizkor-Project“208 bietet die derzeit größte Materi- alsammlung zum Thema „Holocaustleugnung“ im Netz an und weist darauf hin, dass von den acht im Hinterhaus Verhafteten nur einer, Otto Frank, überlebte.209 Alle anderen wurden durch Gas oder auf andere Weise in Auschwitz-Birkenau, Mauthausen oder Neuengamme getötet.210 Die Aussage, dass Anne Frank nicht „ermordet [wurde,] sondern […] an Typhus [starb]“, knüpft an das oben bereits vorgebrachte Postulat an, die Bombardierungen der Alliierten seien maßgeblich für die katastrophalen Zustände in den Lagern verantwortlich gewesen. Dabei wird außer Acht gelassen, dass diese ein kalkuliertes Mittel der National- sozialisten zur Vernichtung von Menschen waren. Besonders gegen Kriegsende nahmen mangelnde medizinische Versorgung, Unterernährung und katastrophale hygienische Zustände in den KZ zu, da Häftlinge aus den Vernichtungslagern in Polen auf sogenannten Todesmärschen in die Lager des „Altreiches“ getrieben wurden. Bald waren diese Einrichtungen hoffnungslos überfüllt von frierenden, 206 http://de.altermedia.info/general/winklers-verbotener-und-teuerster-text-das-undenkbare- kostet-1000-euro-290607_10247.html (zuletzt eingesehen am 12.06.2011 um 15:09 Uhr). 207 Peter Longerich ist Betreiber der Webseite „Holocaust-Referenz. Argumente gegen Au- schwitzleugner“. Siehe http://www.h-ref.de/zahlenspiele/drachentoeter.php (zuletzt eingese- hen am 01.06.2011 um 10:39 Uhr). 208 http://www.nizkor.org/ (zuletzt eingesehen am 01.06.2011 um 12:51 Uhr). Zum „Nizkor-Project“ siehe auch Wetzel, Juliane: Antisemitismus im Internet, in: Stiftung des österreichischen Widerstandes (Hrsg.): Das Netz des Hasses. Rassistische, rechtsextreme und neonazistische Propaganda im Internet, Wien 1997, S. 104f. 209 http://www.nizkor.org/features/qar/qar55.html (zuletzt eingesehen am 01.06.2011 um 11:21 Uhr). 210 Red Cross Dossier 103586, 135177, 7500, 117265, 117266 und 117267 in: Rijksinstitut voor Oorlogsdocumentatie – Niederländisches Staatliches Institut für Kriegsdokumentation (Hrsg.): Die Tagebücher der Anne Frank , Frankfurt a. M. 1988. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 76 kranken und hungernden Menschen, sodass sich Epidemien ausbreiteten, denen unzählige Inhaftierte zum Opfer fielen. Insofern ist es richtig, dass Typhus die Ursache von Anne Franks Tod war. Die Umstände, unter denen die Infektions- krankheit sich aber überhaupt erst ausbreiten konnte, schufen die National- sozialisten. Weitere Meldungen auf „Altermedia“ heben mit Häme darauf ab, dass der „Anne Frank-Baum“ in Amsterdam, den die Autorin in ihrem Buch als Hoff- nungsspender beschrieb, im August 2010 nach einem Unwetter umstürzte: „Der einst gesunde Baumkörper der bereits mehr als 150 Jahre alten Kastanie war in den Jahrzehnten nach 1945 aufgrund von zunehmendem Parasitenbefall (in diesem Fall natürlich nur Pilze), wir sind uns der symbolischen Ironie dieser Worte durchaus bewußt, so geschwächt, daß sie seit 2007 mühsam durch ein Stützkorsett aufrecht erhalten werden mußte, da sie sonst schon wesentlich eher umgefallen wäre. Woran erinnert uns das?“211 „Altermedia“ zeichnet das metaphorische Bild einer bundesrepublikanischen Erin- nerungskulur, die eines „Stützkorsetts“ bedürfe; gleichzeitig findet der Wunsch Ausdruck, die Erblast des Nationalsozialismus könnte wie ein morscher Baum fallen. Aus diesem Grund wird der Pseudo-Diskurs über die Echtheit der Tage- bücher künstlich am Leben gehalten, um gegen eine Schulbuchlektüre agitieren zu können, die viele Schüler mit den Leiden der Holocaustopfer konfrontiert.212 3.2.4 „National Journal“ Das „National Journal“213 ist eine Webseite, die seit Oktober 1997 auf einem US- amerikanischen Server gespeichert ist, ihre Postadresse jedoch in Uckfield/East Sussex, England angibt. Verantwortlich zeichnen sich Thomas Brookes und 211 http://de.altermedia.info/general/abt-der-wind-der-wind-das-himmlische-kind-aaachtung- baum-fallt-24-08-10_50837.html (zuletzt eingesehen am 01.06.2011 um 11:53 Uhr). 212 Ähnliche Absichten scheint auch ein zunehmendes Verweisen auf Fotografien zu verfolgen, die angeblich oder tatsächlich manipuliert worden sind. Diese Entwicklung könnte darauf hin- deuten, dass die Leugner des Holocaust dort ansetzen, wo sie die größten Berührungsflächen zwischen einer Gesellschaft und ihrer Erinnerung an den Holocaust vermuten. In Zusammen- hang mit der Webseite der „Vrij Historisch Onderzoek“ konnte gezeigt werden, dass die Ver- antwortlichen sich in ihren Texten mit den Fotoaufnahmen von Leichengruben aus deutschen Lagern beschäftigt haben, die zweifellos bei vielen Menschen unmittelbar mit dem Holocaust assoziiert werden. Unter „Politikforen.net“ findet sich ein aktueller, umfangreicher Diskus- sionsstrang, indem die Nutzer zahlreiche Fotografien zusammengetragen haben, die angeblich fehlinterpretiert, falsch beschriftet oder retuschiert worden sind. Siehe: http://www.politikfo- ren.net/showthread.php?102054-Manipulation-von-Fotos-%FCber-deutsche-Kriegsverbre- chen (zuletzt eingesehen am 01.06.2011 um 12:24 Uhr). 213 http://globalfire.tv/nj/index.htm (zuletzt eingesehen am 13.05.2011 um 14:50 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 77 Gregory Kennedy, der Verfassungsschutz geht jedoch davon aus, dass die Beiträge von Redakteuren in Deutschland verfasst werden.214 Das Portal titelt in großen Lettern „National Journal and Globalfire. Informa- tion and News Services“ und bietet dem User die Möglichkeit, entweder die deutsche oder die englische Abteilung zu betreten. Das Angebot umfasst zumeist kurze Texte, die Nationalismus, Fremdenfeind- lichkeit und Sozialchauvinismus bedienen. Während der Europäisierungsprozess als reines Verlustgeschäft für die Bundesrepublik diffamiert wird, seien „Türken und BRD-Politiker vereint im Kampf gegen die Deutsche [sic!] Sprache in der BRD“.215 An andere Stelle heißt es: „Der deutsche Genetik-Vietnamese mit dem schönen Namen Phillip Rösler gilt als das Aushängeschild der BRD-Bankster- Partei, der FDP. Um die Betrugsgarantien in unvorstellbarer Höhe auch in Zukunft brav an die Lobby aufbringen zu können, werden die Deutschen wie eine Zitrone ausgepresst.“216 Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Antisemitismus und „Revisio- nismus“. Neben einem bedingungslosen Hitlerismus217 wird die deutsche Kriegs- schuld bestritten. In Bezug auf das Judentum werden Stereotype von einer „jüdi- schen Weltverschwörung“ und einem „internationalen Finanzjudentum“ bedient, die mit dem „Protokoll der Weisen von Zion“218 belegt werden sollen. Die Aufmachung der Texte gleicht einem Boulevardmagazin, indem Schlag- zeilen überdimensioniert erscheinen, Textpassagen farbig unterlegt werden und mit Abbildungen gespickt sind. Der Sprachstil der parataktisch abgefassten Hetz- texte ist einfach gehalten und erhebt keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit. Neben einem internen Buchversand, der holocaustleugnende Literatur versendet, besteht für den Besucher die Möglichkeit, sich in einen E-Mail-Verteiler einzu- 214 Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg.): Rechtsextremistische Bestrebungen im Internet, Schwerin 2000, S. 19. 215 http://globalfire.tv/nj/08de/politik/tuerkisch_amtssprache.htm (zuletzt eingesehen am 13.05.2011 um 15:32 Uhr). 216 http://globalfire.tv/nj/10de/politik/deutsche_plattmachen.htm (zuletzt eingesehen am 13.05.2011 um 154:43 Uhr). 217 „Hitler vereinigte die Fähigkeiten von Bismarck und der Jungfrau von Orleans. Er brachte ein 80-Millionen-Volk zusammen ohne Blutvergießen.“ Einzusehen unter: http://globalfire.tv/nj/08de/zeitgeschichte/anschluss.htm (zuletzt eingesehen am 13.05.2011 um 15:54 Uhr). 218 Zur Entstehungs- und Fälschungsgeschichte der „Protokolle“ siehe: Pfahl-Traughber, Armin: Die Protokolle der Weisen von Zion. Der Nachweis der Fälschung und die tatsächliche Entste- hungsgeschichte, in: Judaica. Beiträge zum Verständnis des jüdischen Schicksals in Vergan- genheit und Gegenwart, Jg. 46, 1990, Heft 1, S. 22–31. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 78 tragen. Eine umfangreiche Link-Liste, die 2001 noch verfügbar war,219 wurde mittlerweile von der Seite genommen. Das „National Journal“ leugnet den Holocaust nicht gänzlich,220 sondern versucht vielmehr Zweifel an der Faktizität des Genozids zu nähren und den Leser gegen Juden aufzuwiegeln. Zu diesem Zweck wird die etablierte Geschichts- wissenschaft diskreditiert, Opferzahlen heruntergeredet, deutsche und alliierte Kriegsverbrechen verglichen sowie Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Entschä- digungszahlungen genährt. Ein Beitrag widmet sich der Wannsee-Konferenz und versucht aus wahrscheinlichen Wissenslücken der Öffentlichkeit in Bezug auf diesen historischen Gegenstand, einen Beweis zur „Unwahrscheinlichkeit des Holocaust“ zu konstruieren. Unter der Überschrift „Wannsee-Konferenz: Wie gut, daß es das Holocaust-Schutzgesetz gibt!