Möglichkeiten und Chancen zur Reurbanisierung der historischen Stadtmitte durch stadtplanerische und handlungsstrategische Maßnahmen - dargestellt am Beispiel der Wohlfühlstadt Bad Salzuflen - Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Dr.-Ing. im Fachbereich Architektur, Stadtplanung und Landschaftsplanung Fach: Stadtplanung Universität Kassel vorgelegt von: Karl Slawinski Kassel-Witzenhausen im Dezember 2011 Tag der mündlichen Prüfung im Promotionsvorhaben: 11.04.2012 1 I N H A L T S V E R Z E I C H N I S 1. EINLEITUNG UND UMRISS DER ARBEIT, ZIELSETZUNG................................3 1.1 Anliegen ....................................................................................................................3 1.2 Aufbau der Arbeit ......................................................................................................4 1.3 Fragestellungen..........................................................................................................6 1.4 Forschungsstand ........................................................................................................7 2. WANDEL UND BEDEUTUNG DER STADTMITTE ................................................9 2.1 Der Wandel der Stadtmitte der europäischen Städte ...................................................9 2.2 Der Wandel der Stadt durch geänderte Leitbilder und Planung.................................15 2.3 Der Wandel der Stadtmitte durch geänderte Gesetze ................................................28 2.4 Der Wandel der Akteure in der Stadtmitte................................................................39 2.5 Die Stadt im Gleichgewicht ‚Balancity’ ...................................................................43 2.6 Die Bedeutung der Stadtmitte für die Gesamtstadt ...................................................47 3. DIE ENTWICKLUNG DER ‚MITTE VON BAD SALZUFLEN’............................51 3.1 Entwicklung vor der Gebietsreform .........................................................................51 3.2 Entwicklungsziele zur Gebietsreform 1969 ..............................................................56 3.3 Entwicklungen der Stadtzentren nach der Gebietsreform..........................................60 3.3.1 Planungen zum eh. Stadtkern von Schötmar ....................................................61 3.3.2 Planungen zur Stadtmitte von Alt Salzuflen .....................................................64 3.3.3 Planungen zur ‚Neuen Mitte’ im eh. Hoffmanngelände ........................................67 3.4 Entwicklungsplanungen seit den 1990er Jahren........................................................69 3.4.1 Stadterneuerungsprogramm ‚Historischer Stadtkern’ ...........................................69 3.4.2 Stadtentwicklungskonzept 1992 ‚Bad Salzuflen 2000’..........................................71 3.4.3 Leitbild für die zukunftsbeständige Entwicklung ‚Lokale Agenda 21’ ..................77 3.4.4 Stadtentwicklungskonzept Bad Salzuflen 2020 für neuen F-Plan ...............79 3.4.5 Aktive Innenstadt Bad Salzuflen mit Masterplan Innenstadt .........................84 3.5 Für die Stadtmitte relevante Fachplanungen.............................................................89 3.5.1 Entwicklungsplanungen zum Kurort – Exkurs – ..................................................89 3.5.2 Landschaft und Grünordnung.............................................................................100 3.5.3 Verkehrsentwicklungsplanungen........................................................................106 3.5.4 Einzelhandelsgutachten......................................................................................114 3.5.5 Stadtmarketingprozess .......................................................................................124 4. FALLBEISPIELE ZUR MITTE VON BAD SALZUFLEN....................................129 4.1 Historische Stadtmitte ‚Salzhof’ .............................................................................129 4.2 Fachmarktzentrum ‚Neue Hoffmann’s Stärke’........................................................135 5. ENTWICKLUNGSASPEKTE ZUR ‚MITTE VON BAD SALZUFLEN’..............142 5.1 Stadtentwicklung um die ‚Mitte von Bad Salzuflen’ ..............................................142 5.2 Planungsschritte zur ‚Mitte von Bad Salzuflen’......................................................148 5.3 Entwicklungsaspekt Akteure in Bad Salzuflen .......................................................154 5.4 Gegenüberstellung der Entwicklungsaspekte..........................................................163 2 6. STADTMITTEN DER CITY-OFFENSIVE ‚AB IN DIE MITTE’ .................168 6.1 Die City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ ......................................................................168 6.1.1 Die City-Offensive der Länder ...........................................................................168 6.1.2 Themenbeispiele der City-Offensive ..................................................................171 6.2 Auswahl einiger Städte der City-Offensive ............................................................175 6.2.1 Beispiel Stadt Lage ‚Stadtidentität’ ................................................................175 6.2.2 Beispiel Stadt Bergkamen ‚Neudefinition’ ..........................181 6.2.3 Beispiel Gemeinde Hüttenberg ‚ideelle Mitte’ ................................................187 6.2.4 Beispiel Stadt Bad Salzuflen ‚Polyzentralität’ ...............................191 6.3 Auswertung der City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ ...................................................200 7. POLYZENTRISCHE STADTMITTEN IM VERGLEICH ....................................201 7.1 Die Stadt Horn-Bad Meinberg ..........................................................................202 7.2 Die Stadt Schieder-Schwalenberg ......................................................................208 7.3 Kommunaler Verbund in Süd- und Nordlippe (ILEK Leader Projekte) ..................215 7.4 Zusammenfassender Vergleich ..............................................................................223 8. FRAGEN ZU GEGENWÄRTIGEN STRUKTURVERÄNDERUNGEN...............227 8.1 Situation Einzelhandel und Wohnen.......................................................................227 8.2 Innerstädtische Akteursebene - Stadtgesellschaft....................................................230 8.3 Planerische Steuerung der Stadtentwicklung ..........................................................233 9. ENTWICKLUNGSCHANCEN FÜR DIE STADTMITTE.....................................235 9.1 Allgemeine Feststellungen aus ganzheitlicher Sicht ...............................................235 9.2 Auswertung Befragungen und Experteninterviews.................................................237 9.3 Gegenüberstellung planerischer Handlungsstrategien.............................................241 9.4 Bewertung der Handlungsstrategien für die Stadtmitte ...........................................245 9.5 Handlungsstrategie für die Umsetzung...................................................................249 9.6 Zusammenfassende Schlussbemerkungen zur Stadtmitte........................................252 10. ANHANG...................................................................................................................255 10.1 Literaturverzeichnis .............................................................................................255 10.2 Verzeichnis der Untersuchungen und Planungen in den Beispielstädten ...............259 10.3 Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen..........................................................260 10.4 Abkürzungen .......................................................................................................264 10.5 Fragen zu den Interviews .....................................................................................266 10.6 Anhang Luftaufnahmen und Pläne von Bad Salzuflen..........................................269 10.7 E r k l ä r u n g .....................................................................................................273 3 1. EINLEITUNG UND UMRISS DER ARBEIT, ZIELSETZUNG 1.1 Anliegen Der größte Umbruch der Geschichte, der sich seit der Industrialisierung in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft vollzog, führte zur Urbanisierung fast aller Lebensbereiche. Die Besiedlungen historischer Prägung 1 haben in diesem Prozess ihre alte Bedeutung verloren. An ihre Stelle sind Stadtregionen und zentrale Orte mit ihren Verflechtungs- und Versorgungsbereichen getreten. Der momentane schnelle soziale, wirtschaftliche und technische Wandel führt zu neuen Handlungsanforderungen und Entscheidungsfeldern städtischer Zukunft. Beispielhaft sei hier die Änderung der Betriebsformen im Handel genannt, wie die Reduzierung der Anzahl von kleinen selbständigen Handwerkern und Händlern, die Zunahme der Filialisten, das Wachsen der Betriebsgrößen und die Umwandlung der Warenhäuser zu Kaufhäusern, Kaufgalerien, SB-Warenhäusern mit Discount-Prinzip oder Shopping-Center an autoorientierten Standorten. Weitere beeinflussende Faktoren für die Stadtmitte sind einerseits die Kaufkraftverringerung und andererseits die Zunahme an kommerziellen Angeboten für Freizeit und Kultur. Diese Entwicklungen erfolgten nicht aufgrund vorausschauender Bauleitpläne. Das Gleiche gilt für die Veränderungen von Partnerschaften, Familien und deren Wohnungsansprüche. Die Umwandlung der Gesellschaft von einer Industrie- zur Wissensgesellschaft, wie auch die demographische Entwicklung, der momentane Schrumpfungsprozess und der Klimawandel unterliegen keinem planerischen Prozess. Wolf Ortmann stellte schon 1956 fest: „Keine noch so gute Planung kann auf längere Zeiträume und bis in alle Details die Gestalt der Stadt festlegen.... Eine Stadt entwickelt sich eben nicht nur nach einem Plan, sondern auch nach einer... Eigengesetzlichkeit.“ 2 Die Stadt unterliegt einem ständigen Wandel, dem sie sich anzupassen hat, um in ihrem Gleichgewicht zu bleiben. Hierfür ist die Stadtmitte besonders bedeutsam. Ein ganzheitliches Gleichgewicht besteht, wenn eine Stadt nach Veränderungen ihr Gleichgewicht, ihre Balance behält. Die Reurbanisierung ist der Versuch, die urbanen Grundzüge der historischen Stadtkerne wiederherzustellen im Sinne eines Gleichgewichtes für die Gesamtstadt. Mit der Gegenüberstellung der Entwicklungsaspekte Stadtentwicklung, Planungsschritte und Akteursebene auf der Zeitachse der letzten Jahrzehnte soll untersucht werden, ob die Städte beim Wachsen ins Umland im Gleichgewicht geblieben sind. Dabei werden: - gegenseitige Beeinflussungen verdeutlicht, - Schnittstellen für Planung und Akteure definiert, - Antworten auf Fragestellungen zur momentanen Innenstadtentwicklung gesucht, - Rahmenbedingungen für die Stadtplanung überprüft und - Handlungsstrategien für die Neubelebung der historischen Stadtkerne untersucht. Am Beispiel der Stadt Bad Salzuflen wird diese Untersuchung konkretisiert. Exemplarisch wird der Vergleich mit Städten der City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ der verschiedenen Bundesländer und weiteren Städten im Kreis Lippe hergestellt. 1 Die Besiedlungen historischer Prägung sind Stadt und Dorf (s. Kap. 2 ‚Wandel und Bedeutung der Stadtmitte’) 2 Ortmann, Wolf 1956 S. 71 4 1.2 Aufbau der Arbeit Die Stadtentwicklung mit ihren gegenwärtigen Problemen kann am Beispiel der historischen Stadtkerne von Mittelzentren gut aufgezeigt werden. Dabei spielt die Bedeutung der Stadtmitte zur Gesamtstadt eine besondere Rolle. Für die Mitte der Städte ist zwar die Entstehungsgeschichte bedeutsam, die Arbeit wird sich jedoch im Wesentlichen auf die Zeit nach der Gebietsreform der Länder, in Nordrhein-Westfalen 1969 konzentrieren. Trotz Städtebauförderung seit den 1970er Jahren zeigen sich in den Innenstädten immer wieder neue Entwicklungsprobleme, wie aktuell Leerstände und demographische Entwicklungen. Gleichzeitig hat sich eine neue prozessgesteuerte Planung entwickelt, die eine intensivere Beteiligung der Akteure anstrebt. Neben der Politik und Verwaltung sind heute Planungsprozesse ohne Beteiligung formalisierter Interessengruppen und interessierter oder betroffener Bürger der Stadtgesellschaft nicht mehr denkbar. Beispielhaft wird hier die City- Offensive „Ab in die Mitte“ der Bundesländer erörtert. Durch die Gegenüberstellung und Untersuchung der drei Entwicklungsaspekte Stadtentwicklung, Planungsschritte und Akteursebene können typische Einflussfaktoren für die Stadtentwicklung sichtbar werden. Die Beantwortung von Fragen zu gegenwärtigen Strukturveränderungen in der Stadtentwicklung nach diesem Ordnungsschema wird zu neuen Bewertungen, insbesondere für die Stadtmitte, führen. Es bietet sich aufgrund persönlicher Erfahrungen an, die Gegenüberstellung am konkreten Beispiel des Mittelzentrums Bad Salzuflen zu veranschaulichen. Die Stadt ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft historischer Stadtkerne in Nordrhein-Westfalen 3 und weist mit ihren beiden historischen Stadtkernen und den neueren Stadtteilzentren eine typische Entwicklungsgeschichte seit der Gebietsreform auf. Unterlagen zur wissenschaftlichen Auswertung stehen genügend zur Verfügung. Der Entwicklungsaspekt Stadtentwicklung wird an den tatsächlichen Stadtveränderungen in den Innenstädten von Bad Salzuflen dargestellt. Dabei werden detaillierte Fakten mit Ablaufschema analysiert, bewertet und im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen eingeschätzt. Empfehlungen zur Planungsmethodik werden hierbei schon deutlich. Neue Planungsschritte wurden seit der Gebietsreform mit dem Flächennutzungsplan für die Gesamtstadt eingeleitet und damit neue Entwicklungsziele formuliert. Diese wurden in gewissen zeitlichen Abständen, insbesondere seit 1990 aktualisiert, durch Rahmenpläne und fachliche Untersuchungen unterstützt und durch Bebauungspläne festgeschrieben. 2010 wurde ein städtebauliches Entwicklungskonzept für den neuen Flächennutzungsplan und für die Innenstadt von Bad Salzuflen (‚Aktive Innenstadt’) mit Masterplan erstellt und beschlossen. Die Wirkung von Planungsinstrumenten ist kritisch einzuschätzen, nachdem diese vorher in ihrer zeitlichen Entwicklung und ihrem Implement dargestellt wurden. Hier gehören auch Gesetze, Verordnungen wie auch Förderinstrumente eingeordnet. Bei dem Entwicklungsaspekt Akteursebene wird aufgezeigt, dass mit der Gebietsreform gewachsene soziale Strukturen verändert und Gebiete mit orttypischen Konflikten zusammengeschlossen wurden. Neue Akteursstrukturen mussten, bzw. müssen noch immer 3 1989 Aufnahme in AG Hist. Stadtkerne NRW mit Stadterneuerungsprogramm „Hist. Stadtkern“ BS, 2008 im Bund-Länder-Programm „Aktive Stadt- u. Ortsteilzentren“ u. 7/2011 Beitritt ‚Netzwerk Innenstadt’ NRW. 5 gefunden werden. Hierbei ist zu unterscheiden nach Akteuren und deren juristischer Rolle und Bedeutung so wie nach ihrer Interessenlage zum jeweiligen Zeitpunkt. Entscheidend sind oft Akteurskonstellationen, die ein Zusammenspiel fördern oder Konfliktkonstellationen und Interessenkollisionen hervorrufen. Die Akteursebene ist zu interpretieren und zu bewerten. An Hand von Fallbeispielen in Bad Salzuflen werden die Entwicklungen, Veränderungen und Beeinflussungen der o.g. drei Entwicklungsaspekte weiter konkretisiert. Sie sind geeignet die Aspekte nach einer Gesamtschau wie durch eine Lupe näher zu betrachten. Bei den Fallbeispielen und Entwicklungsaspekten wird die Stadtmitte für die Gesamtstadt von entscheidender Bedeutung sein. Diese definiert sich aus den örtlichen Gegebenheiten, der Entstehungsgeschichte, der funktionalen Bedeutung, aber auch aus wirtschaftlichen und sozialen Aspekten, die in einer Stadt vernetzt sind. Um das Beispiel Bad Salzuflen in die allgemeine Diskussion zum Thema der Innenstadtentwicklung von Mittelzentren seit Ende der 1960er, insbesondere 1990er Jahre einzuordnen, ist ein Vergleich mit anderen polyzentrischen Städten herzustellen. Hier bieten sich die Kurstädte Horn-Bad Meinberg und Schieder-Schwalenberg im Kreis Lippe an. Einen weiteren guten Vergleich zum Thema Stadtmitte mit anderen Städten bieten die Dokumentationen zur City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ der verschiedenen Bundesländer. Dabei werden Städte betrachtet und ausgewählt, die durch die Initiative mit einem ganzheitlichen Ansatz auf ihre fehlende, mangelhafte städtebauliche Mitte reagieren, indem sie diese neu definieren und/oder eine neue eigene Identität als Teil des Ganzen finden. Damit die Betrachtung der Beispielstädte eine Aussagekraft hat, erfolgt diese auf der Grundlage der Theorien für Planung und städtebaulichen Leitbilder im Sinne der Stadtbaugeschichtsentwicklung. Dadurch sollen gesicherte Verbesserungsvorschläge und Lösungsmöglichkeiten für den Planer, die Akteure und für eine nachhaltige Stadtentwicklung erarbeitet und allgemeingültige wissenschaftliche Aussagen gefunden werden. Halb standardisierte und strukturierte Interviews und Befragungen 4 unterschiedlicher Akteure, Experten und Beteiligte in den Beispielstädten konkretisieren die Untersuchungen. Gezielte Befragungen zur ‚Stadtmitte’ sollen Lösungsansätze für die zukünftige Stadtkern- und Innenstadtentwicklung verdeutlichen. Dabei wird die gegenwärtige Problematik der Stadtmitte mit Einzelhandel, Wohnen, sonstigen Nutzungen, planerischen Aktivitäten und mit der innerstädtischen Akteursebene - wie Kunde, Bewohner und Nutzer - deutlich. Mit der Analyse und Bewertung der Stadtentwicklung sollen Handlungsstrategien für die Entwicklungschancen der Stadtmitte gefunden werden. Hierdurch kann die Konzeption für die Praxis mit der theoretischen Analyse verbunden und ein Perspektivenwechsel zwischen Wissenschaft (Theorie) und Planung (Praxis) hergestellt werden. Die Schnittstelle zwischen der klassischen Planung, der Akteursebene und der tatsächlichen Entwicklung lässt sich hierbei definieren. Dabei werden eigene Erfahrungen mit Distanz eingebracht. „Es gilt, praktische und theoretische Sichtweisen... zusammenzuführen... Auf dass es zu einem fruchtbaren Dialog von Wissenschaft und Praxis... kommen kann.“ 5 4 Pürer, Heinz 1998 S. 175ff (s. Kap. 9.2 und 10.5 Anhang) 5 Selle, Klaus 2006 in: ‚Planung neu denken’ Bd. 2 S. 41 6 1.3 Fragestellungen Bei ganzheitlicher Betrachtung der Stadt wird den Fragen nachgegangen, ob die Stadt beim Wachsen ins Umland ihre Mitte verliert, ob ihre historische Mitte eine neue Bedeutung bekommt und welche Auswirkungen neue Zentren für die Gesamtstadt haben. Frage: Welchen Bedeutungswandel erfährt die historische Stadtmitte durch die Suburbanisierung? Durch die Gegenüberstellung der Entwicklungsaspekte Stadtentwicklung, Planungsschritte und Akteursebene auf der Zeitschiene der letzten 40 Jahre soll festgestellt werden, wie diese sich gegenseitig beeinflussen. Dabei können vor allem Schnittstellen für die Planung und Akteure definiert werden. Es soll der Frage (s. Kap. 5 und 8) nachgegangen werden: Ist es sowohl die Planung als auch die Akteursebene oder sind es andere Faktoren, wie Gesetzgebung, Wirtschaft oder Förderprogramme, die eine Stadtentwicklung bestimmen und eine Stadt im Gleichgewicht halten? Zum Entwicklungsaspekt Stadtentwicklung, zur Entwicklung der Stadtmitte bzw. einer neuen Mitte stellen sich folgende weitere Fragen: Waren die bisherigen Bemühungen um die Erhaltung der historischen Stadtkerne eine Fehlplanung und Fehlinvestition? Ist der Einzelhandel in der historischen Stadtmitte in Zukunft noch zu halten und gelingt die Rückkehr, die Regeneration des Wohnens in die Stadtmitte? Wie kann die heutige Stadtmitte das gesamtstädtische Gleichgewicht halten? Bei den Planungsschritten ist zu überprüfen: Wurden die einzelnen Planungsziele, wie z.B. „Neue Mitte in Bad Salzuflen“ erreicht und wie können Planung, Förderprogramme und Gesetzgebung überhaupt die Stadtkernentwicklung beeinflussen? Zur Akteursebene stellen sich die Fragen: War die Gebietsreform und weitere Wendepunkte eine Chance für die Städte und deren Akteure oder trugen sie zum Ungleichgewicht bei? Welche Akteursinitiativen haben die Stadtentwicklung der Stadt wesentlich beeinflusst? Die Fragestellungen werden am Beispiel des Mittelzentrums Bad Salzuflen untersucht. Durch den Vergleich mit anderen Städten und die Einordnung in die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Stadtplanung sind allgemeingültige Aussagen zu erwarten. Durch die Analyse und Bewertung der Handlungsstrategien (Kap. 9) sollen unterschiedliche Steuerungsinstrumente für die Entwicklung der Stadt und deren Mitte mit ganzheitlichem Ansatz betrachtet werden. Hierbei spielen die Zusammenhänge zwischen baulich-räumlicher, sozialer und wirtschaftlicher Aspekte und dem Gleichgewicht dieser Aspekte eine Rolle. Dabei stellt sich die Frage: Welche Handlungsstrategie und welches Planungsinstrument ist geeignet, die zukünftige Stadtentwicklung im Sinne einer Vernetzung und eines Gleichgewichts zu beeinflussen und wo ist die vernetzende Schnittstelle zwischen Planung und Akteursebene zu sehen? 7 1.4 Forschungsstand Die Entwicklung der Städte wurde in den letzten Jahrzehnten durch Bürgerinitiativen, Kongresse und wissenschaftliche Untersuchungen mit beeinflusst. Durch seine soziologische Analyse historischer Zentren Innenstadt und Erneuerung 6 verhalf Hans Paul Bahrdt in den 1970er Jahren zum Umdenken in der Stadtsanierung. Ebenso wurde die Abkehr von einer verkehrsgerechten zu einer verkehrsberuhigten Innenstadt durch die empirischen Zielanalysen zum Thema Fußgängerstadt 7 und die Habilitationsarbeit 8 von Rolf Monheim unterstützt. Das Thema Innenstadt ist für Forschung und zahlreiche Tagungen bundesweit aktueller denn je, wie ein Blick in die Forschungsbeiträge des Deutschen Instituts für Urbanistik (difu) und anderer Vertriebe für Bau- und Planungsliteratur zeigt. Die zahlreichen Untersuchungen der Stadt Bad Salzuflen und Vergleichstädte verdeutlichen den Wandel im planerischen Vorgehen. Die unterschiedlichen kommunalen Initiativen, wie die lokale Agenda 21, Arbeitskreise für die Innenstädte, Stadtmarketingorganisationen und die City-Offensive der Länder verdeutlichen die intensive Suche nach neuen Entwicklungsansätzen. Die vorliegenden Untersuchungen und Forschungsbeiträge behandeln meist vorwiegend einzelne Entwicklungsaspekte einer Stadt. Das Literaturverzeichnis dieser Arbeit spiegelt die unterschiedlichen Sichtweisen für eine Stadtentwicklung wieder, wie die architektonische, städtebauliche, planerische, sozial-wirtschaftliche, ökonomische und/oder ökologische. Da es schwierig ist, die Zukunft einer Entwicklung vorauszusehen, werden meist aktuelle Probleme aus der Sicht vorangegangener Entwicklungen behandelt - wie auch in dieser Arbeit. Die beabsichtigte Untersuchung des Zusammenspiels mehrerer Entwicklungsaspekte ist ein weitergehender Ansatz, nach Problemlösungen zu suchen. Die Konzentration auf die Mitte einer Stadt unter Einbeziehung des Gleichgewichtsaspektes für die Gesamtstadt ist dabei ein neuer Ausgangspunkt. Ebenso neu ist der Schwerpunkt der Betrachtung auf den Wandel einer mittelalterlichen Stadt zum historischen Stadtkern – zur Mitte - für eine über 150 Jahre gewachsene Stadt ins Umland, die sich nun langsam wieder auf deren Mitte zurück besinnt. 9 Der bisherige Forschungsstand lässt hypothetisch vermuten, dass die von der Gesellschaft ständig neu gestellten Aufgaben der Fortentwicklung der Städte wichtige Impulse geben: „Die Welt unterliegt permanenten Prozessen des Wandels... Auch Städtebau und Planung haben seit ihrer disziplinären Herausbildung vor gut 150 Jahren grundlegende Veränderungen erfahren. Seit dieser Zeit hat sich ein fundiertes, vielfach geprüftes und überarbeitetes Erfahrungswissen angesammelt... Die Rückkopplung zwischen einem konstatierten gesellschaftlichen Wandel und der Entwicklung des räumlichen Planungssystems ist für ein verantwortungsbewusstes planerisches Handeln gegenüber den Herausforderungen der Zukunft unabdingbar.“ 10. Auf der anderen Seite wird durch die neueren Themen der aktuellen Beiträge deutlich, dass eine noch bessere Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Partnern erforderlich ist. 6 Bahrdt, Hans Paul 1972 auf S. 46 wird vorgeschlagen, bei der Stadterneuerung neben dem Bauplan auch einen Sozialplan zu erstellen. Dieser Vorschlag wurde in § 4(2) und §8(2) des StBauFG 1971 aufgegriffen (s. S. 397) 7 Monheim, Rolf 1977 8 Monheim, Rolf 1980: „Der Straßenbau löst nicht die innerstädtischen Verkehrsprobleme, sondern gefährdet durch zahlreiche negative Begleitwirkungen die Funktionsfähigkeit des Zentrums.“ S. 26 9 Eigene Formulierung zum Untersuchungsansatz 10 Kuder, Thomas, 2004 S. 12f 8 Auch ist eine engere interdisziplinäre Zusammenarbeit, insbesondere zwischen Stadtplanung und Stadtmarketing wünschenswert, um auf neuere Entwicklungen in der Stadt besser reagieren zu können. Damit sind für die Weiterentwicklung des Planungsverständnisses verbesserte Planungsinstrumente notwendig. Hierzu fanden in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Tagungen, Expertengespräche und Vernetzungen verschiedener Interessengruppierungen zum Erfahrungsaustausch statt, deren Dokumentationen teilweise Eingang in diese Arbeit finden. Hierzu zählen auch Analysen, Erfahrungen und Folgerungen unterschiedlicher Fachexperten in Veröffentlichungen, wie z.B. in ‚Planung neu denken’ oder ‚Die Zukunft der Europäischen Stadt.’ ‚Stadtplanung in der Wissensgesellschaft’ von Bernd Streich z.B. verwendet neben dem Text noch ergänzende Medien, wie eine DVD mit „weiteren Informationen, ... Verlinkungen und Screenshots einschlägiger Internetseiten sowie Downloads von im Internet z.V. stehenden Dokumenten.“ 11 Die Dissertation von Patricia Schläger-Zirlik verdeutlicht die Komplexität: „Lernen ist für die (heutige) Wissensgesellschaft eine lebensbegleitende Grundfunktion,... die durch Strukturveränderung... und Wertewandel erzeugten Themen und Probleme sind... komplex... Ein vernetztes Denken und Handeln ist angesagt: Auf fachlicher, auf räumlicher und auf sozialer Ebene. Die ‚lernende Stadt’ trägt der Tatsache Rechung, dass komplexe Themenstellungen Transparenz verlangen, dass eine neue Sozial- und Bürgerkultur notwendig ist, die auf der Kooperation aller in der Stadt vertretenden Gruppen basiert...“12 Die Vernetzung zum Erfahrungsaustausch spiegelt sich insbesondere in Nordrhein-Westfalen wieder. Seit 1987 hatte sich eine Arbeitsgemeinschaft ‚Historischer Stadtkerne’ und seit 2009 das ‚Netzwerk Innenstadt’ gebildet, in denen die Städte miteinander kommunizieren und Erfahrungen austauschen. 13 Von diesem Bundesland ging auch das Sonderförderprogramm der City Offensive ‚Ab in die Mitte’ aus, die für viele Innenstädte neue Impulse bewirkten. Auf Bundesebene werden über die ‚Nationale-Stadtentwicklungspolitik.de’ die Innenstädte nachhaltig gefördert. Neu ist in diesem Zusammenhang der ‚Entwurf Weißbuch Innenstadt,’ durch das alle Kommunen und Akteure aufgefordert waren, Ideen, Strategien und konkrete Handlungsvorschläge einzubringen. Dies soll auch mit dieser Arbeit erfolgen. Festzustellen ist, dass sich die Themen zur Stadtentwicklung von einem analytischen Ansatz zu einem prozessgesteuerten und praxisorientierten Ansatz gewandelt haben. Dies soll diese Untersuchung verdeutlichen, wie auch die folgende weit verbreitete Meinung von Fachleuten im Nationalbericht der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2001: Die „Innenstädte sind die soziale, wirtschaftliche, kulturelle und politische Mitte der Stadt. Dass dies auch in Zukunft so bleiben soll, ist der Konsens aller an der Stadtentwicklung Beteiligten.“ 14 Ob diese Meinung unter dem Aspekt Gebietsreform seine Gültigkeit hat oder ob sich die Bedeutung der Mitte einer Stadt heute anders definiert, wird die Arbeit am Beispiel der Stadt Bad Salzuflen und der Vergleichsstädte zeigen. 11 Streich, Bernd 2011 S. 9 Vorwort 12 Schläger-Zirlik, Patricia 2003 S. 1 Vorwort 13 Bunzel/Reitzig/Sander 2002 S. 318 Städtenetzwerke basieren auf Freiwilligkeit und Interessenidentität 14 Nationalbericht 2001 S. 53 9 2. WANDEL UND BEDEUTUNG DER STADTMITTE 2.1 Der Wandel der Stadtmitte der europäischen Städte Stadtgrundrisse und Gebäude haben sich immer an die Erfordernisse der einzelnen Epochen und der sozialen und wirtschaftlichen Veränderungsprozesse angepasst. Trotzdem sind die mittelalterlichen historischen Stadtkerne in den meisten Städten – auch in den größeren – heute noch als deren Mitte ablesbar. Allerdings hatte die Mitte einer Stadt bei ihrer Gründung im Mittelalter 15 andere Rahmenbedingungen als heute. Handel und Stadt standen in einer unproblematischen Beziehung. Der Handel fand seinen natürlichen Marktort in den Städten und die Städte gründeten ihre ökonomische Existenz auf den Handel. Wohnen, Arbeiten, Handel und Freizeit gehörten zusammen. Dabei gibt es nach Leonardo Benevolo kein „einheitliches, für das Mittelalter typisches Stadtbild... weil sich die Städte... den geographischen und historischen Gegebenheiten anpassten. Dennoch lassen sich einige allgemeine Charakteristika mittelalterlicher Städte anführen:“ 16 - ein unregelmäßiges Straßennetz mit Platzbildungen - die Unterteilung in z.T. selbständige Stadtteile - privilegierte Bauten und Bewohner im Zentrum, Ärmere am Stadtrand. Nach Wolf Ortmann ist „die mittelalterliche Stadt... nach vielen sachlichen Gesichtspunkten des Verkehrs, des Handels, des Wohnens und der Verteidigung entworfen und im Gelände abgesteckt... Im Innern der Stadt herrscht eine klare Ordnung ohne jede Starrheit und Gleichförmigkeit, die den verschiedenen Lebensfunktionen und der sozialen Gliederung entspricht... So ist die Stadt das Abbild der sozialen Ordnung (ständische Gliederung) und der starken religiösen Kräfte und Bindungen ihrer Bürgerschaft.“ 17 In der Zeit der Renaissance war „das neue Weltbild der Renaissance... die völlig veränderte Situation, aus der am Ende des 16. Jahrhunderts neue städtebauliche Gedanken geboren wurden,“ wie „zentrale Anlagen... Plätze... Ringstraße... Blockaufteilung.... Erst das 18. Jh. entwickelte aus diesen Anfängen eine Stadtbaukunst vollendeter Raumschöpfungen.“ 18 Stadtentwicklung 1848 bis 1945 19 Im 19. Jh. erfuhren die Stadtkerne durch die Industrialisierung, die Stadterweiterungen, die Bevölkerungszunahme und die neuen Verkehrsmittel einschneidende Veränderungen und Umstrukturierungen. Zahlreiche Städte wuchsen ungehemmt in die Landschaft und veränderten Funktion, Gestalt und Bedeutung der mittelalterlichen Stadt. Gerd Albers stellte hierzu fest: 15 nach Benevolo, Leonardo 2000 S. 327 f. Viele Städtegründungen erfolgten in Westeuropa erst um die Jahrtausendwende mit der Bildung einer „neuen Wirtschaft und Kultur,“ mit der „die Städte einen neuen Aufschwung“ erlebten. 16 Benevolo, Leonardo 2000 S. 352 17 Ortmann, Wolf 1956 S. 24 18 Ortmann, Wolf 1956 S. 26 19 nach Albers, Gerd (1988) ist 1848 eine Zäsur mit der Märzrevolution, Nationalversammlung und dem Kommunistischen Manifest. Mit Ende des 2. Weltkrieges 1945 beginnt der Wiederaufbau. S. 29 10 „Mit dem Wachstum der Städte, den gesellschaftlichen Veränderungen und der Entwicklung der Bautechnik wandelt sich auch die Gestalt der Stadt... die Siedlungsstruktur... (und) zugleich wandelt sie sich von der Bürger- zur Arbeiterstadt; die Trennung von Wohn- und Arbeitsstätte wird zur Regel.“ 20 Die Rahmenbedingungen des Mittelalters und die planerischen Ideen mit der „Stadtbaukunst vollendeter Raumschöpfungen“ des 18. Jh. verloren ihre städtebauliche Bedeutung: „Ungeordnet dehnten sich die Vorstädte entlang den Ausfallstraßen aus und zerstörten den Zusammenhang Stadt und Landschaft. Das einst geschlossene Bild ging ganz verloren... Die Missstände drängen nach Ordnung, nach Leitbildern und nach Instrumenten, mit denen Planung durchgesetzt werden kann.“ 21 In den Jahren von ca. 1870 bis 1914 entstanden Massenquartiere und nach dem 1. Weltkrieg Baugebiete, die sehr viel weiträumiger als städtische Bebauungsweisen jemals vorher waren. Sie zeigten keine aufgelockerte Bauweise und lösten die Stadtränder auf. 22 „Die meisten Städte hatten die Neigung, Baugebiete für weit mehr Einwohner planmäßig vorzusehen, als... in absehbarer Zeit zu erwarten sind,“ wie auch heute noch. Demnach dienten „neue Wohnbaugebiete... nur der Aussiedlung.... Daraus folgt weiter, dass die Ausweisung neuer Wohnbaugebiete am Stadtrand stets eine entsprechende Herabsetzung der Besiedlungsdichte in den älteren Stadtteilen nach sich ziehen muss (und) die Wege zwischen Wohn- und Arbeitsstätten immer mehr verlängert.“ 23 Um der weiteren Verdichtung der Städte und der Zersiedlung der Landschaft entgegen wirken zu können, wurde von führenden Fachleuten ein Städtebaurecht gefordert. Sowohl die Vereinbarung von Architekten und Ingenieuren über die ‚Grundzüge für Stadterweiterungen’ in Deutschland im Jahre 1874 24 als auch die Charta von Athen 1933 25 konnten die weiteren Veränderungen der Stadtkerne durch Zersiedlung und Verdichtung nicht aufhalten. Im Kapitel ‚Wandel der Leitbilder’ werden die damaligen Kritiken und Vorschläge zur künftigen Stadtentwicklung näher erläutert, da sie zusammen mit den „ersten wissenschaftlichen Forschungsergebnissen über das Wesen der Stadt“ 26 einen deutlichen Umbruch im Städtebau markierten. Festzuhalten ist hier jedoch schon, dass sich die Stadtplanung, die sich zunächst nur auf die Stadterweiterung konzentrierte, behutsam auch die „Stadterneuerung in bebauten Stadtteilen“ entdeckte. Ebenso wurde erkannt, dass die bisherigen Baugesetze reformbedürftig waren. 27 Weiterhin führte die Ablehnung weiterer Baudichten mit ihrem Freiflächenmangel zur „funktionalen Gliederung, Auflockerung und Dezentralisierung der versteinerten Stadt“ als neues Planungsziel. Die „Anonymität und Entwurzelung des Menschen sollte durch die Aufgliederung der Stadt in Stadtteilgemeinschaften“ erfolgen. 28 20 Albers, Gerd 1988 S. 22/23 21 Hotzan, Jürgen 1994 S. 59 22 Göderitz/Rainer/Hoffmann 1957 S. 19: „Die Auflösung des Stadtrandes gehört mit zu den Folgen der Zonungsbestrebungen, die durch das Preußische Wohnungsgesetz von 1918 ausgelöst worden sind und schrittweise auf eine Verbesserung der städtischen Wohnverhältnisse abzielten.“ 23 Göderitz/Rainer/Hoffmann 1957 S. 21 24 Ortmann, Wolf 1956 S. 30 Reinhard Baumeister „Stadterweiterungen in technischer, baupolizeilicher und wirtschaftlicher Beziehung“ 1876 25 s. Kap. 2.2 über den ‚Wandel der Leitbilder’ 1942 1. Veröffentlichung der Charta von Athen, in Deutsch 1962 26 Albers/Wékel 2008 S. 24: Werner Sombart 1907, Carls H. Cooley 1990, Georg Simmel u. Max Weber 1922 27 Im Kapitel über den ‚Wandel durch geänderte Gesetze’ wird dies noch konkretisiert. 28 aus: Albers/Wékel 2008 S. 24 bis 27 und aus: Albers, Gerd 1988 S. 37/38 11 Wiederaufbau und weitere Suburbanisierung 1945 – 1975 29 Die städtebauliche Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg weist eine Vielzahl von Tendenzen und Veränderungen auf, die nicht nur auf einem europäischen, sondern auch auf einem internationalen Grundverständnis basierten, das sich im 1. Drittel des 20. Jh. entwickelte. 30 Zunächst boten in vielen Städten die Kriegszerstörungen die Möglichkeit, die in den Vorkriegsjahren „entwickelten Grundsätze auch auf die im 19. Jh. oder noch früher entstandenen Stadtgebiete zu übertragen. Es galt die Dichte zu vermindern, Freiflächen neu zu schaffen, den Wohnungen mehr Licht und Luft zu geben und störende Nutzungen von ihnen zu trennen.“ 31 Dabei gab es auch die Chance, die verkehrlichen Engpässe zu verbessern. Nach Walter Siebel erfolgten nach dem 2. Weltkrieg bis Anfang der 1950er Jahre die für Wohnen und Gewerbe notwendigen Stadterweiterungen sowie der gleichzeitige Umbau zur verkehrsgerechten Stadt. Ab Mitte der 1950er Jahre setzte eine „extensive Urbanisierung,“ die mit einer „industriellen Urbanisierung“ verbunden war, ein. Die Urbanisierung setzte sich fort, obwohl „das Ende des Wachstums ab Mitte der 1960er Jahre“ begann. 32 Das Wachsen der Städte ins Umland – die Suburbanisierung – ist verbunden mit dem Wandel der historischen Stadtkerne bzw. Innenstädte. Ein Wandel ist die Entwicklung der historischen Stadtkerne zu Zentren für die Gesamtstadt, die mit den Gebietsreformen der Bundesländer Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre neu definiert wurde. Neben den Stadtkernen entwickelten sich neue Zentralitäten in den neuen Stadtteilen und im dörflichen Umland. Die Städte erhielten eine wirtschaftliche Unabhängigkeit vom bäuerlichen Umland. Eine weitere strukturelle Veränderung ist die gesteigerte örtliche Trennung von Wohnen, Arbeiten und Freizeit und die Entwicklung neuer Gesellschaftsformen, die im Kapitel ‚Wandel der Akteure’ noch näher beschrieben werden. Stadt und Dorf haben „in diesem Prozess ihre alte Bedeutung verloren“ und es vollzog sich eine „Verstädterung in fast allen Lebensbereichen.“ 33 In der Zeit der 1960er Jahre begannen auch „so genannte städtebauliche Utopien... Träume von städtebaulichen Großstrukturen und... großmaßstäblichen Zentren“ 34 unsere Innenstädte zu verändern. Die Umdenkungsprozesse der 1970er Jahre verhinderte jedoch zum größten Teil deren Realisierungen. Diese städtebauliche Entwicklung wurde begleitet von vielen planerischen Kritiken und der Forderung nach einem Städtebaurecht, das 1960 mit dem Bundesbaugesetz und 1971 mit dem Städtebauförderungsgesetz verabschiedet wurde, 35 auf die im Kapitel über die ‚geänderten Gesetze’ noch näher eingegangen wird. 29 1945 Ende des 2. Weltkrieges und um 1975 forderten die Gebietsreformen der Länder neue Stadtplanungen. 30 s. Kapitel 2.2 über den ‚Wandel der Leitbilder und Planung’ 31 Albers/Wékel 2008 S. 31 32 Siebel, Walter in: ‚Planung neu denken’ Bd. 1 (Hg. Selle/Zalas) 2006 S. 195-197 33 Hotzan, Jürgen 1994 S. 63 34 Albers/Wékel 2008 S. 39 35 Bundesbaugesetz (BBauG) mit Baunutzungsverordnung (BauNVO) seit 1960 und Städtebauförderungsgesetz (StBauFG) seit 1971 i. V. DSchG der Länder z.B. NRW 1980 (s. Kap. 2.3 ‚Wandel der geänderten Gesetze’) 12 Desurbanisierung und Suburbanisierung ab Mitte der 1970er Jahre Ab Mitte der 1970er Jahre setzte das Ende der industriellen Urbanisierung und eine Desurbanisierung 36 mit Abwanderungen und weiterer Suburbanisierung 37 ein. Dabei verloren die „Kernstädte (weiterhin) ihre Funktionen (Arbeitsplätze, Menschen).“ 38 Das zeitgleiche Umdenken zur Erhaltung der alten Bausubstanz und Maßstäblichkeit in den1970er Jahren bewirkte jedoch eine Rückbesinnung auf die bebauten und historischen Stadtteile. „So wandelt sich in den 1970er Jahren die Zielvorstellungen der Stadterneuerung: es geht nicht mehr in erster Linie um Abbruch und Neubau, um vollständigen oder doch weitgehenden Ersatz der aus dem ungeliebten 19. Jh. stammenden Bausubstanz und Stadtstruktur, sondern um Pflege und Aufwertung des vorhandenen Baubestandes, um Instandsetzung und Modernisierung ... (und) um Neubaumaßnahmen...unter Erhaltung der überkommenen Stadtstruktur.“ 39 Das vom Europarat ausgerufene Denkmalschutzjahr 1975 begünstigte die Bereitschaft, die „Monotonie und Ideenlosigkeit der modernen Architektur“ und manche Großprojekte... aufzugeben oder umzuformen.“ 40 Viele Städte hoben die B-Pläne für die Innenstädte mit zwingender Mehrgeschossigkeit, geschlossener Bauweise und Straßenfluchtlinien wieder auf. Ein weiteres Umdenken erfolgte beim Verkehr. Nachdem die Generalverkehrspläne der 1960er Jahre die verkehrlichen Belastungen 41 durch Abbruch für Straßenverbreiterungen lösten, erfolgte ab Mitte der 1970er Jahren – unterstützt durch den „Öl(preis)schock und die Einsicht in die Grenzen des Wachstums“ – 42 in vielen Städten der Umbau der Innenstädte zu verkehrsberuhigten Bereichen. In dieser Zeit „trat die schwere Beeinträchtigung der Umwelt durch die Abfallprodukte der hoch entwickelten Industriegesellschaft... ins öffentliche Bewusstsein; die Aufgabe einer ökologisch orientierten, einer umweltverträglichen Stadtplanung rückte in den Vordergrund... die neue Bewusstseinslage... führte zum Flächen sparendem Bauen, zur Innenentwicklung als Gegenkonzept zur Stadterweiterung.“ 43 Mit viel Überzeugungsarbeit und öffentlichen Mitteln entwickelten sich die historischen Stadtkerne wieder zu attraktiven Stadtmitten für die Bewohner der umliegenden Stadtteile und Dörfer – mit Einkaufen, Dienstleistungen, Kultur, Stadtveranstaltungen und Events. Damit veränderten sich „der Aufgabenschwerpunkt, das Planungsverständnis, das Rechtsinstrumentarium und die Leitvorstellungen städtebaulicher Planung deutlich.“ - Ein Wandel, „der sich in den meisten europäischen Ländern fast gleichzeitig abzeichnete.... Einen Markstein in dieser Entwicklung stellt die Berliner Internationale Bauausstellung (IBA) der achtziger Jahre dar, bei der es... um... Erneuerung (und) kritische Rekonstruktion“ ging.“ 44 36 Desurbanisierung mit Bevölkerungs- und Beschäftigungsabnahme vor allem in den Stadtkernen 37 Suburbanisierung mit Abwanderung der Bevölkerung und Funktionen aus den Kernstädten (Stadtflucht) 38 Siebel, Walter in: ‚Planung neu denken’ Bd. 1 (Hg. Selle/Zalas) 2006 S. 198 39 Albers, Gerd 1988 S. 54/55 40 Albers/Wékel 2008 S. 39/40 (Städte wie Stadthagen u. Springe hoben ihre Innenstadt-B-Pläne wieder auf) 41 Albers/Wékel 2008 S. 39 Das Anwachsen des tertiären Sektors und der Arbeitsstätten führte zu einer starken verkehrlichen Überlastung der Stadtzentren. 42 Albers, Gerd in: ‚Planung neu denken’ Bd. 1 (Hg. Selle/Zalas) 2006 S. 50 43 Albers/Wékel 2008 S. 40 44 Albers, Gerd 1988 S. 57/58 und Albers/Wékel 2008 S. 38/39 13 Reurbanisierung und Schrumpfen seit den 1980er Jahren Seit den 1980er Jahren war die Stadtentwicklung nach 150 Jahren Wachstum durch weiteres Schrumpfen - insbesondere in den neuen Bundesländern - geprägt. Walter Siebel stellt ein Nebeneinander von „Reurbanisierung und Schrumpfen“ fest. 45 Neben dem Rückgang der Bevölkerung tritt noch die Alterung der Bevölkerung ein. „Ihre Auswirkungen haben sich im neuen Schlagwort von der ‚perforierten Stadt’ niedergeschlagen.“ 46 Planer, Politiker und auch Bürger mussten sich seitdem auf diesen Schrumpfungsprozess einstellen und begannen ihn auch als Chance zu nutzen: Eine Chance ist die Reurbanisierung, die Wiederentdeckung des historischen Stadtkerns verbunden mit der Suche nach Wohn- und /oder Geschäftsräumen. Eine weitere Chance ist, dass Leerstände, Industriebrachen u.a.m. den Weg für neue Nutzungen frei machen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die sog. Ruhrmetropole. Eine dritte Chance ist, dass die weitere Zersiedlung der Landschaften, die Suburbanisierung gestoppt ist. In Zukunft können neue Baugebiete nur noch bedarfsgerecht mit der Auflage eines Ausgleichs in der Landschaft ausgewiesen werden. 47 Darüber hinaus fordert die Verschlechterung der kommunalen Haushaltslagen eine projektorientierte Planung privater Entwickler. 48 Hierfür ist es positiv zu bewerten, dass sich für die Weiterentwicklung unserer Städte seit den 1990er Jahren eine neue Planung durchsetzte, die durch intensivere Kooperationsformen zwischen öffentlichen und privaten Akteuren geprägt ist und bei der eine nachhaltige Entwicklung im Vordergrund steht. Wie Planer, Politiker und Bürger auf diese Situation in den letzten drei Jahrzehnten reagiert haben, soll diese Arbeit aufzeigen. Festzustellen ist hier schon, dass die Ausweisung neuer Baugebiete stark zurückgegangen ist und sich die Bautätigkeit mehr auf die bebauten Stadtteile verlagert hat. Dort wurden erhaltenswerte Gebäude modernisiert, Industriebrachen für neue Nutzungen umgewidmet und innerstädtische Freiflächen und Landschaften aufgewertet. Im Beispiel der Stadt Bad Salzuflen wird diese Entwicklung noch aufgezeigt. Resümee Der historische Stadtgrundriss ist in vielen Städten heute noch ablesbar, obwohl die Stadterweiterungen, Abwanderungen und die Bildung neuer Zentren in den neuen Stadtteilen deren Strukturen stark beeinträchtigten. Insbesondere seit der Industrialisierung hatte sich die Stadtmitte mehrfach neuen Entwicklungen anzupassen. Neue Produktionsformen zwangen Betriebe zur Auslagerung in Gewerbegebiete. Durch die Bevölkerungszunahme waren neue Wohngebiete außerhalb notwendig, die auch die Innenstadtbewohner meist bevorzugten. Die Infrastruktur mit Kindergärten, Schulen und Einkaufsmöglichkeiten zogen mit. Das Wachsen des (Pendler)Verkehrs, aber auch das Wachsen des tertiären Bereichs in den Innenstädten führte zunächst zum verkehrsgerechten Umbau der Stadt. 45 Siebel, Walter in: ‚Planung neu denken’ Bd. 1 (Hg. Selle/Zalas) 2006 S. 200: Die Reurbanisierung ist die Bevölkerungs- und Beschäftigungszunahme in den (wieder aufgewerteten) Kernstädten. 46 Albers/Wékel 2008 S. 34 Eine ‚perforierte Stadt’ ist mit Leerständen und Brachflächen ‚durchlöchert.’ 47 Selbstformulierte Aufzählung 48 Siebel, Walter in: ‚Planung neu denken’ Bd. 1 (Hg. Selle/Zalas) 2006 S. 201/202 (s. auch Kap. 2.4 ‚Akteure’) 14 Nach 150 Jahren Wachstum und Ausdehnung der Städte in die Landschaften erfolgte eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche Mitte unserer Städte. In den letzten Jahrzehnten wurden die meisten Innenstädte auf die heutigen Bedürfnisse weiterentwickelt. Sie bieten durch intensive Stadtbildpflege und ansprechende Freiraumgestaltung mit Verkehrsberuhigung eine hohe Aufenthaltsqualität, die das Innenstadtwohnen wieder attraktiv macht. Die heutigen zentralen Funktionen der historischen Stadtkerne mit Dienstleistungen, Versorgung, Handel, Gastronomie, Kultur, Stadtveranstaltungen und Erlebnis sind für Bürger und Besucher gute Voraussetzungen, sich mit den erneuerten Innenstädten zu identifizieren. Trotzdem sind Kritiken über die innerstädtischen Stadtzentren zu hören, die ihre Ursachen in den strukturellen Veränderungen unserer Städte seit der Industrialisierung haben: Die meisten Menschen leben nicht mehr in den ‚Städten oder Orten,’ sondern in der Region, in den Zwischenstädten, in undefinierten Siedlungsräumen und in austauschbaren Gegenden ohne Raumqualität, Kultur und Identität. Die Eigentümer wohnen kaum noch im historischen Stadtkern. Neue Bewohner prägen in den Innenstädten das neue soziale Umfeld. Schulen und andere öffentliche Einrichtungen wurden ausgelagert. Der Einzelhandel ist unzufrieden und beklagt Leerstände, zu hohe Mieten und schlechte Erreichbarkeit mit dem PKW, ÖPNV und die Parkraumbewirtschaftung. Der Kunde findet das Kaufangebot unattraktiv und zu teuer. Der Rückgang des Handels in den Innenstädten ist bundesweit zu beobachten. Nach den Einzelhandelsgutachten befinden sich nur noch 40% der Verkaufsflächen in den Innenstädten, da Betreiber von Supermärkten ihre Läden schließen und neue Standorte mit Parkmöglichkeiten vor dem Laden im Umland suchen und damit dem innenstädtischem Einzelhandel Kaufkraft wegnehmen. Events in Stadien, Parks und speziellen Freizeitzentren ziehen von den Innenstädten Besucher ab. Dazu kommen ein gesättigter Markt und eine eingeschränkte Kaufkraft aufgrund negativer wirtschaftlicher Entwicklung. 49 Raumordnerische Vorgaben, Erlasse für Einzelhandelsnutzung, begleitende Fachgutachten, unterstützende Baugesetzgebung, Bauleitplanung, Fördermittel u.a.m haben es in den letzten Jahrzehnten nicht geschafft, diese Kritiken verstummen zu lassen. Woran liegt das? Sind die Kernstädte mit dem Wachstum unserer Städte die Verlierer? Die Verbesserungs- und Erneuerungsmaßnahmen in den innerstädtischen Stadtmitten in den letzten Jahrzehnten scheinen noch nicht abgeschlossen zu sein. Weitere neue Entwicklungen sind nicht auszuschließen. Damit sind weitere Anpassungen erforderlich. Die Weiterentwicklung der historischen Stadtkerne ist eine Daueraufgabe. Dabei sind die Möglichkeiten der öffentlichen Hand nur begrenzt. Die öffentliche Stadtplanung ist immer nur eine Angebotsplanung. Deren Realisierung kann die Stadt selten selbst durchführen. Deshalb ist sie auf gute private Initiatoren und Investoren angewiesen, um die Innenstädte positiv weiterzuentwickeln. Der geschichtliche Abriss zeigt, dass gesetzliche Rahmen für die Stadtentwicklung notwendig sind und jede Teilplanung für die Gesamtstadtentwicklung bedeutsam sein kann. Die Beteiligung der Bürger, Interessenvertreter und Betroffener vor einer verbindlichen Planung können zusätzliche Diskussionen vermeiden und Aufklärung und Akzeptanz fördern. 49 Selbstformulierte Zusammenfassung: vgl. Kap. 8 ‚Strukturveränderungen’ u. 3.5.4 ‚Einzelhandelsgutachten’ 15 2.2 Der Wandel der Stadt durch geänderte Leitbilder und Planung Die historischen Stadtkerne haben sich durch bauliche Erweiterungen ins Umland zu den heutigen Städten entwickelt und waren somit seit ihrer Gründung immer wieder Veränderungen unterworfen. Es gibt kein Original mehr und die Kriterien und Leitbilder für die Gründung einer Stadt sind für die heutige Stadtentwicklung zum großen Teil nicht mehr relevant. Der historische Stadtkern zeigt dies deutlich, da hier z. B. die Funktionen der Verkehrswege, Gebäude und Freiflächen stark verändert wurden, „um sie den Erfordernissen der jeweiligen Epoche anzupassen.“ 50 „Will man die heute vorfindbaren Formen, Strukturen und Funktionen der Innenstadt verstehen, so ist ein Rückgriff auf die Zeit ihrer Entstehung und der entscheidenden Wandlungen unabdingbar.“ 51 Deshalb wird in diesem Kapitel näher auf die veränderten Leitbilder 52 für die Planung eingegangen. Städtebaudiskussionen seit der Industrialisierung Mit der planlosen Ausbreitung der Städte in die umgebende Landschaft seit der Industrialisierung verloren die Stadtzentren Inhalt und Form. „Das ‚Kunstwerk Stadt’ wurde zur ‚planlosen Stadt.’“ 53 In der Zeit der gewaltigen Siedlungsentwicklungen waren stadtplanerische und städtebauliche Belange kaum gefragt, ebenso wurde die Belastung der Umwelt unzureichend thematisiert. 54 Da „das verbindende Element der alten Stadtbilder, die einheitliche Maßstäblichkeit der Bauten, infolge neuer funktionaler Anforderungen und neuer technischer Möglichkeiten verloren“ gingen, 55 vereinbarten in Deutschland im Jahre 1874 Architekten und Ingenieure ‚Grundzüge für Stadterweiterungen.’ Diese Resolution und das „richtunggebende Buch von Reinhard Baumeister“ zu dieser Problematik im Jahre 1876, „zeigten aber nur geringe Auswirkungen.“ 56 Ein Grund lag vielleicht darin, dass die Grundzüge und das neue Fluchtliniengesetz von 1875 mehr für Vermessungsingenieure, weniger für Architekten und Städtebauer geeignet waren. Den fehlenden künstlerischen Aspekt ergänzte Camillo Sitte 1889 mit seinem Buch ‚Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen,’ mit dem er Fragen zur Gestaltung auslöste. 57 Gartenstadt-Bewegung Ende des 19. Jh. wurden gegen die Steinwüsten der Stadterweiterungen erneut Reformen zur Stadtplanung durch die Gartenstadt-Bewegung, die von Landschaft und Grünplanung ausging, gefordert: 50 Benevolo, Leonardo 2000 S. 327: „... die Hülle ist geblieben, das Innenleben hat sich verändert“ 51 Bahrdt, Hans Paul 1972 S. 18 52 Kuder 2004 S.121: Leitbilder entstehen in Prozessen u. sind mit gesellschaftlichen Entwicklungen verbunden. 53 Mausbach, Hans 1970 S. 18 54 Hotzan, Jürgen 1994 S. 45 55 Albers, Gerd 1988 S. 29 Das erste Preußische Fluchtliniengesetz über Bebauungspläne, Fluchtlinienpläne und die dazu gehörigen Rechtsverhältnisse trat 1875 in Kraft. 56 Ortmann, Wolf 1956 S. 30: Reinhard Baumeister ‚Stadterweiterungen in technischer, baupolizeilicher und wirtschaftlicher Beziehung’ Berlin 1876 57 Albers, Gerd 1988 S. 32 C. Sitte gilt als „Wiederbegründer der Stadtbaukunst“ Titel seines Buches: ‚Der Städte-Bau nach seinen künstlerischen Grundsätzen’ Wien 1889 16 Der englische Stadtplaner Ebenezer Howard entwickelte 1898 die Idee von selbständigen Städten, so genannte Gartenstädte. „Die Gartenstadt-Bewegung brachte die Ideen für den heutigen Städtebau, Grundidee auch für die Forderungen der ‚Charta von Athen’“ 58. In der Gartenstadtbewegung tauchte der Versuch auf, dem Menschen „trotz aller technischen Möglichkeiten... einen Lebensraum, der auf die menschlichen Maße und Bedürfnisse zugeschnitten ist,“ zu geben. Dabei ähnelte „die Gartenstadt in ihrer geplanten Form in vielen Punkten der alten Kleinstadt.“ 59 Abb. 1 Garden City by Howard 60 Ziel der sog. Gartenstädte waren „begrenzte ländliche Städte mit allen erforderlichen Arbeitsplätzen und zentralen Einrichtungen,... um ein eigenständiges städtisches Leben zu ermöglichen... In Deutschland... blieb es... bei... vorstädtischen Siedlungen.“ 61 Trotzdem ging auch in Deutschland die Kritik nach 1900 weiter. Es entstanden die Begriffe Planung und Städtebau, die ersten berufsständigen Vereinigungen, Städtebauzeitschriften und Lehrstühle für Städtebau. „Wissenschaftliche Forschungsergebnisse über das Wesen der Stadt“ wiesen darauf hin, dass künftige Entwicklungen auch prognostiziert und räumliche Rahmen entworfen werden können – „Koordination wurde zum Schlagwort.“ 62 Charta von Athen Um der weiteren Verdichtung der Städte und der Zersiedlung der Landschaft entgegen wirken zu können, wurde 1933 von führenden Fachleuten des Städtebaus ein Städtebaurecht gefordert, das im städtebaulichen Manifest der Charta von Athen vorformuliert worden ist. 63 Nach deren Thesen liegt „der Schlüssel zum Städtebau“ in der „Trennung der Funktionen“ wie „wohnen, arbeiten, sich erholen, sich bewegen.“ 64 Damit wurde ein planmäßiger Städtebau eingeleitet, mit dem es gelang, „die negativen Auswirkungen der ungeordneten Vermischung der verschiedenen Funktionen ...ansatzweise abzubauen.“ 65 58 Mausbach, Hans 1970 S. 21 Die Gartenstadtbewegung war eine Reaktion auf die schlechten Wohn- und Lebensverhältnisse sowie die horrend steigenden Bodenpreise in den stark gewachsenen Städten. Das Konzept von Howard ordnet Wohnstädte ringförmig um die Kernstadt an (s. Abb. Garden City by Howard). 59 Göderitz, Rainer und Hoffmann 1957 S. 22 60 Abb. ‚Garden City by Howard’ aus: Wikipedia 12/2010 61 Albers, Gerd 1988 S. 32/33 62 Albers, Gerd 1988 S. 36/37 Koordination im Sinne von Abstimmung räumlicher Auswirkungen (S.44) 63 Congrès Internationaux d’ Architecture Moderne, CIAM Meyer, Johannes S. 37: „Die neue Zielvorstellung in 95 Thesen“ wurde... von Le Corbusier 1942 als ‚Charta von Athen’ veröffentlicht.“ (1962 deutsche Übersetzung) 64 Hotzan, Jürgen 1994 S. 59 65 Benevolo, Leonardo 2000 S.945 17 Allerdings fand „nach dem Kongress in Athen... das neue Leitbild in Deutschland zunächst wenig Resonanz... Die Charta... enthielt... neben städtebaulichen Gedanken auch typisch kommunistische Forderungen wie Enteignung aller Grundeigentümer. Als daher 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, konnten“ sich die Leitbilder in Deutschland nicht durchsetzen. 66 Hinzu kam, dass die Veröffentlichung der Charta von Le Corbusier erst „1943 als Konzept einer funktionellen Stadt“ und deren Übersetzung ins Deutsche 1662 erfolgte. Trotzdem beeinflusste sie den Städtebau der Nachkriegszeit bis heute. Die städtebaulichen Leitbilder der 1950er Jahre mit der „gegliederten und aufgelockerten Stadt“ und der 1960er Jahre mit der „autogerechten Stadt und Flächensanierung“ sind zu großen Teilen aus der Charta von Athen entwickelt. „Erst Mitte der 1980er Jahre begann, angesichts der negativen Folgen der Funktionstrennung, eine Abkehr von den Idealen der Charta.“ 67 In der städtebaulichen Kritik wurde festgestellt, dass der innere, historische Kern der Städte zu dicht besiedelt ist. Ausgehend von dieser Feststellung wurde gefordert, dass „die Stadt als funktionelle Einheit den städtebaulichen Hauptfunktionen Wohnen, Arbeiten, Erholen und Bewegen unterliegt, deren funktionelle Zoneneinteilung zum Hauptanliegen der Charta gehört. Weitläufige Grüngürtel gliedern die Zoneneinteilung und Verkehrsachsen verbinden sie. Die idealen Städte sollten folgende Zonierung aufweisen: Innenstadt: Verwaltung, Handel, Banken, Einkaufen, Kultur Gürtel rund um die Innenstadt voneinander getrennt: Industrie, Gewerbe, Wohnen Peripherie: In Grüngürtel eingebettete Satellitenstädte mit reiner Wohnfunktion.“ 68 Damit führte die „Ablehnung der Stadtentwicklung... mit ihren hohen Baudichten, ihren Mietskasernen, ihrem Freiflächenmangel“ zur „funktionalen Gliederung, Auflockerung und Dezentralisierung der versteinerten Stadt“ als neues Planungsziel. Die „Anonymität und Entwurzelung des Menschen sollte durch die Aufgliederung der Stadt in Stadtteilgemeinschaften“ erfolgen. 69 Wiederaufbau - organische Stadtidee Nach dem 2. Weltkrieg erfolgten der Wiederaufbau mit den notwendigen Stadterweiterungen für Wohnen und Gewerbe sowie der gleichzeitige Umbau zur verkehrsgerechten Stadt. Dabei bestimmte die „Planung als Koordinationsaufgabe“ und das „Vertrauen in den Fachmann“ die Nachkriegszeit. Die Fachtagung „Der Stadtplan geht uns alle an“ im Jahre 1955 führte jedoch zu der Einsicht, dass Stadtentwicklung „durch zahlreiche Einflüsse überlagert“ ist. 70 Parallel dazu erfolgten erneute planerische Kritiken, wie z.B. die der organischen Stadtidee: Nach den Zerstörungen durch den 2. Weltkrieg forderte z.B. Reichow in seinem Buch aus dem Jahre 1948 eine organische „mit biologischen Mitteln... Umgestaltung der Städte,“ insbesondere der „am schwersten erkrankten Innenstädte.“ 71 Das statische System 72 ist durch die organische Stadtidee zu ersetzen. Dabei sollte sich die Stadt als Organismus mit 66 Meyer, Johannes 2003 S. 48 67 Wikipedia 12/2010 68 Wikipedia 12/2010 69 Albers, Gerd 1988 S. 37/38 70 Albers, Gerd 1988 S. 45 Dortmunder Gespräch 1955: „Der Stadtplan geht uns alle an“ 71 Reichow, Hans Bernhard 1948 Vorwort und S. 209/210 72 Der Planungsansatz von Le Corbusier war nach Reichow (1948 S. 68) ebenso ‚statisch’ 18 gewachsenen Strukturen in einer organischen Stadtlandschaft dem menschlichen Maßstab anpassen. 73 Mit dieser „organischen Stadtidee“ sollte dem „Chaos und der Entartung der Städte“ begegnet werden, die mit „dem Hinauswuchern der Städte über die Befestigungsanlagen der bis dahin kompakten Städte“ begann. 74 Reichow forderte „eine neue funktionelle und künstlerische Einheit unserer Städte.“ Basierend auf der Idee der Stadtlandschaft sollte sich eine Stadt „von der geschlossenen und kompakten Stadt zur aufgelockerten ... naturgegliederten Stadtlandschaft“ entwickeln. 75 Nach Reichow sollte das Wachsen der Städte „aus dem kompakten Kern der Städte heraus“ 76 erfolgen. Dabei ist der Stadtkern „Herz und Hirn“ der Stadt 77 und im Kern sind alle „sichtbaren und unsichtbaren Fäden örtlicher und überörtlicher Bindungen verknotet.“ 78 Somit „wird die Stadtlandschaft im Einzelnen zwar durch die Jahrtausende immer eine ganz andere, als Einheit aber immer die ganz gleiche sein!“ 79 Abb. 2 Sennestadt 1961 u. Abb. 3 Gesamtschema der org. Stadtlandschaft 80 Nach den Entwürfen des Architekten Hans Bernhard Reichow war die Großwohnsiedlung Sennestadt im zweiten Nachkriegsjahrzehnt in der Heide- und Wiesenlandschaft am Teutoburger Wald – heute Stadtbezirk von Bielefeld mit ca. 21.000 EW - vornehmlich für Heimatvertriebene und Flüchtlinge gebaut worden. Die Sennestadt war insbesondere in OWL städtebauliches Vorbild und damals als autogerechte Stadt gepriesen. Zwischenzeitlich war das Konzept der organischen Stadtbaukunst belächelt. Heute ist die Idee wieder überraschend aktuell, wie das spätere Kapitel über ‚Balancity’ Die Stadt im Gleichgewicht noch verdeutlichen wird. Der Idee wurde damals jedoch nicht konsequent gefolgt. Vielmehr wurde Mitte der 1950er Jahre allmählich der Anschluss an die internationale städtebauliche Entwicklung gefunden: 73 Reichow, Hans Bernhard 1948 S. 209/210 suchte einen Weg „auf dem wir gesund, ohne Um- und Irrwege in Harmonie mit den Gesetzen des Lebens, der Natur und Technik im Stadtbau weiterkommen.“ 74 Reichow, Hans Bernhard 1948 S. 1 Die Funktionstrennung der Industrialisierung bewirkte, dass die Funktionen „ohne gegenseitige Beziehung zueinander“ sind. Vorher war die Stadt „einzelliges Gebilde,“ in dem alle Funktionen „unter einem Dach“ waren. Wachstum mit Funktionstrennung erfolgte planlos. S. 35 75 Reichow, Hans Bernhard 1948 S. 64 und 85 „Hat man bisher die Städte nach vorgefassten Idealgrundrissen ... entwickelt, so entscheiden nunmehr von außen her die Einflüsse von Natur, Kosmos und Landschaft – von innen heraus die Gesetze gesunden und natürlichen Lebens.“ Dies forderte schon 200 Jahre vorher Rousseau mit „Zurück zur Natur“ (S. 14) mit dem Erfolg von Landleben, Kleingärten, Gartenstädte etc. 76 Reichow, Hans Bernhard 1948 S. 2 77 Reichow, Hans Bernhard 1948 S. 97 78 Reichow, Hans Bernhard 1948 S. 155 und 156: wie ein „Sinnbild des Baumes“ und ein Wald, in dem sich die Bäume dauernd erneuern, aber als Ganzes von Dauer ist. S. 208 79 Reichow, Hans Bernhard 1948 S. 208 80 Abb. Sennestadt aus: Wikipedia 12/2010 u. Gesamtschema aus: Jonas, Carsten 2006 S. 148 19 „In allen großen und kleinen Gemeinden entstanden neue Wohnsiedlungen, weitab vom Zentrum und im Grünen gelegen.... Ebenso führte das neue Leitbild der Charta von Athen überall zu reinen Gewerbegebieten... sowie zu Einkaufszentren auf der grünen Wiese... Es begann die Zersiedlung der Bundesrepublik, die... bis heute immer weiter zunimmt. Und nicht nur die neuen Baugebiete folgten dem Prinzip der Funktionstrennung, auch die vorhandenen Städte mit ihrer in Jahrhunderten gewachsenen intensiven Mischung aller Nutzungen wurden und werden immer mehr entmischt.“ 81 Nach Lösung der dringendsten Aufbauprobleme, wurden dort, wo entweder durch ihre Lage am Stadtrand nur geringe Bindungen bestanden, neue planerische Vorstellungen realisiert. Zahlreiche Wettbewerbe veranschaulichen die Vorstellungen der Architekten und Stadtplaner über die Wohngebiete einer modernen Stadt in jener Zeit. Drei wichtige theoretische Beiträge beeinflussten das räumliche Denken in diesen Jahren: Reichow Bücher ‚Organische Stadtbaukunst’ 1948 und ‚Die Autogerechte Stadt’ 1959, sowie das Buch von Göderitz, Rainer, Hoffmann: ‚Die gegliederte und aufgelockerte Stadt’ 1957. Abb. 4 Gartenstadt Bremen Neue Vahr ab 1960 u. Abb. 5 Hansaviertel Interbau Berlin 1957 82 Die gegliederte und aufgelockerte Stadt 1950-60 Mehr Beachtung als die organische Stadt und Gartenstadt fand die Forschungsarbeit über Die gegliederte und aufgelockerte Stadt von Göderitz, Rainer und Hoffmann im Jahre 1957. In der Untersuchung wurde festgestellt, dass der Gartenstadtbewegung um die Jahrhundertwende (1900) Arbeitsstätten und öffentliche Bauten fehlten, „so dass von der Gartenstadtidee in der Praxis meist nur unselbständige Wohnvororte, so genannte ‚Schlafstädte’ übrig geblieben sind...“ 83 Basierend auf dieser Kritik untersuchten sie die städtebaulichen Auswirkungen der aufgelockerten Bebauungsform in einer gegliederten Stadt: Im Geleitwort 84 wurde festgestellt, dass „auf diese Weise ein gesunder und leistungsfähiger Stadtorganismus geschaffen werden kann, ohne dass ein unwirtschaftlicher Flächenverbrauch entsteht.“ Nach dem amerikanischen Konzept der „Nachbarschaftseinheiten“ entwickelten Göderitz, Rainer und Hoffmann die Idee von der „gegliederten und aufgelockerten Stadt,“ 85 die „eine ähnliche Karriere und Kritik wie die ‚Charta von Athen’ erfährt“ und „in der 81 Meyer, Johannes 2003 S. 49 82 Abb. Gartenstadt u. Hansaviertel aus: Wikipedia 12/2010 83 Göderitz/Rainer/Hoffmann 1957 S. 22 84 Göderitz/Rainer/Hoffmann 1957 Geleitwort Die Untersuchung entstand in einer Zeit, wo die Gebäude in der Stadt immer höher und dichter gebaut wurden, um sie großstädtischer wirken zu lassen (Großmannssucht S. 10). Dabei wurde aber nicht nur „die schöne Silhouette des alten Stadtbildes“ zerstört, sondern es machte die Menschen auch krank. Hinweis (S. 11): Die Geschichte kennt Wachstum sowie Schrumpfung und Untergang. 85 Kuder, Thomas 2004 S. 159 20 Fachwelt als bedeutsamstes Leitbild schlechthin“ gilt. Wobei in beiden Leitbildern „eine inhaltliche Übereinstimmung“ zu erkennen ist. 86 Die Kritik zur Gartenstadt führte zur Feststellung, dass „der Erfolg von Aussiedlungs- und Auflockerungsversuchen davon abhängt, ob es gelingt, in dem neuen, aufgelockerten Siedlungsraum ebenso vorteilhafte Verflechtungen von Wohn-, Arbeits- und Kulturstätten“ zu erzielen. Da „die elementaren biologischen Ansprüche des Menschen an seinen Lebensraum im Grunde überall gleich“ bleiben, „muss es möglich sein,... auch hier ähnlich gesunde Verhältnisse zu schaffen, wie sie heute in manchen kleinen Städten oder in Gartenstädten anzutreffen sind.“ 87 Abb. 5 Schemaskizze der gegliederten und aufgelockerte Stadt 88 Sie folgerten für den Stadtraum weiter, dass er in überschaubare Einheiten zu gliedern ist: „Der Grundsatz der Gliederung schließt auch ein neues Wachstumsgesetz ein... an Stelle der... uferlosen Erweiterung (sollte) besser eine neue ‚Stadteinheit’ gebildet... 89 werden... ähnlich den Tochterstädten oder ‚Neustädten’ älterer Zeit.“ 90 So wichtig die Trennung der einzelnen Stadtzellen und die Förderung ihres Eigenlebens waren, so notwendig war andererseits ihre Verbindung zu einem übergeordneten Ganzen: 91 „Das bedeutet grundsätzlich die Aufgliederung... in mehrere in sich abgeschlossene Stadtbezirke, Stadtzellen, Nachbarschaften usw. die... zu einem Eigenleben fähig sein und sich trotzdem in ihrer Gesamtheit zu einem größeren Ganzen fügen müssen.“ 92 „Bei Erweiterungen, vor allem von Klein- und Mittelstädten, und bei Neugründungen führt zellenhaftes Wachstum zu gesunden, in sich geschlossenen Einzelkörpern.... Obwohl die Stadtzellen ein bestimmtes Eigenleben haben sollen, darf der besondere Charakter und der Gesamtorganismus der... Stadt nicht aufgehoben werden: Gliederung in Einheiten ist nicht zu verwechseln mit Zerlegung in einzelne Kleinstädte.“ 93 Ebenso war in der Untersuchung das Thema Landschaft und Stadteinheit von Bedeutung: 86 Kuder, Thomas 2004 S. 160 87 Göderitz/Rainer/Hoffmann 1957 S. 23 88 Abb. Schemaskizze aus: Jonas, Carsten 2006 S. 151 89 Göderitz/Rainer/Hoffmann 1957 S. 72 90 Göderitz/Rainer/Hoffmann 1957 S. 73 und Bild 40: Einzelheiten sind: Baurecht, Bodenbewertung, Erschließung, Hausformen, Bebauungsweisen und bauliche Gestaltung. Anmerkung: „Um der Bodenspekulation entgegen zuwirken hat die Akademie für Städtebau seinerzeit gefordert, dass in angemessener Frist auch gebaut werden müsse.“ Beispiele sind Neue Vahr in Bremen ab 1956 oder Interbau Hansaviertel Berlin 1957 91 Göderitz/Rainer/Hoffmann 1957 S. 27 92 Göderitz/Rainer/Hoffmann 1957 S. 24 93 Göderitz/Rainer/Hoffmann 1957 S. 90 21 „Die Aufgliederung der Städte und eine klare räumliche Trennung der einzelnen Glieder durch Grünstreifen sind... vorteilhaft.... Dann geht die Landschaft nicht mehr im Häusermeer unter... Aus der sterilen Wüste oder Steppe der Stadt wird dann eine lebensvolle ‚Stadtlandschaft.’ 94 Dabei wird nach Göderitz, Rainer und Hoffmann für die Stadt „die gründliche Gesundung ihres räumlichen Gefüges, von der kleinsten Einheit – dem Wohnhaus – bis zur Gliederung des ganzen Stadtraumes und seine Einordnung in die größeren Räume ihres mittelbaren und unmittelbaren Einzugsgebietes“ von Wichtigkeit sein. 95 Die Untersuchung von Göderitz, Rainer und Hoffmann forderte zur Neuordnung des gesamten Städtewesens auf, die heute noch relevant ist. Zur Durchsetzung der Idee von der Gliederung, Auflockerung und organischen Gestaltung des Stadtkörpers wurden wenige, aber durchgreifende neue boden- und baurechtliche Regelungen gefordert. Urbanität 96 durch Dichte, Zentrensysteme und Zersiedlung seit 1960 Die Massenquartiere von ca. 1870 bis 1914 und die Baugebiete nach dem 1. Weltkrieg waren in Deutschland sehr viel weiträumiger als städtische Bebauungsweisen jemals zuvor. Ihre Bauweise ohne Auflockerung löste die Stadtränder auf. Meist waren die Baugebiete für weit mehr Einwohner ausgewiesen, als in absehbarer Zeit zu erwarten war. Sie förderten die Aussiedlung an den Stadtrand und reduzierten die Besiedlungsdichte in den älteren Stadtteilen. Die Wege zwischen Wohn- und Arbeitsstätten verlängerten sich immer mehr. 97 Die Untersuchung von Göderitz, Rainer und Hoffmann im Jahre 1957, die internationale Bauausstellung in Berlin mit dem Hansaviertel (s. Abb. oben) im gleichen Jahr und das neue Bundesbaugesetz 1960 „markierten das Ende eines Zeitabschnittes,“ der zwischen den Weltkriegen begann. Nachdem anfangs noch versucht wurde, Arbeiten und Wohnen außerhalb der Stadt zusammenzuhalten, begann dann in den 1950er Jahren „die Vorstellung eines hierarchisch gestuften Zentrensystems... eine beherrschende Rolle zu spielen.“ 98 Dieser planerische Ansatz wurde „durch unüberhörbare Kritik an der Stadtplanung“ in den 1960er Jahren überlagert, die bezüglich der „Aufbauleistung der Nachkriegszeit eine Ernüchterung verbreitete.“ Hier sind die Veröffentlichungen von Alexander Mitscherlich und abermals dem Soziologen Hans Paul Bahrdt zu erwähnen. Letztere meinte, dass die Vorstellungen der Architekten und Stadtplaner durch „einen Nebel der Vorurteile“ verunklärt waren. Sie beruhten noch auf den Leitideen der vorangegangenen Jahrzehnte. 99 Ein weiterer Kritikpunkt war die starke „Flächenvergeudung“ durch „freistehende Einfamilienhäuser“ - ein Wunsch der heute noch vorherrscht und weiterhin unsere Landschaften zersiedelt und unsere Innenstädte entvölkert. Als Gegenmaßnahme entstand die „Verdichtungswelle“ – „das Märkische Viertel in Berlin ist eines der spektakulärsten 94 Göderitz/Rainer/Hoffmann 1957 S. 25 95 Göderitz/Rainer/Hoffmann 1957 S. 17 96 Wikipedia 12/2010: Im Vortrag mit Thema ‚Urbanität’ vom Schweizer Ökonom Edgar Salin tauchte der Begriff erstmals in der Hauptversammlung des D. Städtetages 1960 auf. „Jeder konnte die funktionelle, städtebauliche und bauliche Problematik der neuen Großsiedlungen spüren“ wie z.B. in Berlin: Gropiusstadt 1962-75 oder Märkisches Viertel 1963-74 97 aus: Göderitz/Rainer/Hoffmann 1957 S. 19 u. 21 98 Albers, Gerd 1988 S. 51 99 Bahrdt, Hans Paul in: Die Moderne Großstadt 1971, S. 35 und Albers, Gerd 1988 S. 52 22 Beispiele“ hierfür. 100 Diese und andere wie die Gropiusstadt in Berlin (s. Abb.) in der Zwischenzeit entstandenen Großsiedlungen in Deutschland, verdeutlichen, dass das Ziel der Urbanität, Gemeinschaft und Kommunikation zwischen den Nachbarn nicht erreicht wurde. Die neuen Wohnbaugebiete waren durch Anonymität und fehlende Gemeinschaft geprägt. Diese Entwicklung kritisierte Jane Jakobs schon 1962 in ihrem Buch „Tod und Leben großer amerikanischer Städte.“ Statt des neuen städtebaulichen Leitbildes forderte sie: - Verdichtung statt Auflockerung - Nutzungsmischung statt Trennung - Mischung von Fußgängern, Autos und ÖPNV auf den Straßen - Mischung von Alt- und Neubebauung 101 Abb. 7 Gropiusstadt Berlin 1962-75 102 Gerd Albers ergänzte hierzu: „Hinzu kam aber noch ein ganz neues Moment: mit den sauberen, lockeren, durchgrünten Siedlungen hatte sich das städtische Leben verändert, und man begann der Vielfalt und Lebendigkeit der dicht bebauten Mietskasernenstadt, der Eckkneipen und der geschlossenen Straßenzüge nachzutrauern.“ Es entstand ein „Gegenkonzept: statt Gliederung und Auflockerung nunmehr Verflechtung und Verdichtung: ein Rezept, von dem man sich die Wiedergewinnung eines vermeintlich in Verlust geratenen städtischen Lebens erhoffte. Hierfür fand sich... der Begriff der ‚Urbanität’... die Abkehr von den bisherigen, nunmehr als ‚stadtfeindlich’ kritisierten und dem verderblichen Einfluss der Charta von Athen zugeschriebenen Planungskonzeptionen propagiert.“ 103 Die Forderung von Jane Jacobs, alte und neue Gebäude zu mischen, kam erst nach 1973 zum Tragen. Mit der damaligen Ölkrise 104 ging der Bauboom in Westdeutschland zu Ende und die Bautätigkeit verlagerte sich auf die Innenstädte. Dort waren die Voraussetzungen für ihr Leitbild gegeben. Das Vorhandene war nur weiterzuentwickeln und dem sozialen Wandel anzupassen. Reurbanisierung auf der Grundlage verbindlicher Gesetzgebung seit 1960 Seit 1960 steht dem Städtebau eine verbindliche gesetzliche Regelung mit dem BBauG zur Verfügung. Da das Gesetz noch die Idee der Funktionstrennung beinhaltete, überwiegend die Bodenordnung regelte und die vorgeschriebenen Bauleitpläne erst spät ihre Verbindlichkeiten 100 Albers, Gerd 1988 S. 53 Die Trabantenstadt Märkisches Viertel wurde von 1963 bis 1974 mit 17.000 Wohnungen für 50.000 Einwohner in Berlin gebaut. (Wikipedia 12/2010) 101 Meyer, Johannes 2003 S. 60 f. u. Jakobs, J. in Bauwelt Fundament 4/1963 102 Abb. Gropiusstadt aus: Wikipedia 12/2010 103 Albers, Gerd 1988 S. 52/53 104 Werner, Götz W. 2007 S. 28 1974 nahm das Wirtschaftswachstum ab. 1975 kam es zur 1. Rezession der Nachkriegszeit, es verdoppelte sich die Zahl der Unternehmenspleiten, die Zahl der Erwerbslosen stieg erstmals über eine Million. „Mit der Rezession von 1974/75 war das Wirtschaftswunder faktisch ... zu Ende.“ 23 erhielten, war es bis in die 1970er Jahre für Investoren und Bauherrn leicht, Altbauten durch Neubauten zu ersetzen und außerhalb der bebauten Ortsteile in der freien Landschaft neue Baugebiete zu entwickeln. Die Entwicklung der Gesetzgebung wird im nachfolgenden Kapitel noch näher erläutert. Parallel zur Gesetzgebung erfolgte durch die Aufklärungsarbeit zahlreicher Bürgerinitiativen der 1970er Jahren und deren wissenschaftlicher Begleitung ein Umdenken. Die soziologische Analyse historischer Zentren mittelgroßer Städte Innenstadt und Erneuerung 105 von Hans Paul Bahrdt war hierzu ein Beispiel. Damit wurde die Rückbesinnung auf die gewachsenen Innenstadtquartiere, die Erhaltung der alten Bausubstanz und Maßstäblichkeit in den historischen Stadtkernen und die Stärkung der Zentralität gefördert. Störende Betriebe konnten mit öffentlichen Zuschüssen ausgelagert werden. Zur weiteren Attraktivitätssteigerung erfolgte nach intensiver Überzeugungsarbeit der Umbau der Innenstädte zu verkehrsberuhigten Bereichen. Hierzu wurden in hohem Maße öffentliche Mittel zur Verfügung gestellt, die halfen, die Stadtentwicklung zu lenken. Viele Innenstädte entwickelten sich somit zu attraktiven Zentren mit Einkaufen, Dienstleistungen, Kultur- und Stadtveranstaltungen für die Bewohner der umliegenden Region. Abb. 8 Marktplatz Springe am Deister im Kreis Hannover (Foto K.S.) Den „Prozess der Stadterneuerung“ verband Harald Bodenschatz 2005 mit dem „radikalen Wandel“ der vorherigen Leitbilder: „weg von der ‚modernen Stadt’ und hin zur ‚traditionellen Stadt’ (und) seit den 1980er Jahren wurde der Zentrumsumbau zu einem Schlüsselthema des nachmodernen Städtebaus... als Aufbruch zu einem ‚dritten Zentrum.’“ 106 Dabei teilte Bodenschatz die Wende vom modernen zum nachmodernen Städtebau in zwei Perioden: 1. Abkehr von Kahlschlagsanierung und Großsiedlungsbau und Hinwendung zur erhaltenden Stadterneuerung in den Innenstädten (insb. 1970er Jahre) 2. gestaltende Stadterneuerung, d.h. Stadtumbau mit Anwendung der strukturellen Merkmale der ‚traditionellen Stadt (insb. seit den 1980er Jahre) „In beiden Perioden wurde auf die Auflösung der ‚kompakten Stadt’ reagiert. In den 1970er Jahren konzentrierten sich die Maßnahmen auf die öffentlich geförderten Sanierungsmaßnahmen, seit den 1980er Jahren war bedeutendstes Aktionsfeld der 105 Bahrdt, Hans Paul 1972 (s. auch Kap. 2.3 über geänderte Gesetze) 106 Bodenschatz, Harald 2005 S. 7 „Im 19. Jh. wurden die historischen Städte in Verkehrs- und Geschäftszentren transformiert... Das moderne Zentrum der Nachkriegszeit war auf das Automobil orientiert ... und erreichte in den 1960er Jahren den Höhepunkt.“ 24 Stadtumbau mit ‚Recycling’ von innerstädtischen Brachflächen und der Aufwertung öffentlicher Räume.“ 107 Bei den Überlegungen über „Die Zukunft der europäischen Stadt“ ordnet Klaus Brake dieser Entwicklung die Begriffe „Renaissance der Städte, Revitalisierung der Innenstädte oder Reurbanisierung“ d.h. „wieder Stadt“ zu: „Mit ‚Reurbanisierung’ soll... ein Entwicklungsprozess gemeint sein, der mit dauerhafterer Wirkung zu einer neuerlichen Bedeutungszunahme von Städten durch die Nutzung ihrer inneren Gebiete beiträgt, d.h. zu einer Wieder-Inwertsetzung stadträumlicher Strukturen, die sich durch eine relativ komplexe Dichte auszeichnen und sich im wesentlichen einer industriellen Überformung von Handel, Handwerks- oder Verwaltungs-Städten verdanken.... ‚Reurbanisierung’ stellt sich analytisch als eine Thematik des mitteleuropäischen Erfahrungsraumes dar.“ 108 Damit hat der historische Abriss die Thematik dieser Arbeit erreicht, die ‚Möglichkeiten und Chancen der Reurbanisierung’ aufzeigen soll. Dabei ist vor allem die Frage zu klären: „Inwieweit handelt es sich bei ‚Reurbanisierung’ im historischen Auf und Ab der Entwicklung von Städten nur um eine kurzatmige Mode oder eventuell doch um eine mittelfristig wirksame Tendenz – worauf dann im wahrsten Sinne des Wortes gebaut werden könnte: nämlich Stadt (Praxis) bzw. deren Erklärung (Theorie).“ 109 Wandel der Stadtplanung seit 1960 Mit der Rückbesinnung auf die Stadtmitte hat sich auch die Stadtplanung gewandelt, die seit den 1960er Jahren auf planerische Ordnungsvorstellungen und dem BBauG basierte. Sie wurde mehr und mehr „Bestandteil einer integrierten Planungspolitik“ um „die Gesamtentwicklung der Gesellschaft auf der Grundlage politischer Entscheidungen zu steuern.“ Dabei wurde die Stadtplanung und „Bürgerbeteiligung bei Planungsfragen“ immer bedeutsamer. Seit den 1970er Jahren wurde ‚Partizipation’ zu einer Art Schlüsselbegriff. 110 Mit dem neuen Planungsverständnis veränderte sich auch die Planungsmethodik. Für die planerische Entscheidung wurden nun mehrere Alternativen entwickelt und nach Prioritäten entschieden. „Damit erfuhr der Planungsprozess neben seiner ‚Demokratisierung’ durch Partizipation auch eine ‚Verwissenschaftlichung’ durch die kritische Auseinandersetzung mit der Abfolge seiner Schritte und den hierfür jeweils zur Verfügung stehenden Methoden.“ 111 Inzwischen hat sich der Ansatz einer ‚integrierten Entwicklungsplanung’ weiter entwickelt. Wie noch im Kapitel der gesetzlichen Änderungen dargestellt wird, wurde im BBauG diese ‚Entwicklungsplanung’ zunächst aufgenommen, jedoch im BauGB unter dem Stichwort ‚Rahmenplanung’ weiter geführt. Hiermit können die Kommunen kreative, informelle Planverfahren, wie Masterplan, Entwicklungskonzept etc. unter intensiver Beteiligung Betroffener durchführen. Sie sind Grundlage für die formellen Bauleitpläne nach BauGB. 107 Bodenschatz, Harald 2005 S. 9 108 Brake, Klaus in: Die Zukunft der europäischen Stadt (Hg. Koch/Frey) 2011 S. 301/2 109 Brake, Klaus in: Die Zukunft der europäischen Stadt (Hg. Koch/Frey) 2011 S. 302 110 Albers, Gerd 1988 S. 46 111 Albers, Gerd 1988 S. 47 25 Als mit entscheidend für eine Renaissance der Zentren sieht Bodenschatz den wirtschaftlichen Strukturwandel hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Durch die dienstleistungsorientierte Zentrumspolitik mit der Einbeziehung Privater werden allerdings breitere Beteiligungsformen geschwächt und fördert damit den „Bedeutungsverlust der Stadtplanung“ aufgrund ihrer „unternehmerischen Ausrichtung.“ 112 Abb. 9 ‚planBAR’ für Planungsprozess ‚Stadtentwicklungskonzept’ Bad Salzuflen u. Projekt ‚Ab in die Mitte’ Lokale Agenda 21 und Leipzig Charta Sowohl die Agenda 21 als auch die neuere Charta von Leipzig sind geeignet, allgemeingültige übergeordnete Leitbilder zu formulieren, an denen sich die Kommunen orientieren können. Durch die weltweite UN-Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 wurden neue Leitbilder für die Lösung der sozialen, ökonomischen und ökologischen Probleme gefordert. Auch in Deutschland war jede Kommune aufgefordert in einer lokalen Agenda 21 ihre Leitbilder zu entwickeln. Grundlage waren ein offenes Beteiligungsverfahren, die Gesamtschau und Nachhaltigkeit, wie auch sparsamer Umgang mit Grund und Boden und unseren Ressourcen. 113 Die abschließende Konferenz europäischer Kommunen in Aalborg 2004 vertiefte das Konzept der ‚Lokalen Agenda 21’ und formulierte folgendes im Abschlussdokument: „Wir haben die Vision integrativer, prosperierender, kreativer und zukunftsfähiger Städte und Gemeinden, die allen Einwohnerinnen und Einwohnern hohe Lebensqualität bieten und ihnen die Möglichkeit verschaffen, aktiv an allen Aspekten urbanen Lebens mitzuwirken.“ 114 Die Leipzig Charta hat das Thema Stadtentwicklung auf die europäische Bühne geholt, wie der Pressemitteilung des Bundesministeriums zu entnehmen ist. 115 2007 wurde die Leipzig- Charta zur nachhaltigen Europäischen Stadt verabschiedet. Die Mitgliedsstaaten sind aufgefordert, diese umzusetzen. Dabei steht die europäische Stadt als Modell eines Lebens miteinander. Dies ist ein wichtiger Standortfaktor im globalen Wettbewerb. Gefährdete Stadtteile – wie auch unsere Innenstädte – sind zu stabilisieren und zu verbessern. In Deutschland werden die Empfehlungen der Charta unter anderem mit der Nationalen Stadtentwicklungspolitik umgesetzt. 112 Altrock/Schubert in: Renaissance der Mitte, Hg. Bodenschatz 2005 S. 371 „Im Umgang mit Investoren in der Zentrumspolitik wird eine zu breite Beteiligung zumindest auf der Ebene des Einzelprojekts ausgeschlossen.“ 113 s. Kap. 3.4.3 Leitbild lokale Agenda 21 in Bad Salzuflen 114 Wikipedia 12/2010: Aalborg Commitments 2004 Anmerkung: Beim Weltgipfel 2002 in Johannesburg gab es noch eine negative Bilanz bezüglich der Akzeptanz des Reformprogramms. 115 Pressemitteilung BM Nr. 78/2008 vom 10.04.2008 26 Resümee Der geschichtliche Überblick über den Wandel der Leitbilder für die Planung verdeutlicht, dass die tief greifenden Wandlungen unserer Städte in den letzten 150 Jahren nicht allein durch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen verursacht wurden, sondern auch durch planerische Prozesse. Weiterhin hat sich gezeigt, dass sich die Zielsetzungen der Planung und deren Arbeitsweisen geändert haben. Damit hat sich auch das Verständnis der Planung und deren Rolle in der Gesellschaft verändert. Die Kritik der Fachleute an der städtebaulichen Entwicklung während der Industrialisierung führte zur Idee der Funktionstrennung „als eines der bedeutsamsten Leitbildelemente des 20. Jahrhunderts,“ 116 die in der Charta von Athen manifestiert wurde. Dazu kamen das Konzept der Nachbarschaftseinheiten, die Gliederung der Städte in überschaubare, selbständige Einheiten, die Durchgrünung der Städte nach dem Gartenstadtmodell von Howard und die Vorstellungen der gegliederten und aufgelockerten Stadt von Göderitz, Rainer und Hoffmann. Auch dieses wurde von der Fachwelt nicht unwidersprochen hingenommen. Die Qualität der gewachsenen Städte und der zunehmende Verkehr führten zum Umbau der Innenstädte. „Sorgen wir dafür, dass das Herz unserer Städte wieder gesundet und pulsiert durch den Umbau der City!... Sie ist das, was der Bürger in seiner Vorstellung unter ‚Stadt’ versteht.“ 117 Es ist unbedeutsam, ob diese Ideen damals als Leitbild, Manifest oder Konzeption entstanden sind. Wichtiger ist letztlich die Feststellung, dass Diskussionen und offene Prozesse diese entwickelten. Denn „Leitbilder...lassen sich nicht herstellen, sie entstehen ...in einem offenen Prozess.“ 118 Damit sind Leitbilder eng mit gesellschaftlichen Entwicklungen verbunden. Thomas Kuder stellt hierzu fest, dass zumindest seit der Zeit der Aufklärung die Stadtentwicklung neben der Planung auch von einem Diskussionsprozess über Zielvorstellungen und Leitbilder beeinflusst wurde. 119 Nach Meinung von Dieter Frick sollte „zur Formulierung eines Zielsystems für städtebauliches Handeln“ ° von Zielvorstellungen gesprochen werden: „Der Begriff des Leitbilds leidet darunter, dass er auf durchaus unterschiedliche Maßstabsebenen und Handlungsfelder bezogen wird... Manche mit ‚Leitbild’ bezeichnete Vorstellungen betreffen lediglich bestimmte Merkmale oder Elemente: Nutzungstrennung, Dichte..., andere betonen bestimmte Funktionen: autogerechte Stadt..., wieder andere sind auf einzelne Handlungsfelder bezogen: behutsame Stadterneuerung...“ 120 ° Die demokratische Entwicklung nach dem Kriege förderte den Umdenkungsprozess von der Suburbanisierung zur Wiederentdeckung der historischen Stadtkerne. Die parallel entwickelte Gesetzgebung für den Städtebau half bei der Durchsetzung. Die neuen städtebaulichen Pläne 116 Kuder, Thomas 2004 S.122 117 Seidensticker, Wilhelm 1967 S. 112 Ausklang 118 Kuder, Thomas 2004 S. 121 119 Kuder, Thomas 2004 S. 123 u.124: „Die Genese der gesellschaftlichen Moderne ist nicht genau datierbar, wird jedoch in einem philosophischen Erklärungszusammenhang auf die sich im 18. und 19. Jahrhundert in Europa durchsetzende Idee der Aufklärung zurückgeführt....Die sozialen, zeitlichen und räumlichen Bindungen des Menschen brachen auf und wurden einem dynamischen Prozess der permanenten Neuerung und Veränderung unterworfen.“ 120 ° Frick, Dieter 2008 S. 88 Zielvorstellungen beziehen sich „auf die Stadt als soziales oder als baulich- räumliches Gebilde,“ das sich „stets in Veränderung“ befindet. Sie sollten „eine handlungsleitende Funktion für die Praxis haben“ und sollten „den Anspruch an Qualität im Sinne von Nutzbarkeit, Verständlichkeit und Nachhaltigkeit der baulich-räumlichen Organisation von Stadt sicherstellen.“ S. 86 27 nach BBauG/BauGB, insbesondere die Flächennutzungspläne, die in allen Gemeinden mit den Gebietsreformen in den alten Bundesländern und nach der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern erforderlich waren, spiegeln das Umdenken wieder. Im Laufe der Zeit entwickelte sich neben der formellen Planung nach BBauG/BauGB 121 die informelle, prozessgesteuerte Planung. Beispiele hierfür sind die Stadtentwicklungskonzepte, städtebauliche Rahmenplanung, der Masterplan, die lokale Agenda 21 und in vielen Städten immer noch aktuell das Stadtmarketing. Die Stadtentwicklung steht damit heute auf den beiden Säulen: förmliche Stadtplanung und informelle, prozessgesteuerte Planung. Die Stadtplanung hat vorwiegend die Rolle der förmlichen Planung auf der gesetzlichen Grundlage, bei der als Akteure die Fachleute, Politik und begrenzt die Bürger beteiligt sind. Die informelle, prozessgesteuerte Planung übernimmt heute immer mehr die Rolle, bzw. die Moderation eines Stadtentwicklungsprozesses. Gerade dieser Prozess ist geeignet, Leitbilder und planerische Zielvorstellungen zu entwickeln und auf der Basis dieser Ziele konkrete Handlungskonzepte abzuleiten. Der Moderator dieses Prozesses kann zu unterschiedlichen Themen unterschiedliche Akteure und/oder Interessenverbände beteiligen. Um zu „tragfähigen Lösungen“ zu kommen, stellen „informelle Planverfahren... eine Ergänzung und Unterstützung verbindlicher Verfahren dar.“ 122 Durch diese Planung können Antworten und Lösungen zu aktuellen Fragen und Problemen gefunden werden. „In Planung und Städtebau sind diese i.d.R. Ziele, Konzeptionen, Strategien oder Leitbilder, die auf ein zukünftiges zielgerichtetes Handeln ausgerichtet sind, das für richtig und sinnvoll erachtet wird... Leitbilder in Planungsprozessen sind normativer Natur... sie sind komplexe, anschaulich verdichtete Zielvorstellungen, die insbesondere bei innovativen Fragestellungen auf wünschbare und machbare Lösungen und Antworten fokussieren. Leitbilder sind immer dann von besonderem Interesse, wenn sich Wertvorstellungen im Kontext gesellschaftlicher Entwicklungen wandeln und sich neue Werte erst herausbilden müssen.“ 123 Leitbilder verführen dazu, diese auf städtebauliche Situationen zu übertragen, für die sie nicht geeignet sind. Jede Stadt bzw. Region braucht seine eigenen Leitbilder, sein eigenes Profil. Der Prozess der Agenda 21 bot hierzu eine gute Chance. „Die Lokale Agenda 21 war in vielen Kommunen in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre ein Impuls, der Akteure und Gruppen wieder an einen Tisch brachte und die Diskussion übergreifender Themen in Gang setzte.“ 124 Eine Charta wie die in Athen oder in Leipzig ist geeignet allgemeingültige übergeordnete Leitbilder zu formulieren, an denen sich Kommunen orientieren können. Zusammen mit den nachfolgenden Kapiteln über den Wandel der Stadtmitte durch geänderte Gesetze, den Wandel der Akteursebene in der Stadtmitte und die ‚Balancity’ Die Stadt im Gleichgewicht wird die Bedeutung der Stadtmitte für die weitere Untersuchung festgestellt. 121 Battis/Krautzberger/Löhr 1996 S. 40: Die Novelle des BBauG 1976 führte den städtebaulichen Entwicklungsplan in § 1 (5) ein. Im BauGB ist sie nicht mehr enthalten, da für sie als informelle Planung kein Regelbedarf bestand. Stattdessen wurde der ‚Rahmenplan’ als informelle Planung in § 140 (4) aufgenommen. 122 Kuder, Thomas 2004 S. 94 123 Kuder, Thomas 2004 S. 96/97 124 Rink, Dieter 2005 in: Die anderen Städte IBA - Stadtumbau 2010 S. 103 28 2.3 Der Wandel der Stadtmitte durch geänderte Gesetze Die planlosen Stadterweiterungen in die Landschaft konnten weder durch die vereinbarten ‚Grundzüge für Stadterweiterungen’ von Architekten und Ingenieuren im Jahre 1874, noch durch das Fluchtliniengesetz von 1875 125 und das Buch von Reinhard Baumeister 1876 zu dieser Problematik 126 eingeschränkt werden. Ebenso konnte das von führenden Fachleuten des Städtebaus beschlossene städtebauliche Manifest der Charta von Athen 1933 127 die weitere Verdichtung der Städte und Zersiedlung der Landschaft nicht verhindern. Stadt und Dorf erfuhren weiterhin eine „Verstädterung in fast allen Lebensbereichen.“ 128 Nach dem 2. Weltkrieg erfolgten in Deutschland der Wiederaufbau mit den notwendigen Stadterweiterungen für Wohnen und Gewerbe ohne neues Leitbild und Städtebaurecht. 129 Vorrang hatte die Beseitigung des durch Kriegszerstörung und Flüchtlingsstrom verursachten Fehlbestandes an Wohnraum. Der Erhalt des vom Krieg verschonten Baubestandes spielte dabei nur eine untergeordnete Rolle. 130 Erneute planerische Kritiken wurden geäußert. Die Untersuchung von Göderitz, Rainer und Hoffmann, die 1957 zur „Neuordnung des gesamten Städtewesens“ 131 aufforderte, wurde im Kapitel über die Leitbilder bereits erläutert. §§ Bundesbaugesetz - Baunutzungsverordnung Erst 1960 trat der erste Entwurf des Bundesbaugesetzes (BBauG) aus dem Jahre 1950 in Kraft. 132 Das Baugesetz beinhaltete zwar die Idee der Funktionstrennung der Charta von Athen, regelte aber überwiegend die Bodenordnung. Die Baunutzungsverordnung (BauNVO) 1960 konkretisierte die Festsetzungen der Bauleitpläne nach BBauG. Da diese Pläne ihre Verbindlichkeit erst nach Abschluss einer längeren Planungsphase erhielten, konnte bis dahin insbesondere in den historischen Stadtkernen noch viel abgebrochen und neu gebaut werden. §§ Städtebauförderungsgesetz 1971 Die Gesetze für die Stadterneuerung traten noch später in Kraft: „Erst gegen Ende der 1960er Jahre setzte ein Wandel der Wohnungsbau- und Städtebaupolitik ein. Neben der Neubaupolitik wurde die Pflege und Erhaltung sowie Verbesserung des vorhandenen Wohnungsbestandes als wichtiges Ziel der staatlichen Wohnungsbau- und Städtebaupolitik 125 Ortmann, Wolf 1956 S. 30 Das erste Preußische Fluchtliniengesetz regelte Bebauungspläne, Fluchtlinienpläne und die dazu gehörigen Rechtsverhältnisse. 126 Ortmann, Wolf 1956 S. 30 Reinhard Baumeister „Stadterweiterungen in technischer, baupolizeilicher und wirtschaftlicher Beziehung“ 1876 127 Congrès Internationaux d’ Architecture Moderne – CIAM; Meyer, Johannes 2003 S. 37: „Die neue Zielvorstellung in 95 Thesen“ wurde... von Le Corbusier 1942 als ‚Charta von Athen’ veröffentlicht.“ Diese Kritik forderte ein Städtebaurecht ein, fand jedoch in Deutschland durch die Nationalsozialisten und fehlender Übersetzung ins Deutsche (1962) zunächst wenig Resonanz. 128 Hotzan, Jürgen 1994 S. 63 129 Müller, W. 1974 S. 30: Bis 1960 galten zum Wiederaufbau BauO u. Aufbaugesetze in den Bundesländern. 130 Weidner, HPC in: Städtebauliche Erneuerung in Nds. 1984 S. 40: „In dieser Phase des Stadtumbaus ging mehr Altbausubstanz verloren, als durch die verheerenden Zerstörungen des zweiten Weltkrieges.“ 131 Göderitz/Rainer/Hoffmann 1957 S. 73 und Bild 40 und S. 19 (s. auch Kap. 2.2 über geänderte Leitbilder’) 132 Müller, W. 1974 S. 29: Die ersten Versuche, eine Gesetzgebung für die städtebauliche Planung zu schaffen, begannen nach dem 1. Weltkrieg. 1918 wurde ein ‚Wirtschaftsplan’ (F-Plan) eingeführt. 1926 gab es den Entwurf eines Städtebaugesetzes, 1931 eines Reichsstädtebaugesetzes und 1942 eines Baugesetzbuches. Das damalige Vermischen zwischen Bauordnung und städtebaulicher Planung wurde 1954 durch ein Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Seitdem ist BauO Länderkompetenz und Städtebau Bundeskompetenz: Bundesbaugesetz (BBauG) 23 .6.1960 u. Baunutzungsverordnung (BauNVO) 1.8.1960 (s. Kap. 2.2 Leitbilder) 29 erkannt. Dieser Wandel fand seinen Ausdruck in der Verabschiedung des Städtebauförderungsgesetzes (StBauFG) von 1971.“ 133 Es ergänzte das BBauG und war Grundlage für die Förderung städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen. Damit wandelten sich die Aufgaben der städtebaulichen Erneuerung seit 1971 allmählich. Das BBauG war „in einer Periode hektischen Neubaues und Wiederaufbaues konzipiert worden. Von dieser Grundhaltung war auch noch das Städtebauförderungsgesetz von 1971 getragen worden.“ Das Gesetz ging davon aus, dass die Anforderungen „innerhalb der bereits bebauten Gebiete“ die gleichen wie in Neubaugebieten waren. Damit „führte das städtebauliche Leitbild zwangsläufig zur so genannten Flächensanierung als der geeigneten und im Regelfall anzuwendenden Sanierungsmethode.... Etwa Mitte der 1970er Jahre vollzog sich jedoch ein Wandel in den Zielvorstellungen der städtebaulichen Erneuerung.“ 134 Der Wandel wurde unterstützt durch den Rückgang der Bevölkerung, des Wohnungsbaus und Wirtschaftswachstums. Nicht nur diese geänderten Rahmenbedingungen „führten zu einem Wandel der Ziele des Städtebaus. Auch die Anschauungen und Wertvorstellungen der Bürger, der Ratsherren, Politiker und Verwaltungen änderten sich. Allgemein nahm man Abschied von dem modernistischen Gigantismus im Städtebau und entdeckte wieder den Wert des Überkommenen. Man wollte sich wieder in den Städten wohl fühlen.... Die städtebaulichen Planungen und Aktivitäten haben sich unter geänderten Rahmenbedingungen und Anschauungen mehr und mehr auf die Innenstädte... konzentriert, um deren Lebensfähigkeit und Entwicklungsfähigkeit zu sichern.“ Die Gesetzgebung wurde entsprechend angepasst. 135 1984 beschreibt der damalige niedersächsische Sozialminister Hermann Schnipkoweit diese Entwicklung verbunden mit der gesetzlichen Anpassung zutreffend wie folgt: „Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen dienen heute vorrangig der Verbesserung innerstädtischer Lebens-, Wohn- und Arbeitsverhältnisse, der Erhaltung und Pflege gewachsener Strukturen und Ortsbilder, der Erhaltung historisch wertvoller Bausubstanz besonders in historischen Altstädten und Ortskernen, der Aufwertung der Zentrumsfunktionen in Klein- und Mittelstädten, der Verbesserung des Wohnumfeldes und Wohnungsbestandes in innerstadtnahen Wohngebieten, der Standortsicherung, Verlagerung und Ansiedlung von Betrieben sowie der Sicherung und Stärkung von Kleingewerbe, Handwerk und Einzelhandel. Diese Erneuerungsaufgaben sind häufig verbunden mit Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse. Ein weiteres Ziel ist die verträgliche Ausgestaltung des Nebeneinanders von Wohnen und Arbeiten, insbesondere in städtebaulichen Gemengelagen.“ 136 Die Städtebauförderung hatte sich als wirksames Instrument bewährt, die wertvollen historischen Strukturen nicht nur in den Stadtzentren zu retten. Die weitere Entwicklung des StBauFG wird in den Absätzen ‚Kritik am StBauFG’ und ‚Baugesetzbuch’ (BauGB) erörtert. 133 Müller, W. 1974 S. 42 Die Vereinigung von BBauG und StBauFG war aus bodenrechtlichen Gründen nicht möglich. Aufgrund des Städtebauförderungsgesetzes (StBauFG) vom 27.07.1971 fördern Bund, Länder u. Gemeinden zu je einem Drittel gebietsbezogene Sanierungsmaßnahmen (aus: Städtebaul. Erneuerung Nds, S. 7) 134 Die Sanierung wurde in § 1 (2) StBauFG als Abbruch von Gebäuden und Neubebauung des Gebietes bezeichnet. Obwohl der Modernisierungsaspekt schon enthalten war, zielten die Vorschriften jedoch eindeutig auf die Flächensanierung in Verbindung der Bauleitplanung und des Bodenrecht (BBauG). aus: Städtebauliche Erneuerung in Nds. 1984 S. 10 (Soz.Mi. H. Schnipkoweit) 135 Das StBauFG wurde 1976, 1979 und 1984 novelliert. 1976 wurden eine Reihe von bodenrechtlichen Vorschriften, die frühzeitige Bürgerbeteiligung und der Sozialplan in das BBauG übernommen. 1979 erfolgte ein Gesetz zur „Beschleunigung von Verfahren und zur Erleichterung von Investitionsvorhaben im Städtebaurecht. aus: Städtebauliche Erneuerung in Nds. 1984 S. 10 und 11 136 Städtebauliche Erneuerung in Nds 1984 S. 11 (Soz.Mi. H. Schnipkoweit) 30 §§ Denkmalschutzgesetz Parallel zur Stadtsanierung hatte sich die ‚Heimatpflege’ zur qualifizierten Denkmalpflege entwickelt. Nach BBauG wurde sie als ‚Träger öffentlicher Belange’ zum Planungsberater der Kommunen. In den ‚Vorbereitenden Untersuchungen zur Sanierung’ wurde der Denkmalschutz, bzw. Schutz des gesetzlich definierten Kulturdenkmals und damit die Erhaltung der städtebaulichen Werte immer bedeutsamer und zu einer städtebaulichen Funktion. Nachdem das StBauFG als Vorreiter „den Gedanken einer Sicherung kulturhistorisch bedeutsamer Bausubstanz als aktiv zu verfolgendes Planungsziel“ mit aufnahm, wurde dieses mit der Novellierung des BBauG seit 1976 „allgemeiner und in vielen Fällen zwischenzeitlich selbstverständlicher Bestandteil eines Planungsvorganges.“ 137 Unterstützend traten in den einzelnen Ländern Denkmalschutzgesetze (DSchG) in Kraft. 138 In Verbindung mit den Bauordnungen der Länder war es nun möglich Gestaltungs- und Erhaltungssatzungen zu beschließen. 139 Die Aufklärungsarbeit zahlreicher Bürgerinitiativen der 1970er Jahre, die Gründung des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz 1973 und das Europäische Denkmalschutzjahr 1975 hatte diese Entwicklung prägend gefördert. Mit der gesetzlichen Voraussetzung haben die Denkmalbehörden der Länder zusammen mit den Kommunen die Kulturdenkmale in sog. Denkmallisten katalogisiert. Hierzu gehören auch archäologische Funde aus der Geschichte der Frühzeit der Städte. Die Feststellung der Denkmaleigenschaft wird in den Ländern unterschiedlich gehandhabt. Ein Gebäude in Nds ist Denkmal Kraft Gesetzes, in NRW haben Eigentümer und Gemeinden ein Anhörungs- und Einspruchsrecht. Begleitet wird dies mit einer regen Öffentlichkeitsarbeit, um das Denkmalpflegeverständnis zu fördern. Die Denkmallisten werden permanent aktualisiert und erweitert, da immer wieder Denkmale aus neuerer Zeit dazu kommen. 140 Denkmalpflege bedeutet primär Konservieren und den Erhalt der Unverwechselbarkeit unserer Kulturlandschaften. Dies ist oft nicht im Sinne des Eigentümers, der aus finanziellen Gründen den Abriss und Neubau vorzieht. Deshalb werden private Investitionen an Denkmälern aufgrund des StBauFG und/oder DSchG gefördert. Darüber hinaus stehen seit den 1970er Jahren zusätzliche Finanzierungshilfen durch Abschreibungsmöglichkeiten im Rahmen des Steuerechtes zur Verfügung. 141 Schwieriger ist der Substanzerhalt bei öffentlich notwendigen Maßnahmen, wie z.B. bei verkehrlichen Verbesserungen in den historischen Stadtkernen. Nicht immer wurde „die Forderung einer Anpassung der Verkehrsabläufe und des Verkehrsaufkommens an das vorhandene historische Straßennetz als Grundlage einer denkmalgerechten Sanierungskonzeption“ eingehalten. 142 137 Weidner, HPC in: Städtebauliche Erneuerung in Nds 1984 S. 40 138 Denkmalschutzgesetz (DSchG) z.B. in NRW seit 11.03.1980; Nds. seit 30.05.1978 u. He. seit 1.10.1974 139 „Nach § 81 der BauO NRW haben die Kommunen die Möglichkeit, das Erscheinungsbild der historischen Stadtkerne durch Gestaltungssatzungen oder Festsetzungen im Bebauungsplan zu sichern.“ Nach § 172 BauGB können Erhaltungssatzungen erlassen werden. in: AG Hist. Stadtkerne NRW 1992 S. 14 140 Die Ausführungen basieren auf die Erfahrungen als Leiter Unterer Denkmalbehörden in Nds und NRW. 141 Einkommensteuergesetz EStG §7 i Absetzung von Herstellungskosten; § 11 b Instandsetzung und Modernisierung; Grundsteuergesetz § 32 Erlass der Grundsteuer (ebenso Erbschafts- und Schenkungssteuer) 142 Weidner, HPC in: Städtebauliche Erneuerung in Nds. 1984 S. 41 (z. B. Höxter in AG Hist. Stadtkerne NRW) 31 Abb. 10 Arbeitsgemeinschaft Historischer Stadtkerne in NRW 143 Die Feststellung, dass ein hoher Verlust an wertvoller Bausubstanz durch die Flächensanierung hingenommen werden musste - stärker noch als durch Kriegszerstörungen und den anschließenden Wiederaufbau 144 - bewog das Land NRW ein gesondertes Landesprogramm für die Erhaltung der historischen Stadtkerne im Jahre 1985 zu beschließen: „Mit der Erhaltung und behutsamen Erneuerung der historischen Stadtkerne kann das städte- bauliche und kulturelle Erbe bewahrt und künftigen Generationen überliefert werden.“ ° (S. 9) Dabei ging das Landesprogramm zur Erneuerung historischer Stadtkerne davon aus, Grund- und Aufriss der historischen Stadtkerne und das historische Straßennetz zu schützen. Das Rheinische und Westfälische Amt für Denkmalpflege wählte geeignete Städte aus. Danach wurden auf Vorschlag einer Auswahlkommission im Jahre 1987 zunächst 24 und dann 34 Städte im Programm aufgenommen, die eine Arbeitsgemeinschaft (AG) gründeten: „Im Interesse eines kontinuierlichen Erfahrungsaustausches gründeten die am Programm beteiligten Städte 1987 die Arbeitsgemeinschaft Historische Stadtkerne in NRW.“ 145 (S. 10) Alle Städte der AG mussten ein Erneuerungsprogramm erstellen, bei dem vorhandene Sanierungsplanungen verwendet werden konnten. Maßnahmenschwerpunkte waren die Erhaltung und Wiederherstellung des historischen Stadtgrundrisses, noch vorhandener Befestigungsanlagen, Schutz der Stadtsilhouette, Baudenkmäler, Aufwertung öffentlicher Grün- und Freiflächen, flächenhafte Verkehrsberuhigung u.a.m. 146 Durch den Wechsel von der klassischen Sanierung zum Landesprogramm NRW für die Erneuerung der historischen Stadtkerne waren Bebauungspläne 147 nur noch bei speziellen Problemkonstellationen notwendig: „In der praktischen Umsetzung der Erneuerungsprogramme haben die so genannten ‚weichen’ Erneuerungsstrategien mit Beratung und privatrechtlichen Vereinbarungen an Bedeutung gewonnen.“ ° (S. 13) Die meisten Mitglieder der AG verfügen über eine Gestaltungssatzung für den historischen Stadtkern, deren Nutzen jedoch oft in Frage gestellt wird: „Die Erfahrung zeigt, dass Satzungen zwar als Gesprächsgrundlage notwendig sind, im konstruktiven Dialog aber oftmals in den Hintergrund treten.“ ° (S. 15) 148 143 ° Dieser Absatz lehnt sich inhaltlich mit seinen folgenden Zitaten an: AG Historische Stadtkerne NRW 1992 (S. 9 bis 15). Abb. Luftaufnahme vom hist. Stadtkern Lemgo aus: Website AG hist. Stadtkerne 12/2010. 144 Buchholz, Hans Henning 1997 S. 36 145 aus: Website Historische Stadtkerne NRW 12/2010: Heute bestehen 2 AGs mit je 37 Hist. Stadtkerne und 19 Hist. Ortskerne, die in 5 Regionalgruppen unterteilt sind. 146 Im AG Historischer Stadtkerne in NRW wurden strenge Prinzipien vorgegeben. Dies belegt der Ausschluss der Stadt Höxter, die eine Stadtgrundriss zerstörende Verkehrsplanung beschloss. Erst nach Aufgabe dieses Planungsziels wurde die Stadt Höxter wieder Mitglied in der AG. 147 Die Pflicht zur Aufstellung von B-Plänen entfiel mit der BBauG-Novellierung 1984 (B/K/L 1996 S. 1206) 148 ° AG Hist. Stadtkerne NRW 1992 S. 13 u. 15 32 §§ Kritik am StBauFG Schon 1977 wurde in der Untersuchung von Köpple und Schwantes festgestellt, dass das StBauFG „die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse, planerischen Grundvorstellungen und den fortentwickelten Bewusstseinsstand aller Betroffenen“ nicht genügend berücksichtigt. Da sich die „grundlegenden Ziele für die Sanierungsmaßnahmen“ geändert hatten, ergaben sich folgende Konflikte: 1. Die Forderung nach einer zügigen Durchsetzung der Sanierung steht „einer behutsamen Erneuerung unter Berücksichtigung städtebaulicher und sozialer Belange entgegen... Für die erhaltende Sanierung historischer Stadtgebiete sollten deshalb besondere Bestimmungen entwickelt werden... Gerade die Erhaltung von Gebäuden aus gestalterischen Gründen durch vorzunehmende Modernisierungsmaßnahmen ist im StBauFG nicht ausreichend berücksichtigt. 2. Die erhaltende Erneuerung, welche den Gedanken der Flächensanierung abgelöst hat, lässt sich nur mit einem verhältnismäßig hohen Anteil unrentierlicher Kosten verwirklichen. 3. Infolge der im Grundgesetz verankerten Zuständigkeit des Landes für denkmalpflegerische Belange und des Bundes für den Städtebau als solchen ergeben sich Schwierigkeiten für die Gemeinde in der Begründung von vorzuschreibenden Maßnahmen für die Erhaltung von Gebäuden in Sanierungsgebieten. 149 Weiterhin wurde festgestellt, dass das StBauFG zwar die Verfahrensschritte erleichtert, die Sanierung in ihrer Ganzheit jedoch verkompliziert. Die zahlreichen Kommentare brachten wenig Klarheit. 150 Ein weiterer Kritikpunkt war, dass ‚Stadterneuerung’ oft nicht als ein gebundener Bestandteil einer gesamtkommunalen (regionalen) Entwicklungsplanung erfolgte: „Die Diskussion um eine aktive Stadterneuerungspolitik als integriertem Bestandteil der gesamtkommunalen Entwicklungspolitik hat neben das Ziel der Missstandbeseitigung das Ziel der Funktionsverbesserung gesetzt....Vorbereitung und Durchführung können damit nicht mehr als eigenständige ‚Fachplanung’ betrachtet werden; sie müssen vielmehr in das Gesamtsystem der Entwicklungs- und Fachplanungen eingebunden werden.“ 151 Weitere Kritiken bewog das Land Nds die Bundesregierung 1983 zu bitten, das StBauFG der veränderten Problemlage bei der städtebaulichen Erneuerung anzupassen. Das Gesetz sollte schon beim Vorliegen „städtebaulicher Mängel“ und nicht bei „städtebaulichen Missständen“ Anwendung finden. Zusätzlich wurden ein „vereinfachtes Verfahren“ und der Verzicht auf Erhebung von Ausgleichsbeträgen bei „unwesentlichen Wertsteigerungen“ angeregt. 152 Die vorgetragenen Anpassungswünsche fanden erst im neuen BauGB 1987 Berücksichtigung. §§ Baugesetzbuch 1987 Die o.g. Anpassungswünsche verschiedener Interessenvertreter konnten nicht sofort in der Novelle des BBauG 1984 Berücksichtigung finden. 153 Seit der Regierungserklärung 1983 war ein Baugesetzbuch in Arbeit, in dem BBauG und StBauFG (endlich) vereint werden 149 Köpple/Schwantes 1977 S. 152 f. 150 Köpple/Schwantes 1977 S. 10 151 Köpple/Schwantes 1977 S. 17 und 19 152 in: Städtebauliche Erneuerung in Nds 1984 S. 11/12 (Soz.Mi. H. Schnipkoweit) ‚Städtebauliche Missstände’ sind noch heute gefordert. ‚Vereinfachte Verfahren’ bietet das BauGB an. 153 Die Novelle 1984 befreite von der Verpflichtung zur Aufstellung von qualifizierten Bebauungsplänen in den Sanierungsgebieten. Aus: Bielenberg/Krautzberger/Söfker 1994 S. 769 33 sollten. Mehrere Arbeitsgruppen und Sachverständige aus Ländern und Kommunen wirkten am BauGB mit. 1985 erfolgte eine Anhörung der kommunalen und anderen Spitzenverbände. 1986 wurde das Ergebnis eines Verwaltungsplanspiels mit nachfolgender Anhörung eingearbeitet. Am 1. Juli 1987 trat das BauGB in Kraft, das nun das Allgemeine und Besondere Städtebaurecht zusammenführte. Damit erfuhr die Stadterneuerung gemäß der Begründung zum Regierungsentwurf die Anerkennung als Daueraufgabe im Städtebau! 154 1988 wurden die Verwaltungsvereinbarungen zwischen Bund und Länder angepasst. 155 Seit 1990 verlagerte sich der Schwerpunkt der Städtebauförderung zugunsten der neuen Bundesländer. Dies führte zu Verzögerungen der Maßnahmen in den alten Bundesländern und forderte mehr kommunales und privates Engagement ein. Mit der Novellierung des BauGB 2001 können einem privaten Vorhabenträger (Investor) durch Vertrag städtebauliche Maßnahmen übertragen werden, um den öffentlichen Haushalt zu entlasten und damit er das Planverfahren selbst steuern kann. 156 2004 trat das Gesetz zur Anpassung des BauGB an EU-Richtlinien in Kraft, wie z.B. die ‚strategische Umweltprüfung.’ Weitere Neuregelungen betrafen die Einführung neuer Verfahren für Maßnahmen des ‚Stadtumbaus’ und der ‚Sozialen Stadt.’ 2007 wurden „durch das Gesetz zur Erleichterung von Planvorhaben für die Innenentwicklung der Städte mehrere Änderungen und Ergänzungen vorgenommen, die die Stärkung der Innenentwicklung von Städten und Gemeinden dienen.“ In § 13 a des BauGB ist insbesondere das ‚beschleunigte Verfahren für B-Pläne,’ die ‚Erleichterung der Planverfahren,’ wie z.B. Verzicht auf eine ‚förmliche Umweltprüfung’ und die ‚konzentrierte Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung’ zu nennen: „Die für die Innenentwicklung der Städte und die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung notwendige Schaffung und Sicherung zentraler Versorgungsbereiche wurde durch ein ergänzendes planerisches Steuerungsinstrument verbessert.“ 157 Im Jahre 2010 war der Fachkongress „50 Jahre Baugesetzbuch“ gleichzeitig Auftakt einer weiteren Novelle des Bauplanungsrechts. Dies teilte eine Pressemitteilung des zuständigen Bundesministeriums mit. Dabei sollen „vor allem der Klimaschutz und die Innenentwicklung“ gestärkt werden. „In einem Planspiel, das mit ausgewählten Planungsbehörden vor Ort durchgeführt wird, wird der Gesetzesentwurf auf seine Praxistauglichkeit überprüft werden.“ Grundlage der Novelle ist der ‚Ergebnisbericht’ von Bauplanungsrechtsexperten. 158 Bezüglich der Innenentwicklung wird im Expertenbericht zwar darauf hingewiesen, dass das BauGB jetzt schon „vielfältige Möglichkeiten“ dazu bietet. Die 2007 eingeführten 154 Bielenberg/Krautzberger/Söfker 1994 S. 431/432 und 768/769: Wesentlicher Anlass für das Gesetzesvorhaben war die Zusammenfassung des Allgemeinen Städtebaurecht (Bauleitplanung mit den begleitenden städtebaulichen Bestimmungen) und des Besonderen Städtebaurecht (Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen mit den unterstützenden Erhaltungssatzungen und Geboten). 155 Eine weitere Finanzierungsgrundlage durch das Strukturhilfegesetz seit 1989 wurde 1992 wieder aufgehoben (aus: Bielenberg/Krautzberger/Söfker 1994 S. 771) 156 Krautzberger/Söfker 2001 S. 4 und 10 f. Die Zusammenarbeit mit Privaten regelt das BauGB 2001 durch Städtebaulichen Vertrag (§ 11) u. Vorhaben- und Erschließungsplan (§12) i.V. eines vereinfachten Verfahrens. Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wurde ebenso seit 2001 in das BauGB integriert. 157 Krautzberger/Söfker 2007 S. 2 (bzgl. Novellierung 2004 und 2007) 158 Pressemitteilung BMVBS vom 10.11.2010 - E-Mail-Abo – Novelliert werden BauGB und BauNVO. Grundlage ist der Bericht der Experten: „Berliner Gespräche zum Städtebaurecht“ (Bericht vom 11/2010) 34 Instrumentarien – insbesondere das beschleunigte Verfahren - hat sich bewährt. Deshalb wird es nur um „punktuelle Ergänzungen und Erweiterung des vorhandenen Instrumentariums“ gehen – mit dem Ziel einer weiteren planerischen Entlastung und der Klarstellung (in § 5 (2) Nr. 2), dass im F-Plan „zentrale Versorgungsbereiche“ dargestellt werden können. Evtl. wird für die Innenentwicklung auch der „Umgang mit so genannten Schrottimmobilien“ von Bedeutung sein, der in § 179 zu konkretisieren ist. 159 Der Bericht über die ‚Berliner Gespräche zum Städtebaurecht “ bestätigt, dass sich das BauGB zusammen mit der BauNVO bewährt hat: „Damit besteht seit 50 Jahren ein stabiler Rechtsrahmen für öffentliche und private Investitionen sowie für die Ordnung und Entwicklung der Bodennutzung in unseren Städten und Gemeinden. Der Gesetzgeber hat diesen Rechtsrahmen auch als Reaktion auf die gesellschaftspolitischen Herausforderungen wie etwa der sozialen Wohnraumversorgung in den 1970er Jahren, der Deutschen Einheit 1990, der demografischen Entwicklung und des wirtschaftlichen Strukturwandels angepasst. Dafür wurden zeitgemäße Instrumente bereit- gestellt.“ 160 Die Städtebauförderung hat 2011 ihr 40-jähriges Jubiläum. Im November 2010 versprach der Bundesbauminister, dass sein Ministerium für Länder und Kommunen auch in Zukunft ein verlässlicher Partner sein wird. 161 Aktive Stadt- und Ortsteilzentren 162° 2008 haben Bund und Länder mit dem neuen Programm Aktive Stadt- und Ortsteilzentren die Städtebauförderung zielgerichtet ergänzt. 163 Dabei geht es um „Finanzhilfen zur Bewältigung struktureller Schwierigkeiten“ in den Zentren. Die Aufwertung des öffentlichen Raumes, der Erhalt der Stadtbaukultur, die stadtverträgliche Mobilität und die partnerschaftliche Zusammenarbeit werden im Programm als wichtige Ziele genannt: „Das Anliegen (Ziel) des Zentrenprogramms besteht darin, die stadtbaukulturelle Substanz, die städtebauliche Funktionsfähigkeit, die soziale Vitalität und den kulturellen Reichtum der Innenstädte, des Stadtteil- und Ortsteilzentren zu erhalten bzw. wiederzugewinnen.“ ° Zur Ausgangslage des Förderprogramms wird auf den Funktions- und Strukturwandel in den Städten und Gemeinden hingewiesen: „Sozialer, wirtschaftlicher, technischer und demografischer Wandel sowie die Entwicklung zur Informationsgesellschaft sind maßgebliche Rahmenbedingungen für die städtischen und gemeindlichen Zentren.“ ° 159 Berliner Gespräche zum Städtebaurecht 2010 S. 56 f. 160 Auszug aus Bericht der Festveranstaltung „50 Jahre BBauG/BauGB“ aus: Website: BMVBS 12/2010 161 Pressemitteilung BMVBS 12.11.2010 durch Bundesbauminister Peter Ramsauer 162 °Das Zentrenprogramm der Städtebauförderung wird anhand der Veröffentlichung des BMVBS über ‚Aktive Stadt- und Ortsteilzentren’ (2009) mit den nachfolgenden Zitaten erläutert. (Bundes-Logo ‚AZ’ aus: Website) 163 Städtebauförderprogramme sind: ‚Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen’ zur Beseitigung städtebaulicher Missstände, ‚Städtebaulicher Denkmalschutz’ zur Erhaltung des baukulturellen Erbes (seit 1991), das Programm ‚Soziale Stadt’ für benachteiligte Stadtquartiere (1999) UND der ‚Stadtumbau Ost und West’ (2001/2) für Anpassung, Umbau und Qualifizierung des städtebaulichen Bestandes. 35 Die Programmstrategie für die Zentren ist auf deren Funktionsfähigkeit zur Gesamtstadt und Region ausgerichtet und stellt die Identifikation der Bürger mit den Zentren heraus: „Vitale Zentren haben entscheidende Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Gesamtstadt und Region... Sie sind zugleich Identifikationsorte der Gesellschaft und Kristallisationspunkt für das Alltagsleben.“ ° Deshalb ist die Planung für die Zentrenentwicklung in eine „übergreifende, ganzheitliche Entwicklungsstrategie für die Gesamtstadt (wie integrierte Stadtentwicklungskonzepte, Zentrenkonzepte) sowie in stadtregionale Kooperationen und Konzepte (wie regionale Entwicklungskonzepte) einzubetten.“ Auf der Grundlage einer fundierten Bestandsanalyse werden Handlungsstrategien und –prioritäten entwickelt und ein Finanzplan erstellt. Das Fördergebiet ist - wie beim Sanierungsgebiet – förmlich durch Beschluss festzulegen. 164 Neu ist in diesem Programm die stärkere finanzielle Einbindung privaten Engagements durch die „Einrichtung eines Verfügungsfonds,“ der darauf abzielt, „private Finanzressourcen“ zu aktivieren und „finanzielle Mittel flexibler und lokal angepasster einzusetzen.“ Ein lokales Gremium entscheidet über die Mittel für Investitionen. Mindestens 50% der Mittel müssen aus privater Hand kommen. Ebenso neu ist, dass „das Zentrenprogramm nur eine Laufzeit von acht Jahren hat“ (2008-15). Bei der Erarbeitung eines städtebaulichen Entwicklungskonzeptes und der Abgrenzung des Fördergebietes ist der Planungsprozess „offen zu gestalten, um im laufenden Prozess die Betroffenen u. andere Akteure intensiv zu beteiligen und die Kooperation zu verstetigen.“ 165° Das Land Nordrhein Westfalen hat sich auf die neuen Anforderungen der Städtebauförderung ‚Aktive Stadt- und Ortsteilzentren’ wie folgt eingestellt: „Mit verschiedenen ineinander greifenden Instrumenten und Ansätzen unterstützt das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW die Kommunen bei dem Erhalt und der Entwicklung der Zentren. Hierbei ist die Gestaltung und Entwicklung des öffentlichen Raums und die Umsetzung baulicher Maßnahmen im städtebaulichen Bestand ein zentraler Ansatzpunkt. Wettbewerbe wie „Ab in die Mitte!“ und „Stadt macht Platz - NRW macht Plätze“ haben sich bewährt, um eine hohe Qualität in den Innenstädten sicherzustellen und eine gemeinsame Verantwortung öffentlicher und privater Akteure zu erreichen. Die Weiterentwicklungen des rechtlichen Rahmens mit den erneuerten und geschaffenen Regelungen des Landesentwicklungsprogramms, des Gesetztes über Immobilien- und Standortgemeinschaften [ISGG NRW] sowie des neuen Einzelhandelserlasses NRW tragen darüber hinaus dazu bei, funktionsfähige lokale und regionale Versorgungsstrukturen zu erhalten.“ 166 Durch das ‚Netzwerk Innenstadt’ unterstützt das Land NRW die Zentren ihrer Kommunen. Wie schon bei der AG Historische Stadtkerne spielt der vernetzte Erfahrungsaustausch der Kommunen in NRW eine große Rolle. 164 Das Fördergebiet wird nach § 171 (2) BauGB räumlich abgegrenzt. Alternativ kann die Abgrenzung als Sanierungsgebiet (§ 142), Entwicklungsgebiet (§ 165), Erhaltungsgebiet (§ 172) oder Gebiet ‚Soziale Stadt’ (§171) erfolgen. 165 ° Zitate aus: ‚Aktive Stadt- und Ortsteilzentren’ (Veröffentlichung des BMVBS 2009) 166 aus: Website Netzwerk Innenstadt NRW 11/2010 36 Netzwerk Innenstadt NRW 167 Seit 2009 besteht mit Unterstützung des Ministeriums für Bauen und Verkehr das ‚Netzwerk Innenstadt NRW’ als freiwilliger Zusammenschluss: „Aus der Praxis für die Praxis geben die (64) Städte und Gemeinden des Netzwerkes ihr Fachwissen über angemessene und erfolgreiche, aber auch weniger erfolgreiche Lösungsansätze zu unterschiedlichsten Problemstellungen und Themengebieten weiter. ... Eine wissenschaftliche Begleitung ermöglicht es darüber hinaus, auch modellhafte Lösungen für aktuelle Herausforderungen zu entwickelt.“ 168 Resümee Die historischen Stadtkerne sind ohne das heutige BauGB errichtet worden. Rechtliche Regelungen für den Städtebau 169 wurden erst mit den planlosen Stadterweiterungen seit der Industrialisierung gefordert. Seitdem sind über hundert Jahre vergangen, bis dass endlich in Deutschland der Entwurf eines Baugesetzes 170 im Jahre 1960 in Kraft trat. Die Frage, ob sich die Städte besser mit einem Städtebaurecht entwickelt hätten, löst nur Vermutungen aus. Der Rückblick auf die gesetzliche Entwicklung, insbesondere beim BBauG jedoch verdeutlicht, dass bis zur Rechtskraft eines Gesetzes ein sehr langer Zeitraum vergeht. Zunächst wird ein Gesetz gefordert, dann erarbeitet, mit den Betroffenen abgestimmt und danach mit politischen Mehrheiten beschlossen. Die Zeit dazwischen lässt viel Raum für Kreativität und auch Fehlentwicklungen. Die praktische Anwendung eines Gesetzes, neuere Erkenntnisse und Entwicklungen führen zu permanenten Novellierungen. Eine veränderte Entwicklung ist die Rückbesinnung auf die gewachsenen Innenstadtquartiere mit dem Ziel, die alte Bausubstanz und Maßstäblichkeit in den historischen Stadtkernen zu erhalten und deren Zentralität zu stärken. Dies beeinflusste das BBauG/BauGB, StBauFG, DSchG und die BauO der Länder. Diese Gesetze sicherten die Durchsetzung des geänderten Planungsverständnisses. Auf dieser gesetzlichen Grundlage basiert die formelle Stadtplanung, bei der als Akteure die Fachleute, Politik und begrenzt die betroffenen Bürger beteiligt sind. Eine weitere Entwicklung ist, dass sich im Laufe der Zeit neben der formellen Planung nach BBauG/BauGB eine informelle, prozessgesteuerte Planung entwickelte, wie schon im Kapitel zu den Leitbildern ausgeführt wurde. Dieses veränderte Planungsverständnis beeinflusste die 167 Logo ‚Netzwerk Innenstadt NRW’ aus: Website 11/2010 Appell des Netzwerks ist ‚Kurs Innenstadt NRW.’ 168 aus: Website Netzwerk Innenstadt NRW 11/2010: Grundlage ist eine Kooperationsvereinbarung vom 14.07.2009 zwischen Ministerium und Mitgliedern der AG (GF Stadt Bocholt). Zum Netzwerk gehören 64 Städte und Gemeinden (Stand 11/2010). Der freiwillige Zusammenschluss basiert auf die §§ 2 und 3 GkG NRW. Bad Salzuflen trat dem Netzwerk mit Dr. 147/2011 bei (LZ 155 vom 07.07.2011) 169 Müller, Wolfgang 1974 S. 1: Der Begriff ‚Städtebau’ wurde durch das Buch „Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen“ vom Wiener Architekten Camillo Sitte 1889 bekannt. Der Autor wandte sich gegen das Blockrastrum für Stadterweiterungen. 170 Müller, W. 1974 S. 29: Die ersten Versuche, eine Gesetzgebung für die städtebauliche Planung zu schaffen, begannen nach dem 1. Weltkrieg. 1918 wurde ein ‚Wirtschaftsplan’ (F-Plan) eingeführt. 1926 gab es den Entwurf eines Städtebaugesetzes, 1931 eines Reichsstädtebaugesetzes und 1942 eines Baugesetzbuches. Das damalige Vermischen zwischen Bauordnung und städtebaulicher Planung wurde 1954 durch ein Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Seitdem ist BauO Länderkompetenz und Städtebau Bundeskompetenz. 37 Novellierungen des BBauG/BauGB. 1976 wurde die Entwicklungsplanung eingeführt, im Baugesetzbuch 1987 wieder gestrichen zu Gunsten einer Rahmenplanung. 171 Gleichzeitig wurden die Beteiligungsverfahren gesetzlich immer stärker gefördert. Heute übernimmt die informelle Planung immer mehr die Rolle, bzw. die Moderation eines Stadtentwicklungsprozesses. Dabei können zu unterschiedlichen Themen unterschiedliche Akteure und/oder Interessengruppierungen beteiligt werden: „Die neuen ‚informellen’ planungspolitischen Verfahren ergänzen rechtsförmig verbindliche Prozesse.... Gerade bedeutsame raumbezogene Fragen zu Innovationen bedürfen... der öffentlichen Debatte, als Bedingung und Potential für die Entwicklung auf breiter Basis anerkannter und tragfähiger Lösungen. Zudem kann über die Konsensklausel das i.d.R. nachfolgende ‚formelle’ Planungsverfahren von möglichen Konflikten befreit und einer zügigen Festsetzung und Realisierung zugeführt werden.... Neue informelle Planungsverfahren stellen... eine Ergänzung und Unterstützung verbindlicher Verfahren dar.“ 172 Wie wichtig die Mitwirkungsbereitschaft der Bewohner und Eigentümer bei der Stadterneuerung ist, zeigt die Anstoßwirkung öffentlicher Maßnahmen - wie umgestaltete Straßen und Plätze oder erneuerte städtische Gebäude - für private Investitionen. Der eh. Stadtbaurat Hanns Adrian der Stadt Hannover stellte 1984 als das eigentlich wichtigste Ziel bei der Stadterneuerung Folgendes heraus: „Die Bewohner zu veranlassen, sich an ihren Stadtteil zu klammern, ihn zu verteidigen, aber ihn auch zu erhalten. Wir müssen erreichen, dass die Bewohner ihren Stadtteil lieben und ‚als ihr eigen’ ansehen.... Ein sanierter Stadtteil kann sich aus eigener Kraft weiter erhalten... Entscheidend ist nicht allein die Größe der Investition, sondern ein wachsendes öffentliches Bewusstsein für den Wert der historischen Stadtkerne.“ 173 Gerd Albers stellte in seiner Einführung zur Stadtplanung 1988 fest, dass sich „in der Entwicklung des Planungsrechts die wandelnden Auffassungen von der gesellschaftlichen Rolle der Planung, ihren sachlichen Aufgaben und ihren Regelungsinhalten“ spiegeln. Für ihn ist das Recht „das wichtigste Mittel zur Ordnung des menschlichen Zusammenlebens.“ Wenn vormals nur Grundeigentümer das Recht des Einspruchs hatten, so hat sich dies heute zugunsten der Allgemeinheit gewandelt: „Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich mit der Einsicht, dass alle Bürger von der räumlichen Entwicklung ihrer Gemeinde betroffen sind, ein Recht für jedermann durchgesetzt, zu einem Plan Anregungen und Bedenken geltend zu machen. In den siebziger Jahren trat dann die Erkenntnis hinzu, dass dem Bürger solche Gelegenheit zur Stellungnahme... schon früher gegeben werden müsse, damit sie schon in der Erarbeitung des Planes einbezogen werden können.“ 174 Wie wichtig zur Durchsetzung neuer Gesetzgebungen und Fördermodalitäten die Kooperation und Vernetzung unterschiedlicher Interessengruppen sind, zeigen die verschiedenen Arbeitsgemeinschaften in NRW, wie auch die bundesweit agierenden fachlichen Verbände. 171 Battis/Krautzberger/Löhr 1996 S. 40: Die Novelle des BBauG 1976 führte die städtebauliche Entwicklungsplanung in § 1 (5) ein. Im BauGB ist sie nicht mehr enthalten, da für sie als informelle Planung kein Regelbedarf bestand. Als informelle Planung wurde die ‚Rahmenplanung’ in § 140 Nr. 4 aufgenommen. 172 Kuder, Thomas 2004 S. 94 (Anmerkung: Das Beispiel ‚Stuttgart 21’ verdeutlicht die Notwendigkeit der intensiven Beteiligung) 173 Adrian, Hanns in: Städtebauliche Erneuerung in Nds 1984 S. 46 174 Albers, Gerd 1988 S. 7/8 38 Sie ersetzen heute immer mehr die nicht organisierten Initiativgruppen Einzelner, wie sie sich noch in den 1970er Jahren problem- und themenbezogen bildeten. Blick auf die Zukunft der Stadterneuerung Im Kapitel über die ‚Leitbilder und Planung’ wurde die Stadterneuerung aufgrund neuerer Entwicklungen und Anforderungen als Daueraufgabe angesehen. Demnach sollte die Förderung der Stadterneuerung im Sinne einer Weiterentwicklung und Anpassung an neue Rahmenbedingungen auf Dauer bestehen bleiben. Nachdem die Stadtentwicklung jahrzehntelang „wesentlich stärker durch das Steuerecht als durch das Baurecht geprägt“ und damit die „Suburbanisierung gefördert“ wurde, 175 sind die historisch gewachsenen Stadtquartiere im Sinne einer Reurbanisierung zukünftig verstärkt zu fördern. 2006 forderte ein Expertenkreis ‚Stadtentwicklung’ sogar eine „deutliche Aufstockung der Fördermittel. Ziel muss es sein, den Substanzverlust an kommunalen Infrastrukturvermögen aufzuhalten und die deutschen Städte als Wohn- und Wirtschaftsstandorte nachhaltig stärken.“ 176 Kommunen bangen jedoch nach jeder Wahl des Bundes oder Landes um die Fortführung der Förderung von Stadterneuerungsmaßnahmen. Auf einem Kongress im November 2010 unterstrich der Bundesbauminister die Wichtigkeit der Städtebauförderung durch den Bund: „Die Verkehrs- und Stadtentwicklungspolitik des Bundes wird in den Kommunen erst richtig anschaulich. Wenn durch Ortsumfahrungen die Innenstadt vom Durchgangsverkehr entlastet wird... oder wenn mit unserer Förderung städtebauliche Missstände im Quartier behoben werden, geht das auf eine Entscheidung auf Bundesebene zurück. Aber erst vor Ort werden diese konkret und erlebbar.“ 177 Die Kürzung der Städtebauförderung im Haushalt der schwarz-gelben Bundesregierung im Jahre 2011 - insbesondere beim Programm ‚Soziale Stadt’ – stimmt jedoch bedenklich: 178 „Der Mensch steht nicht mehr im Mittelpunkt der Maßnahmen... Das ist insbesondere ein Rückschlag für die Menschen, die sich wieder aufgemacht haben, ihre Nachbarschaft und ihren Stadtteil mitzugestalten und die Verantwortung für ihr Lebensumfeld zu übernehmen. Es geht um Bildung, Kultur und Integration und die Förderung unserer Zivilgesellschaft,“ schreibt die Opposition in ihrem Mitteilungsblatt ‚Die Kommunale’ in NRW, deren Regierung durch Aufstockung der Finanzhilfen ihre Kommunen nicht im Stich lassen möchte. 179 Im Jahrbuch ‚Stadterneuerung’ wird rückblickend festgestellt, dass sich die Mittelverteilung bei der Städtebauförderung zugunsten der neueren Programme ‚Aktive Ortsteilzentren’ und ‚Kleinere Städte und Gemeinden’ verschoben hat. Dies fördert die „überörtliche Zusammenarbeit und Bildung von Netzwerken,“ wie dies mit den Beispielstädten im „dünn besiedelten, ländlichen, von Abwanderung bedrohten oder vom demographischen Wandel betroffenen Raum“ im Kreis Lippe noch dargestellt wird. 180 175 Daldrup, Engelbert Lütke 2006 in: ‚Planung neu denken’ Bd. 2 S. 231 Gemeint ist die bundesfinanzierte Eigentumsförderung, Entfernungspauschale u.a.m. 176 Abschlussbericht Expertenkreis Stadtentwicklung 2006 S. 41 177 Pressemittelung BMVBS 19.11.2010 Äußerung von Bundesbauminister Peter Ramsauer auf dem Kongress der Kommunalpolitischen Vereinigung "Neue Kraft für Städte und Regionen" in Weimar. 178 DAB 12/11 S. 19 Reduzierung von 535 auf 455 Mill. € in 2011 u. 2012 auf 410 Mill. € plus 92 Mill. € für das Programm ‚Energetische Stadtsanierung’ (Staatssekretär Rainer Bomba vom BVBS) 179 Demo ‚Die Kommunale’ Nr. 4. 2010 S. 2 180 Altrock/Kunze/Schmitt/Schubert im: Jahrbuch Stadterneuerung 2011 S. 12 u. 13 39 2.4 Der Wandel der Akteure in der Stadtmitte „Die Städte selbst.. sind gleichsam der Niederschlag der geistigen Haltung eines Volkes, einer Zeit“ stellte Wolf Ortmann schon 1956 fest. 181 Deshalb sollte Stadtplanung die historischen Gegebenheiten berücksichtigen und gleichzeitig auf neue gesellschaftliche Veränderungen und Entwicklungen reagieren. „Städtebau und Stadtplanung wirken in alle Bereiche der Gesellschaft hinein. Die von der Gesellschaft ständig neu gestellten Aufgaben geben die wichtigsten Impulse zu ihrer Fortentwicklung und der notwendigen interdisziplinären Zusammenarbeit.“ 182 In der Auflösung unserer Städte spiegeln sich die gesellschaftlichen Aspekte wieder. Im Mittelalter „gehörte der Einzelne einigen wenigen Gemeinschaften an wie Familie, Nachbarschaft und Zunft,“ so genannte Primärgruppen. Der Individualismus unserer Zeit kennt diese Bindung und auch Verantwortung nicht mehr. So wie die traditionellen gesellschaftlichen Gemeinschaften zerstört sind, „so erscheint auch die Einheit der Stadt durch zentrifugale Kräfte aufgesprengt“ und das Stadtgefüge aufgelöst. Einzelne Gebäude haben oft „keinen Bezug zur umgebenden Bebauung.“ 183 Im Mittelalter bildeten Gebäude und Raum eine dreistufige Hierarchie und „die Gesellschaft war dementsprechend in drei Klassen eingeteilt: in Bürger, den Adel und den Klerus... Die Ordnung der Stadt entsprach damit genau dem Aufbau und den Wertvorstellungen der Gesellschaft.“ Die Entmischung der Nutzungen, die Zentren am Stadtrand, die Verlagerung von Schulen, Kindergärten in die Vororte u. a. m „spiegeln den Pluralismus unserer Gesellschaft“ wieder. 184 Dem Bedeutungsverlust der Primärgruppen steht eine „wachsende Zahl von... Sekundärgruppen“ gegenüber „beispielsweise am Arbeitsplatz, in der Schule, bei Sport und Hobby.“ 185 Diese verteilen sich oft über die ganze Stadt oder sogar Region. Für dieses soziale Netz besteht ein leistungsfähiges Verkehrsnetz, das Ausdruck der heutigen Mobilität ist. Hinzu kommt die „Globalisierung der Gesellschaft,“ z.B. durch internationale Beziehungen, Weltkonzerne, Urlaubsziele und Medien. 186 Als Soziale Folgen 187 sind die Entvölkerung der Wohnvororte und reinen Wohnsiedlungen tagsüber festzustellen. Schüler, Kinder und Mütter bleiben zurück. Abends erfreut man sich oft zuhause des Fernsehens. Die Jugend strömt am Abend vielleicht in Begegnungsstätten aus. Aus heutiger Sicht konnten die in Deutschland entstandenen Wohn- und Großsiedlungen, wie z.B. das Märkische Viertel in Berlin, das Ziel der Urbanität, Gemeinschaft und Kommunikation zwischen den Nachbarn nicht erreichen. In den Innenstädten und Einkaufszentren herrscht tagsüber großer Betrieb, nach Geschäftsschluss ist eher Ruhe. Auf den Straßen ist ebenso für wenige Stunden gewaltiger Verkehr, man sitzt isoliert im Auto, die Verkehrsstraße ist nicht mehr ein Ort der Begegnung. 181 Ortmann, Wolf 1956 S. 9 182 Hotzan, Jürgen 1994 S. 17 183 Meyer, Johannes 2003 S. 50 184 Meyer, Johannes 2003 S. 52 185 Meyer, Johannes 2003 S. 54 186 Meyer, Johannes 2003 S. 56 187 Meyer, Johannes 2003 S.59 f 40 „Allgemein wird die zunehmende Isolierung des Einzelnen, der Verlust des Gemeinschaftsgefühls, das früher von jeder Stadt ausging, heute als Verlust der ‚Urbanität’ bezeichnet.... Bereits gegen Ende der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts mehrte sich daher die Kritik an dem neuen städtebaulichen Leitbild.“ 188 Jane Jakobs forderte in ihrem oben schon erwähnten Buch ‚Tod und Leben großer amerikanischer Städte’ wieder eine größere Nutzungsmischung statt Trennung nicht nur in Baugebieten auch auf den Straßen. Ihre Forderung, alte und neue Gebäude zu mischen, kam nach 1973 mit der damaligen Öl- und Wirtschaftskrise zum Tragen. Der Bauboom ging in Westdeutschland zu Ende und die Bautätigkeit verlagerte sich auf die Innenstädte. Dort waren die Voraussetzungen für ihr Leitbild, das Vorhandene weiterzuentwickeln und dem sozialen Wandel anzupassen, gegeben. Die Ausdehnung der Städte in das Umland und die Stadtflucht wurde dadurch jedoch nicht gestoppt. Selbst die Eigentümer sind weiterhin aus den Innenstädten gezogen. Die meisten Menschen leben nicht mehr in den ‚Städten oder Orten,’ sondern in der Region, in den Zwischenstädten, in undefinierten Siedlungsräumen und in austauschbaren Gegenden ohne Raumqualität, Kultur und Identität. Neue Bewohner prägen in den Innenstädten das neue soziale Umfeld. Schulen und andere öffentliche Einrichtungen wurden ausgelagert. Dazu kommt der Rückgang des Handels in den Innenstädten, da der Kunde das Kaufangebot als unattraktiv und zu teuer bewertet. Er vermisst das Parkplatzangebot der Märkte auf den so genannten grünen Wiesen. Bei besonderen Events findet er dann allerdings doch den Weg in die Stadtmitte. 189 Die neue Stadtgesellschaft 190 Jahrzehntelang wuchsen die Städte durch Zuwanderung aus den umliegenden Dörfern oder auch Ländern. Diese heterogene, bzw. unterschiedliche Stadtgesellschaft auf engstem Raum war Grundlage für eine neue Stadtkultur, „die Differenz und Verschiedenheit förderte“ und woraus „Innovation“ entstand. Hartmut Häußermann nennt dies „die kulturelle Produktivität der Stadt,“ die vor allem in den Großstädten vorherrschte. „Im Unterschied zur ländlichen Lebensweise“ hatte sich in den Städten der „Lebensstil individualisiert:“ „Man kann sein Leben unabhängig von Nachbarn und Verwandtschaft organisieren, man kann seine sozialen Kontakte selbst wählen – es muss nicht der Nachbar sein, während es auf dem Dorf nur Nachbarn gibt.... Aus sozialer Distanz bei gleichzeitiger räumlicher Nähe ergibt sich der städtische Freiheitsraum, in dem sich differente Lebensstile, unterschiedliche Kulturen und Individualitäten entfalten können.“ 191 Mit der Suburbanisierung und der begleitenden dezentralen Entwicklung wurde die räumliche Dichte unserer Städte aufgelöst und die industrielle Verstädterung beendet. Verkehrs- und Kommunikationstechnik und die moderne Stadtplanung hat diese Auflösung unterstützt. Hartmut Häußermann gibt der europäischen Stadt und dem innerstädtischen Einzelhandel kaum noch eine Zukunft, wenn nicht entgegengesteuert wird: 188 Meyer, Johannes 2003 S. 60 189 s. Kap. 8 Strukturveränderungen im Einzelhandel, Wohnen u. in der Stadtgesellschaft 190 Logo ‚meinestadt’ aus: Website Bad Salzuflen 12/2010 191 Häußermann, Hartmut in: Die Zukunft der Europäischen Stadt (Hg. Koch/Frey) 2011 S. 24/25 41 „Für den wachsenden Bereich von Dienstleistungstätigkeiten ist der Standort nahezu beliebig wählbar geworden. Die ökonomische und technische Notwendigkeit von Stadt gehört der Vergangenheit an... Die Freiheitsgrade bei der Wahl des Wohnstandorts sind für die Mehrheit der Haushalte enorm gestiegen. Und nun kann sich soziale Distanz in räumliche Distanz umsetzen... In diesem Prozess scheinen sich die Überreste der europäischen Stadt allmählich aufzulösen.“ 192 Durch „Strategien für eine Revitalisierung, Reurbanisierung oder Rekonstruktion der europäischen Stadt“ ist dem „skizzierten Auflösungsprozess“ entgegen zu steuern. Die Stadtflucht mit dem Wunsch nach einem Eigenheim in die Suburbs ist zwar noch vorhanden, nimmt aber jetzt schon aufgrund fehlender Finanzkraft und neuer Wohnbedürfnisse ab: „Es gibt eine wachsende Zahl von Menschen, die diese Stadtqualitäten als Besucher und Bewohner nachfragen. Diese Nachfrage trägt die Aufwertung der Innenstädte als Erlebnisräume und der städtischen Wohnstandorte für den gehobenen Geschmack... Es sind die so genannten kreativen Berufe... mit sehr flexiblen Arbeitszeiten“ und mit Wohnen und Arbeiten unter einem Dach. 193 Nach Häußermann ist „das Wohnen im Umland im Eigenheim ein Hausfrauenmodell“ das in die heutige Zeit, in der immer mehr „beide auf eine qualifizierte Beschäftigung aus sind,“ nicht mehr passt. Dazu kommt der Besucher, der „Konsum- und Stadterlebnisse“ sucht. Hier liegen die Chancen für eine Reurbanisierung der europäischen Stadt. 194 Der wieder spürbare Rückzug in die Innenstädte in den letzten Jahren ist allerdings auch von einem regen Zu- und Fortzug überlagert. Einerseits wechseln Bürger beruflich Ihren Wohnort. Auf der anderen Seite gibt es immer mehr Berufe, die auf einen festen Wohnstandort nicht fixiert sind. Damit nimmt auch die Identifikation mit dem Wohnort ab. Als Wohnort sind immer mehr Städte bevorzugt, die optimale Wohnbedingungen bieten. „Aufgabe der Stadtpolitik ist es, die Stadtgesellschaft zusammenzuhalten. Wenn wir heute über Architektur und Städtebau reden, reden wir über ein Bild der Stadt... Wenn wir aber über die Kultur und die zivilisatorische Bedeutung der europäischen Stadt reden, müssen wir über ihre soziale Integrationskraft reden.... Nicht nur die Mitte der Stadt darf im Zentrum der Stadtentwicklungspolitik liegen, sondern auch ihre Ränder – und diese können mitten in der Stadt liegen.“ 195 Resümee: Wer sind heute die Akteure in einer Stadtmitte? Abb. 11 196 Akteure der Stadtmitte sind die Eigentümer und Nutzer von Wohn- und Geschäftshäusern, Interessengemeinschaften für z.B. den Einzelhandel und die Kunden bzw. Besucher. Daneben gibt es die Akteure für Veranstaltungen in der Stadtmitte, wie die Stadt selbst oder private Veranstalter. Letztere können z. B. Marktbetreiber oder Vereine wie die der Schützen oder des Einzelhandels sein: 192 Häußermann, Hartmut in: Die Zukunft der Europäischen Stadt (Hg. Koch/Frey) 2011 S. 27/28 193 Häußermann, Hartmut in: Die Zukunft der Europäischen Stadt (Hg. Koch/Frey) 2011 S. 29/30 194 Häußermann, Hartmut in: Die Zukunft der Europäischen Stadt (Hg. Koch/Frey) 2011 S. 30 195 Häußermann, Hartmut in: Die Zukunft der Europäischen Stadt (Hg. Koch/Frey) 2011 S. 35 196 Abb. Markt auf dem Salzhof; aus: Website Bad Salzuflen 12/2010 42 Diese privaten Akteure sind damit handels- und dienstleistungsorientiert. Für die Planungen zur Stadtmitte werden Fachleute engagiert, über deren Vorschläge die Verwaltung, fachkundige Behörden, die Politik und die Bürgerschaft allgemein diskutieren. Entscheiden dürfen nach der Gemeindeordnung und dem BauGB nur die politisch gewählten Stadträte. Die Verwaltung bereitet die Beschlüsse vor: Verwaltung und Politik stellen die öffentlichen Akteure dar. Seit den 1990er Jahren folgte ein Wandel der Planung von einer ‚Auffangplanung’ zur ‚Entwicklungsplanung,’ 197 die mit intensiveren Kooperationsformen zwischen öffentlichen und privaten Akteuren verbunden war. Gleichzeitig hat sich die Haushaltslage in den Städten verschlechtert, 198 da Bund und Länder auf die Kommunen immer mehr Aufgaben übertragen. Deshalb wird der Ruf nach Entwicklern und Privaten immer intensiver, für die sich verstärkt eine projektorientierte Planung, wie der vorhabenbezogene B-Plan nach BauGB, anbieten. Da die Stadtplanung immer nur eine Angebotsplanung ist, kann die Stadt die Realisierung der Planung selten selbst durchführen. Um die Innenstädte positiv weiterzuentwickeln, ist sie auf das bürgerschaftliche Engagement mit guten privaten Initiatoren und Investoren angewiesen. Anlehnend an das Kapitel des gesetzlichen Wandels ist hier noch einmal festzuhalten, dass seit über 50 Jahren ein stabiler Rechtsrahmen von Bund und Land bestehen, die gute Voraussetzungen für öffentliche und private Investitionen sowie für die Ordnung und Entwicklung der Bodennutzung in unseren Städten und Gemeinden, insbesondere in unseren Kernstädten bieten. Die Städtebauförderung hat sich seit 40 Jahren bewährt. Der Gesetzgeber hat den Rechtsrahmen und die Förderprogramme ständig angepasst. Als Reaktion auf die gesellschaftspolitischen Herausforderungen wie etwa der sozialen Wohnraumversorgung in den 1970er Jahren, der Deutschen Einheit 1990, der demografischen Entwicklung und des wirtschaftlichen Strukturwandels wurden zeitgemäße Instrumente bereitgestellt. Da jedoch die Möglichkeiten der öffentlichen Hand zur Lösung der Problematik nur begrenzt sind, stellt sich die Frage, ob es besser wäre, die Innenstädte aus der öffentlichen Hand in die Hände Privater bzw. der Interessenvertreter vor Ort zu übergeben. 199 Die Antwort auf diese Frage ist später bei den Handlungsstrategien zu finden. Dabei ist auch die schon o.g. These näher zu betrachten, ob mit dem Wachstum unserer Städte die Kernstädte die Verlierer sind, da der Handel diese nicht braucht und deren Bewohner und Kunden weniger werden: „Man wohnt in A, arbeitet in B, kauft ein in C und fährt durch D mit dem Auto. Also sehen sich Gemeinden Kunden gegenüber, die sehr spezifische Leistungen verlangen: von A ungestörtes Wohnen, von B einen expandierenden Arbeitsmarkt, von C genügend Parkhäuser an der Fußgängerzone und von D Schnellstraßen... (und) Städte... müssen... gleichzeitig alle Funktionen erfüllen.“ 200 Der Wandel der Stadtgesellschaft fordert neue planerische Handlungsstrategien heraus. 197 Siebel, Walter in ‚Planung neu denken’ Bd. 1 (Hg. Selle/Zalas) 2006 S. 201 198 Siebel, Walter in ‚Planung neu denken’ Bd. 1 (Hg. Selle/Zalas) 2006 S. 202 weist darauf hin, dass die Klagen über die kommunale Finanzmisere fast so alt sind wie die kommunale Selbstverwaltung. 199 vgl. Modell der Urban Entertainment Center, bzw. Immobilien- u. Standortgemeinschaften in NRW seit 2008 200 Siebel, W. 2004 S. 23 „Im Prozess der Suburbanisierung ist die Kernstadt der Verlierer.“ S. 37 „An die Stelle der... Kernstadt... tritt... ein regional u. dezentral organisiertes... Geflecht eigenständiger Gemeinden.“ S. 41 43 2.5 Die Stadt im Gleichgewicht ‚Balancity’ Im Kapitel über den Wandel der Leitbilder wurde ausgeführt, dass die Stadtmitte als wichtiger Lebensraum zur Balance der Gesamtstadt beiträgt. Der deutsche Pavillon ‚Balancity’ auf der Expo 2010 in Shanghai liefert hierzu ein ausgezeichnetes Beispiel: 201 Abb. 12 Der Deutsche Pavillon und seine Nachbarn 202 „Der Deutsche Pavillon trug den Namen ‚Balancity’ - ein Kunstwort aus ‚Balance’ und ‚City’ (eine Stadt im Gleichgewicht) und griff mit der Idee von einer Stadt im Gleichgewicht das Expo-Motto "Better City, Better Life" (Bessere Stadt, Besseres Leben) auf. Die Botschaft des Deutschen Pavillons lautete: Es ist durchaus erstrebenswert in einer Stadt zu leben, wenn sie sich in Balance befindet - im Gleichgewicht zwischen Erneuern und Bewahren, Innovation und Tradition, Stadt und Natur, Gemeinschaft und Individuum, Arbeit und Freizeit.“ 203 Nach Abschluss der Weltausstellung wurde der deutsche Pavillon mit dem ersten Preis für die Umsetzung des Expo-Themas "Better City, Better Life" ausgezeichnet. „Die Deutschen hätten mit ihrem Pavillon mit dem Namen "Balancity" überzeugend gezeigt, dass es erstrebenswert sei, in einer Stadt in Balance zu leben.“ 204 Die „Energiezentrale“ im Pavillon mit der Erdkugel im Kegel ist der „Key Visual von Balancity“ Abb. 13 Energiezentrale im Pavillon ‚Balancity’ u. Abb. 14 Erdkugel 205 201 Die Expo in Shanghai fand vom 01.05. bis 31.10.2010 mit 189 Aussteller-Ländern und 72 Mio. Besuchern statt. Durchführungsgesellschaft für den Deutschen Expo-Pavillon 2010 war die Kölnmesse International mit den Partnern Architekturbüro Schmidhuber + Kaindl, Bauunternehmen Nüssli und Kreativagentur Milla & Partner. 202 Abb. aus: Website expo2010-Deutschland ‚Balancity’ 19.03.2011 203 Newsletter 3/2009 BMWT und Kölnmesse International (als Pavillonbetreiber): „Der Besucher von Balancity begibt sich auf eine Reise durch eine Stadt der Ideen. Er bewegt sich wie in einer realen Stadt - zu Fuß, auf Rollbändern oder über Rolltreppen - durch unterschiedlich inszenierte Stadträume mit vielen Themen für ein besseres Leben in einer besseren Stadt... Angefangen beim Hafen geht es durch einen Garten und Park, über ein Stadtplanungsbüro und eine Fabrik, vorbei am Depot, dem Atelier und dem Stadtplatz bis in die Energiezentrale, das Kraftwerk der Stadt.“ (s. auch ‚Die Welt’ vom 30.04.2010) 204 Mitteilung der Kölnmesse International als Pavillon-Betreiber im Donaukurier und Stern 31.10.2010 205 Abb. ‚Balancity Energiezentrale’ Website: expo2010-Deutschland 19.03.2011; Foto ‚Erdkugel’ KS 8/2010 44 In einem Interview in der Stuttgarter Zeitung betont Johannes Milla die „inhaltliche Tiefe des Pavillons...(ist) kein erhobener Zeigefinger... kein Spektakel um des Spektakels willen, sondern immer inhaltliche und gestalterische Substanz. Auch die riesige Kugel, die die Besucher gemeinsam zum Pendeln bringen konnten, ist zwar eine Attraktion, aber sie sollte den Menschen verdeutlichen, dass sie als Gemeinschaft etwas bewirken können.“ 206 Menschen können in der Gemeinschaft auch etwas für ihre Stadt bewirken, wenn sie sich in ihr wohl fühlen. Sie fühlen sich in ihr wohl, wenn die Stadt in Balance, im Gleichgewicht ist. Dabei reicht es nicht, sich Wohlfühlstadt wie z.B. Bad Salzuflen zu nennen, die Stadt muss das Wohlfühlen widerspiegeln. Dann leben sie dort gerne und kommunizieren konfliktfrei miteinander und werden sich für die Weiterentwicklung ihrer Stadt einsetzen. 