“,221 heißt es: „Die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth [sic!] verkündete nur drei Wochen nach dem Wannsee-Artikel in ihrer Hauszeitung ,Das Parlament‘ anläßlich der Eröffnung des Wannsee-Museums, das Gegenteil von dem, was ihr ,Parlament‘ geschrieben hatte [222]: ,Doch dieser Ort, der für die kalte Bürokratisierung des Massenmordes steht, da die an ihm abgehaltene Konferenz die Komplizenschaft des gesamten Staatsapparates bei der geplanten Massenvernichtung von elf Millionen europäischer Juden bezeugt, muß für immer im Gedächtnis bleiben.‘ […] Frau Süßmuth [sic!] wurde gleich nach ihrem fulminanten Auftritt im Wannsee- Museum von der jüdischen Holocaust-Kapazität, Professors Yehuda Bauer belehrt, daß sie mit ihrer Behauptung ein ,alberne Geschichte‘ nachgeplappert hatte: ,Gemäß Yehuda Bauer von der Hebräischen Universität in Jerusalem handelt es sich bei Wannsee um ein Treffen, das man schwerlich als ,eine Konferenz‘ bezeichnen kann. Und ,wenig von dem, was dort gesagt wurde, wurde im Detail in die Tat umgesetzt. … Die Öffentlichkeit wiederholt immer und immer wieder die alberne Geschichte, daß in Wannsee die Vernichtung der Juden beschlossen worden 219 Wetzel, Juliane: Antisemitismus im Internet, a.a.O., S. 111. 220 Totalleugnungen sind die Ausnahme. Treten sie auf, sind die Leugner zumeist Dritte (z.B. Jürgen Graf oder Robert Faurisson), über deren „Forschung“ das „National Journal“ berichtet. In ihren eigenen Texten leugnen die Autoren der Webseite den Holocaust nicht radikal. 221 http://globalfire.tv/nj/03de/zeitgeschichte/wannsee.htm (zuletzt eingesehen am 16.05.2011 um 10:13 Uhr). 222 „Das Parlament“ hatte in seiner Ausgabe vom 03.01.1992 über die historische Bedeutung der Wannsee-Konferenz aufgeklärt und den Kenntnisstand der Geschichtswissenschaft referiert. Es ist nicht ersichtlich, in welchen wesentlichen Punkten Süssmuths Rede den Ausführungen dieses Artikels widersprechen soll. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 79 sei. Wannsee war da, aber nur als Stufe in dem sich entfaltenden Prozeß des Massenmordes‘, sagte er.‘ […] Diese Tatsache störte Süßmuth [sic!] ebenso wenig wie sie Herrn Stürmer störte [auch der Historiker soll sich zuvor tatsachenwidrig zur Konferenz geäußert haben], schließlich werden Widersprüche gegenüber solchen ,Albernheiten‘ (Prof. Bauer) vom BRD-Strafrecht fast wie nach Art der ,Heiligen Inquisition‘ verfolgt. ,Die Behauptung, daß die Zahl 5,7 Millionen [ermordete Juden] beträgt, ist unwahr. Die Zahl der jüdischen Opfer kann sich zwischen einer und 1.5 Millionen bewegen, weil gar nicht mehr für Hitler und Himmler ,greifbar‘ waren.‘ Ferdinand Otto Miksche, Das Ende der Gegenwart, Herbig, Munich 1990, S. 107 f.“223 Die Autoren des „National Journal“ machen sich hier zunutze, dass in der Tat der Irrglaube weit verbreitet ist, auf der Wannsee-Konferenz sei die Ermordung der europäischen Juden beschlossen worden. Die Gedenkstätte „Haus am Wannsee“ räumt mit der Legende auf224 und auch in jedem Handbuch zum Thema ist die tatsächliche Bedeutung dieses Treffens nachzulesen.225 Mit der Behauptung, dass „Widersprüche gegenüber solchen ,Albernheiten‘ [...] fast wie nach Art der ,Heiligen Inquisition‘ verfolgt“ würden, soll die Infragestellung des Holocaust auf die Ebene eines seriösen Widerspruchs gegen die Legendenbildung in einer Detailfrage gehoben werden. Die „Holocaust-Schutzgesetze“ richten sich jedoch nicht gegen aufrichtige Teilnahme an wissenschaftlichen Diskursen, – erst Recht nicht gegen das Aufräumen mit tatsächlicher Mythen. Im Strafgesetzbuch, § 130 Absatz 3, heißt es: „Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.“226 Neben anderen Strafbeständen, die zur Ahnung von Holocaustleugnung ange- wendet werden können, ist dieser Paragraph derjenige, welcher am häufigsten bei Delikten dieser Art geltend gemacht wird.227 Durch die Feststellung, dass auf der Wannsee-Konferenz nicht die Ermordung der europäischen Juden beschlossen 223 http://globalfire.tv/nj/03de/zeitgeschichte/wannsee.htm (zuletzt eingesehen am 03.06.2011 um 11:09 Uhr). 224 Haus der Wannseekonferenz (Hrsg.): Die Wannsee-Konferenz und der Völkermord an den eu- ropäischen Juden, Berlin 2006. 225 Siehe bspw.: Rosemann, Mark: Die Wannseekonferenz, München 2002. 226 http://dejure.org/gesetze/StGB/130.html (zuletzt eingesehen am 13.06.2011 um 16:23 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 80 wurde, wird jedoch keine „unter der Herrschaft des Nationalsozialismus began- gene Handlung [… ge-]billigt, [ge-]leugnet oder verharmlost“, – erst Recht nicht in „einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“. Der Vergleich hinkt also. Tatsächlich versucht das „National Journal“ den Eindruck zu erwecken, der Tatbestand der Volksverhetzung würde jegliche Korrektur am wissenschaftlichen Erkenntnisbestand unterbinden. Zu diesem Zweck wird Bauer unfreiwillig als Zugpferd für die eigene Propaganda eingespannt, dessen Judentum seine Glaub- würdigkeit als Kronzeuge untermauern soll. Das Zeugnis wird so ausgelegt, als widerlege es einen zentralen Beleg für die mörderische Umsetzung der NS- Rassenpolitik, nämlich die Wannsee-Konferenz und die von ihr überlieferten Protokolle. Weitaus interessanter ist indes, dass Bauer ein an der Gedenkstätte „Yad Vashem“ tätiger Holocaust-Forscher ist, dem nichts ferner liegt, als den Massenmord an den europäischen Juden zu leugnen.228 Im letzten Absatz des Textes wird ein Zitat montiert, das mit der Thematik in keinerlei Zusammenhang steht und die Zahl der Shoah-Opfer auf 1 – 1,5 Millionen Menschen beziffert. Diese Mutmaßung soll in den Diskurs über die Ziele der Wannsee-Konferenz eingebracht werden, um sie auf die gleiche Ebene zu heben und diskutabel zu machen. Aktuelle Studien gehen nach Auswertung aller zur Verfügung stehenden Quellen davon aus, dass die Zahl der Ermordeten zwischen 5,7 und 6,1 Millionen Menschen liegt.229 Unter der Schlagzeile „,Ganz Israel‘ erklärte dem demokratisch gewählten Reichskanzler und dem demokratischen Deutschen Reich den ,Heiligen Krieg‘“,230 präsentiert das „National Journal“ einen Zeitungsartikel, der bereits in den 1970er Jahren von der Holocaustleugnung vorgebracht wurde. Am 24. März 1933 titelte die englische Boulevardzeitung „Daily Express“: „Judea declares War on Germany“. Die Schlagzeile wurde von Goebbels Propagandamaschine einge- spannt, um radikalere Maßnahmen gegen jüdische Deutsche und weitergehende Befugnisse für die NSDAP einfordern zu können. Später hat der „radikale Revi- 227 Zu den juristischen Verfolgungsmöglichkeiten und der Geschichte von Paragraphen des Straf- gesetzbuches zur Ahnung von Volksverhetzung siehe Anmerkung 44. 228 Siehe beispielsweise Bauer, Yehuda (Hrsg.): A History of the Holocaust, New York 2002. 229 Zum aktuellen Forschungsstand bzgl. der Gesamtzahl der Holocaustopfer siehe Anmerkung 179. 230 http://globalfire.tv/nj/05de/zeitgeschichte/24031933.htm (zuletzt eingesehen am 17.05.2011 um 09:07 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 81 sionismus“ den Artikel wieder hervorgeholt, um zu kolportieren, die Judenverfol- gung im Dritten Reich sei die Reaktion auf eine zuvor ergangene jüdische Kriegs- erklärung gewesen. Die Interpretation des „National Journal“ geht jedoch noch weiter (einfache An- und Abführungszeichen im Zitat kennzeichnen Original- stellen aus der Meldung des „Daily Express“): „Zu diesem Zeitpunkt [24. März 1933] gab es in Deutschland noch keine Gesetze gegen Juden, geschweige denn eine ,Judenverfolgung‘, wie in der ,Kriegserklä- rung‘ im Daily Express fälschlicherweise unterstellt wird. Interessant an der jüdischen Kriegserklärung ist, daß diese bereits im Namen ISRAELs erfolgte und daß Hitler mit seiner antijüdischen Haltung den Juden ,zu einer nationalen Wiedergeburt‘ verhalf. Wußte man knapp drei Monate nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler, daß es einen ,Holocaust‘ geben würde? Immerhin wurde bereits 1933 verlangt, ,dass Palästina ohne Einschränkungen Flüchtlinge aus Deutschland aufnehmen sollte.‘ Hochinteressant ist der Hinweis auf den ,internationalen Geldmarkt, wo der jüdische Einfluss beträchtlich ist‘, mit dessen Hilfe ein ,heiliger Krieg‘ gegen Deutschland entfacht werden sollte. […]“231 Im ersten Absatz des Zitats fügt der Verfasser eine Spitzfindigkeit ein, um einer nicht haltbaren Aussage Tatsächlichkeit zu verleihen. Zwar ist es richtig, dass bis zum 24. März 1933 keine Gesetze erlassen worden waren, die sich gezielt gegen Juden richteten, eine Judenverfolgung fand jedoch sehr wohl statt. Saul Fried- länder schildert eindrucksvoll den Weg in das Dritte Reich und weist auf die Diskriminierung, Drangsalierung und Schikane jüdischer Deutsche vor allem durch die SA in den Jahren vor 1933 hin. Auch in den Monaten während und nach der Machtübergabe sei es zunehmend zu gewalttätigen Ausschreitungen bis hin zu Mordanschlägen seitens der Nationalsozialisten gekommen, über die in der ausländischen Presse ausführlich berichtet worden sei.232 Ferner hatte Hitler bei zahlreichen Gelegenheiten zuvor seiner radikal antisemitischen Haltung Ausdruck verliehen und nach dem Reichstagsbrand deutlich gemacht, dass er bereit sei, Bürgerrechte aufzuheben und politische Gegner physisch zu vernichten. Im zweiten Absatz des Zitats wird die verschwörungstheoretische Argumentati- onsfigur bemüht, das „internationale Judentum“ habe den Antisemiten Hitler an 231 http://globalfire.tv/nj/05de/zeitgeschichte/24031933.htm (zuletzt eingesehen am 17.05.2011 um 16:38 Uhr). 232 Friedländer, Saul: Das Dritte Reich und die Juden. Die Jahre der Verfolgung 1933–1939, München 2000, S. 30f. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 82 die Macht gebracht, den Holocaust provoziert oder inszeniert, um infolge einen jüdischen Staat „Israel“ erpressen zu können. Als Beleg für diese These wird angeführt, dass im „Daily Express“ von „Israel“ die Rede ist; im Original heißt es: „The whole of Israel throughout the world is uniting to declare an economic and financial war on Germany.“233 Als 1948 ein Staat für die Juden im Nahen Osten gegründet wurde, war der Name „Israel“ keine neue Wortschöpfung. Er entstammt vielmehr dem Alten Testament und bezeichnet die Nachkommen Jakobs, die Israeliten. Dass „Israel“ und „Judentum“ häufig synonym verwendet werden, ist eine weitläufig bekannte Tatsache. Ein jahrhundertealtes, antisemitisches Klischee wird aktiviert, wenn die Autoren hervorheben, dass der „Daily Express“ auf den „internationalen Geld- markt [verweist], wo der jüdische Einfluss beträchtlich“ sei. Zumindest für Deutschland ist zu erwidern, dass die Beschäftigungszahlen von Juden im Börsen- und Bankenwesen der Weimarer Republik rückläufig waren und 1933 nur noch zwei Prozent betrugen.234 Dass Juden tatsächlich stärker in handel- und gewerbe- treibenden Branchen vertreten waren, ist darauf zurückzuführen, dass ihnen nach dem vierten Laterankonzil der Erwerb von Grundbesitz verboten war.235 Wenn- gleich im Zuge der Aufklärung Benachteiligungen dieser Art aufgehoben wurden, waren die Nachwirkungen bis in das 20. Jahrhundert sichtbar und bedingten Unterschiede in den Beschäftigungsstrukturen.236 Neben den nachgewiesenen Spekulationen und Fehlinterpretationen bleibt die Behauptung, „die Juden“ hätten Deutschland per „Daily Express“ den Krieg erklärt. Diese Lesart ist abwegig, weil ein Blick in den Nachrichtentext schnell offenbart, dass es sich nur um eine reißerische Schlagzeile handelte, jedoch ledig- lich wirtschaftliche Boykottmaßnahmen gemeint waren. Zudem hatten die verstreut auf der Welt lebenden Juden 1933 keinen eigenen Staat, der in ihrem Namen dem Deutschen Reich den Krieg hätte erklären können. Ferner verbot die Haager Landkriegskonvention (von 1899 und 1907) ohnehin ein bewaffnetes 233 http://www.h-ref.de/feindbilder/juedische-kriegserklaerungen/daily-express-original.php (zuletzt eingesehen am 13.06.2011 um 16:50 Uhr). 234 Wetzel, Juliane: Juden in der deutschen Wirtschaft, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Legenden, Lügen, Vorurteile. Ein Wörterbuch zur Zeitgeschichte, Berlin 1992, S. 102–106. 235 Pfaff, Volkert: Die soziale Stellung des Judentums in der Auseinandersetzung zwischen Kaiser und Kirche vom 3. bis zum 4. Laterankonzil (1139 – 1215), in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsforschung, Bd. 52, 1965, S. 168–206. 236 Siehe dazu auch: Mommsen, Hans: Zur Frage des Einflusses deutscher Juden auf die Deutsche Wirtschaft in der Weimarer Republik, in: Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte, Bd. 2, Stuttgart 1966, S. 348–369. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 83 Vorgehen gegen Nonkombattanten, – wozu die jüdische Bevölkerung eindeutig zu zählen war.237 3.2.5 „Reichsbewegung“ Über die Urheber der Homepage „Reichsbewegung.org“238 finden sich weder im WWW noch in den bisher konsultierten Nachschlagewerken und Verfassungs- schutzberichten Hinweise.239 Die Verantwortlichen, eine selbsternannte „Neue Gemeinschaft von Philosophen“, gibt sich verschwiegen und konspirativ. E-Mail- Anfragen zur Urheberschaft der Seite blieben unbeantwortet. Aufbau und Design der Webseite sind als überdurchschnittlich einzustufen, die Navigation fällt leicht, das Erscheinungsbild ist geprägt von einer hochauflö- senden Naturaufnahme im Kopfbereich der Seite. Bereitgestellt wird neben einer umfangreichen Link-Liste eine Bilder- und Videogalerie sowie eine große Menge Textmaterial, das sowohl als HTML-Dokument wie auch im PDF-Format zur Verfügung steht. Die bizarren Beiträge oszillieren inhaltlich zwischen Vorstellungswelten einer esoterisch-spirituellen Naturreligion und national-konservativer bis neo-national- sozialistischen Werthaltungen. Das sich aufspannende Feld wird erweitert durch Versatzstücke aus paranoiden Verschwörungsphantasien, Antifeminismus, diffuser Globalisierungs- und Atomkraftkritik, Ethnopluralismus, Islamphobie, Antisemi- tismus und „Revisionismus“. Der Shoah kommt in den schizophrenen Wahnvorstellungen der „Reichsbewe- gung“ keine tragende Funktion zu, vielmehr wird sie als eine von vielen Lügen zur Unterjochung der Völker gewertet. Die hier betriebene Leugnung des Holo- caust konterkariert die Bemühungen „radikaler Revisionisten“, welche pseudo- intellektuell argumentieren, um ihren Tiraden einen seriösen Anstrich zu geben. In einem dreiseitigen Text wird, in plumper Rhetorik und ohne Belege, der Stand- punkt vertreten, dass es in Bezug auf den Holocaust nicht um Detailkritik gehen könne, „sondern daß wir es hier in vollständigem Maße mit einer Lüge und zwar 237 Heinsohn, Gunnar: a.a.O., S. 115. 238 http://www.reichsbewegung.org/portal/index.php (zuletzt eingesehen am 18.05.2011 um 16:07 Uhr). 239 Nicht zu verwechseln ist „Reichsbewegung.org“ mit der von Horst Mahler gegründeten „Völ- kischen Reichsbewegung“, die unter http://www.voelkische-reichsbewegung.org/index.htm erreichbar ist (zuletzt eingesehen am 18.05.2011 um 16:12 Uhr). Zu dieser siehe: Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2009, Hamburg 2010, S. 196. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 84 mit einer der ungeheuerlichsten Inszenierungen der Menschheitsgeschichte zu tun haben!“240 Tatsächlich seien die Lebensbedingungen von Häftlingen jüdischen Glaubens in deutschen Konzentrationslagern weitaus besser gewesen als die der Bevölkerung in den Städten, welche unter den Bombardierungen litt. Dass die Faktizität des Genozid fragwürdig sei, werde schon dadurch deutlich, dass in Deutschland sowie in anderen Staaten die Holocaustleugnung und ihre Protagonisten strafrechtlich verfolgt werden. Diese Argumentation weist Schnitt- punkte mit Aussagen von in dieser Hinsicht unverdächtigen Personen auf, deren Ansicht nach das Unterstrafestellen des Tatbestandes „Volksverhetzung“ nicht zweckdienlich sei.241 Andere Historiker, wie z.B. Jürgen Zarusky, sind der Ansicht, dass im Falle des „radikalen Revisionismus“ die Forschungsfreiheit nicht berührt werde, da es den Leugnern mitnichten um einen Erkenntnisgewinn sondern um die Bestätigung ihrer vorgefassten Sichtweise gehe.242 Markus Bernhardt zeichnet in seinem Aufsatz „Holocaust und Strafrecht als erinnerungskulturelles Phänomen“ die verschiedenen Standpunkte in dieser Debatte nach.243 3.2.6 „kreuz.net“ „kreuz.net katholische Nachrichten“244 liest der Besucher dieser Webseite auf dem Banner eines Portals, das täglich mehrere Meldungen und Kommentare zum Zeit- geschehen online veröffentlicht. Neben den Administratoren und Schreibern der Seite sammelt sich hier eine aktive Leserschaft, die die Kommentarfunktion der Themen rege nutzt und sich in schier endlosen und hitzigen Diskussionen zu den Inhalten äußert. Diese sind klar definiert: „kreuz.net“ bedient einen katholischen Fundamentalismus und hetzt überwiegend gegen die sexuelle Selbst- bestimmung245, Feministen246, sogenannte „Abtreiber“247, Moslems und Juden248. Der „braune Bodensatz der katholischen Traditionalisten“, wie die „Tageszeitung“ 240 http://www.reichsbewegung.org/portal/index.php? option=com_content&view=article&id=32&Itemid=44 (zuletzt eingesehen am 20.05.2011 um 12:51 Uhr). 241 So haben 2006 beispielsweise 19 renommierte französische Historiker und Intellektuelle in einem gemeinsamen Manifest die Straffreiheit der Holocaustleugnung gefordert. Siehe: http://www.ldh-toulon.net/spip.php?article1086 (zuletzt eingesehen am 20.05.2011 um 16:21 Uhr). 242 Zarusky, Jürgen: Leugnung des Holocaust, a.a.O., S. 13. 