207 So wie der Mensch auf der „Suche nach der eigenen Mitte“ 208 ist, so sucht er (unbewusst) in der Mitte eines Raumes und einer Stadt eine Harmonie, denn „ es ist durchaus erstrebenswert in einer Stadt zu leben, die sich in Balance befindet - im Gleichgewicht zwischen Erneuern und Bewahren, Innovation und Tradition, Stadt und Natur, Gemeinschaft und Individuum, Arbeit und Freizeit,“ wie es der Expo-Pavillon ‚Balancity’ veranschaulichte. Das Expo-Thema bietet sich an, „Die Stadt im Gleichgewicht“ für diese Arbeit näher zu betrachten. Dieses Gleichgewicht war einmal in den historischen Stadtkernen und deren Mitte vorhanden. Das heutige Erscheinungsbild der Stadtmitte vieler Städte 209 ist eine Mischung historischer und moderner Architektur, die sich nicht immer harmonisch aneinanderfügen. Dazu kommen die Stadterweiterungen der Vergangenheit und die Entstehung neuer Zentralitäten, die zum Bedeutungswandel der Stadtmitte zur Gesamtstadt führten. Die Frage ist, wann die Stadtmitte und Gesamtstadt im Gleichgewicht sind. Wenn beim Wachsen einer Stadt deren Mitte oder Achse Bestand hat, bleibt die Stadt in ihrer Balance. Fehlplanungen und Fehlentwicklungen, die nur „aus der Reihe tanzen“ 210 sind dabei unproblematisch. Balancestörungen in der Stadt können z. B. durch folgende Faktoren ausgelöst werden: - Verkehrswege (Straße, Bahn, Wasser) mit störendem Verkehr und Lärm - Bauliche, gestalterische Störungen (Verfall, Verunstaltung) - Wirtschaftliche Störungen (Arbeitslosigkeit, Leerstände, Industriebrachen) - Soziale Störungen (Slum, Überalterung, Migranten) Zum Gleichgewicht einer Gesamtstadt trägt demnach die optimale Vernetzung ihrer Stadtteile und Zentren bei. 211 Die störungsfreie Vernetzung erfolgt z.B. über ehemalige Handelswege, neue Straßen und Wege mit Platzbildungen wie den Marktplatz und über die Stadterweiterungen mit Bahnhof, Schloss, Gewerbe- und Wohngebieten, Park- und 206 Interview mit Johannes Milla (Agentur Milla & P.) in Stuttgarter Zeitung (Anja Treiber) 03.11.2010 207 „Wenn wir uns unwohl, gestresst oder schwach fühlen, ist irgendetwas (in der Stadt) aus dem Takt geraten.“ aus: Salvesen/Brandes 2006 S. 13 208 „Nichts wünschen wir uns ...sehnlicher, als die eigene Mitte...zu finden.... Diese Sehnsucht beginnt schon mit dem Eintreten in die Welt. Mit der Geburt verlieren wir die schützende Geborgenheit in der Mitte unserer Mutter. Die ständige Bemühung, die eigene Mitte immer wieder zu finden, begleitet uns das ganze Leben.“ aus: Qigong, „Ins Reich der Mitte“ 2001 S. 8 209 Stadt im Sinne einer Gebietskörperschaft 210 „Wer in seiner Mitte ruht, kann auch mal aus der Reihe tanzen.“ aus: Qigong „Ins Reich der Mitte“ 2001; S.7 211 Zentren wie die Innenstadt, das Gewerbezentrum, die Zentren für Wohnen, Freizeit, Kultur, Schule usw. 45 Landschaftsräumen. Soziale und wirtschaftliche Strukturen, das Stadtbild und gesamte äußere Erscheinungsbild unterstützen dieses Gleichgewicht. 212 Wandlungen, Erneuerungen und Erweiterungen müssen eine Stadt nicht so ohne weiteres aus ihrem Gleichgewicht bringen. Sie bieten ihr sogar eine positive Weiterentwicklung, 213 wenn gemäß der Botschaft des Deutschen Pavillons „zwischen Erneuern und Bewahren, Innovation und Tradition, Stadt und Natur, Gemeinschaft und Individuum, Arbeit und Freizeit ein Gleichgewicht“ bewahrt wird. Damit liegt in der harmonisch geordneten Fortentwicklung der Schlüssel zur Stadtentwicklung. Die Mitte, das Zentrum eines Stadtraumes 214 steht dabei für Stabilität und Ausgeglichenheit. Dies ist offensichtlich der Fall, wenn sich das positive Erscheinungsbild einer Innenstadt bzw. Stadtmitte nach außen auf die Gesamtstadt und in die Region fortsetzt. Damit trägt ein positives Gesamtstadtbild wesentlich zur Stadtbalance bei. Nicht selten war die Landschaft für die Wahl eines Standortes für eine Stadt ausschlaggebend. Das Stadtgebilde und deren Erweiterungen wurden ebenso von Landschaftsformen bestimmt. In der Stadtlandschaft werden dabei die Häuser, deren Form, Höhe und Lage zueinander in Beziehung gesetzt. Der Mensch verändert damit sein Umfeld in enormem Maße. Naturkatastrophen, die aus diesen Veränderungen resultieren, lassen uns erkennen, dass es besser ist, Veränderungen immer im Einklang mit der Natur vorzunehmen. Im Themenpark auf der Expo 2010 wurde dies mit Eingriffen auf die Erdkugel demonstriert: Abb. 15 Mahntafel im Themenpark 215 Mit dem Satz „We have just one World“ wurde angemahnt, bei Veränderungen auf unserer Erde mit einer ganzheitlichen Betrachtungsweise alle Einflussfaktoren zu berücksichtigen. So wie der Mensch als Teil des Ganzen mit Allem verbunden ist, hat er bei Veränderungen das Gleichgewicht seines Umfeldes zu erhalten. Nur so kann das Gleichgewicht und die Harmonie einer Stadtentwicklung bewahrt werden. Ein Rückblick in die Baugeschichte verdeutlicht uns „die Erhabenheit und Harmonie mancher Sakralbauten und alter Kultplätze... Diese Orte machen deutlich, dass die Baumeister damals sehr wohl wussten, im Einklang mit den kosmischen Gesetzen zu bauen. Industrialisierung und Fortschrittsglaube haben einen Großteil des geomantischen Wissens (Punktierkunst) verschüttet, das erst langsam wieder entdeckt wird... Allgemeines Ziel der Geomantie ist die 212 Neben diesen städtischen „Energiequellen“ unterstützen noch die „Energien von außen aus der Erde, dem Wasser, den Pflanzen und dem Kosmos“ das Gleichgewicht der Stadt. aus: Salvesen/Brandes 2006 S. 11 213 Feng Shui Lexikon 2001 S. 31 „Einen Weg zu beschreiten heißt sich fortbewegen und im Fluss bleiben. Klarheit und Ordnung erleichtert die persönliche Wegfindung... Festhalten am Vergangenen bremst.“ 214 Feng Shui S. 19 „Die Mitte zu pflegen, sauber und aufgeräumt zu halten ist grundlegend für die Harmonie.“ 215 Abb. Foto ‚Mahntafel’ im Themenpark auf Expo Shanghai von KS 8/2010 46 Harmonisierung menschlicher Aktivitäten mit der Umgebung“ - wie z.B. in der Wohnung, Siedlung oder Landschaft. 216 Für die Wiederentdeckung der Punktierkunst können beispielhaft folgende zwei Projekte der 1. Regionalen NRW 2000 in Ostwestfalen-Lippe (OWL) 217 angesehen werden: (1) Bei der Landesgartenschau Aqua Magica in Bad Oeynhausen/Löhne wurden vom Architekten Henri Bava die unterirdischen Sole- und Wasseradern und die Flussläufe in der Landschaft als vernetzend betrachtet. Daraus entstand z. B. ein verbindender Soleradwanderweg in der Region. (2) Bei der Projektidee Poetische Landschaft in Bad Salzuflen wurden Orte in der Landschaft wie bei der Akupunktur gesucht, zu denen Dichter ein Gedicht verfassten und der Architekt Peter Zumthor für diese Gedichte dort ein „Haus“ entwarf. Resümee Die Betrachtung der Stadt im Gleichgewicht verdeutlicht, dass die Stadtmitte von zentraler Bedeutung für die Harmonie und Balance einer Stadt ist. Ein ausgewogenes Zentrum kann die Gesamtstadt mit ihren umliegenden Bereichen stabilisieren. Für die weiteren Untersuchungen wird für die Stadtmitte folgendes vorläufig fest gehalten: Die Stadtmitte in dieser Untersuchung ist mehr als nur die räumliche Mitte der Gesamtstadt. Sie bezieht die Aspekte der Akteure in der Gesamtstadt mit ein. Die Mitte ergibt sich aus der Vernetzung der räumlichen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten und dem Gleichgewicht dieser Aspekte. Durch die ständige Wandlung einer Stadtentwicklung können Verschiebungen dieser Mitte erfolgen. Abb. 16 ‚Balancity’ Expo 2010 218 Der Vergleich der Auswirkungen der veränderten Leitbilder auf die Stadtmitte mit den Ausführungen zur Stadt im Gleichgewicht wird die Bedeutung der Stadtmitte im anschließenden Kapitel für diese Arbeit konkretisieren. Am Beispiel der Stadt Bad Salzuflen wird die Entwicklung und Bedeutung der Stadtmitte für die Gesamtstadt vertiefend dargestellt. Weitere Beispiele vergleichbarer Städte werden die Bedeutung der Stadtmitte unterstreichen. 216 Die Punktierkunst war „im Mittelalter als Zweig der Geomantie in Europa... verbreitet.“ Heute bedeutet sie „das Erspüren verschiedener Energien und Kraftströme (der Erde), die an einem Ort vorherrschen und ihn prägen.“ (Geo = Erde, mantie = Deutung oder Wahrsagung) aus: Feng Shui Lexikon 2001 S. 107 217 Die Projekte wurden als Geschäftsführer der ‚Regionale Heilgarten 2000’ GmbH betreut. 218 Abb. ‚Balancity’ aus: Website expo2010-Deutschland 19.03.2011 47 2.6 Die Bedeutung der Stadtmitte für die Gesamtstadt Die heutigen Probleme in den Stadtkernen von Mittelzentren können durch den Wandel der Bedeutung der Stadtmitte für die Gesamtstadt verdeutlicht werden. Wenn die Bürger vor den Gebietsreformen der Bundesländer sagten: „Heute gehe ich in die Stadt,“ dann meinten sie das Aufsuchen der historischen Altstadt oder Innenstadt aus den umliegenden Wohngebieten oder Ortschaften. Seit den Eingemeindungen der umliegenden Orte verschwand zunehmend der Unterschied zwischen Dörfern und Stadt. Seitdem wohnt die Mehrzahl der Menschen in den Städten. 219 Der Begriff Stadt bezieht sich heute auf die neue Gesamtstadt und für die Stadtmitte werden die unterschiedlichsten Bezeichnungen wie historischer Stadtkern, Altstadt, Innenstadt, Zentrum oder City verwendet. In Meyers Lexikon wird der Begriff City 220 einer Großstadt zugeordnet oder City als Bezirk 221 für eine bestimmte Kategorie der Stadtmitte erklärt, die durch Konzentration von Dienstleistungsbetrieben, Geschäften und Büros, hohe Arbeitsplatz- und Verkehrsdichte, hohe Bodenpreise und Mieten und starken Rückgang der Wohnbevölkerung gekennzeichnet ist. Dies entspricht der Feststellung von Hans Paul Bahrdt, dass mit dem Begriff City „die Deutschen... den innersten Kern einer sehr großen Stadt meinen,“ in dem „das innerstädtische Leben kulminiert“ und der – als Idealkonstruktion – „die zentralen sozialen, kulturellen und ökonomischen Funktionen... aufnimmt.“ 222 In der Zwischenzeit wird der Begriff City auch für die Innenstädte mittlerer und kleinerer Städte verwendet. Schon 1974 bezeichnete Wolfgang Müller im Fachbuch zum Städtebau 223 die Mitte einer Gesamtstadt als City und ordnete den umliegenden Wohnbezirken ein Zentrum der Nahversorgung zu, da die Mitte der Gesamtstadt oft weiter entfernt liegt. Jürgen Hotzan 224 verwendet im Jahre 1994 in seinem Städteatlas den Begriff Mitte synonym. Die Stadtmitte ist mehr geometrisch, der Stadtkern mehr historisch und das Stadtzentrum als funktionale Mitte definiert. Im Internet finden sich unter Eingabe des Begriffs ‚Stadtmitte’ oder ‚Innenstadt’ Angebote für Events, Vereine, Institutionen etc. Bei Wikipedia wird Stadtmitte als Synonymbegriff für die Innenstadt verwendet und weist beispielhaft auf einige zentral gelegene Stadtbezirke/Ortsteile einiger Städte durch Verlinkung hin. Diese unterschiedlichen Erläuterungen verdeutlichen, dass mit dem Funktionswandel auch ein begrifflicher Wandel für die Mitte einer Stadt erfolgte. Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht, Hannover erläuterte in einem Vortrag zur Stadtentwicklung den City-Begriff wie folgt: Der City-Begriff „bezeichnet im Englischen City eine Rangstellung vor Town, zuerkannt durch besondere ... Funktionen, die der Bischofstadt... (und) der Selbstverwaltung.“ Im 19. Jh. wurde „mit Industrialisierung, Städtewachstum und Verkehr die City... zum Begriff für die Geschäftsstadt schlechthin; das alte Zentrum mit Stadtkirche, Rathaus und Markt wird (= sinkt 219 Wikipedia ‚Stadt u. Verstädterung’ 15.11.2011: BRD-Stadtbevölkerung betrug um 1800 25% u. 2005 85%. 220 Meyers Großes Handlexikon 1997 S. 160 definiert die City als Stadtkern einer Großstadt. 221 In Meyers Großes Taschenlexikon 1981 Bd. 4 S. 327 ist die City ein Bezirk für die Stadtmitte mit der Konzentration von Handel, Dienstleistungen etc. 222 Bahrdt, Hans Paul 1973 S. 176 u. 177 223 Müller, Wolfgang 1974 S. 171 u. 172: „Etwa in der Stadtmitte wurde ein Rechteck des Rasters für den Markt ausgespart... der oft in seiner Mitte das Rathaus ... enthält.“ S. 462/3 „Genauso, wie das Wohnviertel seinen Mittelpunktsbereich braucht, benötigt auch die gesamte Stadt ihre City.“ 224 Hotzan, Jürgen in: dtv-Atlas zur Stadt 1994 S. 171 48 ab) zur ‚Altstadt’ ... Der Citybegriff wird mit ‚pulsierendem’ (Geschäfts-)Leben identisch... Die Amerikaner sprechen deshalb konsequent von Central Business District (C.B.D.)... (und) die Ableger shopping centers... (und das Areal) C.A.D. = Central Administration District... und einen dritten City-Typ... das Verwaltungszentrum.“ 225 Rudolf Hillebrecht stellte auch fest, dass „die Nachfrage des Städters nach ‚seinem’ Zentrum nachlässt“ und dies zum „Verlust der Stadtmitte“ bzw. zur „stadtlosen Stadt“ führt. Er fragte nach den zukünftigen „zentralen Funktionen“ und war überzeugt, dass „das wichtigste Wesensmerkmal der Stadt ihre Mitte, ihre anschaubare, begreifbare Mitte, die anzieht und ausstrahlt“ ist. 226 - - - Im Weiteren wird der Begriff Stadtmitte verwendet, für die nun versucht wird, die heutige Bedeutung für die Gesamtstadt anlehnend an die vorangegangenen Kapitel zu finden: Benevolo 227 stellte bereits fest, dass sich die Rahmenbedingungen für die Mitte einer Stadt seit ihrer Gründung bis heute verändert haben. Handel und Stadt standen früher in einer unproblematischen Beziehung - Wohnen, Arbeiten, Handel und Freizeit gehörten zusammen. Durch die baulichen Erweiterungen ins Umland (Suburbanisierung) zu den heutigen Städten waren die historischen Stadtkerne seit ihrer Gründung immer wieder Veränderungen unterworfen und mussten sich den Erfordernissen der jeweiligen Epoche anpassen. Durch die Kritik der Fachleute an der städtebaulichen Entwicklung während der Industrialisierung, entstand die Idee der Funktionstrennung (Charta von Athen), die Wohnen, Arbeiten, Handel und Freizeit trennten und die Suburbanisierung und Entvölkerung der Innenstädte weiterhin förderte. Der Handel braucht die Stadt und deren Mitte immer weniger. Nach dem 2. Weltkrieg unterstützten erneute Kritiken und die demokratische Entwicklung die Diskussionen zur städtebaulichen Entwicklung und das Umdenken von der Suburbanisierung zur Wiederentdeckung der historischen Stadtkerne, bzw. Stadtmitten. Die parallel entwickelte Gesetzgebung für den Städtebau half bei deren Durchsetzung. Viele Innenstädte entwickelten sich somit zu attraktiven Zentren mit Einkaufen, Dienstleistungen, Kultur- und Stadtveranstaltungen für die Bewohner der umliegenden Region. Die ganzheitliche Betrachtung der Stadt führte ebenso zu der Feststellung, dass beim Wachsen der Städte ins Umland deren ursprüngliche, historische Mitte einem ständigen Wandel unterliegt und eine neue Bedeutung bekommt. Die neu entstandenen Zentren der Stadterweiterungen haben zum einen Auswirkungen auf die Gesamtstadt und zum anderen auf den Stadtkern, der zunehmend Probleme hat, als ‚Stadtmitte’ das Gleichgewicht für die Gesamtstadt zu erhalten. „Die kommunalen Gebietsreformen (haben)... die innerstädtischen Entwicklungsbedingungen in den Kommunen wesentlich verändert. Mit der Eingemeindung zahlreicher kleiner Gemeinden stellt sich für die Mittelstädte das Problem der dezentralen Entwicklung von Versorgungszentren... Als... positiv zu wertende Konsequenz der Verwaltungsreformen ergibt sich die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Neuüberdenkung der kommunalen Entwicklungsziele für die Gemeinden selbst.“ 228 225 Hillebrecht, Rudolf 1975 S. 235-236 226 Hillebrecht, Rudolf 1975 S. 233, 234 u. 235 227 Benevolo, Leonardo 2000 S. 327 f s. Kap. 2.2 ‚Wandel durch Leitbilder und Planung’ 228 Köpple/Schwantes 1977 S. 23 49 Ein ganzheitliches Gleichgewicht besteht, wenn eine Stadt nach Veränderungen, wie z.B. nach einer Gebietsreform noch in Ihrer Balance ist, wie das Kapitel Die Stadt im Gleichgewicht verdeutlicht. Hierbei wurde festgestellt, dass die Stadtmitte von zentraler Bedeutung für die Harmonie der Gesamtstadt ist. Daraus wurde gefolgert, dass mit einem ausgewogenen Zentrum ein gesamter Stadtkörper stabilisiert werden kann. Der Vergleich der Leitgedanken zur Stadtbalance mit den Leitbildern für die Stadtmitte zeigt deckungsgleiche Ansätze. Eine wesentliche gemeinsame Forderung ist, dass Veränderungen immer im Einklang mit der Natur vorzunehmen, dass dabei Disharmonien zu vermeiden und dass ganzheitliche Betrachtungsweisen notwendig sind. Deutlich wird dies bei den Forderungen von Göderitz, Rainer und Hoffmann. Sie empfahlen ein zellenhaftes Erweitern der Stadtkörper, die Gliederung in überschaubare Stadteinheiten mit einem Eigenleben und gut funktionierender Nachbarschaft, ähnlich wie bei den historischen Stadterweiterungen mit einer Neustadt oder Tochterstadt. Dabei ist die Stadt nicht in einzelne Kleinstädte zu zerlegen, sondern der Gesamtorganismus Stadt ist zu erhalten. Für die Fachwelt steht fest, dass „die Innenstädte die soziale, wirtschaftliche, kulturelle und politische Mitte der Stadt sind.“ 229 Ihre zentralen Funktionen sind heute Dienstleistungen, Versorgung, Handel, Gastronomie, Kultur, Stadtveranstaltungen und Erlebnis. Deshalb gibt es seit den 1970er Jahre über die Städtebauförderung, die Denkmalpflege und seit 2008 über das Förderprogramm ‚Aktive Stadt- und Ortsteilzentren’ öffentliche Zuschüsse für Maßnahmen zur Aufwertung der Innenstädte. Als „übergeordnete Ziele sind dabei die Stärkung des zentralen Versorgungsbereiches, die Erhaltung und Verbesserung der Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt für Bewohner und Gäste sowie die Förderung der Stadtkultur durch qualitätsvolle Neubebauung oder Umgestaltung öffentlicher Flächen.“ 230 „Die Innenstadt, das Zentrum, ist quasi Aushängeschild und Imageträger einer Stadt und der eigentliche Identifikationsbereich für die Bewohner der Stadt als Ganzes. Sie soll sich deshalb in ihren Funktionen, Nutzungsmischungen und räumlicher Verdichtung von den umliegenden Stadtquartieren abheben.“ 231 Erschwert wird das Ziel der Stärkung der Stadtmitte durch außerhalb liegende konkurrierende städtebauliche Bereiche, schlechte Erreichbarkeit, gestalterische Missstände, Leerstände und fehlende Identifikation der Bürger mit ihrer Mitte. Letzteres hat sich mit den Gebietsreformen dann verschlechtert, wenn „die Gemeindezusammenschlüsse“ nicht „auf freiwilliger Grundlage... vorgenommen wurden“ und die Gemeinden keine „Gemeinsamkeiten“ haben. 232 Weiterhin wird „die tragende identitätsstiftende Rolle“ der Stadtmitte dadurch erschwert, dass dort heute nicht mehr „alle wesentlichen gesamtstädtischen wichtigen Institutionen vereinigt sind... Trotzdem braucht jede Stadt eine Mitte, die für das Wesen einer Stadt steht... Die Stadtbevölkerung braucht einen räumlichen Bezugspunkt als Garant der zeitlichen Kontinuität und Beständigkeit ihrer Heimat: Die Mitte stellt dies dar.“ 233 Für Le Corbusier war „Städtebau ein soziales Ordnungsprinzip par exellence, ist Urausdruck der materiellen und geistigen Gegebenheiten einer Epoche.“ - Deshalb mahnte er schon 1945 mit Blick auf den Wiederaufbau: „Das Herz der Stadt“ ist mit „Sicherungsmaßnahmen... 229 Nationalbericht der BRD 2001, S. 53 230 aus: Städtebauliches Entwicklungskonzept ‚Aktive Innenstadt Bad Salzuflen’ 2009 S. 8 231 Streich, Bernd 2011 S. 285 232 Ackermann, Rüdiger 1973 S. 83 233 Schöffel, Joachim 2003 S. 252, 256 u. 257 50 ...wieder aufzubauen.“ Damit meinte er insbesondere den Verkehr auszuschließen, der seiner Meinung nach die Harmonie in den Städten damals schon zerstörte: „Das Herz der Stadt wird damit erneuert, zu gesünderem Leben erweckt, gleichzeitig vor Störungen bewahrt.“ 234 Reichow bezeichnete die Stadtmitte sogar als „Herz und Hirn der Stadt“ und Seidensticker forderte auch, „dass das Herz unserer Städte wieder gesundet und pulsiert durch Umbau.“ 235 Dies sieht auch heute die Bundesregierung in ihrem Weißbuch Innenstadt so, in dem sie im Vorwort vom Herzen einer Stadt spricht und dessen Multifunktionalität hervorhebt, wie: Marktplatz Innenstadt - Wohn- und Lebensraum Innenstadt - Mobilität und Innenstädte - Innenstadt als Ort der Integration und kreative Innenstadt mit Kultur, Kunst und Erlebnis. 236 Für die Stadtmitte wird der Begriff Innenstadt verwendet und in die „innere Stadt“ unter Einbeziehung der Randbereiche und in größeren Städten die Einbeziehung der Ortsteilzentren unterschieden. Bei größeren Städten werden die Begriffe City, Cityrand, Innenstadtrand, Stadtrand und Nahbereich verwendet. 237 Für dieses Herz einer Stadt werden potenzielle Maßnahmen empfohlen, auf die hier nicht im Einzelnen eingegangen werden. Sie decken sich jedoch mit der folgenden Definition. Als Bedeutung der Stadtmitte für diese Untersuchung wird Folgendes fest gehalten: Die Stadtmitte in dieser Untersuchung ist mehr als nur die räumliche Mitte der Gesamtstadt. Sie bezieht die Akteure der Gesamtstadt mit ein. Die Mitte ergibt sich aus der Vernetzung der räumlichen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekte und dem Gleichgewicht dieser Aspekte. Durch die ständige Wandlung einer Stadtentwicklung können Verschiebungen dieser Mitte erfolgen. Demnach kann ein historischer Stadtkern, eine Innenstadt, ein Stadtzentrum oder auch eine City die Mitte für eine Stadt sein. Der Geltungsbereich für die Stadtmitte definiert sich aus den örtlichen Gegebenheiten. Die Anstrengungen der letzten Jahrzehnte um die Wiederherstellung der urbanen Grundzüge der historischen Stadtkerne im Sinne einer Reurbanisierung und eines Gleichgewichtes für die Gesamtstadt unterstützen das Ziel, dass mit dem Wachstum unserer Städte die Stadtmitten nicht die Verlierer sind. Die Bedeutung und Entwicklung der Stadtmitte wird in den folgenden Kapiteln am Beispiel der Stadt Bad Salzuflen veranschaulicht. Wie Städte ihre Mitte definieren, verdeutlichen die Beispiele der City-Offensive ‚Ab in die Mitte.’ Durch den selektiven Vergleich mit weiteren polyzentrischen Städten und durch die Gegenüberstellung verschiedener Entwicklungsaspekte werden Handlungsstrategien für die Stadtentwicklung beurteilt. 234 Le Corbusier 1945 S. 15 u. 68 235 Reichow, H.B. 1948 S. 97 und Seidensticker, W. 1967 S. 112 236 Weißbuch Innenstadt 2011 S. 12 f. 237 Weißbuch Innenstadt 2011 S. 11 51 3. DIE ENTWICKLUNG DER ‚MITTE VON BAD SALZUFLEN’ 3.1 Entwicklung vor der Gebietsreform Da Bauen immer ein Weiterbauen ist und auf den Ort einer Geschichte aufbaut und die Geschichte nicht ignoriert werden darf, ist hier ein kurzer Rückblick auf die Entwicklung von Bad Salzuflen vor der Gebietsreform unumgänglich. Abb. 17 Bad Salzuflen: Lage im Naturpark Teutoburger Wald 238 Bad Salzuflen ist eine gewachsene Stadt, die sich im Mittelalter seit einer dauerhaften Besiedlung entwickelte. Die Stadt liegt eingebettet im lippischen Bergland mitten in Deutschland auf einer ca. 100 qkm Fläche und hat heute ca. 54.000 Einwohner. 239 Der Ursprung ist die Salzgewinnung im 11. Jh. auf dem heutigen Salzhof und der Betrieb mehrerer landwirtschaftlicher Höfe in unmittelbarer Umgebung. Weitere Besiedlungen erfolgten zunächst topographisch angepasst oberhalb des Flussbettes der Salze. Nach der Soester Fehde (1447) erfolgte der Bau der Stadtmauer. Der Stadtgrundriss hatte klare geschlossene Stadträume und hierarchisch gegliederte Straßenansichten. Mit dem Stadtrecht (1488) wurde Bad Salzuflen „Mittelpunkt des Handels... die Stadt hat einen Markt, ist von Befestigung umgeben und bildet einen besonderen Gerichtsbezirk.“ 240 238 Abb. Naturpark Teutoburger Wald aus: Website Kreis Lippe 12/2010 239 Bad Salzuflen liegt zwischen dem Teutoburger Wald und dem Wiehen- und Wesergebirge. Im Haushalt 2011 steht zur Einwohnerzahl: Stand Volkszählung 25.05.1987: 50.588 EW, Fortschreibung 31.12.2010: 53.893 EW. 240 Buhr, Ernst 1922 S. 53 und s. Plan 1883 von Büro Beltz/Sittig (1992) 52 Abb. 18 Plan: Besiedlung Altstadt Salzuflen bis 1883 (Beltz, Sittig u. P. 1992) Im Rahmen der Industrialisierung und Bäderentwicklung lösten sich die Stadtgrenzen auf. Es entstanden neue Siedlungsräume, neue Verkehrsachsen und der Kurpark. Produktions- und Badebetriebe prägten das Stadtbild mit. Durch die Zunahme der Arbeitsplätze, Bevölkerung und Kurgäste erfolgten planlos Stadterweiterungen, die Ernst Buhr in seiner Dissertation 1922 kritisierte: „Die Stadtverwaltung ließ... erforderlichen Weitblick nicht erkennen.“ 241 Die „schematischen Fluchtlinienpläne... die für die Stellung der Gebäude und den Zugang zu Häusern“ dienten, 242 waren noch keine städtebaulichen Pläne. Ein besonderer Konflikt entwickelte sich aus dem Verhältnis Bad und Hoffmann Stärkefabrik. Dazu schreibt Buhr, die „Industrialisierung... schadet... dem Badebetrieb.“ 243 Abb. 19 Stadtplan Salzuflen um 1910 mit Bahnhof und Kurpark (Pharus Plan aus Meyer, Franz) 241 Buhr, Ernst 1922 S. 125 242 Buhr, Ernst 1922 S. 127 243 Buhr, Ernst 1922 S. 148 „Zwischen 1850-83 erfolgte eine Ausdehnung auf der westlich. Seite der Stadt (mit einem) Neumarkt. In dieselbe Zeit fällt die schrittweise Schleifung der Stadtmauern.“ Meyer, F. 2007 S. 241 53 Als weitere städtebauliche Fehlentwicklungen nannte Buhr die außerhalb liegende Lage des Bahnhofs und den Standort der katholischen Kirche, die besser auf einer Anhöhe platziert wäre. 244 Kritisiert wurde von ihm auch, dass die Stadt seit 1913 Eigentümer des Salzhofes ist, aber die „Gelegenheit verpasst hat, diesen Platz frei zu legen.“ 245 Dies erfolgte ab Frühjahr 1926. Mit der Zunahme des Verkehrs war der Salzhof zunächst vorrangig Verkehrsfläche mit Bushaltestellen und Parkplätzen. Für den Wochenmarkt war dort nun ausreichend Platz. 246 Buhr kritisierte weiterhin „Eigennutz u. Profitgier vieler einflussreicher Grundbesitzer... ohne Rücksicht auf die Interessen der Allgemeinheit... in vielen Fällen den Spekulanten gegenüber machtlos... Ein solcher Zustand bedingt scharfe Maßnahmen und diese ergeben sich aus der Einführung eines einheitlichen... Bebauungsplanes mit zugehöriger Bauordnung, die den volkswirtschaftlichen, rechtlichen und politischen Gesichtspunkten ebenso entsprechen müssen, wie den künstlerischen Forderungen.“ 247 Buhr folgerte: „Deshalb ist es notwendig, den Auf- und Ausbau des Stadtkörpers nicht dem Spiel des Zufalls zu überlassen... wie man es in Salzuflen getan hat, sondern nach einem festen, wohl durchdachten Plan zu leiten.“ 248 Den von Stadtbaumeister Buhr vorgeschlagene Gesamtbebauungsplan erstellte 1924 das Stadtbauamt und 1929 wurde von der Landeregierung ein Generalbebauungsplan von Prof. Dr. Vetterlein (Hannover) genehmigt. 249 Schon damals wies Buhr darauf hin, dass es beim Städtebau wichtig ist, den gesamten Stadtkörper zu sehen. Dabei ergeben sich „fast gesetzmäßige Richtlinien... für die Gegenwart“ aber auch für die „Zukunft.“ 250 Die Planung von Buhr zielte darauf ab, das Straßensystem verkehrsgerecht, 251 aber auch für den Badeort geeignet neu zu ordnen, zwischen den Nutzungen zu differenzieren, die Gestaltung an den Charakter der Landschaft anzupassen und die Stadt zu durchgrünen. 252 Um weiteren Verunstaltungen vorzubeugen, schlug Buhr damals schon einen „Beirat für Stadt- und Straßenbild“ vor. 253 Ein weiterer Vorschlag war ein städtischer „Grundstücksfonds“ mit dem Ziel „Spekulationen zu verhindern und Preise niedrig zu halten“ mit Hinweis auf den Fonds der Stadt Hildesheim seit 1911. 254 „Das bestmögliche im Städtebau wird nur durch eine aktive kommunale Bodenpolitik erreicht.“ 255 „Vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte Salzuflen eine nie zuvor gekannte Bautätigkeit, welche die Stadt binnen weniger Jahrzehnte über ihre mittelalterlichen Stadtmauern hinaus wachsen ließ.“ Die Bevölkerung wuchs bis 1900 sprunghaft von 1726 auf 5396, da sich der Badebetrieb weiterentwickelte und der „wichtigste Industriebetrieb der Stadt, die 1850 gegründeten Hoffmann’s Stärkefabriken... vor den Toren der Stadt auf dem 244 Die katholische Kirche wurde nach dem 2. Weltkrieg in den 1950er Jahren auf einer Anhöhe errichtet. Die bessere Anbindung des Bahnhofes an die Innenstadt war Thema bei der City Offensive ‚Ab in die Mitte’ 2008. 245 Buhr, Ernst 1922 S. 171/172 246 s. Kap. 2.2 Fallbeispiel ‚Salzhof’ der heute als historische Stadtmitte ein attraktiver innerstädtischer Platz ist. 247 Buhr, Ernst 1922 S. 150/151 248 Buhr, Ernst 1922 S. 153/154 249 Meyer, Franz 2007 S. 286 Der Gesamtbebauungsplan 1924 u. der Generalbebauungsplan 1929, dessen Genehmigung der Verwaltungsbericht 1929 erwähnte, sind nicht auffindbar. Im Anhang ist ein Plan von 1928. 250 Buhr, Ernst 1922 S. 155 251 Buhr, Ernst 1922 S. 167/8 252 Buhr, Ernst 1922 S. 164 u. 166 253 Buhr, Ernst 1922 S. 177 254 Buhr, Ernst 1922 S. 184 255 Buhr, Ernst 1922 S. 188 54 Wege nach Schötmar angelegt“ wurde. Das Unternehmen wuchs zum Weltunternehmen mit über 1000 Beschäftigen. „Ein Großteil der Arbeiterschaft... wohnte bis nach der Jahrhundertwende auf dem Werksgelände“ in sog. Kasernen. Da sich ansonsten zunächst „kaum nennenswerte Industrie ansiedelte“ spielte der verdichtete Wohnungsbau, wie in anderen Städten, „keine nennenswerte Rolle... Wesentlich größeren Einfluss auf die Bautätigkeit und die Stadtentwicklung verursachte hingegen der Aufschwung des Bades.“ 256 Abb. 20 Villen in der Parkstraße Nr. 19, 36-40, Moltkestraße Nr. 2+2a, 6+6a u. Augustastraße Nr. 7 „So entstanden vor dem Ersten Weltkrieg rund um den alten Stadtkern neue Straßenzüge... die vornehmlich durch villenartige Pensionsbauten (s. Abb.) geprägt waren.“ 257 In weniger als hundert Jahren hat die Stadt Bad Salzuflen in städtebaulicher Hinsicht gravierendere Veränderungen als je zuvor erfahren. „Ähnlich wie in anderen Städten entstanden auch hier neue Stadtviertel mit Wohnbebauung, welche die mittelalterliche Kernstadt an Größe übertrafen und sich weit in die früheren Feldmarken hinein ausdehnten.“ 258 Abb. 21 Luftbild Bad Salzuflen: Mitte: hist. Stadtkern Salzuflen; vorne: Bahnhof; rechts: eh. Hoffmanngelände und Abb. 22 Luftbild Gartenstadt Am Obernberg (Meyer, Franz letzte Seite) Um den historischen Stadtkern entstanden neue Stadtbezirke mit Alleen und Villen. Da sich in den planerischen Zielvorstellungen des Stadtbaumeister Ernst Buhr die Kritiken und Leitbilder der damaligen Zeit wieder spiegeln, wurden der Gesamtbebauungsplan und Generalbebauungsplan für Bad Salzuflen Grundlage für die Entwicklung eines attraktiven Kurortes. Unter der Regie des „Deutschen Eigenheimbauverbandes’ erfolgten seit 1932 Siedlungsprojekte, die das Leitbild der „Gartenstadt“ beinhalteten und für diejenigen entstanden, „die sich zur Verlebung ihres Lebensabends“ in Bad Salzuflen ansiedeln wollten.“ 259 Dieser Besiedlungswunsch besteht noch bis heute und hat gerade in den letzen Jahrzehnten die Stadtentwicklung mit geprägt. 256 Wiesekopsieker, Stefan in: Sievers/Wiesekopsieker 1996 S. 9 257 Wiesekopsieker, Stefan in: Sievers/Wiesekopsieker 1996 S. 11/13 „Nicht unerwähnt bleiben soll, dass die meisten Neubauten erst durch verschiedene kommunale oder staatliche Fördermaßnahmen ermöglicht wurden.“ 258 Stiewe, Heinrich in: Dok. 125 J. Sparkasse Blomberg 1995 S. 13 259 Sievert, Franz 1935 Beispiele einer Gartenstadt sind die Siedlung Elkenbrede (1932) (aus: Wiesekopsieker, Stefan 1996 S. 15) u. die Asenberger Heide (1919 Ahornstr. Walhalla) (aus: Buhr, Ernst 1924 S. 63/64) 55 Durch die Bäderentwicklung entstand allerdings ein Mangel an kleineren Einfamilienhäusern und Mietswohnungen. „Aus diesen Gründen nahm der Magistrat bereits 1919 die Planung neuer Stadtteile in Angriff... parallel erarbeitete das Stadtbauamt den ersten Gesamtbebauungsplan... Begünstigt wurde diese Bautätigkeit durch enorme kommunale und staatliche Fördemaßnahmen... Zu Beginn der 1930er Jahre war in Salzuflen die Wohnungsnot... weitgehend behoben.“ 260 Vor und während des 2. Weltkrieges „ging die Bautätigkeit kontinuierlich zurück und kam... praktisch zum Erliegen.“ Dies führte zur erneuten Wohnungsnot. Schon während des Krieges gehörte Bad Salzuflen zu den Orten für Evakuierte und Bombengeschädigte. „Zur Linderung der Wohnungsnot beschloss der Rat deshalb... 1943 den Bau von Behelfsheimen... Die Folge war, dass... 1945... bereits eine bedrohliche Enge herrschte.“ Durch die „Beschlagnahmung von Wohnraum durch die Briten“ musste „noch enger zusammengerückt“ werden. 261 Zur Behebung der Wohnungsnot trat der Rat 1948 der Gemeinnützigen Bau- und Siedlungsgenossenschaft des Kreises Lemgo bei und beschloss einen Maßnahmenkatalog zur Förderung der Wohnungsbautätigkeit im Jahre 1949. Dadurch entstanden seit 1950 Flüchtlingssiedlungen, die vorwiegend aus Einfamilienhäusern bestanden: „Die Förderung des Wohnungsbaues bildete eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen.... Wichtig für ein verträgliches Miteinander zwischen Neu- und Alt-Salzuflern war aber auch die von den Alteingesessenen immer wieder unter Beweis gestellte Solidarität und Hilfsbereitschaft... Rückblickend kann man bilanzieren, dass in Bad Salzuflen in der Zeit zwischen 1945 und 1950 die entscheidenden Grundlagen für eine letztlich erfolgreiche Integration der über 2.600 Flüchtlinge und Vertriebene geschaffen wurden. Von größter Bedeutung waren... (dabei) die sukzessive Beseitigung der Wohnungsnot (und das Finden einer) Arbeitsstelle.“ 262 Die bisher dünn besiedelten Stadtbezirke um den historischen Stadtkern erhielten damit eine Siedlungsverdichtung: „Das äußere Erscheinungsbild der in den 1950-60er Jahren entstandenen... Wohnsiedlungen wird bis heute überwiegend durch einfache, solide gebaute eineinhalb- und zweigeschossige, mit einem Satteldach versehene ein- und Zweifamilienhäuser bestimmt. (Elkenbrede, Gröchteweg, Obernberg u. Asenberg). Den sozialen Wohnungsbau der Nachkriegszeit dokumentieren hingegen schmucklose Mehrfamilienhäuser (Pohlmann- u. Ziegelstraße).“ 263 Die Besiedlungen um und zwischen den Kernstädten Salzuflen und Schötmar ergaben „das heutige Bild einer bandartigen, aber lückenhaften Besiedlung entlang der Bahnlinie und der B 239.“ 264 Die Intensivierung dieser bandartigen Entwicklung hätte eine größere Chance gehabt, wenn der Versuch, Bad Salzuflen und Schötmar im Jahre 1932 zu einer Stadt zu vereinen, nicht 1933 wieder rückgängig gemacht worden wäre. Die Mitte für die Gesamtstadt hätte sich möglicherweise anders bzw. früher entwickelt. 265 260 Meyer, Franz 2007 S. 286-288 Zwischen den Weltkriegen wurden 700 neue Wohnhäuser errichtet. (S. 348) 261 Meyer, Franz 2007 S. 371/405: Ein Wohnungsausschuss beschloss die Unterbringung Wohnungssuchender. 262 Meyer, Franz 2007 S. 405/6 Zwischen 1950 und 1960 erlebte die Bauwirtschaft einen Bauboom (S. 407) und zwischen 1950 bis 1965 wurden 1.100 neue Wohnhäuser mit 2.300 Wohnungen errichtet. (S. 411) 263 Meyer, Franz 2007 S. 411 264 Econ-Consult Köln 1985 S. 9 265 Meyer, Franz 2007 S. 302-304: Die Zwangsvereinigung in der Weltwirtschaftskrise 1929/30 wurde durch Widerstand der Bürgerschaft von Schötmar aufgehoben, da die NSDAP 1933 den Wahlkampf gewinnen wollte. 56 3.2 Entwicklungsziele zur Gebietsreform 1969 Die Neuplanung für die Großgemeinde zur Gebietsreform 266 konnte auf die gute Entwicklung der Vorzeit aufbauen. In der Analyse und den Vorschlägen ‚Planung für Bad Salzuflen’ von Rudolf Hartog 267 im Jahre 1969 sind die ersten planerischen Ansätze für die Zeit nach der Gebietsreform dokumentiert. Deren wesentlichen Zielvorstellungen waren eine gute Diskussionsgrundlage und fanden Eingang in den Flächennutzungsplan von 1973. In dessen Erläuterungsbericht sind für die zukünftige Entwicklung folgende Forderungen 268 aufgestellt: 1. Neue und bessere Unterbringung für die Kurgäste. Dies wird erreicht durch Regeneration alter Gebäude sowie Neubau ganzer Gruppen.... 2. ...Zusammen mit dem Sanierungsgebiet der Innenstadt soll eine verkehrsfreie Zone innerhalb der ganzen Badestadt geschaffen werden. 3. Städtebauliche Erneuerung des Bereiches Kurparkeingang – Innenstadt.... Abkapselung des Kurparks, aus der kleinlichen Enge sollte eine einladende und großzügige Öffnung zur Stadt hin werden. Das Bad muss eine neue Visitenkarte erhalten, zusammen mit... Kurhotel, der neuen Kurverwaltung... Entlang der Salze... eine Kurpromenade... bis zum Salzhof... 4. Erweiterungszone für den Landschaftsgarten im Salzetal. Die Punkte 3 und 4 wurden dem Landschaftsgutachten 269 entnommen, dem das Leitbild für eine “durchgrünte Stadtlandschaft” zugrunde liegt. Ziel der Planung war es, die Flussauen der Werre, Bega und Salze von einer Bebauung frei zu halten und als durchgehendes Grünsystem zu entwickeln und mit den Landschaften außerhalb der bebauten Ortslagen zu verknüpfen. In Salzuflen sollte der Kurpark mit einem Landschaftspark Richtung Salzetal erweitert und die Salze im Stadtinneren freigelegt werden. 270 Alle Forderungen zielten auf eine Verbesserung der innerstädtischen Situation im Stadtteil Salzuflen, weniger auf Schötmar und die übrigen Stadtteile. Dies wird deutlich bei der Ausweisung eines Sanierungsgebietes, die im F-Plan auf der Grundlage einer Strukturanalyse zunächst nur für den alten Stadtkern von Bad Salzuflen erfolgte. 271 Der Zentralitätsgedanke spiegelt sich in dem Vorschlag, neue Schulzentren in den östlichen und westlichen Stadtgebieten zu bauen, wieder. Für die „zersplitterte Stadtverwaltung“ sollte ein neues „Verwaltungszentrum... zwischen den beiden Städten auf dem Gelände des ehemaligen Hoffmannstiftes“ errichtet werden. „Es ist zu empfehlen,... ergänzende Anlagen zuzufügen, damit es ein lebenserfüllter Ort sein wird.“ 272 Diese Empfehlung zielte auf eine “Neue Mitte“ zwischen den beiden historischen Stadtkernen Schötmar und Bad Salzuflen hin. Dies wurde in der „Planung für Salzuflen“ 273 noch deutlicher. Hier wurde vorgeschlagen, die Hoffmann Stärkefabrik auszusiedeln, „da die Belästigung Kurbad und Möglichkeit für Modernisierung und neue Betriebsstrukturen“ gegeben waren und „es wird vor allem einer großzügigen Entwicklung eines neuen 266 Meyer, Franz 2007 S. 484 „Im Zuge der kommunalen Neuordnung werden (01.01.1969) die Städte Bad Salzuflen und Schötmar sowie 10 Landgemeinden zur Großgemeinde Bad Salzuflen vereinigt.“ Ausführungen zur Gebietsreform s. Entwicklungsaspekt ‚Akteursebene’ u. Plan Gebietsreform aus: Brand, F. 1996 S. 90 267 Hartog, Rudolf in: ‚Planung für Bad Salzuflen’ 1969 268 Hartog, Rudolf im F- Plan 1973, S. 33 269 Meyer, Herwart Grünordnung Bad Salzuflen Teil 1 Grün- u. Landschaftsplanung 1969 270 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 63 271 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 71 272 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 35 273 Hartog, Rudolf in ‚Planung für Bad Salzuflen’ 1969 S. 11 57 Stadtzentrums zwischen Salzuflen und Schötmar der Weg freigemacht.“ Allerdings stimmte diesem Vorschlag die damalige Geschäftsführung von Hoffmann’s Stärkefabriken nicht zu. Im Flächennutzungsplan war dieses Planungsziel nicht mehr enthalten. Nach der Schließung der Fabrik im Jahre 1990 hat sich dieser Planungsvorschlag in veränderter Form doch noch realisiert, wie im Fallbeispiel ‚Neue Hoffmann’s Stärke’ ausgeführt wird. (s. Abb. 24) Abb. 23 Gebietsentwicklungsplan Lippe Ausschnitt: Bad Salzuflen 1980 (aus: Brand, F. S. 84) Rudolf Hartog stützt sich bei seinem Planungsvorschlag zur neuen Mitte auf die Fachwelt, hier auf Franz Rosenberg, der 1970 in seinem Aufsatz ‚Zwischen Stadtmitte und Stadtregion’ äußerte, 274 dass „gegenüber früheren Planungsauffassungen... Bauten der Verwaltung heute lieber an citynahen Standorten“ zu errichten sind. Hartog erweitert seinen Vorschlag, indem er vorbringt: „Weitere zentrale Kaufmöglichkeiten lassen sich noch im Zusammenhang mit dem geplanten Verwaltungszentrum denken“ 275 und „am zentralen Punkt zwischen beiden Stadtgebieten bietet sich Gelegenheit, die Straßen zu verknoten und hier neben dem geplanten Verwaltungszentrum auch den Omnibusbahnhof und ein zusätzliches Programm für Parkhaus und Einkauf unterzubringen.“ 276 Er schlägt sogar vor, die Straßenbahn von Bielefeld/Milse bis zu diesem neuen Zentrum in Bad Salzuflen zu verlängern. Als weitere Gebäude in zentraler Lage zwischen beiden Zentren werden die geplanten Neubauten für die Post und das Amtsgericht vorgeschlagen. 277 274 Hartog, Rudolf F-Plan 1973 S.35 zitiert Rosenberg, Franz in: „Die City, Objekt der Gesellschaftspolitik“ Aufsatz: „Zwischen Stadtmitte und Stadtregion“, Stuttgart 1970 S. 103 275 Hartog, Rudolf in ‚Planung für Bad Salzuflen’ 1969 S. 15 276 Hartog, Rudolf in ‚Planung für Bad Salzuflen’ 1969 S. 21 277 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 42 58 Im Erläuterungsbericht zum F-Plan war die Untersuchung der zentralörtlichen Funktion von Bad Salzuflen dokumentiert, die im Kapitel ‚Fachplanung Einzelhandel’ noch behandelt wird. Dabei wird auf eine Darstellung im Deutschen Städtetag hingewiesen, in der teils die Zuordnung zur Region Bielefeld und teils zum Verflechtungsraum Herford erfolgte. 278 Hartog stellte fest, dass „etwa ein Viertel, nicht in der Großgemeinde“ seinen Bedarf abdeckt, sondern „hauptsächlich in Bielefeld und Herford.“ 279 Weiterhin kommt der Planverfasser zu dem Ergebnis, dass „Bad Salzuflen zusammen mit Schötmar als ein Mittelpunkt aufgefasst werden darf. Bei einer differenzierenden Betrachtung ergibt sich, dass in Wirklichkeit aber doch zwei Zentren vorhanden sind.“ 280 Als „Hauptproblem bei der Stadtsanierung (mit Verkehrsberuhigung)“ beider Stadtzentren befürchtete der Planer „dass bei unzugänglichen Stadtzentren ein Teil der Angebotsstruktur nach außen an verkehrsgünstige Stellen verlagert wird. Dies wiederum wird die Attraktivität der Stadtzentren schwächen und dort einen Rückgang verursachen, wenn dem nicht durch verkehrliche Maßnahmen entgegengearbeitet wird.“ 281 Deshalb wurde damals schon im Verkehr, insbesondere in der Anlieferung der größeren Läden, das Hauptproblem für die Innenstädte gesehen und als Ziele die Verkehrsberuhigung, der Lieferverkehr, das ausreichende Parkplatzangebot und der öffentliche Personennahverkehr formuliert. 282 Da der Planer die Zentren sowohl als Umschlagplatz des Handels als auch als ein Bereich für die Arbeitsplätze und den Treffpunkt der Bürger und Kurgäste bewertete, forderte er, diese zu erhalten und deren Attraktivität zu steigern. Zur demographischen Entwicklung wurde festgestellt, dass der Anteil der über 65–jährigen besonders hoch ist und dass „sich dieser Trend fortsetzten“ wird, „denn Bad Salzuflen ist für den Zuzug Bejahrter sehr attraktiv – eine Entwicklung, die in allen Badeorten zu beobachten ist und auch nicht zurückgewiesen werden kann; denn die vorhandene Infrastruktur des Badeortes... wird auf diese Weise zusätzlich ausgenutzt. Außerdem bringen diese Zuwanderer dem Gemeinwesen keine Mehrkosten“ in der Infrastruktur. 283 Zur Genehmigungsfähigkeit des F-Planes musste der Rat 1972 als Forderung aus dem NRW- Programm einer Auflage der Bezirksregierung zur Erhaltung der Innenstädte beitreten: „Entwicklungen sind nur in Zentren (Salzuflen und Schötmar) vertretbar. In allen anderen Ortteilen sollen nur Baulücken aufgefüllt werden....“ 284 Diese Grundsätze fanden jedoch wenig Beachtung bei der weiteren Stadtentwicklung, stellte Altbürgermeister Kurt Dröge nach 35 Jahren in seiner Chronik fest. Dabei wies er darauf hin, dass sich besonders die umliegenden Ortschaften Knetterheide/Werl/Aspe, Wüsten, Lock- und Holzhausen mit größeren Wohnbaugebieten und eigenen Nahversorgungszentren insbesondere „zu Lasten...des Stadtteils Schötmar“ weiterentwickelt hatten. 285 278 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 43 s. Darstellung ‚Deutscher Städtetag’ 1968, Essen 1970 S. 283 279 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 46 280 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 44/45 281 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 47 282 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 48 „Die Sanierung... ist... vor allem ein Verkehrsproblem. Die Ziele, die allgemein gelten, dienten auch dem Verkehrsgutachten als Leitbild.“ (s. ‚Verkehrsentwicklungsplanungen’) 283 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 40 284 Dröge, Kurt Chronik: ‚35 Jahre Großgemeinde’ Ratssitzung am 13.06.1972 (in: Meyer, F. 2007) 285 Im Stadtentwicklungskonzept STEK 2020 wird diese Entwicklung erneut aufgegriffen (s. Kap.3.4.4). 59 Demnach erfolgte auch in Bad Salzuflen eine weitere Suburbanisierung in die umliegenden ehemaligen Dörfer nach der Gebietsreform. Der Wohnungsbau bestand vorwiegend aus Einfamilienhäusern, die in ländlich strukturierten Gemeinden – wie auch noch heute - bevorzugt wurden. Jedoch gibt es auch einige verdichtete Bauweisen in Form von Atrium-, Reihen- oder Hochhäusern. Dieser Urbanisierungsprozess war gekoppelt mit der Entstehung neuer Zentren für die Nahversorgung, den Handel, das Gewerbe und die Bildungseinrichtungen, wie Schulen und Kindergärten in den umliegenden Stadtteilen und die Innenstädte erfuhren damit eine weitere Bevölkerungsabnahme. Abb. 24 Planskizze: Zentren von Bad Salzuflen mit hist. Stadtkern Bad Salzuflen (1), eh. Hoffmanngelände (2) und eh. Stadtkern Schötmar (3) Rths: Rathaus; SZ: Schulzentrum; GE: Gewerbegebiete (IK Interkommunal, Messe) (Auszug aus: Landesvermessungsamt NRW 1996, Nr. 146/96) Anmerkung: Die im Anhang beigefügten Abbildungen verdeutlichen die kontinuierliche Entwicklung: - Luftaufnahmen von der Stadt Bad Salzuflen 1963 und der Stadt Schötmar 1964 - Stadtplan von Bad Salzuflen aus dem Jahre 1928 - F-Plan von Schötmar mit OT Werl-Aspe-Knetterheide 1964 (vor der Gebietsreform) - F-Plan Bad Salzuflen aus den Jahren 1973, 1980 und 2007. - STEK 2020 Plan Innenentwicklung für neuen F-Plan 2010 60 3.3 Entwicklungen der Stadtzentren nach der Gebietsreform Das Mittelzentrum Bad Salzuflen verfügt seit der Gebietsreform 1969 über zwei Zentren mit den historischen Stadtkernen von Bad Salzuflen und der ehemaligen Stadt Schötmar. Nach der Empfehlung des Planers Rudolf Hartog wurde die Sanierung beider Zentren nach dem Städtebauförderungsgesetz eingeleitet. 286 Die Planungsziele für die Kernbereiche waren: 287 „Stärkung zentralörtlicher Funktionen und Schaffung attraktiver Urbanität in den alten Kernen von Bad Salzuflen und Schötmar durch qualifizierte städtebauliche Sanierungsmaßnahmen unter Erhaltung historisch wertvoller Bausubstanz; Errichtung eines neuen Verwaltungs-, Schul- und Sportzentrums zwischen Bad Salzuflen und Schötmar, das ausschließlich behördlichen, schulischen, sportlichen und vielleicht auch kulturellen Zwecken dienen sollte, damit sich keine die alten Einkaufszentren zerstörenden Einflüsse entfalten können...“ Zwischen beiden Kernstädten liegt das Gelände der ehemaligen Hoffmann’s Stärkefabriken. Das neue Rathaus steht dort seit 1977. Die oben vorgeschlagenen schulischen, sportlichen und kulturellen Einrichtungen fanden (leider) neue dezentrale Standorte. Eine neue Zentralität entstand dort erst nach Stilllegung der Fabrik 1990 mit großflächigem, fachmarktspezifischem Einzelhandel, Dienstleistungen, gewerblichen Betrieben und Wohnquartieren. Inzwischen lädt die Mitte von Bad Salzuflen mit seiner Fußgängerzone, den drei Parkhäusern und dem direkt angrenzenden Kurpark zum Bummeln, Schlendern und Einkaufen ein. Die Mitte von Schötmar empfiehlt sich mit seiner verkehrsberuhigten Geschäftsstraße und dem guten Parkplatzangebot als autofreundliches Zentrum. Mit dem Bau weiterer Wohnquartiere in den Ortsteilen haben sich in Knetterheide/Werl/Aspe, Wüsten, Lock- und Holzhausen ergänzende zentrale Bereiche für die Nahversorgung entwickelt. Die Wohnquartiere der umliegenden Stadtteile sind durch ein modernes Stadtbussystem mit Rendezvoustechnik und Stundentakt mit den Zentren optimal verbunden. Ebenso ist die Erreichbarkeit für den Individualverkehr über ein gut ausgebautes Straßennetz gewährleistet. Das Parkplatzangebot in beiden Stadtkernen und den Stadtteilzentren ist ausreichend und kostengünstig. Öffentliche Diskussionen über die innerstädtischen Zentren erfolgen seit der Gebietsreform und sind immer noch aktuell. Hierbei wird auf die Ergebnisse verschiedener Fachplanungen, wie z.B. zum Verkehr oder Einzelhandel zurückgegriffen. Ziel aller Ergebnisse ist es, beeinträchtigende Entwicklungen der Stadtzentren zu vermeiden, den Kaufkraftabfluss zu verhindern und Bad Salzuflen besser zu vermarkten. Insbesondere soll dem bundesweiten Trend mit negativen Strukturveränderungen in den Innenstädten entgegen gewirkt werden. Trotz dieser guten planerischen Voraussetzungen und den immer wieder erneuten Diskussionen haben sich die Zentren in ihrer Bedeutung für die Gesamtstadt von Bad Salzuflen unterschiedlich und z.T. auch abweichend von den Planungszielen entwickelt. Die folgenden Kapitel über die Zentrenentwicklungen in Schötmar, Salzuflen und der neuen Mitte auf dem ehemaligen Hoffmanngelände sollen dies verdeutlichen und helfen, die Mitte für die Gesamtstadt zu finden. 286 Sanierungsbeginn erfolgte mit Beauftragung eines Sanierungsträgers im Dezember 1969 (vor StBauFG 1971) in Salzuflen und 1975 mit Gutachten für Schötmar. Seit 1989 ist der historische Stadtkern Bad Salzuflen Mitglied im ‚AG Hist. Stadtkerne NRW’ u. seit 2009 im Förderprogramm ‚Aktive Stadt- und Ortsteilzentren.’ 287 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 53 61 3.3.1 Planungen zum eh. Stadtkern von Schötmar Für die Bedeutung der Stadtmitte für die Gesamtstadt von Bad Salzuflen ist die gesonderte Darstellung des historischen Stadtkerns von der ehemaligen Stadt Schötmar notwendig. Im Jahre 1974 hatte der Hauptausschuss der Stadt Bad Salzuflen beschlossen, drei Planungsbüros zur Abgabe eines Gutachtens aufzufordern, um Ideen für die städtebauliche Erneuerung des Kernbereiches Schötmar zu erlangen. Als Stadtplanungsziel war die „Doppelaufgabe“ des Kernbereiches genannt: 288 „Einerseits die Prägung der zentralörtlichen Funktion des Stadtkernes unter Berücksichtigung historisch wertvoller Bausubstanz, andererseits die in die Zukunft gerichtete Zugehörigkeit zu der zusammenwachsenden Stadt.“ Die Anhebung des tertiären Bereichs sollte durch folgende Punkte erreicht werden: 289 Schaffung attraktiver konkurrenzfähiger Geschäfte Schaffung von Fußgängerbereichen Erhöhung der Attraktivität der Schlossanlage Umgestaltung des Kilian-Kirchplatzes (Markt um die Kirche) Rückwärtiges Parken und Andienen des Geschäftsbereiches. Bemerkenswert ist in der Ausschreibung der Hinweis 290 auf einen in Bad Salzuflen zu verzeichnenden „Kaufkraftschwund,“ der „teilweise in diesem Stadtteil aufgefangen werden“ sollte. Darüber hinaus wurde von einem „Spannungsfeld“ zwischen einem „neuen Kaufhaus am Alten Teich“ und dem „Verkaufszentrum an der Begastraße“ gesprochen. Im Protokoll des Kolloquiums 291 wurde allerdings „diese Entwicklung (Kaufhaus) als städtebaulich unerwünscht“ angesehen. Im Kolloquium wurde seitens der Verwaltung darauf hingewiesen, dass beide Stadtkerne in Bad Salzuflen „ihre Eigenständigkeit behalten sollen“ und „dass man nicht mehr nur Bebauungsplan an Bebauungsplan reihen kann und will, sondern dass man ein übergeordnetes Gesamtkonzept braucht, das in diesem Wettbewerb erarbeitet werden soll.“ 292 Am 24.04.1975 wurden die Gutachten durch einen Beirat ausgewertet. Als Zielsetzung des Auslobers wurden die Unterschiede der beiden Zentren Bad Salzuflen und Schötmar wie o.g. verdeutlicht. Darüber hinaus wurde darauf hingewiesen, dass Schötmar auch „eine besondere Bedeutung… für die angrenzenden Stadtteile hat. Es wurde klargestellt, dass die Versorgungsfunktion des Ortskernes Schötmar über die Versorgung des eigentlichen Stadtteiles hinausgeht und für die Gesamtstadt Bedeutung hat.“ Einem Bedeutungsschwund wolle man entgegenwirken, durch Verbesserungsmaßnahmen soll die Attraktivität des Ortsteils gesteigert werden und „der Rat strebt ein Gleichgewicht zwischen den beiden Stadtkernen an, und zwar im Sinne der gegenseitigen Ergänzung, so dass nicht der eine Kern sich auf Kosten des anderen weiterentwickelt.“ 293 Der Wunsch einer Gleichbehandlung beider Innenstädte verdeutlicht die Konkurrenzsituation. 288 s. Ausschreibung gutachterlicher Wettbewerb ‚Stadtkern Schötmar’ 1974 S.2 289 s. Anhang der Ausschreibung gutachterlicher Wettbewerb ‚Stadtkern Schötmar’ 1974 290 s. Ausschreibung gutachterlicher Wettbewerb ‚Stadtkern Schötmar’ 1974 S. 2 291 s. Protokoll Kolloquium gutachterlicher Wettbewerb ‚Stadtkern Schötmar’ 1974 S. 2 292 s. Protokoll Kolloquium gutachterlicher Wettbewerb ‚Stadtkern Schötmar’ 1974 S. 1 293 Niederschrift Beirat-Auswertung gutachterlicher Wettbewerb ‚Stadtkern Schötmar’ 1974 S. 2 62 Als Ergebnis der Gutachten wurde folgendes im Protokoll 294 festgehalten: „brauchbare Ideen für die Weiterentwicklung… Ziel des Gutachterwettbewerbs erreicht… Planungen bedürfen der Weiterentwicklung… Die weitere Planbearbeitung sollte in folgenden Schritten erfolgen: Überprüfung der Rahmenbedingungen für politische Entscheidungen Erörterung mit der Bürgerschaft Bauleitplanerische Behandlung Systematische Auswertung der Planungsvorschläge in Form eines Rahmenplanes als Vorstufe für die Bauleitplanung.“ Aus einem Bericht des Baudezernenten im Jahre 1977 ist zu entnehmen, dass nach dem gutachterlichten Wettbewerb für den Stadtkern Schötmar der Entwicklungsschwerpunkt in Schötmar um die Kilianskirche sein sollte. Eine Geschäftsentwicklung jenseits der Bahn entlang der Krummen Weide und die Ansiedlung eines Kaufhauses außerhalb dieses Ortsmittelpunktes Am Alten Teich wurden von ihm als kritisch angesehen. Die damalige planerische Zielvorstellung war, den innerstädtischen Bereich um Kirchplatz, Marktplatz und Begastraße zu konzentrieren. Durch den Wochenmarkt und Gemeinschaftseinrichtungen sollte hier eine attraktive Innenstadt mit Verkehrsberuhigung entstehen. Nach dem Vorschlag eines Entwurfsverfassers sollte um diesen Kern eine Ringstraße gelegt werden, als Voraussetzung für eine Verkehrsberuhigung, bzw. einen Fußgängerbereich. Abb. 25 Begastraße (Brand, F. S. 54) Abb. 26 Plan Einzelhandel Schötmar (von links: Krumme Weide/Bahn/Begastrasse/Markt/Schloßstraße) Abb. 27 Schloßstraße 29 (www B.S.) Die tatsächliche Entwicklung verlief anders: Mit den Kaufhäusern Ecke Schloßstraße/Am Alten Teich und an der Krummen Weide entstanden dezentrale Magnete. 295 Später wurde in noch weiterer Entfernung südwestlich ein nicht integriertes großflächiges SB-Warenhaus mit Baumarkt an der Otto-Hahn-Straße trotz großer Bedenken errichtet. 296 Da sich Begastraße 294 Niederschrift Beirat-Auswertung gutachterlicher Wettbewerb ‚Stadtkern Schötmar’ 1974 S. 11 295 Kaufhalle Am Alten Teich/Schloßstraße und Kaufhaus Kepa an der Krummen Weide 296 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 453: „Am 9. Juni 1982 wird der HA über Bauabsichten des ‚Marktkaufs’ informiert. Das Unternehmen beabsichtigt den Erwerb von Grundstücken und Gebäuden ... in der Otto-Hahn-Straße.“ Dröge S. 455: „Das Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans ‚Domänenhof’ findet in der Ratssitzung vom 22.02.1984 seinen Abschluss. ... Es geht dabei um die Errichtung eines ca. 8000 qm großen 63 und Krumme Weide zur Hauptgeschäftstraßen entwickelten, wurden diese in den 1990er Jahren verkehrsberuhigt ausgebaut. Damit entwickelte sich um den historischen Stadtkern von Schötmar ein überdimensioniertes Einzelhandelsangebot, das für den Einzugsbereich nicht mehr angemessen war und mit dem eigentlichen Ortskern keinen Zusammenhang mehr hatte. Diese Entwicklung, wie auch das Wachsen neuer Nahversorgungsbereiche in den umliegenden Ortsteilen führte zu gegenwärtigen Leerständen. 297 Erschwerend kommt noch hinzu, dass die im Generalverkehrsplan 298 vorgeschlagenen Entlastungsstraßen und die Schließung des Bahnübergangs bis heute nicht realisiert wurden. Der Vorschlag, weitere Wohngebiete in Ortkernnähe auszuweisen, ist ebenso nur teilweise verwirklicht worden. Der Wunsch, das Schloss mit Park in das Gesamtkonzept zu integrieren, ist durch die Entfernung schwer umsetzbar. Schötmar verfügt heute über ein gutes Parkplatzangebot und kann mit einer autofreundlichen Innenstadt werben, im Gegensatz zu Alt Salzuflen, das eine autofreie Innenstadt anbietet. Abb. 28 Parken in Schötmar u. Abb. 29 Kilianskirche (aus: Website Bad Salzuflen 12/2010) Resümee In Schötmar hatte sich kein gleichwertiger Stadtkern wie in Salzuflen entwickelt, obwohl dies von allen Planungen unterstützt wurde. Dort entstand ein dezentrales Stadtteilzentrum ohne Rücksicht auf die kleinstädtische Entwicklung des eh. Stadtkerns. Die überdimensionierte Flächenausdehnung weist auf ein Konkurrenzverhalten zu Alt Salzuflen hin. In dieser Untersuchung zur Stadtmitte von Bad Salzuflen wird das Zentrum von Schötmar als Stadtteilzentrum mit Nahversorgungsfunktion eingestuft. Alle weiteren Planungen für den ehemaligen Stadtkern von Schötmar 299 und die Gutachten zum Einzelhandel 300 in den nachfolgenden Jahren bestätigen diese Einstufung. 301 Die weiteren Ausführungen zur ‚Mitte von Bad Salzuflen’ werden verdeutlichen, warum der ehemalige historische Stadtkern von Bad Salzuflen - im Weiteren als Mitte von Alt Salzuflen genannt - das Hauptzentrum und die Mitte für die Gesamtstadt ist und warum die Stadtteilzentren Schötmar, Knetterheide/Werl/Aspe, Wüsten und Holzhausen diese Mitte der Stadt ergänzen. 302 Versorgungsmarktes auf dem ehemaligen Gelände der Firma Dahmer, Quest & Co und Bernhard Vorndamme. Die CDU äußert schwere Bedenken wegen vorauszusehender negativer Auswirkungen auf den Einzelhandel in Schötmar. Viele Bedenken und Anregungen gibt es auch aus der Bürgerschaft. SPD und FDP plädieren für die Errichtung. Mit 25 zu 23 Stimmen wird die Planänderung beschlossen.“ 297 12/1998 schließt das Bekleidungshaus Fa. Opitz (eh. Familie Pott). Dröge K. Chronik in Meyer, F. S. 474 298 s. Kapitel 3.5.3 ‚Verkehrsentwicklungsplanungen’ 299 1995 B-Plan Kirchplatz Schötmar (Mittelpunkt), Dröge K. Chronik S. 469 1998 Beschluss über Erhalt der Schule am Kirchplatz, Dröge, K. Chronik S. 473; Studentenentwürfe FH Lippe; Städtebauliche Untersuchung des Büros Drees u. Partner und 2007 Diskussionsforum AidM über Kirchplatz (Hg. Meyer, F. 2007) 300 Die Einzelhandelsgutachten für Bad Salzuflen formulieren diese Bewertung nicht eindeutig (s. Kap. 3.5.4). 301 Im STEK 2020 wird eine Reduzierung des Stadtteilzentrums empfohlen. 302 vgl. Interviews u. Zukunftswerkstatt Schötmar 2002 und STEK 2020 64 3.3.2 Planungen zur Stadtmitte von Alt Salzuflen Seit der Gebietsreform 1969 haben Rat und Verwaltung „ein langfristig angelegtes Sanierungskonzept entwickelt und verabschiedet.“ Abb. 30 Salzeregulierung mit Neubebauung Millau-Promenade (KS) - Abb. 31 Steege mit Altbebauung (SVG) Eine dieser Maßnahmen war die Regulierung der Salze, die durch den Stadtkern fließt und oft über die Ufer trat. 303 Dies wird beim Thema ‚Landschaft und Grünordnung’ noch ausführlicher behandelt. Hier sei schon erwähnt, dass durch die Offenlegung der Salze und dem Bau von Uferpromenaden eine Grünachse durch den Stadtkern entstand, die am Anfang und Ende in die freie Landschaft führt und sich im Salzhof mit den Geschäftstraßen kreuzt. Diese wurden als Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche ausgebaut. 304 Beide Achsen laden mit dem direkt angrenzenden Kurpark zum Bummeln, Schlendern und Einkaufen ein. Mit Inkrafttreten des Denkmalschutzgesetzes 305 wurde für Salzuflen eine „Erhaltungs- und Gestaltungssatzung für die von historischer Bausubstanz geprägten innerstädtischen Bereich erlassen.“ 306 Parallel dazu wurde ein „Denkmalpflegeplan... als städtebaulicher Rahmenplan“ erstellt. Dadurch war es möglich, in den Folgejahren die historische Bausubstanz zu erhalten und „Neubaumaßnahmen in geeigneter Weise in den gewachsenen Stadtraum“ einzufügen. 307 Darüber hinaus wurden Bebauungspläne für die innerstädtischen Bereiche beschlossen, die eine Durchsetzung dieser Planungsziele sicherten. 308 „Die stadtplanerische Absicht war und ist es, mit diesen Maßnahmen den Altstadtkern Salzuflens noch enger mit dem Kurbereich zu verknüpfen, dessen Mittelpunkt heute das Kurgastzentrum bildet.“ 309 303 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 435/6: Durch Hochwasser in der Innenstadt vom 21.-23.02. 1970 erfolgte die Planung für die Sanierung und Regulierung der Salze in der Innenstadt und oberhalb. 304 Geschäftsstraße als FZ: Langestraße einschl. Salzhof, Steege u. Dammstraße, als VB: Markt- und Osterstraße 305 Martin, Werner 1985 Anmerkung: DSchG in NRW seit 1980 306 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 450 Im Mai 1980 verabschiedete der Planungsausschuss die „Satzung für die Gestaltung und Erhaltung des historischen Stadtkerns“ innerhalb der früheren Stadtmauern. 1981 wird „eine Satzung über die Erhaltung baulicher Anlagen im Kurbereich“ beschlossen. 307 Dröge, Kurt spricht (in Chronik S. 452) von einem Umdenken auf Grund des DSchG NRW von 1980. 308 Dröge, Kurt: Aufstellungsbeschluss für erste B-Pläne: Kurparkeingang, Am Markt, Salzhof.. am 14.05.69 309 Martin, Werner in: Stadtmagazin 1/1985 S. 6 65 Nach den umfangreichen Sanierungsarbeiten beschreibt der städtische Denkmalpfleger im Stadtmagazin im Jahre 1985 das Kerngebiet von Alt Salzuflen als Mittelpunkt der Stadt: 310 „Den Mittelpunkt der Großgemeinde bildet der Stadtkern von Alt Salzuflen mit seinen malerischen Straßenzügen und Plätzen in topografisch reizvoller Lage. Bauliche Kennzeichen ... sind die überreich gezierten Fachwerk- und Steingiebelbauten der Weserrenaissance.“ Im nordöstlich anschließenden Kurgebiet säumen „eindrucksvolle Logierhäuser und Kurortvillen in der Stilauffassung des Historismus das alleeartige Straßennetz dieses planmäßig angelegten Stadterweiterungsbereiches der Gründerzeit.“ 311 Abb. 32 Lange Straße Bad Salzuflen (aus: Website Bad Salzuflen 12/2010) 1989 wurde die Stadt Mitglied in der ‚Arbeitsgemeinschaft Historische Stadtkerne’ in NRW. Dadurch wurde das Bewusstsein und die finanzielle Unterstützung zur Erhaltung wertvoller Bausubstanz gefördert. 312 Unterstützt durch das neue und novellierte Städtebaurecht 313 erfolgen seit der Gebietsreform Diskussionen über den Stadtkern von Alt Salzuflen öffentlich und sind immer noch aktuell. Begleitend durch Fachgutachten, wie über den Kurbetrieb, Verkehr oder Einzelhandel wird versucht, optimale Lösungen zu finden. Die nachfolgenden Kapitel verdeutlichen, dass es keine idealen Lösungen für eine Stadt gibt, sondern dass immer nur Kompromisse mit den jeweils Beteiligten zu seiner Zeit beschlossen werden. 314 Ziel aller Diskussionen war und ist es, beeinträchtigende Entwicklungen für die Stadtzentren zu vermeiden, den Kaufkraftabfluss zu verhindern und Salzuflen besser zu vermarkten. Aus 310 Martin, Werner in: Stadtmagazin 1/1985 S. 4 311 B-Plan Parkstraße: trotz Rechtskraft seit 1970/1 Abriss erhaltenswerter Bausubstanz, deshalb Änderung des Plans 1979 mit Ziel: „Erhalt der Bauten des Historismus, die maßgeblich das Erscheinungsbild des Kurbereiches prägen“ Dröge, Kurt in Chronik aus: Meyer, F. 2007 S. 447 312 „Die Mitgliedschaft ist Voraussetzung für Bezuschussungen des Landes bei entsprechenden Maßnahmen.“ Dröge, Kurt in Chronik aus: Meyer, F. 2007 S. 463 u. s. Kap. 3.4.1 Stadterneuerungsprogramm ‚Hist. Stadtkern’ 313 Die Novelle zum BBauG 1976 stärkte die Mitwirkungsrechte der Bürger in § 2a und die Erhaltung gewachsener Ortskerne und historischer Gebäude in § 39h. 314 Anmerkung: Planung erfordert immer eine Auseinandersetzung und Kompromisse mit den beteiligten Akteuren und ist durch Einordnung in den jeweiligen Planungszeitraum zu verstehen. Von daher gibt es keine dauerhaften idealen Lösungen. Die Verantwortlichen können das Vorhandene nur ständig weiter entwickeln. 66 Letzterem entstanden auch mehrere Initiativen für eine Stadtmarketinggesellschaft, die ebenfalls in einem gesonderten Kapitel behandelt werden. Da der Verkehr in den historischen Stadtkernen ein Dauerthema ist, wird dies im Kapitel ‚Verkehrsentwicklungsplanungen’ ausführlicher behandelt. Hier ist schon zu erwähnen, dass in der Mitte von Alt Salzuflen eine Verkehrsberuhigung zugunsten der Fußgänger deshalb gelang, weil vor der Gebietsreform der überregionale Durchgangsverkehr weitgehend aus der Innenstadt genommen wurde. 315 Allerdings wird die Kernstadt weiterhin durch zwei stark belastete Landesstraßen u-förmig umschlossen. Darüber hinaus verhindert der Kurpark mit dem Landschaftsgarten eine ringförmige Umfahrung des Kerns von Salzuflen. Dieses fehlende Ringstraßensystem um die Mitte von Alt Salzuflen erschwert die Erreichbarkeit des ausreichenden und kostengünstigen innerstädtischen Parkplatzangebotes, da dieses nicht von allen Seiten direkt angefahren werden kann. Damit beeinträchtigt der Parkplatzsuchverkehr weiterhin die Innenstadt und führt zu ständiger Kritik. Abb. 33 Bad Salzuflen: Parkplatzkonzept u. Abb. 34/35 Stadtbus-Rendezvous am historischen Rathaus (BS) Die Wohnquartiere der umliegenden Stadtteile sind durch ein gutes Straßensystem vernetzt und durch ein modernes Stadtbussystem mit Rendezvoustechnik auf dem ehemaligen Marktplatz im Stundentakt optimal verbunden. Resümee Trotz aufwendiger Planungen, Gutachten und Sanierungsförderung für die Mitte von Alt Salzuflen konnten die bundesweiten negativen Strukturveränderungen nicht aufgehalten werden. Der Kaufkraftabfluss zu den umliegenden größeren Städten, wie Bielefeld, Herford, Detmold ging weiter. Deshalb lag es nahe, nach Stilllegung der Hoffmann’s Stärkefabriken, die Idee für die Entwicklung einer ‚Neuen Mitte’ auf diesem Gelände Mitte der 1990er Jahre abermals aufzunehmen. Ob dadurch die Mitte der Gesamtstadt Bad Salzuflen neu zu definieren ist, wird im folgenden Kapitel behandelt. Abb. 36 Plan Einzelhandelskonzept 2007 315 Mit der Autobahn A2, Bundesstraße 239 (Herford-Detmold) und der neuen Ostwestfalenstraße (Bielefeld- Lemgo-Blomberg-Warburg) erfolgte eine Entlastung vom überörtlichen Verkehr. 67 3.3.3 Planungen zur ‚Neuen Mitte’ im eh. Hoffmanngelände Die Planungen für das Gelände der eh. Hoffmann’s Stärkefabriken wurden zwar erst Mitte der 1990er Jahre intensiviert, sollen aber hier schon vorab behandelt werden, da die Idee einer ‚Neuen Mitte’ zwischen den Stadtkernen von Alt Salzuflen und Schötmar für die Gesamtstadt schon mit der Planung zur Gebietsreform vorgeschlagen wurde. 316 Außerdem war mit der Errichtung eines neuen Rathauses für die Gesamtstadt auf dem Grundstück des ehemaligen Hoffmannstiftes (1975-1977) 317 schon der Anfang dieser Entwicklung eingeleitet worden. Abb. 37 Hoffmannstärkefabrik 1890 (Wikipedia 12/2010) Nach Stilllegung der Hoffmann’s Stärkefabriken im Jahre 1990 318 wurde die Idee zur ‚Neuen Mitte’ jedoch nicht sofort aufgegriffen. Nach 20 Jahren war dieser Planungsansatz entweder in Vergessenheit geraten oder niemand konnte sich zwischen den aufwendig sanierten Stadtkernen von Salzuflen und Schötmar ein neues möglicherweise konkurrierendes Zentrum vorstellen. Seitens der Verwaltung und Politik wurde zunächst zwischen verschiedenen planerischen Alternativen für eine Nachnutzung abgewogen: Die Alternative einer reinen Wohnnutzung wurde wegen der Altlasten, angrenzender vierspuriger Entlastungstrassen und Bahnlinie verworfen. Gegen eine erneute intensive gewerbliche Entwicklung sprachen die umliegenden Nutzungen mit Wohnen, Park- und Friedhofanlage und die Nähe zu den der Kurorteinrichtungen. 319 Unabhängig vom Planungsansatz zur Gebietsreform entwickelte sich die leicht umsetzbare Alternative einer Nutzungsmischung mit verträglicher gewerblicher Nutzung, Sondergebieten und Wohnen. Da jedoch die Stadt finanziell nicht in der Lage war, das Areal für die Realisierung dieses Konzeptes zu erwerben, 320 suchte die Nachfolgefirma 321 einen Käufer 316 Dröge, Kurt berichtet in Chronik, dass Stadtplaner Hartog vorschlägt, die „Hoffmann-Stärkefabrik auszusiedeln, um das Areal für die Entwicklung eines modernen, neuen Stadtzentrums zu nutzen.“ Dies „stößt auf heftige Ablehnung von Hoffmanns Generaldirektor Klein.“ S. 445 (aus: Meyer, F. 2007) 317 Dröge, Kurt in Chronik: Das neue Rathaus (geplant von Architekt Miehe) wurde im Mai 1977 in Verbindung mit den „Salzufler Tagen“ eingeweiht. S. 445 (aus: Meyer, F. 2007) 318 „1990 Hoffmann’s Stärkefabriken schließen den Produktionsstandort Bad Salzuflen. Das Unternehmen wird zu einer reinen Vertriebsgesellschaft umstrukturiert.“ (aus: Meyer, Franz 2007 S. 485) 319 Die Umweltverträglichkeitsstudie ‚Gewerbestandorte 1991’ (Karsch/Prolinheuer) empfahl die Ansiedlung von ausschließlich „Kurstadt-Konformen-Betrieben“ an nicht beeinträchtigenden Standorten. Auch im ehemaligen Gelände der Hoffmann Stärkefabrik wird die „Ansiedlung eines neuen Gewerbeparks... mit aufeinander abgestimmtem Nutzer-Mix – Handwerk, Gewerbe, Handel und Dienstleistung“ vorgeschlagen. S. 2 320 Für das Hoffmannareal hätte sich eine Entwicklungsmaßnahme nach dem BauGB angeboten. 68 für dieses Areal. Es war ein Glücksfall für die Stadt, dass sich ein örtlicher Erwerber 1994 fand, der das ehemalige Betriebsgrundstück entwickeln wollte. 322 Dadurch konnte zwischen beiden Kernstädten auf dem Gelände der ehemaligen Hoffmannstärkefabrik in den 1990er Jahren eine neue Zentralität mit großflächigem, fachmarktspezifischem Einzelhandel, Dienstleistungen, gewerblichen Betrieben und Wohnquartieren entstehen. Diese Entwicklung wird im Fallbeispiel ‚Neue Hoffmannstärke’ noch ausführlicher behandelt. Abb. 38 Prospekt 2000 Neue Hofmannstärke Zentrum Resümee Die seit der Gebietsreform vorgeschlagene ‚Neue Mitte’ für Bad Salzuflen auf dem ehemaligen Hoffmanngelände hat sich nur teilweise realisiert. Durch die streng regulierenden Festsetzungen in den Bebauungsplänen auf der Grundlage eines Einzelhandelsgutachten wurde verhindert, dass hier ein konkurrierendes Zentrum entstand. 323 Demnach war das Ziel dieser Planung, beeinträchtigende Entwicklungen für die alten historischen Stadtkerne zu vermeiden und vor allem den weiteren Kaufkraftabfluss durch großflächigen Einzelhandel, der in den Stadtkernen nicht zu realisieren war, zu verhindern. Die Idee der Planung zur Gebietsreform, hier eine Verbindung zwischen den beiden historischen Stadtkernen herzustellen, wurde durch diesen neuen Entwicklungsansatz in Angriff genommen. Der Forderung des Einzelhandelserlasses, großflächigen Einzelhandel nur in integrierten Lagen zuzulassen, wurde im begleitenden Gutachten nachgewiesen. 324 Im Fallbeispiel und bei den späteren Befragungen zur Mitte von Bad Salzuflen ist abschließend zu bewerten, ob durch diese ‚Neue Hoffmann’s Stärke’ die Mitte von Bad Salzuflen eine neue Bedeutung erhalten hat. 321 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 468: „ Hoffmann’s Stärkefabriken AG verlegen zum 1.Oktover 1993 ihren Sitz nach Hamburg. Gleichzeitig erfolgt die Umfirmierung des Unternehmens in ‚Reckitt & Colman Deutschland AG.’ Erhalten bleibt die Marke ‚Hoffmanns’ mit dem Symbol der weißen Katze.“ 322 „Der heimische Unternehmer Frank Hagmeister erwirbt große Teile des Hoffmann’s Areals.“ (Dröge S. 468) 323 Im Rahmen der B-Pläne für das eh. Hoffmanngelände wurde eine Liste innenstadtrelevanter Sortimente für Bad Salzuflen auf der Grundlage des Einzelhandelserlasses NRW erstellt. Diese wurde 2011 aktualisiert. 324 Markt- und Standortgutachten für Bad Salzuflen, 2000 69 3.4 Entwicklungsplanungen seit den 1990er Jahren 3.4.1 Stadterneuerungsprogramm ‚Historischer Stadtkern’ Zur Fortsetzung der Sanierung wurde die Stadt seit 1989 Mitglied in der ‚Arbeitsgemeinschaft Historische Stadtkerne’ in NRW. 325 Mit der Aufnahme des historischen Stadtkerns von Alt Salzuflen in das Programm‚Historische Stadtkerne’ wurde das Sanierungsgebiet erweitert und neu förmlich festgelegt. (s. Abb.) „1991 wurde beim Land NRW ein Gesamtförderantrag mit detaillierten Einzelmaßnahmen gestellt und bewilligt.“ Grundlage war eine städtebauliche Rahmenplanung einschließlich denkmalpflegerischer Bestandsanalyse. (s. Abb.) 326 Abb. 39 Förml. festgelegtes Sanierungsgebiet Alt Salzuflen 1989 u. Abb. 40 Rahmenplan Hist. Stadtkern 1992 Nachdem in den Vorjahren der Schwerpunkt in der Gestaltung des öffentlichen Raumes 327 lag, war es nun für den historischen Stadtkern Alt Salzuflen ein Gewinn, als Mitglied in der AG ‚Historischer Stadtkern’ die Sanierung und Modernisierung vieler bedeutsamer historischer Gebäude 328 seit 1989 fördern zu können, 329 die heute noch das Stadtbild prägen. Die damit verbundene Attraktivitätssteigerung der Innenstadt hatte das Bewusstsein und die Bereitschaft der Eigentümer zur Erhaltung wertvoller Bausubstanz wesentlich gesteigert. Bis 2008 lag der Schwerpunkt der zahlreich „umgesetzten Maßnahmen und Förderungen... in der Sanierung und Instandsetzung von denkmalgeschützten und stadtbildprägenden Gebäuden, während nur untergeordnet öffentliche Straßen und Grünflächen umgestaltet worden sind,“ steht im Entwicklungskonzept ‚Aktive Innenstadt Bad Salzuflen.’ 330 325 „Die Mitgliedschaft ist Voraussetzung für Bezuschussungen des Landes bei entsprechenden Maßnahmen.“ Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 463 326 St. E-Konzept AI 2009 S. 17: Rahmenplan ‚Historischer Stadtkern’ vom Büro Beltz, Sittig und Partner, Warburg 1992 (Planabbildungen aus: St. E-Konzept Akt. Innenstadt S. 17 und 18) 327 1975 Fußgängerzone Lange Straße/Dammstraße 1984 Salze Millau-Promenade/Steege/Markt 1985/6 Salzhof 328 Historische Rathaus (1545/47), Haus Backs (1581/1632), Haus Obermeyer (1618), Leopold-Bad (1904) am Rosengarten, Gelbe Schule (eh. Weiße Schule), Volkshochschule, Hotel Arminius u.a. priv. Baudenkmale. 329 St. E-Konzept AI 2009 S. 17/18: 1992-2008 betrug die Zuwendung von Bund und Land 2,2 Mio. € (Fördersatz 80% später 70%) und zusätzlich Mittel aus dem DSch für private und öffentliche Baudenkmäler i.H. von 1,8 Mio. € (Fördersatz 30-50%). 