243 Bernhard, Markus: Holocaustleugnung und Strafrecht als erinnerungskulturelles Phänomen, in: Oswalt, Vadim/Pandel, Hans-Jürgen (Hrsg.): Geschichtskultur. Die Anwesenheit von Ver- gangenheit in der Gegenwart, Schwalbach/Ts. 2009, S. 139–152. 244 http://www.kreuz.net/ (zuletzt eingesehen am 27.05.2011 um 15:57 Uhr). 245 „Planen gewaltbereite Homos eine christliche Kristallnacht?“ einzusehen unter http://www.- kreuz.net/article.8169.html (zuletzt aufgerufen am 24.05.2011 um 12:48 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 85 sie bezeichnet,249 gibt sich verschwiegen und anonym, – im Impressum findet sich lediglich der Hinweis auf einen Verein mit Sitz in Kalifornien. Tatsächlich scheint es sich bei der angegeben Anschrift nur um den Serverstandort zu handeln, denn die Berichte auf „kreuz.net“ nehmen ausschließlich Bezug auf das Geschehen in Österreich und Deutschland. Weiter heißt es auf der Seite: „,kreuz.net‘ ist die Initiative einer internationalen privaten Gruppe von Katholiken in Europa und Übersee, die hauptberuflich im kirchlichen Dienst tätig sind. ,kreuz.net‘ akzeptiert ohne Namen eingereichte Informationen und betrachtet es als Ehrensache, die strikte Anonymität seiner Informanten zu wahren.“250 Der Hinweis auf „Übersee“ ist hier vor allem insofern wichtig, als dass die Verantwortlichen der Domain durch die Speicherung der Seite in den USA vor dem Zugriff deutscher Ermittlungsbehörden geschützt sind. Wenngleich die Macher und ein Großteil der Nutzer des Angebots anonym bleiben,251 wird speku- liert, „kreuz.net“ stünde der Pius-Bruderschaft nahe.252 Indizien für diese Vermu- tung sind ein stellenweise deckungsgleicher Wertekanon, die auffallend häufige Parteinahme für die Priestervereinigung253 sowie die Tatsache, dass Holocaust- leugner Richard Williamson regelmäßig zu Wort kommt. Der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, sowie der Leiter des Medien- referats der Österreichischen Bischofskonferenz, Paul Wuthe, haben sich bereits 2009 im Namen der katholischen Kirche von „kreuz.net“ distanziert und die Inhalte verurteilt.254 246 „Seit fünfzehn Jahren sind öffentliche Einrichtungen und Publikationen vom feministischen Gleichschaltungswahn besessen.“ Einzusehen unter: http://www.kreuz.net/article.10912.html (zuletzt aufgerufen am 27.05.2011 um 16:07 Uhr). 247 So prägt „kreuz.net“ Vokabeln wie „Abtreibungsfirma ,pro familia‘“. Einzusehen unter http://www.kreuz.net/article.13154.html (zuletzt aufgerufen am 04.06.2011 um 21:40 Uhr). 248 „Jetzt buckelt auch der Papst vor den Juden.“ Einzusehen unter http://www.kreuz.net/article.8756.html (zuletzt aufgerufen am 24.05.2011 um 17:46 Uhr). 249 Biene, Janusz: Kreuzritter der Dummheit. Rechte Katholiken hetzen im Internet, in: taz.de, 11.03.2009, eingesehen unter http://www.taz.de/1/netz/artikel/1/kreuzritter-der-dummheit/ (zuletzt aufgerufen am 24.05.2011 um 16:00 Uhr). 250 http://www.kreuz.net/imprint.html (zueltzt eingesehen am 27.05.2011 um 16:10 Uhr). 251 Einige wenige Autoren der Redaktion schreiben nicht unter Pseudonym. So z.B. der radikal- katholische Aktivist Martin Humer, der FPÖ-Politiker Ewald Stadler sowie Regina Wilden von der Bürgerbewegung „Pro Köln“. 252 Biene, Janusz: a.a.O. 253 „Die Piusbruderschaft korrigiert den Kondom-Papst“. Einzusehen unter: http://www.kreuz.- net/article.12272.html ( zuletzt aufgerufen am 24.05.2011 um 13:45 Uhr). 254 Zu Matthias Kopp siehe: http://www.katholisch.de/Nachricht.aspx?NId=369 . Zu Paul Wuthe siehe: http://www.erzdioezese-wien.at/content/artikel/a16090 (beide zuletzt eingesehen am 24.05.2011 um 13:59 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 86 Während das Empfangsportal der Seite schlicht und sachlich wirkt, fällt bei weiterer Betrachtung der Beiträge auf, dass diese mit fettgedruckten Zwischen- überschriften reißerisch in Szene gesetzt werden. Alle Nachrichten sind mit Abbil- dungen illustriert und gliedern sich in kurze Absätze, die meist nur einen oder zwei parataktische Sätze umfassen. Der Tonfall und die Umgangsformen auf dem Portal sind äußerst rau, Nutzer, die sich kritisch zu der Hetze auf „kreuz.net“ äußern, werden schnell als „Homoperverse“ verunglimpft. Das Gliederungs- prinzip der Seite ist so angelegt, dass zunächst Texte der Redaktion veröffentlicht werden, welche dann von den Lesern kommentiert und diskutiert werden können. Da gegen die Präsenz der Seite im Word Wide Web nicht juristisch vorgegangen werden kann, haben sich Interessengruppen wie „kreuts.net“255 gebildet, die es sich zur Aufgabe machen, strafrechtlich relevante Inhalte des Nachrichtenportals zu dokumentieren. Volksverhetzungen, Beleidigungen, Verleumdungen etc. werden hier gesammelt und zur Anzeige gebracht, wenn das Verhalten von „kreuz.net“-Usern, die meist auf mehreren einschlägigen Seiten aktiv sind, Rück- schlüsse auf die Identität der dahinterstehenden natürlichen Personen zulässt. Inwieweit diese bisher erfolgreich waren, kann nicht gesagt werden; Tatsache ist jedoch, dass es um einige User still wurde, nachdem „kreuts.net“ sie angezeigt hatte. Den Urhebern holocaustleugnender Inhalte wird so die Nichtexistenz von Anonymität im Netz deutlich und die Öffentlichkeit gleichsam auf das Problem aufmerksam gemacht. Strafrechtlich relevante Inhalte sind am häufigsten in den Kommentaren der Nutzer auf „kreuz.net“ zu finden. Die eigentlichen Nachrichtenmeldungen der Redaktion leugnen die Shoah zumeist nicht radikal, trivialisieren jedoch in nicht endenden Tiraden gegen die bundesrepublikanische und israelische Erinnerungs- kultur. Ein wichtiges Mittel dabei zeigt sich nicht nur auf semantischer Ebene, sondern ebenso in der Darstellungsweise, mit der „kreuz.net“ gegen Feindbilder polemisiert. Deutlich wird dabei die stilistische Nähe zur Berichterstattung der „Bild-Zeitung“, deren Kampagnen-Journalismus oft von zum Teil originellen Wortschöpfungen getragen wird. Eben diese sind es, die sich durch nahezu jeden Text auf „kreuz.net“ ziehen und diese für Leser attraktiv machen sollen: „Katholo- caust“, „Holocaust-Religion“, „Kinder-Holocaust“ etc. Während sympathisierende Gruppen und deren Ansichten stets in verharmlosende Worte gekleidet werden, 255 http://www.kreuts.net/ (zuletzt eingesehen am 27.05.2011 um 16:13 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 87 „geifern“ und „hetzen“ auf „kreuz.net“ ausschließlich politische Gegner und vermeintliche Feinde der katholischen Kirche. Unter der Überschrift „Wie der Holocaust zum Staatsmythos wurde“,256 beschäftigt sich Friedrich Romig mit dem Stellenwert des Holocaust im isra- elischen Selbstverständnis. Dazu führt er aus, dass für die Gründer des jungen israelischen Staates die Identifikation mit den zionistisch-nationalistischen Helden im Kampf für eine jüdische Heimatstätte der wichtigste Bezugspunkt gewesen sei. Diese Identität wäre erst durch den Eichmann-Prozess 1960 ins Wanken gekommen. (Die eigentümliche Formatierung geht bei allen „kreuz.net“-Texten auf die zahl- reichen Zwischenüberschriften im Original zurück): „Die Erfindung des Holocaust-Mythos Auschwitz war noch lange nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kein Thema. Das Wort „Holocaust“ war noch nicht erfunden. Das änderte sich im Verlauf des Eichmann-Prozesses: Aus dem staatsbegründenden Heldenmythos wurde ein Opfermythos... An die Stelle der heldenhaften Staats- gründer traten die Auschwitzopfer. Gegen führende Zionisten wurde plötzlich der Vorwurf laut, sie hätten mit den Nationalsozialisten – darunter Eichmann – in Auswanderungsfragen zusammenge- arbeitet und sich gelegentlich sogar am Eigentum ihrer jüdischen Mitbrüder vergriffen. Grund genug also, um den Heldenmythos zu begraben und mit Hilfe von Au- schwitz auf einen neuen Begründungsmythos aufzuspringen.“257 Auch Moshe Zimmermann spricht von eine „Mythologisierung des Holocaust“ in Bezug auf Israel, wenn er – in diesem Punkt stimmt er mit Romig überein – die große Bedeutung des Genozids im Selbstverständnis der jüdisch-israelischen Bevölkerung hervorhebt. Gleichzeitig kommt er Fehlinterpretationen zuvor, indem er definiert, dass ein Mythos für ihn in diesem Zusammenhang eine ewige Wahrheit sei, die durch Werturteile und den Verlust von Unmittelbarkeit entsteht.258 In der Zwischenüberschrift „Die Erfindung des Holocaust“ wird von Romig hingegen unwidersprochen die Assoziation geweckt, es handele sich hier 256 http://www.kreuz.net/article.10549.html (zuletzt eingesehen am 27.05.2011 um 16:15 Uhr). 257 http://www.kreuz.net/article.10549.html (zuletzt eingesehen am 25.05.2011 um 20:59 Uhr). 258 Zimmermann, Moshe: Israels Umgang mit dem Holocaust, in: Steininger, Rolf (Hrsg.): Der Umgang mit dem Holocaust. Europa – USA – Israel, Wien u.a. 1994, S. 390. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 88 um die Erfindung eines Mythos, einer Erzählung, einer Geschichte, die jeder Tatsachenbasis entbehre. „Erfunden“ – um in Romigs Terminologie zu bleiben – wurde das Wort „Holo- caust“ in der Antike von den Griechen; geläufig für den Völkermord an den euro- päischen Juden ist es in Deutschland seit 1979 die US-amerikanische Fernsehserie „Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiß“ ausgestrahlt wurde. Die Verwendung des Prädikats „aufspringen“ bringt Romigs Geisteshaltung zum Ausdruck und beweist seine Absicht, „die Israelis“ als ein Volk sprunghafter Opportunisten zu präsentieren, denen jedes Geschichtsbild recht wäre, wenn es denn zum eigenen Vorteil gereichen würde. Richtig in seiner Darstellung ist indes nur, dass der Prozess gegen Adolf Eichmann einen deutlichen Wandel in der israe- lischen (und übrigens auch der deutschen) Erinnerungskultur zeitigte, während der Umgang mit dem Holocaust jedoch weitaus komplexer ausfiel. Nach der Staats- gründung wurde das Gedenken an die Opfer verdrängt, da Schwäche und Ohnmacht nicht zu der israelischen Identifikation mit den Kriegshelden, der Aufbruchstimmung und dem Pioniergeist passten. In den 1960er Jahren gewann Israel an Stabilität, sodass infolge seine Bürger Selbstbewusstsein gewannen und im Zuge eines Generationswechsels die Verfolgung durch das NS-Regime thema- tisiert werden konnte. Das Verfahren gegen den „Fahrdienstleiter des Todes“ beförderte diesen Prozess insofern, als dass die zahlreichen, hoch emotionalen Zeugenaussagen die verdrängte Erinnerung an den Holocaust in der israelischen Öffentlichkeit wachriefen und zunehmend dieser entscheidende Teil der eigenen Vergangenheit in das Bewusstsein gerückt wurde.259 Die Funktion der „Judenräte“ war entgegen Romigs Behauptung deutlich früher, bereits in den 1950er Jahren, sehr kontrovers debattiert worden.260 Anläss- lich des Eichmann-Prozesses erschien das Buch von Hannah Arendt, „Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht über die Banalität des Bösen“261, das das Thema in provozierender Weise behandelte und für Empörung in Israel sorgte. Heute liegen 259 Dennoch betont Naomi Bubis, dass innerhalb jüdischer Familien – vor allem in der ersten und zweiten Generation nach 1945 – massive Sprechblockaden vorherrschen und persönliche Ver- folgungserfahrungen bzw. das Schicksal ermordeter Familienmitglieder nicht thematisiert werden können. Siehe Bubis, Naomi: Die jüdische Generation nach dem Holocaust, in: Lich- tenstein, Heiner/Romberg, Otto R. (Hrsg.): Täter – Opfer – Folgen. Der Holocaust in Ge- schichte und Gegenwart, Bonn 1997, S. 198–203. 260 Zuckermann, Moshe: Arendt und Eichmann, in: Utopie kreativ, Heft 201/202, Juli/August 2007, S. 674–680. 261 Arendt, Hannah: a.a.O. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 89 zahlreiche differenzierte Studien über die „Judenräte“ vor, die die strukturellen und moralischen Zwänge, denen die jüdische Elite in den Ghettos ausgesetzt war, untersuchen.262 Keinesfalls rückte das Wissen um die Existenz und Funktion der „Judenräte“ die Erinnerung an den Holocaust in die zentrale Position, die er im Selbstverständnis des Staates Israel heute hat. Unter der Schlagzeile „Holocaust-Rhetorik“263 berichtet Leo G. Schüchter264 über einen Besuch deutscher Bischöfe in Israel und der „Holocaust-Katechese“, die ihnen israelische Botschafter dort gehalten hätten. Tatsächlich war es 2007 zu Konflikten gekommen, als die Oberhirten deutscher Bistümer bei einer Reise durch das Heilige Land die Zustände in den palästinensischen Autonomiegebieten mit denen des Warschauer Ghettos verglichen hatten. Schüchter dazu: „Er [der israelische Botschafter Shimon Stein] beklagte, daß die deutschen Bischöfe das Programm des Holocaust-Konzepts entweder ,vergessen oder noch nicht gelernt‘ hätten. […] Doch eine Sensibilität für Täter und Opfer verstößt gegen die Holocaust-Logik, nach der die Schuld bei Konflikten nie bei Juden gesucht werden darf. […] Nach Ansicht der israelischen Regierung ist die Mauer gegen die Palästinenser als anti-islamistischer Schutzwall einzigartig und mit der Berliner Mauer nicht zu vergleichen.“ Besonders deutlich zeigt sich hier die zynische Polemik, mit versucht wird, den Leser gegen ein vermeintliches Dogma, das die Erinnerung an den nationalsozia- listischen Genozid diktiere, aufzuwiegeln. Ebenso fällt erneut der inflationäre Gebrauch und die Bildung von Komposita mit dem Begriff „Holocaust“ ins Auge, die Überdruss beim Leser erzeugen sollen. Die Kritik an den Bischöfen ist hingegen gerechtfertigt, verdrehen ihre Aussagen doch Ursache und Wirkung, 262 Siehe vor allem die Arbeiten von Dan Michmann, wie z.B. ders.: Kontroversen über die Ju- denräte in der jüdischen Welt 1945–2005. Das Ineinandergreifen von öffentlichem Gedächtnis und Geschichtsschreibung, in: Anders, Freia (Hrsg.): Der Judenrat von Bialystol. Dokumente aus dem Archiv des Bialystocker Ghettos 1941–1943, Paderborn 2010, S. 311–317. Ders.: Ju- denräte, Ghettos, „Endlösung“. Drei Komponenten „einer“ antijüdischen Politik oder seperate Faktoren?, in: Mlynarczyk, Jacek Andrzes (Hrsg.): Der Judenmord in den eingegliederten pol- nischen Gebieten 1939–1945, Osnabrück 2010, S. 167–176. 263 http://www.kreuz.net/article.4865.html (zuletzt eingesehen am 27.05.2011 um 16:15 Uhr). 264 In der Regel publizieren Antisemiten und Holocaustleugner im Internet über mehrere Kanäle, um so ein breites Publikum zu erreichen. Webseiten hingegen können durch eine Vielzahl von Publizisten eine dicke Personaldecke in der Redaktion vorgeben und so den Eindruck guter Recherche und breiter Quellenbasis vortäuschen. Schüchter hingegen tritt ausschließlich in Zusammenhang mit „kreuz.net“ auf, sodass es sich hierbei wahrscheinlich um ein Pseudonym handelt. Aus linguistischer Sicht sind die Ähnlichkeiten zwischen seinem und Romigs Schreibstil (dieser Autor existiert tatsächlich) frappierend. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 90 wenn sie außer Acht lassen, dass die NS-Rassenpolitik maßgeblich zur Notwen- digkeit eines jüdischen Staates beigetragen hat. Der Politikwissenschaftler Gert Krell dazu: „Dieser Vergleich, der aus den jüdischen Opfern der Naziherrschaft die kommende Tätergeneration machen will, dient nur allzu offenkundig der eigenen Entlastung und kann mit Fug und Recht als eine Form von Schuldabwehr-Antisemitismus bezeichnet werden.“265 Ebenfalls von Schüchter stammt ein Text mit dem Titel „Deutschland ist der Geldesel für die Holocaust-Religion“,266 in dem der Autor die Rechtmäßigkeit von „Wiedergutmachungszahlungen“ der Bundesrepublik an jüdische Opferverbände, vor allem an die Jewish Claim Conference (JCC), in Zweifel zieht: „Der von der Bundesrepublik und der deutschen Wirtschaft mit fünf Milliarden Euro dotierte Fond zu [sic!] Entschädigung ehemaliger Fremdarbeiter Ost aus dem Jahr 2000 war als letztes großes Projekt der deutschen Wiedergutmachung gedacht. Aber lange vor den letzten Fondsauszahlungen erfanden jüdische Kreise neue Forderungen an Deutschland. […] Der deutsche Vertreter der ,Claims Conference‘ in Frankfurt am Main, Georg Heuberger (62), präsentierte kürzlich die Opfergruppen der Juden in Frankreich, Belgien und Holland, für die Deutschland nachblechen müsse. […] Deutschland hat sich offensichtlich als williger Geldesel für jüdische Interessen entpuppt, der schon auf sanften Druck die Geldbörse zückt. […] Die Nachfolger Goldmanns [dem verstorbenen Gründungsvater der JCC] haben inzwischen auch von Österreich und der Schweiz kassiert sowie die Bundes- republik für ,entgangene DDR-Zahlungen‘ abgezockt. Massive Zweifel In den letzten Jahren sind allerdings von verschiedener Seite massive Zweifel geäußert worden, ob das eingetriebene Geld auch den wirklichen und bedürftigen Opfern der nationalsozialistischen Verbrechen zukommt. Was der US-Politologe Norman Finkelstein vor einigen Jahren herausgestellt hat, hat sogar das Hamburger Wochenmagazin ,Der Spiegel‘ kürzlich bestätigt: […] Die ,Claims Conference‘ erweist sich als die Geschäftszentrale der Holocaust- Industrie, die mit zwielichtigen Geschäftsmethoden Gelder eintreibt, die sie unter Täuschung der Öffentlichkeit irregulären Zwecken zuschustert.“ 265 Krell, Gert: Schatten der Vergangenheit. Nazi-Deutschland, Holocaust und Nahostkonflikt, HSFK-Report 7, Frankfurt a. M. 2008, S. 46. 266 http://www.kreuz.net/article.7549.html (zuletzt eingesehen am 27.05.2011 um 16:15 Uhr). 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 91 Zunächst ein Blick auf das Vokabular des Textes, das den Leser auch hier in seiner Meinungsbildung klar manipuliert: Die ehemaligen „Fremdarbeiter“, gemeint sind Sklaven- und Zwangsarbeiter, sollten eigentlich die letzten Zahlungen erhalten, bevor neue Forderungen „erfunden“ wurden, aufgrund derer Deutschland „nach- blechen“ musste, – es wurden Gelder „kassiert“ und „abgezockt“, um diese zweckentfremdet jemandem „zuzuschustern“. Auch hier die Wortschöpfung „Holocaust-Industrie“, die nach wie vor in rechtsextremen Kreisen Konjunktur hat, jedoch nicht auf Schüchter, sondern auf den im Text bereits erwähnten Norman Finkelstein zurückgeht. Dazu später mehr. Da Schüchter keine seiner Anschuldigungen belegt oder belegen kann, bleibt es bei Behauptungen. Offenkundig ist, dass Deutschland zu keinem Zeitpunkt ein „williger Geldesel“ war, – weder in der Zwangsarbeiterentschädigung noch in Hinblick auf eine umfassende „Wiedergutmachung“ von NS-Verbrechen. Vielmehr beherrschte die Nachkriegszeit eine robuste Interessenpolitik, die dem wirtschaftlichen Wiederaufstieg Deutschlands eine höhere Priorität beimaß, als der Aussöhnung mit den ehemals Verfolgten.267 Die Verhandlungen um die Entschädigung der Zwangsarbeiter in den 1990er Jahren waren vor allem von einer Verweigerungshaltung aufseiten der Wirtschaft geprägt, die sich erst um ihr Image und die Geschäftsbeziehungen zu den USA zu schützen, zur Zahlung einer Minimalsumme268 durchringen konnte.269 Die DDR sah sich nach 1945 nicht als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches und wies als „antifaschistischer Staat“ jede Haftungskontinuität gegenüber den Ansprüchen von Opferverbänden zurück. Dass die BRD im Freudentaumel 1990 nicht nur die Wiedervereinigung erlangt, 267 Zur „Wiedergutmachung“ siehe: Frei, Norbert/Brunner, José/Goschler, Constantin (Hrsg.): Die Praxis der Wiedergutmachung. Geschichte, Erfahrung und Wirkung in Deutschland und Israel, Bonn 2010. 268 Insgesamt wurden vom Bund und von der Wirtschaft jeweils fünf Milliarden DM gezahlt, ein Betrag, der unterhalb dessen lag, was die Bundesrepublik zu jener Zeit jährlich für die Zahlung von Wehrmachtsrenten aufwendete. 269 Zur Entschädigung der Zwangsarbeiter siehe: Niethammer, Lutz: Von der Zwangsarbeit im Dritten Reich zur Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, in: Jansen, Michael/Saathoff, Günter (Hrsg.): „Gemeinsame Verantwortung und moralische Pflicht“. Ab- schlussbericht zu den Auszahlungsprogrammen der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, Göttingen 2007, S.13–84. Saathoff, Günter: Entschädigung für Zwangsarbeiter? Entstehung und Leistungen der Bundesstiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ im Kontext der Debatte um die „vergessenen Opfer“, in: Hockerts, Hans Günter/Kuller, Chris- tiane (Hrsg.): Nach der Verfolgung. Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in Deutschland?, Göttingen 2003, S. 241–273. Irmer, Thomas „Ihr langes Schweigen ist sicher- lich tiefe Resignation...“. Norbert Wollheim, Edmund Bartl, Hermann Langbein und die Aus- einandersetzung um Entschädigung für NS-Zwangsarbeit nach 1945, in: Fritz Bauer Institut (Hrsg.): Opfer als Akteure. Interventionen ehemaliger NS-Verfolgter in der Nachkriegszeit, Frankfurt a. M. 2008, S. 87–105. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 92 sondern auch Ansprechpartner für offene Restitutionsansprüche von NS-Opfern wurde, ist Teil des Erbes. Von „abgezockt“ kann keine Rede sein. Wenn die Frage aufgeworfen wird, ob das Geld den „wirklichen und bedürf- tigen“ Opfern zukäme, muss konstatiert werden, dass Schüchter hier eine Fürsorge vorgibt, die seine Absichten verschleiern und Opferkonkurrenz fördern soll. Ferner wäre zu klären, wer entscheidet, welche Opfer des National- sozialismus „wirklich“ und welche „bedürftig“ sind. Richtig ist nur, dass die amerikanischen Juden in der JCC einen einflussreichen Fürsprecher haben, der ihre Interessen wirkungsvoller vertreten kann, als es die osteuropäischen Opfer- verbände können. Dass es Anwälte gibt, die mit dem Einklagen von Ansprüchen ihrer Klienten unangemessene Summen verdienen, ist kein jüdisches, sondern ein gesellschaftliches „Problem“. 2000 erscheint in Deutschland das Buch des Politikwissenschaftlers Norman G. Finkelstein, „Die Holocaustindustrie. Wie das Leiden der Juden ausgebeutet wird“270, das in der Presse und der Öffentlichkeit breit rezipiert wurde. Der Autor kritisiert, „jüdische Eliten“ würden den Holocaust instrumentalisieren, um die Position Israels sowie die eigene in den USA zu verbessern. Neben dem Bestreiten der Singularitätsthese behauptet er, US-amerikanische Opferverbände hätten Entschädigungsgelder nicht ordnungsgemäß weitergeleitet, sondern damit eigene Einrichtungen in den Vereinigten Staaten unterstützt.271 Seine Thesen fanden in den deutschen Medien großen Widerhall und wurden vor allem von der rechten Presse mit Begeisterung aufgenommen.272 Bedeutsam für das Buch und die von ihm ausgelöste Debatte war, dass Finkelstein selbst jüdischen Glaubens ist und somit seine Thesen ohne des Antisemitismus verdächtig zu werden, Verbrei- tung finden konnten. Die Stimmen aus Deutschland, die sich gegen Finkelstein erhoben und weite Teile seiner Argumentation widerlegten, können an dieser Stelle nicht ausgeführt werden, sodass ein Verweis auf die Kritiker genügen muss.273 270 Finkelstein, Norman G.: Die Holocaust-Industrie. Wie das Leiden der Juden ausgebeutet wird, München 2001 (Erstausgabe München 2000). 271 Zum Buch ist ein wichtiger Sammelband mit Aufsätzen erschienen, die Finkelsteins Thesen analysieren und kritisieren sowie die Debatte um das Buch nachzeichnen und wichtige Hinter- grundinformationen liefern. Piper, Ernst (Hrsg.): Gibt es wirklich eine Holocaust-Industrie? Zur Auseinandersetzung um Norman Finkelstein, Zürich 2001. 272 Siehe z.B.: Anonymus: Holocaust. Lug und Betrug?, in: National-Zeitung, 28.07.2000. Denes, Ivan: Der Milliardenpoker, in: Junge Freiheit, 28.07.2000. 273 In der deutschen Presse widersprechen vor allem Ulrich Herbert (Vorschnelle Begeisterung, in: Süddeutsche Zeitung, 18.08.2000) und Peter Longerich (Ein Mann sieht rot, in: Frank- 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 93 Finkelstein ist kein Holocaustleugner, seine Mutter überlebte Auschwitz. Dennoch wird sein Buch von „radikalen Revisionisten“ immer wieder als eines von vielen Argumenten dafür vorgebracht, dass die deutsche Erinnerungs- und Nahostpolitik äußerst fragwürdig sei. Noch besser lässt sich Finkelstein mit der Trivialisierung des Holocaust in Einklang bringen, da er ein „Ventil für antisemi- tische Ressentiments bietet [, … sowie] Entlastung für die NS-Verbrechen bzw. von daraus resultierender finanzieller Verantwortung.“274 Vor allem befördert er einen sekundären Antisemitismus, einen Antisemitismus wegen Auschwitz, in dem deutsche Erinnerungsabwehr ihren Ausdruck findet und sich der Wunsch nach „Normalität“, nach einem „Schlussstrich“ artikuliert.275 In diesem Geist ist Finkelstein der ideale jüdische Kronzeuge für Schüchter,276 wenn dieser agitiert, dass „Deutschland […] der Geldesel für die Holocaust-Religion [sei].“ Abschließend lässt sich sagen, dass „kreuz.net“ die Shoah in ihren Beiträgen nicht offen leugnet, aber stark trivialisiert. Zwar ließe sich einwenden, dass Formulierungen wie „Die Erfindung des Holocaust-Mythos“ suggerieren, es handele sich hierbei um eine Fiktion, jedoch deckt sich diese Lesart nicht mit den semantischen Argumentationslinien der Beiträge. Da offene Holocaustleugnung jedoch in den Kommentaren der Nutzer meist geduldet wird und eine Strafverfol- gung nicht möglich erscheint, ist davon auszugehen, dass die Entscheidung für diese weniger radikale Form der Propaganda bewusst und nicht aus juristisch- pragmatischen Gründen getroffen wurde. furter Rundschau, 22.08.2000), Novick, Peter (Haßtiraden eines Besessenen, in: Die Welt, 04.09.2000), Rafael Seligmann (Wird der Holocaust vermarktet, in: Welt am Sonntag, 23.07.2000) sowie der JCC selbst. Letztere konnte sich jedoch mit dem Verweisen auf Fakten kaum gegen die polemischen Attacken Finkelsteins behaupten, der die „Sensation“ („Ein Jude prangert die Ausbeutung des Holocaust an!“) auf seiner Seite hatte. 274 Behrense, Arne: The Holocaust Industry – Eine deutsche Debatte, in: Piper, Ernst (Hrsg.): Gibt es wirklich eine Holocaust-Industrie? Zur Auseinandersetzung um Norman Finkelstein, Zürich 2001, S. 39. 275 Zum sekundären Antisemitismus siehe: Gessler, Phillip: Der neue Antisemitismus. Hinter den Kulissen der Normalität, Freiburg 2004. 276 An anderer Stelle beruft sich „kreuz.net“ auf den jüdischen Schrifsteller Avraham Burg, der 2009 das Buch „Hitler besiegen. Warum Israel sich endlich vom Holocaust lösen muss“ vorlegte. Der Autor postuliert einen „katastrophisierenden Zionismus“, dessen Fixpunkt der Holocaust sei, von welchem die israelische Gesellschaft geradezu „besessen“ sei. Mit seiner Forderung, den „Blick in die Zukunft zu richten“, ist er – ähnlich wie Finkelstein – eine will- kommene, da unverdächtige Referenz für jeden Versuch, den Holocaust zu leugnen oder zu trivialisieren. Avraham Burg ist nicht zu verwechseln mit dem deutsch-jüdischen Holocaust- leugner Josef Ginsburg Burg (Pseudonym). Burg, Avraham: Hitler besiegen. Warum Israel sich endlich vom Holocaust lösen muss, Frankfurt a. M. 2009. 