330 St. E-Konzept AI 2009 S. 18 70 Abb. 41 Hist. Rathaus;. Fachwerkhäuser Lange Str. 33-41, Haus Obermeyer u. Haus Backs Ob. Mühlenstr. 1 Neben den oben abgebildeten unstrittigen Baudenkmalen gab es auch Beispiele, denen Initiativen zur Erhaltung voran gegangen waren. Ein Beispiel war die ehemalige ‚Weiße Schule’ am Rande der Altstadt, die ein Bauträger zugunsten von modernem Wohnraum abbrechen wollte. Nach Protest und Unterschutzstellung wurde das Gebäude im Jahre 1994 saniert. Dort entstanden Räumlichkeiten für das Stadtarchiv, ein ‚soziokulturelles Zentrum’ und weiterhin für schulische Nutzungen. 331 Ein weiteres Beispiel sind die Bäderhäuser am Rosengarten, dem ehemaligen Kurpark. Sie sollten 1991 für „ein First-class-Hotel im Rosengarten“ weichen. Die in „Auftrag gegebene ‚Verträglichkeitsstudie’ sehen für ein 130-Betten-Hotel mit entsprechenden Nebenräumen drei Varianten als realisierbar an. Dabei soll ein teilweiser Erhalt der historischen Badehäuser sichergestellt werden. Als der Ortsausschuss Salzuflen diese Planung diskutiert, spricht sich allerdings in einer Fragestunde eine Mehrheit von Anwesenden gegen ein Hotel und für den Erhalt der Baulichkeiten und deren Nutzung als zentraler Therapiebereich aus.“ 332 Abb. 42 Rosengarten und Restaurant im eh. Leopoldbad (Med. Zentrum Salinenpark) Bad Salzuflen blieb von Kriegszerstörungen und Flächensanierungen nach dem 2. Weltkrieg verschont. Im Gegenteil, die Verwaltung bemühte sich um eine behutsame Stadterneuerung. Das Beispiel der Lückenbebauung in der Langen Straße am Salzhof ist hierfür ein positives Beispiel. Das Ensemble der 1970er Jahre präsentiert heute eine sensible Neubebauung. 333 Abb. 43 Gestaltung Alt Salzuflen - Salzhofbebauung (vorher/nachher aus: Baufibel) 331 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 464 u. 468 Die weiße Schule ist seit Sanierung die ‚Gelbe Schule’ 332 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 465/466 Weitere Ausführungen s. Kap. 3.5.1 ‚E-Planung Kurort’ 333 aus: Entwurf der Erh. und Gestaltungsatzung (Baufibel) 2005 S. 45 71 3.4.2 Stadtentwicklungskonzept 1992 ‚Bad Salzuflen 2000’ Anfang der 1990er Jahre ließ die Stadt auf der Grundlage mehrerer Fachgutachten einen Stadtentwicklungsplan aufstellen, in der „Absicht… die Diskussion um Ziele der Stadtentwicklungsplanung zu eröffnen und mittelfristige und langfristige Strategien und Maßnahmen aufzuzeigen. D. h. die an gedachten Vorstellungen – ‚Visionen’ – sind... weiter zu untersuchen, analytisch zu bewerten, zu belegen und Vorschläge zur Umsetzung – Handlungsanweisungen – auszuarbeiten.“ 334 Folgende für die Innenstädte bedeutsame Fachplanungen wurden erstellt: - Strukturuntersuchung des Einzelhandels in Bad Salzuflen (Econ-Gutachten) - Verkehrsentwicklungsplan (VEP) - Bestandsanalyse und Rahmenplanung historischer Stadtkern Bad Salzuflen - Vorbereitende Untersuchungen Ortskern Schötmar - Grünrahmenplan Folgende innenstadtrelevante Ziele wurden formuliert: 335 - Erarbeitung eines Konzeptes für die Gesamtstadt und - Beschluss über Stadtentwicklungsplanung - „Soviel Kurstadt wie möglich – so viel Gewerbe wie nötig!“ - Imageverbesserung für Stadt und Kurort und Stärkung „Wir Bad Salzufler Gefühl“ - Stärkung kommunaler Wettbewerbsfähigkeit (Stadt-/Citymarketing) - Stärkung und Förderung der Selbständigkeit und des Eigenlebens der Stadt/Ortsteile - Sicherung des Freiraumes, der Landschaft des Grüns (Kurstadtkapital) Als allgemeines Ziel 336 wurde die „Stärkung des Mittelzentrums mit den beiden zentralen Bereichen Bad Salzuflen und Schötmar als Geschäfts- und Versorgungszentrum“ genannt und dabei differenziert in: Bad Salzuflen: Einkaufsschwerpunkt für den täglichen und mittelfristigen Bedarf Schötmar: Einkaufsplatz für das südliche Gemeindegebiet Ortsteile: ergänzende Versorgungsfunktion und Grundversorgung des Wohnbereichs Unter dem Kapitel „Stadtgestaltung und stadträumliche Gliederung“ 337 wurden als Ziele die „Schaffung ablesbarer Siedlungseinheiten..., Verhinderung der weiteren Zersiedlung..., Abrundung bestehender Ortsteile..., die Grünzone... zwischen den Siedlungseinheiten“ genannt. Mit der o. g. Stärkung der Stadt/Ortsteile liegt hier ein „Konzept der Dezentralität und der stadträumlichen Gliederung“ zugrunde. Es beinhaltet „die Idee..., selbständige, überschaubare Stadtteile zu schaffen, die auch räumlich klar gegliedert und gegeneinander durch naturräumliche Freibereiche und Grünzonen abgetrennt sind.“ 338 Speziell für Bad Salzuflen wurde die „Erhaltung der besonderen räumlichen Struktur..., der Verbindung und des Ineinanderübergehens von Stadt, Kurbereich, Kurpark und Landschaftspark/freie Natur als Charakteristikum“ gefordert, mit dem Hinweis, dass dies in der Werbung herauszustellen ist. Im Weiteren wurde eine „Verzahnung/Integration von Park, 334 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 1 Anmerkungen 335 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 2/3 336 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 10 337 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 21 338 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 3 Hier wird die Idee der ‚gegliederten und aufgelockerten Stadt’ aufgegriffen. 72 Kureinrichtungen und Stadt (touristisches Bonbon – historische Altstadt) und damit „Sicherung des Kurortcharakters“ erstrebt. Dazu gehörte auch die „Pflege des Stadtbildes... der historischen Kuranlagen und -einrichtungen und der Pensionen der Gründerzeit.“... ° Abb. 44 Hist. Stadtkern Alt Salzuflen mit Katzenturm und Gradierwerke (aus: Website) Für beide Altstadtbereiche wurden die „Erhaltung des eigenen Charakters der historischen Altstadt Bad Salzuflen und des alten Ortskernes von Schötmar“ mit „behutsamer Stadterneuerung“ und die „Erhaltung des innerstädtischen Wohnens“ und die „Verbesserung des Stadtgrüns, Bäume im Straßenraum“ als Ziele genannt. 339 ° Abb. 45 Alt Salzuflen Am Markt und Abb. 46 Schötmar vom Markt in Begastraße Insbesondere für Sonder- und Repräsentativbauten wurde eine moderne Architektur gewünscht, die „stadtbildprägend und imagebildend“ ist und „einen Kontrast zur Altstadt“ bietet. Stadträume, wie Plätze und Fußgängerzonen sollten durch Gestaltung und Möblierung eine „Verbesserung der Aufenthaltsqualität“ und „Bereicherung des Stadtbildes“ erhalten. Für die Stadt- und Wohnbereiche wurde die „Berücksichtigung stadtökologischer Aspekte und umweltorientierter Bauplanung, Durchgrünung,... der „kind- und familiengerechte Wohnungsbau“ und das „Mehrgenerationen-Wohnen“ gefordert. 340 Abb. 47 Neubauten: Ostertor Galerie mit Hotel – Geschäftshaus Lange Str. - Hotel Arminius Ritterstr. 339 ° Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 21 Abb. Markt aus: Website 12/2010 u. Abb. Begastraße aus: Brand, F. S. 54 340 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 22 Abb. Fotos Neubauten aus: St. E-Konzept ‚Akt. Innenstadt’ S. 41 (Website) 73 Auf der Grundlage dieser Zielvorgaben wurden für beide Stadtzentren Maßnahmen zur Stadterneuerung und Sanierung aufgelistet, die sich aber von den Maßnahmen der vorangegangenen Untersuchungen nicht unterscheiden. 341 Neu ist, dass nach dem VEP eine „integrierte Verkehrsplanung“ 342 beansprucht wurde, die sich „an stadtbildgestalterischen, wohnumfeldbezogenen und allgemeinen stadtökologischen und stadtentwicklungspolitischen Belangen“ zu orientieren hatte und deren Ausrichtung nicht mehr autogerecht war. Hieraus entwickelte sich die Forderung nach einer „Verbesserung des ÖPNV-Angebotes,“ 343 aus der sich seit 1994 der heutige Stadtbus mit der Rendezvoustechnik und dem zunächst halbstündigen und heute stündlichem Takt 344 entwickelt hatte. Die Verbesserung des Parkplatzangebotes spielte bei dem Thema „Errichtung von Anlagen für den ruhenden Verkehr“ 345 eine untergeordnete Rolle, da der Bedarf durch die Investitionen in den Vorjahren ausreichend gedeckt war. Deshalb wurden Vorschläge für weitere Parkplatzanlagen 346 bis heute nicht realisiert. Der VEP wird noch in Kap. 3.5.3 vertieft. Mit der Eingemeindung von insbesondere den gewerblich orientierten Ortsteilen Schötmar und Holzhausen erhielt Bad Salzuflen ein zweites wirtschaftliches Standbein. In der ‚Umweltverträglichkeitsstudie Gewerbestandorte’ 347 wurde die Ansiedlung von ausschließlich „Kurstadt-Konformen-Betrieben“ an nicht beeinträchtigenden Standorten empfohlen. Im ehemaligen Gelände der Hoffmann’s Stärkefabriken wurde ebenso die „Ansiedlung eines neuen Gewerbeparks... mit aufeinander abgestimmtem Nutzer-Mix – Handwerk, Gewerbe, Handel und Dienstleistung“ 348 vorgeschlagen. Hierauf wird im Fallbeispiel ‚Neue Hoffmann’s Stärke’ noch näher eingegangen. Abb. 48 Messezentrum Bad Salzuflen mit Lageplan (Website) Die neuere Entwicklung einer Messe gestaltete sich zusehends zu einem weiteren wirtschaftlichen Standbein. Hierfür wurde ein „Konzept zur Förderung und Stärkung Bad Salzuflens als Messe- und Kongressstadt“ gefordert, 349 da hierfür eine „gute Basis vorhanden“ war. Dies hätte der Betreiber im eigenen Interesse erstellen sollen. Jedoch hatte sich die Messe ohne ein solches Konzept durch schrittweise Erweiterungen, Erwerb von weiteren Grundstücken etc. nach und nach zur heutigen Größe entwickelt und wurde (ohne Entwicklungskonzept) für die Stadt von überregionaler Bedeutung. 350 341 Bad Salzuflen 2000 1992) S. 23 342 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 24 Verkehrsentwicklungsplan VEP (s. Kap. 3.5.3) 343 Bad Salzuflen 2000 S. 25 Öffentlicher Personennahverkehr ÖPNV mit Stadtbus (s. Kap. 3.5.3 ‚Verkehr’) 344 Im Rahmen der Haushaltskonsolidierung im Jahre 2008 wurde aus dem Halbstundentakt ein Stundentakt. 345 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 25 Neu ist der Vorschlag einer Parkraumbewirtschaftung mit Anwohnerparkplätzen um die Innenstadt von Alt Salzuflen. 346 Weitere Vorschläge waren: Parkhaus Platanenstraße Schötmar und Tiefgarage Mauerstraße Salzuflen 347 Untersuchung ‚Gewerbestandorte’ erfolgte vom Büro Karsch/Prolinheuer im Jahre 1991 348 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 27 349 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 28 Das Messezentrum gehört zu den 15 wichtigsten der BRD (LZ 2/4.01.2011) 350 Betreiber der Messe ist die Familie Reibchen. Seit März 1991 „können in der neuen Halle (20 mit 14.000 qm) große Veranstaltungen mit überregionaler Bedeutung stattfinden. Die Aktivitäten im Messebereich wirken sich positiv auf Gastronomie, Hotellerie und Einzelhandel in der Stadt aus.“ Dröge, Kurt in Chronik S. 465 74 Als „Stärkung des Mittelzentrums“ wurden die „Bindung und der Zugewinn des Kaufkraftpotentials für den täglichen und periodischen Bedarf auch in Konkurrenz zu den Nachbarstädten“ als Ziel genannt. Als Maßnahmen für Bad Salzuflen 351 wurden aufgezählt: - Ansiedlung eines Kaufhauses mit Passage im Bereich Bahnhof-/Oster-/Grabenstraße - Bau einer City-Passage mit Wohnen im Bereich Lange/Herforder/Brüderstraße - Bau von zwei Hotels, eines Motels in der Nähe der B239 und - Sport und Fitness in Verbindung mit einem Hotel Für den Bereich Schötmar empfahl das Konzept vor allem die Erneuerung des öffentlichen Verkehrsraumes, wie Krumme Weide, Schlossstraße, Kirchplatz und Bahnhofsbereich. Um die Ziele für die Kurstadt besser definieren zu können, wurde die „Erstellung eines „Gutachtens über die Entwicklung des Kur- und Fremdenverkehrs“ vorgeschlagen. 352 Als Ziel wurde hier die Stärkung der privaten Pensionen und Kurheime genannt. 353 Ebenso wurden der „Bau und die Errichtung zusätzlicher Kurkliniken in Verbindung mit dem Bewegungszentrum“ erneut aufgegriffen. Das Bewegungszentrum wurde modernisiert. Das alte Therapiezentrum wurde durch ein neues ersetzt. Der Anregung, für beide Einrichtungen einen neuen Namen zu finden, wurde gefolgt. Heute nennt sich das Bewegungszentrum ‚VitaSol-Therme’ und das Therapiezentrum ‚Vital-Zentrum.’ Hierauf wird im Kapitel ‚Entwicklung Kurort’ noch näher eingegangen. Alle Ziele gingen noch von einem Wachstum aus, sowohl in der Bevölkerung 354 als auch in der Anzahl der Kurgäste und im Wirtschaftswachstum. Eine zusätzliche Chance wurde darin gesehen, dass die Menschen immer älter werden 355 und damit mehr die Kurorte aufsuchen. Auf der anderen Seite tragen sie zur „Überalterung für das gesamte Stadtgebiet“ 356 bei, wobei die Kernstadt am meisten betroffen ist. 357 In diesem Zusammenhang ist der Vorschlag zum „Wohnungs-Mix“ und „Mehrgenerationen-Wohnen“ zu sehen, wie auch die „Ansiedlung einer Fach(hoch)schule,“ 358 wie z.B. für den Hotel- oder medizinischen Fachbereich. Dadurch könnte eine Verjüngung der Gesellschaftsstruktur erreicht werden, aber auch das Image für die Stadt aufgebessert werden. Zum Thema Wohnen wurde eine „Wohnungsmarktanalyse“ und die „Einrichtung eines Bodenfonds“ zur Preisregulierung vorgeschlagen, wie dies schon Ernst Buhr 1922 in seiner Dissertation empfahl. 359 Einige Ziele des Stadtentwicklungskonzeptes ‚Bad Salzuflen 2000’ fanden 1994 Eingang in die umfangreiche Überarbeitung des Flächennutzungsplanes, den Verkehrsentwicklungsplan und in die Stadtentwicklungspläne ‚Kurkliniken’ (1993) und ‚Kurort’ (1999). Im Kapitel über die ‚relevanten Fachplanungen für die Stadtmitte’ sind weitere Ausführungen zu finden. 351 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 32 Anmerkung: Realisiert wurden beide Passagen-Center u. zwei neue Hotels 352 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 33 und s. Kap. 3.5.1 ‚Entwicklungsplanungen zum Kurort’ 353 Dies Ziel lehnte der Kurdirektor Dieter Eibach 1988 in seiner Stellungnahme ab. Seiner Anregung zur Klinikerweiterung und Maßnahmen zum Vitasol und RehaVital wurden planerisch aufgenommen. 354 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 2 355 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 34 (Schon Buhr nannte 1922 und Hartog 1969/73 die Senioren als Chance) 356 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 5 357 In der Kernstadt von Bad Salzuflen betrug das Durchschnittsalter 47,8 Jahre, ansonsten 42,8 Jahre 358 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 5 Wohnungs-Mix S. 22 Mehrgenerationen-Wohnen S. 27 Fachhochschule 359 Bad Salzuflen 2000 (1992) S. 6 und s. Dissertation Buhr, Ernst 1922 S. 184 75 Abb. 49 Plan: 50. Änderung des Flächennutzungsplanes von Bad Salzuflen 1994 360 Resümee Mit dem Stadtentwicklungskonzept 1992 ‚Bad Salzuflen 2000’ hatte die Verwaltung die Planung seit der Gebietsreform aktualisiert. Es war eine gute Grundlage für die 50. Änderung des F-Planes und die weiteren Diskussionsprozesse zur Stadtentwicklung in Bad Salzuflen. In der Planung zur Gebietsreform und im Flächennutzungsplan wurden die Stadtkerne von Alt Salzuflen und Schötmar als nahezu gleichwertige Zentren eingeordnet, die durch Sanierungsmaßnahmen zu stärken sind, um die Kaufkraft zu binden. Im Entwicklungskonzept 1992 wurden den Zentren von Alt Salzuflen, Schötmar und den Ortsteilen unterschiedliche Funktionen zugeordnet. Schötmar hatte in diesem Konzept für den südlichen Stadtbereich eine zentrale Funktion, obwohl die konkurrierenden Nahversorgungszentren der umliegenden stark angewachsenen Ortsteile dies damals schon in Frage stellten. Diese gesamtstädtische Entwicklung verdeutlicht, dass die Auflage der Bez. Reg. im F- Plan, nur Salzuflen und Schötmar zu stärken, nicht erfüllt wurde. Die Attraktivitätssteigerung durch Erhaltungs- und Gestaltungsmaßnahmen war in beiden Zentren gelungen. Trotz der fehlenden Entlastungstrassen nach dem GVP konnte durch Verkehrsberuhigungsmaßnahmen - insbesondere in Alt Salzuflen - die Attraktivität der 360 Abb. F-Plan aus: Anlage zur Beschlussvorlage Rat Dr.S. 408/1993 76 historischen Stadtkerne gesteigert werden. Mit der Aufwertung des Kurbereichs, der Öffnung der Salze mit Promenade und der Gestaltung der Langen Straße und des Salzhofs zur Fußgängerzone entstand in Salzuflen eine attraktive Mitte zum ‚Bummeln und Einkaufen.’ Die Kaufkraftbindung an den Einzelhandel von Bad Salzuflen konnte jedoch nicht zufrieden stellend erreicht werden. Ein Hinweis im Konzept auf eine neue Zentralität im ehemaligen Hoffmanngelände fehlte, obwohl die Firma zu der Zeit schon nicht mehr produzierte. Eine Fortschreibung des ‚Stadtentwicklungskonzeptes 1992’ erfolgte mit dem ‚Stadtentwicklungskonzept 2020,’ das im Jahre 2008 startete und die Grundlage für einen neuen Flächennutzungsplan ist. 361 Seit 2009 wurde dazu parallel mit dem städtebaulichen Entwicklungskonzept ‚Aktive Innenstadt Bad Salzuflen’ aufbauend auf den ‚Masterplan Innenstadt’ (2008) die Diskussion zur Innenstadtentwicklung fortgesetzt. Beide Konzepte basieren auf den Prozess der ‚lokalen Agenda 21,’ der im Jahre 1998 begann und in dem aktualisierte Leitbilder für die zukunftsbeständige Entwicklung der Stadt formuliert wurden. Ab. 50 Ortsteile in Bad Salzuflen (aus: Website Bad Salzuflen 12/2010) Weitere Ausführungen über die Leitbilder, die Stadtentwicklungskonzepte der Gesamtstadt und Innenstadt Alt Salzuflen erfolgen in den nachfolgenden Kapiteln. Die Fachplanungen im Kapitel 3.5 vertiefen diese Ausführungen. 361 Der neue F-Plan für Bad Salzuflen soll nach der Haushaltsgenehmigung ab 2012 erarbeitet werden. 77 3.4.3 Leitbild für die zukunftsbeständige Entwicklung ‚Lokale Agenda 21’ Bereits 1992 wurde in Rio de Janeiro die ‚Agenda 21’ auf den Weg gebracht. Dort trafen sich die Staaten der Welt zum bis dahin größten Umweltgipfel, der UN-Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung und haben „Leitbilder für die Lösung der gegenwärtigen sozialen, ökonomischen und ökologischen Krisen formuliert.“ 362 Viele Leitbilder waren bereits aus der Umwelt- und Entwicklungspolitik bekannt. Neu sind zwei Ansätze, wie in der Dokumentation des Auftaktprozesses ° nachzulesen ist: 1. „Ökologie, Ökonomie und soziale Sicherheit bilden eine untrennbare Einheit. Dieser integrative Lösungsansatz ist der wesentliche Kern des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung.“ 2. Die konkret vor Ort notwendigen Maßnahmen werden nicht von oben verordnet, sondern im Dialog zwischen Bürger/innen, Politik und Verwaltung erarbeitet. Die Ergebnisse dieses Dialogs finden Eingang in einen lokalen Handlungskatalog: die lokale Agenda 21.“ 363 ° Deshalb waren alle Kommunen aufgefordert den lokalen Prozess durchzuführen. Im August 1997 wurde die politische Diskussion durch eine Informationsvorlage des Umweltamtes eingeleitet. Daraufhin wurde das Umweltamt beauftragt, den weiteren Prozess zu steuern. Es wurde eine Arbeitsgruppe bei der Stadt und später ein Agenda Lenkungskreis, bestehend aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen in der Stadt, eingerichtet. Die Auftaktveranstaltung im November 1998 war mit 300 Teilnehmern ein Erfolg. Vorangegangen war ein Vorbereitungsprozess mit Informations-Aktionen. In der Dokumentation wird von einer „Initialzündung“ 364 gesprochen, die sich in den folgenden vier Arbeitsgruppen fortsetzten: 1. Bauen, Wohnen, Verkehr, Landschaft, Stadtplanung 2. Arbeit, Ausbildung, soziale Verantwortung, Familie, Jugend, Frauen 3. Kultur, Sport, Freizeit, Vereine 4. Wirtschaft/Stadtmarketing „Die lokale Agenda 21 lebt weiter im Zukunftsforum Bad Salzuflen“ schreibt die LZ am 18.08.2000. Aus den Diskussionen der Arbeitsgruppen im Laufe des Jahres 1999 wurde ein Handlungsprogramm entwickelt, das im Wesentlichen im Leitbild für die zukunftsbeständige Entwicklung der Stadt Bad Salzuflen dokumentiert wurde. Die Leitbilder sind sehr allgemein formuliert und könnten auch für andere Kurstädte gelten. 365 Beispielhaft werden hier einige für die Innenstädte relevante Leitbilder zitiert: „...Die besondere Anziehungskraft der Stadt beruht auf dem gewachsenen Ambiente einer gepflegten Kurstadt in einem gut erhaltenen historischen Stadtbild mit Zeugnissen der Weserrenaissance, seinen offenen Gewässern und Quellen sowie in dem gelungenen Übergang zwischen Stadt und Landschaft. Diese Merkmale werden in der Gestaltung der Stadt betont... 362 Leitbild Agenda 21 BS 2000 S.2 363 ° Dok. Auftaktveranstaltung Agenda 21 in BS 1998 S. 3 364 Dok. Auftaktveranstaltung Agenda 21 in BS 1998 S. 12 s. auch Dröge/Meyer, F. S. 474 365 Die Begründung für die allgemeinen Formulierungen liegt im Wechsel der politischen Mehrheiten 1999. 78 Die Bedeutung des Staatsbades und seiner Einrichtungen für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt ist hoch.... Bad Salzuflen hat als sportlich vitale, aktive Kurstadt ein attraktives Image: Angebote... Der Kurbetrieb ist dadurch ein starker Wirtschaftsfaktor: Stadt und Bad arbeiten zusammen auf der Grundlage eines abgestimmten Konzepts für Tourismus und Kur in der Gesundheitsregion BS... Bad Salzuflen besitzt als regionale Einkaufsstadt eine abwechslungsreiche Handelslandschaft ... Der Einzelhandel in den Zentren wird auch dadurch gefördert, dass der Verkauf von zentrumstypischen Sortimenten in den Gewerbegebieten und außerhalb der Ortsteilzentren nicht zugelassen wird.... Die attraktiv gestalteten, durchgrünten Einkaufsbereiche laden zum Bummeln und Verweilen ein.... Aktives Citymanagement und Stadt unterstützen Handel, Gastronomie und Vereine bei ihrer engen Zusammenarbeit. Alle Beteiligten führen regelmäßige Aktionen und Veranstaltungen durch, die für hohe Frequenz in der lebendigen, zeitgemäß gestalteten Innenstadt sorgen. Leistungsstarke und abwechslungsreiche Gastronomie erfüllt durch hohe Qualität die unterschiedlichen Ansprüche von Einheimischen und Gästen... „Bad Salzuflen arbeitet mit den Nachbarn in der Region auf der Grundlage eines zukunftsfähigen Entwicklungskonzeptes zusammen.“ 366 Abb. 51 Titelseite Leitbild B.S. 2000 Resümee Das Leitbild der ‚lokalen Agenda 21’ für die zukunftsbeständige Entwicklung der Stadt Bad Salzuflen im Jahre 2000 ist sehr allgemein formuliert – ähnlich einem Werbeprospekt - und ist mit den städtebaulichen Leitbildern bzw. Zielsetzungen der vorher besprochenen lokalen Planungen nicht vergleichbar. Trotzdem wird das Leitbild für die weiteren Untersuchungen eine Rolle spielen, da es im Haushalt der Stadt als strategische Ziele in den Folgejahren mit aufgenommen wurde. 367 Außerdem war es Grundlage für die Stadtentwicklungskonzepte ‚STEK 2020’ und ‚Aktive Innenstadt,’ die in den nachfolgenden Kapiteln behandelt werden. 366 Leitbild Agenda 21 BS 2000 S. 4, 7, 8 u. 15 (S. den Abs. 1-4 zugeordnet) 367 Haushaltsentwurf 2010 gliedert das Leitbild in 6 Handlungsfelder und zitiert dazu Leitsätze aus dem Leitbild. 79 3.4.4 Stadtentwicklungskonzept Bad Salzuflen 2020 für neuen F-Plan „Aufbauend auf dem beschlossenen Leitbild 2000 für Bad Salzuflen“ wurde in den Jahren 2008 bis 2010 ein Stadtentwicklungskonzept STEK 2020 erstellt, das als Grundlage für die Neuaufstellung des F-Planes dienen soll. 368 Die „Erarbeitung ist als offener und transparenter Planungsprozess zu gestalten, in dem Bürger, Interessengruppen, Parteien etc. frühzeitig und kontinuierlich eingebunden sein sollen.“ Kein „abschließender Gesamtentwicklungspan“ sollte aufgestellt werden, da „es sich hier um einen prozesshaften Vorgang der Steuerung einer ständig im Fluss befindlichen Entwicklung mit den Mitteln der städtebaulichen Planung handelt.“ 369 - s. Abb. 52 rechts > Nach der Auftaktveranstaltung im Januar 2009 wurde in 3 Planungswerkstätten mit den Bürgern diskutiert. Darüber hinaus wurde eine ‚planBAR’ im Rahmen der City- Offensive ‚Ab in die Mitte’ (2008) eingerichtet, die auch für die Ortsteilgespräche (2009-10) geeignet war. Bei der Abschlussveranstaltung im Oktober 2010 wurde deutlich, dass aufgrund der intensiven Beteiligungsverfahren ein für alle Beteiligte zufrieden stellendes Ergebnis vorlag. 370 Die Neuaufstellung des F-Planes ist aufgrund der veränderten „Rahmenbedingungen, wie die demographische Entwicklung, der Strukturwandel u.a. im Kurbereich, dem Tourismus und Einzelhandel sowie die damit verbundenen siedlungsstrukturellen Veränderungen“ nach 35 Jahren notwendig. Die in den letzten Jahren erstellten Konzepte sind dabei zu integrieren. Für die Zentren der Stadt Bad Salzuflen gelten dabei folgende Zielsetzungen: 371 - Stärkung der Zentren Bad Salzuflen und Schötmar 372 - Zukunft des ‚Kurortes’ als Gesundheits- und Erholungsstadt - Stärkung der Eigenentwicklung und Identität der Ortsteile (als Teile des Ganzen) Die Beobachtungen als Beteiligter bei den Planungsabläufen und Befragungen mit der planBAR verdeutlichten, dass viele Bürger die Planungen für überflüssig hielten, da sie ihnen kaum neue Erkenntnisse brachten. Städtebaulich wurden die Planungen der letzten Jahrzehnte noch einmal bestätigt, bei der Verkehrsplanung tauchten die alten nicht lösbaren Konflikte auf und die landschaftspflegerischen Belange waren - wie vorher auch - unstrittig. Einerseits ist es beruhigend, wenn neue Planungen alte bestätigen und nur unwesentlich eine Fortentwicklung aufzeigen. Anderseits bestimmte den Planungsprozess doch eine neue Sichtweise: 368 Der F-Plan ist seit 1973 wirksam und wurde 1998 im Rahmen der 50. Änderung überwiegend redaktionell, nicht inhaltlich überarbeitet. Die Neuaufstellung begann mit dem STEK 2020 ab 2010 (s. Dr.S. 2/2008 S. 3) 369 Dr.S. 2/2008 S. 3 Grundlage ist das Leitbild der lokalen Agenda 21 für die Stadt aus dem Jahre 2000. 370 Dr.S. 231/2010 Der Rat beschloss das STEK 2020 am 15.12.2010 371 Dr.S. 2/2008 S. 3 372 Berücksichtigung der Empfehlungen des ‚Zentren- und Nahversorgungskonzept Bad Salzuflen’ (2007), des Masterplan zur Gestaltung der Innenstadt Bad Salzuflen (2008) und der Entwicklung des Ortskern Schötmar. 80 „Merkmal des STEK ist eine fach- und ressortübergreifende Betrachtungsweise... Ein besonderes Augenmerk genießen die Perspektiven der zwölf Ortsteile, Ziel für das STEK ist allerdings eine von gesamtstädtischem Denken geprägte gemeinsame Leitlinie der künftigen Entwicklung... Für das STEK sind wichtige Herausforderungen... der Klimawandel..., die Folgen der Weltwirtschaftskrise und der demographische Wandel.“ 373 Der oben schon angesprochene Erarbeitungsprozess mit ‚intensiver Beteiligung’ ergänzt die neue Sichtweise. Hieraus ergibt sich eine umfangreiche Darstellung der Ortsteilprofile, die für diese Arbeit weniger bedeutsam ist. Die vertiefenden Fachbeiträge zur Landschaft, Mobilität und zum Einzelhandel - die in den Kapiteln der Fachplanungen näher erörtert werden – sind aus den vorangegangenen gesamtstädtischen Entwicklungsplanungen bekannte Begleitpläne. Zur Unterstützung der planerischen Diskussion erfolgten eine Gegenüberstellung von Stärken und Schwächen und die Benennung von Herausforderungen: 374 Stärken Schwächen Bekanntheitsgrad durch Kurorttradition, historische Altstadt u. Kurpark Rückläufige Übernachtungszahlen Wirtschaftskraft aus drei Säulen: Messe, Mittelstand und Gesundheit Geringe Kaufkraftbindung Lage an der A 2, Nähe zu Bielefeld und Herford Aktuell: fehlende Flächenangebote für emittierende Betriebe Vielfältige Ortsteile und Wohnungsangebote Kleinteilige Siedlungsstruktur Gute Bildungs- u. Betreuungsangebote für Kinder und Jugendliche Geringe Anteile nichtmotorisierten Verkehrs Wanderungsgewinne: Zuzüge größer als Fortzüge z.T. Modernisierungsrückstände u. monostrukturierte Wohngebiete Attraktive Landschaftsräume Abb. 53 (KS) Als besondere Herausforderungen wurden genannt: 1. Der demographische Wandel mit Rückgang der Einwohnerzahl insgesamt, weniger Kinder und Jugendliche sowie Erwerbsfähige und Zunahme der Altersgruppe 60plus 2. Die begrenzte Finanzkraft der öffentlichen Hand 3. Die ausgewogene Stadtentwicklung mit Blick auf gesamtstädtische und ortsteilbezogene Interessen Für die Ziele der Stadtentwicklung sind die Stärken und Potentiale der Stadt Ausgangspunkt. Sie führen zu Handlungsschwerpunkten sowie Maßnahmen und Projekten. Die Stärkung der Gesamtstadt und der Ortsteile werden hier wie folgt hervorgehoben: (1) „Das STEK setzt auf eine ausgewogene Entwicklung der städtischen Teilräume mit einer starken Gewichtung der gesamtstädtischen Interessen.... Die Vielfalt der Ortsteile stellt ein wesentliches Potenzial für Bad Salzuflen dar.“ Dabei sind sowohl das „Zugehörigkeitsgefühl zur Gesamtstadt“ als auch das „Wir-Gefühl in den einzelnen Ortsteilen... zu fördern.“ (2) Zur „Stärkung der Innenstadt“ ist in ihnen eine „Anziehungskraft für alle Altersgruppen, Einheimische und Gäste zu entfalten.“ Es sind das „historische Ortsbild, die Gestaltung der öffentlichen Räume“ und eine „Funktionsvielfalt mit Wohnen, Handel, Gastronomie, Hotels und Pensionen“ zu sichern... 373 STEK 2020 S. 1 Ressorts: Wohnen incl. Infrastruktur, Verkehr, Wirtschaft, Kultur, Bildung und Freizeit. 374 STEK 2020 S. 63 f. 81 ...Weitere Ziele zum ‚Kurort’ und ‚Verkehr’ werden im Kapitel ‚Fachplanungen’ erörtert. 375 Ergiebiger und konkreter wurde es bei dem abschließenden Entwicklungskonzept, 376 das über Zielbildskizzen den Kernbereich für Bad Salzuflen - den Bereich für die zukünftige Innenentwicklung - neu definiert. Dies war ein Hauptthema in den Werkstattgesprächen. Das Ergebnis wurde einmütig dort und auch in den politischen Gremien festgehalten. Abb. 54 (s.o.) stellt das Ergebnis aus der Abwägung und Diskussion zur ‚Innenentwicklung’ im Plan dar. Für das Entwicklungskonzept ‚Kernbereich’ ergeben sich folgende Eckpunkte: „Eine ausschließliche Konzentration auf nur einen Kern wird mehrheitlich abgelehnt. Die bestehende Vielfalt der Zentren soll auch weiterhin ein wichtiges Leitbild der Stadtentwicklung sein. Dabei gelte es zu prüfen, welche Aufgaben die jeweiligen Ortsteile und Zentren übernehmen können. ... Die Elemente des Landschaftsstrukturbilds werden für die Übernahme in das Entwicklungskonzept empfohlen.“ 377 Sollte der zukünftige F-Plan dieses Entwicklungsziel bauleitplanerisch übernehmen, so wird sich der „räumliche Handlungsschwerpunkt“ bzw. die bauliche Siedlungsentwicklung auf die drei Ortsteile Salzuflen, Schötmar-Ehrsen und Werl-Aspe-Knetterheide beschränken. Das übrige Stadtgebiet ist als Landschaft mit einzelnen ‚Streusiedlungen’ zu definieren. Hierauf wird noch im Kapitel ‚Landschaft und Grünordnung’ eingegangen. 375 STEK 2020 S. 66 f. 376 STEK 2020 S. 72 f. 377 STEK 2020 S. 74 82 Als Ziele für die Entwicklung und Attraktivitätssteigerung des Kernbereichs Alt Salzuflen wurden die Erhaltung stadtbildprägender Bauten, Aufwertung des Kurbereichs, Stärkung der Wohnfunktion und die bessere Erreichbarkeit zu Fuß und per Rad genannt. Diese Ziele sind nicht neu. Als Schlüsselprojekt wurde die „Modernisierung öffentlicher Räume, wie Kurpark, Lange Straße und Salze“ genannt. Dies sind Maßnahmen, die aus dem parallel erarbeiteten ‚Masterplan Innenstadt’ resultierten, der im nachfolgenden Kapitel erörtert wird. Im Plan für den Kernbereich Salzuflen wurden die räumlichen Handlungsschwerpunkte dargestellt. 378 Abb. 55 Handlungsschwerpunkt Innenstadt (STEK 2020) Die Ziele und Vielfalt der Zentren werden im Konzept wie folgt beschrieben: „Zentren sind wichtige Imageträger für die Gesamtstadt, die eine überörtliche Ausstrahlung entfalten. Ein wesentliches Merkmal eines Zentrums ist die Funktionsvielfalt: Handel und Dienstleistungen, Kultur und Freizeit, Aufenthalts- und Treffpunktqualität aber auch Wohnnutzungen machen gemeinsam mit Stadtbild und Freiraum die Anziehungskraft der Zentren aus. 379 Die Innenstadt von Alt Salzuflen sticht mit der „Vielfalt seiner Angebote“ hervor. Schötmar hebt sich von den übrigen Stadtteilzentren „durch die Stadtbildqualität und Angebotsvielfalt“ ebenso ab. Knetterheide bietet eine „gute Versorgung für den täglichen Bedarf.“ In den Ortsteilen Lockhausen, Holzhausen und Wüsten ist eine „ausreichende Grundversorgung“ vorhanden. Das neue Zentrum im eh. Hoffmangelände bleibt unerwähnt. „Die Bedeutung der Zentren soll auch künftig gesichert werden. Dazu zählt eine restriktive Haltung gegenüber Einzelhandelsneuansiedlungen außerhalb der Zentren.“ 380 378 STEK 2020 S. 82 f. 379 STEK 2020 S. 75 vgl. ‚Zentren- u. Nahversorgungskonzept’ 2007 u. Kap. 3.5.4 ‚Einzelhandelsgutachten’ 380 STEK 2020 S. 75 s. auch Ratsbeschluss 2008 zum ‚Zentren- u. Nahversorgungskonzept’ 2007 83 Als Ziele für den Kernbereich Schötmar wurde die„Erhöhung der Zentralität, Stärkung der Nahversorgung und Wohnfunktion“ und die „erhöhte Erlebbarkeit der Flüsse“ (Bega und Werre) genannt. Die Begastrasse als Einkaufsstraße „ist in hohem Maße identitätsbildend für den Ortsteil“ und „der Kirchplatz bietet gute Voraussetzungen, stärker zum sozialen Treffpunkt entwickelt zu werden.“ Als Ergänzungsstandorte der Nahversorgung wurden die Schlossstrasse und Uferstrasse eingestuft. Für die Krumme Weide wurde mit Blick auf die Leerstände eine „Änderung des Leitbildes“ in Richtung alternativer Nutzungen empfohlen. 381 Abb. 56 Handlungsschwerpunkt Schötmar/Ehrsen (STEK 2020) Resümee Die Erarbeitung eines Stadtentwicklungskonzepts für die Fortschreibung bzw. Neuaufstellung des F-Planes ist aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen notwendig. Die Planungen für Salzuflen 1969 mündeten in den ersten F-Plan 1973. Das Stadtentwicklungskonzept 1992 fand Eingang in eine umfangreiche Überarbeitung des F-Planes 1994 und in Fachplanungen, deren Erarbeitung schon als informelle, prozessgesteuerte Planungen zu deuten ist. In der Leitbilddiskussion der ‚Lokalen Agenda 21 und des ’Stadtentwicklungskonzept 2020’ fand dieser Planungsansatz seine Fortsetzung und bewirkte eine noch größere Akzeptanz und Identifikation mit den Planungszielen und Leitbildern bei den örtlichen Akteuren aller Ortsteile. Das parallel diskutierte Entwicklungskonzept zur ‚Aktiven Innenstadt’ mit Masterplan förderte diesen Prozess. Der neu definierte Kernbereich bzw. der Schwerpunkt mit „Vorrang der Innenentwicklung“ ist als eine bedarfsorientierte Planung im Sinne des BauGB und dessen Novellierung zu werten. Gegenüber der Auflage der Bezirksregierung 1973, mit Konzentration auf Salzuflen und Schötmar, ist der Besiedlungsraum durch Knetterheide-Werl-Aspe größer geworden. 382 381 STEK 2020 S. 90 f. 382 STEK 2020 S. 75 Anm. 1972 empfahl Bez. Reg. eine ‚Innenentwicklung’ mit Salzuflen und Schötmar. 84 3.4.5 Aktive Innenstadt Bad Salzuflen mit Masterplan Innenstadt 2009 wurde das städtebauliche Entwicklungskonzept ‚Aktive Innenstadt Bad Salzuflen’ (AI) für das neue Förderprogramm ‚Aktive Stadt- und Ortsteilzentren’ 383 vom Fachdienst Stadtplanung und Umwelt fertig gestellt. Es basierte auf den Masterplan ‚Innenstadt’ aus dem Jahre 2008. Im Vorwort wurde als übergeordnetes Ziel „die Stärkung des zentralen Versorgungsbereiches, die Erhaltung und Verbesserung der Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt für Bewohner und Gäste sowie Förderung der Stadtbaukultur durch qualitätsvolle Neubebauung oder Umgestaltung öffentlicher Flächen“ genannt. 384 Abb. 57 Abgrenzung des Untersuchungsbereichs ‚Aktive Innenstadt Bad Salzuflen’ Wie im Sanierungsgebiet war ein „Untersuchungsbereich“ festzulegen, der „eine etwa 36,9 ha große Fläche mit dem historischen Stadtkern und der erweiterten Innenstadt“ umfasst. „Gegenüber der bisherigen Abgrenzung des Stadterneuerungsprogramms ‚Historischer Stadtkern Bad Salzuflen’ wurde der Untersuchungsbereich... erweitert.“ Insbesondere die Osterstraße mit der Ostertor-Galerie und das Bahnhofsumfeld sind Erweiterungsbereiche. 385 383 Die Städtebauförderung ‚Aktive Stadt- und Ortsteilzentren’ ersetzt in Bad Salzuflen das Programm des Landes NRW ‚Historische Stadtkerne’ und läuft von 2008 (Masterplan) bis 2014. (Dr. S. 198/2008) 384 St. E-Konzept AI 2009 S. 8 385 St. E-Konzept AI 2009 S. 11/12 mit Abgrenzungsplan 85 Im Konzept wurde darauf hingewiesen, dass „die Stadt durch eine bipolare Zentrenstruktur“ geprägt und beide Zentren durch „neue Nutzungen auf dem ehemaligen Betriebsgelände der Hoffmann’s Stärkefabriken (mit großflächigen Einzelhandel, Gewerbe, Dienstleistungen u. Wohnen) und das neue Rathaus auch städtebaulich miteinander verbunden ist.“ 386 Weiterhin wurde im Konzept auf die Planungs- und Beteiligungsprozesse der Jahre 1999 bis 2008 näher eingegangen, die sich in dieser Zeit verstärkt hatten. Als erstes wurde darauf hingewiesen, dass das Leitbild des Prozesses ‚Agenda 21’ nach dem Ratsbeschluss 2000 „für alle Entwicklungsüberlegungen verbindlich“ wurde. 387 Demnach sind folgende für die Innenstadt relevanten Leitziele aus der Agenda 21 zu berücksichtigen: „Die besondere Anziehungskraft der Stadt beruht auf dem gewachsenen Ambiente einer gepflegten Kurstadt in einem gut erhaltenen historischen Stadtbild mit den Zeugnissen der Weserrenaissance, seinen offenen Gewässern und Quellen sowie in dem gelungenen Übergang zwischen Stadt und Landschaft. Diese Merkmale werden in der Gestaltung der Stadt betont. Bad Salzuflen führt konsequent bürgerorientierte und zukunftsbeständige Planungsprozesse durch.“ 2002 begann die Überarbeitung der Gestaltungs- und Erhaltungssatzung mit einer öffentlichen Ausstellung ‚Stadtgestaltung – Profil zeigen!’ 2003 wurde dazu ein öffentlicher Wettbewerb ‚Stadtbild’ durchgeführt. Ein Beschluss für die neue Satzung steht noch aus. Jedoch dient der Satzungsentwurf mit einer Baufibel heute „bereits als wichtiges Beratungsinstrument bei privaten Bauvorhaben im Innenstadtbereich.“ Die Gestaltungsrichtlinie für Möblierungen bei Sondernutzungen auf öffentlichen Flächen ist seit 2009 wirksam. 388 Abb. 58 Baufibel u. Abb. 59 Beispiel Sondernutzung Am Markt In einem weiteren Beteiligungsprozess Arbeitskreis ‚Innenstadt 2010’ haben „in den Jahren 2003 und 2004... in vielen Arbeitsgruppensitzungen... Bürgerinnen und Bürger Vorschläge zur Aufwertung der Innenstadt Bad Salzuflen erarbeitet... Ein Schwerpunkt der Projektgruppe ‚Innenstadt 2010’ 389 lag dabei in einer städtebaulichen Optimierung der Gestaltung des Salzhofs mit der Durchführung eines städtebaulichen Wettbewerbs,“ auf den im Fallbeispiel ‚Salzhof’ noch näher eingegangen wird. 390 386 St. E-Konzept AI 2009 S. 13 387 St. E-Konzept AI 2009 S. 20: Ratsbeschluss vom 8.03.2000 388 St. E-Konzept AI 2009 S. 21 Die Fortschreibung der Gestaltungs- und Erhaltungssatzung für den historischen Stadtkern aus dem Jahr 1981 wurde vom Westfälischen Amt für Landschafts- und Baukultur in Münster im Rahmen eines Modellprojektes (auf Anregung des damaligen Baudezernenten) vorgenommen. S. 29: Die Richtlinie für Sondernutzungen auf öfftl. Flächen wurde vom Rat im Juni 2009 beschlossen. 389 St. E-Konzept AI 2009 S. 20 Der AK ‚Innenstadt 2010’ erarbeitete für den Salzhof neue Planungsziele. 390 St. E-Konzept AI 2009 S. 20 Anlass des Beteiligungsprozess ‚Innenstadt 2010’ war zunächst die Errichtung eines Fachmarktes auf dem Hoffmanngelände, der geplante großflächige Einzelhandel in der Innenstadt am Ostertor und ein Bebauungsvorschlag mit Einzelhandel, Gastronomie etc. auf dem Salzhof. 86 Die Stadt Bad Salzuflen hatte sich in den Jahren 2006 bis 2008 erfolgreich an der City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ beteiligt. Sowohl 2007 als auch 2008 wurde dafür eine ‚planBAR’ eingerichtet, in der vor Ort Gespräche mit Bürgern und Gästen der Stadt geführt wurden. Die Ergebnisse wurden in den Entwicklungskonzepten ‚Innenstadt’ und ‚2020’ ausgewertet. < Abb. 60 planBAR 2007 (s. Kap. 6 ‚Ab in die Mitte’) Die Ergebnisse der o.g. Beteiligungsprozesse wie auch ein neues, öffentlich diskutiertes Zentren- und Nahversorgungskonzept für die Gesamtstadt aus dem Jahre 2007 wurden in das städtebauliche Entwicklungskonzept ‚Aktive Innenstadt’ Bad Salzuflen eingearbeitet. Masterplan Als weiterer öffentlichkeitsrelevanter Plan wurde der Masterplan ‚Gestaltung Innenstadt Bad Salzuflen’ erwähnt, der mit einer aufwendigen prozesshaften Beteiligung 2008 erstellt wurde und Grundlage für das Entwicklungskonzept ‚Aktive Innenstadt’ war. Der Plan dient der Aufwertung der Innenstadt von Alt Salzuflen. Durch ein Auftakt- und Abschlussforum, zwei Planungswerkstätten und drei Projektzeitungen (s.o.) erfolgte eine intensive Diskussion mit der Öffentlichkeit. 2009 beschloss der Rat „den Masterplan als Richtschnur für die zu- künftige Gestaltung der Innenstadt und als städtebauliche Planungs- grundlage für nachfolgende Entwurfsplanungen.“ Die Ergebnisse sind im Entwicklungskonzept ‚Aktive Innenstadt’ eingeflossen. 391 Abb. 61 Plan mit Untersuchungsbereich ‚Aktive Innenstadt’ u. Projektzeitung u. Logo BS u. BRD „Das Stadterneuerungsprogramm des Landes NRW ‚Historische Stadtkerne’ läuft aus und wird zur Förderung der Innenentwicklung durch das neue Bund-Länder-Programm ‚Aktive Stadt- und Ortsteilzentren’ ersetzt.... Eingebettet ist das Förderprogramm in die Initiative der Bundesregierung für eine ‚nationale Stadtentwicklungspolitik’ auf der Grundlage der von Europäischen Union beschlossenen ‚Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt.’“ 392 Als Planungsziel des Entwicklungskonzeptes wurde herausgestellt, dass die Erhaltung der Innenstadt ein übergeordnetes Ziel einer nachhaltigen Entwicklung ist und zur Identität für alle Bürger/innen beiträgt: „Gerade bei einem historischen Stadtkern wie Bad Salzuflen ist das Zentrum der Fingerabdruck einer Stadt und bündelt die Vielfalt der Stadt“ und deren „Entwicklung ist eine Gemeinschaftsaufgabe.“ 393 391 St. E-Konzept AI 2009 S. 23 f. Der Masterplan wurde 2008 von den Büros Scheuvens/Wachten, Dortmund und scape Landschaftsarchitekten, Düsseldorf erarbeitet und am 04.02.2009 vom Rat beschlossen. (S. 27) 392 St. E-Konzept AI 2009 S. 31/32 Grundlage für den Förderantrag beim Land NRW ist § 171 b (2) BauGB. 393 St. E-Konzept AI S. 32/33 Zitat Vortrag Prof. Wachten auf Tagung ‚Attr. Städte u. Orte,’ Berlin 20.5.2008 87 Auf einer städtebaulichen Bestandsanalyse über die Stadtbaukultur, Stadtgestaltung, Dienstleistungen, Gastronomie, den Einzelhandel und Verkehr – unter Einbeziehung der noch gesondert dargestellten Fachbeiträge - basierte ein Handlungs- und Maßnahmenkonzept. Nachdem in den letzten zwanzig Jahren der Schwerpunkt der Stadterneuerung vorwiegend auf Einzelobjekten lag, wurde nun der Schwerpunkt für die nächsten Jahre wieder auf öffentliche Flächen verlegt: „Die Beschaffenheit der öffentlichen Flächen in der engeren Innenstadt entspricht in weiten Teilen nicht mehr den Gestaltungsansprüchen eines touristisch geprägten Kurorts und ist hinsichtlich der Funktionalität problematisch. Die funktionale Waschbetonpflasterung der Fußgängerzone aus den 1970er Jahren hat keinerlei historische Bezüge und steht im starken Kontrast zu der teilweise wertvollen Bausubstanz.“ 394 Abb. 62 Betonpflasterung Fußgängerzone Lange Str. und Pflasterschäden auf Steege/Salzhof Deshalb wurde u.a. vorgeschlagen, die Pflasterung und Gestaltung der Fußgängerzone Lange Straße und Dammstraße zu erneuern. Die städtischen Plätze Markt, Salzhof, Steege und Schliepsteiner Tor sind umzugestalten. Darüber hinaus sind die Grünräume, insbesondere entlang der Salze zur Steigerung der Erlebbarkeit Wasser, zu verbessern. Die Stadteingänge im historischen Stadtmauerbereich sollten durch ‚Tore’ wieder erlebbar werden. Alle Vorschläge gliedern sich in kurz- und mittelfristige Einzelmaßnahmen, für die einzeln Förderanträge zu stellen sind. 395 Abb. 63 Neugestaltungsvorschläge Lange Straße und Salzeufer mit Promenade 394 St. E-Konzept AI 2009 S. 65 Fazit mit Fotos auf S. 63 u. 67 395 St. E-Konzept AI 2009 S. 74 f. Abb. AI S. 77 88 Das Handlungskonzept wurde durch die Empfehlung zur Einrichtung eines Verfügungsfonds mit einem ‚Lenkungskreis Aktive Innenstadt’ und den Hinweis auf die Möglichkeit von ‚Standort- u. Immobiliengemeinschaften’ vervollständigt. Zur Koordinierung und Vergabe des Verfügungsfonds wurde 2011 ein ‚Lokales Gremium’ eingerichtet. 396 Abb. 64 Stadteingänge in Stadtmauer Resümee Für Bad Salzuflen ist die Berücksichtigung im Förderprogramm NRW ‚Aktive Stadt- und Ortsteilzentren’ wegen der Haushaltsicherung 397 eine große Chance, den öffentlichen Raum in der Mitte von Alt Salzuflen aufzuwerten. Voraussetzung ist allerdings, dass Bund und Land weiterhin Fördermittel für die Stadterneuerung zur Verfügung stellen. Der Geltungsbereich und die Maßnahmen des Konzeptes beziehen sich nur auf die Mitte von Alt Salzuflen, obwohl das Entwicklungskonzept an einer bipolaren Zentrenstruktur festhält 398 und das Zentrum auf dem eh. Betriebsgelände der Hoffmann’s Stärkefabriken als einen verbindenden und ergänzenden Bereich beider Zentren akzeptiert. Wie in der AG ‚Historische Stadtkerne’ wird die ‚Aktive Innenstadt’ von Salzuflen abermals als Stadtmitte herausgestellt. Dies deckt sich mit dem „Neuen Zielbild für das Entwicklungskonzept 2020,“ das als neuen ‚Kernbereich’ zwar die Gebiete: Alt Salzuflen, Hoffmannstraße, Schötmar-Ehrsen und Werl- Aspe-Knetterheide empfahl, ihnen jedoch differenzierte Aufgaben zuordnete, 399 die im Kapitel Fachplanung ‚Einzelhandel’ verdeutlicht werden. Schließlich ist noch festzustellen, dass das Entwicklungskonzept ‚Aktive Innenstadt’ auf eine neue Planungskultur aufbauen konnte, die sich in den prozesshaften Planungsansätzen des Kurentwicklungskonzeptes 2000, der Agenda 21, dem Stadtmarketingprozess, dem Arbeitskreis Innenstadt 2010, der City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ u.a.m. widerspiegelt. Zusammen mit den Bürgerbegehren 400 der letzten Jahrzehnte ist hier ein neues Bewusstsein zu Planungsprozessen bei den Bürgern dokumentiert. 396 St. E-Konzept AI S. 72/73 mit Hinweis auf Förderrichtlinien NRW 2008 und § 1 Gesetz Immobilien- u. Standortgemeinschaften (ISGG NRW) vom 10.06.2008 (vgl. Kapitel 2.3) Lokales Gremium s. Dr.S. 191/2011 397 LZ 147/28.06.2010: „Der Landrat hebt mahnend den Finger“ in seinem Genehmigungs-Bescheid zum HSK: Die Finanzlage der Stadt wird als dramatisch bezeichnet, die stetige Aufgabenerfüllung erscheint als gefährdet, das HSK basiert auf einer schwachen Grundlage und kleinste Rückschläge können zum Nothaushaltsrecht führen. (Bericht LZ über die Ratssitzung und Schreiben des Landrates vom 10.06.2010) 398 Diese Sichtweise ist im parallel erstellten Zentren- und Nachversorgungskonzept 2007 begründet. 399 STEK 2020 S. 72 f (s. Plan zum Stadtentwicklungskonzept 2020) 400 1994 Bürgerbehren zur Schließung des Verkehrs in der Innenstadt mit Einführung des Stadtbusses; 2004 Wiederaufbau des Gradierwerkes an der Konzerthalle; 2008 Gesamtschule für Bad Salzuflen und 2011 Schließung der Kleinschwimmhalle in Aspe im Rahmen des HSK. 89 3.5 Für die Stadtmitte relevante Fachplanungen 3.5.1 Entwicklungsplanungen zum Kurort – Exkurs – Als besondere Entwicklungsimpulse für Bad Salzuflen kann die ursprüngliche Salzgewinnung 401 und der erste Badebetrieb in einem Pumpenturm auf dem Salzhof seit 1818 genannt werden. 402 Die Kurentwicklung beeinflusste stark die Entwicklung neuer Nutzungsstrukturen im Stadtkern und Umgebung. Bad Salzuflen entwickelte sich zu einem der bedeutsamsten Kurorte in Deutschland. 403 Jedoch die wirtschaftliche Rezession in den Jahren 1974/75, das Gesundheitsreformgesetz 1989, die Wirtschaftslage 1999 und die Haushaltssicherung seit 2009 zwangen zu neuen Überlegungen. Die bereits im Jahre 1977 angestellte Überlegung „das Staatsbad aus dem Landesverband Lippe auszugliedern“ und „in Form einer GmbH“ mit den Gesellschaftern NRW, Landesverband Lippe und Stadt, um als „marktorientiertes Wirtschaftsunternehmen“ zu fungieren, fand keine Zustimmung und hätte vielleicht damals schon der Entwicklung eine positivere Richtung gegeben. 404 Stattdessen wurde mit Vertrag vom 19.11.1985 (Landesverband 60% und die Stadt 40 %) die „bürokratische Führung“ im Staatsbad fortgeführt. Jedoch nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten beim Landesverband wurde das Staatsbad zunächst 50 zu 50% 405 und seit 2003 von der Stadt zu 100 % geführt. 406 Erst seit dieser Zeit konnte die Stadt Sanierungs-Fördermittel beim Land NRW einfordern. Kurkrise - Zukunftsplanungen des Staatsbades 1981 Im Dezember 1980 hatte die Stadt das Staatsbad aufgefordert, ihre Zukunftsplanungen darzustellen, um daraus Schlüsse für die Stadtentwicklung ziehen zu können. Im Februar 1981 hatte hierzu der damalige Kurdirektor Eibach in einem Exposé eine Stellungnahme über den Landesverband Lippe abgegeben unter dem Titel: „Vorstellungen des Staatsbades über zukünftige Planungen und strukturelle Veränderungen.“ Darin wurde festgestellt: „Bedingt durch die wirtschaftliche Rezession in den Jahren 1974/75 erfolgte beginnend im Herbst 1975 mit voller Auswirkung auf die Jahre 1976 und 1977 ein tiefer Einbruch bei den Heilbädern allgemein und für Bad Salzuflen im besonderen.“ 407 Nachdem vorher Bad Salzuflen „eine Spitzenstellung unter den deutschen Heilbädern einnahm,“ 408 gingen die Kurgastzahlen, die Übernachtungszahlen und die entsprechenden 401 Die Blüte der Stadt durch die Salzgewinnung war um 1600. (Grünordnung 1969 S. 40) 402 St. E-Konzept AI Bad 2009 S. 9 Der Medizinalrat Dr. Heinrich Hasse errichtete die erste Badeeinrichtung. 403 Brand, Friedrich 1996 S. 156 Im Jahre 1914 erreicht Bad Salzuflen den 5. Rang unter den deutschen Bädern. 404 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 445 Die Idee der neuen GmbH kam vom stellv. Kurdirektor Gerhard Heinz Kunzelmann in einem Interview mit der Wochenzeitschrift ‚Die Zeit.’ Daraufhin wurde er nicht der Nachfolger von Kurdirektor August Wilhelm Diekmann, sondern Dieter Eibach seit dem 1.10.1977. 405 Seit Ende 1999 erfolgt eine 50%ige Beteiligung der Stadt (Dr.S. Rat 236/1999). Die Versammlung der Gesellschaft beschloss am 31.05.2001 die 50 zu 50% Regelung mit Grundstücksübertragungen an die Stadt, wie die Gradierwerke und den Rosengarten zur haushaltsmäßigen Entlastung des Landeverbandes. Der Wunsch des Landesverbandes, im Kurpark und Landschaftsgarten Flächen für eine Wohnbebauung auszuweisen, wurde bis heute nicht weiter verfolgt. Dies wäre städtebaulich auch bedenklich. 406 s. LZ 239 vom 15.10.2002 und vom 19./20.10.2002: Mit Vertrag vom 28.03.2003 hatte die Stadt den 50%- igen Anteil des Landesverbandes übernommen. Gleichzeitig wurden an die Stadt weitere Grundstücke und Immobilen, wie Kurhaus, Kurtheater, Konzerthalle, Wandelhallen und Kurverwaltung übereignet. 407 Eibach, Dieter 1981 S. 3 408 Eibach, D. 1981 S. 2 s.o. Brand F. 1996 S. 156: 5. Rang im Jahre 1914, ebenso 1929 (Meyer, F. 2007 S. 482) 90 Arbeitsplätze um ca. 30% zurück. Hier halfen auch nicht die enormen Investitionen für die Erweiterung des Kur- und Landschaftsparks auf 126 ha, die Einrichtung eines Golfplatzes, die Modernisierung des Kurhauses, den Neubau der Konzert- und Wandelhalle, des Bewegungszentrums und des Kurgastzentrums u.a.m. 409 Die damalige konjunkturelle Krise 410 wurde von strukturellen überlagert. Beklagt wurde, dass leer stehende Kurheime und Privatpensionen z. T. abgerissen und durch massige Neubauten mit Ferien- oder Eigentumswohnungen ersetzt wurden. Damit wurde „die typische Kurortstruktur mit ihrer aufgelockerten Bauweise… zerstört“ und die Wohnungen wurden von älteren Personen erworben, sodass damit die Überalterung der Bevölkerung beschleunigt wurde. 411 Um die Bedeutung des Bades aufrechtzuerhalten, sah der Kurdirektor die Chance im Klinikbau 412 für neue Gäste der Rentenversicherungen. 413 Abb. 65 Hist. Karte 1881 u. Abb. 66 Geltungsbereich Kurgebiet Bad Salzuflen seit 1978, geändert 1985 414 Als „oberstes Ziel der Zukunftsplanung“ wird gefordert, „sich dem strukturellen Wandel zu stellen... Wer sich dem strukturellen Wandel nicht stellt, verliert ständig an Boden.“ 415 Als Schlussfolgerung wird festgestellt, dass nicht nur das Staatsbad sondern die Stadt allgemein wirtschaftlich Schaden genommen“ hat, was in den „verminderten Einnahmen im städtischen Etat“ feststellbar ist. 416 409 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 452: 1981 wurde der Grundstein für ein neues Kurgastzentrum (Architekt Behnisch u. P) gelegt. „Der zuständige NRW Minister bezeichnet das Zentrum als neuen funktionalen Mittelpunkt des Bades u. als verbindendes Element zwischen Kurbereich und Altstadt.“ (und Brand, F. S. 156) 410 Zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen führte das Haushaltsstrukturgesetz 1981 (SPD/FDP) mit: „Verlängerung der Kurintervalle, Einführung der Altersgrenze für Kuren und Wegfalle der Präventiv-Kur... Es gilt nur noch die Kur in den Kliniken.“ Dröge, Kurt in Chronik (Meyer, F. 2007) S. 452/3 411 Eibach, Dieter 1981 S. 4 412 Eibach, Dieter 1981 S. 8 413 Eibach, D. 1981 S. 8 u. 10: Da der Rentenversicherungsgast ein ‚Ganzjahresgast’ ist, erhoffte Eibach aus der Saisonabhängigkeit herauszukommen. Ebenso nahm er an, dass Kliniken den ‚Privatgast der Zukunft’ bewerben. 414 Hist. Karte von 1881 Dr.S. 129/2005 (Stadtarchiv) u. Geltungsbereich Kurgebiet Bad Salzuflen 1978/1985 aus: MBI.NRW.1986 S. 211 u. BGBl. I S.2253 415 Eibach, D. 1981 S. 11 Ein struktureller Wandel war z.B. die Nicht-Berücksichtigung der Rentenversicherer. 416 Eibach, Dieter 1981 S. 12 91 Alte Badehäuser am Rosengarten und neues Therapiezentrum Abb. 67 Fürstliche Badehäuser im Rosengarten um 1930 417 Abb.68 neue RehaVital (Vital-Zentrum) Die Therapieeinrichtungen in den Badehäusern am Rosengarten wurden vor 1900 errichtet. 418 Die Diskussion über ein neues Therapiezentrum begann damit, dass „ein First-class-Hotel im Rosengarten“ unter Einbeziehung der alten Badehäuser vorgeschlagen wurde: 419 „Die in Auftrag gegebene ‚Verträglichkeitsstudie’ über ein derartiges Bauvorhaben wird im Jahre 1992 dem Planungsausschuss 420 vorgestellt. Die Gutachter sehen ein 130-Betten-Hotel... als realisierbar an... Auch der Ortsausschuss Salzuflen diskutiert die Planung. In einer Fragestunde spricht sich allerdings eine Mehrheit von Anwesenden gegen ein Hotel und für den Erhalt der Baulichkeiten und deren Nutzung als zentraler Therapiebereich aus... Am 3.Juni 1992 erläutert Kurdirektor Ulf Hangert seinen Vorschlag... ein neues Therapiezentrum zu errichten. Die Baulichkeiten im Rosengarten... könnten (dann) der Schaffung eines größeren First-class-Hotels dienen... ein Neubau würde keine höheren Kosten verursachen... Neben dem (geplanten) Therapiezentrum soll... eine 200-Betten-Klinik entstehen... Außerdem ist vorgesehen, dass die Stadtwerke dort eine Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage integrieren.“ 421 1993 „fasst der Rat den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan ‚Therapiezentrum’ (Therapieanlagen, Klinik, Heizkraftwerk)... (und) der Bau des neuen Therapiezentrums wird beschlossen.“ 422 Bei der Grundsteinlegung im Jahre 1995 spricht der Kurdirektor von „einer zukunftsweisenden Investition“ und der Landesverband „teilt mit, dass die vorgesehene 200- Betten-Klinik... wesentlich zur Grundauslastung der Einrichtung beitragen werde.“ 423 Seit 1997 ist das neue Therapiezentrum (RehaVital/Vitalzentrum) ohne den Klinikanbau in Betrieb und erfüllt damit bis heute nicht den damals prognostisierten Planungsansatz. 424 417 Abb. Rosengarten aus: Stadtbilder aus Bad Salzuflen S. 36 und Vitalzentrum aus: Website BS 12/2010 418 Meyer, Franz 2007 S. 483 419 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 465 „Landesverband Lippe und die Staatsbad Salzuflen GmbH hatten 1991 die Errichtung eines Hotels im ‚Rosengarten’ ... in die Diskussion eingebracht.“ Der Rosengarten war der eh. Kurpark am Rande der hist. Altstadt, an dem die alten Bäderhäuser standen, die heute nach Renovierung ein privates Ärztehaus mit Klinik, Gastronomie und Wellness beherbergt. 420 Planungsausschuss am 23.01.1992 421 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 466 Der damalige Landesverbandsvorsteher Helmut Holländer setzte den Neubau für ein Therapiezentrum mit dem Argument „keine höheren Kosten“ durch. 422 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 467/8 Die Staatsbad Salzuflen GmbH nimmt 1994 den Neubau des Therapiezentrums als Bauherr in Angriff, nach Ratsbeschluss vom 10.02.1993. 423 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 470 Die Grundsteinlegung erfolgte am 18.09.1995. Die Klinik wird nicht gebaut, damit ist „die Wirtschaftlichkeit des Therapiezentrums schwer gefährdet“ stellt Dröge fest. 424 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 473 „Das neue Therapiezentrum wird am 2. September 1997 seiner Bestimmung übergeben.“ 92 Grundlage für die Planung des Therapiezentrums mit Klinik war die optimistische, von der Verwaltung erarbeitete ‚Stadtentwicklungsplanung – Teilplan Kurkliniken’ 1993, der weitere Klinikstandorte im Stadtgebiet vorschlug. „Die Planung sieht... eine 30-prozentige Steigerung der Zahl der Klinikbetten“ vor. „Eine Realisierung würde eine verstärkte Entwicklung in Richtung klinifiziertes Heilbad zur Folge haben. Viele Bürger lehnen dies ab.“ 425 Die 1995 vom Rat beschlossene Resolution an die Bundesregierung mit vielen anderen Bädern zusammen gegen weitere Spargesetze bei Kuren, wie erhöhte Zuzahlungen und Verkürzung der Kurdauer, hatte keinen Erfolg. Damit blieben die negativen „Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation des Bades, der Kliniken und der damit verbundenen Einrichtungen und Unternehmen... Der geplante Klinikbau am neuen Therapiezentrum wurde verschoben, die Planung einer (weiteren) Flachsheide-Klinik nicht weiterverfolgt....“ 426 Übergang Innenstadt - Kurbereich Alte Bäderhäuser mit Rosengarten und Gradierwerk (1) Neues Therapiezentrum (2) Kurgastzentrum (3) Kurhaus mit Stadttheater (4) Konzerthalle, Vorplatz und Gradierwerk (5) Kurpark zwischen Kurhaus und Wandelhallen (6) Abb. 69 aus: St. E-Konzept AI Grünstrukturen Büro scape 2008 (S. 57) Nach Fertigstellung des neuen Therapiezentrums bot der Landesverband Lippe die alten Badehäuser am Rosengarten privaten Investoren an. „Das Salzufler Unternehmen Dingersen- Bau erhält den Zuschlag für die alten Badehäuser am Rosengarten... Dingersen-Bau plant einen Umbau der historischen Gebäude für Therapiezwecke, Praxen und Gastronomie.“ 427 Damit war das Thema Hotel an dieser Stelle beendet. Es entstand zwischen der Innenstadt und dem Kurpark ein attraktives, denkmalgeschütztes Ensemble neben dem Rosengarten, dessen historische Konturen damit erhalten blieben. Das neue Therapiezentrum steht als Torso ohne die geplante Klinik da. Für eine wirtschaftliche Umnutzung wurde das Gebäude 2010 mit Fördermittel renoviert. Dadurch konnte 2011 das Institut Tinnitus einziehen. 428 Kurentwicklungskonzept 2000 Im Jahre 1997 wurde das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut für Fremdenverkehr DWIF an der Universität München von der Stadt beauftragt, eine Fortschreibung des Stadtentwicklungskonzeptes (Teilplan Kurkliniken 1993) für das Jahr 2000 zu erarbeiten. 429 425 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 467 Der Rat behandelte den Entwicklungsplan am 5.05.1993. 426 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 471 427 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 470 428 2010 erfolgte mit Fördermitteln (Konjunkturprogramm II) ein Umbau für diverse Umnutzungen. Seit 2011 ist dort das Institut für Tinnitus aus Horn Bad Meinberg eingezogen und hat den Verlust minimiert. 429 DWIF Universität München erstellt das Kurentwicklungskonzept 2000 nach Auftrag im Jahre 1997. Das Land NRW fördert das Gutachten mit 70 % aus dem Handlungsrahmen Kurorte. 93 Um die Fragestellung dieses Stadtentwicklungsplanes speziell auf die Problemstellungen in Bad Salzuflen auszurichten, wurde zu Beginn ein Zielfindungsworkshop durchgeführt. Die hier teilnehmenden Akteure wurden auch im weiteren Verfahren beteiligt. Im Jahre 1999 wurde das Gutachten vom Rat wie folgt beschlossen: „Der Stadtentwicklungsplan - Teilplan Kur (Kurortentwicklungsplan) für die Stadt Bad Salzuflen wird als kommunaler Handlungsrahmen und Leitlinie zur Sicherung, Stärkung und Entwicklung des Kur- und Fremdenverkehrsstandortes Bad Salzuflen beschlossen.“ 430 Da nach Meinung der Politik im Gutachten einige „Ungereimtheiten“ enthalten waren, erfolgte der Beschluss als Diskussionsgrundlage für alle am Kurgeschehen und an der Stadtentwicklung Beteiligten. Der Bericht in der Lippischen Rundschau über die Vorstellung des Gutachtens in der Ratssitzung im Mai 1999 spiegelt die Empfehlungen sehr gut wieder: Die Kurstadt befindet sich seit rund zehn Jahren im Umstrukturierungsprozess. Die Kur wird ihre dominierende Rolle in Zukunft nicht mehr halten können. Die Stadt wird sich um andere Besuchergruppen bemühen müssen. Auf Angebote in der gesundheitsorientierten Erholung („Wellness“) sollte gesetzt werden. Zudem stellen Senioren für die Stadt ein großes wirtschaftliches Potential dar. Der „Erlebnisraum Kurort“ muss sichtbar werden, nicht nur in den Kurgebieten, sondern auch in der Fußgängerzone. Die Ansiedlung eines Hotels im obersten Marktsegment sei zu begrüßen. 431 Das Kurentwicklungskonzept empfahl die Geltungsbereiche ‚Kursondergebiet’ in der Bauleitplanung zu überdenken, da diese seit Jahren in Frage gestellt wurden. Forderungen zur Gebietsänderung erfolgten verstärkt aus Bereichen, in denen kleinere Pensionen ihren Betrieb einstellten. Diese Entwicklung, die bis heute nicht abgeschlossen ist, war für Politik und Verwaltung einer der Hauptgründe für die Erstellung des Kurentwicklungskonzeptes. Der Rat behandelte dieses Konzept nicht erneut. Es fand aber Eingang in den Arbeitskreis ‚Kurstadt’ der lokalen Agenda 21 und in das ‚Handlungskonzept Historischer Kurbereich.’ Wirtschaftskrise 1999 beim Landesverband Lippe Der Nachtrag des Wirtschaftsplanes des Landesverbandes Lippe 1999 erforderte ein Umdenken zur Vermeidung eines Konkurses. 432 Vom Landesverband wurden eine größere Beteiligung der Stadt und die Übernahme einiger Grundstücke und Immobilien gewünscht. 433 Die geänderten Vertragsbedingungen im Jahre 2001 basierten auf ein Sanierungskonzept aus dem Jahre 2000, das mehrere Szenarien vorschlug. 434 Da sich die Wirtschaftslage des Landesverbandes in den Folgejahren nicht wesentlich verbesserte, wurde die Stadt schon ab 430 Dr.S. Nr.168/99: Nachdem im Mai 1999 das Gutachten dem Rat vorgestellt wurde, beschloss er dieses im August 1999 abschließend mit der Empfehlung, diese bei zukünftigen Planungen zu berücksichtigen. 431 Lippische Rundschau vom 07.05.1999 Die zitierten wesentlichen Punkte lehnen sich dem Presseartikel an. 432 Dr.S. 236/1999 Anlage (Die Vorlage wies bereits auf ein Haushaltssicherungskonzept ab 2001/02 hin) 433 Ein geänderter Gesellschaftervertrag regelt dies und teilte den Bilanzverlust vom 10,8 Mio. DM zum (31.12.1999) im Verhältnis 40% Stadt und 60 % Landesverband auf. Ab 01.01.2001 trat eine 50/50%-Regelung bis zunächst 2005 ein und es erfolgte die Übertragung einiger nicht betriebsnotwendiger Immobilien mit geänderten Gesellschaftsvertrag von 2001 (Vertrag vom 01.01.1986, geändert 1994): Übereignet wurden das Kurhaus mit Kurtheater, die Wandel- u. Konzerthalle, dazu der Rosengarten mit angrenzenden Gradierwerken. 434 Prof. Dr. Hans Deppe, Berlin erstellte für den Landesverband Lippe eine Sanierungsplanung 2000 für die beiden Staatsbäder Bad Salzuflen und Meinberg. Ein Arbeitspapier zur Strukturbereinigung von der Wirtschaftsprüfung Dr. Röhricht und Dr. Schillen, Bielefeld bot hierzu eine Grundlage. 94 2003 alleinige Gesellschafterin. 435 Damit war es möglich, den Antrag auf Fördermittel für ein städtebauliches Handlungskonzept ‚Historischer Kurbereich Bad Salzuflen’ zu stellen. Handlungskonzept Historischer Kurbereich 2005-2013 Entscheidend prägend für die weitere Kurentwicklung war die Auftaktveranstaltung für das ‚Städtebauliche Handlungskonzept Kurbereich’ mit dem Vortrag ‚Zukunft des Kurortes’ von Klaus Reppel 2005, 436 der für den Kurort drei Erfolgsfaktoren als Einzigartigkeit nannte: Kurort u. Infrastruktur Historie, Kultur u. Gärten med. u. balneol. Kompetenz Abb. 70 Abb. 71 Hist. Kurbereich (Dr.S. 129/2005) u. Abb. 72 Festlegung Sanierungsgebiet (Dr.S. 268/2006) Im Dezember 2006 hatte der Rat das Sanierungsgebiet ‚Historischer Kurbereich Bad Salzuflen’ förmlich festgelegt. 437 Grundlage war das ‚Städtebauliche Handlungskonzept 435 St. Handlungskonzept Hist. Kurbereich 2006 S. 3: Die Übernahme der Staatsbad GmbH und aller zum Kurbetrieb gehörenden Liegenschaften erfolgte zum 01.04.2003. (s. auch Dr.S. 129/2005) 436 Vortrag „Zukunft des Kurorts“ zum Auftakt 9/2005 von Klaus Reppel, Inst. f. Kurortberatung, Karlsruhe Abb. 3 Hauptsäulen aus: St. E-Konzept AI 2009 S. 16 437 Dr.S. 268/2006 Ratsbeschluss vom 06.12.2006 gemäß § 142 ($) BauGB (52 ha Untersuchungsbereich) Der Antrag auf Gewährung von 70% Fördermitteln bis 2012 beschloss der Rat am 22.06.2005 (Dr.S. 129/2005). 95 Historischer Kurbereich Bad Salzuflen’ als umsetzungsorientiertes Gesamtkonzept und als Leitlinie für weitere Entwicklungen im Kurbereich. Dies war die Voraussetzung für die Beantragung von Städtebauförderungsmitteln i.H. von 70%, 438 die nun die Stadt als 100%ige Gesellschafterin des Staatsbades beantragte. 439 Das Konzept beinhaltete neben einigen privaten vorwiegend öffentliche Maßnahmen, die bis 2013 erfolgen sollen. Als für die Innenstadt relevant sind hier vor allem zu nennen: die Sanierung der Gradierwerkanlagen, der Konzerthalle einschließlich Vorplatz und die Umgestaltung des Rosengarten und Kurparks einschließlich Wandelhallen. 440 Abb. 73 Kurparkeingang: Vorplatz Kurhaus/Konzerthalle/Gradierwerk/Rosengarten/Kurgastzentrum Die Erarbeitung des Konzeptes wurde von zwei Workshops mit lokalen Akteuren unter der Moderation des Bürgermeisters begleitet 441 und in Arbeitsgruppen wurden verschiedene Themen behandelt. Das Konzept gliederte sich in folgende drei Bereiche: Städtebaulicher Rahmenplan, Nutzungskonzepte Gebäude und Parkpflegewerk. 442 Fazit des Handlungskonzeptes war, dass sich „der Kurort Bad Salzuflen in einem Umstrukturierungsprozess von der reinen Kurstadt hin zu einer Gesundheits- und Erholungsstadt mit touristischer Ausrichtung befindet... Der durchgeführte Planungsprozess... hat eine positive Aufbruchstimmung (ein gemeinsames Bild von Bad Salzuflen) erzeugt.“ Das Konzept stellte die Gradierwerke und das Ambiente im Bereich des Kurparkeinganges mit 438 Dr.S. 152/2006 für Ratsbeschluss am 21.06.2010 439 Fördermittel vom Land NRW konnte die Stadt ab 01.04.2003 beantragen, nachdem der Landesverband Lippe als Nachfolger des eh. Landes Lippe in der Staatsbad GmbH nicht mehr beteiligt war (Dr.S. 129/2005). 440 Fertig gestellt ist bereits die Umgestaltung des Rosengartens. In 2010 wurde die Konzerthalle aus den 1960er Jahren saniert und der Vorplatz vor dem Kurhaus und der Konzerthalle neu gestaltet (s. Plan Büro Ehrig 2005/6). Im Haushaltsplanentwurf 2012 sind die Kurparkallee u. Wandelhalle (mit Sperrvermerk S. C 10) eingeplant. 441 Dr.S. 152/2006: 1. Workshop 02.12.2005; 2. Workshop 24.02.2006 442 Dr.S. 152/2006: Der Städtebauliche Rahmenplan und das Nutzungskonzept Gebäude wurde vom örtlichen Architekten Schmersahl erstellt. Das Parkpflegewerk entwickelte der Landschaftsarchitekt Ehrig, der auf seine Planung für die Regionale 2000 aufbauen konnte. Beide Büros bildeten eine Arbeitsgemeinschaft. 96 Kurgastzentrum, Kurhaus, Konzerthalle, Wandelhalle als „Alleinstellungsmerkmal“ für Bad Salzuflen dar. „Die zusammenhängenden Grünzonen von der Kernstadt bis in die Kulturlandschaft ohne Unterbrechung durch Fahrverkehrsstraßen stellen eine einmalige städtebauliche Situation dar.“ 443 Das Konzept empfiehlt, dies zu erhalten. Abb. 74 Kurgestaltungsplan Büro Ehrig Entwicklung vom fürstlichen zum städtischen Staatsbad Seit die Stadt Gesellschafter bei der Staatsbad GmbH ist, 444 hat deren wirtschaftliche Entwicklung Auswirkungen auf den städtischen Haushalt. Entscheidungen trafen die Gesellschafterversammlung und der städtische Rat. Der ‚Stadtentwicklungsplan - Teilplan Kur’ (Kurortentwicklungsplan) im Jahre 1999 basierte auf die Beteiligung städtischer Akteure und wurde als kommunaler Handlungsrahmen und als Leitlinie zur Sicherung, Stärkung und Entwicklung des Kur- und Fremdenverkehrsstandortes Bad Salzuflen nur im Rat beschlossen. Die Forderung des Landesverbandes Lippe nach einer größeren finanziellen Beteiligung seitens der Stadt bewirkten eine größere Beteiligung städtischer Akteure. Die Diskussionen des Entwicklungskonzeptes wurden im ‚Prozess Agenda 21’ fortgesetzt. Seit 2003 hat die Stadt als alleinige Gesellschafterin die volle finanzielle Belastung zu tragen. Diese ist nur mit Städtebaufördermittel auszugleichen. 445 Die haushaltsmäßigen Auswirkungen und das Haushaltssicherungskonzept hat das Bewusstsein in der Bürgerschaft noch mehr sensibilisiert. 443 Dr.S. 152/2006 – Anlage – Plan vom Büro Ehrig, Landschaftsarchitekt 444 Mit Vertrag vom 19.11.1985 ist die Stadt mit 40% an der Staatsbad GmbH beteiligt. 445 Fördermittel vom Land NRW konnte die Stadt ab 01.04.2003 beantragen, nachdem der Landesverband Lippe als Nachfolger des eh. Landes Lippe in der Staatsbad GmbH nicht mehr beteiligt war (Dr.S. 129/2005). Der Rat beschloss am 06.12.2006 gemäß § 142 ($) BauGB das 52 ha große Sanierungsgebiet ‚Historischer Kurbereich Bad Salzuflen’ (Dr.S. 268/2006). 97 Dies veranschaulichen folgende Beispiele: Erhaltung des Gradierwerkes am Kurparkeingang: Nach dem Abbruch des maroden Gradierwerkes im Kurparkeingang vor dem Kurhaus und neben der Konzerthalle war der Blick von der historischen Altstadt zum Kurpark freigelegt und stellte den Wiederaufbau in Frage. Erst ein Bürgerbegehren setzte die Wiederherstellung durch. 446 Diskussion um Öffnung des Konzerthallenvorplatzes: Schon im Rahmen des Handlungskonzeptes ‚Historischer Kurbereich’ wurde der immer wieder neu diskutierte eintrittsfreie Kurpark erörtert. Dies reduzierte sich letztlich auf den erneuerten Vorplatz vor der Konzerthalle, dem Kurhaus und dem erneuerten Gradierwerk. Alternativ wurde eine kostenfreie temporäre Öffnung für alle Bürger und Gäste vorgeschlagen. Verlangt wird weiterhin ein Eintrittgeld. Zahlreiche Leserbriefe und die Mobile Redaktion der LZ vor Ort belegen das Bürgerinteresse. 447 Wiederherstellung der Kurparkallee Obwohl seit der ‚Regionalen Heilgarten 2000’ und fortgesetzt im ‚Handlungskonzept historischer Kurbereich’ 2005 die Wiederherstellung der historischen Kurparkallee als Alleinstellungsmerkmal für die Sichtbeziehung Innenstadt und Landschaft festgelegt und öffentlich diskutiert wurde, wird nun mit der Realisierung in der Bevölkerung Widerstand geweckt. Die Reaktion der Politik ist, die Maßnahme um ein Jahr zu verschieben. Damit ist Zeit für eine (erneute) intensive Bürgerdiskussion geschaffen. Zukünftige Neuordnung der Kur-Sondergebiete Abb. 75 Neuordnung der Kur-Sondergebiete (Stadtverwaltung) Da sich die Kurstadt zur Gesundheits- und Erholungsstadt mit stark touristischer Ausrichtung umstrukturiert hat, wurden vom Kurentwicklungsplan 1999 und Handlungskonzept Kur 2005 446 LZ 12.03.2005 „Verschiedene Meinungen zum Wo? und Wie?“ Öftl. Bürgerforum zum Neubau des Gradierwerkes. Das Bürgerbegehren wurde von SPD, den Grünen und dem Heimat- u. Verschönerungsverein unterstützt. (s. STEK 2020 S. 13): 2004 musste das Gradierwerk von 1767 wegen Einsturzgefahr abgebrochen werden. 2007 wurde das neue Erlebnisgradierwerk mit Inhalationsraum und begehbarer Terrasse eröffnet. 447 LZ Nr. 110 vom 12.05.2010 Mobile Redaktion und zahlreiche Leserbriefe belegen das Bürgerinteresse. Anzumerken ist, dass jeder Bürger mit einer ‚Lippischen Einwohnerkarte’ für 25 €/Jahr freien Eintritt hat. 98 angeregt, die Ausweisung von Kursondergebieten in der Bauleitplanung zu überarbeiten. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit einer Plananpassung nach Strukturveränderungen. Aufbauend auf das Konzept Kur stellte die CDU/SPD 2011 den Antrag für eine Neuordnung: - Wohngebietsausweisung (WA) in den Bereichen, in denen Pensionen nicht mehr von Kurgästen genutzt werden. Hier dürfen die Villen auch als Wohnhäuser genutzt werden, wenn sie die kurortspezifische Villenstruktur erhalten (Erhaltungssatzung). - Die Kur-Sondergebiete gliedern sich in folgende drei Bereiche: - Kur-Wohnen (rot: Seniorenwohnen, Maritim etc.), - Kur-Gesundheit (gelb: Kliniken, VitaSol etc.) und - Kur-Fremdenverkehr (ocker: Kurhaus, Gastronomie etc.). 448 Die Neuordnung gemäß der Planskizze wird der neue F-Plan übernehmen. Die B-Pläne für die betroffenen Villenquartiere sind durch gestalterische Festsetzungen zu ergänzen, bzw. die Erhaltungssatzung aus 1981 ist zu aktualisieren. Die Festlegung des Kurgebietes durch das Landesgesetz (1978/85 s. Abb. 54) bleibt davon unberührt. Resümee Das Staatsbad prägt seit fast 200 Jahren 449 die Stadtentwicklung von Bad Salzuflen. Dies betrifft die Kureinrichtungen einschließlich der Kliniken, die Villenstruktur um den Kurbereich, den Einzelhandel, die Gastronomie und das Hotel- und Pensionswesen. Die kurspezifischen Arbeitsplätze, die Kurgäste und Touristen prägen dieses Stadtbild mit. 450 „Trotz des aktuellen Nutzungswandels wird die Atmosphäre des Kurgebietes noch heute durch das Bild des Kurgebietes der Jahrhundertwende (Kurörtliches Ambiente) geprägt. Die Erwartungshaltung des Gastes kann nach wie vor mit ‚Pracht-Farbigkeit-Überfluss’ beschrieben werden.“ 451 Fast einmalig in Bad Salzuflen ist der Übergang von der historischen Altstadt zu den Grünanlagen des Kurparks und Landschaftsgarten. Die historische T-Stellung der Gradierwerke fassen die Räume um den Vorplatz des Kurgastzentrums, den Rosengarten und Kurhausplatz mit Konzerhalle. Das neue Gradierwerk im Kurparkeingang hat ein ‚Fenster zum Park,’ das eine Sichtachse zum Kurparksee mit Fontäne über die wiederherzustellende historische Kurparkallee ermöglichen soll. Für die Besucher und Bewohner der Stadt ist dies eine einzigartige städtebauliche Situation, die zur Stärkung der Innenstadt zu erhalten ist. Die kurspezifischen Veranstaltungen in diesem Ambiente locken weitere Besucher an. 452 448 Dr.S. 213/2011 Ratsbeschluss 12.10.2011 449 Meyer, Franz 2007 S. 480/1/2 Die Gründung des Bades erfolgte 1818 auf Initiative des Stadtphysikus Heinrich Hasse mit der Einrichtung von 5 Badestuben im Pumpenhaus der Saline am Salzhof. Ein Brand im Jahre 1855 führt zur Errichtung eines 1. Badehauses im Jahre 1856 auf dem Gelände der heutigen Post. 1995 eröffnet das Woldemarbad, das 1903/4 durch ein Inhalatorium und das Leopoldbad ergänzt wurde. Zwischen diesen Anlagen und dem Gradierwerk liegt der erste Kurpark ‚Rosengarten.’ (Stadt Bad Salzuflen seit 1914) 450 Brand, Friedrich 1996 S. 158: ca. 1600 Mitarbeiter beim Staatsbad und in Kliniken. Dazu Beschäftigte in Hotels, Pensionen und der Gastronomie. S. 157: Im Durchschnitt kommen ca. 5000 Kurgäste im Monat. Dröge, Kurt in Chronik (Meyer, F. 2007) S. 477: Im Jahre 1999 werden etwa 2,3 Mill. Tagesgäste gezählt. 451 Dr.S. 152/2006 - Anlage - 452 Kurortspezifische Veranstaltungen: z.B. Garten und Ambiente Lebensart mit 120 Ausstellern im Kurpark = Wohlfühloase, zum 7. Mal im Jahre 2010 (LZ 156 v. 08.07.2010) Dazu kommt die jährliche Orchideenschau, Gesundheitstage und Silvesterparty am Gradierwerk und im Kurpark. 99 Nach der vergeblichen Suche nach einem privaten Betreiber für die Staatsbadimmobilien, wurde mit Städtebaufördermitteln die Konzerthalle saniert und deren Vorplatz neu gestaltet. Für den Kurpark mit den Wandelhallen stehen zwar noch weitere Fördermittel bereit, die Haushaltslage jedoch erschwert die Bereitstellung des städtischen Eigenanteils. Auch die Finanzierung der Angebote in der Konzerthalle und im Kurtheater wird immer schwieriger. Trotzdem haben sowohl die Gesundheitsreformen als auch knappe Haushaltslage diesem wichtigen Wirtschaftsbereich neue Impulse gegeben und zwangen zur Umstrukturierung vom klassischen Kurort zu einem touristisch geprägten Gesundheits- und Erholungsort. Ebenso hat der Kurbereich durch die Investitionen Privater Impulse bekommen, wie z.B. durch die Erhaltung der Bäderhäuser am Rosengarten, den überregionalen Irrgarten ‚Hortus Vitalis’ im Landschaftsgarten, die Touristenkleinbahn ‚Paulinchen’ und die Boote auf dem Kurparksee. Weitere Beispiele sind die Privatisierung des Solebad ‚VitaSol’ 453 und die Tinnitus-Klinik 454 im Therapiezentrum ‚Vital-Zentrum.’ (eh. ‚RehaVital’). 2011 sollte der Umbau der leer stehenden Klinik in der Parkstraße für eine Klinik für Schönheitschirurgie, Implantologie und Dermatologie erfolgen. Der Vertrag mit dem Investor wurde wegen Zahlungsschwierigkeiten 2011 wieder aufgehoben. Die Klinik wartet auf einen neuen Interessenten. 455 Ein Verkauf des Kurgastzentrums zur Haushaltskonsolidierung wird erschwert durch die Unterschutzstellung als Denkmal 2011 - trotz Einspruch der Stadt. 456 Dies und die damalige 80%-ige Finanzierungsförderung wird den Verkauf noch einmal in Frage stellen. Ein Verkauf könnte von denen kritisiert werden, die ihr Denkmal unter großem finanziellem Aufwand erhalten. Hier ist zufragen, ob die Stadt nicht besser ihre Verantwortung als gesetzliche Trägerin der Denkmalpflege und als Eigentümerin wahrnimmt. Die o.g. Beispiele zeigen, dass die Erhaltung der Kureinrichtungen mit den Grün-, Park- und Landschaftsstrukturen für die Stadtmitte des Kurortes Bad Salzuflen von existentieller Bedeutung ist. Hier sind sowohl öffentliche Fördermittel als auch privates Engagement gefordert. Von allen beteiligten Akteuren wird Flexibilität erwartet, um auf neuere Entwicklungen aktiv zu reagieren und um konkurrenzfähig zu bleiben. Hierzu zählt auch die „angestrebte Zertifizierung zum Kneipp-Kurort,“ der zusätzlich Gäste anlocken wird. 457 Die Deutsche Einheit und Europäische Gemeinschaft fordert globales Denken für den Kurort. Die städtische Haushaltslage verbietet weitere Fehlinvestitionen und gestattet nur noch gezielte Investitionen für eine kurörtliche Attraktivitätssteigerung. Durch den Zusammenschluss Bad Salzuflen mit Schötmar und den anderen gewerblich geprägten Ortsteilen hat es die Stadt bis heute geschafft, mit den kurspezifischen und nicht störenden gewerblichen Betrieben und der Messe eine wirtschaftliche Balance zu halten. 458 453 Pächter des VitaSol ist die VitaSol Therme GmbH, Baden-Baden mit dem GF Dr. Stephan Kannewischer 454 LZ Nr. 252 vom 28.10.2010 „Der Vertrag ist unter Dach und Fach“ fürs Institut für Tinnitus Forschung und Therapie (inti) und LZ Nr. 6 vom 8.09.01.2011 ‚Vitalzentrum erwartet seine Gäste’ und erweitert mit dem ‚IN- TI’ das medizinische Angebot in Bad Salzuflen um die Therapie für Tinnitus-Patienten. „80000 € hat die Stadt aus Mitteln des Konjunkturpaketes II in das Vitalzentrum gesteckt.“ 455 LZ Nr. 293/16.12.2010 ‚Der Notar erwartet den Investor’ (ATM Medical Park GmbH, Adam Tomaszewski) 456 Das neue Kurgastzentrum (Architekt Behnisch u. P) bezeichnete „der zuständige NRW Minister (1981 zur Grundsteinlegung) als den neuen funktionalen Mittelpunkt des Bades u. als verbindendes Element zwischen Kurbereich und Altstadt.“ (Brand, F. S. 156) 2011 stellte das zuständige Ministerium das Gebäude unter DSch. 457 LZ 154/6.07.2011 ‚Staatsbad stellt sich dem Wandel im Kurwesen’ Interview mit GF Wilfried Stephan 458 STEK 2020 S. 15: Neben Kurwirtschaft und Fremdenverkehr sind vor allem die in Schötmar, Holzhausen, Sylbach und Lockhausen an der A2 ansässigen Unternehmen und das in den 1970er Jahren gegründete Messezentrum ein wichtiges Standbein der Wirtschaft. 100 3.5.2 Landschaft und Grünordnung Im vorangegangenen Kapitel wird deutlich, dass Landschaft und Grünordnung den Kurort Bad Salzuflen stark prägen. Deshalb war und ist es gerade für diese Stadt wichtig, die Stadtentwicklung in Abstimmung zur Landschaft vorzunehmen, bzw. die Berücksichtigung der Landschaft als vorrangiges Ziel zu wählen. Bereits im F-Plan nach der Gebietsreform war die Landschaft und Grünordnung wichtiger planerischer Bestandteil. Dies belegen folgende Ziele für eine ‚durchgrünte Stadtlandschaft’ aus dem Landschaftsgutachten für den F-Plan: „Die Flussauen der Werre und Bega, die sich durch das Stadtgebiet ziehen, werden als Grünfläche (nicht überbaubar) ausgewiesen. Auf diese Weise kann ein durchgehendes Grünsystem entstehen, was sich bis zur Herforder Stadtgrenze hinzieht. Die Erweiterung des Landschaftsparks in Richtung des Salzetals ist ebenfalls berücksichtigt... Die Grünfläche des Kurparks soll als Ziel der Sanierung in das Stadtinnere herein gezogen werden. Auf diese Weise wird eine engere Verbindung des Kurparks mit der Innenstadt geschaffen.“ 459 Abb. 76 aus: ‚Planung für Bad Salzuflen’ (Dr. Hartog) Heute (1969) und Planidee Die Planidee von Dr. Hartog im Rahmen der Planung zur Gebietsreform und zum F-Plan war Grundlage für alle nachfolgenden Planungen und wurde nie in Frage gestellt. Grünordnung Bad Salzuflen ‚Grün- und Landschaftsplanung’ Parallel zum F-Plan wurden im Fachbeitrag ‚Grünordnung’ von Herwart Meyer „die landschaftlichen Gegebenheiten der Stadt- und Flurlandschaft unter besonderer Berücksichtigung des Kurbades analysiert und Vorschläge für eine wirksame städtebauliche Durchgrünung mit Erholungsschwerpunkten unterbreitet.“ 460 459 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 63 Die Anregung, „das landschaftlich hervorragende Salzetal mit Kurpark und Landschaftsgarten mit diesem Grünflächensystem auf der anderen Seite der Bahn zu verbinden,“ ist eine Vorstellung, die mit der Offenlegung der Salze, der Überplanung des ehemaligen Hoffmanngelände, dem Masterplan Innenstadt und Stadtentwicklungskonzept 2020 immer wieder erneut angeregt wurde. Bisher wurde aber die Grünverbindung über die Bahn nicht realisiert. Die Verbindung ins Salzetal ist vorhanden. 460 Grünordnung 1969 erstellt vom Garten- und Landschaftsarchitekten Herwart Meyer, Leopoldshöhe. S. 1 101 Ein wesentliches Ziel der Planung war „die Steigerung des Freizeit- und Wohnwertes“ im Stadtgebiet, da die „zunehmende Freizeit und wachsende Mobilität“ für die Beurteilung einer Stadt von immer größerer Bedeutung wurde. 461 Nach Meinung des Planers wurden bisher die „natürlichen Gegebenheiten... für die Erholung... nur geringfügig genutzt.“ Bad Salzuflen besitzt im ‚Unteren Weserbergland’ eine Landschaft mit Höhen, Auen und Wasserreichtum, „die im gesamten ostwestfälisch-lippischen Ballungsraum kaum anzutreffen“ ist. 462 Deshalb wurde als weiteres Ziel, die Erhaltung der Landschaft gefordert. „Die Aktivierung dieser vorhandenen, natürlichen Werte, die Wiederherstellung des biologischen Gleichgewichtes in der freien Landschaft tragen zur Erhaltung und Gesundung unseres stark verbrauchten Lebensraumes bei.“ 463 Hierzu zählte auch der Hinweis auf das Klima, das aufgrund „relativ geringer Jahresschwankungen der Temperaturen... als atlantisch bezeichnet“ wurde. 464 In diesem Ziel - wie auch in den weiteren - spiegeln sich die Ausführungen aus den Kapiteln über den ‚Wandel der Leitbilder’ und die ‚Stadt im Gleichgewicht’ wieder: Der Hinweis „zur Erhaltung des biologischen Gleichgewichtes“ erfolgte im Zusammenhang des Schutzes von Fauna und Flora „durch Einhalten der Naturschutzgesetze,“ die „bei allen Baumaßnahmen“ zu berücksichtigen sind. 465 ...Der Mensch ist im Bau- wie im Grünwesen Maßstab aller Dinge“ formulierte der Planer in seinen Zielsetzungen, in denen er für die „städtebauliche Entwicklung... naturnahe Lösungen“ forderte. 466 Für die Ausweisung von Wanderwegen spielte der Naturschutz ebenso eine Rolle: „Zur inneren Erschließung und Aktivierung der landschaftlichen Schönheiten und Schwerpunkte sieht die Planung ein zusammenhängendes Wegegerüst vor, das auch die Freizeit- und Sportparks, die Schulwege einbezieht.“ 467 Da Wasser und Luft für den Planer ein „wichtiges Lebenselement“ für die Menschen und Natur ist, forderte der Planer, dass diese „nicht verletzt werden dürfen.“ In diesem Zusammenhang wurde die Sanierung der Wasserläufe vorgeschlagen. 468 Sein Hinweis auf die „Vernichtung des Waldes“ 469 zielte ebenso auf den Natur- und Landschaftsschutz. Der Planer stellte fest, „dass zerschneidende Landschaftselemente stark entwicklungsbestimmend sind“ und „nachteilige Auswirkungen haben.“ Als Beispiele wurden gewerbliche Gebiete, wie das Hoffmanngelände und insbesondere die Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen genannt. 470 Weitere für die Stadtmitte relevante Landschaftsplanungen Unterstützt durch die Verankerung des Schutzes von Natur, Landschaft und Umwelt in der Baugesetzgebung veränderte sich auch in Bad Salzuflen das Bewusstsein im Sinne der oben 461 Grünordnung 1969 S. 1 462 Grünordnung 1969 S. 2 463 Grünordnung 1969 S. 1 464 Grünordnung 1969 S. 20 „Für eine umweltgerechte Planung“ wurde ein gesondertes Klimagutachten im Jahre 1993 durch das Büro Dipl.-Met. Helmut Bangert, Paderborn erstellt (Auftrag 1990). Demnach haben Kurpark und Landschaftsgarten für die Kernstadt eine bioklimatische Bedeutung. S. 2 (Einleitung) Gravierende thermische Belastungen wurden nicht festgestellt. S. 72 (Zusammenfassung) 465 Grünordnung 1969 S. 27 BNatSchG als Grundlage für die Eingriffsregelung in der Bauleitplanung seit 1977 466 Grünordnung 1969 S. 51 (vgl. Kap. 2.2 ‚Wandel der Leitbilder’ u. 2.5 ‚Stadt im Gleichgewicht’) 467 Grünordnung 1969 S. 28/29 In der Planung wurden überörtliche und örtliche Wanderwege einbezogen. 468 Grünordnung 1969 S. 30 Dies betrifft insbesondere das Salzetal u. die Öffnung der Salze in der Innenstadt. 469 Grünordnung 1969 S. 34 Der Waldbestand hatte sich von 1912 bis 1969 von 1983 auf 1256 ha verringert. 470 Grünordnung 1969 S. 6 (vgl. Kap. 2.5 ‚Stadt im Gleichgewicht’) 102 ausgeführten Grünordnung zur Gebietsreform. „Der Schutz und die Verbesserung der natürlichen Umwelt“ und das „Umweltbewusstsein bei der Bevölkerung zu stärken und Umweltbelange bei Planungen zu berücksichtigen,“ waren wichtige Aufgaben, die vom Umweltamt und Umweltzentrum in den folgenden Jahren geleistet wurden. 471 Der schon vorher beschriebene Prozess Agenda 21 unter der Federführung des Umweltamtes hat dies verdeutlicht. 472 Abb. 77 Modellfoto zum Projekt ‚Poetische Landschaft’ der Regionalen 2000 NRW Im Rahmen der ersten Regionalen NRW zur Expo 2000 (Expo-Initiative OWL) bot es sich für Bad Salzuflen an, im interkommunalen Projekt ‚Regionaler Heilgarten 2000’ 473 das Thema Landschaft aufzugreifen. Ziel der Planung war eine Aufwertung des innerstädtischen Grünzuges beginnend vom Salzhof über den Kurpark bis in die freie Landschaft. Leider fand diese Planung keine weitere Berücksichtigung, da das Land NRW für Salzuflen unbedingt nur das Projekt ‚Poetische Landschaft’ fördern wollte: 474 „Das Projekt ‚Poetische Landschaft’ der Regionale Heilgarten 2000 GmbH wird am 20.02.1999 im Kurhaus der Öffentlichkeit vorgestellt. In der Bürgerschaft wird heftig diskutiert, ob die ‚Zusammenführung von Lyrik, Landschaft und Architektur’ als ein ‚Gesamtkunstwerk’ anzusehen ist oder ob es sich um eine Belastung der intakten Landschaft handelt. Auch... die Gestehungskosten sowie... Folgekosten... führen in breiten Kreisen der Bevölkerung zur Ablehnung der geplanten Maßnahme.“ Trotzdem stimmt der Rat mehrheitlich dem Wirtschaftsplan der Gesellschaft zu. 475 Das Projekt wurde trotz positiver Machbarkeitsstudie nicht realisiert. Ein Grund war, dass sich die Idee nicht aus der Bürgerschaft entwickelt hatte, sondern vom Land gewünscht wurde. Ein weiterer Grund war, dass die neuen politischen Mehrheiten seit 1999 die Regionale Heilgarten GmbH und damit die interkommunale Kooperation aufgelöst hatten. 476 Die Planungen zur Aufwertung des innerstädtischen Grünzuges der Regionalen 2000 wurden im ‚Handlungskonzept historischer Kurbereich,’ im ‚Masterplan Innenstadt’ und im ‚STEK 2020’ wieder aufgegriffen und werden nach und nach in leicht geänderter Form realisiert. 471 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 477 472 Leitbild Agenda Bad Salzuflen 2000 S. 10: Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, nachhaltige Forst- und Landschaftsbewirtschaftung, Schutz der Arten und Biotopen u.a. Seit 01.04.1981 wurde der Leiter des Grünflächenamtes als kommunaler Umweltbeauftragter bestellt. Seit 14.12.1994 wurde das Amt in Umweltamt umbenannt, um die Bedeutung des Umweltschutzes zu steigern. Gleichzeitig wurde das Forstamt angegliedert. 473 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 473 Das Büro Ehrig überplante den Salzhof, Rosengarten, Kurpark und Landschaftsgarten als einen zusammenhängenden Grünzug durch die Stadt. Eine Realisierung erfolgte teilweise. Die ‚Regionaler Heilgarten 2000 GmbH’ war ein Zusammenschluss der Kreise Lippe, Herford und Minden-Lübbecke mit den Gemeinden Bad Salzuflen, Bad Oeynhausen/Bünde und Vlotho. 474 Im Kap. 2.5 wurde bereits das Projekt ‚Poetische Landschaft’ als Beispiel der ‚Geomantie’ genannt. Der Schweizer Architekt Peter Zumthor hatte 11 Häuser in der Landschaft für Gedichte zur Landschaft entworfen. Eine Präsentation der Entwürfe mit Lesungen und Vorträgen erfolgte am 20.02.1999 im Kurhaus und Kurtheater. 475 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 475 476 Die Auflösung der ‚Regionaler Heilgarten 2000’ GmbH erfolgte im Jahr 2002 durch den GF Karl Slawinski. 103 Stadtentwicklungskonzept 2020 ‚Natur, Freiraum und Klima’ Im Stadtentwicklungskonzept 2020 erfolgte ein ergänzender Fachbeitrag zur Landschaft und Grünordnung, 477 in dem – wie schon in den vorherigen Beiträgen – festgestellt wurde: „Die innerstädtischen Grün- und Freiflächen dienen der Naherholung und quartiernahen Freiraumversorgung. Der Kur- und Landschaftspark mit überregionaler Bedeutung für den Gesundheitstourismus stellt eine Besonderheit des traditionsreichen Staatsbades dar. Kur- und Landschaftspark sind Bindeglied zwischen historischer Altstadt, innerstädtischen Naherholungsflächen und der Naturlandschaft der Umgebung. Der abgestufte Übergang vom... Kurpark zum Landschaftsgarten und in die freie Landschaft des Salzetal und des Stadtforstes... ist als Alleinstellungsmerkmal zu bewerten. Eine besondere Erlebniswelt im Landschaftspark ist der Irrgarten HortusVitalis.“ 478 Das Stadtentwicklungskonzept aktualisierte die Klimaanalyse aus dem Jahre 1993, indem es die Ergebnisse des „aktuellen Klimaschutzkonzeptes“ 479 aus dem Jahre 2010 übernahm. 480 Unter „Handlungsschwerpunkten und Maßnahmen“ wurde vorgeschlagen „eine Arbeitsgruppe zur Erarbeitung von Umsetzungsstrategien aus dem Landschaftsplan einzurichten“ und „das im Entwurf vorliegende Klimaschutzkonzept um landschaftsplanerische Maßnahmen zu ergänzen.“ 481 Abb. 78 Als „Ziele“ für die „Erlebbarkeit von Natur und Landschaft“ wurde Folgendes formuliert: Stadt am Wasser – Stadt am Wald – Weiterentwicklung von Kurpark, Landschaftsgarten und angrenzenden Landschaftsräumen – Verknüpfung von Stadt und Land (hist. Innenstadt mit Freiräumen) - Integration des innerstädtischen Grün- und Freiflächensystem – Attraktivierung 477 STEK 2020 (2010) S. 49 f, 69 f u. 112 f Fachbeitrag Landschaft von Landschaftsarchitektin Margarita Borgmann-Voss, Büro scape, Hamburg 478 STEK 2020 (2010) S. 50 479 Klimaschutzkonzept Stadt Bad Salzuflen 2009 bearbeitet von dem e&u Energiebüro GmbH 480 STEK 2020 (2010) S. 53/54 481 STEK 2020 (2010) S. 113 104 der Fuß- und Radwegeverbindungen und schließlich der „weittestmögliche Erhalt bislang unbebauter Flächen“ 482 Bezüglich der Innenstadt von Alt Salzuflen wurde auf die Ideen im Masterplan hingewiesen: „Eine Idee (des Masterplanes Innenstadt) ist die Erweiterung der fünf historischen Stadttore um zwei ‚blaue Tore,’ die eine verbesserte Vernetzung des historischen Stadtkerns mit dem Kurpark im Norden und den Grün- und Freiräumen im Süden erreichen soll. Ein thematischer Rundweg entlang der Stadtmauer könnte die Stadtgeschichte erlebbar machen. Das Thema Wasser in der Stadt wird ... durch die Neuanlage einer Brunnenpromenade vom Salzhof über die Lange Straße und den Platz am Schliepsteiner Tor bis zu den Gradierwerken“ ergänzt, als „eine weitere erlebbare Wasserachse... Das Element ‚Wasser in der Stadt’ ist ein zentrales Thema der... Erholungsangebote.“ 483 Abb. 79 Plan mit eh. Stadtmauer und Stadttoren u. Abb. 80 Foto vom Katzenturm Der Fachbeitrag bestätigte und ergänzte die Planung und Entwicklung seit der Gebietsreform. Diese war damals in Anbetracht der zunehmenden Zersiedlung der Landschaft notwendig. Das damalige Ziel, die Ränder der Ortsteile zur Landschaft klarer zu definieren und eine weitere Zersiedlung zu verhindern, wurde nicht – wie schon ausgeführt – hundertprozentig erreicht. Trotzdem ist heute ein sensibler Umgang mit der Landschaft und Natur bei den kommunalen Akteuren festzustellen. Resümee Die Planung für Landschaft und Grünordnung zum F-Plan nach der Gebietsreform war Grundlage für alle weiteren Planungen und hatte die Stadtentwicklung positiv beeinflusst. Durch sie ist die Gesamtstadt weitgehend gut in die lippische Landschaft eingebettet. Insbesondere die Innenstadt von Alt Salzuflen 484 profitierte davon. Die Durchgrünung der Stadtmitte und deren Grünverbindung über den Kurpark zu den außerhalb liegenden Landschaften sind ein Alleinstellungsmerkmal. Alle Planungen seit der Gebietsreform hatten zum Ziel, diese Einmaligkeit zu erhalten. Die Behandlungen in den Fachausschüssen – zuletzt bei den Stadtentwicklungskonzepten 2020 und ‚Aktive Innenstadt – belegen, dass der Schutz von Natur und Landschaft nie in Frage gestellt wurde. 485 482 STEK 2020 (2010) S. 69/70 483 STEK 2020 (2010) S. 50/51 (vgl. Abb. im Kapitel 3.4.5 Aktive Innenstadt-Masterplan) 484 Öffnung der Salze mit Promenaden, Rosengarten mit Gradierwerken, Kurpark und Landschaftsgarten 485 s. o. Ausführungen ‚Natur, Freiraum und Klima’ im STEK 2020 (2010) 105 Abb. 81 Grünstrukturen Innenstadt (Büro scape 2008) Das Beispiel poetische Landschaft zeigt, dass planerische Impulse von den örtlichen Bürgern und Akteuren erfolgreicher sind als fremdbestimmte. Bad Salzuflen wollte im Rahmen der Regionalen 2000 eine ortsbezogene Aufwertung der innerstädtischen Grünachse. Das Land NRW wollte für das vom Land geförderte Literaturbüro OWL Detmold ein Prestigeobjekt durchsetzen. Dafür initiierte das Land ein hochkomplexes interkommunales Akteursnetz mit der Gesellschaft ‚Regionale Heilgarten 2000,’ deren Gesellschafter wenig vernetzt waren. 486 486 Beurteilung basiert auf eh. Geschäftsführung des Regionalen Projektes ‚Regionaler Heilgarten 2000’ GmbH. Anmerkung: Der 2. Versuch der Realisierung der poetischen Landschaft im Kreis Höxter scheiterte ebenso. Trotzdem wäre die Idee der poetischen Landschaft eine große Chance für die Stadt Bad Salzuflen gewesen. 106 3.5.3 Verkehrsentwicklungsplanungen Bad Salzuflen wurde schon früh durch die umliegenden Autobahnen A 2/30 und A 33/44 und Bundesstraße 239 weitgehend vom überregionalen Durchgangsverkehr entlastet und dadurch überregional gut erschlossen. Zusätzlich entlastet die Ostwestfalenstraße die Ortsteile vom Durchgangsverkehr. Der geplante vierspurige Ausbau der B 239 ist bis heute nicht realisiert, da das Planfeststellungsverfahren in den 1990er Jahren gerichtlich gestoppt und bisher nicht wieder neu festgestellt wurde. Die neue Planung für eine 2+1-Trasse könnte die innerörtlichen Umgehungstrassen aus dem Generalverkehrsplan noch mehr entlasten. 487 Abb. 82 Anfahrtsskizze für Bad Salzuflen (aus: Website 12/2010) Schon bei den Planungen zur Gebietsreform wurde befürchtet, dass für die Innenstädte das steigende Verkehrsaufkommen ein Problem werden könnte. Die historischen Stadtkerne waren bei ihrer Entstehung hierfür nicht gebaut worden. Deshalb war für Bad Salzuflen die Lösung, den Verkehr um die historische Altstadt umzulenken. Da parallel die Innenstädte immer mehr Mittelpunkt des Einkaufens, der Freizeit, Kultur etc. wurden, bestand der Wunsch nach einer verbesserten Aufenthaltsqualität. Andererseits forderte der Einzelhandel eine gute Erreichbarkeit und ein ausreichendes Parkplatzangebot, deshalb entstanden als weitere Alternative neue attraktive ‚Einkaufszentren auf der sog. grünen Wiese.’ Generalverkehrsplan GVP 1969/70 und Überarbeitung 1980 Für die neue Stadt Bad Salzuflen wurde ein Generalverkehrsplan GVP im Jahre 1969/70 als Fachplan zum F-Plan erstellt. 488 Im Auftrag war gewünscht, „das Verkehrsaufkommen im Verkehrsfluss zu regulieren, zu entzerren und den Verkehr mit seinen Belästigungen für den Bürger und den Kurgast erträglicher zu machen. Der Planer sah“ dies anders. Er ordnete seine 487 Nach der Prognose des VEP 2010 reicht ein 2+1 Ausbau der B 239 aus. Erste Teilentwürfe lagen 2011 aus. 488 Der Generalverkehrsplan 1970/80 wurde von dem Büro Dr. Hellmut Schubert aus Hannover erstellt, der schon 1961 von Bad Salzuflen und Schötmar beauftragt war, einen ‚Verkehrsplan für den Planungsraum Bad Salzuflen-Schötmar’ auszuarbeiten. (Brand, Friedrich 1996 S. 70) 107 Planungen raumordnerisch ein, berücksichtigte „die wechselseitigen Verkehrsbeziehungen benachbarter Städte“ 489 und kam so zu dem Vorschlag entlastender Umgehungstrassen. „Die Verkehrsplanung findet ihren Niederschlag in der Ausweisung der so genannten Trassen A, B, C und D.“ (s. Abb. geplantes Straßennetz von Büro Schubert, Hannover) 490 Abb. 83 GVP 1969 (Brandt, F. S. 72) u. Abb. 84 Trasse B in Bau (Foto Meyer, F. S. 458) Aufbauend auf den GVP schlug der Planer Hartog im F-Plan vor, „am zentralen Punkt zwischen beiden Stadtgebieten (Standort neues Rathaus)... die Straßen zu verknoten und hier neben dem geplanten Verwaltungszentrum auch den Omnibusbahnhof und ein zusätzliches Programm für Parkhaus und Einkauf unterzubringen.“ 491 Sein Vorschlag, die Straßenbahn von Bielefeld/Milse bis zu diesem neuen Zentrum in Bad Salzuflen zu verlängern, 492 wurde bisher planerisch nicht ernsthaft untersucht. 489 Brand, Friedrich 1996 S. 70 490 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 438: A= Bahnhofstraße/Rudolf-Brandes-Allee; B= Walhalla (Rathaus) über Bahn, Bega und Werre zur B 239 (heute Lockhauser Straße); C= Lemgoer Straße über Bahn, Bega, Werre zur Otto-Hahn-Straße (Tivoli); D= Von B 239 zur Exterschen Straße. Realisiert wurden nur A u. B 491 Hartog, Rudolf in ‚Planung für Bad Salzuflen’ 1969 S. 21 492 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 42 Die Idee des Straßenbahnanschlusses an Bielfeld wurde beim Stadtbus 1994 und interkommunalen Gewerbegebiet in Lockhausen erneut angeregt, aber nicht ernsthaft untersucht. 108 Schon im F-Plan zur Gebietsreform befürchtete der Planer „dass bei unzugänglichen Stadtzentren (Anlieferung) ein Teil der Angebotsstruktur nach außen an verkehrsgünstige Stellen verlagert wird. Dies wiederum wird die Attraktivität der Stadtzentren schwächen.“ 493 Deshalb formulierte der GVP 1969 zur Erhaltung der Innenstädte folgende Ziele: 494 Ausschaltung des Durchgangsverkehrs; Herstellung von Fußgängerbereichen; Einbeziehung des öffentlichen Nahverkehrs; Lieferverkehr stundenweise, möglichst zu allen Tageszeiten; Zielverkehr, d.h. Verbesserung der Zugänglichkeit und der Parkmöglichkeiten. Es „erfolgte in den 1970er Jahren in der Innenstadt (Alt Salzuflen) die Einrichtung von Fußgängerbereichen. Ende der 1980er Jahre wurden in den Wohngebieten nahezu flächendeckend Tempo 30 eingeführt, die Hauptgeschäftsstraßen verkehrsberuhigt umgestaltet und Ansätze zur Parkraumbewirtschaftung realisiert.“ 495 Die Überarbeitung des GVP im Jahre 1980 weicht nicht von einem verkehrsgerechten Ansatz ab. Somit wurden die Trasse A, die Schötmar und Alt Salzuflen verbindet, und die Trasse B, die eine direkte Verbindung vom neuen Rathaus zur B 239 herstellt, realisiert. Der Ausbau erfolgte in autobahnähnlicher Form, obwohl schon seit 1983 mit dem Antrag der Stadt zum Planfeststellungsverfahren der B 239n auf Alternativen eine umweltfreundlichere Sichtweise vorhanden war. Die Trassen C und D werden nicht mehr gebaut. 496 Gegen die heute realisierte Trasse B (Stadtautobahn) bildete sich vor dem Bau eine Bürgerschutzgemeinschaft. 497 Trotzdem war im Juni 1987 das l. Teilstück der Trasse B bis zur B 239 fertig gestellt.“ (s. Abb.) Die Vollendung der gesamten Trasse erfolgte zwar ebenso überdimensioniert, aber „damit werden die Anbindung an das überörtliche Straßennetz und gleichzeitig die Verbindung der Ortsteile untereinander erheblich verbessert.“ 498 Verkehrsentwicklungsplan VEP 1994 Der Verkehrsentwicklungsplan VEP im Jahre 1994 - als Fachplan zum Entwicklungskonzept 2000 - belegt ein weiteres Umdenken in der Bewältigung des Verkehrs. „In der Sitzung vom 24.März 1993 entscheidet sich der Rat nach Vorstellung von drei für die Verkehrsentwicklungsplanung erarbeiteten möglichen ‚Szenarien’ für das ‚Stadtszenario.’ Dieses dient vor allem Maßnahmen zur Erschwerung des Individualverkehrs und zur Förderung des ÖPNV.“ 499 493 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 47 494 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 48 „Die Sanierung... ist... vor allem ein Verkehrsproblem. Die Ziele, die allgemein gelten, dienten auch dem Verkehrsgutachten als Leitbild.“ 495 Schmechtig/Slawinski 1998 S. 7 496 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 418, 451, 454 und 456: Im Januar 1985 beschließt der Rat die Streichung der Trasse D im F-Plan auf Antrag der SPD gegen 16 CDU-Stimmen. Der Antrag der Grünen auch Trasse C zu streichen, findet keine Mehrheit. Die Grünen kritisieren den überzogenen Straßenbau. Erst im VEP 2010 wurde die Trasse C in Schötmar gestrichen. Problematisch bleibt die innerstädtische Brüderstraße in Alt Salzuflen mit 12.000 Kfz/Tag. - Nach VEP 2010 ist die Brüderstraße mit 7.800-14.900 Kfz/24h belastet. 497 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 441 498 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 458/9 499 Dröge, Kurt in Meyer, F. S. 467 - Das Land NRW bezuschusste den VEP. Das Stadt-Szenario begrenzt die Zunahme des Individualverkehrs auf 5% und fördert umweltverträgliche Verkehrsarten (Schmechtig/Slawinski). 109 Die Aufstellung des VEP wurde „in regelmäßigen Abständen mit einem interfraktionellen Arbeitskreis ‚Verkehrsentwicklungsplanung’ begleitet. Weiterhin erfolgte eine vergleichsweise rege Öffentlichkeitsbeteiligung,“ wie z.B. ein öffentliches Forum mit Podiumsdiskussion und externen Fachleuten, die Verteilung eines Info-Faltblattes und Ausstellungen und Diskussionen in den Ortsausschüssen. 500 Der VEP 1994 „soll als verkehrlicher Rahmenplan die Grundsätze und Handlungsprioritäten... aufzeigen“ und nannte folgende Ziele: - „Reduzierung der Negativauswirkungen des Autoverkehrs - Verbesserung des Wohn-, Geschäfts- und Erholungsumfeldes - Absicherung der Mobilitätschancen für alle Verkehrsteilnehmer - Gewährleistung der Erreichbarkeit der Stadt aus dem Umland - Umfassende Förderung des Umweltverbundes - Nachhaltige Erhöhung der Verkehrssicherheit“ 501 „Als primäres Ziel“ wurde im Stadt-Szenario „ein Einfrieren des Verkehrsaufkommens im motorisierten Individualverkehr (MIV)“ genannt. Dies soll „durch eine stärkere Förderung der umweltverträglichen Verkehrsmittel und bestimmten Restriktionen gegenüber dem Autoverkehr“ erfolgen. Für die Umsetzung diente ein „Maßnahmenkonzept“ mit „vielfältigen Einzelmaßnahmen.“ Ein Schwerpunkt dabei war der ÖPNV, d.h. die Einführung „eines attraktiven Stadtbussystems mit mehreren Durchmesserlinien und einer Systemabstimmung an einer zentralen Umsteigehaltestelle (Rendezvous-Haltestelle Am Markt) sowie einem 30- Minuten-Grundtakt.“ 502 Die Haushaltskonsolidierung zwang seit 2008 zum 1-Stundentakt. Abb. 85 Stadtbuslinien 1994 (1. Stufe) u. Abb. 86 Teilausschnitt 2008 503 Parallel zur Einführung des Stadtbusses wurde der Parkraum „wirksamer bewirtschaftet. In den drei vorhandenen Parkhäusern wurden die Entgelte angepasst 504 und „Parkzonen mit Anwohnerparkbereichen und Kurzzeitparkzonen“ eingerichtet. 505 500 Schmechtig/Slawinski 1998 S. 7 501 VEP II 1994 ‚Zusammenfassung’ S. 82 Dröge, S. 468: Beschluss über 1. Maßnahmenkatalog am 9.03.1994 502 VEP II 1994 ‚Zusammenfassung’ S. 82 und Schmechtig/Slawinski S. 8 503 Stadtbus-Linienplan auf Flyer 1994 1. Stufe und Linienplan 2008 aus St. E-Konzept AI S. 53 504 Dröge, Kurt in Meyer, F. 2007 S. 471 „Zur Durchführung des beschlossenen ‚Stadtszenarios’ gemäß VEP beschloss der Rat am 27.Januar 1996 neue Einstellentgelte für die Parkhäuser und andere Parkplatzgebühren. Ab 1.März wird die bisher kostenfreie erste Stunde in den Parkhäusern auf 30 Minuten reduziert.“ 505 VEP II 1994 ‚Zusammenfassung’ S. 83 Nach Einführung des Stadtbussystems und der Zufahrtsbeschränkung mit Ausnahmegenehmigungen im September 1994 erfolgte ein Bürgerbegehren, das zur Aufhebung des Zufahrtsverbotes in den historischen Stadtkern von Alt Salzuflen führte. (Anmerkung als eh. GF vom Stadtbus) 110 Ein weiteres innenstadtrelevantes Ziel für Salzuflen war die „Verminderung des Autoverkehrs im Historischen Stadtkern... im Sinne einer fußgängerfreundlichen/autoarmen Innenstadt“ mit Durchfahrtsverbot. Für den Anwohner-, Andienungs- und Wirtschaftsverkehr war die „Ausweisung von Zufahrtsbeschränkungen mit Ausnahmegenehmigung vorgesehen.“ 506 „Der Startschuss für die fußgängerfreundliche Altstadt wird am 30. August 1994 gegeben. Ab 10. September ist die City von Salzuflen mit dem Bus im Halbstundentakt zu erreichen. Heftig umstritten ist der Standort des ‚Rendezvous-Platzes,’ des Treffpunktes der Linienbusse auf der Straße Am Markt, unweit des historischen Rathauses. Nicht weniger strittig ist das geplante Durchfahrtsverbot der Innenstadt mit Ausnahme-Regelungen durch Vignetten-Vergabe.“ 507 Gegen die Sperrung der Innenstadt mit dem Verkehrszeichen 250 StVO bildete sich eine Bürgerinitiative. „In Salzuflen wird ein Verein ‚Bürger für Salzuflen e.V.’ (BfS) gegründet. Sein Hauptanliegen ist es, die Befahrbarkeit der Salzufler Innenstadt, die durch das beschlossene ‚Stadtszenario’ praktisch unterbunden ist, wieder herzustellen. 508 Die Gespräche mit der BfS enden mit einem am 27. März 1995 abgeschlossenen Kompromiss, der die Befahrbarkeit der Innenstadt wieder herstellt. Der Rendezvous-Platz wird zum historischen Rathaus verlegt, die Salzsiederstraße für den Verkehr wieder geöffnet.“ 509 Das Durchfahren des historischen Stadtkerns war damit wieder möglich. Die 9 reduzierten Stellplätze für Kurzzeitparker wurden im Begehren nicht in Frage gestellt, jedoch nach dem Wechsel der politischen Mehrheiten im Jahre 1999 wieder erstellt. Abb. 87 Skizze VEP 1994 S. 52 „Interessant sind die Ergebnisse der im Zusammenhang mit der Sperrung der Innenstadt im Dezember 1994 durchgeführten Begleituntersuchung. Insbesondere die Einschätzungen und Wahrnehmungen der Innenstadtbesucher zeigen ein etwas anderes Bild als die in der Öffentlichkeit vorherrschenden Meinungen:“ 510 Die Innenstadtbewohner bewerteten die Erreichbarkeit der Innenstadt trotz Sperrung mit 28% als sehr gut und mit 51% als gut. Die auswärtigen Besucher mit PKW bewerteten die Erreichbarkeit mit 7% als sehr gut und mit 87% als gut. Bei den Kurgästen lag die positive Zustimmung bei 91%. 50% aller Befragten votierten für die Beibehaltung der Sperrung! 506 Schmechtig/Slawinski 1998 S. 8 507 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 468 Wichtigste Punkte im Maßnahmenkatalog sind: „Schaffung eines fußgängerfreundlichen Stadtkerns, Einführung eines ÖPNV-Stadtbus-Systems, Parkraumbewirtschaftung in Schötmar, Umstufung von Landesstraßen zur Beruhigung des Stadtkerns Schötmar.“ 508 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 469 Mehr als die erforderlichen 10% Unterschriften von der Bürgerschaft wurden für das Bürgerbegehren erreicht. „Trotzdem entfacht sich eine Diskussion über die Zulässigkeit des am 30.November 1994 eingereichten Begehrens. Erst nachdem der Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Dr. Stüer aus Münster, in einem von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachten die Zulässigkeit des Begehrens bestätigt, kommt es zu Gesprächen mit dem Verein ‚BfS.’.“ 509 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 469 510 Schmechtig/Slawinski 1998 S. 9/10 111 Die Kompromisslösung des Bürgerbegehrens forderte die Aufhebung der Sperrung. Damit war die Osterstraße als Hauptzufahrt wieder mit 7.600 Kfz pro Tag belastet, - heute mit 7.800 Kfz pro Tag - nachdem die Sperrung eine Reduzierung auf 4.200 Kfz pro Tag erreichte. 511 Die Befragungen der Stadtverkehrsgesellschaft (SVG) in den Folgejahren belegen, dass „der Stadtbus für die Sicherstellung der Erreichbarkeit der Innenstadt als Einkaufsstandort“ dient und dass sich die Fahrgastzahlen durch die Rendezvoustechnik verdreifacht haben. „Ein Stadtbussystem trägt zur Mobilität der Einwohner bei. Vor allem die ältere Generation ist Nutznießer dieser Einrichtung.“ 512 „Für den Fußwegeverkehr“ schlug der VEP die Verbesserung der „Verkehrssicherheit“ und des „Gehkomfort“ vor. „In den publikumsintensiven Bereichen (Hauptgeschäftsbereiche und in den Hauptwegeverbindungen) ist die Aufenthaltsqualität zu verbessern.“ Hier sollen verstärkt „Zebrastreifen angewandt werden“ und die Situation für „Behinderte“ verbessert werden. 513 Nach dem VEP sollte auch der „Radverkehr... verstärkt gefördert werden.“ Auf die Innenstadt bezogen wurde hier die „Trennwirkung... durch den Landschaftsgarten“ und fehlende „Fahrradabstellmöglichkeiten“ hingewiesen. 514 Abb. 88 VEP 1994: Zielkonzept ‚fußgängerfreundlicher Stadtkern Salzuflen’ (Abb. 37) und Abb. 89 entlastendes Straßennetz für den Stadtteil Schötmar mit den Trassen B u. C (Abb. 51b) Für die Mitte von Schötmar wurde die „Rückstufung der klassifizierten Straßen in Stadtstraßen“ empfohlen, um noch mehr den Verkehr zu verdrängen. Für die Begastraße, als Hauptgeschäftsstraße wird sogar die Möglichkeit einer „Fußgängerzone“ mit gezielten Maßnahmen gesehen. Allerdings zeigten die Untersuchungen, „dass eine wirksame 511 Schmechtig/Slawinski 1998 S. 10 und St. E-Konzept AI 2009 S. 53 512 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 477 und Schmechtig/Slawinski 1998 S. 10 513 VEP II 1994 ‚Zusammenfassung’ S. 82 „Das Fußwegenetz soll verdichtet sowie attraktiver und sicher gestaltet werden.“ 514 VEP II 1994 ‚Zusammenfassung’ S. 83 112 Verkehrsentlastung nur mit Realisierung der Trasse C als Ergänzung des Straßenhauptnetzes möglich ist.“ 515 Das Hauptstraßennetz im Gesamtstadtgebiet sollte „weitgehend in der bestehenden Struktur erhalten bleiben.“ Ein „Straßenumbau“ ist „in den städtebaulich empfindlichen Bereichen“ notwendig, wie in der „Brüderstraße“ und „Schlossstrasse.“ Darüber hinaus wurde in einzelnen Knotenpunkten „der Umbau zu Kreisverkehrsplätzen“ und „in Teilbereichen eine Ausweitung der Tempo-30-Zonenregelung empfohlen.“ Verkehrsbeschränkungen für den „Schwerlastverkehr in Kurgebieten“ vervollständigen den Wunschkatalog. „Die Umsetzung des VEP ist mit einer umfangreichen Öffentlichkeitsarbeit zu begleiten, um eine hohe Akzeptanz bei den Bürgern erreichen zu können.“ 516 Verkehrsentwicklungsplan VEP 2010 Im Verkehrsentwicklungsplan VEP 2010 517 wurden die Planungsziele aus dem Jahre 1994 im Fachbeitrag ‚Mobilität und Lärmminderung’ (STEK 2020 bzw. F-Plan) und ‚VEP Innenstadt’ (Aktive Innenstadt) aktualisiert und fortgeschrieben. Begleitet wurden beide Konzepte durch zahlreiche (prozesshafte) Bürgerbeteiligungen. Für die Entwicklung der Innenstadt ist vor allem letzteres Konzept bedeutsam. Diese verkehrliche Untersuchung stellte erneut fest: „Bad Salzuflen ist sehr gut an das überörtliche Straßenverkehrsnetz angebunden“ und „das Hauptstraßennetz ist grundsätzlich als leistungsfähig einzustufen.“ 518 Als Ziel dieser Verkehrsplanung wurden „Projekte, die zu möglichst reibungslosen Verkehrsbewegungen führen,“ genannt. 519 Für das Verkehrskonzept Innenstadt wurden folgende Ziele formuliert: „Fußgänger- und radfahrfreundliche Innenstadt (Förderung der Nahmobilität/Stadt der kurzen Wege) Eine Reduzierung der Verkehrsmengen in der Innenstadt/historischer Stadtkern auf den tatsächlich notwendigen Ziel- und Quellverkehr Die weitgehende Vermeidung von Durchgangsverkehr und Parksuchverkehren in der Innenstadt.“ 520 Als Handlungsschwerpunkte und Projekte wurden die „Verbesserung der Erreichbarkeit zu Fuß und per Rad, die Reduzierung des Durchgangs- und Parksuchverkehrs und Modernisierung öffentlicher Räume“ genannt. Damit wurden die schon bei der Planung zur „Aktiven Innenstadt“ (Masterplan Innenstadt) andiskutierten Maßnahmen konkretisiert. 521 515 VEP II 1994 ‚Zusammenfassung’ S. 83 Anmerkung: Trotz Sicherung der Grundstück und Planung wurde diese Trasse bis heute aus finanziellen Gründen nicht realisiert. Der VEP 2010 streicht die Trasse C. 516 VEP II 1994 ‚Zusammenfassung’ S. 83 Aufgrund des Bürgerbegehrens zur Schließung der Mitte von Alt Salzuflen kann die Bürgerbeteiligung vor dem Ratsbeschluss im Jahre 1994 nicht als optimal gewertet werden. 517 Für das STEK 2020 (2010) war ein Fachbeitrag ‚Mobilität und Lärmminderung’ als Fortschreibung des VEP 1994 notwendig und seit 2009 vom Ingenieurbüro SHP Hannover erarbeitet. Der Rat beschloss den VEP 2010 am 07.07.2010 als Leitlinie der zukünftigen Verkehrsentwicklung. (Dr.S. 156/2010) Parallel wurde ein VEP Innenstadt als Grundlage für das E-Konzept ‚Aktive Innenstadt’ vom Büro erstellt, das in der gleichen Sitzung des Rates beschlossen wurde. (Dr.S. 157/2010) 518 STEK 2020 (2010) S. 59 519 STEK 2020 (2010) S. 71 „Ziele: „Optimierung des Verkehrsflusse vor Straßenneubau“ und „Förderung nicht motorisierter Mobilität.“ 520 Dr.S. 113/2010 vom 29.04.2010 (Ausschüsse Planung und Stadtentwicklung u. Bau- und Verkehr) 521 STEK 2020 (2010) S. 115 113 Resümee Der Verkehr in den historischen Stadtkernen bleibt ein Dauerthema, da die Anpassung an die verkehrlichen Entwicklungen und unterschiedlichen Mobilitätsansprüche schwierig ist. Auf der anderen Seite bieten Veränderungen im Verkehrsbereich immer neue Optionen für die Stadtentwicklung. Auch in Zukunft sollten Themen wie Innenentwicklung, Mischnutzungen, Einzelhandel oder Verkehr als kontinuierlicher Prozess akzeptiert werden. Von daher ist der VEP als kontinuierlicher Prozess zu verstehen, der Daten bereitstellt, Maßnahmen entwickelt, mit Finanzhaushalt abgestimmte Umsetzungsschritte benennt und regelmäßig evaluiert wird, um zielgerichtet nachsteuern zu können. Dabei muss im Vordergrund die Erreichbarkeit im Alltag stehen. 522 Abb. 90 Skizze VEP 2010: Verkehr Am Markt/Steege/Salzhof/Post u. Abb. 91 Engpass Post 1988 523 Die Kernstadt wird weiterhin durch zwei stark belastete Landesstraßen u-förmig umschlossen. Darüber hinaus verhindert der Kurpark mit dem Landschaftsgarten eine ringförmige Umfahrung des Kerns von Alt Salzuflen. Dies fehlende Ringstraßensystem um die Mitte von Alt Salzuflen erschwert die Erreichbarkeit des innerstädtischen Parkplatzangebotes. Damit beeinträchtigt der Parkplatzsuchverkehr über die Osterstraße/Markt/Steege/Salzhof/Post weiterhin die Innenstadt und führt zu ständiger Kritik. (s. Abb.) Die Planungen seit der Gebietsreform bestätigen die Beeinflussung der Stadtentwicklung durch den Verkehr. Der GVP 1969/70 basierte auf einer verkehrsgerechten Planung, der VEP 1994 sah in der ‚autoarmen Innenstadt’ die Lösung, die der VEP 2010 streicht. Der neue VEP setzt auf die „gegenseitige Rücksichtsnahme“ 524 aller Verkehrsteilnehmer, versucht Kompromisslösungen zwischen den verschiednen Belangen zu finden und schlägt hierzu Versuchsphasen vor. Befragungen haben und sollen weiterhin die Lösungsansätze bestätigen. Kritik wird hauptsächlich zu innerstädtischen Bereichen in Bad Salzuflen geäußert, weniger zu den Bereichen außerhalb. Die Kritik am Durchgangsverkehr konzentriert sich auf die o.g. Ringstraßen um die innerstädtischen Bereiche. Insgesamt gesehen sind die Wohnquartiere der umliegenden Stadtteile durch ein gutes Straßensystem vernetzt und durch ein modernes Stadtbussystem mit Rendezvoustechnik auf dem ehemaligen Marktplatz im halbem, bzw. heute Ein-Stundentakt optimal verbunden. Die B 239, Ostwestfalenstraße und die drei Autobahnanschlüsse gewährleisten eine gute regionale Vernetzung. 522 Gertz, Carsten in: Zeitschrift Planer/in 4/2010 S. 7/8 523 VEP 2010 St. E-Konzept AI 2009 S. 97 und Foto Post 1988 aus: Meyer F. 460 524 Gegenseitige Rücksichtsnahme im Sinne „Shared Space“ bzw. Begegnungszonen in Mischflächen, die gegenwärtig bundesweit diskutiert u. experimentiert werden (s. Zeitschrift Planer/in „Nahmobil“ 8/2010). 114 3.5.4 Einzelhandelsgutachten Vor der Gebietsreform Der Ursprung des Handels in Bad Salzuflen war die Salzgewinnung seit dem 11. Jh. auf dem heutigen Salzhof und der Betrieb mehrerer landwirtschaftlicher Höfe in unmittelbarer Umgebung. Mit dem Stadtrecht im Jahre 1488 wurde Bad Salzuflen „Mittelpunkt des Handels ... die Stadt hat einen Markt, ist von Befestigung umgeben und bildet einen besonderen Gerichtsbezirk.“ 525 Abb. 92 Salzhof: Salzsieder, Abb. 93 Betriebsgebäude 1926 u. Abb. 94 hist. Markt 1910 Im Rahmen der Industrialisierung entstanden neue Produktions- und Badebetriebe, die das Stadtbild neu prägten. Durch die Zunahme der Arbeitsplätze, Bevölkerung und Kurgäste erfolgten mehr oder weniger planlose Stadterweiterungen, aber auch attraktive neue Anlagen wie die Kurparkanlagen und Gradierwerke. 526 Gebietsreform 1969 Im Jahre 1968 wurde Bad Salzuflen teils dem Verflechtungsraum Herford und teils der Region Bielefeld zugeordnet. 527 Im F-Plan stand zur zentralörtlichen Funktion als Ergebnis, dass „Bad Salzuflen zusammen mit Schötmar als ein Mittelpunkt aufgefasst werden darf. Bei einer differenzierenden Betrachtung ergibt sich, dass in Wirklichkeit aber doch zwei Zentren vorhanden sind, die sich freilich im selben Raum auswirken, indem die Badestadt mehr zur Deckung gehobener Ansprüche aufgesucht wird, während die ihr als Industrievorort funktional zugeordnete junge Nachbarstadt Schötmar mit ihrem Warenangebot bescheideneren Bedürfnissen gerecht wird... Aus diesen Untersuchungen wird deutlich, dass Bad Salzuflen-Schötmar eine überörtliche zentrale Stellung einnimmt.“ 528 Auf der anderen Seite ist aber auch festgestellt worden, dass „etwa ein Viertel, nicht in der Großgemeinde“ seinen Bedarf abdeckte, sondern „hauptsächlich in Bielefeld und Herford. ... Bei der zunehmenden Verflechtung im gesamten Wirtschaftsraum der Region wird eine volle Versorgung der Bevölkerung durch den Einzelhandel weder erreichbar noch wünschenswert sein. Jedoch ist der Standort eines Warenhauses... gewiss gerechtfertigt... Als mögliche Standorte kommen infrage: Innenstadt... (oder) zwischen den beiden Städten.“ 529 525 Buhr, Ernst 1922 S. 53 526 s. Buhr, Ernst 1922 527 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 43 s. Darstellung ‚Deutscher Städtetag’ 1968, Essen 1970 S. 283 528 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 44/45 529 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 46 In diesem Zusammenhang weist der Planer auf Angaben der internationalen Warenhausvereinigung, wonach die Läden immer größer werden, die Zahl der Einrichtungen aber nicht zunehmen, wohl aber die Verkaufsfläche (VK) um 10 bis 12% insgesamt. Da die Planung von einem Bevölkerungszuwachs ausging, wurde eine weitere Zunahme der VK um 30 bis 40% angenommen. 115 Der Planer befürchtete damals schon bezüglich der Anlieferung der größeren Läden, „dass bei unzugänglichen Stadtzentren ein Teil der Angebotsstruktur nach außen an verkehrsgünstige Stellen verlagert wird. Dies wiederum wird die Attraktivität der Stadtzentren schwächen... wenn dem nicht durch verkehrliche Maßnahmen entgegengearbeitet wird.“ 530 Deshalb wurden für beide Stadtzentren im Rahmen der „Sanierung“ im fachbegleitenden Verkehrsgutachten Ziele zur Verkehrsberuhigung, zu den Parkmöglichkeiten, dem Lieferverkehr und öffentlichen Personennahverkehr formuliert. Hinzu kam, dass der Planer die Zentren nicht nur als „Umschlagplatz des Handels“ bewertete, sondern auch als ein Bereich, der für „Folgeberufe“ Arbeit gibt und ein „Treffpunkt des bürgerlichen Lebens“ darstellt. Deshalb forderte er, diese zu erhalten und deren Attraktivität zu steigern. 531 Strukturuntersuchung Bad Salzuflen 1985 1985 wurden die Strukturen des Einzelhandels in Bad Salzuflen grundlegend untersucht, da sich diese in den letzten Jahrzehnten stark verändert hatten: „Anlass der Untersuchung ist der grundlegende Strukturwandel im Einzelhandel...: Die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe hat zu einem veränderten Verbraucherverhalten geführt. Der... Massenbedarf wird am Stadtrand gedeckt, die innerstädtischen Verkaufsflächen sind in immer stärkerem Maße dem hochqualifizierten Facheinzelhandel vorbehalten.“ 532 Bezüglich der zwei Stadtzentren wurde ausgeführt, dass „die Stadt... beide Zentren stärken“ und deren „Stellenwert... geklärt wissen“ möchte. Die Untersuchung stellte fest, dass diese „sich in ihrer Struktur und Funktionszuweisung wesentlich voneinander unterscheiden:“ 533 - Bad Salzuflen ist Einkaufsplatz für die Bewohner dieses Stadtteils und die Kurgäste. - Schötmar ist Einkaufsplatz für die Stadtteilbewohner sowie die angrenzenden Ortschaften. Bemerkenswert war die Feststellung, dass Schötmar lange Zeit im Schatten Salzuflen war: „Die städtische Entwicklung Schötmars stand lange Zeit im Schatten des benachbarten Salzuflen... Die Eröffnung der Bahnlinie im Jahre 1888 brachte für Schötmar den entscheidenden Entwicklungsimpuls zum Industriestandort“ 534 und „daraus ergibt sich das heutige Bild einer bandartigen, aber lückenhaften Besiedlung entlang der Bahnlinie und der B 239.“ 535 Die bandartige Entwicklung zwischen Bad Salzuflen und Schötmar wäre möglicherweise konsequenter weiter entwickelt worden, wenn die Anordnung im Jahre 1932, Bad Salzuflen und Schötmar zu einer Stadt zu vereinen, nicht 1933 wieder aufgehoben wurde. Die Mitte für die Gesamtstadt hätte sich möglicherweise anders bzw. früher entwickelt. 536 530 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 47 In beiden Zentren wurden „jährlich ca. 70-75 Mio. DM umgesetzt.“ 531 Hartog, Rudolf im F-Plan 1973 S. 48 „Die Sanierung... ist... vor allem ein Verkehrsproblem. Die Ziele, die allgemein gelten, dienten auch dem Verkehrsgutachten als Leitbild.“ s. auch ‚Verkehrsentwicklungsplanungen’ 532 Econ-Consult 1985 S. 1 533 Econ-Consult 1985 S. 1 534 Econ-Consult 1985 S. 8 (Stadtrecht Schötmar erst 1921, 1932 eine Stadt, 1933 Versuch rückgängig gemacht) 535 Econ-Consult 1985 S. 9 536 Meyer, Franz 2007 S. 302 Die Zwangsvereinigung erfolgte aufgrund der Weltwirtschaftskrise 1929/30 und endete nach Bürgerprotest im Wahljahr 1933. (S. 304) 116 Markt- und Standortgutachten 2000 Das Markt- und Standortgutachten 2000 wurde von der Stadt in Auftrag gegeben, „um eine aktualisierte Entscheidungsgrundlage für bevorstehende einzelhandelsrelevante Planungen im Stadtgebiet zu erhalten.“ Da insbesondere im Gelände der eh. Hoffmann’s Stärkefabriken großflächige Fachmärkte mit teilweise innenstadtrelevanten Sortimenten beantragt wurden, sollte das Gutachten „Vorschläge für eine zentrenverträgliche Konzeption“ liefern. Weiterhin wies das Zentrum von Schötmar einen „sukzessiven Rückzug von Einzelhandelsnutzungen“ auf und ebenso wies „der Einzelhandel des Hauptgeschäftsbereiches im Ortsteil Bad Salzuflen ... eine rückläufige Tendenz auf.“ Ziel der Untersuchung war, für die Stadt eine „ausgewogene Einzelhandelsentwicklung“ zu sichern, „Angebotsdefizite auszugleichen“ und die „Gesamtattraktivität des Einzelhandelsangebotes zu steigern.“ 537 Zunächst wurde als „Kennzeichen der Siedlungsstruktur... eine ungleichmäßige Anordnung der peripher gelegenen Stadtteile um die Kernstadt sowie die bipolare Stadtstruktur“ und das Zusammenwachsen „in einer Art Bandstruktur“ der Stadtkerne mit dem „Siedlungsbereich Knetterheide“ festgestellt. Zum Einzugsbereich wurde ausgeführt, dass er nicht über das Stadtgebiet hinausgeht.“ Die Funktion „als Kur- und Heilbad (hatte) in der Vergangenheit das Defizit... mit Kaufkraftzuflüssen aus dem touristischen Zweig kompensiert.“ 538 Die Betriebe im Stadtgebiet verteilten sich nach der Einzelhandelserhebung 539 wie folgt: Abb. 95 > Stadtteil Betriebe VK qm Umsatz Mio. DM Zentrum Bad Salzuflen 201 10.100 106,0 übrige inkl. Hofmann 63 17.100 123,6 Ges. Bad Salzuflen 264 27.200 229,6 Zentrum Schötmar 64 3.700 40,7 übrige Schötmar 41 22.100 118,8 Ges. Schötmar 105 25.800 159,5 übrige Stadteile: Werl-Aspe-Knetterheide 22 2.000 20,2 Holzhausen 16 1.900 15,6 Wüsten 14 1.100 11,1 Ges. übrige Stadtteile 52 5.000 46,9 Sonstige 20 1.700 16,1 Summe Stadt 441 59.700 452,1 Das ermittelte Gesamtumsatzvolumen von 452,1 Mio. DM zeigt eine enorme Steigerung gegenüber dem Zeitpunkt der Gebietsreform mit 70 bis 75 Mio. DM. 540 Für das Hauptzentrum Salzuflen wurde eine „schwache Position“ festgestellt, da die großflächigen Unternehmen wegen Flächenengpässen außerhalb der Innenstadt liegen und aufgrund der bipolaren Struktur. Die kleinteilige Gesamtverkaufsfläche – „mit starker Präsenz örtlicher Händler“ 541 - lag hier bei 10.100 qm. Der Umsatz mit 106 Mio. DM entspricht nur 537 Markt- und Standortgutachten GfK 2000, Vorbemerkung S. 5/6 538 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 7/9 539 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 19f. Die Einzelhandelserhebung erfolgte im Juli 2000. 540 F-Plan 1973 S. 47 Ob der Vergleich auf gleichen Rahmenbedingungen basiert, ist nicht nachvollziehbar. Für die Untersuchung ist die Feststellung bedeutsam, dass in 27 Jahren eine wesentliche Umsatzsteigerung erfolgte. 541 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 20 Die Durchschnittsverkaufsfläche in den Läden in Alt- Salzuflen beträgt weniger als 50 qm und nur 1,5 % haben mehr als 500 qm. Örtliche Händler bestimmen die 201 117 23% vom städtischen Gesamtumsatz. In den Umsatzanteilen spiegeln sich die Altersstruktur und Funktion als Kur- und Heilbad wieder. Dreiviertel der 264 Betriebe liegen im Hauptzentrum von Salzuflen. Die größeren Betriebe liegen außerhalb insbesondere im neuen Zentrum an der Hofmannstraße. Das Neue Zentrum ‚Hoffmann’s Gelände’ mit einer Gesamtverkaufsfläche von 17.100 qm und einem Umsatz von 123,6 Mio. DM „hat sich aufgrund der Agglomeration der Betriebe zu einem räumlichen Versorgungsschwerpunkt im Stadtgebiet von Bad Salzuflen mit den Angebotsschwerpunkten Nahversorgung und Einrichtungsbedarf entwickelt.“ Wobei „cityrelevante Sortimente außerhalb der Innenstadt deutlich in den Hintergrund treten.“ 542 Der Hauptgeschäftsbereich von Schötmar wurde mit 64 kleinflächigen Betrieben „als Stadtteilzentrum eingeordnet.“ Die Verkaufsflächen betrugen 3.700 qm und der Umsatz mit 40,7 Mio. DM entspricht 9% vom Gesamtumsatz. Zusammen mit den großflächigen Betrieben in peripherer Lage an den Standorten Otto-Hahn-Straße (Marktkauf, Teddy Toys u.a.) und Schloßstraße/Teichstraße (Hit-Markt) hatte Schötmar 25.800 qm Verkaufsfläche mit 105 Betrieben und einem Gesamtumsatz von 159,5 Mio. DM. 543 Abb. 96 Einzelhandelbesatz in Alt Salzuflen u. Abb. 97 im Stadtteil Schötmar (GfK) Der Nahversorgungsgrad wurde „rein rechnerisch als gesichert“ in allen Ortteilen betrachtet. Defizite wurden im Ortsteil Lockhausen, im nördlichen Salzuflen und in der Begastraße in Schötmar (Schließung Plusmarkt) festgestellt: 544 Der „Angebotsumfang“ im „Einzelhandelsbesatz“ des Stadtkerns von Salzuflen ist für die Ortsteilbevölkerung und „in Ansätzen überregional wirksam.“ Der „eingeschränkte Angebotsumfang“ im Stadtteilzentrum Schötmar versorgt die „Bewohner Schötmars sowie naher Stadtteile.“ In beiden Stadtteilen sind „Nahversorgungsstandorte auf den Pkw- Einzelhandelsbetriebe. Der Filialisierungsgrad liegt mit 12% unter dem Bundesdurchschnitt. Es fehlen jedoch großflächige Magnetbetriebe (S. 23). 542 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 25 Das neue Zentrum „Hoffmann’s Gelände“ wird später als Fachmarktzentrum „FMZ Hoffmannstraße“ bewertet. 543 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 26f. 544 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 77/78 Seit 2011 ist in der Begastraße ein neuer Netto-Markt. 118 orientierten Verbraucher ausgerichtet.“ Wobei „im Stadtteil Schötmar sie besser auf die Wohngebiete abgestimmt sind... Die übrigen Einzelhandelsstandorte überspannen das Stadtgebiet in einem lückenhaften und verzweigten Netz.“ Damit liegt der größte Anteil am Umsatz (305,4 Mio. DM = 67,5 %) außerhalb beider Stadtteile in den großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit 45.900 qm „in teils peripherer und solitärer Lage (HIT Schlossstraße, Alba Moda Daimlerstraße) und Fachmarktkonzentrationen (Hofmannstraße, Otto-Hahn-Straße).“ 545 Bei der Abgrenzung der Einkaufslagen in der Innenstadt von Alt-Salzuflen wird diese Schwerpunktverlagerung noch deutlicher: Nur die Langestraße in Alt-Salzuflen weist eine stabile A-Einkaufslage aus. Obwohl hier nur 23,9 % der Betriebe liegen, wird hier ein 40%- iger Innenstadt-Umsatz erwirtschaftet. „Die Mehrzahl der Innenstadteinzelhändler befindet sich in Ergänzungslagen.“ Diese sind „fluktuationsfällig,“ weisen „insgesamt schwächere Frequenzen auf und sind hinsichtlich des Angebotsniveaus zunehmend geringer innenstadtrelevant... Die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben in den Randbereichen der Innenstadt hat zu einer ‚Zerfransung’ der Einkaufslagen und zu einem dünnen und teilweise nicht mehr attraktivem Bestand geführt. Trotz der Ausdehnung weist die Innenstadt entlang der zentralen Achse einen dichten Geschäftsbesatz sowie ein attraktives städtebauliches Umfeld auf.“ Als Beeinträchtigung dieser Attraktivität wurde die Trennung Salzhof /Lange Str. durch den durchkreuzenden Verkehr (s. VEP) erwähnt. Als Stärke wurde die gute Erreichbarkeit der Innenstadt sowohl mit dem Stadtbus als auch dem PKW genannt. Der 7%- ige Leerstandsanteil „trübt die Einkaufsstadt nicht,“ als Grund wurde meist die „ungünstige Standortspezifika“ angesehen. 546 Im Stadtteilzentrum Schötmar liegt die Konzentration in der Begastraße, weniger in der verlängerten Krummen Weide. Der stadtteilspezifische Umsatz liegt hier bei nur 26%. Während die Begastraße einen „relativen beständigen Einzelhandelsbesatz“ aufwies, war „der Einzelhandel in der Krummen Weide sukzessive zurückgegangen.“ Das Flair in der Begastraße wurde wegen einiger „denkmalgeschützter Gebäude,“ der „Einbindung des Kirchengeländes“ und des Markplatzes positiv bewertet. Die Erreichbarkeit wurde durch die umliegenden Parkplätze und dem Angebot im verkehrsberuhigten Straßenrand als gewährleistet angesehen. 547 Das Angebotsniveau in Alt Salzuflen wurde als „qualitätsorientiert und auf Markenartikel spezialisiert“ bewertet. Allerdings wurden oft ein „unzeitgemäßes Erscheinungsbild“ und eine „veraltete Konzeption“ festgestellt. 548 „Die Gebäudefassaden der Einzelhandelsbetriebe überzeugten durch ein gepflegtes Äußeres und wurden fast durchweg als durchschnittlich oder hervorragend eingestuft... und überlassen beim Besucher einen individuellen Eindruck.“ 549 In Schötmar war das Angebot ebenso qualitätsorientiert und kundenbindend. Der Anteil konventioneller, nicht einladender Warenpräsentation und unprofessioneller Schaufenster „schwächt den positiven Gesamteindruck“ von Schötmar insbesondere in der Krummen Weide. 550 545 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 31 Demnach wurde der planerischen Empfehlung des F-Planes 1970 für die Ansiedlung weiteren Einzelhandels im Innenstadtbereich (s. o. zum Warenhaus) nicht gefolgt. 546 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 33-37 547 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 46 548 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 51 Dies hängt mit der Zielgruppe älterer Menschen zusammen. 549 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 63 550 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 69/70 119 Bezüglich des festgestellten „Kaufkraftabflusses sowie der gering ausgeschöpften Potentiale im weiteren Marktgebiet“ wurde als Ziel formuliert: „einen Teil der abfließenden Kaufkraft und bei Profilierung und Individualität des Angebotes zusätzlich Kaufkraft aus den weiteren Markgebieten zu binden.“ 551 Ein zweites Ziel war es, „einer weiteren Zersplitterung des Einzelhandels in der Stadt entgegenzuwirken. Die Funktionsfähigkeit der Innenstadt soll erhalten und zugleich ihre Weiterentwicklung ermöglicht werden.“ Deshalb schließen die Empfehlungen eine weitere dezentrale Entwicklung aus. 552 Trotz des Konkurrenzgeflechtes mit den Nachbarstädten „kann die Stadt bei Mobilisierung des Kopplungspotentials aus der Kur- und Heilbadfunktion sowie bei Profilierung des bestehenden Angebotes und gezielten Ansiedlung von Nischenbetrieben eine individuelle Versorgungsfunktion im Raum erfüllen.“ 553 Deshalb wird als Fazit gefordert: „den steigenden Kaufkraftabfluss und die schwindenden Kaufkraftzuflüsse aus dem Kur- und Bädertourismus“ mit „branchenspezifischen Entwicklungsspielräumen“ zu begleiten. Groß-flächige Weiterentwicklungen sollten durch „optimale Integration in die Stadt“ und auf der „zentralen Achse“ Hauptzentrum Salzuflen, Hoffmannstraße/Rudolf-Brandes-Allee, Schlossstrasse und Stadtteilzentrum Schötmar erfolgen. In nicht zentralen Lagen ist die Entwicklung einzuschränken. 554 „Die Fachmarktagglomeration Hofmannstraße liegt im Zentrum der Stadt... Die Agglomeration ist neben dem Rathaus ein wichtiges Glied zur funktionalen Verknüpfung der Siedlungskörper Bad Salzuflen und Schötmar... Aufgrund der guten Erreichbarkeit sowohl für den lokalen als auch den überregionalen Verkehr und der Lage entlang der Verbindungsachse empfiehlt die GfK Marktforschung die Weiterentwicklung des Standortes im Rahmen der branchenspezifischen Entwicklungsmöglichkeiten zu ermöglichen. Der Standort eignet sich zur Erweiterung des nicht innenstadtrelevanten Fachmarktangebotes und für Sortimente, die aufgrund ihres Flächenbedarfs in der Innenstadt keine ausreichende Entwicklungsfläche vorfinden. Der Standort ist Teil der zentralen Entwicklungsachse, die zur Konzentration des Einzelhandelsangebotes in der Stadt Bad Salzuflen gefördert werden sollte.“ 555 Die gutachterliche Ergänzung 2001 556 erfolgte speziell für die Genehmigung eines Fachmarktzentrums mit 4.900 qm Verkaufsfläche im B-Plan Hoffmannstraße - südlicher Teil und führte hierzu folgendes aus: „Die Fachmarktagglomeration... zwischen den Siedlungsbereichen Bad Salzuflen und Schötmar... (hat) noch ein Entwicklungspotenzial von ca. 10.000 qm Nutzfläche... (und) kann als integrierter Standort im Sinne des Einzelhandelserlasses bewertet werden.“ Obwohl sich dieser Bereich „zum selbständigen Versorgungsbereich entwickelt“ hat, sind deren „Angebote aber ergänzend.“ 557 551 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 79 552 Markt- und Standortgutachten GfK S. 81 f. Als dezentral werden eingestuft: Werler Straße, Schlossstraße/Teichstraße, Otto-Hahn-Straße „Die GfK Marktforschung empfiehlt, die Weiterentwicklung von Einzelhandel in dezentralen Standortbereichen über Bauleitplanung zu unterbinden.“ 553 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 17 554 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 107 (s. auch o.g. Anmerkung mit Einschränkung in B-Plänen) 555 Markt- und Standortgutachten GfK 2000 S. 90 bis 92 Auf der Basis der Liste für zentrenrelevante und nicht zentrenrelevante Sortimente im Einzelhandel wurde für die B-Planung die ‚Salzufler Liste’ erarbeitet (S. 106) 556 Markt- und Standortgutachten GfK Ergänzung November 2001 S. 7, 8, 9, 13 u. 15. 557 Markt- und Standortgutachten GfK Ergänzung 2001 S. 7 u. 8 Ergänzende Angebote sind: Drive In Fast Food Kette, Fachmarkt für Elektroartikel, Lebensmitteldiscounter, Dänisches Bettenhaus, Textiler KIK und die Standortverlagerung von Teddy Toys (Babyartikel und Kinderwaren) etc. 120 Für die Genehmigung eines Fachmarkts für Elektroartikel wurde der Nachweis gefordert, dass diese Absatzformen nicht an innenstadtnäheren Standorten etabliert werden können“ bzw. konkreter: „dass der im Markt- und Standortgutachten 2000 empfohlene Standort der ehemaligen Sparkasse nicht realisiert werden kann.“ 558 Da kein Marktbetreiber auf das ehemalige Sparkassengrundstück wollte und der erwartete Umsatz des gesamt beantragten Fachmarktes dem Kaufkraftabfluss von 18-21 Mio. DM entsprach, wurde „mit der Etablierung des ergänzenden Fachmarktzentrums... der Einzelhandelsstandort ‚Hoffmannstraße’ nachhaltig gestärkt.“ Deren Realisierung bedeutete „eine deutliche Stärkung und Attraktivitätssteigerung dieses Einzelhandelsstandortes im Stadtgebiet.“ 559 Zentren- und Nahversorgungskonzept für die Gesamtstadt 2007 Im Jahr 2007 wurde ein neues Zentren- und Nahversorgungskonzept für die Gesamtstadt von der GfK erarbeitet und im Fachausschuss öffentlich vorgestellt. 560 Hier wurden erneut „die Ausgangslage und Entwicklungspotenziale des örtlichen Handels eingehend beschrieben“ und das Einzelhandelsangebot der Stadt mit unterschiedlicher Qualität bewertet: Abb. 98 Versorgungsbereiche der Stadtteile von Bad Salzuflen (GFK 2007 Abb. 1 S. 17) 1. Hauptzentrum Innenstadt 2. Schötmar ^ Fachmarkt Ztr. Hoffmann II NZ Knetterheide 558 Markt- und Standortgutachten GfK Ergänzung 2001 S. 8 und 9 559 Markt- und Standortgutachten GfK Ergänzung 2001 S. 13 und 15 560 Zentren- und Nahversorgungskonzept für Bad Salzuflen 2007, Bearbeitung: GfK Geomarketing GmbH. Das Konzept baute auf das Markt- und Standortgutachten 2000 und deren ergänzender Stellungnahmen 2001 auf. S.6 Der Rat beschloss das Konzept als Grundlage für die Stadtentwicklung und zukünftige Bauleitplanung am 07.11.2007 (Dr.S. 206/2007) 121 - Die Innenstadt Bad Salzuflen (8.900 qm VK ohne Ostertorgalerie) stellt das bedeutendste Zentrum dar. Kur-, Kultur- und Gastronomie-Einrichtungen ergänzen das Angebot. (Abb.: 1) - Im Ortsteil Schötmar ist ein Verkaufsflächenrückgang (5.400 qm VK) festzustellen, der durch größere Märkte ohne räumlichen Zusammenhang ergänzt wird. (Abb.: 2) - Das Nebenzentrum Knetterheide (2000qm VK) bietet Güter des täglichen Bedarfs. (Abb.: II) - Das Zentrum in der Hoffmannstraße ist der größte Handelsstandort mit Fach- und Lebensmittelmärkten (17.100 qm VK) in verkehrsgünstiger Lage. Merkmale eines innerstädtischen Zentrums mit Funktionsvielfalt und Aufenthaltsqualität fehlen hier. (Abb.: ^) - Die übrigen Ortsteile verfügen zum Teil über eine Lebensmittelversorgung (Lockhausen, Ehrsen, Holzhausen und Wüsten). 561 Die Analyse der Zentrenstruktur nach dem LEP 2007 gleicht dem Ergebnis von 2000: 562 - Hauptzentrum Innenstadt Bad Salzuflen - Hauptzentrum Schötmar (funktional Nebenzentrum) - Nebenzentrum Knetterheide (Werl-Aspe) - Sonderstandort Hoffmannstraße (Fachmarktzentrum FMZ) Zentren-Abgrenzung: Abb. 99 Alt Salzuflen - Abb. 100 Schötmar - Abb. 101 Knetterheide (GFK) Die Bewertung der einzelnen Zentren im Stadtgebiet deckt sich demnach weitgehend mit den Aussagen in den vorangegangenen Untersuchungen. Ebenso ist der Hinweis auf den „starken Wettbewerbsdruck durch Angebote im benachbarten Oberzentrum Bielefeld... (und der) Mittelzentren im Einzugsradius von etwa 20 km (Herford, Lage, Lemgo, Detmold)“ nicht neu. 563 Als neue Bewertung ist der Hinweis auf „eine unterdurchschnittliche Einzelhandelszentralität von 76 (Bewertungs-)Punkten“ 564 zu sehen. In diesem Zusammenhang sind die Ausführungen über die „Vielfalt der Zentren“ im Stadtentwicklungskonzept 2020 bedeutsam: „Zentren sind wichtige Imageträger für die Gesamtstadt, die eine überörtliche Ausstrahlung entfalten. Ein wesentliches Merkmal eines Zentrums ist die Funktionsvielfalt: Handel und Dienstleistungen, Kultur und Freizeit, Aufenthalts- und Treffpunktqualität aber auch 561 STEK 2020 S. 39 (Lockhausen hat mit Aldi inzwischen einen neuen Nahversorger) 562 Zentren- und Nahversorgungskonzept GfK 2007 S. 41f; S. 47: Schötmar ist funktional ein Nebenzentrum. 563 Zentren- und Nahversorgungskonzept GfK 2007 S. 30 Das Einzugsgebiet entspricht dem Stadtgebiet mit 54.700 Einwohnern. 564 STEK 2020 S. 40 Bundesdurchschnitt=100 ist Verhältnis des für den Konsum verfügbaren Einkommens der Bewohner zu Umsätzen im Stadtgebiet. Damit hängt der Kaufkraftabfluss von 65,6 Mio. € zusammen u. spiegelt das starke Wettbewerbsumfeld Bad Salzuflens wieder (Zentren-Nahversorgungskonzept 2007 S. 35 u. 39/40). 122 Wohnnutzungen machen gemeinsam mit Stadtbild und Freiraum die Anziehungskraft der Zentren aus. Aufgrund von Qualität, Quantität und Vielfalt der Angebote und dem Zusammenspiel aus historischer Altstadt, Kurpark und angrenzenden Landschaftsräumen sticht die Innenstadt (Alt Salzuflen) heraus. Durch die Stadtbildqualitäten und die Angebotsvielfalt hebt sich auch das Zentrum Schötmars deutlich von den übrigen Kernen ab... Die Bedeutung der Zentren soll auch künftig gesichert werden. Dazu zählt eine restriktive Haltung gegenüber Einzelhandelsneuansiedlungen außerhalb der Zentren... Ergänzungen der Angebote sind immer auf ihre Zentrenverträglichkeit zu prüfen.“ 565 2007 steigerte sich die Gesamtverkaufsfläche auf rd. 65.300 qm, der Einzelhandelsumsatz auf rd. 209 Mio. € und die Verkaufsflächenausstattung auf 1,2 qm/Einwohner, die sich dem Bundesdurchschnitt von 1,4 qm/Einwohner nähert. 566 Für die weitere positive Entwicklung sind die Empfehlungen des Zentren- u. Nahversorgungskonzeptes (abermals) folgende: Vermeidung neuer dezentraler Standorte, Sicherung der mittelzentralen Versorgungsfunktion mit eigenem Profil, Stärkung der Innenstadt durch Schaffung von mehr ‚Ambiente’ und eigenem Profil Resümee Die Kaufkraftbindung für das Mittelzentrum Bad Salzuflen ist durch die Lage im regionalen Raum mit den benachbarten Mittelzentren und dem Oberzentren Bielefeld erschwert. Zum anderen konkurrieren die Stadtteilzentren untereinander und Alt Salzuflen muss sich auf unterschiedliche Zielgruppen wie Bürger, Kurgäste und Touristen einstellen. Zur weiteren Kaufkraftbindung sind Projekte wie z.B. die Ostertorgalerie in Alt Salzuflen zu empfehlen. 567 Weiterhin sollte die Wiedereinführung des Sonntagsverkaufs für kurortspezifische Artikel von der Landesregierung zugelassen werden, um weiteren Leerstand zu vermeiden. 568 Durch die Kurortsituation gibt es zumindest für Alt Salzuflen ein Alleinstellungsmerkmal. Die Mischung aus Einzelhandel und Gastronomie profitiert vom Bummeln und Schlendern der Bürger und Besucher, die das ruhige Einkaufsverhalten als angenehm empfinden und die Außengastronomie genießen. Die Grünanlagen und öffentliche Plätze unterstützen dies. Dadurch bekommt Alt Salzuflen eine größere regionale Bedeutung als die Statteilzentren und bildet damit mit dem Salzhof, der Fußgängerzone Lange Straße und der Grünachse Salze mit Promenade und Kurpark die „gefühlte Mitte“ von Salzuflen. 569 Das neue Fachmarktzentrum auf dem ehemaligen Hoffmanngelände bewirkte eine größere Kaufkraftbindung. Diese war gelungen durch die Umsiedlung peripher gelegener großflächiger Märkte und die Neuansiedlung verschiedener Fachmärkte in dieses Areal 565 STEK 2020 S. 75 anlehnend an das Zentren- und Nahversorgungskonzept 2007 566 Zentren- und Nahversorgungskonzept GfK 2007 S. 23/24 Im Vergleich: VK 2000: 59.700 qm. Dies entspricht einem Zuwachs von rd. 9,3%, der im FMZ Hoffmannstr. liegt. Umsatz 2000: 452,1 Mio. DM. Der Rückgang von rd. 2 Mio. € entspricht dem Bundestrend. Verkaufsflächenausstattung 2000: 1,1 qm/Einwohner. 567 Zentren- und Nahversorgungskonzept GfK 2007 S. 93 f Auf dem ehemaligen Sparkassengrundstück am Ostertor in der Innenstadt von Alt-Salzuflen entstand ein neues Geschäftshaus, die ‚Galerie Ostertor’ mit Hotel, Gastronomie, Stadtbibliothek, Modehaus (Alba Moda) und kleineren Ergänzungsläden. 568 Eine bundesweite einheitliche Regelung ist für den Sonntagsverkauf wünschenswert, um für alle Kur- und Badeorte gleiche Bedingungen zu schaffen. 569 Dieses bestätigen die Befragungen, die im Rahmen der planBAR (s. Kap. 6 u. 9.2) durchgeführt wurden. 123 zwischen den beiden Stadtkernen Schötmar und Alt Salzuflen. Zusammen mit dem Rathaus, der Sparkasse, Post, dem Arbeitsamt, einer Seniorenanlage, einem Arztzentrum und mehreren Gebäuden mit Gewerbe und Büros hat sich eine zur Innenstadt ergänzende Angebotsvielfalt im neuen „Fachmarktzentrum Hoffmannstraße“ entwickelt, das den bundesweiten Trend der Umsatzrückgänge entschärfte. 570 Abb. 102 Einzugsbereich mit Zone der Potentialreserve 571 Um die Stadtmitte Alt Salzuflen, das Stadtteilzentrum Schötmar und die übrigen Nebenzentren in den Ortsteilen zu stärken, wurde in allen Konzepten vor dezentralen Neuansiedlungen abgeraten. In den Ortsteilen hebt sich Knetterheide bezüglich der Nahversorgung ab. In beiden Kernstädten ist die Nahversorgung gewährleistet. Beide Hauptzentren verfügen über gastronomische und kulturelle Angebote, die in Alt Salzuflen durch die kurspezifische Ausrichtung noch ausgeprägter sind. Büros und Dienstleistungsbetriebe vervollständigen die Nutzungsvielfalt. Aufgrund des BauGB, Einzelhandelserlasses, Regionalen Einzelhandelskonzeptes 572 und neuen Zielbildes im STEK 2020 573 ist die Innenentwicklung in den Ortsteilen Salzuflen, Schötmar-Ehrsen, Werl-Aspe-Knetterheide und im Bereich Hoffmannstraße zu verstärken. Dabei sind gemäß den Einzelhandelsuntersuchungen die bestehenden Zentren unterschiedlich zu interpretieren. Die Untersuchungen zum Einzelhandel mit Beteiligung betroffener Akteure zeigen, dass diese für ein formales Planverfahren zu großflächigem Einzelhandel zwingend erforderlich sind. Nur so kann ein kommunaler und regionaler Konsens hergestellt werden. 570 Zentren- und Nahversorgungskonzept GfK 2007 S. 37 „ohne die Entwicklung des Areals an der Hoffmannstraße wäre der Rückgang... drastischer ausgefallen.