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 94 3.3 Zwischenresümee Abschließend werden nun die Ergebnisse dieses Kapitels zusammengefasst, in dem untersucht wurde, wie die deutschsprachige Holocaustleugnung gegenwärtig im World Wide Web argumentiert. Es konnte gezeigt werden, dass Angriffe auf den Erkenntniskonsens der Holo- caust-Forschung und die Erinnerungskultur der Bundesrepublik im Internet viel- fältige Erscheinungsformen haben. Sie sind Bestandteil und Ausdruck diverser Geisteshaltungen und Ideologien, die das Element „Antisemitismus“ vereint. Oft gliedern sie sich in eine Reihe von Ressentiments gegen verschiedenartige Feind- bilder ein, die unterschiedlichen Raum in der propagandistischen Publizistik einnehmen. So wird der Holocaust von Verschwörungstheoretikern, religiösen Fundamentalisten, Rechtsextremisten, Esoterikern etc. geleugnet bzw. verharm- lost. Radikale Holocaustleugnung, die behauptet, der gesamte wissenschaftliche Erkenntnisbestand zur Shoah sei ein Phantasiegebilde, findet sich selten im World Wide Web. Häufiger wird eine „Nadelstich-Taktik“ verfolgt, die einzelne Detail- aspekte aufgreift, in Frage stellt oder zu widerlegen vorgibt. Diese Attacken sollen ihre Wirkung nicht für sich entfalten, sondern in der Summe den Eindruck vermit- teln, dass die Tatsachenbasis des Holocaust durchaus hinterfragenswert sei. Parallel nehmen Bestrebungen zu, den Völkermord an den europäischen Juden zu trivialisieren. Die singulären Charakteristika des Genozids werden herunterge- redet, um so die Forderung nach einem Ende der historische Verantwortung der Bundesrepublik erheben zu können. Dies kann dergestalt geschehen, dass die Kriegsverbrechen und Gewaltmaßnahmen der Alliierten mit NS-Verbrechen aufgerechnet werden, um das Deutsche Reich zu entlasten. Indem der Begriff „Holocaust“ auf verschiedenste Formen von Gewaltmaßnahmen angewendet wird, soll der Eindruck vermittelt werden, dass ein Völkermord dieser Art eine nicht ungewöhnliche Erscheinungsform der Geschichte sei. Andere Argumenta- tionsfiguren bewerten die israelische Interessenpolitik nach anderen Maßstäben als jene anderer Staaten, die ebenfalls Konfliktpartei in bewaffneten Auseinander- setzungen sind. Schließlich wird die Zunahme eines sekundären Antisemitismus deutlich, der sich in Erinnerungsabwehr manifestiert und behauptet, „die Juden“ würden Nicht- 3. Holocaustleugnende Argumentationsmuster im Internet 95 juden mit dem Holocaust politisch und finanziell erpressen. Eine Minimierung des Holocaust findet statt, wenn die Opferzahlen stark nach unten korrigiert werden, ohne dass eine Beweisführung auf Basis seriöser Quellenauswertung erfolgt. Entsprechend den weniger radikalen Thesen gebärden sich die Protagonisten und ihre Schriften oft gemäßigt, um die Mehrheitsgesellschaft nicht zu ver- schrecken, sondern sanft an die eigenen Vorstellungswelten heranzuführen. Die Holocaustleugnung im Internet bezeichnet sich selbst nicht als solche, sondern gibt vor, für Informations- und Meinungsfreiheit einzutreten. Ein Großteil der untersuchten Texte erhebt keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit, sodass die Fallbeispiele mehrheitlich ohne Fußnoten und Literaturverzeichnis auskommen. Die Forschungsarbeiten der etablierten Historiographie werden nicht zur Kenntnis genommen; finden sich in Publikationen Referenzen, verweisen diese zumeist auf weitere, holocaustleugnende Schriften. Die Argumentationslinien sind einfach und gradlinig gezeichnet, sie setzen auf Behauptungen statt auf umfassende Recher- chen in langwieriger Archivarbeit. Parallel dazu sind die Texte in ihrem Duktus und Erscheinungsbild so gestaltet und illustriert, dass sie Rezeptionsanreize bieten. Inhalte werden in einem journalistisch geprägten Stil dargeboten, welcher das Lesen erleichtern und beschleunigen soll. 4. Resümee und Ausblick 96 4 Resümee und Ausblick Diese Untersuchung ging der Frage nach, welche Argumentationsmuster die Leugner des Völkermords an den europäischen Juden im Internet verwenden. Gefragt wurde, ob die „digitale Wende“ in den 1990er Jahren einen Einfluss auf die Agitation hatte und, wenn ja, zu welchen Auswirkungen dieser geführt hat. Dazu wurden holocaustleugnende Schriften aus den Jahren 1970 bis 1993 mit den gegenwärtigen Strömungen im World Wide Web verglichen. Das Fazit dieser Studie kann sich nicht auf das Rekapitulieren und Zusammen- fassen der Arbeitsergebnisse beschränken, sondern muss ebenfalls die Anlage der Untersuchung kritisch reflektieren. Beide Schritte sind nicht voneinander trennbar, da sie auf die gleichen Befunde und Feststellungen zurückzuführen sind. Ein wesentlicher Aspekt, der beide Untersuchungsgegenstände unterscheidet, ist, dass zunächst ein Zeitraum beschrieben wurde, gefolgt von einer Momentauf- nahme. In Hinblick auf die Printmedien konnte gezeigt werden, dass eine Phase über zwei Dekaden sowohl Kontinuität als auch Wandel zeitigte. Seit dem Siegeszug des Internets vor ebenfalls fast zwei Jahrzehnten finden sich auch im Internet holocaustleugnende Strukturen. Da hier nur der gegenwärtige Stand erfasst wurde, kann nicht gesagt werden, wie die Entwicklung der letzten Jahre verlief. Dennoch lassen sich Tendenzen erkennen. Apologetische Bestrebungen haben eine lange Geschichte und konzentrierten sich nach 1945 darauf, Hitlers Verantwortung für den Ausbruch des Zweiten Welt- krieges zu bestreiten. Seit den 1970er Jahren wird auch der Völkermord an den europäischen Juden in Abrede gestellt. Die frühen Holocaustleugner sind kaum bemüht, ihre Sympathie mit dem NS-Regime und ihre antisemitische Grund- haltung zu verbergen. Seit den späten 1970er Jahren setzten Entwicklungen ein, in deren Zuge zunehmend eine neutrale Betrachtungsweise und Unvoreingenom- menheit vorgegeben wird. Holocaustleugner bezeichnen sich nun als „Revi- sionisten“, ihre Schriften erscheinen als wissenschaftliche Arbeiten, denen sie einen akademischen Anstrich geben. In den frühen 1990er Jahren erreichen diese Entwicklungen einen Höhepunkt, als Germar Rudolf ein „Gutachten“ vorlegt, das vorgibt, zu beweisen, dass Gaskammern in Auschwitz-Birkenau technisch unmög- lich gewesen seien. 4. Resümee und Ausblick 97 Gleichzeitig findet das Internet Verbreitung, welches ein enormes Potenzial für die Holocaustleugnung birgt und von den Protagonisten rege genutzt wird. Neben der mittlerweile weltweiten Vernetzung und den niedrigen Publikationskosten, der nahezu unmöglichen Strafverfolgung und der Schnelligkeit des Netzes hat das WWW einen weiteren schlagenden Vorteil: Es verbindet die Leugner der Shoah nicht nur mit Antisemiten, Neo-Nationalsozialisten und Rechtsextremen, sondern es ermöglicht auch eine direkte Verbindung in nahezu jedes Kinder-, Klassen- und Wohnzimmer der Welt. Auf diesen grundlegenden Wandel haben sich die Leugner des nationalsozialistischen Genozids eingestellt. Stäglich und Rudolf beschäftigen sich mit erstaunlicher Akribie und Beharr- lichkeit damit, wie sich Fakten manipulieren lassen, um glaubhaft zu machen, die Shoah sei eine jüdische Erfindung. Das WWW ist hingegen schnelllebig und bietet schier unendliche Informationsmengen. Nutzer surfen binnen Sekunden auf eine Seite und verlassen sie ebenso schnell, wenn das Gesuchte nicht unmittelbar zu finden ist. Vor diesem Hintergrund erscheint die Vorgehensweise der 1970er, 1980er und frühen 1990er nicht mehr effektiv und angemessen. Infolge haben die Leugner des Holocaust ihre Demagogie zielgruppenorientiert ausgelegt und argu- mentieren in einer Weise, die auf die „Generation Internet“ zugeschnitten ist. An dieser Stelle kann bereits ein erster Gedanke zur Reflektion des Ausgangs- frage vorweggenommen werden: Die Frage nach den Argumentationsmustern im WWW kann gestellt werden, verkennt jedoch einen Aspekt, der die Realität der Holocaustleugnung im Netz wesentlich prägt. Ebenso wichtig wie die Analyse der Manipulationstechniken ist es, herauszustellen, wie antisemitische Hetze verpackt wird, um vom Adressaten angenommen zu werden. Es konnte gezeigt werden, dass beliebte Webdienste, wie „Wikipedia“, „Indymedia“ u.a., imitiert werden, um holocaustleugnende Propaganda in die Mehrheitsgesellschaft zu tragen. Es kursieren Broschüren, die sich betont harmlos geben und Laien mit pseudo- humanistischer Rhetorik infiltrieren. Boulevardmagazine illustrieren reißerisch in Szene gesetzte Beiträge, in denen sie behaupten, die gesamte Völkergemeinschaft würde von einer kleinen, religiösen Gruppe ausgebeutet. Ein weiterer Ausdruck dieser Entwicklung ist die Tatsache, dass „radikal-revisionistische“ Argumenta- tionen dort ansetzen, wo