“ und S. 23 571 Plan zum Marktgebiet aus: Markt- u. Standortgutachten GFK 2000 S. 9 572 Regionales Einzelhandelskonzept OWL 2003; BBE Münster und Econ-Consult 1985 S. 167 573 STEK 2020 S. 72 f (s. Kap. 3.4.4 und Plan zum Stadtentwicklungskonzept STEK 2020 im Anhang) 124 3.5.5 Stadtmarketingprozess Neben der gesetzlich vorgeschriebenen Bauleitplanung 574 hatte sich in den letzten 20 Jahren auch in Bad Salzuflen eine prozessgesteuerte informelle Planung entwickelt, mit der planerische Zielvorstellungen mit Beteiligung einer breiten Öffentlichkeit formuliert wurden. Das Kapitel über die Entwicklungskonzepte seit den 1990er Jahre stellte hierzu schon einige Planungsprozesse vor. In diesem Kapitel werden Prozesse erörtert, die für das Stadtmarketing in Bad Salzuflen bedeutsam sind. 575 Stadtmarketing im Prozess Lokale Agenda 21 „Am 27. April 1998 sprechen sich gelegentlich einer Podiumsdiskussion zum Thema ‚Stadtmarketing’ Teilnehmer aus Handel, Handwerk, Hotellerie und Gastronomie für ein derartiges Instrument als Prozess zur langfristig angelegten Stadtentwicklung aus. Nachdem vom Land NRW Fördermittel für eine Anschubfinanzierung zugesagt werden, beschließt der Hauptausschuss am 23. September 1998 das Stadtmarketing Bad Salzuflen mit externer Moderation durch ein Fachunternehmen auf den Weg zu bringen.“ 576 Im November 1998 leitete parallel dazu die Auftaktveranstaltung mit 300 Teilnehmern die Lokale Agenda 21 ein. Vorangegangen waren Informationsaktionen. Die Dokumentation sprach von einer „Initialzündung,“ 577 die sich in vier Arbeitsgruppen fortsetzten: Bauen, Wohnen, Verkehr, Landschaft, Stadtplanung Arbeit, Ausbildung, soziale Verantwortung, Familie, Jugend, Frauen Kultur, Sport, Freizeit, Vereine Wirtschaft/Stadtmarketing Der Arbeitskreis Stadtmarketing traf sich am 13. Januar 1999 mit etwa 50 Interessenten im Hotel Maritim zur Konstituierung. Die Ergebnisse des Arbeitskreises übernahmen der Rat und ein vom Bürgermeister einberufenes Unternehmer-Forum als Empfehlung. „Die Lokale Agenda 21 lebt weiter im Zukunftsforum Bad Salzuflen“ schrieb die LZ 578 im Jahre 2000 über eine neue Auftaktveranstaltung. Die Beteiligung war mit ca. 30 Personen wesentlich geringer als bei den o.g. Auftaktveranstaltungen. Bei einer weiteren Veranstaltung im Oktober 2000 wurde deutlich, dass „Stadtmarketing unter Regie der Wirtschaft“ erfolgen sollte. „Nach dem Statement des Salinenpark Investors Wolfgang Schmidt war schnell klar: Gemeinsames Marketing ja, aber unter Regie der Wirtschaft.“ 579 Stadtmarketing mit der mbsc 2000 (Marketing Bad Salzuflen Consulting AG) Am 12. Dezember 2000 beschloss der Rat die Beteiligung an der „Marketing Bad Salzuflen Consulting“ AG (mbsc), 580 die von 15 Unternehmern am 6.12.2000 gegründet wurde. 581 Zu den Zielen der mbsc AG stand folgendes in ihrer Drucksache: 574 Neben der förmlichen Planung nach dem BBauG/BauGB erfolgten Rahmen- u. Entwicklungsplanungen. 575 Dieses Verfahren wurde auch bei Teil- und Projektplanungen angewandt, wie z.B. ein „Runder Tisch“ für ein Baugebiet oder das Projekt „Verdichterstation“ für die Ferngasleitung der WINGAS. 576 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 473 Das Leitbild entwickelte Dr. Honert (Komet Köln). 577 Dok. Auftaktveranstaltung Agenda 21 in Bad Salzuflen 1998 S. 12 578 LZ vom 18.08.2000 über die Auftaktveranstaltung am 16.08.2000 579 LZ vom 25.10.2000 580 Dr.S. des Rates 349/2000 S. 1 Beschluss: Beteiligung Stadt, Stadtwerke, Staatsbad je 25.000 € an mbsc 125 „Die mbsc AG hat das Ziel, alle Kräfte der Stadt, die sich bislang mit Standortförderung, Stadtentwicklung, Tourismus, Stadt- und Standortwerbung beschäftigt haben, zu bündeln, die unterschiedlichsten Aktivitäten zu koordinieren und gemeinsame Strategien für die Imagebildung von Bad Salzuflen zu entwickeln. Eine ‚Marke’ Bad Salzuflen soll etabliert werden... Das Aufgabenspektrum der jetzt von der Wirtschaft gegründeten mbsc AG umfasst viele der Aufgaben, die die Stadt als wünschenswerte Themenbereiche definiert hatte. Die mbsc AG versteht sich dabei als institutionalisierte Fortsetzung der in Bad Salzuflen initiierten Agenda- und Stadtmarketingprozesse und ist um weitgehende Einbindung von Interessengruppen und Bürgern bemüht.“ 582 In der Stadtmarketing-Konzeption für Bad Salzuflen der mbsc im Jahre 2002 wurde aus dem „Leitbild Kurstadt“ die „Wohlfühlstadt“ positioniert und das Stadtmarketing als „prozessorientiert und von fortwährender Dauer“ deklariert. 583 Grundlage für die Erarbeitung der 54 Marketingmaßnahmen waren „handlungsfeldbezogene Workshops“ und „maßnahme- bezogene Projektgruppen.“ Bei der Durchführung der Maßnahmen sah sich die mbsc als „professioneller Antriebsmotor, Koordinator und Moderator.“ 584 Zur Stadtidentität und zum Leitbild wurde als Fazit festzuhalten: „Bad Salzuflen ist eine Stadt, in der sich sowohl die Bürger als auch die Besucher wohl fühlen können... Wohlfühlen ist das Bad Salzuflen prägende Alleinstellungsmerkmal...“ 585 Abb. 103 Die meisten vorgeschlagenen Maßnahmen für einen Planungshorizont von fünf Jahren überzogen den städtischen Haushaltsansatz und wären nur durch externe Sponsoren realisierbar gewesen. 586 Zunehmend entwickelte sich die mbsc AG zu einer Gesellschaft für Veranstaltungen, wie Weihnachtsmarkt u.a.m. Die Bewerbungen zur City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ und die Idee einer „Salzewelt“ im Gebäude der Kurverwaltung 587 scheiterten. Im Jahre 2004 wurde die Gesellschaft aufgelöst. Seitdem ist Stadtmarketing wieder in den Händen der Verwaltung und Politik. 588 Stadtmarketingausschuss seit 2005 Seit den Neuwahlen im Jahre 2004 erfolgte ein Neufindungsprozess, aus dem sich die Bildung des Ausschusses für Stadtmarketing entwickelte. Dieser führte eine erneute Diskussion unter externer Beratung über die Organisation für das Stadtmarketing als GmbH oder Verein. 581 Westf. Blatt Nr. 284 vom 07.12.2000: „Die AG geht mit 3 Mio. DM an den Start...15 % der Aktien stehen den Bürgern zum Kauf offen....Neben der Vermarktung der Stadt, der Hotellerie, des Staatsbades und anderer wird die mbsc künftig auch für Firmen und Verbände in der Region wie im ganzen Bundesgebiet tätig sein.“ 582 Dr.S. des Rates 349/2000 S. 2 583 Stadtmarketing-Konzeption 2002 S. 7 584 Stadtmarketing-Konzeption 2002 S. 8 585 Stadtmarketing-Konzeption 2002 S. 19 Ausgangspunkt für die Marketingziele bietet das Leitbild 2000. 586 Stadtmarketing-Konzeption 2002 S. 113 f. 587 LZ Nr. 74 vom 28.03.2003 „Erlebniswelt Salz soll(te) Ostern 2004 eröffnen u. 200.000 Besucher anlocken.“ 588 Die Verwaltung hatte mit der ABM-Kraft Christoph Schmitz in den Folgejahren gute Arbeit geleistet – insbesondere mit den Projekten AidM 2006-2008. 126 Die Diskussionsphase im Ausschuss war geprägt von gegenseitigen politischen Vorwürfen 589 und Gegenkonzepten. Das Beraterbüro Heinze 590 schlug vor „die Gründung einer Marketing GmbH, an der sich Stadt, Staatsbad, Gastbetriebe, Handel und sonstige Wirtschaftsbetriebe finanziell beteiligen.“ Jedoch Staatsbad, Werbegemeinschaft, Gastgeber, Kur- und Touristikverein stellten sich gegen das „favorisierte Marketing aus einer Hand.“ Die Akteure schlugen ein Zwei-Säulenmodell vor, bei denen ihre Aktivitäten in ihren Händen blieben. In der nachfolgenden Zeit „setzten sich Befürworter und Gegner an einen Tisch, um an einem Konsens“ zu arbeiten. Klar war, dass alle „das gleiche Ziel“ verfolgten, nur über das „Wie“ gab es unterschiedliche Auffassungen. Versprochen wurde, dass „im Wahlkampf das Thema Stadtmarketing nichts zu suchen hat.“ 591 Die Presse beschrieb 2008 diese Auseinandersetzung zutreffend in einem Kommentar: „Stadtmarketing in Bad Salzuflen ist ein unglaublich sensibles Pflänzchen. Jetzt, da es den Anschein hat, dass – bis auf einige strukturelle Kontroversen – alle Beteiligten einigermaßen an einem Strang ziehen könnten: Bitte, liebe Akteure und Bedenkenträger, machen, umsetzen, bloß keine neuen Gräben aufwerfen.“ 592 Um Stadtmarketing voran zu bringen, stellte die CDU den Antrag, im Haushalt 2008 50.000 € für die Gründung einer GmbH einzustellen. Nach längerer Diskussion wurden die Mittel mit dem Sperrvermerk beschlossen, diese erst nach Einigung mit den privaten Partnern freizugeben, da „deren finanzielle Beteiligung nicht geklärt“ war. 593 Es kristallisierte sich heraus, dass die privaten Akteure nicht bereit waren, 50% der Gesellschaft mit zutragen. Dies wurde dadurch erschwert, dass die Privaten Ende 2008 einen Stadtmarketingförderverein gründeten, der als Einheit nur noch einen geringen finanziellen Beitrag leisten wollte. 594 Während der Konsensgespräche teilte Anfang 2009 die Verwaltung mit, dass Änderung in der Gemeindeordnung und im gemeindlichen Wirtschaftsrecht die Gemeinnützigkeit einer GmbH in der bisher diskutierten Form in Frage stellt. Hierzu sollte ein Steuerberater und Fachanwalt Stellung beziehen, die Ende Mai 2009 vorlag und in einem Arbeitskreis diskutiert wurde. Als Fazit stand in der Drucksache: „Soweit der GmbH die Aufgabefelder Förderung und Durchführung von Veranstaltungen, .... einer Stadtwerbung sowie... gesunder Einzelhandelsstrukturen und Zentren übertragen werden, liegen nichtwirtschaftliche Betätigungen vor, die entsprechend organisiert werden dürfen.“ 595 589 Der Ausschuss war sich hinterher nicht mehr einig, ob für das Stadtmarketing eine GmbH (CDU u. FDP) oder eine Organisation (Grüne und SPD) beschlossen wurde (Protokoll Stadtmarketingausschuss 19.02.2008). 590 Das Büro Heinze, Dortmund wurde 2007 beauftragt, für eine Entscheidung ein Gutachten zu erstellen und den Entscheidungsprozess zu moderieren. Das Büro empfahl die Gründung einer GmbH. 591 LZ Nr. 276 vom 28.11.2007 mit Bericht vom Ausschussbeschluss (28.11.07); LZ Nr. 278 vom 30.11.2007 „Rückschlag fürs Marketing“ und LZ Nr. 42 vom 19.02.2008 „Arbeiten am Konsens“ 592 LZ Nr. 38 vom 14.02.2008 Kommentar von Sven Koch 593 Stadtmarketingausschuss 09.04.2008 Dr.S. 76/2008 und Protokoll der 17. Sitzung In dieser Sitzung wurde auch ein Hinweis auf juristische und steuerliche Unklarheiten hingewiesen. In der Sitzung am 3.06.2008 wurde der „angepeilte Start der Stadtmarketing GmbH zu Oktober 2008“ in Frage gestellt. 594 Im Protokoll des Stadtmarketingausschusses am 27.08.2008 erfolgte der Hinweis, dass die Satzung für einen Stadtmarketingförderverein erarbeitet wird. In der Sitzung am 25.11.2008 wurde deutlich, dass der zukünftige ‚Verein zur Förderung des Stadtmarketing’ nur 800 € im Jahr zahlen wollte. 595 s. Protokoll vom Stadtmarketingausschuss am 03.02.2009: Zur Finanzierung der Stellungnahme (Büros Brandis/Schröder und König) wurde der Sperrvermerk über die 50.000 € aufgehoben. Im Ausschuss am 26.05.09 wurde das Ergebnis (Dr.S. 133/2009) vorgetragen und danach im Arbeitskreis diskutiert. 127 Da das Fazit der Untersuchung die Gemeinnützigkeit einer GmbH nicht in Frage stellte, beantragte die CDU im Rat, noch vor der Kommunalwahl 2009 die Gründung einer Stadtmarketing GmbH zu beschließen. 2010 wurde jedoch die Ausführung dieses Beschlusses durch die Stellungnahme des Kreises Lippe zum Haushaltssicherungskonzept storniert: Der Kreis beurteilte die „Gründung einer Gesellschaft als freiwillige Aufgabe der Stadt“ und empfahl „die vorgesehenen Maßnahmen des Stadtmarketings in Anbetracht der äußerst angespannten Finanzlage der Stadt und der ungewissen und nicht darstellbaren Erfolgsaussichten der Gesellschaft mit den bestehenden Strukturen und Einrichtungen umzusetzen bzw. durch private Einrichtungen durchführen zu lassen.“ 596 In der Zwischenzeit hatte der Förderverein davon Abstand genommen, im Vereinsregister eingetragen zu werden. Ein neuer Vorschlag von CDU/SPD gemeinsam ist die Integration des Stadtmarketing in die Staatsbad GmbH. Als Ergebnis des Überprüfungsauftrages des Ausschusses 597 schlägt die Verwaltung im Februar 2011 vor, die Stadtmarketingaufgaben in das touristisch orientierte Staatsbadmarketing zu integrieren und die privaten Akteure über einen Fachbeirat zur beteiligen. 598 Resümee Seit den 1970er Jahren wurden in den Kommunen Stadtplanungen mit Zielvorstellungen und/oder integrierte Entwicklungsplanungen erstellt. Da die Umsetzung dieser Planungen oft nicht erfolgte, blieb der durchschlagende Erfolg aus. In diese Lücke stieß seit Ende der 1990er Jahre Stadtmarketing, um der Stadtentwicklung neue Impulse zu geben. In vielen Städten, wie auch in Bad Salzuflen, wurden hierfür Gesellschaften, Vereine oder gesonderte Abteilungen mit unterschiedlichen Erfolgen und Aufgabenschwerpunkten gebildet. 599 In Bad Salzuflen funktioniert bis heute kein einheitliches Stadtmarketing. Warum? Die Beantwortung kann anhand der Voraussetzungen für Stadtmarketing 600 gefunden werden: Stadtmarketing und Stadtplanung sollten ein gemeinsames inhaltliches Fundament haben, sich ergänzen und keine Konkurrenz entwickeln. Sie sollten beide die Stadt nicht als austauschbares statisches Gebilde ansehen, sondern Veränderungen der Funktionen akzeptieren und dabei prozesshaft neue Inhalte und Funktionen finden. In Bad Salzuflen sind Stadtmarketing und Stadtplanung keine Konkurrenz. Sie arbeiteten bisher zusammen 601 und ergänzen sich, da Stadtplanung für einen längeren Zeitraum angelegt ist und Stadtmarketing mehr kurzfristige Erfolge durch Aktionen (‚Ab in die Mitte’) aufweist. Stadtmarketing sollte nicht - wie das Planungsrecht - starr und instrumentalisiert sein. Sein Ansatz ist kooperativ und sollte Betroffene mit einbinden. Der Stadtmarketingprozess ist ein Moderationsverfahren über das, was in der Stadt passiert und realistischerweise passieren soll und organisiert dieses als begleitenden Prozess. 602 596 Stellungnahme des Kreises Lippe vom 14.06.2010 Die finanzielle Belastung würde bei 400.000 €/Jahr liegen 597 Dr.S. 148/2010 und Niederschrift des Stadtmarketingausschusses vom 24.06.2010 598 Dr.S. 18 u. 19/2011 Als kostenneutrale Lösung wird Stadtmarketing bei der Staatsbad GmbH verankert. Zur Beteiligung dritter wird ein Fachbeirat ‚Stadtmarketing’ gebildet. (Beschluss Rat/Staatsbad am 14.04.2011) 599 Unterschiedliche Schwerpunkte sind: Veranstaltungen, Einzelhandel, Wirtschaft oder Planungsersatz. In NRW erfolgte auf Kongressen der 1. bis 3. Generation ein Erfahrungsaustausch ‚Stadtmarketing’ (s. Literatur). 600 Die Auflistung der Voraussetzungen basieren auf die Erfahrungen als Beteiligter am Stadtmarketingprozess. 601 Nur in der Zeit der CDU-Mehrheiten zwischen 1999 bis 2004 war die Zusammenarbeit weniger erfolgreich. 602 Marketing hat dabei 3 Stärken: Moderation, Kommunikation u. Organisation als Methoden des Marketings. 128 In Bad Salzuflen konnten sich im Prozess Agenda 21, mit Gründung der mbsc AG und mit Einrichtung eines Stadtmarketingausschusses die Akteure der Stadt durch Kommunikation und gegenseitigen Meinungsaustausch auf die Stärken der Stadt besinnen. Dabei hatte sich ein Wir-Gefühl entwickelt, bei der die Eigeninitiative der Akteure gefördert wurde. Allerdings wurde bisher die eigene Position nicht zugunsten des Gemeinwohls ganz aufgegeben. Es hat sich noch nicht die Einstellung Wir machen die Stadt durchgesetzt, die auch die Bereitschaft einer finanziellen Beteiligung fordert. Bei der mbsc AG war diese Bereitschaft durch die AG schon vorhanden, das Ergebnis ‚Stadtmarketing beim Staatsbad’ ist noch abzuwarten. 603 Stadtmarketing sollte Barrieren zwischen Verwaltung, Politik und Bürger abbauen. In Bad Salzuflen waren nie ausgeprägte Barrieren zwischen Verwaltung, Politik und Bürger gegeben. Barrieren in Form von Konkurrenzverhalten sind zwischen den unterschiedlichen Akteursgruppierungen und Ortsteilen jedoch festzustellen, die aufzuheben sind. Beim Stadtmarketing sollten Entwicklungsstrategien und Maßnahmen gefunden werden. In Bad Salzuflen wurde im Agenda-Prozess ein Leitbild für die Stadt gefunden. In den Arbeitsgruppen wurden viele kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen formuliert. Teilweise wurden Leitbilder und Maßnahmen im Rahmen des Haushaltes der Stadt mit aufgenommen und von Stadtmarketing (mbsc AG/Ausschuss/Beirat) konkretisiert und weiterentwickelt. Das Erarbeiten von Entwicklungsstrategien erfolgte bisher jedoch mehr durch die Politik und Verwaltung (insb. aus dem Fachbereich Stadtplanung) und Veranstaltungen werden durch Werbegemeinschaft, Bürgerverein, Staatsbad u.a. organisiert. - - - Obwohl alle Akteure davon sprechen, wie wichtig Stadtmarketing für Bad Salzuflen ist, scheint der Misserfolg in der konkurrierenden Kommunikation zu liegen. Diese behindert integrative Konzepte und konkrete gemeinsame Projekte. Ein Erfolg versprechender Ansatz war die City Offensive „Ab in die Mitte“ unter der Regie eines Stadtmarketing-Mitarbeiters und der ‚planBAR,’ die noch gesondert behandelt wird. Eine Einigkeit aller örtlichen Akteure war schon bei der Richtlinie für Stadtteilfeste, der Satzung für Gestaltung im öffentlichen Raum und für die Werbeanlagen festzustellen. Ebenso war es möglich mit externer und auch interner Moderation bei den Planungsprozessen, wie Masterplan, Entwicklungskonzept 2020 Konsens für zukünftige Entwicklungs- und Handlungsstrategien zu finden. Demnach ist in Bad Salzuflen auch ohne eine gesonderte ‚Organisation Stadtmarketing’ die Einigung auf gemeinsame Ziele bisher möglich. Die Verankerung von Stadtmarketing bei der Staatsbad GmbH, als ein wichtiger Impulsgeber für die Stadtentwicklung, ist als ortsspezifische Lösung viel versprechend: „um durch Nutzung von Synergien mit dem bestehenden und bewährten Marketingbereich der Gesellschaft, insbesondere in den Bereichen Tourismus und Wellness, eine Neuorganisation des Stadtmarketings im Rahmen eines HSK zu ermöglichen.“ und um durch einen „Fachbeirat Stadtmarketing“ die Beteiligung Dritter“ zu gewährleisten. 604 603 Die Zeiten des ‚Selbstbedienungsladens Stadt’ sind aufgrund des HSK vorbei. Der Kreis Lippe genehmigte mit Schreiben vom 10.062010 die Haushaltssatzung 2010 der Stadt Bad Salzuflen mit der Auflage, während des Haushaltsjahres zu berichten, Änderungen der Ausgangslagen darzustellen, die Liquiditätslage zu verbessern und eine Auflistung freiwilliger Leistungen zu liefern, die auf den Prüfstand zu stellen sind. 604 Dr.S. 18/2011 vom 09.02.2011 Beschluss für Rat am 13.04.2011 Mitglied im Fachbeirat wurden private Akteure, wie Werbegemeinschaft, Bürgerverein, Messezentrum u.a., die auch den Vorsitz stellen. 129 4. FALLBEISPIELE ZUR MITTE VON BAD SALZUFLEN Zwei Beispiele spiegeln die örtliche Diskussion über die Mitte von Salzuflen wieder. Das erste Fallbeispiel ist der Salzhof, der als ‚Mitte der Gesamtstadt’ von den Bürgern aller Ortsteile und den Besuchern empfunden wird. Das zweite Beispiel behandelt die Vision der ‚Neuen Mitte’ auf dem Gelände der eh. Hoffmann’s Stärkefabriken zur Gebietsreform, die sich heute mit geänderter Zielrichtung präsentiert. Beide Beispiele verdeutlichen, dass Brachflächen nach Ende einer gewerblichen Nutzung für die Stadtentwicklung eine neue Chance bedeuten kann. Weiterhin zeigen sie Entwicklungen auf, die von den örtlichen Fachexperten angeregt und letztlich auch durchgesetzt wurden. Anzumerken ist hier noch, dass es auch in den Ortsteilen Diskussionen über deren Mitte gibt. In Schötmar wird der Markt- und Kirchplatz als Mitte akzeptiert. Für den Kirchplatz werden immer wieder gestalterische Verbesserungen eingefordert. In den übrigen Ortsteilen gibt es keine gewachsenen Ortskerne und geeignete Räume, diese als solche nachträglich zu entwickeln. Als Ersatz dienen Gemeinschaftshäuser, Schulen oder Sportanlagen. 4.1 Historische Stadtmitte ‚Salzhof’ Der Salzhof liegt in der Mitte des historischen Stadtkerns von Alt Salzuflen. Dieser Bereich ist der Ursprung der Stadt mit Solequelle, Salinenwerk und den ersten Bädereinrichtungen. Durch die Kritik des damaligen Baumeister Ernst Buhr im Jahre 1922 beseitigte die Stadt als Eigentümerin das seit 1913 stillgelegte Salzwerk im Jahre 1926. Damit gewann nicht nur „die ganze Umgebung dieses Platzes an Wert,“ sondern es entstanden auch „neue Grundlagen für eine bessere Geschäfts- und Verkehrsentwicklung.“ 605 Abb. 104 eh. Betriebsgebäude Salzhof - Abb. 105 1930 nach Teilabbruch - Abb. 106 ‚Brunnensäule’ Nachdem (endlich) der letzte Turm über der Paulinenquelle am Salzhof abgebrochen war, „entschloss sich die Badeverwaltung im Mai 1933, für einen würdigen Überbau zu sorgen. Zur Umgestaltung der Paulinenquelle wurde... ein begrenzter Wettbewerb ausgeschrieben... das Preisgericht hatte über 36 Arbeiten zu entscheiden... (Architekt) Rudolf Günther und sein Partner Gustav Reitner... belegten die beiden ersten Plätze... Die ‚Brunnensäule’ wurde im Frühjahr 1934 fertig gestellt.“ 606 Buhr wollte mit seinem Vorschlag ‚Salzhof’ zum einen Salzuflen als Kurort aufwerten und zum anderen für die Stadt einen zentralen Platz schaffen. Der historische Marktplatz konnte dies nicht erfüllen, da sich dort verschiedene historische Handelswege kreuzten. Damit hatte der Marktplatz nicht die Qualität wie in den Nachbarstädten Lemgo oder Detmold, wo der 605 Buhr, Ernst Dissertation 1922 S. 171/172 (Abb. aus: Stadtbilder 1995 S. 28/29; Mitte: Meyer, F. S. 288) 606 Wiesekopsieker in Sievers/Wiesekopsieker 1996 S. 42-44 u. Lipp. Anzeiger Nr. 100/30.04.1934 Anmerkung: Der Architekt Rudolf Günther gab gleich mehrere Entwürfe ab. Viele seiner Bauten in Bad Salzuflen stehen heute unter Denkmalschutz, wie auch die Brunnensäule ‚Paulinenquelle’ auf dem Salzhof. 130 Platz seitlich zur Hauptstraße angeordnet war. Nur an den Rändern vor den Hausfronten bot sich eine Aufenthaltsqualität Am Markt an. Dort konnten früher einige Markstände platziert werden. Mit dem Wachsen der Stadt waren diese Flächen jedoch dafür unzureichend. Deshalb schlug Buhr vor, für Bad Salzuflen endlich einen geeigneten zentralen Platz auf dem Salzhof zu realisieren. Es entstand jedoch zunächst kein innerstädtischer Platz, sondern eine Verkehrsstraße entlang der Häuserfront Lange Straße und auf der Restfläche Bushaltestellen und Parkplätze. Hier konnte an manchen Tagen ein geeigneter Markt für Salzuflen stattfinden. Stadtarchivar Franz Meyer bewertete den Marktplatz von Alt Salzuflen 2001 wie folgt: „Als Schauplatz und Kulisse von Wochen- und Weihnachtsmärkten, Kirmessen oder Schützenaufmärschen ist der Marktplatz der Ort, an dem man in besonderem Maße den Pulsschlag des städtischen Lebens zu spüren vermag... Er gilt als die ‚gute Stube’ einer Stadt ... Und in Bad Salzuflen? – Dort findet der Besucher des Marktplatzes eine städtebauliche Situation vor, die sich deutlich von allen anderen Städten in Lippe unterscheidet.“ 607 Weiterhin kritisierte der Archivar, dass der 1994/95 errichtete Rendezvousplatz für den Stadtbus die städtebauliche Situation noch zusätzlich zerstört hat. Diese Kritik ist nicht ganz berechtigt, da der Marktplatz historisch immer ein Verkehrsknotenpunkt mit Haltestelle für Pferdebahn, Straßenbahn oder Bus war und nie eine Aufenthaltsqualität hatte. Marktgeschäfte fanden nur im geringen Umfang Platz. Allerdings war der Platz immer schon von historisch wertvollen Gebäuden umrahmt, vor denen heute attraktive Außengastronomie stattfindet. 608 Abb. 107 Salzhof nach Umgestaltung 1988 (Meyer, F. S. 460) u. Abb. 108 heute (Website BS 12/2010) Deshalb war es für die weitere Entwicklung von Bad Salzuflen wichtig, dass nach Abbruch des Salinenwerks auf dem Salzhof ein neuer Platz für den Markt u.a.m. entstand. Im Rahmen der Stadtsanierung 609 wurde der Salzhof als zentraler Innenstadtplatz für Markt und Veranstaltungen Mitte der 1980er Jahre umgestaltet. Bestandteil der Planung war die Offenlegung und landschaftliche Gestaltung der Salzeufer im innerstädtischen Bereich. Im Juli 1987 konnten „die Salzufler Schützen... ihren traditionellen Zapfenstreich dort wieder abhalten.“ 610 607 Meyer, Franz ‚Bad Salzuflen und seine Marktbrunnen’ in Zeitschrift ‚Heimatland Lippe’ zur 125-Jahr-Feier des Heimat- und Verschönerungsverein Bad Salzuflen 9/2001 S. 155 f. 608 Am Markt stehen u.a.: historische Rathaus, Bürgermeisterhaus, eh. Amtsgericht u. Brandes’sche Apotheke. 609 Dröge, Kurt in Meyer, F. weist auf Aufstellungsbeschluss B-Pläne Am Markt u. Salzhof am 14.05.1969 hin. 610 Dröge, Kurt in Meyer, F. 2007 S. 459 Foto links 1988 S. 460 u. rechts aus: Website Bad Salzuflen 12/2010 131 Für die Neugestaltung des Salzhofes wurde 1979 ein gutachterlicher Gestaltungswettbewerb mit Städtebauförderungsmitteln ausgeschrieben, den das Architekturbüro Rolf Temme, Horn Bad Meinberg gewann. Die Planung und Ausführung erfolgte in den Jahren 1985 bis 1987. Auf Anregung der Denkmalpflege wurde als Material Natursteinpflaster mit roten Ziegelstreifen verwendet, das aus heutiger Sicht nicht behindertenrecht und seniorentauglich ist. Die Raumaufteilung ist dem Gestaltungsplan zu entnehmen: Abb. 109 Gestaltungsplan Salzhof vom Büro Temme 1985/86 611 Der Salzhof liegt direkt am Salzeufer und bildet die Schnittstelle zwischen der fußläufigen „Geschäftsmeile“ Lange Straße/Salzhof/Osterstraße und dem „Salzerlebnispfad“ mit Millau- und Otto-Künnepromenade entlang der Salze. 612 Trotz des aufwendigen Ausbaus ist der Salzhof heute immer noch in der Kritik und permanent Diskussionsthema bei Bürgern und Politikern. Der Platz erfüllt seine geplante Funktion nur teilweise. Im Uferbereich der Salze fehlt eine räumliche Abgrenzung. Die räumliche Aufteilung wird durch eine mittig angeordnete und gestalterisch wenig ansprechende WC-Anlage gestört. An veranstaltungsfreien Tagen wirkt der Platz leer. Außerdem wird er als „sozialer Brennpunkt“ angesehen. Als Veranstaltungsort 613 selbst ist er geeignet und gibt der Stadt positive Impulse. 614 Das Hauptproblem ist jedoch, dass der verkehrsberuhigte Platz von der nord-westlich angrenzenden Fußgängerzone Lange Straße abgeschnitten ist und vom Parklatzsuchverkehr insbesondere vor der Post gestört wird – wie im Kapitel ‚Verkehr’ schon ausreichend erörtert wurde. Damit ist die Aufenthaltsqualität beeinträchtigt. Es stellt sich die Frage, ob dieser innerstädtische Platz seine Funktion als Kommunikations- und Veranstaltungsplatz erfüllt und 611 Abb. Gestaltungsplan Salzhof aus: St. E-Konzept AI 2009 S. 30 612 Dies war Planungsziel im F-Plan 1973 613 Veranstaltungen wie der Wochen- und Weihnachtsmarkt, das Salzsieder-, Wein- und Schützenfest 614 vgl. Befragungen im Rahmen der City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ mit der planBAR s. Kap. 9.2 132 ob durch Verbesserungsvorschläge 615 neue Impulse für die heutige Innenstadtentwicklung zu erwarten sind. In dem öffentlichem Beteiligungsprozess Arbeitskreis ‚Innenstadt 2010’ haben „in den Jahren 2003 und 2004... in vielen Arbeitsgruppensitzungen... Bürgerinnen und Bürger Vorschläge zur Aufwertung der Innenstadt Bad Salzuflen erarbeitet... Ein Schwerpunkt der Projektgruppe ‚Innenstadt 2010’ lag dabei in einer städtebaulichen Optimierung der Gestaltung des Salzhofs und einer Belebung des Platzes durch ergänzende Nutzungen, insbesondere außerhalb der Marktzeiten.“ Auf Empfehlung der Projektgruppe hatte „der Rat... die Durchführung eines städtebaulichen Wettbewerbs“ beschlossen. 616 Anlass der Projektgruppe ‚Innenstadt 2010’ war die Idee der CDU, den Salzhof mit dem Bau einer Markthalle, bzw. Salzhof-Orangerie zu beleben. Hier gab es nicht nur Zustimmung sondern auch zahlreichen Protest, wie der Presse und den Flugblättern zu entnehmen ist: 617 Abb. 110 Vorschlag Salzhofbebauung Fotomontage u. Abb. 111 Planskizze (LZ 147/2003) Abb. 112: 1. Preis des Wettbewerbes ‚Salzhof’ 2004 vom Büro Schmersahl u. P., Bad Salzuflen 615 Verbesserungsvorschläge wurden im Rahmen der Regionalen NRW 2000, der lokalen Agenda 21, im AK Innenstadt 2010 und Masterplan 2008 mit St. E-Konzept AI 2009 erarbeitet. 616 St. E-Konzept AI 2009 S. 20 Die Bürger befassten sich mit der Errichtung eines Fachmarktes auf dem Hoffmanngelände, dem großflächigem Einzelhandel am Ostertor in der Innenstadt und einer Bebauung auf dem Salzhof. Aus dieser Diskussion heraus wurde ein Wettbewerb für den Salzhof vorgeschlagen. Den 1. Preis des Wettbewerbs erhielt im Jahre 2004 das Salzufler Büro Schmersahl und Partner. (AI S. 21 u. 60 Abb. Dok. Wtb.) 617 LZ 147 v. 28.29.06.2003 „Viel Zustimmung – CDU stößt auf positive Resonanz“ LZ 162 v. 16.07.2003 Bericht über SPD-Veranstaltung zum Salzhof mit 100 Bürgern. Ergebnis: „Lösungen sind nur im Rahmen einer Gesamtschau unter Verzicht auf Einzellösungen möglich.“ Fotos aus LZ 147/2003 133 Der 1. Preis des Wettbewerbs im Jahre 2004 schlug eine Neuordnung der Platzgestaltung, die Beseitigung der mittig gelegenen WC-Anlage, eine neue untergeordnete Randbebauung am Salzeufer und die Reduzierung der zu dichten Bepflanzung entlang des Salzeufer vor. „Das Wettbewerbsergebnis konnte bisher noch nicht umgesetzt werden.“ 618 Es verhinderte jedoch eine kompakte Neubebauung mit Einzelhandel und Gastronomie mittig auf dem Platz. Im Zentren- und Nahversorgungskonzept, im städtebaulichen Entwicklungskonzept ‚Aktive Innenstadt’ mit Masterplan und in der ‚planBAR’ bei der City Offensive ‚Ab in die Mitte’ wurde immer wieder angeregt, das Ergebnis des Wettbewerbs in Angriff zunehmen. Dessen Realisierung ist jedoch von privaten Investoren abhängig, die vermutlich mit nicht kalkulierbaren finanziellen Risiken rechnen. Schon der Versuch eines örtlichen Gastronomen, auf Anregung des AK Stadtmarketing hier einen dauerhaften Biergarten einzurichten, scheiterte am zu geringen Gewinn. 619 Abb. 113 Salzhof Bad Salzuflen mit Wochenmarkt (aus: AG Hist. Stadtkerne NRW) Resümee Auf Anregung und Initiative des Stadtbaumeisters Buhr entwickelte sich der Salzhof nach Abbruch der gewerblichen Anlage der Salzgewinnung zu einer platzartigen Verkehrsfläche mit Veranstaltungsmöglichkeiten im Jahre 1933. Durch das bundesweite Umdenken von der verkehrsgerechten zur verkehrsberuhigten Stadt in den 1960er Jahren wurde der Patz 1986/87 mit Städtebauförderungsmittel zu einem attraktiven verkehrsberuhigten Bereich umgebaut. Die Voraussetzungen für einen zentralen Platz sind durch die Lage an der offenen Salze und der denkmalgeschützten Randbebauung im Westen optimal. Nicht optimal ist die fehlende Verbindung des Salzhofes mit der Fußgängerzone in der nördlich gelegenen Langestraße. Noch heute trennen Durchgangs- und Parkplatzsuchverkehr vor der Post und zu den einzelnen Parkplatzanlagen diese beiden Fußgängerbereiche. Die Diskussion hierüber seit dem VEP 1994 zeigt, wie schwierig es ist, die unterschiedlichen Standpunkte und Interessen von Politik, Verwaltung, Verkehrsplanern und Einzelhandel miteinander abzustimmen. 618 St. E-Konzept AI 2009 S. 21 und 60 (Abb. aus Dok. Wettbewerbsergebnis) 619 Die Einnahmen deckten nicht die Pacht für die öffentliche Verkehrsfläche (Gespräch mit dem Gastronom). 134 Da eine Verlagerung bzw. Umlenkung nicht möglich ist, wie in den Kapiteln ‚Aktive Innenstadt’ und ‚Verkehrsplanung’ dargestellt, gibt es nur die Möglichkeit der Entschärfung bzw. des Miteinander aller Verkehrsteilnehmer. Die aktuelle bundesweite Diskussion über Begegnungsflächen, könnte hier eine Lösung sein. Die Totalsperrung wäre die weitergehende Lösung. Hierzu ist anzumerken, dass bei Veranstaltungen, wie das Salzsiederfest und der Weihnachtsmarkt, die Sperrung der Durchfahrtsmöglichkeit für längere Zeit vor der Post von den Verkehrsteilnehmern und Bürgern kritiklos hingenommen wird. Die Umgestaltung des Platzes auf der Grundlage des Wettbewerbes 2004 würde den Platz sicherlich aufwerten, jedoch wohl kaum mehr beleben. Eine Belebung kommt durch die Nutzungsangebote auf dem Platz und diese sind heute schon optimal möglich, wie die vielen auch überregional bedeutsamen Veranstaltungen auf dem Salzhof zeigen. Auf der anderen Seite müssen auf einem Platz nicht jeden Tag Aktivitäten sein. Der Salzhof wird auch ohne Veranstaltungen als Ortsmittelpunkt akzeptiert, wie Befragungen bestätigen. An den Rändern entlang der Hausfronten oder im Uferbereich der Salze sind täglich Nutzer festzustellen. Außerdem sind in einer Stadtmitte, in der auch Bewohner gewünscht sind, ein Gleichgewicht zwischen Wohnen und urbanen Aktivitäten abzuwägen. Abb. 114 Spielplatz Salzhof (2 Foto KS) Dass der historische Stadtkern von Alt Salzuflen für das Wohnen von Familien geeignet ist, belegt eine LZ-Umfrage. 620 Die Mehrheit der Befragten war der Meinung, dass die Innenstadt und der Salzhof mit seinem Spielplatzangebot kinderfreundlich sind. Vor allem in Verbindung mit dem Wochenmarkt auf dem Salzhof ist der Spielplatz am Salzeufer ein attraktives ergänzendes Angebot für Familien mit Kindern – auch wenn noch Angebote für kleinere Kinder, wie z.B. ein Sandkasten fehlen. Die Bürgerinitiative ‚Kinder sind Zukunft’ für eine „kinderfreundliche Stadt“ sieht hier ebenso noch Handlungsbedarf. 621 Der Salzhof ist kein „starrer Freiraum“ und kann somit „von den Menschen belebt werden.“ - Er ist mit den umliegenden „öffentlichen und halb öffentlichen Plätzen“ vernetzt, „als Stationen an einem Wegenetz mit Cafés, Bars... als Szenen einer Stadtlandschaft...“ – Eine „Stadt funktioniert und existiert nicht ohne den Raum dazwischen, ohne Frei-Raum, auch nicht Städte-Bau. Menschen bewegen sich in diesem Zwischenraum, atmen, sehen... riechen... Deshalb ist die Qualität und Stimmung der Freiräume so wichtig für das Lebensgefühl.“ 622 620 LZ 86/14.04.2010 S. 16 „Ist die Innenstadt kinderfreundlich?“ 621 LZ 203/01.09.2011 „Bunter Protest für kinderfreundliche Stadt“ Website: kindersindzukunft-bs.de 622 Knirsch, Jürgen 2004 S. 7, 9 u. 10 135 4.2 Fachmarktzentrum ‚Neue Hoffmann’s Stärke’ Das zweite Beispiel zur ‚Neuen Mitte’ für Bad Salzuflen basiert ebenso auf den Überlegungen von Fachplanern. Es zeigt abermals, dass Brachflächen eines Industriebetriebes für die Stadtentwicklung eine große Chance sein können. Planerisch bemerkenswert ist die Wandlung von der ersten Idee bis zur Realisierung eines neuen Zentrums für Gewerbe, Dienstleistungen und großflächigem Einzelhandel zwischen den beiden Zentren Alt Salzuflen und Schötmar. Politisch brisant ist der Interessenkonflikt zwischen Wirtschaft und Planungshoheit sowohl seit der ersten Idee zur Gebietsreform als auch später bei der Realisierung durch einen privaten Investor. Darüber hinaus ist der Frage nach zu gehen, ob die ‚Neue Mitte’ die historischen Stadtkerne Alt Salzuflen und Schötmar verbindet und welche Bedeutung die ‚Neue Mitte’ für die Gesamtstadt hat. Abb. 115 Hoffmann’s Stärkefabriken: Gesamtansicht des Werkes, 1983 (aus Meyer, Franz S. 443) Wie schon mehrfach ausgeführt, hatte der Planer Rudolf Hartog zur Gebietsreform 1969 auf dem Gelände der ehemaligen Hoffmann’s Stärkefabriken eine ‚Neue Mitte’ für die Stadt Bad Salzuflen vorgeschlagen. 623 Dies hätte damals die Stilllegung bzw. Verlagerung des Betriebes bedeutet, dem die Geschäftsführung des Betriebes nicht zustimmte. Im F-Plan tauchte dieser Vorschlag nicht mehr auf, jedoch sind im Fachplan ‚Grün- und Landschaftsplanung’ hierzu planerische Vorstellungen zu finden. Dort wurde das Neue Zentrum auf dem Betriebsgelände schematisch dargestellt und auf den Verrieselungsflächen in den Hoffmannwiesen wurde ein überörtliches Freizeitzentrum mit Seenlandschaft entworfen. 624 Das Betriebsgelände als neue Mitte zu überplanen war damals unrealistisch. Erst als die Hoffmann’s Stärkefabriken AG 1993 ihren Sitz nach Hamburg verlegten, wurde für das Firmengelände eine „neue Nutzung zu einem wichtigen Faktor der künftigen 623 Hartog, Rudolf in: ‚Planen für Bad Salzuflen’ 1969 S. 11 624 Meyer, Herwart in: Grünordnung BS 1969 S. 52 f. Das vorgeschlagene Freizeitzeitzentrum war für einen Einzugsbereich von 30 km, bzw. 30 Min. PKW-Entfernung d.h. für ca. 413.000 Einwohner ausgelegt. 136 Stadtentwicklung.“ 625 Sinnvoll war nach der Gebietsreform auf das Gelände des ehemaligen Hoffmann Stiftes zwischen Salzuflen und Schötmar ein neues Rathaus (s. Foto) zu errichten. Abb. 116 Neues Rathaus an der Rudolph-Brandes-Alle (Trasse A) 1977 (aus: Meyer, Franz S. 446) Unabhängig von der Idee einer ‚Neuen Mitte’ zur Gebietsreform schwankten - wie schon im Kapitel 3 ausgeführt - die planerischen Überlegungen seitens der Verwaltung und Politik zwischen gewerblicher oder reiner Wohnnutzung. Der Erwerb des Areals durch die Stadt fand aufgrund fehlender Haushaltsmittel keine Zustimmung. Eine Entwicklungsmaßnahme nach BauGB wurde nicht erwogen, da die Firma ihr Betriebsgelände zum Kauf anbot. Erst durch das Interesse des ortsansässigen Investor Frank Hagmeister entwickelte sich eine erneute Diskussion über eine neue Mitte, da dieser für seinen Betrieb aus der Möbelbranche ein Technologie- und Innovationszentrum und großflächigen Einzelhandel plante. Letztere war in der Innenstadt nicht zu realisieren und sollte die Kaufkraft an Bad Salzuflen binden. Unter der Moderation der Verwaltungspitze wurde mit Investor und Politik ein Konzept für eine Mischnutzung mit Gewerbe, Einzelhandel und Wohnen entwickelt. 626 Dabei reifte die Idee, das SB Warenhaus Marktkauf mit Baumarkt aus der nicht integrierten Lage in Schötmar auf das eh. Hoffmanngelände umzusiedeln. Der Marktbetreiber erkannte hierin eine große Chance, konnte jedoch aufgrund privatrechtlicher Bindungen den Baumarkt 627 nicht mit verlagern. Die Umsiedlung ist als Initialzündung für die weitere Entwicklung anzusehen. Im Dezember 1995 wurde der Aufstellungsbeschluss zum B-Plan ‚Hoffmannstraße - südlicher Teil’ gefasst „Damit wird das Verfahren zu einer vom Investor vorgesehenen Marktkauf- Verlegung von der Otto-Hahn-Straße in das Hoffmann’s Areal eingeleitet“ mit Tankstelle und einer erweiterten Verkaufsfläche. 628 Zwischenzeitlich gab es ein planerisches Hindernis für die Stadt und den Investor, denn „nach Auffassung des Westfälischen Amtes für Denkmalpflege in Münster soll der gesamte 625 „Hoffmann’s Stärkefabriken AG verlegen zum 1.Oktover 1993 ihren Sitz nach Hamburg. Gleichzeitig erfolgt die Umfirmierung des Unternehmens in ‚Reckitt & Colman Deutschland AG.’ Erhalten bleibt die Marke ‚Hoffmanns’ mit dem Symbol der weißen Katze.“ Dröge, Kurt Chronik in: Meyer, F. 2007 S. 468 626 Da die Entwicklung des Hoffmanngelände für die Stadtentwicklung von großer Bedeutung war, wurde im Planungsausschuss sowohl im öffentlichen als auch nicht öffentlichen Teil ein permanenter Tagesordnungspunkt gebildet. Zu neuen Entwicklungen erfolgten vor den Ausschüssen interfraktionelle Besprechungen. 627 Aufgrund privatrechtlicher Verpflichtungen konnte der Baumarkt (leider) nicht mit umziehen. Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 472: „Dieser (Baumarkt) wird bei gleichzeitiger Vergrößerung der Verkaufsfläche in das bisherige SB-Warenhaus an der Otto-Hahn-Straße umziehen.“ 628 Dröge, Kurt Chronik in: Meyer, F. 2007 S. 470 137 Hoffmann’s-Komplex als Baudenkmal erhalten werden. Es handele sich, so das Amt, um die wichtigste Industrieansiedlung in Lippe. Diesen Vorstellungen wird in der Praxis nicht gefolgt. Der Planungsausschuss gibt grünes Licht für den Abbruch von im Verfall begriffener Bausubstanz.“ 629 Hierzu ist anzumerken, dass die Denkmalpflege unter anderem auf Initiative des örtlichen Heimat- und Verschönerungsverein (HVV) tätig wurde, der noch heute dem Teil-Abriss der Industrieanlage auf seiner Website nachtrauert: „Durch den Abriss (der Breder’schen Firmengebäude)... fühlt sich der HVV an den Abbruch der ebenfalls stadtbildprägenden Gebäude der Hoffmann’s Stärkefabriken vor mehr als zwölf Jahren erinnert. Erstaunlicherweise gibt es heute nicht wenige, die – inzwischen geläutert? – vor allem den Abriss des charakteristischen Uhrenturms bedauern... Der HVV verkennt keineswegs die Investitionsleistungen privater Unternehmer! Der Verein fragt sich allerdings, ob mit diesen immer eine Zerstörung geschichtsträchtiger und daher erhaltenswerter Bausubstanz einhergehen muss. Andere Städte machen es uns vor, dass es auch anders geht, indem alte Industriebauten einer neuen Nutzung zugeführt werden... Fehlen hiesigen Orts geschichtsbewusste Unternehmer und Kommunalpolitiker bzw. kreative Architekten, um ähnliche Wege zu beschreiten?“ 630 Selbstverständlich gibt es in NRW viele positive Beispiele von Industriegebäuden, deren Umnutzungen jedoch hohen öffentlichen Fördermitteln zu verdanken sind. Ebenso werden ihre Nachnutzungen größtenteils öffentlich oder privat finanziell unterstützt. Dies Glück hatte Bad Salzuflen nicht. Im Vergleich zu anderen Industriebauten, wie die eh. Spinnerei in Bielefeld oder die ehemaligen Zechen- und Krupp-Gebäude im Ruhrgebiet war die Denkmalwürdigkeit nicht gegeben. Bis heute steht kein ehemaliges Betriebsgebäude der Hoffmann’s Stärkefabriken unter Denkmalschutz. 631 Die noch vorhandenen von den Bega- Werken/Bega-Can genutzten Betriebsgebäude, belegen die fehlende Denkmaleigenschaft. Selbst wenn damals die Denkmaleigenschaft festgelegt worden wäre, wäre die wirtschaftliche Zumutbarkeit für eine Umnutzung nach DSchG für einen privaten Investor nicht gegeben. Auch die Stadt wäre damals überfordert gewesen, für eine Umnutzung den finanziellen Aufwand zu rechtfertigen, geschweige denn überhaupt eine Nutzung zu finden. Deshalb war die Stadt – weniger der Investor – dankbar, dass das zuständige Ministerium praxisnah im Sinne des Planungsausschusses und Investors den Abbruch befürwortete. Insofern wurde das Gebäude mit dem ortsbildprägenden ‚Uhrenturm’ abgebrochen, 632 da es von der Bausubstanz her einer anderen Nutzung nicht zugeführt werden konnte. Ebenso ist „der Abbruch der 1938 errichteten Kartoffelstärkefabrik“ im Jahre 2000 zu bewerten. 633 Es wurde nicht alles abgebrochen. Im B-Plan wurden mehrere Gebäude als erhaltenswert eingestuft und die eh. Werksstraße als Haupterschließung festgelegt, so dass heute noch die räumlichen und baulichen Strukturen des Betriebes zu erkennen sind. Die Bega-Werke/Bega- Can nutzen heute noch eh. Betriebsgebäude. Das eh. Heizkraftwerk wurde für eine Einzelhandelsnutzung mit Ausstellungsfläche umgebaut. Die Post richtete im eh. Verwaltungsgebäude der 1960er Jahre eine Paketstelle ein. Die Agentur für Arbeit verlegte 629 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 470 630 aus Website: Heimat- und Verschönerungsverein mit Stellungnahme vom 7.10. 2007 zum Abriss der nicht mehr erhaltenswerten Breder’schen Firmengebäude an der Uferstraße im OT Schötmar (12.01.2011) 631 Auskunft der Unteren Denkmalbehörde Bad Salzuflen am 18.01.2011 632 Meyer, Franz 2007 S. 485 633 Meyer, Franz 2007 S. 486 138 ihren Sitz ins frühere Verwaltungsgebäude. Der Investor selbst zog in ein weiteres mit ein. 634 Ein weiteres Verwaltungsgebäude der 1960er Jahre wurde für ein Büro- und Ärztezentrum modernisiert. Eine private Musikschule fand im eh. Feuerwehrgebäude ein neues Domizil. Abb. 117 priv. Musikschule in eh. Feuerwehrgebäude u. Abb. 118 Hoffmann-Katze mit Verw. Gebäude „Der Planungsausschuss beschäftigt sich in mehreren Sitzungen mit der Nutzung und Bebauung des Hoffmann’s Areals... Das Marktkauf SB-Warenhaus findet an der Hoffmannstraße einen neuen Platz. Die Verkaufsfläche wird von bisher 5.500 qm auf 7.650 qm (einschließlich eines Getränkemarktes) vergrößert.“ Die innenstadtrelevanten Sortimente wurden durch eine Salzufler Liste eingeschränkt. „Damit wird in diesem Teilbereich an der ursprünglichen Zielsetzung, auf dem Hoffmann’s-Gelände Zukunftsweisendes für die Gesamtstadt zu begründen, festgehalten.“ 635 Das Plangebiet wird östlich von der Trasse A (mit neuem Rathaus) und südlich von der Trasse B begrenzt. Westlich grenzt die Bahnlinie, dahinter liegen die eh. Verrieselungswiesen mit dem Bega-Freibad: Abb. 119 F-Plan Änderung Dr.S. 193/1996 u. Abb. 120 Neu- und Altbauten an der Hoffmannstr. (KS) Chronist und Zeitzeuge Altbürgermeister Kurt Dröge bewertete kurz vor seinem Tode im Jahre 2002 die Entwicklung auf dem Gelände der eh. Hoffmann’s Stärkefabriken wie folgt: 634 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 471 Abb. Hoffmannkatze mit Bürogebäude des Investors 635 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 470 139 „Das ‚Hoffmann’s-Gelände’ bot, nachdem das Unternehmen 1993 den Standort Bad Salzuflen aufgegeben hatte, die große Chance, der Stadtentwicklung neue Impulse zu geben, insbesondere das Zusammenwachsen von Salzuflen und Schötmar zu fördern. Investor Frank Hagmeister hatte nahezu den gesamten Komplex übernommen. Nachdem seine Pläne zur Errichtung eines Technologie- und Innovationszentrum für die Möbelindustrie 636 nicht realisiert werden konnten, fanden dort neben dem SB-Markt Marktkauf verschiedene Handelsbetriebe und Dienstleister ihren Platz. Es ist strittig und bleibt abzuwarten, ob sich das Hoffmann’s-Areal durch die Art der Bebauung und Nutzung zu einem neuen, dritten Zentrum der Stadt entwickelt oder ob es, was die ursprüngliche Zielsetzung war, die Zentren Bad Salzuflen und Schötmar verbindet, ihre Entwicklung fördert.“ 637 Durch das neue Zentrum auf dem Gelände der eh. Hoffmann’s Stärkefabriken gelang eine größere Kaufkraftbindung. 638 Diese war gelungen durch die Umsiedlung peripher gelegener großflächiger Märkte in dieses Areal zwischen den beiden Stadtkernen Schötmar und Alt Salzuflen. Aufgrund privatrechtlicher Bindung war es nur möglich, den SB-Markt (Marktkauf/Edeka) ohne Baumarkt von der Otto-Hahn-Straße umzusiedeln. Dafür gelang weiterhin die Standortverlagerung des Geschäfts für Babyartikel und Kinderwaren (Teddy Toys), Erotikartikel (Novum) und die Neuansiedlung eines Elektro-Fachmarkt (Pro-Markt), Möbelmarktes (Dänisches Bettenhaus), Gardinenland, Textiler (Takko), Fast Food (McDonald’s) und anderer Ergänzungsangebote wie Weindepot und Bioladen. Zusammen mit dem Rathaus, der neuen Sparkasse, 639 Post, Agentur für Arbeit, Seniorenanlage, Apotheke, einem Ärztezentrum und mehreren Gebäuden mit Gewerbe und Büros hat sich eine zur Innenstadt ergänzende Angebotsvielfalt im neuen „Fachmarktzentrum Hoffmannstraße“ entwickelt, das den bundesweiten Trend der Umsatzrückgänge entschärfte. 640 Ein größeres Areal für Wohnnutzungen am Salzeufer und im ehemaligen Betriebspark ergänzt das gemischte Nutzungsangebot. Durch den Erhalt der Parkanlage und des Betriebsfriedhofes ist dieses Areal gut durchgrünt. Entlang des Salzeufers ist die Verlängerung der Salze- Promenade aus dem historischen Stadtkern Alt Salzuflen festgelegt, um später einmal über die Bahn zu den Hoffmannwiesen mit dem Bega-Freibad verbunden zu werden. Die eh. Verrieselungswiesen von Hoffmann’s Stärkefabriken hatte die Stadt als Grünflächen im Jahre 1999 erworben. 641 Diese Wiesen- und Überschwemmungslandschaft westlich der Bega ist heute mit Rad/Wanderwegen Naherholungsgebiet für die Salzufler Bürger. Dort liegt auch das modernisierte Bega-Freibad neben der nord-westlich fließenden Salze. Bega und Salze fließen hier in die Werre, die bei Bad Oeynhausen in die Weser mündet. Es handelt sich hier um eine einmalige innenstadtnahe Flußauenlandschaft, die den Landschaftsplaner zur Gebietsreform 642 animierte, eine überregionale Freizeitlandschaft vorzuschlagen – was heute immer noch möglich wäre. Auch bei der Planung des Hoffmannsareals in den 1990er Jahren 636 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 472: Im Februar 1997 erfolgte im Hauptausschuss mit Fachschulpräsens die Vorstellung des Möbel-Design u. Innovationszentrum. Da Herford ebenso ein ‚Haus des Möbels (S. 473) plante, das vom Land finanziell im Rahmen der Regionalen NRW 2000 unterstützt wurde, gab der örtliche Investor dieses privat finanzierte Vorhaben auf (Anm. des Verfassers als eh. GF der Regionalen). 637 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 477 638 Zentren- und Nahversorgungskonzept GfK 2007 S. 37 „ohne die Entwicklung des Areals an der Hoffmannstraße wäre der Rückgang... drastischer ausgefallen.“ 639 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, f. 2007 S. 472: In der Pressekonferenz im Januar 1997 teilte die Sparkasse die Ausschreibung eines Wettbewerbs für die Planung ihrer neuen Hauptstelle auf dem Hoffmanngelände mit. Meyer, Franz S. 485: Die Eröffnung der neuen Sparkasse auf dem Hoffmann Gelände erfolgte 1999. 640 Zentren- und Nahversorgungskonzept GfK 2007 S. 23 641 Dr.S. 94/1999 n.ö. für Rat am 05.05.1999 642 Meyer, Herwart in: Grünordnung BS 1969 S. 52 f. mit Vorschlag eines überregionalen Freizeitzentrums. 140 wurden für die Fluss- und Wiesenlandschaft Visionen angedacht. Sie reduzierten sich jedoch auf einen Festplatz mit Bahnhofanschluss neben dem Bega-Freibad für Schützenfeste, Zirkus Wirtschaftsschauen u.a.m. um der ‚Neuen Mitte’ noch mehr verbindende Nutzungsangebote für die Bürger der Gesamtstadt zu bieten. 643 Abb. 121 ‚Die Hoffmannstraße’ Bad Salzuflen’s neue Stärke (Flyer der Unternehmen, 2000) Resümee Nach dem regionalen Einzelhandelskonzept aus dem Jahre 2003 wird Bad Salzuflen als sonstiger Citystandort ohne überörtliche Bedeutung eingestuft. Danach wäre das neue Zentrum auf dem Hoffmanngelände zu den Innenstädten kein integrierter Standort mehr, da die Entfernung mehr als 50 m beträgt. 644 Die großflächige Fachmarktansiedlung im Hoffmanngelände erfolgte auf der Grundlage des Einzelhandelserlass in NRW und der städtischen Einzelhandelsgutachten, die diesen Standort als noch integriert zwischen den beiden Zentren Salzuflen und Schötmar bewertete. Im neuen „Fachmarktzentrum Hoffmannstraße hat sich eine zur Innenstadt ergänzende Angebotsvielfalt“ entwickelt, das den „bundesweiten Umsatzrückgang entschärfte.“ 645 Die ergänzende Angebotsvielfalt an der Hoffmannstraße zu den Stadtkernen liegt in den schon genannten Angeboten wie Ärztezentrum, Poststelle, Agentur für Arbeit und neue Sparkasse, die dort ihre Hauptstelle errichten. 646 Dazu kommen Fachmärkte für Technologie, 643 Der Zusammenschluss der Schützen aus Salzuflen und Schötmar mit einem gemeinsamen Schützenplatz im Hoffmanngelände würde die Bipolarität bei den Akteuren teilweise entschärfen. 644 Nach dem Reg. Einzelhandelsgutachten OWL 2003 darf die Entfernung zu den Innenstädten nicht mehr als 50 m betragen. S. 151 vgl. auch Kap. 3.5.4 Fachplanung ‚Einzelhandelsgutachten’ 645 Zentren- und Nahversorgungskonzept GfK 2007 S. 23 646 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 472: In der Pressekonferenz im Januar 1997 teilte die Sparkasse die Ausschreibung eines Wettbewerbs für die Planung ihrer neuen Hauptstelle auf dem Hoffmanngelände mit. Meyer, Franz S. 485: Die Eröffnung der neuen Sparkasse auf dem Hoffmann Gelände erfolgte 1999. 141 Möbel, Spielwaren, Wein und Bioprodukte. Ein größeres Areal für Wohnnutzungen am Salzeufer und im ehemaligen Betriebspark ergänzt das gemischte Nutzungsangebot. Mit einer Diskothek und McDonald’s gibt es für Jung und Alt Angebote in die Hoffmannstraße. Durch streng regulierende Festsetzungen in den Bebauungsplänen auf der Grundlage der Einzelhandelsgutachten wurde verhindert, dass hier ein konkurrierendes Zentrum entstand. 647 Demnach war das Ziel dieser Planung, beeinträchtigende Entwicklungen für die historischen Stadtkerne zu vermeiden und den Kaufkraftabfluss durch großflächigen Einzelhandel, der in den Stadtkernen nicht zu realisieren war, zu verhindern. Als autofreundlicher Standort bindet es die Kaufkraft für das gesamte Stadtgebiet. Die Zahlen im Einzelhandelsgutachten 2007 belegen eine größere Kaufkraftbindung für Bad Salzuflen und dass die Zentren Alt Salzuflen und Schötmar dadurch keine größeren Gewinne und/oder Verluste haben. 648 Die Idee der Planung zur Gebietsreform, hier eine Verbindung zwischen den beiden historischen Stadtkernen herzustellen, konnte durch die Nutzungsvielfalt erreicht werden. Nach den Befragungen zur Mitte von Bad Salzuflen 649 hat die ‚Neue Hoffmann’s Stärke’ die Stadtmitte von Bad Salzuflen nicht in Frage gestellt. Die Einrichtungen an der Hoffmannstraße sind nicht nur ein ergänzendes sondern auch erweiterndes Angebot. Die Fachmärkte, Post, Sparkasse, Rathaus etc. tragen dazu bei, dass sich die Innenstadt von Alt Salzuflen bandartig mit Schötmar verbindet. Für ergänzende Einrichtungen, die in der Innenstadt nicht realisierbar sind, sind noch Flächen vorhanden. Das Areal an der Hoffmannstraße ist mit dem Stadtbus, dem Fahrrad und zu Fuß bequem zu erreichen. Sowohl die Entfernung zur Mitte von Alt Salzuflen über die attraktive Salzpromenade als auch zu Schötmar über einen Weg durchs Grüne entlang der Bahn beträgt nur ca. 500 m. Die seit der Gebietsreform vorgeschlagene ‚Neue Mitte’ für Bad Salzuflen auf dem ehemaligen Hoffmanngelände ist demnach nicht die neue Stadtmitte für die Gesamtstadt, sondern ein ergänzendes Angebot zu den Stadtkernen Alt Salzuflen und Schötmar. Ohne den finanziellen Einsatz eines ortsansässigen Investors und das Engagement der Verwaltung hätte sich dieses ergänzende und verbindende Nutzungsangebot nicht entwickeln können. Als Konsequenz der Entwicklung im ehemaligen Hoffmanngelände empfahl das STEK 2020 als Neues Zielbild für die zukünftige Innenentwicklung folgenden Kernbereich: Alt Salzuflen, Bereich Hoffmannstraße/Rudolph-Brandes-Allee, Schötmar-Ehrsen und Werl-Aspe-Knetterheide. Die Zuordnung differenzierter Aufgaben der Zentren in diesen Innenbereichen ist in den Kapiteln ‚STEK 2020’ und ‚Einzelhandelsgutachten’ näher erläutert. 650 647 Im Rahmen der B-Pläne für das eh. Hoffmanngelände wurde eine Liste innenstadtrelevanter Sortimente für Bad Salzuflen auf der Grundlage des Einzelhandelserlasses NRW erstellt, die 2011 aktualisiert wurde. (Dr.S. 149/2011 Ratsbeschluss 13.07.2011) 648 Zentren- und Nahversorgungskonzept GfK 2007 S. 23 u. 37 „ohne die Entwicklung des Areals an der Hoffmannstraße wäre der Rückgang... drastischer ausgefallen.“ vgl. Kapitel Fachplanung ‚Einzelhandel’ 649 Befragungen im Rahmen der City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ durch die planBAR (s. Kap. 9.2 Auswertung) 650 STEK 2020 S. 72 f (s. Kap. 3.4.4 mit Plan zum Stadtentwicklungskonzept 2020 u. Kap. 3.5.4 Einzelhandel) 142 5. ENTWICKLUNGSASPEKTE ZUR ‚MITTE VON BAD SALZUFLEN’ Die drei Entwicklungsaspekte Stadtentwicklung, Planungsschritte und Akteursebene auf der Zeitschiene sollen die eingangs gestellten Fragen beantworten. Die Gegenüberstellung wird deren gegenseitige Beeinflussungen und Handlungsstrategien verdeutlichen. 5.1 Stadtentwicklung um die ‚Mitte von Bad Salzuflen’ Jede Besiedlung hat einen Ursprung. In Salzuflen war es die Solequelle, die zunächst für die Salzgewinnung im 11. Jh. 651 und später bis heute für den Gesundheitsaspekt genutzt wird. Mit der Industrialisierung 652 kamen zu den schon vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieben gewerbliche dazu, wie Hoffmann’s Stärkefabriken, Betriebe zur Herstellung von Möbeln, Schuhen, Kunststoffprodukten, Kekse u.a.m.. Über den Wandel der Stadt seit Mitte des 19. Jh. fehlen Darstellungen, bis auf die schon erwähnte Dissertation von Ernst Buhr: „Vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte Salzuflen eine nie zuvor gekannte Bautätigkeit, welche die Stadt binnen weniger Jahrzehnte über ihre mittelalterlichen Stadtmauern hinaus wachsen ließ... zwischen 1850 und 1883 (erfolgte) eine Ausdehnung auf der westlichen Seite der Stadt... (mit einem) Neumarkt als offenkundiges Zeichen eines neuen Zentrums.“ 653 (s. Abb. von 1883) Abb. 122 Wachstumsphase 1883 (Herbert Stöwer 1981) Abb. 123 Stadtplan (Pharus-Plan) um 1910 654 Bis 1900 wuchs die Bevölkerung auf über 5.000, da sich der Badebetrieb (seit 1818) weiterentwickelte und der „wichtigste Industriebetrieb der Stadt, die Hoffmann’s Stärkefabriken (seit 1850)... vor den Toren der Stadt auf dem Wege nach Schötmar angelegt“ wurde. Das Unternehmen wuchs zum Weltunternehmen mit über 1000 Beschäftigen. (s. Abb.) 651 Buhr, Ernst 1922 S. 53 „Der Ursprung des Handels in Bad Salzuflen ist die Salzgewinnung im 11. Jh. auf dem heutigen Salzhof und der Betrieb mehrerer landwirtschaftlicher Höfe in unmittelbarer Umgebung. Mit dem Stadtrecht (1488) wurde Bad Salzuflen „Mittelpunkt des Handels ...die Stadt hat einen Markt, ist von Befestigung umgeben und bildet einen besonderen Gerichtsbezirk.“ 652 Im Rahmen der Industrialisierung entstanden neue Produktions- und Badebetriebe, die das Stadtbild neu prägten. Durch die Zunahme der Arbeitsplätze, Bevölkerung und Kurgäste erfolgten mehr oder weniger planlose Stadterweiterungen, aber auch attraktive neue Anlagen wie die Kurparkanlagen und Gradierwerke. 653 Wiesekopsieker, Stefan 1996 S. 9 u. Buhr 1922 S. 123 Dr. Stefan Wiesekopsieker ist Vorsitzender vom Heimat- und Verschönerungsverein Bad Salzuflen e.V., der dem Lippischen Heimatbund e.V. angeschlossen. ist. 654 Pläne in Meyer, F. 2007 S. 46 (Herbert Stöwer in Westf. Städteatlas II Nr. 2 1981) u. Vorseite (Pharus-Plan) 143 „Ein Großteil der Arbeiterschaft... wohnte bis nach der Jahrhundertwende auf dem Werksgelände“ in so genannten Kasernen. Da sich weiterhin zunächst „kaum nennenswerte Industrie ansiedelte“ spielte der verdichtete Wohnungsbau, wie in anderen Städten, „keine nennenswerte Rolle... Wesentlich größeren Einfluss auf die Bautätigkeit und die Stadtentwicklung verursachte hingegen der Aufschwung des Bades.“ 655 Parallel zur Entwicklung des 1818 gegründeten Badebetriebes... zum Weltbad (1914) „wurden 1896 auf dem Sektor des privaten Wohnbaus 56 Neu- bzw. Um- und Anbauten registriert, 1912 waren es 126. So entstanden vor dem Ersten Weltkrieg rund um den alten Stadtkern neue Straßenzüge, wie die Parkstraße u.a. die vornehmlich durch villenartige Pensionsbauten geprägt waren... Die Villen-Neubauten sind wie Pilze aus der Erde geschossen. Daher kommt es... dass unsere Bauunternehmer den Bau von Arbeiterwohnhäusern ruhen ließen.“ 656 Abb. 124 Villen (saniert) in Bleich- u. Parkstraße (4 Fotos KS) „In weniger als hundert Jahren hat die Stadt Bad Salzuflen in städtebaulicher Hinsicht gravierendere Veränderungen als je zuvor erfahren. Ähnlich wie in anderen Städten entstanden auch hier neue Stadtviertel mit Wohnbebauung, welche die mittelalterliche Kernstadt an Größe übertrafen u. sich weit in die früheren Feldmarken hinein ausdehnten.“ 657 Seit 1932 erfolgte unter der Regie des „Deutschen Eigenheimbauverbandes“ Siedlungsprojekte, die das Leitbild der „Gartenstadt“ beinhaltete und für diejenigen entstanden, „die sich zur Verlebung ihres Lebensabends“ in Bad Salzuflen ansiedeln wollten. 658 Dieser Besiedlungswunsch prägt noch heute die Stadtentwicklung. Vor und während des 2. Weltkrieges ging die Bautätigkeit zurück. Die schon im Krieg erstellten Behelfsbauten für Flüchtlinge und Evakuierte prägten nur unwesentlich die Stadtentwicklung. Seit 1949 erfolgte durch den Beitritt in die Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft des Kreises eine regere Bautätigkeit. Dadurch wurden die dünn besiedelten Stadtbezirke mit solide gebauten eineinhalb- und zweigeschossigen Ein- und Zweifamilienhäusern und auch mit schmucklosen Mehrfamilienhäusern des sozialen Wohnungsbaus verdichtet. 659 Die Besiedlungen zwischen den Kernstädten Salzuflen und Schötmar ergaben „das heutige Bild einer bandartigen, aber lückenhaften Besiedlung entlang der Bahnlinie und B 239.“ 660 Mit der Gebietsreform war die Chance für die Entwicklung einer neuen Stadt gegeben. Der Kurort erhielt durch das Gewerbe in den eingemeindeten Ortsteilen, insbes. Schötmar und Holzhausen ein zweites wirtschaftliches Standbein und damit eine neue Entwicklungschance. Die Stadt hatte nun zwei Stadtkerne und weitere Ortsteile, die durch rege Bautätigkeit 655 Wiesekopsieker, Stefan 1996 S. 9 (s. auch 3.1 Entwicklung vor der Gebietsreform) 656 Wiesekopsieker, Stefan 1996 s. 11/13 (Abb. Villen in Bleich- u. Parkstr. Fotos KS) 657 Stiewe, Heinrich 1995 S. 13 658 Sievert, Franz 1935 Beispiele einer Gartenstadt sind die Siedlungen Elkenbrede (1932) (Wiesekopsieker, Stefan 1996 S. 15) u. Asenberger Heide (1919 Ahornstr. Walhalla) (aus: Buhr, Ernst 1924 S. 63/64) 659 Meyer, Franz 2007 S. 405 – 411 (s. auch 3.1 Entwicklung vor der Gebietsreform) 660 Econ-Consult 1985 S. 9 144 flächenmäßig wuchsen. Da diese expandierenden Ortsteile keine Ortskerne hatten, entstanden dort in nicht integrierter Lage, meist an der Dorfstraße, Einkaufsmöglichkeiten. Die Idee von Rudolf Hartog zur Gebietsreform 1969 für die neue Stadt eine Neue Mitte im Hoffmannareal zu entwickeln, hätte die o.g. bandartige Entwicklung und Konzentration auf Salzuflen und Schötmar unterstützt und hätte die Polyzentralität zugunsten einer neuen Stadtmitte vermieden. Allerdings konnten damals nicht gewachsene Strukturen und die erfolgreich produzierenden Hoffmann’s Stärkefabriken ignoriert werden, auch wenn dadurch jahrzehntelang klare städtebauliche Entwicklungskonzepte erschwert wurden. Da die auf Wachstum ausgerichteten Planungen der eingemeindeten Ortsteile im F-Plan (s. F- Plan Schötmar 1965) zu berücksichtigen waren, konnte die weitere Zersiedlung nicht gestoppt werden. Dies war vor allem für Schötmar schädlich, da die umliegenden Ortsteile, wie Ehrsen-Breden, Holzhausen und vor allem Werl-Aspe-Knetterheide schnell wuchsen und sich dort eigene Einzelhandelsbetriebe ansiedelten. Für Salzuflen war dies weniger ein Problem, da die Suburbanisierung dort landschaftlich an Ihre Grenzen stieß und sich die neuen Stadtquartiere harmonisch und mit viel Stadtgrün um den historischen Stadtkern gruppierten. Abb. 125 Historischer Stadtkern Alt Salzuflen u. Abb. 126 Schötmar (Argos Luftaufnahme 1999) Obwohl sich der Einzugsbereich von Schötmar verkleinerte, entstanden auf der Grundlage des Wachstumsgedanken in Randlage großflächige Märkte, die den eh. Stadtkern ausdehnten und damit zusätzlich schwächten. Der verkehrsberuhigte Ausbau der Hauptgeschäftstraßen (Marktplatz/Begastraße/Krumme Weide) hielt diese Entwicklung nicht auf. Erschwerend kam noch hinzu, dass aufgrund des ‚Zentren-Leitbildes’ zur Gebietsreform in den umliegenden Ortsteilen Gewerbe- und Schulzentren entstanden, die zusätzlich die Innenstädte entvölkerten. Erst seit Mitte der 1990er Jahre wird diese Entwicklung durch Betriebsaufgaben korrigiert. Nach Schließung der Hoffmann’s Stärkefabriken setzte sich die o.g. bandartige Entwicklung zwischen Salzuflen und Schötmar fort. Der verkleinerter Einzugsbereich und die Leerstände an nicht integrierter Lage verkleinern den Ortskern von Schötmar auf den ursprünglichen Stadtkern. Als Stadtteilzentrum ergänzt er den historischen Stadtkern von Alt Salzuflen, der damit als Mittelpunkt für die Gesamtstadt und umliegende Region an Bedeutung gewinnt. Was mit der Auflage der Bez.Reg. 1972 nicht gelang, wird nun nach über 40 Jahren durch den Bevölkerungsrückgang und die wirtschaftliche Entwicklung beeinflusst. Die geplante Änderung des BauGB mit der verstärkten Aufforderung zur Innenentwicklung wird hierfür die gesetzliche Grundlage bieten. Wie schon im STEK 2020 vorgeschlagen, werden sich die 145 unterschiedlichen Bedeutungen der Zentren Alt Salzuflen und Schötmar und die o.g. ‚bandartige Innenentwicklung von Salzuflen nach Schötmar’ immer mehr verfestigen. Abb. 127 zukünftige Innenentwicklung STEK 2020 Der drittgrößte Stadtteil Werl-Aspe-Knetterheide gehört zur ‚Abgrenzung des Innenbereiches’ heute mit dazu. Anzumerken ist, dass gerade dieser Stadtteil mit seinen neuen Baugebieten für junge Familien aus der Umgebung attraktiv ist. Hierdurch besteht die Chance, die Altersstruktur für die Gesamtstadt zu stabilisieren. Der Stadtteil verfügt über eine gute Nahversorgung, Schullandschaft und sonstige familiengerechte Infrastruktur. Ihm fehlt nur ein gewachsener Ortskern, wie den übrigen Ortsteilen 661 auch, da sich die Besiedlung nicht quartiersweise um einen Ortskern erweiterte, sondern gestreut in der Landschaft. Dies erschwert heute noch das Eigenleben, die nachbarschaftliche Kommunikation und die Identifikation mit dem Ortsteil. Die Konzentration der zukünftigen Innenentwicklung auf den neu definierten Siedlungsraum Salzuflen, Hoffmannstraße, Schötmar-Ehrsen und Werl-Aspe-Knetterheide ist eine neue Entwicklungschance. Die Ausweisung des Restgebietes als Landschaft mit Splittersiedlungen, wäre eine Korrektur. Die Flächenaufteilung im gesamten Stadtgebiet zeigt, dass von den 10.006 ha nur 2.592 ha (25,9 %) Siedlungs- und Verkehrsfläche sind. Die für den Kurort wichtigen Freiflächen mit Wasser, Land- und Forstwirtschaft betragen 7.413 ha (74,1 %). 662 661 z.B. Wüsten verpasste die Chance, den Bereich um Kirche und Gastronomie als Ortskern zu entwickeln. 662 aus: Kommunalprofil Bad Salzuflen, Landesamt für Datenverarbeitung u. Statistik NRW, Stand 9.07.2008 146 Die o.g. Flächenbilanz im Stadtgebiet, die Größe der Ortsteile nach Einwohnerzahl und die Prognose im STEK 2020 für die zukünftige rückgängige Bautätigkeit, die von den Zu- und Fortzügen abhängig ist, unterstützt die zukünftige Festlegung der Innenentwicklung: Ortsteile weiblich männlich Einwohner Bad Salzuflen 10.778 8.963 19.741 Schötmar 4.684 4.196 8.880 Werl-Aspe-Knetterh 3.822 3.611 7.433 Wüsten 2.066 1.817 3.883 Ehrsen-Breden 1.710 1.657 3.367 Lockhausen 1.673 1.619 3.292 Holzhausen 1.609 1.563 3.172 Wülfer-Bexten 1.004 957 1.961 Retzen 775 769 1.544 Biemsen-Ahmsen 747 706 1.453 Gastrup-Hölsen 435 415 850 Papenhausen 25 28 53 Summe Einwohner 29.328 26,301 55.629 Ortsteile: aus: Website Bad Salzuflen 12/2010 Abb. 128 Größe der Ortsteile nach Einwohner: 663 u. Abb. 129 Plan der Ortsteile in BS Abb. 130 Prognose Bautätigkeit/Foto (STEK 2020) u. Abb. 131 Zu- u. Fortzüge (LDS NRW 2008) Resümee Die Frage, ob die historische Stadtmitte von Bad Salzuflen durch die Gebietsreform und ihr Wachsen ins Umland, der Suburbanisierung einen Bedeutungswandel erfahren hat, ist deshalb mit ja zu beantworten, da sie durch Schötmar und die umliegenden, wachsenden Ortsteile zunächst Konkurrenz erhielt. Durch den Entwicklungsrückgang im Stadtteilzentrum Schötmar erhält der historische Stadtkern von Alt Salzuflen die größere Bedeutung. Die Konzentration des großflächigen Einzelhandels im Fachmarktzentrum Hoffmannstraße ergänzt die Angebote der beiden Stadtkerne, reduziert den Kaufkraftabfluss und verbindet Salzuflen mit Schötmar. Demnach waren die bisherigen Bemühungen um die Erhaltung der historischen Stadtkerne keine Fehlplanung und Fehlinvestition. Sowohl Schötmar als auch Alt Salzuflen haben an Attraktivität gewonnen. Um sich neuen Entwicklungen anzupassen, wurden die öffentlichen 663 Einwohnerstatistik vom KRZ Lemgo 31.12.2007 und Altersstruktur aus STEK 2020 147 Verkehrsflächen zunächst autogerecht und später verkehrsberuhigt ausgebaut. In Salzuflen steht die Neugestaltung der Fußgängerzone aus dem Jahre 1975 mit dem Förderprogramm ‚Aktive Zentren’ in der zukünftigen Investitions- und Haushaltsplanung. 664 Der Einzelhandel im historischen Stadtkern von Alt Salzuflen hat auch in Zukunft eine Chance, wenn die Interessenvertreter des Einzelhandels 665 vereint auf weitere Entwicklungen im Stadtgebiet reagieren und vor allem den Schrumpfungsprozess in Schötmar akzeptieren. In den Ortsteilen mit über 3.000 Einwohnern wird heute der tägliche Bedarf wohnungsnah gedeckt. Für größere Einkäufe mit dem Auto bietet sich das Fachmarktzentrum Hoffmannstraße an, das die Angebote im historischen Stadtkern von Alt Salzuflen ergänzt. In der Mitte von Alt Salzuflen finden sich neben der Grundversorgung auch spezielle Fachläden mit Kurartikeln. Cafes und Restaurants laden insbesondere am Wochenende zum Bummeln und Schlendern ein. Das historische Stadtbild mit den Baudenkmalen, die Kureinrichtungen, die kulturellen Angebote und die gute Aufenthaltsqualität im historischen Stadtkern Alt Salzuflen ist schon seit über 100 Jahren Anziehungspunkt für die Bürger und Besucher aus der umliegenden Region. Dieses attraktive Ambiente wird dem Einzelhandel auch in Zukunft eine Chance bieten. Im STEK 2020 wurde erwähnt, dass der bundesweite Trend zur Rückkehr, Regeneration des Wohnens in die Innenstädte auch in Bad Salzuflen festzustellen ist. Der historische Stadtkern von Alt Salzuflen ist zwar nach einer LZ-Umfrage 666 für das Wohnen von Familien geeignet, trotzdem bevorzugen junge Familien die familiengerechten Stadtteile um Schötmar-Ehrsen und Werl-Aspe-Knetterheide. Für Senioren ist Alt Salzuflen schon seit Jahrzehnten attraktiv. Hier sind über 40 % der Bevölkerung älter als 60 Jahre. 667 Ohne den historischen Stadtkern von Alt Salzuflen wäre das gesamtstädtische Gleichgewicht gestört. Wo würden Bürger und Besucher sich wohl fühlen? Gerade für den neu festgelegten Innenbereich im STEK 2020 ist er die besondere Stadtmitte, die durch das Fachmarktzentrum Hoffmannstraße, das Stadteilzentrum Schötmar und Nebenzentrum Werl-Aspe-Knetterheide ergänzt wird. Bei der Gegenüberstellung der Entwicklungsaspekte ist dies noch zu bewerten. Der Aspekt ‚Stadtentwicklung’ verdeutlicht schon, dass diese immer wieder von den Akteuren und der Planung beeinflusst wird. Den planlosen Entwicklungen vor und nach der Gebietsreform konnte durch praxisorientierte Planungen (Buhr 1922, Hartog 1969, STEK 2020) entgegengesteuert werden. Weiterhin wird deutlich, dass Leerstände (Salzhof, Hoffmann’s Stärkefabriken) eine neue Entwicklungschance bedeuten kann. Allerdings kann durch Planung immer nur ein Rahmen gesetzt werden, der von den Akteuren zu berücksichtigen und auszufüllen ist. Inwieweit durch prozessgesteuerte Planungen unter Beteiligung aller Akteure vor Ort Entwicklungen positiv beeinflusst werden können, ist bei den folgenden Entwicklungsaspekten zu betrachten. 664 Haushaltsentwurf 2012 Liste C 10 u. 2011 F 17/18 „Bauliche Anlagen sind in gewissen Zeitabständen zu erneuern.“ 665 Der Einzelhandel wird durch die Werbegemeinschaft Salzuflen und den Bürgerverein Schötmar vertreten. (s. Kap. 5.3 ‚Akteure’) 666 LZ 86 vom 14.04.2010 S. 16 „Ist die Innenstadt kinderfreundlich?“ Mit 50 EW/ha ist die Bevölkerungsdichte in der Innenstadt Alt Salzuflen überdurchschnittlich. Aus: Brand, Friedrich 1996 S. 104 Volkszählung 1987 667 Brand, Friedrich 1996 S. 104/105 Im Kernstadtgebiet Alt Salzuflen leben 41,2 %, der über 60-jährigen Bewohner und in Schötmar nur 27 % (S. 107). 148 5.2 Planungsschritte zur ‚Mitte von Bad Salzuflen’ Die regen Bautätigkeiten seit der Industrialisierung und der Bäderentwicklung forderten in Bad Salzuflen die ersten Planungen ein: „Nachteilig für eine vernünftige städtebauliche Entwicklung wirkte sich... zusehends das gänzliche Fehlen eines Gesamtbebauungsplanes aus: erst 1915 war überhaupt ein ‚Übersichtsplan für das Stadtgebiet’ angefertigt worden, da die vorher ‚benutzten Karten... zum größten Teil überhaupt nicht mit der Örtlichkeit (übereinstimmten).“ Zunächst einmal musste das Stadtbauamt bis in die 1920er Jahre hinein allein mit den zur Jahrhundertwende wahllos angefertigten Fluchtlinienplänen arbeiten, die „nicht nur einen Mangel an Fachkenntnis und Schönheitssinn erkennen (ließen), sondern... geradezu zerstörend in dem Stadtbild von Alt Salzuflen (wirkte, weil) hier die Fluchtlinien durch strenge Handhabung von Reisschiene und Lineal festgelegt (worden waren).“ 668 Stadtbaurat Ernst Buhr ließ 1924 für Salzuflen einen Gesamtbebauungsplan und 1929 einen Generalbebauungsplan aufstellen, die „sich an der Gartenstadtbewegung orientierten.“ 669 Die Baugebiete Asenberger Heide (1919 Ahornstr./Walhalla) oder Elkenbrede (1932) sind hierzu Beispiele. Der Plan war Grundlage für die Entwicklung Salzuflens bis zur Gebietsreform. Nach der Gebietsreform 1969 war für alle Gemeinden ein neuer F-Plan nach BBauG erforderlich, in den die Planungen der eingemeindeten Orte integriert wurden. Da damals jede Gemeinde bestrebt war zu wachsen, 670 mussten die vor der Gebietsreform ausgewiesenen Baugebiete im F-Plan 1973 mit übernommen werden. Dadurch konnte planerisch die weitere Suburbanisierung nicht gestoppt werden. Der planerische Ansatz für Gewerbe- und Schulzentren im F-Plan wie auch im Grün- und Landschaftsplan zur Gebietsreform förderten zusätzlich noch die Stadtflucht. „Daraus ergibt sich das heutige Bild einer bandartigen, aber lückenhaften Besiedlung entlang der Bahnlinie und der B 239“ 671 von Salzuflen über Schötmar nach Holzhausen und das Bild ungeordneter Streusiedlungen mit vorwiegend Einfamilienhäusern ohne Ortsmittelpunkt in den umliegenden Ortsteilen. Selbst die Auflagen der Bez. Reg. bei der Genehmigung des F-Planes, denen der Rat 1972 beitreten musste, 672 bewirkte keinen Stopp einer weiteren Suburbanisierung. Kurt Dröge wies in seiner Chronik darauf hin, dass auch das NRW Programm 1975 nur Entwicklungen um Bad Salzuflen und Schötmar und in den Ortsteilen die Eigenentwicklung in Baulücken als vertretbar ansah. Da dies wenig beachtet wurde, ging die Entwicklung „zu Lasten vor allem des Stadtteils Schötmar. Die ‚Bipolarität’ als besondere Eigenart der neuen Stadt wird mehr und mehr aufgehoben,“ schrieb Kurt Dröge als Zeitzeuge. 673 Im Jahre 1974 erstellten drei Planungsbüros ein Gutachten für die städtebauliche Erneuerung des Kerngebietes von Schötmar. Diese Gutachten wurden bei der Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel jedoch wenig berücksichtigt, da er sich im gesamten Stadtteil gestreut dezentral verteilte. 674 668 Buhr, Ernst 1922 s. S. 162/163 Die Forderung nach einem Gesamtbebauungsplan für Salzuflen ist die wichtigste Aussage in der Dissertation von Ernst Buhr. (S. 151-172) Im Anhang ist sein Stadtplan von 1928. 669 Buhr, Ernst 1924 S. 63/64 ‚Aus Salzuflens Geschichte’ in: Deutschlands Städtebau 924 (s. Kap. 3.1) 670 s. Anhang: F-Plan 1963 von der Stadt Schötmar mit Werl-Aspe-Knetterheide 671 Econ-Consult 1985 S. 9 672 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007: ‚35 Jahre Großgemeinde’ Ratssitzung am 13.06.1972 673 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 438 674 vgl. Kap. 3.3.1 ‚Planungen zum eh. Stadtkern von Schötmar’ 149 Mit der Gebietsreform wurde nach und nach die Verwaltung im Rathaus gestärkt. Ab 01.11.1970 wurde Bad Salzuflen Bauordnungsbehörde. 675 Dadurch waren direkte Gespräche mit Architekten und Bauherren und eine bessere Abstimmung mit der Stadtplanung möglich. Seit der Kommunalwahl 1975 wurde ein Planungsausschuss eingerichtet, der den Rat von stadtplanerischen Themen entlastete. 676 Für die Stadterneuerungsmaßnahmen und die Stadtentwicklung war es wichtig, dass diese 1975 kein Thema des Wahlkampfs und diese im Haushalt 1975 einstimmig von allen drei Parteien getragen wurden. 677 Darüber hinaus wurden die Bebauungspläne für die innerstädtischen Bereiche rechtskräftig, die eine Durchsetzung dieser Planungsziele sicherten. 678 Mit dem DSchG 1980 wurde die Stadt Untere Denkmalbehörde, die für den historischen Stadtkern von Alt Salzuflen eine Erhaltungs- und Gestaltungssatzung 1981 beschließen ließ. Seit 1981 gab es einen Umweltbeauftragen und seit 1984 einen neuen Planungsamtsleiter. 679 Damit wird deutlich, dass die Planungskompetenz im Rathaus nun nicht mehr nur auf externe Planer angewiesen war, die noch zur Gebietsreform direkt dem Rat zuarbeiteten. Als 1989 die Stadt Mitglied in der ‚Arbeitsgemeinschaft Historische Stadtkerne’ in NRW wurde, war das Sanierungsgebiet im historischen Stadtkern von Alt Salzuflen zu erweitern und neu förmlich festzulegen. Grundlage für den Förderantrag im Jahre 1991 war eine städtebauliche Rahmenplanung einschließlich denkmalpflegerischer Bestandsanalyse. Durch den landesweiten Erfahrungsaustausch in der Arbeitsgemeinschaft erfolgte eine weitere Stärkung der Verwaltung. Da teilweise auch Stadtdirektoren, Bürgermeister und die Politik teilnahmen, wurde das Bewusstsein für Erhaltung und Weiterentwicklung gefördert. Alle Planungen erfolgten bisher streng nach BauGB und StBauFG mit den vorgeschriebenen Beteiligungen von Bürgern und Träger öffentlicher Belange. Bei der Planung zur Gebietsreform mit den dazugehörigen Fachplanungen Verkehr und Grün- und Landschaft war die Überzeugungskraft der externen Planungskompetenz entscheidend. Die Politik folgte meist der fachlichen Argumentation. In Alt Salzuflen fand die Sanierungsplanung Akzeptanz, während das Gutachten für Schötmar weniger Beachtung fand. Mit dem Stadtentwicklungskonzept 1992 ‚Bad Salzuflen 2000’ wurde die Planung seit der Gebietsreform nach 20 Jahren vom Planungsamt aktualisiert. 680 Erstmals entwickelten sich „Diskussionen um Ziele der Stadtentwicklungsplanung“ mit „mittel- und langfristigen Strategien und Maßnahmen.“ 681 Einige Ziele des Stadtentwicklungskonzeptes ‚Bad Salzuflen 2000’ fanden Eingang in die umfangreiche 50. Überarbeitung des Flächennutzungsplanes 1994, in den Verkehrsentwicklungsplan 1994 und in die Stadtentwicklungspläne ‚Kurkliniken’ 1993 und ‚Kur’ 1999. Ergänzend zu den ausführlichen Darstellungen im Kapitel ‚Fachplanungen für die Stadtmitte’ ist hier anzumerken, dass die Fachgutachten die Veränderungen bei den Beteiligungsverfahren, den Umweltbelangen und den Rückgang des Wirtschaftswachstums widerspiegeln: 675 Brand, Friedrich 1996 S. 56/57 Die Übertragung der BauO schloss die Untere Denkmalbehörde mit ein. 676 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 442 677 Dröge, Kurt (Meyer, F) S. 440 Die im Rat vertretenden Parteien waren 1975 SPD, CDU und FDP. Sanierung Stadtkern Salzuflen seit 1969 mit Salze-Regulierung (S. 435/6) u. Bau der Fußgängerzone 1973-75 (S. 439) 678 Dröge, Kurt: Am 14.05.69 erfolgte Aufstellungsbeschluss für B-Pläne: Kurparkeingang, Am Markt, Salzhof 679 Umweltbeauftragter wurde Klaus Meise, dem 1994 das Umweltamt übertragen wurde. Leiter des neuen Planungsamtes wurde 1984 Herbert Winkler, der mit neuem Elan die Stadtentwicklungsplanung aktualisierte. 680 Planungserfordernis durch Veränderungen im Einzelhandel, wirtschaftlichen Wachstum und BauGB etc. 681 Bad Salzuflen 2000 S. 1 Anmerkungen 150 Der VEP war eine „integrierte Verkehrsplanung,“ die sich „an stadtbildgestalterischen, wohnumfeldbezogenen und allgemeinen stadtökologischen und stadtentwicklungspolitischen Belangen“ orientierte und deren Ausrichtung nicht mehr autogerecht war, stattdessen eine „Verbesserung des ÖPNV-Angebotes“ forderte. 682 Der öffentlich tagende Verkehrsausschuss bildete die Diskussionsplattform. Die von der Stadt erstellte Stadtentwicklungsplanung – Teilplan Kurkliniken – ging 1993 noch vom Wachstum aus und schlug die verstärkte Entwicklung zum klinifiziertes Heilbad mit weiteren Klinikstandorten im Stadtgebiet vor. 683 Eine intensive Bürgerbeteiligung fand nicht statt. Eine erstmals öffentliche Diskussion über das Thema Kurstadt fand im Rahmen des Zielfindungsworkshops zum Stadtentwicklungsplan, Teilplan Kur (1999) statt. Die Ergebnisse basierten auf Befragungen der Kurgäste und Pensions- und Hotelbetreiber. 684 Mit der Eingemeindung von insbesondere den gewerblich orientierten Ortsteilen Schötmar und Holzhausen erhielt Bad Salzuflen ein zweites wirtschaftliches Standbein. Die Umweltverträglichkeitsstudie Gewerbestandorte 1991 empfahl – ohne Bürgerbeteiligung - die Ansiedlung von ausschließlich „Kurstadt-Konformen-Betrieben“ an nicht beeinträchtigenden Standorten. 685 Die Entwicklung der Messe mit überregionaler Bedeutung gestaltete sich zusehends zu einem weiteren wirtschaftlichen Standbein. 686 Die nahezu gleichwertige Einordnung der Zentren Alt Salzuflen und Schötmar in der Planung zur Gebietsreform und im Flächennutzungsplan 1973 unterstützten die damalige konkurrierende Sichtweise. Auf der fachlichen Grundlage der Strukturuntersuchung des Einzelhandels 687 erhielt Schötmar im Entwicklungskonzept 1992 erstmalig die Funktion eines Stadtteilzentrums. Damit wurde zumindest planerisch ein Umdenken eingeleitet. Allerdings wurde als allgemeines Ziel die „Stärkung des Mittelzentrums mit den beiden zentralen Bereichen Bad Salzuflen und Schötmar als Geschäfts- und Versorgungszentrum“ 688 im Entwicklungskonzept genannt. Dies deutet abermals auf eine Gleichbehandlung beider Zentren hin. Für beide Altstadtbereiche wurden die „Erhaltung des eigenen Charakters der historischen Altstadt Bad Salzuflen und des alten Ortskernes von Schötmar“ als Ziel genannt. Erweiterte Ziele waren die „behutsame Stadterneuerung,“ die „Erhaltung des innerstädtischen Wohnens“ und die „Verbesserung des Stadtgrüns.“ 689 Eine Fortschreibung des Stadtentwicklungskonzeptes 1992 ‚Bad Salzuflen 2000’ erfolgte mit dem ‚Stadtentwicklungskonzept 2020,’ das im Jahre 2008 startete und die Grundlage für einen neuen Flächennutzungsplan ist. Seit 2009 wurde dazu parallel mit dem städtebaulichen Entwicklungskonzept ‚Aktive Innenstadt Bad Salzuflen’ aufbauend auf den ‚Masterplan Innenstadt’ (2008) die Diskussion zur Innenstadtentwicklung fortgesetzt. Beide Konzepte basieren auf den Prozess der ‚lokalen Agenda 21,’ in dem aktualisierte Leitbilder für die zukunftsbeständige Entwicklung der Stadt formuliert wurden. Beide Konzepte wurden mit großem Engagement vom neuen Fachdienst Stadtplanung und Umwelt koordiniert. 690 682 Bad Salzuflen 2000 S. 24/25 683 Dröge, Kurt in: Meyer, F. S. 467 Ratsbeschluss ‚Stadtentwicklungsplanung, Teilplan Kurkliniken’ 5.05.1993 684 Stadtentwicklungsplan - Kur 1999 Vorwort 685 Gewerbe-Standorte 1991 S. 100 f. und Bad Salzuflen 2000 S. 27 686 Bad Salzuflen 2000 S. 28 Das Messezentrum gehört zu den 15 wichtigsten der BRD. (LZ Nr.2/o4.01.2011) Die Zuliefermesse ZOW für Möbel u. Innenausbau mit 500 Ausstellern aus 30 Ländern „zeigt die internationale Anziehungskraft über die Region hinaus.“ (LZ 26/01.02.2011) Und die Custombike Messe hat 30.000 Besucher. 687 Econ-Consult 1985 S. 1 688 Bad Salzuflen 2000 S. 10 689 Bad Salzuflen 2000 S. 21 Fotos oben u. Mitte aus: Website Bad Salzuflen, Begastraße aus Brand, F. S. 54 690 Leiter des neuen Fachdienstes Planung und Umwelt war seit 2008 Arnold Reeker. 151 Die begleitenden Fachgutachten zum Kurgebiet, Einzelhandel, Verkehr und zur Landschaft spiegeln abermals die planerischen Veränderungen wieder: Obwohl das Staatsbad seit fast 200 Jahren 691 die Stadtentwicklung von Bad Salzuflen prägt, war es erst 2006 durch die 100 %-ige Übernahme der Stadt möglich, das Handlungskonzept Kurbereich mit Festlegung eines Sanierungsgebietes zu erarbeiten. Damit besteht die Chance, mit Fördermitteln den einmaligen Übergang von der historischen Altstadt zu den Grünanlagen des Kurparks und Landschaftsgarten aufzuwerten und die baulichen Kureinrichtungen zu sanieren. Trotz Gesundheitsreformen und knapper Haushaltslage sind für diesen wichtigen Wirtschaftsbereich neue Impulse zu erwarten. Die Privatisierung einiger Kureinrichtungen, wie im Fachplan Kurort ausführlich dargestellt, fördert die Umstrukturierung vom klassischen Kurort zu einem touristisch geprägten Gesundheits- und Erholungsort. Schon die Planung für Landschaft und Grünordnung zum F-Plan 1972 war Grundlage dafür, dass die Gesamtstadt weitgehend gut in die lippische Landschaft eingebettet ist. Die Durchgrünung der Stadtmitte und die Grünverbindung zu den außerhalb liegenden Landschaften sind einmalig. Alle Planungen seit der Gebietsreform hatten zum Ziel, diese Einmaligkeit zu erhalten. Auch die Stadtentwicklungskonzepte 2020 und ‚Aktive Innenstadt’ belegen, dass der Schutz von Natur und Landschaft nie in Frage gestellt wurde. 692 Der Verkehr in den historischen Stadtkernen bleibt ein Dauerthema, da die Anpassung an die verkehrlichen Entwicklungen und unterschiedlichen Mobilitätsansprüche schwierig ist. Von daher ist auch der VEP als kontinuierlicher Prozess zu verstehen. Der neue VEP 2010 693 setzt mehr auf die „gegenseitige Rücksichtsnahme“ 694 aller Verkehrsteilnehmer und versucht Kompromisslösungen zwischen den Belangen aller Akteure zu finden. Hierzu werden Versuchsphasen und Befragungen für weitere Lösungsansätze vorgeschlagen. Das Zentren- und Nahversorgungszentrum 2007 bezeichnet die Innenstädte von Salzuflen und Schötmar als Hauptzentrum, ordnet letztere jedoch funktional als Nebenzentrum ein. Diese unterschiedliche Interpretation nimmt das Stadtentwicklungskonzept 2020 auf. Gleichzeitig wird erstmalig ein ‚Kernbereich’ für die zukünftige Innenentwicklung mit den Ortsteilen Salzuflen, Schötmar-Ehrsen, Werl-Aspe-Knetterheide und dem Bereich Hoffmannstraße festgelegt. 695 Resümee Zur Frage, ob Planungsziele erreicht wurden, ist festzustellen, dass sich die Planungsziele zur Stadtmitte seit der Gebietsreform geändert haben. Das Planungsziel zweier gleichwertiger Zentren in Schötmar und Salzuflen nach der Gebietsreform war belastet durch das Konkurrenzdenken der verschiedenen Ortsteile, das beim Entwicklungsaspekt Akteursebene noch zu behandeln ist. Externe Gutachter und Planer, der Rückgang des Wachstums und der Bevölkerung tragen dazu bei, dass sich die aktuellen Planungsziele mehr an der Realität orientieren. Die Stärkung des historischen Stadtkerns von Alt Salzuflen mit dem Kurpark, die Einordnung des Zentrums in Schötmar als funktionales Nebenzentrum (Stadtteilzentrum) und die zentralen Funktionen an der Hoffmannstraße als Fachmarktzentrum mit Kaufkraftbindung sind im STEK 2020 ein realistischer planerischer Ansatz. 691 Meyer, Franz 2007 S. 480/1/2 1818 wurde das Bad gegründet. Seit 1914 nennt sich die Stadt Bad Salzuflen. 692 s. o. Ausführungen ‚Natur, Freiraum und Klima’ im STEK 2020 693 VEP Mobilität und Lärmminderung für Gesamtstadt und Verkehrskonzept Innenstadt 2010 694 Gegenseitige Rücksichtsnahme im Sinne „Shared Space“ bzw. Begegnungszonen in Mischflächen, die gegenwärtig bundesweit diskutiert werden (s. Zeitschrift Planer/in „Nahmobil“ 8/2010). 695 STEK 2020 S. 72 f (s. Kap. 3.4.4 und Plan zum Stadtentwicklungskonzept 2020) 152 Der Entwicklungsaspekt Planungsschritte verdeutlicht, dass es ein Planerfordernis gibt und in gewissen Zeitabständen eine Planfortschreibung notwendig ist. Nach dem Bauboom der Industrialisierung und der Bäderentwicklung forderte die Verwaltung erstmals einen Gesamt- bzw. Generalbebauungsplan für Bad Salzuflen (1924/29). Mit der Gebietsreform (1969) war ein neuer F-Plan für das neue Stadtgebiet nach BBauG erforderlich, der durch einen GVP und Grün- und Landschaftsplan fachlich unterstützt wurde. Um Städtebaufördermittel zu erhalten, waren Planungen und Satzungen für Salzuflen und Schötmar notwendig. Mit Beitritt in die AG Historischer Stadtkerne NRW waren diese zu überarbeiten. Durch das Förderprogramm Aktive Zentren war eine weitere Anpassung notwendig. Aufgrund neuerer Entwicklungen war nach 20 Jahren eine grundlegende F-Plan-Überarbeitung notwendig, für die erstmals von der Verwaltung ein Stadtentwicklungskonzept 2000 mit den Fachgutachten Verkehr, Kurbereich und Gewerbestandorte erarbeitet wurde. Nach 40 Jahren und über 120 Änderungen wird der F-Plan neu aufgestellt. Grundlage ist das STEK 2020 mit den begleitenden Fachgutachten. Eine weitere Feststellung ist, dass Planungen mit dem personellen Wechsel in leitender Funktion neu aufgelegt werden. Z.T. beginnen diese bei Null, was nicht effektiv ist. Gute Beispiele für Fortschreibungen sind die Gutachten für den Einzelhandel und Verkehr. Ebenso ist der Wechsel von politischen Mehrheiten kritisch zu sehen, da diese oft vorangegangene Planungsansätze in Frage stellen. Beispielhaft hierfür ist der VEP 1994 zu nennen, der vor der Wahl die Einführung des Stadtbussystems beschlossen hatte. Die Einführung erfolgte nach der Wahl und bewirkte ein Bürgerbegehren von der Opposition. Die Frage, ob Planung die Stadtentwicklung beeinflussen kann, ist mit Ja zu beantworten. Dies zeigen die planerischen Forderungen (Gesamtbebauungsplan/Salzhofgestaltung) von Ernst Buhr in den 1920er Jahren, die Planungen und Satzungen für den historischen Stadtkern und die Verkehrsplanungen. Auch die Planungen von Rudolf Hartog zur Gebietsreform 1969 bestimmte die Stadtentwicklung jahrzehntelang. Seine Idee für eine Neue Mitte im Hoffmannareal hat sich zwar nicht gleich, jedoch in geänderter Form später realisiert. Eine Planung ist einfacher durchzusetzen und zu realisieren, wenn deren Maßnahmen durch Förderprogramme finanziert werden können. Beispiele hierfür sind die innerstädtischen Verkehrsberuhigungsmaßnahmen, Fußgängerzonen, die Einführung des Stadtbusses und das Sanierungsgebiet Kurbereich. Die geänderte Gesetzgebung zur Bürgerbeteiligung, zu Umweltbelangen, zum Denkmalschutz etc. bewirkten ein Umdenken zunächst bei den externen Fachleuten und denen im Rathaus, die es leichter haben, auf der Basis eines Gesetzes die Politik und den Bürger zum Umdenken zu bewegen. Der Bauherr eines Baudenkmals kann mit Fördermitteln, Abschreibungen und Gestaltungssatzung leichter überzeugt werden. Das Stadtentwicklungskonzept 1992 mit den begleitenden Fachplanungen können als Beginn der informellen, prozessgesteuerten, praxisorientierten Planungen gewertet werden. Mit dem Kurentwicklungskonzept 2000, der Leitbilddiskussion der ‚Lokalen Agenda 21,’ dem Stadtmarketingprozess, dem Arbeitskreis Innenstadt 2010, der City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ 2006-08 und den Stadtentwicklungskonzepten 2020 und ‚Aktive Innenstadt’ mit den fachbegleitenden Gutachten fand diese neue Planungskultur seine Fortsetzung. Die Beteiligung der Akteure aller Ortsteile von Bad Salzuflen bei den Entwicklungskonzepten bewirkte eine große Akzeptanz und Identifikation mit den Planungszielen und Leitbildern. Ohne Diskussionen wurde der neu definierte Bereich für die zukünftige ‚Innenentwicklung’ 153 vom Rat akzeptiert. Diese ist als Vorgriff auf die beabsichtigte Novellierung des BauGB und eine bedarfsorientierte Planung zu werten. Zusammen mit den Bürgerbegehren 696 der letzten Jahrzehnte ist hier ein neues Bewusstsein zu Planungsprozessen bei den Bürgern festzustellen. Das aktuelle Haushaltssicherungskonzept 2011 fördert ebenso ein Umdenken. Jede Planung und Maßnahme wird auf ihre Notwendigkeit geprüft. Bezüglich der Bürgerbeteiligung steht zum Bereich Bauleitplanung im Hauhalt die Forderung aus dem Leitbild 2000: „Bad Salzuflen führt konsequent bürgerorientierte und zukunftsbeständige Planungsprozesse durch.“ 697 Damit ist diese Vorgehensweise bei Politik und Verwaltung festgeschrieben. PLANUNGEN FÜR BAD SALZUFLEN Jahr Planungsphasen Fachplanung, Satzungen 698 Planer Gesetz 1924 1. Bebauungsplanung für eh. Stadt BS Gesamtbebauungsplan 1924 Generalbebauungsplan 1929 Ernst Buhr Diss. 1922 Prof. Dr. Vetterlein Fluchtlinien BauO Flächennutzungsplan Planung für BS Gutachten zur Gebietsreform 1969 Grünordnung u. Landschaft 1969 GVP Generalverkehrsplan 1970/80 Zukunft Staatsbad 1981 Dr. Rudolf Hartog, Herwart Meyer Dr. Hellmut Schubert Kurdirektor Eibach BBauG/BauNVO - Ges.heitsreform B-Pläne für Innenstädte seit 1969 Gutachten f. Schötmar 1975 Erhalt- u. Gestaltungssatzung 1981 Stadt 3 Planungsbüros Stadt BBauG/BauNVO StBauFG DSchG/BauO Sanierungsplanung Neugestaltung Salzhof Wtb. 1979 Fertigstellung 1987 Rolf Temme Horn Bad Meinberg StBauFG 1969 1972 AG Hist. Stadtkerne NRW 1989 Rahmenplan hist. Stadtkern 1992 Antrag auf Fördermittel 1991 Beltz/Sittig Warburg San. Förderung NRW 1992 1994 Stadtentwicklungs- Konzept 2000 mit Überarbeitung F-Plan Struktur Einzelhandel 1989 Stadtentwicklung Kurklinik 1993 VEP (Stadtbus) 1994 50. F-Plan Änderung 1994 Stadtentwicklung Kur 1999 Markt-Standort-Gutachten 2000/01 Econ-Consult Köln Stadt Hahm/OS Schmechtig Stadt DWIF Dr. M. Zeiner GfK Brochhaus/Karutz Erlass Einzelhdl. Ges.heitsreform BauGB/BauNVO Ges.heitsreform 2000 Sonderplanungs- Prozesse Expo-Projekt Reg. Heilgarten 2000 Agenda 21 Leitbild BS 2000 Stadtmarketingprozess 1998-2011 GmbH 1998-2003 Stadt mbsc Ausschuss StM Regionale NRW Fördermittel Fördermittel 2006 Handlungskonzept Kurbereich Festlegung Sanierungsgebiet 2006 Kurbereich Stadt Fördermittel StBauFG 2008 Stadtentwicklungs- Konzept Innenstadt ‚Aktive Zentren’ AZ Erhalt. - Gestalt. Satzung, Baufibel Wtb. Salzhof , M-Plan 2004 Masterplan Innenstadt 2008 Sondernutzungssatzung 2009 E-Konzept ‚Aktive Innenstadt’ 09 VEP Innenstadt 2010 ALB Münster 2002-? F. Schmersahl 1.Preis Stadt Stadt Stadt SHP Hannover BauO/BauGB Fördermittel Fördermittel AZ Fördermittel AZ 2010 Stadtentwicklungs- Konzept STEK für Neuaufstellung Flächennutzungsplan Region Einzelhandelsgutacht 2003 Zentren/Nahversorgung 2007 STEK 2020 beschlossen 2010 Landschaftsplan 2010 VEP Mobilität/Lärm 2010 OWL GfK Prisma Petersen BPG HH Jochumsen Borgmann-Voss HH SHP Hannover BauGB Abb. 132 Tabellarische Zusammenstellung der ‚Planungen für Bad Salzuflen’ (KS) 696 1994/5 Bürgerbehren zur Schließung des Verkehrs in die Innenstadt mit Einführung des Stadtbusses; 2004/7 Wiederaufbau des Gradierwerkes an der Konzerthalle; Gesamtschule für Bad Salzuflen 2008/9 und Initiative gegen Schließung einer Kleinschwimmhalle in Aspe im Rahmen des HSK. 697 Haushaltsplan 2011 in ZK 17 Produktbereich: Räumliche Planung- und Entwicklung, Geoinformation 698 Zusammenstellung von Planungen, die für die Innenstadtentwicklung relevant sind. 154 5.3 Entwicklungsaspekt Akteure in Bad Salzuflen Zum Entwicklungsaspekt ‚Akteure’ wurde einleitend die Frage gestellt, welche Akteure die Stadtentwicklung mit bestimmen und wie diese die Stadt im Gleichgewicht halten. Aufbauend auf die Ausführungen über die Entwicklung der ‚Mitte von Bad Salzuflen’ wird nun diese Fragestellung anhand verschiedener Akteursgruppen behandelt: Die Akteure der Gebietsreform, die stark von Politik und gutachterlicher Planung geprägt war: In diesem Beispiel steht die Frage im Vordergrund, ob die Gebietsreform für die Stadt und deren Bewohner eine Chance war und ob sie das Gleichgewicht der Stadt beeinflusst hat. Wenn nach 40 Jahren ein Politiker gegenüber der Zeitung äußert: „Bad Salzuflen ist nicht so eng zusammengewachsen wie andere Städte nach der Gemeindereform,“ dann zeigt dies, dass hier noch nicht alles „im Lot“ ist. Die Äußerung aus Lockhausen unterstreicht die Meinung vieler Bürger, die in erster Linie Bürger eines Ortsteils „und dann Salzufler“ sind . 699 Worin können die Ursachen für ein fehlendes gesamtstädtisches Bewusstsein liegen? Der Altbürgermeister und Journalist Kurt Dröge beurteilte die Gebietsreform nach 30 Jahren wie folgt: „Am 1. Januar 1969 wird das neue Bad Salzuflen ‚geboren’... mit 47.901 Einwohnern... Die Industriestädter aus Schötmar, die Dörfler aus den Randbereichen werden zu Badestädtern. Gefragt wurden sie nicht... Es ist ein Landesgesetz, das am 5.November 1968 beschlossen wurde und die Neugliederung... regelt.“ 700 In dem Artikel „Auf Umwegen zur Großgemeinde“ 701 der Lippischen Landeszeitung nach 25 Jahren wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass die letzte Entscheidung damals tatsächlich durch das Land getroffen wurde. Allerdings wurde sie von politischen Mandatsträgern beeinflusst, wie der damalige Alterspräsident des Rates Hermann Fricke im Interview der LZ bekennt. Ebenso waren die Alternativen zur Gebietsreform politisch geprägt, insbesondere der Lösungsvorschlag des Oberkreisdirektors in Lemgo 1966. 702 Dieser wollte eine Aufteilung in drei kleinere Gemeinden 703 durchsetzen, um den Kreis Lemgo zu erhalten, die Stadt Lemgo zu stärken und den Finanzausgleich günstiger zu gestalten. Dabei übersah er allerdings die sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und städtebaulichen Verflechtungen zwischen diesen drei Bereichen. In der „Ratssitzung vom 20.02.1967“ wurden alle drei Vorschläge erörtert. Für den Beschluss war jedoch die Äußerung des Gutachters Rudolf Hartog entscheidend: 704 699 LZ 6./7.02.2010 S. 16 Geäußert vom Vorsitzenden Michael Meier des Ortsausschusses Lockhausen, gleichzeitig Ratsherr und SPD Stadtverbandsvorsitzender gegenüber der Lippischen Landes-Zeitung (LZ). 700 Dröge, Kurt Chronik in: Meyer, F. 2007 S. 429 701 LZ Nr. 266 vom 16./17.11.1994 Red. Dirk Haunhorst 702 Der Innenminister des Landes NRW hatte mit Erlass vom 27.09.1999 die OKD aufgefordert, Vorstellungen zur kommunalen Neugliederung zu berichten. Am 11.01.1967 referierte der OKD im Rat. Brand, F. 1996 S. 35 703 Mittelgroße Lösung mit Bereich 1: Bad Salzuflen/Wüsten/Welsdorf (19.681 EW) 2: Schötmar/Ehrsen- Breden/Retzen/Grastrup-Hölsen/Holzhausen (16.433 EW) 3: Werl-Aspe/Wülfer-Bexten/Biemsen- Ahmsen/Lockhausen (10.117 EW) 704 Beschluss des Rates vom 23.02.1967 auf Vorschlag der SPD/FDP in geheimer Abstimmung: „Die Neuordnung der Gemeinde wird bejaht, der Zusammenschluss Bad Salzuflen und Wüsten wird als nicht ausreichend angesehen. Eine sinnvolle Entwicklung des Raumes wird nur im Zusammenschluss der Städte Bad Salzuflen – Schötmar unter Einbeziehung Wüsten und Ehrsen-Breden gesehen. Die Ratsversammlung ist mit einem weiteren Anschluss von Gemeinden einverstanden, soweit dieser Anschluss im überörtlichen Interesse liegt.“ (s. auch Brand, Friedrich 1996 S. 37) 155 „Der Vorschlag des OKD ist eine Lösung von gestern, die Doppelstadt als eine Gemeinde ist die Forderung von heute; die Großgemeinde, die auch das Umland mit einschließt, die Lösung von morgen.“ 705 Dies entsprach der landes-raumordnerischen Vorgabe zur Gebietsreform. 706 Die Befürworter 707 sahen hierin die größte Entwicklungschance vor allem gegenüber den benachbarten Räumen Bielefeld und Herford. Politisch wurde jedoch noch taktiert, indem die große Lösung mit dem Zusammenschluss aller drei Bereiche im Antrag an das Land nicht mit aufgenommen wurde. Beantragt wurde nur die mittelgroße Lösung, bei der Bad Salzuflen und Schötmar eine Stadt bildeten. Allerdings wurde in einem gemeinsamen Antrag unter Punkt 4 die „nebulöse Formulierung“ eingebracht: „Die Ratsversammlung ist mit einem weiteren Anschluss von Gemeinden einverstanden, soweit dieser Anschluss im überörtlichen Interesse liegt.“ 708 Die Landesregierung übernahm diesen Beschluss in ihrem Gesetzesentwurf im April 1967 mit der Ausweisung der Stadt Salzuflen/Schötmar und Großgemeinde Knetterheide. Danach gab es in den Ratsgremien Diskussionen über den Zusammenschluss mit Knetterheide, den der Rat von Salzuflen jedoch ablehnte. Als ein Anhörungstermin mit dem Landtagspräsidenten am 03.08.1968 keine Einigung brachte, wurde die Entscheidung in die Kompetenz der Landesregierung gelegt. Diese ordnete den Gesamtzusammenschluss aller drei Bereiche an, da sie darin die allergrößten Entwicklungschancen für Bad Salzuflen sah. 709 Schon in der ersten Ratssitzung am 23. März 1969 kam die erste Hürde. Von den ursprünglich 174 Ratsmitgliedern aus allen Orten konnten nur 41 neue Ratsmitglieder der Großgemeinde werden. Es gab nur noch einen Bürgermeister und einen Stadtdirektor. Dadurch verloren einige Politiker und Amtsträger ihr Ansehen. Obwohl die Interessen bei den kommunalen Akteuren nicht immer konform verliefen, meinte Altbürgermeister Kurt Dröge damals bemerkt zu haben „wie schnell sich die einstigen Befürworter anderer Lösungen nun für das ‚neue große Salzuflen’ einsetzen.“ 710 Ein viel versprechender Satz in der ersten Ratssitzung wird auch heute noch gerne zitiert: „Gemeinsam sind wir stark. Wir bauen eine neue Stadt.“ 711 Die Entstehung der Großgemeinde wurde etwas intensiver erörtert, da hier die Ursache für das immer noch fehlende Wir-Gefühl in Bad Salzuflen zu finden ist. Für ein schnelles Zusammenwachsen war sicherlich hinderlich, dass damals die Beschlüsse zur Gebietsreform nicht einstimmig gefasst wurden. Eine Bürgerbeteiligung gab es zu der Zeit nicht, die sicherlich eine größere Akzeptanz herbeigeführt hätte. Noch heute sind die unterschiedlichen Interessen spürbar. Dies spiegelt sich in folgenden Bereichen wieder: 705 Brand, F. 1996 S. 35 Dr. Rudolf Hartog stellte sein Gutachten am 20.02.1967 dem Stadtparlament vor. 706 Landesentwicklungsprogramm NRW vom 16.02.1965: Bad Salzuflen und Schötmar als gemeinsamer zentraler Ort mit 20-50.000 EW ausgewiesen (Empfehlung der Sachverständigenkommission); Grundtyp B ab 30.000 EW entspricht heutigem Mittelzentrum 707 Ein Ratsherr sagte in der Sitzung: „Im Hinblick auf das Jahr 2000 müsse der Rat nun auf zwei Pferden reiten, d.h. auch die Entwicklung für industrielle Entwicklung offen halten.“ 708 LZ 266 vom 16./17.11.1994 709 Durch Landesgesetz vom 5.11.1968 wurde Bad Salzuflen zur Großgemeinde mit den beiden Stadtkernen Alt Salzuflen und Schötmar und den Ortsteilen Biemsen-Ahmsen, Ehrsen-Breden, Grastrup-Hölsen, Holzhausen, Lockhausen, Papenhausen, Retzen, Werl-Aspe (Knetterheide) Wülfer-Bexten, Wüsten. 710 Dröge, Kurt Chronik in: Meyer, F. 2007 S. 432 711 vgl. Brand, Friedrich 1996 S. 55 und LZ 16./17.11.1994 S. 57 Interview mit eh. StDir Dr. Hendrix 156 Einmal wurden Gemeinden mit Eigenständigkeit, 712 unterschiedlicher Geschichte und guter Aufbauleistung in der Nachkriegszeit zusammengeführt. Zum anderen gab es nicht nur mit Bad Salzuflen soziale und wirtschaftliche Kooperationen, sondern auch über die lippische Kreisgrenze hinaus mit Bielefeld (OT Lockhausen) und Herford (OT Biemsen-Ahmsen). Die Gebietsreform sollte das Leistungs- und Versorgungsgefälle zwischen kleineren und größeren Gemeinden aufheben zugunsten einer Chancengleichheit für den ländlichen Raum. In der Realität ringen die Ortsteile immer wieder um Berücksichtigung bei Investitionen. Ein gesamtstädtisches Wir-Gefühl würde den Gedanken einer Benachteiligung mindern. Multiplikatoren eines Wir-Gefühls sind Vereine. Die Schützen von Salzuflen und Schötmar pflegen noch immer ihre unterschiedlichen Uniformen und Feste. Noch gravierender ist der fehlende Zusammenschluss des Einzelhandels. Der Bürgerverein Schötmar und die Werbegemeinschaft Bad Salzuflen konkurrieren heute noch miteinander. Die Delegierten beim Lippischen Einzelhandelverband haben nicht die Funktion eines Dachverbandes. Ihnen ist es seit der Gebietsreform nicht gelungen, die Interessen beider Vereine zusammen zu führen. Das Thema Stadtmarketing verdeutlicht dies. Ein gemeinsamer Einzelhandelsverein würde die Diskussion über die Stadtmitte der Großgemeinde Bad Salzuflen vereinfachen. Antwort auf die Fragestellungen: Die Gebietsreform wurde von den politischen Akteuren auf kommunaler und Landesebene durchgesetzt. Jedoch haben Planer, Sachverständigenkommission und Raumordnung die Entscheidungen gravierend mit beeinflusst. Die Bürger wurden dazu nicht gehört. Der Gleichgewichtsaspekt spielte dabei mehr im überregionalen, raumordnerischen Sinne (zentrale Orte) eine Rolle, weniger bezogen auf die Stadtmitte der neuen Großgemeinde. Dieser Aspekt ist aber unterschwellig in der Überlegung der Landesregierung zur Entwicklungschance der neuen Stadt Bad Salzuflen zu finden. Die Nutzung der Chance lag damit bei den neuen Akteuren, die aufgefordert waren, „eine neue Stadt zu bauen.“ Die planerische Grundlage für diese neue Stadt war damals durch das Gutachten und die ‚Planung für das neue Bad Salzuflen’ von Rudolf Hartog gegeben, der realistisch und zukunftsorientiert die unterschiedlichen Bewertungen für die Stadtkerne von Schötmar und Alt Salzuflen vornahm und einen zwar nicht in allen Punkten umsetzbaren, jedoch nützlichen Hinweis auf eine ‚Neue Mitte’ als verbindendes Glied gab. Die Akteure von Schötmar, geprägt von örtlichen Vertretern, die Fachgutachter und Verwaltung überstimmen. Bei den Akteuren von Schötmar wird der Frage nachgegangen, ob sie ihrer neuen Rolle als Stadtteil von Bad Salzuflen seit der Gebietsreform gerecht wurden, ob sie diese als Chance genutzt haben und ob sie zum Gleichgewicht der Gesamtstadt beitrugen? Der gute Vorsatz „Wir bauen eine neue Stadt“ auf der Grundlage der städtebaulichen Vorgaben des Planers Hartog wurde nach der Gebietsreform vom „Kirchturmdenken“ in Schötmar und deren umliegenden Ortsteilen durchbrochen. Denn nachdem in Alt Salzuflen mit der Planung zur Gebietsreform über eine Fußgängerzone im Rahmen der Sanierung diskutiert wurde, wurde 1971 auch in Schötmar die Hauptgeschäftsstraße Begastrasse „als Fußgängerzone ins Gespräch gebracht... mit einer Fußgängerunterführung unter der 712 Die Eigenständigkeit in den Ortsteilen ist notwendig, um ein gesamtstädtisches, regionales Zusammenwirken zu ermöglichen. Sie darf jedoch die Identifikation mit der Gesamtstadt nicht beeinträchtigen. 157 Bahnlinie“ zur Krummen Weide. 713 Der Entwurf für diese Geschäftsstraße mit Marktplatz im B-Plan ‚Begastraße Schötmar’ aus dem Jahre 1972 konnte jedoch nicht realisiert werden, da für eine Fußgängerzone als Voraussetzung die Umwidmung der Landestraße zur Gemeindestraße und die Realisierung der entlastenden Verkehrstrassen 714 nach dem Generalverkehrsplan fehlten. 715 Danach sollte im Gegensatz zu Salzuflen nach den Vorstellungen des Einzelhandels, vertreten durch den Bürgerverein Schötmar, ein autofreundliches Zentrum entstehen. Dies realisierte sich erst in den 1980/90er Jahren. Der Marktplatz, die Begastrasse und über die Bahn die Krumme Weide bis zum Tivoliplatz wurden nach Umwidmung zur Gemeindestraße als verkehrsberuhigte Geschäftsstraße mit Kurzzeitparkplätzen ausgebaut. Die umliegenden Parkplätze bieten weiterhin ausreichend Stellplätze und sind fußläufig gut erreichbar. Mit einer Länge von ca. 750 m dieser ‚Geschäftsmeile’ verlor die ursprüngliche Mitte um den Marktplatz mit Rathaus, Schloss, Kirchplatz und Grundschule ihre zentrale Bedeutung. 716 Parallel zu dieser Entwicklung setzten sich die Akteure von Schötmar dafür ein, dass sich in ca. 350 m Entfernung vom Marktplatz Ecke Schlossstrasse/Alter Teich eine Kaufhalle ansiedelte, in der heute ein großflächiger HIT-Markt ist. In ca. 600 m Entfernung vom Ende der Krummen Weide/Tivoli entfernt, siedelte sich ein SB-Warenhaus mit Baumarkt in der Otto-Hahn-Straße an. Dadurch erweiterte sich die ‚Geschäftsmeile von Schötmar’ auf eine Länge von ca. 1.700 m. Trotz Linienbusse und Fahrradfreundlichkeit ist hier das Auto für die Erreichbarkeit am meisten gefragt. 717 Die Länge dieser ‚Geschäftsmeile’ und die Ansiedlung so genannter Einkaufsmagneten in nicht integrierter Lage von Schötmar, führte zur dezentralen Entwicklung, zum Verlust der Kaufkraft dieser Geschäftsstraße und zu Leerständen. Das mittig gelegene Kaufhaus Pott schloss in den 1990er Jahren und der Plusmarkt 2005. 718 Ebenso präsentiert sich das ehemalige Kepa-Kaufhaus am Ende der Krummen Weide als Leerstand. Wer setzte die dezentrale Entwicklung in Schötmar durch? 1973 erfolgte der Aufstellungsbeschluss für den B-Plan ‚Am alten Teich’ in Schötmar für ein Kaufhaus in nicht integrierter Lage als typische investorenfreundliche Planung gegen die Verwaltungsmeinung und mit nur einer Mehrheitsstimme. 719 Bemerkenswert ist, dass damals der CDU Sprecher Kurt Dröge als Alternative einen Standort am Bahnhof in integrierter Lage - zwischen Begastraße und Krumme Weide - vorschlug. Trotzdem wurde mit 20:19 Stimmen der Verkauf der städtischen Fläche an die Karstadt AG beschlossen. 720 Die Chance, diesen Beschluss rückgängig zu machen, bestand durchaus: 713 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 436 bis 438 714 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 443 Trasse B und C waren Voraussetzung für ein FZ in Schötmar. 715 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. S. 438 Die Salzufler waren hier wieder im Vorteil, denn durch die teilweise Realisierung der Trassen konnte „die Salzufler Innenstadt... dadurch vom Durchgangsverkehr freige- halten werden.“ B-Plan sollte Zugänglichkeit von der parallelen Vehrlingstraße über die Innenhöfe regeln. S. 437 716 Die Fußgängerzone Lange Straße mit Salzhof in Alt Salzuflen hat nur eine Länge von ca. 350 m. 717 Die Entfernung der Begastraße/Marktplatz zum Salzhof/Marktplatz in Salzuflen beträgt nur 1500 m. Die Entfernung beider Mitten zum Zentrum auf dem eh. Hoffmanngelände betragt nur ca. 500 m. 718 Ein neuer Nahversorger (Netto) wurde in Schötmar im August 2011 eröffnet. 719 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 438 720 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 439 Der dortige zentrale Festplatz für die Schützen und Bürger von Schötmar verlagerte sich später auf die Königsmasch. 158 Als 1974 die Karstadt AG wegen „veränderter Markt- und Wettbewerbssituation“ und durch eine zweite Planung in Schötmar in nicht integrierter Lage „an der Otto Hahn Straße für einen SB-Markt“ in der Nähe zur geplanten Trasse C - für die angeblich nach Aussage des Verkehrsplaners Schubert schon Landesmittel z.V. standen. – absagte, 721 hätte nochmals die Chance bestanden, von dieser Planung Abstand zu nehmen. Eine weitere Chance bestand, nachdem 1974 für Schötmar ein städtebauliches Gutachten beschlossen wurde, in dem Vorschläge für den Kernbereich zwischen Alter Teich und Tivoli erarbeitet wurden. Deren Ergebnisse wurden im Oktober 1975 im Rat vorgestellt. Die im Preisgericht geäußerte Kritik des Baudezernenten zur Kaufhausansiedlung am Alten Teich, fand dabei keine Berücksichtigung. 722 Als 1975 die Firma Kaufhalle als neuer Erwerber auftrat, begann eine erneute Diskussion über die Kaufhausplanung am Alten Teich: „Der Antrag löst heftige Diskussionen aus. Vor allem der Einzelhandel spricht sich gegen das Projekt aus.“ 723 Jedoch auch diese erneute Kritik wurde vom Rat nicht gehört, der 1976 den Verkauf des Alte Teich Platzes in Schötmar an die Firma Kaufhalle“ mit 24 zu 22 Stimmen beschloss. 724 Das Zustandekommen einer Mehrheit für diesen Beschluss lag vermutlich in der Politik, die von den Kaufinteressenten überzeugt wurden. Die weitere Ansiedlung des SB-Warenhauses mit Baumarkt von Marktkauf an der Otto-Hahn- Straße in nicht integrierter Lage ist ebenso auf Grund politischer Initiative und Interesse des Betreibers entstanden. Städtebauliche Gründe standen hierfür nicht im Vordergrund. Die Umsiedlung des SB-Warenhauses auf das ehemalige Hoffmanngelände auf Initiative der Verwaltung und eines privaten Investors in den 1990er Jahren wurde bereits ausführlich im Fallbeispiel ‚Neue Hoffmann’s Stärke’ erörtert und ist als städtebauliche Korrektur zu werten. Zum Schluss ist noch die rasante Entwicklung in den umliegenden Ortsteilen als weiterer Einflussfaktor für Schötmars Mitte zu nennen. Die örtlichen politischen Interessenvertreter setzten das Wachstum ihrer Ortsteile durch. Mit großzügiger Wohnflächenausweisung und der Ansiedlung eigener Nahversorger wurden Werl-Aspe-Knetterheide, Ehrsen-Breden und Holzhausen eigenständige Stadtteile, die heute dem Einzugsbereich Schötmar fehlen. 725 Antwort auf die Fragestellungen Die Akteure von Schötmar wie auch die politischen Vertreter im Gesamtrat wurden der Rolle ‚Schötmar als Stadtteil von Bad Salzuflen’ nicht gerecht. Das Ortsteildenken stand und steht heute noch im Vordergrund. Durch Politik, Einzelhandel und Bürgerschaft wurde die Chance, nach der Gebietsreform in Schötmar ein zu Alt Salzuflen ergänzendes Stadtteilzentrum zu entwickeln, nicht genutzt. Ursache ist ein historisch verankertes Konkurrenzdenken, das sich in den Vereinen (Bürgerverein, Schützen) und Stadtentwicklung Schötmars widerspiegelt. 726 Eine behutsame Ausweitung des Kerngebietes von Schötmar und die Entwicklung zu einem attraktiven Stadtteilzentrum hätte die Stadtmitte von Alt Salzuflen ergänzt und keine Konkurrenz bedeutet. Ohne Bipolarität wäre die Stadtmitte Alt Salzuflen als Stadtmitte für die Gesamtstadt nicht in Frage gestellt und das Stadt-Wir-Gefühl unterstützt worden. 721 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 439/440 722 s. Kap. 3.3.1 ‚Planungen zum Stadtkern Schötmar’ Baudezernent war Klaus Matzdorf. 723 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 442 724 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 444 725 Gespräche mit der Politik vor Ort, insbesondere aus Knetterheide-Werl-Aspe bestätigen diese Einschätzung. 726 „Schötmars Zeit wird wieder kommen“ meint Vors. Joachim Licht in einem Interview LZ 73/27.28.03.2010. 159 Die Akteure von Alt Salzuflen geprägt von fachlichen Planungen und kurortbewussten Akteuren In Alt Salzuflen steuerte zunächst das Salz und später bis heute der Kurort die Entwicklung, die von den örtlichen Akteuren nie in Frage gestellt wurde. Die Forderungen des Deutschen Heilbäderverbandes für einen Kurort wurden durch „aufgelockerte Bebauung, eingebettet in gärtnerische und natürliche Bepflanzung“ erfüllt. 727 Die Erweiterung der Stadt um den historischen Stadtkern besteht aus Stadtquartieren, die sich harmonisch anfügen. Neue Bewohner von außen ziehen bewusst in diese Kurstadt und integrieren sich reibungslos. Alle sind bestrebt, dass sich Kurgäste und Besucher in der Stadt wohl fühlen. Die Bedeutung Bad Salzuflen als Kurort wird von keinem Bürger der Gesamtstadt in Frage gestellt. Verwaltung und Politik waren schon früh bestrebt, Salzuflen weiter zu entwickeln. Bei der Aufstellung des B-Planes für den Salzhof 1969, war „man sich darin einig, dass diese Maßnahmen das Gesicht der Stadt entscheidend verändern werden.“ 1977 beantragte die CDU „Vorschläge für die Gestaltung des Salzhofs zu erarbeiten.“ Auf der Grundlage des ‚Ideenwettbewerbs Salzhof’ wurde die Neugestaltung 1987 fertig gestellt. 728 Ähnlich unstrittig und reibungslos liefen die weiteren Planungen und Maßnahmen im Rahmen der Sanierung. Kontroverse Meinungen über den Verkehr, Stadtbus, Wiederaufbau des Gradierwerks, Abriss des Baudenkmals ‚Weiße Schule’ oder eine Salzhofbebauung wurden ausdiskutiert und schadeten keineswegs der Stadtentwicklung. Antwort auf die Fragestellung Gerade die Diskussionen um Planungsziele in Alt Salzuflen zeigen deren Wichtigkeit für eine Akzeptanz. Während zur Gebietsreform die Stadtentwicklung hauptsächlich durch Fachleute und beschließende Politik bestimmt wurde, so beeinflussen heute Interessenvertretungen, Vereine, Bürger etc. die Weiterentwicklung der Stadt mit. Bei den Beteiligungsverfahren zum Masterplan Innenstadt und dessen Fachgutachten waren Teilnehmer aus unterschiedlichen Akteursgruppierungen beteiligt, die zum Konsens der Planungsziele entscheidend beitrugen. Die (ehrenamtlichen) Akteure in den Ortsteilen Erst seit 1979 sieht die Hauptsatzung die Bildung von Ortsausschüssen vor. Darüber hinaus wurde in der Haushaltsplandebatte 1985 vorgeschlagen: „dass nach den großen Investitionen im Stadtkern Salzuflens nun in verstärktem Maße Schötmar und die anderen Ortsteile in ihrer Entwicklung gefördert werden sollen. Es sei nötig, Dorfmittelpunkte mit Begegnungsstätten zu schaffen. Dazu müsse ein Ziel- und Maßnahmenkatalog erarbeitet werden.“ 729 Die Feststellung, dass sich der Bürger mehr mit dem Ortsteil als mit der Gesamtstadt identifiziert, ist differenziert zu betrachten. In einem Interview bezeichnet der Ortsvorsteher aus Wüsten seinen Ort als ‚Vorort von Bad Salzuflen.’ Er stellt mit folgender Äußerung allerdings auch die Eigenständigkeit dieses Stadtteils in den Vordergrund: 727 Dr.S. 6/2011 vom 25.01.2011 Sondergebiete Kur S. 2 aus: D. Heilbäder- u. Tourismusverband e.V. 2005 728 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 434, 445 u. 448 729 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 456 Den Antrag stellte Werner Kanne als Sprecher der SPD. Daraufhin sah das „Investitionsprogramm... bis 1990 jährlich einen Betrag von 450.000 DM für die Errichtung von Dorfmittelpunkten vor.“ Dröge in Meyer, F. S. 458 Auch Salzuflen u. Schötmar haben einen Ortsausschuss. 160 „Seit der Eingemeindung 1969 hat es der Ort (mit ca. 4000 EW) geschafft, sich als attraktiver Wohnort zu profilieren. Ärzte, Lebensmittelläden, Apotheker, Friseur und Handwerker sind im Zentrum zu finden. Dazu kommen zwei Kindergärten, Grundschule, Vereinsheim und Bürgerhaus, Gaststätten und natürlich das Stift zu Wüsten“ ein beliebtes Seniorenheim. „Es ist aber nicht allein die schöne Lage (sanfte Hügellandschaft am Vierenberg) und die Infrastruktur, die für Wüsten sprechen. Im Kulturring bündeln die 17 Wüstener Vereine ihre Arbeit... man kennt sich, kommt ins Gespräch, das Miteinander klappt... Die Wüstener haben Herz und helfen einander,“ ist Hartmut Sievert überzeugt. 730 Wie in Wüsten, so steht auch in den anderen Ortsteilen ‚das Miteinander’ im Vordergrund. Dies wird durch die örtlichen Vereine unterstützt und aufgrund fehlender Ortsmittelpunkte in Dorfgemeinschaftshäusern, Schulen, Sportplätzen und anderen Einrichtungen praktiziert. „Das Vereinsleben ist – auch dank der Einrichtung von Gemeinschaftshäusern – besonders in den dörflichen Ortsteilen noch sehr ausgeprägt; im städtischen Bereich hat es dagegen deutlich an Bedeutung verloren. Nur durch Zusammenschlüsse, wie bei den Männerchören Schötmar und Salzuflen, oder eine verstärkte Zusammenarbeit, wie bei den Schützengesellschaften Bad Salzuflen und Schötmar, kann ein Fortbestand gesichert werden.“ 731 Das STEK 2020 erwähnt als vorbildliches Beispiel die Dorfgemeinschaft in Wülfer-Bexten: „Vielfältige Ortsteile tragen zur Attraktivität Bad Salzuflens als Wohnort und Lebensmittelpunkt bei... Ein Schlüssel zur Sicherung der Versorgung in Ortsteilen mit geringer Infrastrukturausstattung ist die Eigeninitiative. Nachdem beispielsweise im Ortsteil Wülfer-Bexten die Schule geschlossen werden musste und Läden aufgaben, wurden die Bewohnerinnen und Bewohner selbst tätig. In der ehemaligen Grundschule ist inzwischen ein Treffpunkt mit verschiedenen Funktionen entstanden.“ 732 Dies zeigt, dass Ortsteilkooperationen oft „projektbezogen, zeitlich begrenzt und informell“ sind. 733 Dadurch erhalten Ortsteile wie Werl-Aspe-Knetterheide „LebensQualität... die den Ortsteil ausmacht“ 734 und wie Biemsen-Ahmsen „Selbstbewusstsein“ als „ein starker Teil am Rande von Bad Salzuflen,“ in dem „jeder jeden kennt.“ 735 Kurt Dröge beantwortet die Frage nach dem ‚Wir-Gefühl’ in der Schlussbemerkung seiner Chronik mit Blick auf die nächsten Generationen mit Zuversicht: „Ist das Zusammenwachsen der Ortsteile zu einer neuen Stadt gelungen?“ und „Fühlen und bezeichnen sich die Bürger als Salzufler oder sind sie noch, wie vor 30 Jahren, Schötmaraner, Ehrser, Wüstener oder Lockhauser? – Diese Fragen lassen sich noch nicht eindeutig beantworten. Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist zweifellos im Wachsen begriffen, das Ortsteildenken ist jedoch nach wie vor sehr stark ausgeprägt. Die Bildung der Ortsausschüsse und die rege Bautätigkeit in den früheren Dörfern, die günstiges Bauland anbieten, haben hierzu beigetragen. Die nächste Generation der Salzufler wird aber, da bin ich zuversichtlich, ein stärkeres ‚Wir-Gefühl’ aufweisen.“ 736 730 LZ 49 vom 27./28.02.2010 Interview mit Vors. Hartmut Sievert (CDU Ratsherr) 731 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 476 732 STEK 2020 S. 110 Der Bürgerverein Wülfer-Bexten e.V. war 2009 Bundessieger im Wettbewerb ‚Generationen-Dialog in der Praxis’ 733 Altrock, Uwe in: Bodenschatz 2005 S. 389-390 ‚Partnerschaften und Koalitionen’ 734 LZ 78/2.04.2010 Interview mit Vors. Sigrid John (SPD Ratsfrau) 735 LZ 83/10.11.04.2010 Interview mit Vors. Elfriede Stüwe-Kobusch (CDU Ratsfrau u. stellv. BM’in) 736 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 478 Gemeindliches Verantwortungsgefühl beginnt in der Jugend. 161 Akteure der Bürgerinitiativen Die Stadtentwicklung von Bad Salzuflen erhielt durch viele Akteursgruppierungen seit der Gebietsreform Impulse, wie z.B. durch die Werbegemeinschaft, den Bürgerverein, den Heimat- und Verschönerungsverein oder die Bürgerinitiativen im Rahmen der HSK. Zu nennen sind hier die Sportvereine, die sich gegen eine Kostenbeteiligung an den Sportanlagen wehrten, und die Bürgerinitiative, die gegen die Schließung der Kleinschwimmhalle im Ortsteil Werl-Aspe ein Bürgerbegehren bewirkte: „Die Finanznot treffe insbesondere die Bedürftigen der Stadt. Bund und Land muss Kommunen ausreichend finanziell ausstatten. Dagegen muss Protest organisiert werden. z.B. durch Demonstration in der Ratssitzung am 15.12.2010.“ 737 Weitere Bürgerbegehren wurden schon erwähnt, wie 1994 gegen den Stadtbus, 2004-07 für den Wiederaufbau des Gradierwerkes oder 2009 zur Gesamtschule. Auch die Initiative gegen den Abbruch der Weißen (heute Gelben) Schule, in der 1994 ein multikulturelles Zentrum entstand, wird hier noch einmal in Erinnerung gerufen. Darüber hinaus gibt es Beispiele bürgernaher Planungen, wie „ein ‚Runder Tisch zum Wohnungsbau in Bad Salzuflen’ ... In Arbeitskreisen werden ökologische und soziale Aspekte für den künftigen Wohnungsbau erörtert“ und 1997 „Richtlinien für einen... Architekten- Wettbewerb zur Südfeld-Bebauung“ erarbeitet. 738 Weiterhin ging aus dem Arbeitskreis ‚Innenstadt 2010’ ebenfalls ein Wettbewerb für die Umgestaltung des Salzhofes hervor, über den schon in den Kapiteln ‚Aktive Innenstadt’ und ‚Salzhof’ berichtet wurde. Heute sind „die kritischen Akteure der Fachöffentlichkeit und dem Spektrum von kritischen Bewegungen zuzurechnen.“ 739 Die Stadt Bad Salzuflen reagierte auf die Zunahme des bürgerschaftlichen Engagements bei öffentlichen und privaten Maßnahmen 1996 wie folgt: „Vom Rat begrüßt wird in der Sitzung vom 20.03.1996 eine Initiative der Verwaltung, die in einer Vorlage (‚Von der Behörde zum Dienstleistungsunternehmen’) Maßnahmen ankündigt, das ‚Behördendenken bei Bürgern und Mitarbeitern’ abzubauen. Als Ziel wird ein ‚kundenorientiertes Unternehmen Stadt’ genannt. Eine Lenkungsgruppe, gebildet von Rat, Verwaltung u. Personal, soll die zu ergreifenden Maßnahmen koordinieren u. begleiten.“ 740 Weiterhin steht im Haushalt 2011 abgeleitet aus dem Leitbild 2000 als Leitsatz für die Politik, Verwaltung und den Bürger im Produktbereich Integration und soziale Dienste: „Unsere Stadt ist für alle Einwohnerinnen und Einwohner ein lebens- und liebenswerter Wohn-, Freizeit- und Arbeitsort.“ Bemerkungen zu den privaten Akteuren Private Akteure und Investoren haben in Bad Salzuflen ebenso viel bewegt. Dies haben insbesondere die Beispiele Erschließung des Hoffmanngelände, Bau der Ostertor Galerie, Entwicklung eines überregionalen Messezentrum, die Privatisierung des Salinenpark, des VitaSol, der Kliniken u.a.m. gezeigt. Daneben gibt es zahlreiche Eigentümer, die viel Geld in 737 LZ 278 vom 29.11.2010 738 Dröge, Kurt Chronik in: Meyer, F. 2007 S. 471 u. 473 739 Altrock, Uwe in: Bodenschatz 2005 S. 384 Bürgerinitiativen sind heute ‚Partnerschaften und Koalitionen’ 740 Dröge, Kurt Chronik in: Meyer, F. 2007 S. 471 Seit 1998 gibt es die Einrichtung einer Bürgerberatung mit besonderer Telefonnummer. Dröge in Meyer, F. S. 474 162 private Objekte im innerstädtischen Bereich investiert haben. Dabei ist auch in Bad Salzuflen festzustellen, dass öffentliche Maßnahmen viele private Investitionen nach sich ziehen und dass „privaten Investitionen Raum gegeben wurde, ohne gesamtstädtische Leitlinien und Ziele aufzugeben.“ 741 Resümee Die Vernetzung von öffentlichen und privaten Aktivitäten fördert den Stadtumbauprozess und die Weiterentwicklung einer Stadt. Durch öffentliche Investitionen ist durchaus manches zu bewirken, aber im Wesentlichen kommt es darauf an, die Bürger einzubinden und zum Engagement zu motivieren. Dazu ist ein kommunikatives Netzwerk notwendig, um Prozesse auszulösen, die zur Identifikation mit der Stadt und deren Mitte beitragen. Die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements aller Generationen gewinnt immer mehr an Bedeutung. Gerade Diskussionen um Planungsziele führen zur Akzeptanz und helfen, das Gleichgewicht, die Balance einer Gesamtstadt zu erhalten, korrigieren bzw. wiederherzustellen. Gemeint ist hierbei nicht nur das städtebauliche sondern auch das gesellschaftliche und wirtschaftliche Gleichgewicht. Sowohl das Konkurrenzdenken in Schötmar als auch die Zersiedlung in den Ortsteilen haben zum Ungleichgewicht der Stadtentwicklung beigetragen. Dies kann nun auf der Grundlage der aktuellen Planungen zur Innenstadt und dem STEK 2020 korrigiert werden. Die Diskussionen um die Leitbilder beim Prozess Agenda 21 und die Planungsziele beim Masterplan Innenstadt und STEK 2020 zeigen, wie wichtig es ist, mit einer Vielzahl von Bürgern und bürgerschaftlichen Zusammenschlüssen zu diskutieren. Die eigenen Erfahrungen verdeutlichen aber auch, wie schwierig es für Verwaltung und Politik ist, diese an einen Tisch zu bekommen. Erst wenn eine persönliche Betroffenheit festgestellt oder wenn der Bagger kommt – wie im Beispiel Stuttgart 21 – werden die Bürger mobil. Diese Betroffenheit ist in der Regel in der Umgebung des Wohnortes oder Arbeitsplatzes größer. Die Auswirkungen von Veränderungen in der Stadtmitte für die Gesamtstadt werden dabei oft übersehen. Die Programme der City Offensive ‚Ab in die Mitte’ in Bad Salzuflen versuchten in den Jahren 2006 bis 2008 das ‚Wir Gefühl’ zu stärken. Dies ist ansatzweise und temporär für den Zeitraum der Projekte gelungen, wie im Kapitel zur ‚City Offensive’ noch dargestellt wird. Zu den Erfahrungen in Bad Salzuflen ist abschließend zu bemerken, dass zur Grundlage eines ‚Wir-Gefühls zur Gesamtstadt’ Vertrauen gehört, das frei von Konkurrenz und Neid ist. Demnach ist das Zusammenwachsen noch nicht vollendet. Die Diskussion zur Gebietsreform zeigt, dass der bürgerschaftliche Zusammenhalt vor der Gebietsreform noch ausgeprägter war. Der gesellschaftliche Zusammenschluss von unterschiedlichen Entwicklungen, Menschen und Kulturen braucht seine Zeit, nachdem sie Jahrhunderte nicht zusammengehörten. Die Zusammensetzung des Rates aus Mitgliedern mit selbstbewusstem Ortsteildenken und mit wechselnden Mehrheiten im Stadtrat sind nicht unbedingt förderlich für das ‚Wir Gefühl.’ Die Beispiele der Akteure können nur einen Ausschnitt darstellen, um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen. Weitergehende Untersuchungen über die Akteure einer Stadt und deren Beeinflussung einer Stadtentwicklung wäre eine gesonderte Untersuchung wert. 742 741 Altrock/Huning 2006 in: Planung neu denken Bd. 1 S. 416 742 Der Wechsel politischer Mehrheiten in Bad Salzuflen wäre eine gesonderte Untersuchung wert. Der Kampf um regionale Interessen und die Auswirkungen wechselnder Mehrheiten stehen bundesweit täglich in der Presse. 163 5.4 Gegenüberstellung der Entwicklungsaspekte ENTWICKLUNGSASPEKTE BAD SALZUFLEN Zeitachse Gesetz Stadtentwicklung Planung 743 Akteure ab 1920 Fluchtlinien BauO Stadterweiterung Industrialisierung Bäderentwicklung Wohnungsbau Gesamtbebauungsplan 1924 Generalbebauungsplan 1929 Industriegesellschaft Bädergesellschaft Bevölkerungszunahme ab 1945 Kriegsende AufbauG 1960 BBauG Wiederaufbau Stadterweiterung neue Baugebiete verkehrsrechter Stadtumbau, Trennung Wohnen, Arbeit, Freizeit Stadt- und Dorf- Bewohner ab 1969 Gebiets - reform NRW Verstädterung 1971 StBauFG 76/79 Nov. BBauG StBauFG Stadterweiterung neue Baugebiete Innenstadtsanierung Verkehrsberuhigung Planung f. BS, F-Plan, Fachpläne Verkehr u. Landschaft, B-Pläne: Baugebiete, Innenstadt Sanierungsplanung Stadtgesellschaft, externe Fachplaner, neuer Stadtrat, neue Verwaltung, BauO, Planungsausschuss ab 1975 weitere Verstädterung 1975 DSch-J 1981 DSchG 1984 Nov. BBauG 1987 BauGB Stadterweiterung Wo- u. GE-Gebiete, Einzelhandelzentren Funktionsverlust Innenstadt Erhalt-Erneuerung Stadtsanierung Fußgängerzone Erhaltungssatzung Verkehrsberuhigung Wtb. Salzhofumbau Zukunft Staatsbad Umdenken: Verkehr, Bürgerbeteiligung, Erhaltung Baudenkmal und Umwelt (1984 Bd.- Grüne im Rat) Umweltbeauftragter 1988 - 500 Jahr Feier ab 1989 Deutsche Einheit gleichzeitiges Wachsen u. Schrumpfen Erlass Einzelhandel Gesundheits- Reform 87 AG Hist. Stadtkerne ‚Agenda 21’ gleichzeitige Sub- u. Reurbanisierung, Neubau/Schließung Produktionsstätten, Wohnungsbau und dezentraler Einzelhandel Struktur Einzelhandel STEP 2000 F-Plan- Überarbeitung u. VEP (Stadtbus) 1994 Kurentwicklung 2000 Expo-Projekt „Reg. Heilgarten 2000“ Hoffmanngelände Verkehrsausschuss Runder Tisch Wohnen B(ürgerbegehren).f.BS (gegen Stadtbus), Kur- Bevölkerungsrückgang, Zuwanderung Bürger-Beteiligungen ab 2000 Jh.-Wende Stagnation u. Schrumpfung Expo 2000 Regionale NRW 2008 Aktive Zentren Nov. BauGB Stagnation in: Innenstädten Baugebieten Einzelhandel Leerstände Rückgang der Bautätigkeit Hoffmanngelände komm. u. regionales Einzelhandelsgutacht. Marketingkonzeption Wtb. Salzhof , M-Plan ‚Aktive Innenstadt’ STEK 2020-VEP-F-Pl. Stadtmarketing mbsc AK „Innenstadt 2010“ versch. Bürgerbegehren Planungsworkshops zu Planungsprozessen Überalterung+Rückgang Bevölkerung Abb. 133 Tabellarische Gegenüberstellung der ‚Entwicklungsaspekte Bad Salzuflen’ (KS) Die Auflistung der Entwicklungsaspekte in Zeitabschnitte verdeutlicht die Veränderungen der Stadtentwicklung. Die Industrialisierung und Bäderentwicklung seit dem 19. Jh. führten in Bad Salzuflen mit der regen Bautätigkeit zum Wachsen der Stadt außerhalb der Stadtmauern. Um diese Veränderungen besser steuern zu können, forderte der kommunale Fachmann Ernst Buhr eine städtebauliche Planung, die bis zum 2. Weltkrieg die Stadtentwicklung beeinflusste. Nach Kriegsende erfolgten der Wiederaufbau und ein Bauboom. Hierfür fehlten steuernde Planungen und Gesetzgebung insbesondere für die umliegenden Ortschaften, die heute von einer starken Zersiedlung geprägt sind. Erst seit 1960 waren verbindliche Bauleitpläne durch das BBauG vorgeschrieben und seit 1987 ein flächensparendes Bauen gefordert. 743 Aufführung von Planungen, die für die Innenstadtentwicklung relevant sind. 164 Eine weitere gravierende Veränderung war die Gebietsreform 1969, da durch sie sich die Stadt weiter ausdehnte und zu den Kurbetrieben gewerbliche Betriebe und später die Messe hinzukamen. Nach BBauG war ein neuer F-Plan notwendig, in dem Entwicklungsziele für die Gesamtstadt – unterstützt durch die Fachpläne Verkehr und Landschaft – erarbeitet wurden. Die neue Gewerbestruktur hatte die Gesellschaftsstrukturen in Bad Salzuflen verändert. Die Zuwanderung während und nach dem Krieg, die Grenzöffnungen in Europa und die Deutsche Einheit verstärkten dies noch. Seitdem gibt es neben dem gebürtigen Salzufler vermehrt den Neubürger. Die Stadtflucht und preisgünstigen Baugrundstücke 744 beschleunigten das Wachsen der eingemeindeten Ortsteile. Auch hier mischte sich zu den Ortsteilbewohnern der Neubürger. Dies wiederum führte zum Verlust der Identifikation der Bürger mit ihrem Ortsteil und der Gesamtstadt. Die Entvölkerung der Stadtmitte(n), die Konkurrenz der beiden Stadtkerne Alt Salzuflen und Schötmar und die Entstehung neuer Zentren für Schulen, Gewerbe, Sportanlagen und Einzelhandel führten zur weiteren Schwächung der Stadtmitte. In den 1970er Jahren förderte die Rückbesinnung auf die historische Stadtmitte die Erhaltung der Bausubstanz und Funktionsvielfalt. Die neue Gesetzgebung und Städtebaufördermittel unterstützten die Stadterneuerung beider Stadtkerne. Hierzu gehören die Verlagerung des zunehmenden Verkehrs aus den Innenstädten, die Umgestaltung von öffentlichen Straßen und Plätzen als Fußgängerzone oder verkehrsberuhigte Bereiche, die Erhaltung und Erneuerung von Grünanlagen, Parks und Baudenkmalen. Es gelang, den Stadtkern von Alt Salzuflen, aber auch von Schötmar nicht nur weitgehend zu erhalten, sondern auch weiter zu entwickeln. Die Veränderungen seit den 1980er Jahren im Einzelhandel und Gewerbe, der Rückgang der Bevölkerung und die Wirtschaftskrisen mit Konkursen, Leerständen etc. sind weitere einschneidende Entwicklungen, die an Bad Salzuflen neue Herausforderungen stellten. Die informellen Entwicklungsplanungen und Fachgutachten ab den 1990er Jahren mit immer intensiverer Bürgerbeteiligung begünstigten hierfür Innovation und gemeinschaftliches Handeln, das durch das finanzielle Engagement privater Akteure unterstützt wurde. Hier wird deutlich, dass die baulich-räumlichen Veränderungen einer Stadt, wie Erweiterung, Erneuerung oder Umbau durch städtebauliche Planung bewusst beeinflusst werden können. Die Bautätigkeit kann mit planerischen Zielsetzungen 745 gesteuert werden, wenn sich diese einmal an die vorhandene Stadt orientieren und zum anderen weitgehend die zukünftigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und städtebaulichen Anforderungen berücksichtigen. Mit der Erarbeitung von Zielvorstellungen allein kann aber noch keine Stadtentwicklung gelingen. Es sind auch Regeln für die Bautätigkeit aufzustellen. D.h. die Zielvorstellungen werden erst wirksam, wenn sie Eingang gefunden haben in den F-Plan und/oder B-Plan. Erst durch die Festlegung von räumlichen Beziehungen entstehen Synergien: „Die Erzeugung räumlicher Synergien ist auf die Funktion (Nutzbarkeit) und Wahrnehmung (Verständlichkeit) von Stadt (und Landschaft) und die damit verbundenen langfristigen sozialen, ökonomischen und ökologischen Auswirkungen gerichtet (Nachhaltigkeit).“ 746 744 Dröge, Kurt Chronik in Meyer, F. 2007 S. 449 Im Jahre 1980 erfolgte im Planungsausschuss der Antrag auf preiswertes Wohnen in den OTen seitens der SPD, „obwohl die Bestimmungen des Gebietsentwicklungsplans keine weitere Bebauung in den Ortsteilen zulassen.“ Nach einem Besuch des Reg. Präs. Walter Stich, dem „vorgetragen wurde, dass in den Ortsteilen ein wachsender Bedarf an Bauland besteht,“ war dies möglich. S. 450 745 Frick, Dieter 2008 S. 88: Zielsetzungen im Sinne „eines Zielsystems für städtebauliches Handeln“ S. 187: Eine Stadt hat aufgrund ihrer Historie „allgemein geltende Konstanten... ihre Missachtung... stiftet Schaden.“ 746 Frick, Dieter 2008 S. 188 165 Die Gegenüberstellung der Entwicklungsaspekte verdeutlicht, dass der historische Stadtkern von Alt Salzuflen hauptsächlich durch planerische Unterstützung das Hauptzentrum für die Gesamtstadt geblieben ist. Gutachten, planerische Festsetzungen und Gesetze verhinderten, dass die bandartige Ausdehnung über das Fachmarktzentrum Hoffmannstraße bis zum Stadtteilzentrum Schötmar diese Entwicklung beeinträchtigte. Die Bedingungen hierfür waren nicht einfach, wie die Strukturuntersuchung im Jahr 1985 zeigt: „Die heutige Stadt Bad Salzuflen ist charakterisiert durch eine heterogene Stadtstruktur, die in der geschichtlichen Entwicklung aus verschiedenen, ehemals eigenständigen Gebietskörperschaften begründet ist... Sie umfasst die historisch gewachsenen Ortskerne Bad Salzuflen und Schötmar sowie die ländlich geprägten dörflichen Siedlungsschwerpunkte der peripheren Stadtteile... – Die städtische Entwicklung Schötmars stand lange Zeit im Schatten des benachbarten Salzuflen (s. Anmerkung)... Die Eröffnung der Bahnlinie im Jahre 1888 brachte für Schötmar den entscheidenden Entwicklungsimpuls zum Industriestandort.“ 747 Neben Gesetzgebung und Fördermitteln waren bei der Stadtentwicklung von Bad Salzuflen meist die Akteure Impulsgeber. Hierbei ist ein Wechsel zwischen privaten Einzelpersonen, Akteursgruppierungen oder öffentlichen Akteuren wie Verwaltung oder Politik festzustellen. Förderlich dabei sind die Beteiligungsverfahren bei den Planungen in Bad Salzuflen, die noch zu optimieren sind. Die aktive Teilnahme bei den Planungsprozessen seit den 1990er Jahren zeigt, dass eine stärkere Beteiligung privater und weniger politischer Akteure wünschenswert ist, es aber andererseits der Politik oft schwer fällt, sich auf die Beschlussdiskussion in den Ratsgremien zu beschränken und bei den Beteiligungsprozessen nur Beobachter zu sein. Trotzdem sind die informellen Planungsprozesse mit Planungswerkstätten, Auftakt- und Abschlussveranstaltungen und die planBAR bei der City Offensive ‚Ab in die Mitte’ und dem STEK 2020 in Bad Salzuflen als bewährte ortsspezifische Beteiligungsverfahren zu werten. Diese wie auch der bundesweit ausstrahlende Disput ‚Stuttgart 21’ macht mehr als deutlich: „Baukultur lebt vom Dialog; und wo dieser ausbleibt, sind Konflikte programmiert.“ 748 Nach dem fairen Gegenüber von Bürgerinitiative, Bahnvorstand und Minister endete die Schlichtung des umstrittenen Projektes mit dem Schiedsspruch: Weiterbau und deutliche Verbesserungen. Dies zeigt die Reformbedürftigkeit der Beteiligungsverfahren: Kommentar zu Stuttgart 21: „Der Fehler der Stuttgarter Schlichtung liegt darin, dass sie zu spät kommt... es wäre gut, wenn ein reformiertes Planungsrecht nicht nur den Einspruch gestattete, sondern auch das Benennen von Alternativen... Ein Ergebnis der Schlichtung könnte in dem Impuls liegen, das Planungsrecht bürgerfreundlich zu reformieren.“ 749 Mit einem besser gesetzlich geregelten Beteiligungsverfahren könnten Demonstrationen und Bürgerbegehren überflüssig werden. Dies Thema ist bei den Handlungsstrategien zu vertiefen. Für Bad Salzuflen ist hierzu festzuhalten, dass für die Motivation einer Planung entweder ein Planerfordernis seitens der Verwaltung gesehen wurde (Generalbebauungsplan, F-Plan- Änderung und Neuaufstellung) oder die Chance von Fördermitteln bestand, um städtebauliche Missstände zu beseitigen (Sanierung der Stadtkerne und des Kurbereiches). Die folgende Aufstellung der Planungsphasen und –anlässe führt zur weiteren Auswertung: 747 Econ-Consult 1985 S. 7 u. 8 Anmerkung: Stadtrecht 1921-69 (1932-33 eine Stadt mit Bad Salzuflen) Bemerkung: Ohne Schötmar hätte Bad Salzuflen heute noch mehr finanzielle Probleme. 748 Kommentar von AK-NRW Vizepräsident Michael Arns im Newsletter AK NRW 27.10.2010 749 LZ 280 vom 01.12.2010 (Die Schlichtung erfolgte durch die Mediation von Heiner Geißler). 166 PLANUNGSPHASEN UND –ANLÄSSE FÜR BAD SALZUFLEN 750 Jahr Planungsphasen Fachplanung, Satzungen 751 Planungsanlass 1924 1. Bebauungsplanung Gesamtbebauungsplan 1924 Generalbebauungsplan 1929 Industrialisierung, Bäderentwicklung Dissertation 1922 Ernst Buhr St.BR Flächennutzungsplan Planung für BS1969 Grünordnung u. Landschaft 1969 GVP Generalverkehrsplan 1970/80 F-Plan 1972/73 Zukunft Staatsbad 1981 Gutachten zur Gebietsreform für Rat Fachplan zum F-Plan Fachplan zum F-Plan F-Plan nach BBauG Wirtschaftskrise – Antrag Stadt an Staatsbad B-Pläne für Innenstädte seit 1969 Gutachten f. Schötmar 1975 Erhalt- u. Gestaltungssatzung 1981 Sanierungsgebiet Salzuflen nach StBauFG für Antrag Sanierungsgebiet Schötmar Erhalt- u. Gestaltung hist. Stadtkern, DSchG Sanierungsplanung Neugestaltung Salzhof Wtb. 1979 Fertigstellung 1987 Beseitigung städtebaulicher Missstände Gestaltung öffentlichen Raumes Sanierung 1969 1973 AG Hist. Stadtkerne NRW 1989 Rahmenplan hist. Stadtkern 1992 Antrag auf Fördermittel 1991 Fortsetzung Sanierung über AG hist. Stadt- kerne NRW 1992 Stadtentwicklungs- Konzept STEK 2000 mit Überarbeitung F-Plan Entwicklungskonzept 2000 Struktur Einzelhandel 1989 Stadtentwicklung Kurklinik 1993 VEP (Stadtbus) 1994 50. F-Plan Änderung 1994 Stadtentwicklung Kur 1999 Markt-Standort-Gutachten 2000/01 geänderte Rahmenbedingungen: Wandel im Einzelhandel ‚Grüne Wiese’ Entwicklungschance für Kurort erarbeiten Wandel im Verkehr: autogerecht > autoarm Einarbeitung der geänderten Entwicklungen Fortschreibung Fachplan Kurentwicklung Fortschreibung Entwicklung Einzelhandel 2000 Sonderplanung u. informelle Prozesse Expo-Projekt Reg. Heilgarten 2000 Agenda 21 Leitbild BS 2000 Stadtmarketingprozess 1998-2011 Regionale 2000 NRW (Region Fördermittel) UN-Konferenz Vereinte Nationen 1992 Bündelungsversuch Stadtmarketing Prozess 2006 Handlungskonzept Kurbereich Festlegung Sanierungsgebiet 2006 Kurbereich Erhalt- u. Erneuerung Kureinrichtungen Antrag San. Mittel durch Stadt (Staatsbad) 2008 Stadtentwicklungs- Konzept Innenstadt ‚Aktive Zentren’ AZ Erhalt. – Gestalt. Satzung, Baufibel AK Innenstadt >Wtb. Salzhof 2004 Masterplan Innenstadt 2008 Sondernutzungssatzung 2009 E-Konzept ‚Aktive Innenstadt’ 09 VEP Innenstadt 2010 Anpassung Satzung 1981 (Entwurf LWL) Verbesserungsvorschläge, Unzufriedenheit Fortsetzung Sanierung Stadtkern (Akt. Ztr.) störende Straßenmöblierungen im Stadtkern Antrag Forts. Fördermittel Aktive Zentren Fachplan zum E-Konzept Akt. Innenstadt 2010 Stadtentwicklungs- Konzept STEK für Neuaufstellung Flächennutzungsplan Region Einzelhandelsgutacht 2003 Zentren/Nahversorgung 2007 STEK 2020 beschlossen 2010 Landschaftsplan 2010 VEP Mobilität/Lärm 2010 komm. Abstimmung Einzelhandel in OWL Fachplan STEK 2020 und E-Konzept AZ Entwicklungskonzept für F-Plan 1971 neu Fachplan STEK 2020 und F-Plan neu Fachplan STEK 2020 und F-Plan neu Abb. 134 Tabellarische Darstellung der ‚Planungsphasen und –anlässe für Bad Salzuflen’ (KS) Resümee Die Tabelle zeigt in der Spalte Planungsanlässe, dass Planungen aufgrund gesetzlicher Vorgaben (F-Plan), auf Initiative der Verwaltung (STEK 2000) und/oder zur Beantragung von Fördermitteln (Sanierung) erfolgen. Den größten Anteil stellen die bezuschussten Innenstadtplanungen und deren geförderte Maßnahmen dar. Sie dienen dazu, städtebauliche Missstände zu beseitigen, die in dem Antrag auf Fördermittel begründet werden. Ohne Fördermittel wären die Kommunen nicht in der Lage, ihre Innenstädte zu erneuern bzw. weiter zu entwickeln. Die Grundstückseigentümer können nur zum Teil zur Mitfinanzierung aufgefordert werden, da die Innenstadterneuerung eine öffentliche Aufgabe ist. Anders zu beurteilen sind innerstädtische Investorenmaßnahmen (wie City Center o.a.), bei denen sich städtebauliche Verträge nach BauGB zu Planungen und Maßnahmen anbieten. 750 Kursivschrift = Fördermittel für Planung oder Maßnahmen 751 Aufführung von Planungen und Satzungen, die für die Innenstadtentwicklung relevant sind. 167 Die Aufstellung zeigt einen 40-jährigen Stadterneuerungsprozess in Alt Salzuflen auf, dessen Ende noch nicht abzusehen ist. Mit der Gebietsreform 1969 wurde die Sanierung eingeleitet und mit den Programmen ‚Historische Stadtkerne’ und ‚Aktive Zentren’ fortgesetzt. Da der Titel dieser Arbeit ‚Möglichkeiten und Chancen zur Reurbanisierung der historischen Stadtmitte durch stadtplanerische und handlungsstrategische Maßnahmen’ lautet, wird hier die Frage gestellt, inwieweit die Innenstadterneuerung in einen gesamtstädtischen Kontext stand und als Reurbanisierung der historischen Stadtmitte gewertet werden kann: Der Start der Innenstadterneuerung (Reurbanisierung) ist im F-Plan der Gesamtstadt 1973 zu sehen, da dieser die Sanierung vorschlug. Die Rahmenplanung 1992 für das Programm ‚Historische Stadtkerne’ löste sich aus diesem Kontext. Die Untersuchungen in Schötmar lassen ebenso den gesamtstädtischen Zusammenhang vermissen. Beim STEK 2000 und der Überarbeitung des F-Plan 1994 wirkten sich nur die Untersuchungen über den Verkehr (Stadtbus, autoarme Innenstadt) auf die Innenstädte aus. Die Entwicklung des Gelände der eh. Hoffmann’s Stärkefabriken wurde nicht bewusst in einen gesamtstädtischen Kontext gestellt - abgesehen von den Untersuchungen der Innenstadtrelevanz und den verkehrlichen Belangen. Erst das städtebauliche Entwicklungs- und Handlungskonzept ‚Aktive Innenstadt’ für Bad Salzuflen stand wieder unter einer gesamtstädtischen Betrachtungsweise, da parallel das Handlungskonzept ‚Kurbereich’ und STEK 2020 mit den begleitenden Fachgutachten Verkehr, Einzelhandel und Landschaft öffentlich diskutiert und erarbeit wurden. Hier werden die Kriterien für ein integriertes Handlungskonzept erfüllt: Die Städtebauförderung durch Bund und Land unterstützt die Kommunen bei der Behebung städtebaulicher Missstände auf der Grundlage eines integrierten Handlungskonzeptes, das den städtebaulichen Funktionsverlust nachweist und das nachhaltig diesem entgegentritt. Ein Funktionsverlust kann im städtebaulichen (Salzuflen), sozialen oder ökonomischen Bereich liegen. Das Handlungskonzept basiert auf einer Bestandsanalyse und Gesamtstrategie, die mehrere Handlungsfelder und Maßnahmen vorschlägt. Letztere müssen auch Kosten-, Finanzierungs- und Zeitplan und die Beteiligung privater Akteure beinhalten: 752 „Die Projekte leiten sich aus den strategischen Entwicklungszielen ab... Um einen ökonomischen Multiplikatoreffekt zu erzielen, ist es wichtig, Private und Unternehmen für Investitionen im Gebiet zu gewinnen... z.B. durch die Einrichtung von Immobilien- und Standortgemeinschaften... Zur stärkeren Beteiligung und Mitwirkung von Betroffenen kann die Gemeinde so genannte Verfügungsfonds einrichten.“ 753 Die Stadt Bad Salzuflen hat sowohl durch stadtplanerische als auch handlungsstrategische Maßnahmen eine Aufwertung des historischen Stadtkerns und damit die Reurbanisierung der Stadtmitte in den letzten 40 Jahren bewirkt. Da dieser Prozess nie abgeschlossen sein wird, ist er durch neuere Planungsinstrumente und Handlungsstrategien immer wieder zu verbessern. Um nachhaltig wirksam zu sein, sollte dieser Prozess nicht nur gesamtstädtisch, stadt- und fachplanerisch, sondern auch auf der Akteursebene abgestimmt sein. Das integrierte Handlungskonzept für die Innenstadt und die Gesamtstadt Bad Salzuflen beinhaltet dieses. 752 BauGB §§ 136, 171, 171 b, c u. f (s. auch Kap. 3.4.5 ‚Aktive Innenstadt’ und Masterplan) 753 Landsberg, Alexandra in: Ollenik/Pesch 2010 S. 30 f. 168 6. STADTMITTEN DER CITY-OFFENSIVE ‚AB IN DIE MITTE’ 6.1 Die City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ Die City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ in NRW, wie auch in weiteren Bundesländern, 754 bietet den Städten die Chance, sich mit ihrer Mitte zu beschäftigen. Deshalb liegt es nahe - nach Beschreibung der City-Offensive - selektiv die Teilnahme einiger Städte miteinander zu vergleichen. 6.1.1 Die City-Offensive der Länder Die City-Offensive der einzelnen Bundesländer ist eine jährliche Wettbewerbsausschreibung mit wechselndem Motto, an der sich alle Städte und Gemeinden des Landes mit vor Ort entwickelten Projekten beteiligen können. Gefordert werden Vorschläge zur kulturellen und identitätsstiftenden Profilierung von Städten, die in Kooperation von Stadt, Handel und anderen Gruppen entwickelt werden. Mit einem „...urbanistischen und marketingorientierten Ansatz...“ stehen „Kulturpolitik und Städtebaupolitik... in einem engen Zusammenhang... als Teil der Gesellschaftspolitik,“ mit einem „neuen Verständnis von Stadtkultur“ und ermöglicht neue Allianzen, „die eine Nachhaltigkeit beinhalten“ sollte. 755 Seit 1999 gibt es die City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ in NRW. Im ersten Jahr waren 10 Städte in NRW angesprochen worden, sich zu beteiligen. Ab 2000 wurde ‚Ab in die Mitte’ erstmals als Wettbewerb und ab 2002 mit einem Motto ausgeschrieben. Im Vordergrund stehen das gemeinsame Engagement, die gemeinsame Verantwortung und der gemeinsame Erfolg zwischen öffentlichen und privaten Akteuren - weniger finanzielle Aspekte. Die Preisträgeranzahl und Mottos sind der folgenden Tabelle zu entnehmen: Abb. 135 Tabelle Nordrheinwestfalen: Beteiligung, Motto 756 Jahr Motto Preisträger 1999 - (Städteauswahl durch Land) 10 2000 - 27 2001 - 27 2002 Stadtidentitäten 26 2003 Stadtidentitäten – veränderte Stadtansichten 22 2004 Spiel-Platz-Stadt 24 2005 Spiel-Platz-Stadt - Stadt der Generationen 17 2006 BürgerUnternehmenStadt 18 2007 Jung und Alt – starkes Potenzial für die Städte 22 2008 Wege zur OFFENEN STADT ^ 22 2009 Stadt. Einfach. Machen 24 2010 Stadt: Kern: Gesund 20 2011 Innen handeln ^ Stadt verwandeln 11 2012 Frei-Raum 2002 wurden die Offensiven in Niedersachsen als Wettbewerb ‚Ab in die Mitte’ und in Hessen als ‚Innenstadt-Offensive’ ausgeschrieben. Sachsen folgte im Jahr 2004 und Berlin ist mit ‚Mittendrin Berlin’ ab 2005 dabei. 