sich die Erinnerung an die Opfer der Shoah manifestiert oder wo Holocaustleugner Berührungspunkte zwischen einer Gesellschaft und ihrem nationalen Gedenken sehen. Beispiele dafür sind die Fotografien von 4. Resümee und Ausblick 98 Leichenbergen aus deutschen Konzentrationslagern, das „Tagebuch der Anne Frank“ oder „Schindlers Liste“ etc. Vor diesem Hintergrund haben sich die konkreten Verschleierungstaktiken und Täuschungsmanöver im Internet entwickelt. Mit der digitalen Wende treten andere Inhalte in Erscheinung, wenngleich sich auch Aspekte nachweisen lassen, die seit jeher auf der holocaustleugnenden Agenda standen. Konstituierend ist und bleibt, dass die etablierte Forschung ignoriert wird, während ein Zitierkartell herrscht, das nur Autoren aufnimmt, die mit den eigenen Thesen in Einklang zu bringen sind. Liegen elementare Arbeiten zu einer Forschungsfrage vor, die die eigene Arbeit konterkarieren, werden diese nicht zur Kenntnis genommen. Die Untersuchung der Printmedien hat deutlich gemacht, dass die einschlä- gigen Veröffentlichungen im Laufe der Zeit ein zunehmendes Maß an Wissen- schaftlichkeit vorgeben. Es zeichnete sich die Tendenz ab, dass pseudo- akademische Entwicklungen die zentrale Argumentationsfigur der Holocaustleug- nung werden würden. In den 1990er Jahren hat diese Strömung jedoch ihren Höhepunkt erreicht und stellt mittlerweile nur noch eines von vielen Werkzeugen im „radikal-revisionistischen“ Instrumentarium dar. Auch die dezidierte Falsifi- zierung der Referenzdokumente wie auch der Versuch, Augenzeugenberichte als „unzuverlässig“ zu diffamieren, sind zurückgegangen. Eingenommen wird der freigewordene Raum von moderateren Argumentati- onsformen, die darauf abzielen, den Völkermord der Nationalsozialisten zu trivi- alisieren oder zu minimieren. Es ist daher festzuhalten, dass der Terminus „radi- kaler Revisionismus“, wie er eingangs hier definiert wurde, nur unzutreffend die Phänomene beschreiben kann, die in dieser Studie Kontur gewonnen haben. Auch das Einschließen von trivialisierenden Tendenzen in die Definition von „Holo- caustleugnung“ wird den Entwicklungen im Internet nicht gerecht. Erscheinungs- formen dieser Art wachsen sich zu einer selbstständigen und dominierenden Argu- mentationslinie gegen deutsche Erinnerungskultur und -politik aus. Dieser Wandel erfolgt vor dem Hintergrund hinzugewonnener Zielgruppen, die für gemäßigte Inhalte deutlich empfänglicher sind als für die radikal-aggressive Leugnung der Shoah. Derartige Propagandaformen sind kompatibler mit dem politischem Mainstream, weil sie weniger verschwörungstheoretisch angelegt sind und ihr antisemitisches Motiv besser verbergen. Je weiter die Shoah in die 4. Resümee und Ausblick 99 Vergangenheit rückt, je weniger Zeitzeugen leben, desto gefährlicher können sie einer demokratischen Gesellschaftsstruktur werden. Im Zuge freier Netze darf sich eine freiheitliche Gesellschaft nicht auf fragwür- dige Regulierungsmaßnahmen staatlicher Stellen verlassen, sondern muss ihr Augenmerk auf diejenigen richten, die das vorrangige Ziel von Aufrufen zu Hass und Gewalt sind: den Kindern und Jugendlichen. Obwohl sie die Garanten für ein von Toleranz und Respekt geprägtes Morgen sind, werden sie noch immer unzu- reichend auf die Netzrealität vorbereitet. Nur mit einem fundierten Wissen über ihre extremistischen und menschenverachtenden Inhalte lassen sich sinnvolle didaktische Konzepte zur Förderung von Medienkompetenz entwickeln. Dazu soll diese Arbeit einen kleinen Beitrag leisten. 5. Literatur- und Quellenverzeichnis 100 5 Literatur- und Quellenverzeichnis Nicht im Literaturverzeichnis vorhanden sind Publikationen, die nur zum Beleg eines Details dienen oder ausschließlich zum vertiefenden Weiterlesen empfohlen werden. Zuerst aufgeführt wird die Sekundärliteratur, dabei zunächst gedruckte Publikationen, dann Texte aus dem World Wide Web. Im Anschluss finden sich gesondert „revisionistische“, antisemitische, rechtsextreme etc. Schriften, auch hier zunächst die Printmedien gefolgt von Online-Veröffentlichungen. Sekundärliteratur (Printmedien): Abidine, Susann Zeinel: Rechtsextremismus im Internet. Angebote für Kinder und Jugendliche und pädagogische Konsequenzen, Saarbrücken 2007. Arendt, Hannah: Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen, München 2006 (Erstausgabe 1963). Arndt, Ingo/Scheffler, Wolfgang: Organisierter Massenmord an Juden in national- sozialistischen Vernichtungslagern. Ein Beitrag zur Richtigstellung apologetischer Literatur, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 24. Jahrgang, 2. Heft, Stuttgart 1976, S. 105–135. Auerbach, Hellmuth: Lampenschirme aus Menschenhaut, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Legenden, Lügen, Vorurteile. Ein Wörterbuch zur Zeitge- schichte, München 1992, S. 137–138. Bailer, Josef: Die „Revisionisten“ und die Chemie, in: Bailer-Galanda, Brigitte/Benz, Wolfgang/Neugebauer, Wolfgang (Hrsg.): Die Auschwitz- leugner. „Revisionistische“ Geschichtslüge und historische Wahrheit, Berlin 1996, S. 117–152. Bailer-Galanda, Brigitte: Das Tagebuch der Anne Frank, in: Bailer-Galanda, Brigitte/Benz, Wolfgang/Neugebauer, Wolfgang (Hrsg.): Die Auschwitz- leugner. „Revisionistische“ Geschichtslüge und historische Wahrheit, Berlin 1996, S. 170–174. Bailer-Galanda, Brigitte: Leuchter und seine Epigonen, in: Bailer-Galanda/Benz, Wolfgang, Neugebauer, Wolfgang (Hrsg.): Die Auschwitzleugner. „Revi- sionistische“ Geschichtslüge und historische Wahrheit, Berlin 1996, S. 117–129. Bailer-Galanda, Brigitte: „Revisionismus“ als zentrales Element der internatio- nalen Vernetzung des Rechtsextremismus, in: Stiftung Dokumentations- archiv des österreichischen Widerstandes (Hrsg.): Das Netz des Hasses. Rassistische, rechtsextreme und neonazistische Propaganda im Internet, Wien 1997, S. 106–122. 5. Literatur- und Quellenverzeichnis 101 Bailer-Galanda, Brigitte: „Revisionismus“ – Pseudowissenschaftliche Propaganda des Rechtsextremismus, in: Bailer-Galanda, Brigitte/Benz, Wolfgang/Neugebauer, Wolfgang (Hrsg.): Die Auschwitzleugner. „Revi- sionistische“ Geschichtslüge und historische Wahrheit, Berlin 1996, S. 19–37. Bailer-Galanda, Brigitte/Benz, Wolfgang/Neugebauer, Wolfgang (Hrsg.): Die Auschwitzleugner. „Revisionistische“ Geschichtslüge und historische Wahrheit, Berlin 1996. Benz, Wolfgang (Hrsg.): Antisemitismus in Deutschland. Zur Aktualität eines Vorurteils, München 1995. Benz Wolfgang (Hrsg.): Auf dem Weg zum Bürgerkrieg? Rechtsextremismus und Gewalt gegen Fremde in Deutschland, Frankfurt a. M. 2001. Benz, Wolfgang: Die „Auschwitz-Lüge“, in: Steininger, Rolf (Hrsg.): Der Umgang mit dem Holocaust. Europa – USA – Israel, Wien 1994, S. 103– 115. 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Studien zur Vorurteilsforschung, Berlin 2002, S. 312–318. Benz, Wolfgang (Hrsg.): Legenden, Lügen, Vorurteile. Ein Wörterbuch zur Zeit- geschichte, München 1992. Benz, Wolfgang: Realitätsverweigerung als antisemitisches Prinzip: Die Leugnung des Völkermords, in ders. (Hrsg.): Antisemitismus in Deutsch- land. Zur Aktualität eines Vorurteils, München 1995, S. 121–139. 5. Literatur- und Quellenverzeichnis 102 Benz, Wolfgang: „Revisionismus“ in Deutschland, in: Bailer-Galanda/Benz, Wolfgang/Neugebauer, Wolfgang (Hrsg.): Die Auschwitzleugner. „Revi- sionistische“ Geschichtslüge und historische Wahrheit, Berlin 1996, S. 38–41. Bernhard, Markus: Holocaustleugnung und Strafrecht als erinnerungskulturelles Phänomen, in: Oswalt, Vadim/Pandel, Hans-Jürgen (Hrsg.): Geschichts- kultur. Die Anwesenheit von Vergangenheit in der Gegenwart, Schwal- bach/Ts. 2009, S. 139–152. Boll, Friedhelm: Sprechen als Last und Befreiung. Holocaust-Überlebende und politisch Verfolgte zweier Diktaturen, Bonn 2003. 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Fromm, Rainer/Kernbach, Barbara: Rechtsextremismus im Internet. Die neue Gefahr, München 2001. 5. Literatur- und Quellenverzeichnis 104 Funke, Hajo: Die „Gaskammerlüge“ in der revisionistischen Propaganda in Deutschland und Österreich, in: Morsch, Günter/Perz, Bertrand (Hrsg.): Neue Studien zu nationalsozialistischen Massentötungen durch Giftgas. Historische Bedeutung, technische Entwicklung, revisionistische Leugnung, Berlin 2011, S. 382–393. Geiss, Imanuel: Zum Historiker-Streit, in Augstein, Rudolf (Hrsg.): „Historiker- streit“. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung, München/Zürich 1987, S. 373– 380. Glaser, Stefan: Dem Hass die Stirn bieten. Medienpädagogische Ansätze zur Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus im Internet, in: Glaser, Stefan/Pfeiffer, Thomas: Erlebniswelt Rechtsextremismus. Menschenver- achtung mit Unterhaltungswert, Bonn 2007, S. 107−127. Glaser, Stefan: „Vernetzter Hasse“. 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