757 754 City Offensive ‚Ab in die Mitte’ gibt es in NRW, Nds, Hessen, Sachsen und Berlin 755 Hatzfeld, Ulrich in: Dokumentation ‚abindieMitte’ NRW 2003 S. 8 ff 756 Dok. ‚abindieMitte’ 1999-2010 u. Website 28.02.2011 - Preisträger sind ca. 30% der Bewerber. 757 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2004 S. 160 f. 169 Für den eh. zuständigen Minister in NRW Michael Vesper bedeutete 2003 die City-Offensive „kreative Bündnisse und innovative Kulturveranstaltungen, um unsere gewachsenen Stadtzentren zu erhalten und weiterzuentwickeln.“ 758 Wolfgang Christ meinte damals dazu: „Im Prozess der Industrialisierung hat sich diese Stadt (Behälterstadt) schließlich von allem befreit, was sie einengt.... Am vorläufigen Endpunkt des Prozesses der Modernisierung... wird uns bewusst, dass eine ubiquitäre Stadt keine mehr ist, wenn in ihr die Erfahrung von Mitte nicht möglich ist. Ohne Mitte keine Stadt. Mit Ab in die Mitte soll der Standort ‚alte’ Mitte in Konkurrenz diverser ‚neuer’ Mitten fit gemacht werden.“ Doch „finden wir Mitte, wenn wir in die Mitte kommen?… Bei der Mittenbildung von Stadt… ist nicht der lokale Handel,... sondern die Zivilgesellschaft der Stadt“ ausschlaggebend. „An ihr liegt es, den in vielen Fällen leer gelaufenen Stadt-Akku wieder aufzuladen.“ 759 Aus der Sicht des finanziell unterstützenden Handels schrieben Lovro Mandac (Kaufhof) und Helmut Merkel (Karstadt) 2006: „Eine gute Idee war es..., in den Dörfern und Städten Mittelpunkte zu schaffen und Kirche und Kommerz, Markt und Rathaus an einem gemeinsamen Platz... zentral zu vereinen. 760 ... das Stärkungs-Motto: Ab in die Mitte! Dahinter stand und steht die Bereitschaft und der klare Wille, das oft beschworene Klagelied der Händlerinnen und Händler zu beenden... es... zeigt: Eine Mitte kann leben, wenn alle mitmachen und an einem Strang ziehen und sich um ein harmonisches miteinander bemühen... ...Um im Wettbewerb der Städte zu leben und vor allem zu überleben, bedarf es heute wirkungsvoller Netzwerke. Vorhandene Organisationsstrukturen müssen miteinander verzahnt werden, um neue Bündnisse für Innovation zu schaffen. Denn Kommunikation und Information schaffen auch Motivation.“ 761 Nach zehn Jahren ‚Ab in die Mitte’ äußerte der zuständige Minister Lutz Lienenkämper: „Die Zukunft unserer Städte findet ganz maßgeblich in der Mitte, im Zentrum statt. Deshalb ist ‚Ab in die Mitte’... nicht nur ein erfolgreiches Public Private Partnership-Projekt, sondern eine konkrete Aufforderung – an Politik und Verwaltung, an Handel und Gastronomie, an Vereine, Verbände und Institutionen – eine Aufforderung letztlich an die Menschen, sprich: an uns alle.“ 762 2010 bedeutet dem zuständigen Minister Harry K. Voigtsberger die Offensive Folgendes: „Das Gesicht und Wesen einer Stadt zeigen sich am besten in der Innenstadt. Denn sie repräsentiert die Stadt sowohl nach außen als auch nach innen... Sie ist das Herz der Stadt... Und seit jeher... Spiegel der demografischen, ökonomischen, ökologischen, gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen... es sind die Menschen, die eine Stadt machen... es gilt, mit integrierten Konzepten und strategischen Partnerschaften von Politik, Verwaltung, Handel, Immobilieneigentümern und nicht zuletzt Bürgerinnen und Bürgern zum Wohle und für die Zukunft unserer Städte zu agieren.“ 763 Die City-Offensive ist damit als große Chance für die Stadtmitte und Gesamtstadt anerkannt. 758 Vesper, Michael in Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2003 S. 6 759 Christ, Wolfgang in Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2003 S. 128 ff 760 Mandac/Merkel in 100+1 Idee für die Innenstadt, Stadtanalyse Verlag 2006, S. 10 761 Mandac/Merkel in 100+1 Idee für die Innenstadt, 2006 S. 12/13 Beitrag ‚Stadt und Handel’ 762 Lienenkämper, Lutz in Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2009 S. 4 Vorwort 763 Voigtsberger, Harry K. in Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2010 S. 4 Vorwort 170 Idee, Ziele und Hintergrund der Offensive 764 Viele Städte und Gemeinden – wie auch Bad Salzuflen - hatten versucht, mit Stadt- und Citymarketing-Projekten ihren Städten mehr Leben, mehr Vielfalt und mehr Visionen zu geben. Um diese Prozesse und um die Koordinierung öffentlicher und privater Aktivitäten und Investitionen noch mehr zu intensivieren, wurde im Frühjahr 1999 die Aktion ‚Ab in die Mitte! Die City-Offensive NRW’ auf Initiative des Ministeriums (MSWKS), des Städtetages NRW, der LAG NRW, der Karstadt AG und der Kaufhof Warenhaus AG ins Leben gerufen. Dabei sollten ausgewählte Städte beispielhafte Aktionen zur Steigerung der Attraktivität initiieren und durchführen. 765 NRW betrat mit dieser Idee gezielt Neuland: „Die wesentliche Zielsetzung der City-Offensive NRW besteht darin, die Zentren als Orte des Handels, der Kunst, Kultur und Freizeit, des Wohnen und Arbeitens stärker und dauerhaft im Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger zu verankern. Die Innenstädte und Ortszentren sollen gestärkt werden * als Mittelpunkt des städtischen Lebens * als Ort vielgestaltiger Austauschbeziehungen * als alltäglicher Handels- und Lebensraum. Zur Unterstützung dieses Hauptziels ist es sinnvoll und notwendig, die verschiedenen Aktivitäten von Land, Kommunen, Handel und Wirtschaft zusammenzuführen (Public- Private-Partnership) sowie Synergien zu nutzen und neue kommunikative Netzwerke zu schaffen. Es gilt, die Anstrengungen der Stadterneuerung im öffentlichen und privaten Bereich mit neuen Impulsen für mehr Erlebnisqualität und höhere Verweildauer kreativ und ideenreich zu verbinden.... Neben neuen Impulsen für die Implementierung von Stadtmarketing-Organisationen und der Entfaltung nachhaltiger Stadtentwicklungsstrategien geht es dabei auch darum, die kulturelle Identität der Städte zu stärken, die Multifunktionalität urbaner Strukturen zu fördern und zu erhalten sowie die Zentren für ein breites Besucherspektrum zu öffnen. Nicht zuletzt muss dabei auch die Bürgerbeteiligung gefördert werden. Denn nur wenn es gelingt, dass alle für die Innenstadt relevanten Akteure – also auch die Bürgerinnen und Bürger – ‚an einem Strang ziehen’, kann es gelingen, der zunehmenden Verödung und Uniformierung der Innenstädte zu begegnen.“ 766 Ergänzend zu diesen Zielen ist zu bemerken, dass für die Einwohner und Besucher lebendige Innenstädte mit attraktiven kulturellen Angeboten nicht nur während der Offensiven wichtig sind, da sie für große und auch kleinere Gemeinden Identität stiften und die Lebensqualität steigern. In der Vergangenheit ging die Stadtentwicklung oftmals in eine andere Richtung: Leerstände, Filialisierung, Verkehrsprobleme und Uniformierung prägen in den Stadtzentren vielerorts das Stadtbild. Negativ wirkt sich zudem die wachsende Konkurrenz durch den großflächigen Einzelhandel auf der ‚Grünen Wiese’ aus. Stadt- und Citymarketing-Initiativen versuchten dieser Ausgangssituation in vielen Städten und Gemeinden gegenzusteuern. Diese bereits in Gang gesetzten Prozesse sollten mit der Offensive durch eine bessere Koordinierung und eine stärkere Bündelung der Kräfte noch mehr intensiviert werden. Aus dieser Überlegung heraus ist 1999 die City-Offensive als Stadtmarketinginitiative entstanden. 764 Zusammenstellung basiert auf Erfahrung als aktiver u. passiver Beteiligter bei den Offensiven (2002-2011) 765 aus: Website abindieMitte: heutige Sponsoren sind: MWEBWV NRW, Galeria Kaufhof, Multi Development Germany GmbH, McDonald’s Deutschland Inc., Handelsverband NRW, Ströer – deutsche Städte Medien, Städtetag NRW, Handels-Journal, Welt am Sonntag (Stand 2/2011) 766 aus: Website ‚abindieMitte’ NRW 25.02.2011 unter der Überschrift: Idee und Ziele 171 Dreizehn Jahre Erfahrung mit ‚Ab in die Mitte’ zeigt, dass die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Kommunen und Land erfolgreich funktionieren kann. Insbesondere die Projekte der wiederholt teilnehmenden Kommunen zeigen, dass damit das Ziel einer nachhaltigen Stadtentwicklung erreicht werden kann. Dabei gilt als Hintergrund: „Ausgehend vom Leitbild der europäischen Stadt sind Innenstädte multifunktionale Stätten mit vielfältigen, sich zum Teil widersprechenden Funktionen und Prinzipien. Sie sind Orte der Begegnungen, des Austausches und der Identifikation sowie ein Spiegelbild lebendiger und zukunftsorientierter Gesellschaften. Dabei werden Innenstädte, Ortskerne und Stadtteilzentren von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst wie der Politik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, dem gesellschaftlichen Handeln, der Ausübung von Dienstleistungen oder wichtigen kulturellen Entwicklungen. Städte und Ortskerne sind stets ein Spiegelbild der demografischen, ökonomischen, ökologischen, gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen. Die Anpassung an aktuelle Veränderungen ist daher eine Daueraufgabe für die Stadtentwicklung. Städte durchleben einen fortlaufenden Funktions- und Strukturwandel, der zukünftig vornehmlich mit Stagnation und Schrumpfung verbunden sein und die Zentren vor immer neue Herausforderungen stellen wird. Dabei müssen städtebauliche und strukturelle Entwicklungen vorangetrieben werden, die mit langwierigen Entscheidungsprozessen und vielfältigen Diskussionen über die Zukunftsfähigkeit der Innenstädte einhergehen. Angesichts dieser Aufgaben haben Bund und Länder mit der Städtebauförderung einen Schwerpunkt zur zukunftsfähigen Entwicklung der Innenstädte gesetzt.“ 767 6.1.2 Themenbeispiele der City-Offensive Nach der Gebietsreform der Länder waren oft, insbesondere bei Doppelstädten, - wie in Bad Salzuflen - eine Neuorganisation der zentralen Orte und/oder eine Neudefinition der Stadt, Stadtteile, Stadtmitte, Ortseingänge einschließlich Bahnhof, Gewerbe- und Wohngebiete, Park- und Grünanlagen als Umraum notwendig. Viele Bereiche einer Stadt, die das Umland, die Ortsteile und Mitte prägten, mussten neu vernetzt werden, um das Gleichgewicht einer Stadt neu zu definieren. Dabei intendiert oft Stadtmarketing Verständigung, Vernetzung und Realisierung von Synergieeffekten. Die Dokumentationen der City-Offensiven der Bundesländer, die nach Themen 768 geordnet sind, bieten sich an, nach Vergleichstädten zu suchen. Dabei wird der Schwerpunkt auf Städte gelegt, die beim Wettbewerb ‚Ab in die Mitte’ Projekte gewählt haben, die Ihre Mitte (neu) definieren oder sogar zu einer neuen (alten) Identifikation kommen. Bedeutsam sind dabei die Alleinstellungsmerkmale der Innen/Stadt für die Region. Die Projekte sollten vernetzt sein und eine Nachhaltigkeit garantieren, um eine Verfestigung der Stadtmitte zur Gesamtstadt und Region zu garantieren. Aus folgenden Themen werden später vier Städte ausgewählt: Stadtidentität Neudefinition ideelle Mitte und Polyzentralität. Zum besseren Verständnis der Themen werden nachfolgend dazu einige Beispiele vorgestellt. 767 aus: Website ‚abindieMitte’ NRW 25.02.2011 Überschrift: Hintergrund 768 Themen sind z.B.: Stadtidentität, Neudefinition - Stadtmitte suchen, Alleinstellungsmerkmale, Brücken, Wasser, Salz, Licht und öffentliche Stadträume 172 Beispiele zur Stadtidentität Die Stadt Ahlen hatte 2002 nach einer Identitätskrise mit dem Thema Verzauberung durch Irritation als Teil von Mitten ins Herz einen Perspektivwechsel versucht: „Die Stadt Ahlen lud...Künstler in die Stadt, um sich mit dem Stadtbild, ihrer Geschichte und der aktuellen Situation auseinander zu setzen (und) ...sich auf neue Art und Weise mit der Heimatstadt zu beschäftigen... Obwohl die Projekte nur kurze Zeit zu sehen waren, blieb die Auseinandersetzung um den urbanen Raum und die Identität der Stadt bis heute lebendig.“ 769 Die Gemeinde Hirzenhain in Hessen mit drei unterschiedlich strukturierten Ortsteilen fand 2004 und 2005 mit dem Motto Die Schmetterlinge von Hirzenhain eine neue Identität: „Auf der Suche nach einer... Gemeinsamkeit, die ortsübergreifend akzeptiert wird, ist man im Tierreich fündig geworden... der Schmetterling... der in langer Tradition von (Kunst-)Gießern ...als filigranes Schmuckstück... gefertigt wird... Erstmals gelang es, Vereine, Verbände sowie Gewerbetreibende für die Ausrichtung einer gemeinsamen Veranstaltung zu gewinnen.“ 770 Die durch den 2. Weltkrieg zerstörten Städte – wie die Stadt Kassel in Hessen - sind Beispiele dafür, wie nach dem Wiederaufbau eine neue Identität zur Stadtmitte gefunden wurde. Die Teilnahme 2004 mit dem Motto Innenstadt im Wandel – Kassel in den 50er Jahren half dabei: „Der Wiederaufbau der zerstörten Stadt ist in den 50er Jahren gelungen – von Identifikation der Kasseler Bürger mit ihrer City konnte dennoch keine Rede sein. Einen Neuanfang markierte ein Projekt“ mit Stadtführungen in verschiedenen Ausstellungsräumen, die die Aufbauleistungen der 50er Jahre zeigten. 771 Einige Städte entwickelten Identitäts-Projekte mit dem Alleinstellungsmerkmal ihrer Stadt: Die Universitäts-Stadt Göttingen in Nds. zeigte ihre Stärken im Jahre 2003 unter dem Slogan Stadt, die Wissen schafft (Leitbild der Stadt). Autorenlesungen, Sonderausstellungen und wissenschaftliche Beiträge hoben das kulturelle Erbe der Universitätsstadt hervor. 772 Die Stadt Wolfenbüttel in Nds. hatte mit dem Projekt Lebendige Literatur – Wolfenbüttel is(s)t Literatur 2004 die Literatur als Alleinstellungsfaktor unterstrichen: „nebenbei entstand... ein umfassendes Rechercheprojekt zum Stellenwert der Literatur in Wolfenbüttel.“ 773 Die Stadt Hanau in Hessen wählte als Geburtsstadt der Brüder Grimm und Ausgangspunkt der Deutschen Märchenstraße bis Bremen 2004 das Thema Brüder Grimm erleben. Es „wurde der Gang durch die Hanauer Innenstadt immer mehr zu einem märchenhaften Erlebnis.“ 774 Eine weitere Möglichkeit ist, die Projekte der City Offensive mit stadttypischen Themen wie Brücken – Wasser – Salz - Licht als Alleinstellungsmerkmal zu besetzen, wie z.B.: Lüdinghauser Brückenschläge 2002, 775 Die Mitte an der Lippe in Lünen 2004, 776 Lüneburger Sülfmeistertage (Salz) 2003 777 und in Lüdenscheid LichtRouten 2002/04/05. 778 769 100+1 Idee S. 20/21 In 2002 war das NRW-Motto Stadtidentitäten 770 100+1 Idee S. 187/188 771 100+1 Idee S. 122/123 772 100+1 Idee S. 72/73 773 100+1 Idee S. 40 774 100+1 Idee S. 74/75 775 100+1 Idee S. 84 173 Beispiele zur Neudefinition – Stadtmitte suchen Die Stadt Bad Schandau in Sachsen kam 2004 über die Stadtgeschichte unter dem Motto Zurück in die Zukunft als Bad Schandauer Zeitreise zu einer neuen Definition der Stadtmitte: „Auf der Suche zur Neudefinition ihrer Stadtmitte begaben sich die Schandauer auf eine Zeitreise bis zurück in das 19. Jh. – die Zeit, als erste Touristen das Elbsandsteingebirge entdeckten... Unter der Überschrift Bad Schandau als Kur- und Tourismusort ... fühlten sich (die Gäste) zurückversetzt in frühere Zeiten.“ 779 Die Stadt Castrop-Rauxel in NRW nutzt die City Offensive wiederholt, um ihre Mittelachse (Leonhardstraße) neu zu definieren. Dabei wird das Thema Kultur als Instrument für die Altstadtentwicklung unter Einbeziehung privater Akteure aufgegriffen. 780 Die Stadt Herne in NRW entdeckte ebenfalls einen Straßenzug als mittlere Achse bei ihrer Beteiligung in 2001 (2002 und 2004) mit Dinner for thousands: „Die Innenstadt als Kommunikationsraum entdecken... Mit der längsten Tafel im Revier unterstrich man... die Einmaligkeit der Bahnhofstraße – mit knapp einem Kilometer Gesamtlänge die längste am geraden Stück verlaufende Fußgängerzone des Ruhrgebiets (Bahnhof bis Europaplatz)... Mittlerweile... fester Bestandteil der alljährlich stattfindenden Innenstadtfeste“ mit Nightlight Dinner. 781 Die Wiederentdeckung der Innenstadt ist... gelungen. 782 Ideelle Mitte – Mitte finden – öffentliche Stadträume Ein weiteres Thema bei der City Offensive sind oft öffentliche Räume oder Plätze, die den Aspekt Vernetzung der öffentlichen Räume mit dem Thema (ideelle) Mitte finden verbinden. Die Stadt Essen in NRW veranstaltete Musikprogramme unter dem Motto KlangRäume auf dem zentralen Cityplatz (Kennedyplatz), als Ausgangspunkt zu Indoor-Veranstaltungen in drei markanten und identitätsstiftenden Orten: Hohe Domkirche, Kreuzeskirche und Alte Synagoge mit herausragender geschichtlicher und architektonischer Bedeutung für die Innenstadt. Die farbig gestalteten Laternen vernetzen noch heute die Veranstaltungsorte und dokumentieren die Nachhaltigkeit. 783 Die Stadt Münster veranstaltete Museumsnächte im Innenhof des Rathauses, als Platz des Westfälischen Friedens und als Der Rote Platz: Der Platz „ist ein von allen Seiten durch Gebäude eingefasster Innenhof... mit rotem Teppich ausgelegt... Museumsbesuche... Führungen starteten von hier aus. Ein richtiger innerstädtischer Platz also... ein Zentrum, eine wirkliche Mitte... etwas Urbanes. Die wenigen gestalteten Eingriffe geben ihm die Funktion einer Mitte in der Stadt, natürlich einer temporären und einer inszenierten.“ 784 776 100+1 Idee S. 140/141 777 100+1 Idee S. 232/233 778 100+1 Idee S. 82/83 Lüdenscheid ab 2004 Mitglied Netzwerk: Lighting Urban Communities International. 779 100+1 Idee S. 42 780 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2005 S. 26 Castrop-Rauxel war 2005-06, 2008-2011 dabei. 781 100+1 Idee S. 64/65 782 100+1 Idee S. 138/139 783 100+1 Idee S. 26 Die Veranstaltungen in Essen fanden in den Jahren 2000, 2003 2005 und 2006 statt. 784 100+1 Idee S. 66 Die Veranstaltungen fanden in den Jahren 1999-2001 statt. 174 Beispiele der Polyzentralität Zur Polyzentralität gibt es kaum Beispiele, die sich mit Bad Salzuflen vergleichen lassen, die ohnehin noch als Beispielstadt dargestellt wird. Jedoch gibt es Beispiele von mehreren Gemeinden/Städten, die gemeinsam mit der City-Offensive Stadtgrenzen überwinden und verbindende Strategien entwickeln – mehr aus regionaler Sicht – ohne ihre ortsspezifischen Besonderheiten aufzugeben. Einige Gemeinden davon waren auch schon vorher und nachher einzeln Preisträger im Wettbewerb: 2008 beteiligten sich die drei Gemeinden Schöppingen/Horstmar/Laer im Münsterland mit dem Projekt (W)Orte bewegen. Neben der Profilierung der drei Kommunen sollten die Wegebeziehungen im ländlichen Raum verdeutlicht werden. Eine Reihe von gemeinsamen Projekten stellte die Klammer für drei Dorffeste und weitere Veranstaltungen dar: „Die Orte bewegten sich entsprechend des Mottos aufeinander zu, sie erkannten deutlicher als vorher ihre Gemeinsamkeiten, aber auch ihre unterschiedlichen Traditionen und Vorgehensweisen... Bei den Dorffeten zeigte sich am stärksten, dass lokale Identität erforderlich ist, um regionales Zusammenwirken zu ermöglichen.“ 785 Ein weiteres Beispiel sind die Gemeinden Billerbeck, Havixbeck, Nottuln in der Baumberge- Region mit dem Motto: Komm über den Berg, um den trennenden Berg 2007 zu überwinden. „Alle Beteiligten sehen in dem gemeinschaftlichen Projekt einen weiteren Hebel, um das Kirchturmdenken aufzubrechen.... (als) Einstieg in künftige Kooperationen... (mit) gebündelten Themen...“ 786 *** Gerade die letzteren Beispiele zeigen, wie geeignet die Offensive ist, sich mit der Geschichte eines Ortes und deren Bürgergesellschaft zu befassen. Erst durch die aktive Beteiligung am kommunalen Handeln z.B. in einem Lenkungskreis erfährt der Bürger, wie wichtig es ist, die Partner unterschiedlicher Herkunft zu achten, um eine konfliktfreie Beziehung aufzubauen. Mit dem Wissen des örtlichen Herkunftsystems können Veränderungen für ein Miteinander erreicht und die oft festgefahrenen Beziehungen einer Stadtgesellschaft aufgebrochen werden. Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, noch weitere Beispiele darzustellen und die bisher genannten Städte näher zu untersuchen. Die Beispiele dienen als Einstieg in das Thema Vergleich mit anderen Städten und verdeutlichen, dass das Förderprogramm City Offensive geeignet ist, Städte zu motivieren, sich mit dem Thema Stadtmitte zu befassen. In Verbindung mit traditionellen Stadtfesten kann dies auch ohne Fördermittel erfolgen. Viele Gemeinden haben die Aktionen von ‚Ab in die Mitte’ in den Folgejahren ohne Fördermittel fortgesetzt. Die nähere Betrachtung der folgenden Kommunen wird dies verdeutlichen: Stadt Lage – Stadtidentität Stadt Bergkamen – Neudefinition Gemeinde Hüttenberg - ideelle Mitte und Stadt Bad Salzuflen – Polyzentralität 785 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2008 S. 54 f. Motto in NRW 2008: ‚Wege zur offenen Stadt’ 786 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2007 S. 122 f Motto in NRW 2007 ‚Jung und Alt’ 175 6.2 Auswahl einiger Städte der City-Offensive 6.2.1 Beispiel Stadt Lage ‚Stadtidentität’ „Die Stadt Lage (in NRW) als Großgemeinde mit ihren (15) Ortsteilen... ist im Gegensatz zu den lippischen Stadtgründungen des 12. und 13. Jahrhunderts das Ergebnis einer kontinuierlichen Entwicklung vom Kirchdorf über das Weichbild zur Stadt.“ 787 Bis ins 20. Jh. wurde dieser Prozess vom „Bevölkerungs- und wirtschaftlichen Wachstum“ sowie von dem „selbstbewussten Streben nach zunehmender Selbstbestimmung“ getragen. „Zwar sind aufgrund von Überlieferungs- und Forschungslücken nicht alle Bereiche der Stadtgeschichte ausreichend erforscht, doch kann auf der Basis der derzeitigen Erkenntnisse die Entwicklung des Gemeinwesens Lage in fünf Abschnitte eingeteilt werden: - Das Dorf Lage bis Ende des 15./16. Jahrhunderts (zentraler Ort eines Kirchspiels mit Pfarrer an der Werre seit 1274) - Der Flecken / das Weichbild bis 1791 ("Wibbold tor Lage") (mit Recht zur Selbstverwaltung seit 1530, BM seit 1539 nachweislich) - Das Weichbild Lage mit stadtähnlichen Rechten seit 1791bis 1843 - Die Stadt Lage ab 1843 (Stadtrecht durch Fürst Alexander Leopold) - Die Großgemeinde Stadt Lage ab 1970 (Gebietsreform) Eine genaue Datierung der ersten Besiedlung Lage ist nicht möglich. Doch weisen zahlreiche Funde auf dem Gebiet der Gemarkung Lage auf... (die) Jungsteinzeit. Im 30-jährigen Krieg wurde der Flecken Lage mit Wall und Graben geschützt (1622). Nach diesem Krieg versuchten viele Erwerbslose ihren Lebensunterhalt als Mäher oder Ziegler in der Fremde zu verdienen. Seit 1700 gab es einen 200-jährigen Aufschwung durch Ziegeleien vor Ort. Seit 1776 wurde dieser Aufschwung durch Webstühle ergänzt. Den Beginn der Industrialisierung ermöglichte der Bau der sich kreuzenden Bahnlinien Herford-Detmold und Bielefeld-Lemgo mit Bahnhof. Durch den Bau eines verkehrsberuhigten Bereiches mit Fußgängerzone wurde die Attraktivität der Kernstadt im Jahre 1981 gesteigert.“ 788 Wie die Stadt Lage mit 38 272 Einwohnern 789 ihre Stadtidentität beim Wettbewerb der City- Offensive ‚Ab in die Mitte’ in NRW seit 2002 gefunden hat, wird im Folgenden geschildert: 2002 Motto Stadtidentitäten: ‚Lagenser Zwischentöne’ Im Lagenser Wettbewerbsbeitrag stand, dass „die Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt bemerkenswert gering“ ist. „Mit dem vorgelegten Programm sollte eine nachhaltige Aufwertung des Selbstbildes und... eine Stärkung des Selbstwertgefühls der Lagenser erreicht werden... Dieses Ziel wurde mit Hilfe der City-Offensive NRW 2002 erreicht!“ 790 Die Lagenser Bürger konnten ihre Stadt mit folgenden Bausteinen neu erleben: - Die Lagenser Ansichten „bot ihren Besuchern über fünf Wochen die Möglichkeit, sich mit den Sichtweisen und Verfremdungen einer Stadt durch die Kunst auseinander zu setzen.“ Bekannte räumliche Situationen wurden „gänzlich neu“ wahrgenommen. 787 aus: Website Stadt Lage mit Ortsteilen: Billinghausen, Ehrentrup, Hagen, Hardissen, Hedderhagen, Heiden, Heßloh, Hörste, Kachtenhausen, Müssen, Ohrsen, Pottenhausen, Waddenhausen und Wissentrup (03.03.2011) 788 Die geschichtliche Kurzfassung erfolgte anlehnend an die Website (Ereignisse) der Stadt Lage (03.03.2011) 789 Stand 12/2010 aus: Website Stadt Lage (03.03.2011) 790 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2002 S. 122 f 176 - Beim Thema Hausportraits verlor der Marktplatz durch riesige Porträts an den Häusern seine Anonymität „und wurde zum Treffpunkt mit Gesicht.“ - Das Lagenser Intermezzo als „musikalische Stadterfahrung“ für alle Generationen schloss mit der Laser-Show Lagenser Zwischentöne auf dem Marktplatz ab mit einer „beeindruckenden Komposition aus Musik, Licht und grafischer Darstellung.“ - Mit der Nacht der langen Tische „trafen sich Lagenser und Gäste der Stadt mit mitgebrachten Tischen, Stühlen, Speisen und Getränken und schufen sich selbst die so oft vermisste Außengastronomie.“ - Der Baustein Stadtsinfonie und Lagenser Stadttugenden bewegte 300 Akteure auf den Marktplatz, um zunächst die Stadtsinfonie Lage launig und danach mit dem Detmolder Landestheater das Stück Lagenser Stadttugenden zu spielen. Als Tugenden wurden „Bodenständigkeit, Sparsamkeit, Traditionsbewusstsein und Verlässlichkeit“ festgestellt. - Mit den Lagenser Tonwelten „haben sich die Kleinsten mit dem Gemeinwesen Stadt auseinander gesetzt und ihre Vorstellungen verwirklicht,“ indem sie mit rund 3500 Ziegelsteinen ihre Stadt bauten. 791 Alle Projekte zielten auf die Teilnahme von Bürgern und Gästen ab. Dabei wurden Aktionen entwickelt, „die erstmals die Stadt selbst, ihre Identität und ihre Eigenarten in den Blick nahmen. So gelang es, die fast kaum mehr festzustellende Identifikation der Menschen mit ihrer Stadt erheblich zu verbessern.“ 792 Die „Projekte.. 2002 förderten nachhaltig die Bildung einer selbstbewussten Stadtidentität... Die Stadt ist wieder ein Thema für ihre Bürger.“ 793 Abb. 136 Lage: ‚Nacht der langen Tische’ 794 2004 Motto Spiel-Platz-Stadt: „Stadt der Schlaraffen“ (Zuckerstadt) 795 Nach einem Jahr Pause war die Stadt Lage bei dem Wettbewerb 2004 wieder dabei. In der Dokumentation wird der Beitrag in das Kapitel „Wahrnehmen, Bewerten, Kommunizieren“ eingeordnet. Da die Zuckerproduktionen eine der wenigen Identifikationspunkte der Stadt und für das Motto der Ausschreibung gut geeignet war, hatte Lage schnell ein Thema mit der „Wiederentdeckung des Schlaraffenlandes“ gefunden. Folgende Aktionen trugen zur weiteren Identifikationsfindung in Lage bei: - Mit der Gerüchte-Küche in der Zuckerstadt wurde ein Spiel, bzw. eine Rallye organisiert, die „eine intensive Auseinandersetzung aller Beteiligten mit der Stadt erforderten.“ Nur so konnte der gestohlene Zuckerstein „Schlaraff“ gefunden und gerettet werden. 791 Dokumentation ‚abindieMitte’ NRW 2002 S. 122 -124 792 Dokumentation ‚abindieMitte’ NRW 2004 S. 102 (Vorwort) 793 100+1 Idee S. 182/183 794 Abb. Lagenser ‚Nacht der langen Tische’ aus Dokumentation AidM NRW 2006 S. 57 795 Dokumentation ‚abindieMitte’ NRW 2004 S. 102 f 177 - Im Theaterstück Schlaraffenzeit spielten der Zuckerkönig mit seinem Minister und die kleinen Schlaraffen. „Rund 200 Kinder nahmen die Möglichkeit wahr und gestalteten so ein phantasievolles Straßenbild in der Innenstadt.“ - Bei der Krönung des Zuckerkönigs zog eine phantasievoll gekleidete Menschenmenge durch die Fußgängerzone... und es „erklang die eigens kreierte Kinderhymne La-La-Lage... und die neue Begrüßungsformel... Hey Zückli.“ - Ideen zur Umgestaltung von städtischen Grünflächen wurden unter dem Thema Zuckersüße Zukunft gestalten auf einem Rollrasen auf dem Marktplatz entwickelt. 796 2004 war „ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Markenbildung Stadt Lage.“ 797 Da Lage mit dem Bahnanschluss ein Gewerbe- und Industriestandort wurde, lag es nahe, hieraus ein Thema zur Identitätsfindung zu wählen. Mit Stadt der Schlaraffen (Zuckerstadt) fand die Initiative ihre Fortsetzung: „Das Märchen vom Schlaraffenland... Eine fantastische Idee, deren positive Grundstimmung bewusst gewählt wurde (Zuckerrübenstadt), um gemeinsam zukunftsgerichtete Ansätze für eine kind- und familiengerechte City zu entwickeln und mit Hilfe ungewöhnlicher Kommunikationsmethoden die Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt zu vertiefen.“ 798 2005 Motto Spiel-Platz-Stadt - Stadt der Generationen: 125 Jahre Bahnanschluss „Lage am Zug“ Abb. 137 Lage am Zug – Familien machen Dampf – Ab in die Mitte (2005 S. 114) Der Lagenser Beitrag 2005 ist unter Begeistern – Wenn der Funke überspringt dokumentiert. Wiederum war das Thema Stadtidentität mit Aktionen für Jung und Alt in der Innenstadt verknüpft. Dabei wurde festgestellt, dass „die Identität der Bürger mit ihrer Stadt in den vergangenen drei Jahren aufgrund der City-Offensive NRW erheblich gewachsen ist.“ Neben der Zuckerproduktion ist die Bahn „ein wichtiger Motor der Stadtentwicklung.“ Da der Bahnanschluss sein 125-jähriges Jubiläum feierte, lag es nahe, dieses Identifikationsmerkmal als Thema zu nehmen. „Es zeigte sich eine Möglichkeit,“ die Arbeit „aus den Vorjahren fortzusetzen und so das Interesse der Familien auf die Innenstadt zu lenken.“ 799 Als Leitfigur diente „Quentin Qualmix, einer kecken Junglok,“ die wie „ein roter Faden das Programm“ durchzog. Mit dem Eintreffen eines Speisewagens gab es in der Stadtmitte einen großen Familienschmaus. Der Große Bahnhof in der City war mit einem verkaufsoffenen Sonntag gekoppelt. Nach dem Theaterstück „Auf der Straße nach Süden“ werden viele Zuschauer vielleicht doch lieber mit der Bahn in den Urlaub fahren. 796 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2004 S. 102-104 797 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2004 S. 104 Abb. S. 114 798 100+1 Idee S. 97 799 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2005 S. 114 178 Für die weitere Ausgestaltung der Innenstadt wurden „im Verlauf der Familienkonferenz Weichen stellen“ neue Ideen entwickelt. „Lage am Zug – Familien machen Dampf“ hat als drittes Lagenser Projekt dazu beigetragen, einen weiteren „Identifikationsschub“ der Bürger mit ihrer Stadt auszulösen. Darüber hinaus zeigt die Besucherzahl deutlich, dass die Bemühungen, die Kinder- und Familienfreundlichkeit der Stadt weiter zu verbessern, gelungen sind. 800 Abb. 138 Lage: Familie ruft Heinzelmännchen (AidM 2006 S. 56) 2006 Motto BürgerUnternehmenStadt: „Lagenser Heinzelmännchen AG“ Der Beitrag 2006 steht unter dem Thema Bürger: „Waren die Lagenser im Rahmen des Programms Lagenser Zwischentöne (2002) noch auf der Suche nach einer eigenen Stadtidentität... feierten sie im Jahr 2004 mit deutlich gestiegenem Selbstwertgefühl bereits die Wiederentdeckung des Schlaraffenlandes – Lage als Zuckerstadt. Im Jahr 2005 wiederum war es das 125-jährige Jubiläum der... Bahn... als weiteres Identifikationsmoment.“ 801 Mit der Gründung „Der Lagenser Heinzelmännchen AG“ wurde die Beseitigung städtischer Mängel im Jahre 2006 in Angriff genommen. Die Philosophie ist, den Menschen ihre Arbeit nicht „vollständig abzunehmen,“ sondern „die Freude am Engagement für das städtische Gemeinwesen zurück“ zu geben. „Die Währung, in der man die Aktien erstehen konnte, war Zeit, nicht Geld... Das Ziel, das ehrenamtliche Engagement für die Stadt weiter zu festigen, die Verantwortung für den Standort deutlich zu machen und mit einem Begriff verbinden, ist mit Hilfe der zahlreichen Aktivitäten rund um die AG erreicht worden.“ 802 2007 Motto Jung und Alt – Starkes Potenzial für die Städte: „Spielend durch alle LebensLAGEn – Lagenser Generationsspiel“ Die Stadt Lage ist in der Dokumentation 2007 unter der Überschrift Die Siedler in NRW zu finden, da es sich bei der Aktion um ein Generationenspiel mit den Bürgern/innen handelt. Der „Lebenszyklus“ wurde „als Spielmotiv genutzt,“ das Leben „von der Geburt bis ins Alter zum Stadtgespräch“ gemacht, um „eigene lokale Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Das Spielbrett des Stadtspiels war die Lagenser Innenstadt.“ Dabei wurde intensiver als bisher „das Zusammenwirken von Jung und Alt... thematisiert.“ 803 Auch der Neubürger wurde im Spiel angesprochen. Das Spiel endete mit der „Unterzeichnung des Lagenser Generationsvertrages. 804 ... Mit ihrer Unterschrift dokumentierten die Bürger 800 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2005 S. 114 f 801 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2006 S. 54 802 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2006 S. 54 f Abb. S. 56 803 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2007 s. 130 f 179 ihre Bereitschaft, an der Umsetzung der Ziele auch zukünftig weiter mitzuwirken.“ Da beim Generationenspiel die Beteiligten das Areal der Innenstadt testeten und bewerteten, wurde ein Handlungsbedarf deutlich: „Die Innenstadt muss moderner werden und für jedes Alter etwas bieten.“ 805 Resümee Die Beteiligungen der Stadt Lage an der City-Offensive in den Jahren 2002 bis 2007 zeigen eine schrittweise Steigerung einer nachhaltigen Stadtidentität bei den Bürgern. Dies spiegeln auch die Gespräche mit den Akteuren vor Ort wieder: 806 Befragt wurden Akteursvertreter aus der Bürgerschaft, dem Einzelhandel, der Wirtschaft, dem Stadtmarketing und der Politik. Alle sahen für Lage in der Beauftragten für Stadtmarketing aus der Verwaltung eine praktikable Lösung. Auch die Antragstellung mit einer AG aus der Bürgerschaft und unter der Moderation eines externen Büros 807 hatte sich bewährt. Die Anträge wiesen eine Kontinuität auf, da sie als Thema immer die Identität (aus der Historie) und Familienfreundlichkeit beinhalteten. Die Aktionen waren offensiv klar auf die Stadtmitte als gemeinschaftlicher Treffpunkt ausgerichtet. Die reibungslose Koordination der Aktionen durch Stadtmarketing, die AG Bürgerschaft, den Einzelhandel und die Vereine wurde besonders gelobt. Die Aktionsbeteiligungen waren gut. Der Erfolg insgesamt wurde als Zweiplus bewertet, da die Aktionen die Kommunikation untereinander und die Aktivitäten einzelner und das Wir-Gefühl der Gesamtbürgerschaft gesteigert hatten. Insbesondere durch die ‚Nacht der langen Tische’ auf dem Marktplatz wurde die Mitte neu als Erlebnisraum entdeckt – auch aus den Ortsteilen. Dies führte zu Anregungen von Gestaltungs- und Verschönerungsmaßnahmen im Bereich des Markplatzes mit Kirche und Brunnen, der schon seit den 1990er Jahren als Stadtmitte angesehen wurde. 808 Seit ‚Ab in die Mitte’ wird weniger von einer ‚Stadt ohne Gesicht’ gesprochen. Einige sahen in der Offensive sogar einen Rettungsanker, bei der Stadtmarketing die Stadt und Akteure miteinander verbunden bzw. ‚verkittet’ hatte. Die Beteiligung seitens der Eigentümer, Bürgerschaft, Wirtschaft und dem Einzelhandel hätte allerdings größer sein können. Ohne Fördermittel hätten aus Sicht der meisten Befragten die Aktionen nicht stattfinden können. In diesem Zusammenhang wurde die Unterbrechung seit 2008 bedauert. Beim Resümee der Stadtverwaltung zur Beteiligung der Stadt Lage an der City Offensive wurde deutlich, dass die Ehrlichkeit und Kontinuität zum Mangel an Identität der Bürger zur Stadt in den Wettbewerbsbeiträgen die Jury begeisterte, da sie in den emotionalisierenden Themen und Bilderwelten die Kreativität der Lagenser entdeckten. Die Verwaltung sah ebenso bei allen Projekten die Stadtmitte als Dreh- und Angelpunkt, in der sich alle Bürger, Akteure und Gäste trafen. Die Beteiligung war gut, das Engagement des Handels, der Wirtschaft und der Bürgerschaft hätte größer ausfallen können. Trotzdem kann von einem positiven Impuls für die Stadt durch die Wettbewerbsteilnahme gesprochen werden. Noch heute feiern Bürger und Gäste im Sommer die ‚Nacht der langen Tische’ als 804 § 1 des Generationsvertrages: „Ich habe mit Hilfe des Generationenspiels gelernt, dass wir es sind, von denen es abhängt, ob die Lagenser Zukunft eine Zukunft hat.“ 805 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2007 S. 130 f 806 Die Fragen sind im Anhang 10.4 dokumentiert, ebenso die Liste der anonym befragten Interessengruppen. 807 Büro Heinze aus Dortmund moderierte und erarbeitete den Antrag. 808 Die Mitte wurde schon in den 1990er Jahren durch eine Umfrage des Büros Heinze, Dortmund bestätigt. 180 ‚Treff an langen Tischen’ 809 und wird zum ‚Lagenser Spiel(t)raum’ eingeladen. Ein grundsätzlicher Gedanke, der die Aktionen jeden Jahres seitdem durchzieht, ist die Familienfreundlichkeit der angebotenen Projekte. Damit haben die Lagenser mit Hilfe von ‚Ab in die Mitte’ die Stadtmitte wieder entdeckt, sind in ihrer Zielfindung wieder zusammengerückt und arbeiten gemeinsam an weiteren Ideen der Stadtentwicklung und belebenden Elementen im Eventbereich. Eine erneute Beteiligung schließt die Verwaltung nicht aus, da der Aufgabenbereich Stadtentwicklung ein Thema mit hoher Priorität in der Stadt ist und sowohl Kommunikation als auch Moderation von Veränderungsprozessen durch die City Offensive ‚Ab in die Mitte’ hoch bewertet werden. 810 Die aktuelle bauleitplanerische Diskussion in der Politik und mit den Bürgern über die städtebauliche Aufwertung rund um das Rathaus, die Marktkirche und Fußgängerzone Lange Straße verdeutlicht den innerstädtischen Veränderungsprozess, um mit der Neuansiedlung von Geschäften die Kaufkraft für Lage zu binden, nennt der Bürgermeisters als wichtiges Ziel. 811 Abb. 139 Planskizze für 3 neue Geschäftskomplexe (LZ 60 v. 12./13.03.2011) Dies deckt sich mit den Anforderungen an die Stadtmitte, die in einem Interview Thomas Voss (Einzelhandelsverbandsvorsitzender und Mitgestalter der Innerstadt) verdeutlichte: „Ohne Zweifel ist eine lebendige Innenstadt mit florierendem Einzelhandel der wichtigste Magnet einer Stadt... ergänzt durch Gastronomie, Kunst und Kultur... Die Vielfalt von inhabergeführten Läden, serviceorientierten Spezialisten und frequenzbringenden Filialbetrieben macht... das Flair, als auch die Qualität eines Standortes aus... Für Parkflächen... kurze innerstädtische Wege.. helle innerstädtische Beleuchtung und gut begehbare Fußgängerzonen... ist zu sorgen... Das Internet wird eine noch größere Rolle spielen als heute... Aber einsam vor dem PC, I-Phone, I-Pad, Notebook, Handy etc. zu sitzen, schreie... geradezu nach einem kommunikativen Ausgleich... (mit) Treffen, Bummeln, Reden, Shoppen...“ 812 Die Konzentration der Events und weiteren Geschäftsansiedlungen in der Mitte von Lage ist der richtige Ansatz, die beste ‚City- Offensive’ für die Weiterentwicklung der Stadt. 809 LZ 211 v. 10.711.09.2011: ‚Die Stadt bewegt sich’ am Wochenende mit ‚Tanzrausch’ ‚Treff an langen Tischen’ ‚Zeitreise der 50er- u. 60er Jahre’ und großer ‚Oldtimer u. Rock’n’roll’ Veranstaltung. 810 Aus: Resümee zur Beteiligung der Stadt Lage an der City Offensive ‚AidM’ (Büro BM Christian Liebrecht). 811 LZ 60 v. 12./13.03.2011 (mit Planskizze für Neuansiedlungen von Shops, Kaufhäusern u. Fachmärkten) u. L7 84 v. 9/10.04.2011: ‚Ausschuss empfiehlt Rat Aufstellung von Bebauungsplänen für Geschäfte in Innenstadt’ 812 LZ 154 v. 6.07.2011 Interview mit Thomas Voss (Vors. Einzelhandelverband) durch Wolfgang Becker 181 6.2.2 Beispiel Stadt Bergkamen ‚Neudefinition’ Die Stadt Bergkamen in NRW, Kreis Unna kann erst auf eine kurze Stadtgeschichte seit 1966 als Mittelzentrum am nördlichen Rande des Ruhrgebietes in NRW aufbauen. Seit Ende des 19. Jahrhunderts bestimmte der Bergbau die Bevölkerungsstruktur in Bergkamen. Insgesamt leben in den sechs Ortsteilen der Stadt Bergkamen rd. 50.605 Einwohner. 813 Das Gesicht der heutigen Wohnstadt Bergkamen hat sich in den letzten Jahren entscheidend verändert. Neben den Kolonien, wie man die Zechensiedlungen im Ruhrgebiet nennt, sind große Neubausiedlungen in allen Stadtteilen entstanden. Schöne Grünflächen, auch innerhalb der Siedlungsbereiche, bieten ein reizvolles Wohnumfeld. Großen Erfolg verzeichnete die Bergkamener Wohnungsbaupolitik durch die mustergültige Objektsanierung der alten Bergarbeiterkolonie im Stadtteil Rünthe. Durch die ‚Internationale Bauausstellung Emscher Park’ (IBA) 1989-99 gelang es, den stetig fortschreitenden Strukturwandel der Stadt und die angestrebten Projekte zu verwirklichen. Hauptzielrichtung der IBA-Maßnahmen in Bergkamen war die Stadtmittebildung. Entlang einer in Ostwestrichtung verlaufenden Entwicklungsachse (ca. 1 km) von der City (Stadtmitte West) bis zum gewachsenen Stadtkern Nordberg (Stadtmitte Ost) wurden Projekte mit unterschiedlichen sozialen und architektonischen Schwerpunkten realisiert. Zu den wichtigsten Maßnahmen für die Stadtmittebildung zählen die Neugestaltung des Stadtmarktes an der Ebertstraße mit dem Neubau der Stadtbibliothek und die Umgestaltung der Ebertstraße, der zentralen Verbindungsachse zwischen City und Fußgängerzone Nordberg. Auffälligstes Merkmal der Umgestaltung ist das ‚Blaue Band’ eine blaue Keramik-Pflasterung, die im Ostbereich wasserführend ist und dort zur Aufnahme des Oberflächenwassers dient. Dieses ‚Blaue Band’ knüpft optisch die Verbindung zwischen den beiden Polen Ost und West. 814 Der erste Flächennutzungsplan der Stadt Bergkamen, der das gesamte Stadtgebiet umfasst, stammt aus dem Jahr 1986. Zuvor gab es nur eine Zusammenschau verschiedener Einzelpläne der früheren sechs Gemeinden. (s. Abb.) Die tatsächlichen Entwicklungen vor Ort machten es notwendig, den Flächennutzungsplan durch eine Neuaufstellung seit 2007 anzupassen. Bürgerinnen und Bürger erhielten die Möglichkeit, z.B. durch ihre Mitarbeit in Werkstattverfahren (Bürgerbeteiligung) an der Erstellung des Plans mitzuwirken und dadurch über die Zukunft ihrer Stadt aktiv mit zu entscheiden. 815 Für eine neue Stadt ohne gewachsenen Stadtkern nach der Gebietsreform war die Beteiligung an der City-Offensive eine Chance, ihre Mitte (erstmals) neu zu definieren. Das zusätzliche Problem der Polyzentralität wie in Bad Salzuflen und das starke Ortsteildenken ohne Mitte führte zur Auswahl für diese Untersuchung. Die City-Offensive half der Stadt in den Jahren 2000 bis 2004 mit dem Thema Lichtkreise(l) ihre Mitte zu finden: „Anders als historischen Städten fehlt es Bergkamen als relativ junger Stadt an einer konkreten Definition des Innenstadtbereiches... Die Idee...: Die innerstädtischen Kreisverkehre künstlerisch ausgestalten, sie Stadt prägend und Identifikation stiftend aufwerten und zugleich ein verbindendes Element zwischen den beiden Polen der zweigeteilten Bergkamener Innenstadt schaffen... Idee der Kreisverkehre als moderne Stadttore... Durch die Teilnahme an 813 aus Website Bergkamen: Stadtrecht seit 1966; Stand der Einwohnerzahl 31.12.2010 814 Text basiert auf Formulierung der Stadtverwaltung (StA 61 Karsten Quabeck) vom 19.07.2011 815 Die Zusammenstellung der Entwicklung lehnt sich an die Website der Stadt Bergkamen an (10/2007) 182 der Internationalen Bauausstellung (IBA) hatten sich jedoch Wasser und Licht bereits zu städtebaulichen Leitthemen entwickelt.“ 816 Abb. 140 Bergkamen mit 6 Ortsteilen (Wikipedia 2011) u. Abb. 141 F-Plan-Grenze (Website 2011) 2000 Ohne Motto: „Bergkamener Lichtblicke“ Die im Rahmen der IBA neu entstandenen Anlagen für eine neue Stadtmitte wurden für die Offensive als Thema aufgegriffen. Die „City-Offensive sollte helfen, diese Plätze der neuen Mitte mit Leben zu füllen“ und „mit Ab in die Mitte wurde... erstmals die Zusammenarbeit von Handel und Stadtverwaltung in eine neue, entscheidende Phase gebracht.“ 817 Abb. 142 Lichtermarkt Abb. 143 Lichtkunstwerk ‚Maßstab’ 818 Mit den Bergkamener Lichtblicken wurde erstmals der Lichtermarkt auf dem Stadtmarkt durchgeführt. Diese Großveranstaltung ist in der Zwischenzeit etabliert und hat sich zum Herbst-Highlight in der Region entwickelt. Sie hat wesentlich zur Identifikation der Bürgerschaft mit der Stadtmitte beigetragen. 819 2001 Ohne Motto: „Bergkamener Lichtblicke“ Das Thema Lichtblicke aus dem Jahre 2000 wurde in diesem Jahr (nachhaltig) fortgesetzt und unter der Überschrift Spot an: Besondere Orte in City dokumentiert: „Gestalterisches und ökologisches Leitbild der städtebaulichen Umsetzung ist die Vision Licht u. Wasser im öffentlichen Raum zur Identifikation der Stadtmitte zu nutzen... Der eingeleitete Entwicklungsprozess einer Stadt der Licht-Blicke sollte nun mit gezielten Maßnahmen so weiterentwickelt werden, dass diese besonderen Orte mit mehr Leben gefüllt werden... Mit dem Thema Licht im öffentlichen Raum ist es zum zweiten Mal gelungen, attraktive Angebote zu platzieren... Die gesamte Veranstaltungsreihe Bergkamener Licht-Blicke mit ihrem Schluss- Highlight Lichtermarkt Halloween hat den Stadtmarketing-Prozess in Gang gesetzt und zu einer positiven Kommunikation zwischen den Bergkamener Akteuren geführt.“ 820 816 100+1 Idee S. 134/135 817 Dok. ‚abindieMitte’ 2000 NRW S. 80 f 818 Abb. aus Wikipedia Bergkamen 03.03.2011 Lichtermarkt 2004 u. ‚Maßstab’ (von Maik u. Dirk Löbbert) 819 Hinweis der Stadtverwaltung (StA 61 Karsten Quabeck) vom 19.07.2011 820 Dok. ‚abindieMitte’ 2001 NRW S. 88 f 183 Eine Besucherbefragung von 351 Personen in 2001zeigte, dass 50% der Befragten ‚Ab in die Mitte’ kannten und die City-Offensive auch erläutern konnten. Die Veranstaltungen beurteilten 92% mit gut bis sehr gut. „67% der Befragten sind der Auffassung, dass die Veranstaltung in hohem Maße zur Attraktivitätssteigerung der Innenstadt beiträgt.“ 821 Abb. 144 ‚Blaues Band’ Ebertstraße (2002) 2002 Motto Stadtidentitäten:„Bergkamener Lichtblicke - Lichtkreise(l)“ Die Veranstaltungsreihe Bergkamener Lichtblicke 2002 mit den Lichtkreise(l) ist unter der Überschrift Profilierte Räume dokumentiert: „Der konzeptionelle Umgang mit den stadtbildprägenden Elementen Licht und Wasser hat Bergkamen zur Stadt der Lichtinszenierungen im öffentlichen Raum werden lassen... Anders als in historisch gewachsenen Städten ist die Bergkamener Stadtmitte nicht eindeutig baulich identifizierbar. Deshalb wurden die drei Kreisverkehre, die die Innenstadt markieren, modern als Stadttor interpretiert, illuminiert und zu einem Licht-Kreis zusammengeführt.“ 822 Das Programm wurde ergänzt durch weitere Veranstaltungen mit Lichtthemen. „Jedes Jahr wird ein thematischer Schwerpunkt gesetzt.“ Dadurch wurde an beliebte kulturelle Traditionen, wie z.B. „dem Bergkamener Bilder Basar aus den 1970er und 1980er Jahren“ angeknüpft. 823 Abb. 145 ‚Setz dich, sieh dir Wohnturm an’ 2004 Motto Spiel-Platz-Stadt: „Das ist das Haus – von Ayse, Lee und Klaus“ Unter dem Kapitel Planen-Gestalten-Umsetzen wurde Bergkamen dokumentiert, die mittels projektbezogener Verfahren eine konkrete Beteiligung von jüngeren Bürgern an der Stadtplanung erprobte und umsetzte. Bei dem Projekt Haus in Bergkamen ging es wiederum „um die Entwicklung von Utopien für die gesamte Bergkamener Innenstadt – vor allem aber für ein leer stehendes zentrales Gebäude, den so genannten Wohnturm.“ 821 Dok. ‚abindieMitte’ 2001 S. 91 822 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2002 S. 81 f Abb. S. 82 Gestaltung: ROST-CREW, Schwerte 823 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2002 S. 81 f Ergänzung Stadtverwaltung (K. Quabeck 19.07.2011) 184 Unter der Anleitung von Experten setzten sich Kinder und Jugendliche spielerisch mit der gebauten Umwelt auseinander, entwickelten neue Stadtvisionen und in verschiedenen Werkstä(d)tten z.B. eine begehbare Plastik oder einen Stuhl, der zum „Setz dich und sieh dir die Stadt an“ aufforderte. 824 Resümee Die Stadt Bergkamen nutzte in den Jahren 2000 bis 2004 die City-Offensive mit dem Thema Lichtkreise(l) ihre Mitte zu finden. Als ehemalige Bergwerkstadt und relativ junge Stadt mit 6 Ortsteilen und ausgeprägtem Ortsteildenken fehlte ein gewachsener Innenstadtbereich. Die IBA Emscherpark half 1989 bis 1999 zur Entwicklung einer Mitte durch Umgestaltung der Ebertstraße mit Stadtmarkt. Mit der City-Offensive wurde dies mit den Themen ‚Licht und Wasser’ fortgesetzt und der Konflikt ‚Neue Mitte’ und ‚Fußgängerzone Nordberg’ bearbeitet. Abb. 146/147 Neue Mitte Ebertstr. mit Zentrumsplatz u. Abb. 148 FZ am Nordberg 825 Mit der künstlerischen Ausgestaltung der innerstädtischen Kreisverkehre mit Lichtstäben, die in den Himmel zeigen und sich dort in der (ideellen) Mitte treffen, sind verbindende Elemente zwischen den beiden Polen der zweigeteilten Bergkamener Innenstadt. Dazu kommt die Idee der Kreisverkehre als moderne Stadttore. Bei der Befragung wurde deutlich, dass fehlende gewachsene Strukturen für eine Stadtmitte schwierig sind und dass die City auf der ‚grünen Wiese’ problematisch ist – „vor allem wenn Magnete wie Karstadt raus gehen.“ In der Zwischenzeit hat sich eine ausgeprägte Funktionsteilung zwischen Mitte West und Mitte Ost als Stadtmitte von Bergkamen etabliert: Die ‚künstliche Mitte’ (West) wird als Einkaufsstandort hinsichtlich der Öffnungszeiten, des Angebots und der Parkmöglichkeiten von der Bevölkerung geschätzt und für den Kofferraumeinkauf genutzt. Die gewachsene Mitte (Ost-Nordberg) konnte sich daneben schwer behaupten, obwohl mit öffentlichen Investitionen die Aufenthaltsqualität optimiert wurde (Fußgängerzone) und durch die Ansiedlung von Discountbetrieben die Besucherfrequenz deutlich gesteigert werden konnte. Trotzdem wurde in der Befragung die Aufenthaltsqualität und das unattraktive Geschäftsangebot (Filialisten) kritisiert und geäußert: „Man fährt zum Einkaufen auf den Parkplatz und ist danach wieder weg.“ 826 Die städtebaulichen und funktionalen Mängel der Bergkamener Innenstadt wurden durch die umfangreichen Aufwertungsmaßnahmen im Rahmen der IBA im Wesentlichen beseitigt. Der 824 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2004 S. 140 f Abb. S. 142 u. 140 (Entwurf Wohnturm H.A. Schult) 825 Abb. aus Stadtplan der Stadt Bergkamen und Kommunalverband Ruhrgebiet 2003 826 Fragen s. Anhang Kap. 10.4; Zitate in „“ sind anonym. Ergänzung Stadtverwaltung (K. Quabeck 19.07.2011) 185 Identifizierungsprozess der Bewohner und Bewohnerinnen mit der Innenstadt wurde jedoch erst durch die Teilnahme an der Landesinitiative ‚Ab in die Mitte’ eingeleitet und verbessert. So wurde eine Belebung der öffentlichen Plätze und Räume erreicht. Die Beteiligung bei den Stadtfesten, insbesondere beim Lichtermarkt, zeigt einen neuen Optimismus für Bergkamen; das Wir-Gefühl konnte nachdrücklich gefördert werden. 827 Den Grundstein hierfür hatte das Team für ‚Ab in die Mitte’ gelegt. Dies war der Ressort übergreifende Runde Tisch mit: − Stadtmarketing, Wirtschaftsförderung, Kinder- und Jugendbüro, Stadtplanung und Kulturreferat (Verwaltung), − Einzelhandel, insbesondere von der IG Nordberg und bestehenden Initiativen der vorhandenen Geschäftsleute am Zentrumsplatz. − Künstlern und Kulturtreibende aus der Stadt und der Region, Jugendkunstschule − und die große Beteiligung von Kindern und Jugendlichen lässt für die Zukunft hoffen. 828 Die Stadt Bergkamen hatte in den Folgejahren ohne Wettbewerbsteilnahme den ‚Lichtermarkt Halloween’ und den ‚Kultursommer’ als alljährliche traditionelle Events fortgesetzt. Abb. 149 Lichtermarkt und Abb. 150 WalkAct (Fotos der Stadt) Die Antworten der Stadtverwaltung zur Befragung verdeutlichen den Erfolg der Offensive: Bemerkenswert war einleitend der Hinweis auf die gute Organisation der City Offensive durch das Büros Imorde 829 mit den begleitenden Veranstaltungen der City Offensive, die eine gute Möglichkeit sind, neue Kontakte zu knüpfen. Allein die Wettbewerbsausschreibung gibt einer Stadt - auch ohne Teilnahme - eine gute Diskussionsgrundlage fürs Stadtmarketing. In Bergkamen wurde der Antrag durch eine interdisziplinär besetzte Arbeitsgruppe aus Stadtmarketing, Wirtschaftsförderung, Kulturreferat, Planungsamt, zeitweise auch Kinder- und Jugendbüro erarbeitet. Die Kontinuität in den verschiedenen Anträgen ist in dem Thema ‚Wasser und Licht im öffentlichen Raum’ als Alleinstellungsmerkmal der Stadt zu sehen. 2004 wurde zusätzlich der Wohnturm - der im Meinungsbild der Bevölkerung sehr negativ als ‚Schandfleck’ besetzt war - eingebunden, um das städtebaulich dominante Gebäude durch künstlerische Intervention im Image positiv zu besetzen. Das Thema Stadtmitte war bei allen Anträgen und der Ideenfindung bedeutsam. Schon seit Gründung der Stadt Bergkamen aus sechs ehemals selbständigen Gemeinden und aktualisiert im Rahmen der IBA Emscherpark ist die Stadtmittebildung ein Schwerpunktthema der 827 Text basiert auf Formulierung der Stadtverwaltung (StA 61 Karsten Quabeck) vom 19.07.2011 828 Text basiert auf Formulierung der Stadtverwaltung (StA 61 Karsten Quabeck) vom 19.07.2011 Zu ergänzen ist noch, dass Studenten der Universität z.T. den Prozess AidM begleitet hatten. 829 Das Büro Jens Imorde Münster ist der Initiator, Berater und Dokumentar des Projektes ‚Ab in die Mitte’ 186 Stadtentwicklung in Bergkamen. Der Wettbewerb ‚Ab in die Mitte’ hat hier wichtige Impulse geleistet. Die Stadt nahm am Wettbewerb allerdings nicht teil, wenn das Thema der Ausschreibung aufgrund der Stadtstruktur für Bergkamen nicht relevant war. Die Beteiligung des örtlichen Einzelhandels bei der Ideenentwicklung als gleichberechtigte Partner hätte besser sein können. Die Beteiligung von Bürgern und Gästen bei den Aktionen ‚Ab in die Mitte’ war sehr gut - sowohl von der Besucherzahl als auch der aktiven Beteiligung von Vereinen und Organisationen. In den ersten Jahren lag die Organisation bei der o.g. interdisziplinären Arbeitsgruppe der Stadt. Mit fortschreitendem Stadtmarketingprozess lag die Organisation schwerpunktmäßig beim Stadtmarketing der Stadt. Als nachhaltiger Erfolg wurde die Stadtmittebildung genannt. Unterstützt wurde dies durch die städtebauliche Attraktivitätssteigerung im Rahmen der IBA-Emscherpark-Projekte. Die Inbesitznahme der Mitte durch die Bevölkerung mit Veranstaltungen, künstlerischen Events, Kulturangeboten und attraktivem und qualitativ hochwertigem Programm in den Folgejahren bewirkte ein neues, eigenes Profil und Image, das durch die verschiedenen Lichtkunstwerke das Stadtbild verändert hatte. Demnach liegt die Nachhaltigkeit in den wiederkehrenden Veranstaltungen (Lichtermarkt), den Impulsen für Folgeinvestitionen (z.B. ‚Maßstäbe’ in den Kreisverkehren) und schließlich in der Identifikation der Bevölkerung mit der Innenstadt. Auswirkungen auf die Stadtplanung wird seitens der Stadt weniger gesehen. Eher umgekehrt: Die öffentlichen Räume, die in der Stadtmitte im Rahmen der IBA Emscherpark und den Folgejahre umgestaltet wurden, hatte die Bevölkerung mit ‚Ab in die Mitte’ angenommen. Eine Neudefinition der Stadtmitte bewirkten z.B. die Kreisverkehre als Stadttore. Die Identifikation mit der Stadt insgesamt wurde durch die Offensiven deutlich gesteigert. Die Mitte für die Gesamtstadt Bergkamen wird heute - wie im Plan dargestellt - gesehen: 830 Abb. 151 Heutige Stadtmitte von Bergkamen (Stadt) 830 Antworttext basiert auf Formulierung der Stadtverwaltung (StA 61 Karsten Quabeck) vom 19.07.2011 187 6.2.3 Beispiel Gemeinde Hüttenberg ‚ideelle Mitte’ Die Gemeinde Hüttenberg im Lahn-Dill-Kreis in Hessen mit 10.700 Einwohnern wurde 1977 aus sechs Ortsteilen gebildet und hat keine Mitte. 831 Abb. 152 Frau Rat lud zum fröhlichen Weinabend im Goethehaus ein (Dok. Hessen 2006) 2006 „Hüttenberg – bei uns zu Haus“ 832 „Als eher ländliche Wohngemeinde mit sechs Ortsteilen, die zum Teil mehrere Kilometer voneinander entfernt liegen und deren städtebauliche Struktur keine ‚eine’ gemeinsame bauliche Mitte zulässt, gibt es einige Barrieren zu überwinden, auch im Hinblick auf die Schaffung eines gemeinsamen ‚Wir-Gefühls.’“ Dies war die Ausgangssituation für ‚Ab in die Mitte.’ Doch die Einwohner besannen sich auf ihre Stärken und fingen „das ‚gefühlte’ Hüttenberg“ ein und ließen 2006 „eine „Veranstaltung lebendig werden.“ Im Rahmen der Projektarbeit ‚Ab in die Mitte’ wurde festgestellt, dass trotz des ausgeprägten Ortsteildenkens „weitaus mehr Verbindendes als Trennendes zwischen den einzelnen Dörfern gibt: Eine Heimat finden, sich in Dorf und Natur wohl fühlen... Handwerke pflegen, Dorffeste feiern, die Mundart erhalten und Gäste... willkommen heißen.“ Bisher war die Identifikation mit diesen Werten nicht wahrnehmbar. Von daher war das Hauptziel des Wettbewerbsbeitrages „eine ‚ideelle Mitte’ für die gesamte Gemeinde darzustellen, indem verbindende Elemente aller Ortsteile erfahrbar werden.“ Für die Projektarbeit waren über 100 Ortsvereine zu aktivieren, um das Motto zu entwickeln: „Hüttenberg – bei uns zu Haus“ Bei einem mehrtägigen Herbstfest wurden von allen Ortsteilen Traditionsveranstaltungen durch Aktionen ergänzt, um „ein stimmiges Gesamtbild ‚Hüttenberg’ entstehen“ zu lassen. Sowohl die Veranstaltungen als auch deren Räume sollten „eine Rückbesinnung auf die bauliche Mitte der Ortskerne bewirken.“ Damit wurde ‚Ab in die Mitte’ die „gefühlte und gelebte Mitte.“ Gelebt hieß: „Hautnah dabei sein und mitmachen anstatt zuschauen.“ 833 831 aus Wikipedia und Website Hüttenberg 03.03.2011 Hüttenberg ist mit Bergkamen vergleichbar – nur kleiner mit den 6 Ortsteilen: Rechtenbach, Weidenhausen, Volpertshausen, Vollnkirchen, Reiskirchen und Hüttenberg. 832 Zusammenstellung erfolgt aus der Dokumentation ‚abindieMitte’ Hessen 2006 S. 42 f (Abb. S. 43 Frau Rat) 833 Dok. ‚abindieMitte’ Hessen 2006 S. 42 f 188 2009 „Wir haben 6 Richtige“ Mit dem zweiten Motto „Wir haben 6 Richtige“ sollte das Wir-Gefühl und die Identifikation mit einer erfolgreichen, lebenswerten und aktiven Gemeinde weiterhin gestärkt werden: „Es gibt das ‚gefühlte Hüttenberg,’ die ideelle Mitte, die uns zusammenhält, uns von den umliegenden Gemeinden deutlich abhebt und uns immer noch wachsen lässt... Das aktuelle Motto... meinen wir wörtlich: Jedes unserer sechs Dörfer ist ein Treffer, aber nur zusammen sind wir ein Hauptgewinn.“ 834 2009 hatte sich die Gemeinde für ein „Hauptprojekt entschieden, das nur von Bürgern, Vereinen, Unternehmern, Schülern und Kindergärten aus allen Ortsteilen gemeinsam getragen werden konnte.“ Das Projekt hieß „Auf die richtige Zahl gesetzt“ und führte „durch die Geschichte der Gemeinde.“ Vier Wochen lang waren die Ortsmitten „Entdeckerfeld“ mit den „Erlebnisfeldern Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit.“ Dabei konnte entdeckt werden, „warum Hüttenberg schon seit über 7000 Jahren etwas ganz Besonderes“ ist. 835 Abb. 153-156 Zur Geschichte der Gemeinde ‚Ab in die Mitte’ 2009 836 Resümee Die Befragung 837 in der Gemeinde Hüttenberg führte zu folgendem Ergebnis: Die Bewerbungen der Gemeinde Hüttenberg (2006 und 2009) wurden von der Verwaltung initiiert und unter deren Federführung bzw. Gesamtsteuerung durchgeführt. Die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit hat in Abstimmung mit einzelnen Akteuren aus Vereinen und dem Gewerbe den Antrag formuliert. Bei beiden Anträgen stand die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls der Hüttenberger Bürger in allen Ortsteilen im Vordergrund der Aktionen. Ziel war und ist, dass sich die Hüttenberger, trotz oder gerade weil sie in sechs sehr eigenständigen Ortsteilen leben, sich dennoch als Gemeinschaft empfinden. Da die Gemeinde Hüttenberg keine eindeutige bauliche Mitte hat, wurde in den Anträgen von der gefühlten, der ideellen Mitte gesprochen. Diese Mitte besteht in den gemeinsamen Traditionen und Stärken der einzelnen Ortsteile, die gemeinsam ein Ganzes ergeben sollen. Darüber hinaus sollten auch die Ortsmitten in den Dörfern belebt und durch Veranstaltung für alle Hüttenberger über den eigenen Kirchturm hinaus attraktiv gemacht werden. Beim ersten Antrag mussten die Akteure noch von der Idee überzeugt werden. Da die Aktionen 2006 ein Erfolg waren, wurden 2009 müheloser Mitstreiter gefunden. Die Betreuung der einzelnen Projekte erfolgte zusammen mit Akteuren in den Ortsteilen, wie 834 Dok. ‚abindieMitte’ Hessen 2009 S. 36 835 Dok. ‚abindieMitte’ Hessen 2009 S. 36 u. 37 836 Dok. ‚abindieMitte’ Hessen 2009 S. 39 Abb. 4: ‚Modenschau mit Eisenzeitgewändern’ 6: ‚Reiskirchen – anno dazumal’ 10: Gewerbefest rund ums Rathaus’ 12: ‚Stockbrot vom Lehmofen’ 837 Fragen s. Anhang Kap. 10.4 Der folgende Text basiert auf die Beantwortung von Stefanie Gold (Zentrale Dienste – Öffentlichkeitsarbeit) auf die gestellten Fragen. 189 Privatpersonen, Vereinsvertreter und Gewerbetreibende. Das Ziel, gemeinsame Aktionen für alle Ortsteile zu bieten bzw. die Bürger in die jeweils benachbarten Dörfer zu locken, gelang. Da der Zeitraum zwischen Anerkennung des Projekts und tatsächlichem Projektbeginn sehr kurz war, war es für eine kleine Gemeinde wie Hüttenberg schwer in der verbleibenden Zeit alle Akteure zu finden, die Veranstaltungen auszuarbeiten und durchführungsreif zu gestalten. Der Erfolg für Hüttenberg lag darin, dass die Bürger sich als Gemeinschaft erfahren und die Ortsmitten aller Dörfer unter neuem Gesichtspunkt und Erlebniswert kennen lernen konnten. Die Nachhaltigkeit ist darin zu sehen, dass viele der Projekte in den Jahren zwischen den Offensiven und danach von den Vereinen und/oder der Verwaltung weitergeführt wurden. Da mit der Offensiveprämie einfach einmal neue Wege ausprobiert werden konnten, erhielt Hüttenberg einen neuen Impuls. Den Bürgern wurden Angebote gemacht, die sie sonst nur in den umliegenden größeren Städten finden. Die Botschaft, dass Hüttenberg mit den einzelnen Dörfern viel zu bieten hat, ist durch die Aktionsreihen auch im Umland angekommen. Die Entwicklung der Identität mit der Gemeinde erfolgte im Entwicklungsprozess gemeinsam mit Bürgern, Politik und Verwaltung. ‚Ab in die Mitte’ war und ist ein Instrument, um die Botschaft in die Dörfer und die Häuser zu tragen, den Hüttenberger den Rücken zu stärken und das Gefühl zu vermitteln, in einer aktiven und attraktiven Gemeinde zu leben, die Menschen aller Altersstufen etwas zu bieten hat. Da die Aktion ‚bei uns zu Haus’ in den Folgejahren immer wieder fortgesetzt wurde, ist die Botschaft und das Gefühl, gerne ein Hüttenberger zu sein, gut in die Bevölkerung als gemeindliche Identifikation transportiert worden. Das Motto ‚bei uns zu Haus’ ist mittlerweile ganz selbstverständlich. Das Motto ‚Wir haben 6 Richtige’ verstärkte das Wir-Gefühl und auch die Identifikation mit einer erfolgreichen, lebenswerten und aktiven Gemeinde. Stadtplanerisch und baulich wurden die Belebung und Neugestaltung der Ortsmitten durch die Teilnahme an Förderprogrammen wie „Dorferneuerung“ und „Einfache Stadterneuerung“ fortgesetzt. Die Zusatzfrage: Wo ist die Mitte der Gemeinde? wurde wie folgt beantwortet: „Die Mitte Hüttenbergs bilden die Hüttenberger Bürger. Wenn das Gefühl stimmt, hier gut leben zu können, wird unsere Gemeinde, als einzige im Lahn-Dill-Kreis, auch weiterhin wachsen. Nur so kann die öffentliche und gewerbliche Infrastruktur in den Ortsmitten erhalten werden. Die Ortsmitten in den sechs Dörfern und vor allem die Ortsmitte im zentralen Ort – in Rechtenbach – müssen demnach so gestaltet werden, dass das Erleben Gemeinschaft durch das Zusammentreffen der Menschen zu den unterschiedlichsten Projekten und Anlässen möglich ist.“ 838 Als schöne Erinnerung bleibt das begleitende Hüttenberg-Puzzle als Wandbild aus 2006. Dort heißt es: ‚Ich bin ein Teil von Hüttenberg.’ Gerade diese Aktion hatte für die Zukunft etwas in Gang gesetzt, das auf die Mitte zielte, aber auch auf die Mitte der Herzen der Menschen, die dort vor Ort leben. Es hat bürgerschaftliches Engagement und ein neues Bewusstsein für den gesamten Ort gefördert. Es zeigt sich, dass eine attraktive Mitte – auch wenn sie nur ideell da ist – ein Anziehungspunkt und Lebensmittelpunkt für die Menschen ist, die diese Mitte mit pulsierenden Leben füllen. 838 Zitat: Stefanie Gold (Zentrale Dienste – Öffentlichkeitsarbeit) 190 Der zuständige Minister Alois Rhiel äußerte zum Projekt 2006: „Hüttenberg wurde zum ‚Zuhause’ und damit zu einem Ort, an den man gute Freunde einlädt und an dem es oftmals doch am Schönsten ist.“ 839 In der Dokumentation 2009 äußerte sich die Gemeinde anerkennend zur City Offensive: „Ohne die Initiative ‚Ab in die Mitte’ wären nicht nur all die Schätze im Archiv (Projekt ‚Entdeckerfeld’) verschwunden; ohne ‚Ab in die Mitte’ hätte Hüttenberg nicht den Beweis erbringen können, dass die Hüttenberger ein Volltreffer sind, die gemeinsam Großes leisten können, eben ‚6 Richtige!’“ 840 In diesem Zusammenhag passt die Bemerkung von Lovro Mandac zu Hüttenberg: „Was die Kleinen... den Großen voraushaben, ist die Nähe zu den Menschen... die sich für ihre Stadt (Gemeinde) auf den Weg machen. Bei ‚Ab in die Mitte’ ist das immer wieder deutlich zu spüren.“ 841 Ergänzend wird noch die Bemerkung des Sponsors der Binding-Brauerei angeführt: „Jede Stadt, jede Gemeinde hat eine Mitte oder einen Mittelpunkt, z.B. einen Marktplatz, einen Dorfteich, eine Fußgängerzone oder eine Einkaufsstraße. Was aber in den Mittelpunkt einer Stadt (Gemeinde) gehört, sind die Menschen, die in der Stadt leben und arbeiten. Sie sind das Herzstück und verleihen Städten und Gemeinden ihre Lebendigkeit.“ 842 In seinem Grußwort erwähnte der hessische Staatsminister Dieter Posch, dass Hüttenberg unter dem Motto ‚Wir haben 6 Richtige’ das Profil der sechs Ortsteile betonte und blickte auf sieben erfolgreiche Jahre der City Offensive in Hessen zurück: „Das Projekt ist das richtige Instrument, um das Bewusstsein für die Innenstädte zu stärken und bürgerschaftliches Engagement zu entwickeln... so entstanden Netzwerke... von nachhaltiger Bedeutung... Keine Bewerbung ist vergebens. Allein die Arbeit an der Bewerbung, die Entwicklung von Ideen zur Belebung der eigenen Stadt und das Knüpfen erster Kontakte und Bündnisse zwischen der politischen Gemeinde, ihren Bürgerinnen und Bürgern und den privaten Akteuren setzten in einer Kommune vieles in Bewegung... Setzen Sie... die entwickelten Projektideen auch ohne Preisträgerschaft im Wettbewerb um, und sei es nur in Teilen.“ 843 Anzumerken ist noch, dass in Hessen seit 2009 erstmals auch private Initiativen zugelassen wurden, die gemeinsam mit den Kommunen einen Beitrag zur Belebung der Innenstadt leisten. Dadurch wird das bürgerschaftliche Engagement noch mehr unterstützt, das letztlich das „Herz der Städte und Gemeinden“ ist. 844 Damit verdeutlicht das Beispiel Hüttenberg in Hessen, dass politisches und bürgerschaftliches Engagement notwenig ist, um die Mitte einer Gemeinde, bzw. die städtische Kernfunktion zu sichern und weiterzuentwickeln. 839 Dok. ‚abindieMitte’ Hessen 2006 S. 6 Dr. Alois Rhiel Minister Wirtschaft, Verkehr, Landesentwicklung 840 Dok. ‚abindieMitte’ Hessen 2009 S. 37 841 Lovro Mandac in: Dok. ‚abindieMitte’ Hessen 2009 S. 14 842 Dok. ‚abindieMitte’ Hessen 2009 S. 45 Beitrag von Vorstand Binding-Brauerei AG Otto J. Völker 843 Dok. ‚abindieMitte’ Hessen 2009 S. 4 u. 5 aus: Grußwort Dieter Posch (He. Staatsminister für Wirtschaft, Verkehr u. Landesentwicklung) 844 Dok. ‚abindieMitte’ Hessen 2009 S. 34 Beitrag von Dr. Jürgen Dieter GF He. Städtetag u. S. 44 Matthias Gräßle GF IHK He. 191 6.2.4 Beispiel Stadt Bad Salzuflen ‚Polyzentralität’ „Mitten in Deutschland, zwischen Teutoburger Wald und Weser, liegt das traditionsreiche und beliebte Staatsbad Salzuflen. Eingebettet in das lippische Bergland, bietet es Erholungssuchenden und Naturbegeisterten eine reizvolle Wald- und Auenlandschaft... Der weitläufige Kur- und Landschaftspark zählt zu den größten seiner Art in Deutschland... Neun eigene Thermalsolequellen sorgen für Luft und Wasser wie an der See... Ein Bummel entlang der imposanten Gradierwerke ist so gesund und erfrischend wie ein Spaziergang am Meer. Bad Salzuflen ist eine Stadt mit vielen Gesichtern, denn sie bietet auch eine wunderschöne historische Altstadt mit Fachwerkhäusern aus der Zeit der Weserrenaissance. In der attraktiven Fußgängerzone mit zahlreichen Blumen, Bänken, Brunnen, Geschäften, Cafés und Restaurants lässt es sich entspannt bummeln und genießen... In Bad Salzuflen finden Sie gleich zwei Zentren, in denen es sich wunderbar shoppen und bummeln lässt: die historische Altstadt Salzuflens mit ihren Ensembles und Plätzen sowie der Ortskern von Schötmar.“ 845 Seit 2001 versuchte die Stadt den Zuschlag beim Landeswettbewerb ‚Ab in die Mitte’ zu erhalten. Erst in den Jahren 2006 bis 2008 waren die Bewerbungen erfolgreich. Ablauf und Inhalte der erfolglosen und erfolgreichen Anträge verdeutlichen das Verfahren: Bewerbungen 846 zur City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ von 2001 bis 2005 - ohne Erfolg - 2001 hatte sich Bad Salzuflen erstmals gleich mit den zwei Projekten “Aktion Roter Teppich“ und „Golf in the City“ beworben. Der Antrag sollte Salzuflen „als kundenfreundliche Stadt mit Niveau profilieren.“ Im Antrag stand, dass „bewusst auf große einmalige Events“ verzichtet und „eher auf leise Töne“ und „kleine Aktionen“ gesetzt wurde. Die Stadtverwaltung (Stadtmarketing) hatte die Projekte zusammen mit der neu gegründeten „Marketing Bad Salzuflen Consulting AG (mbsc) entwickelt, die diese Ideen umsetzen sollte. Bei der Aktion roter Teppich sollte dieser sternförmig in der Innenstadt ausgebreitet werden. An vier geeigneten Plätzen waren transparent überdachte Themeninseln aus der Salzufler Geschichte und Gegenwart geplant, um die innerstädtischen „Standortvorteile gegenüber der grünen Wiese“ gemäß dem Motto „Alle reden vom Wetter – wir nicht“ zu dokumentieren. Das zweite Projekt Golf in the City sollte Bad Salzuflen in die Mitte der Golfregion in Ostwestfalen-Lippe mit 23 Golfplätzen bringen. Beide Anträge führten nicht zum Erfolg. Der beantragte Förderbedarf für das 1. Projekt i. H. von 245.000 DM (Gesamtkosten 373.000 DM) deutete eher auf ‚laute Töne’ und ‚größere Aktionen’ hin. Der Förderbedarf für das 2. Projekt i. H. von 302.000 DM (Gesamtkosten 432.000 DM) verdeutlicht den überzogenen Kostenrahmen für die beantragte Offensive. 2002 (Motto: Stadtidentitäten) erfolgte ein Antrag mit dem Titel „Wandeln im Wandel der Zeiten... Zeitgemäße Events“ sollten Vorhandenes aufgreifen und mit Neuem verbinden. Die traditionell gewachsenen Vorzüge der Stadt sollten neu entdeckt werden und Identifikationen schaffen. Im Antrag stand: „Das Projekt ist als Initialzündung zu verstehen, um Richtungen für die Belebung innerstädtischen Lebens aufzuzeigen. Dabei wurden „City als Erlebnisraum“ und „Vitalisierung der City“ als zentrale Kommunikationselemente benannt. 845 aus: Website Bad Salzuflen (10/2008): Weitere Ausführungen zur Geschichte und Entwicklung s. Kap. 3. 846 Die Ausführungen und „Zitate“ basieren auf den Wettbewerbsanträgen der Stadt Bad Salzuflen 192 Im Antrag stand, dass die Angebote der Stadt einem ständigen Wandel unterliegen und somit nicht mehr „zeitgemäß“ und auch nicht mehr „identitätsstiftend“ sind. Deshalb bedeutete „Wandel im Wandel der Zeit“ eine Botschaft, „die traditionell verwurzelte Vorzüge eines funktionierenden urbanen Gemeinwesens mit neuen Ideen und strukturellen Wandlungen“ verbindet und „die aktuellen und künftigen Bedürfnisse der Einwohner und Besucher der Stadt“ reflektiert. Dabei wurden auf der Fußgängerzone, dem Salzhof und Kurpark „die Vitalisierung der innerstädtischen Bereiche“ in Alt Salzuflen fixiert. Die Aktionen waren eventorientiert, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Wesentlicher ist im Antrag die Definition des Stadtzentrums, der Mitte von Bad Salzuflen mit den drei Schauplätzen. Der Aktionsplatz Salzhof, die Fußgängerzone Lange Straße und das Schliepsteiner Tor bilden quasi eine Mittelachse im Zentrum, die sich vom Schliepsteiner Tor aus entlang der Gradierwerke an der Parkstraße zum innenstadtnahen Kurpark verlängert. Wie schon im Vorjahr sollte die Stadtmarketing-Organisation alle Kommunikationsebenen vereinen. „Das Hauptziel der Kommunikationsstrategie besteht... darin, das Projekt so in das öffentliche Bewusstsein zu heben, dass sich Akteure 847 wie auch potentielle Nutzer der vielfältigen Programmangebote mit der Gesamtaktion identifizieren.“ Bei dem beantragten Projekt ging es weniger um das Motto „Stadtidentität,“ sondern mehr um die Identifikation mit den angebotenen Programmen. Wie schon im ersten Antrag handelte es sich um ein eventorientiertes Projekt, dessen Gesamtkosten bei 322.500 € lagen. Die Chance zur Findung der Stadtidentität und zu privat/öffentlichen Allianzen blieb abermals erfolglos. 2003 (Motto: Stadtidentitäten – veränderte Stadtansichten) erhielt der Wettbewerbsantrag den Titel „Bad Salzufler Lebensquellen – Ansichten und Sichtweisen,“ da das „Salz als Quelle des Lebens, der Gesundheit, des Wohlstandes“ den „städtischen Charakter“ prägen und „grundlegend für das Alleinstellungsmerkmal Wohlfühlen 848 ist. Das Thema manifestiert sich damit erstmals deutlich an die Salzgeschichte, erhält eine zentrale Bedeutung für die Stadtidentität und berücksichtigt das Landesmotto ‚Stadtidentitäten/Stadtansichten.’ Die eventorientierten Aktionen bauten auf vorhandene Aktionen, die neu strukturiert werden. Der „Erlebnistag Wandern“ 849 und „der traditionelle Bad Salzufler Wochenmarkt - durch das Format Salzmarkt qualitativ modifiziert“ stellen Aktionen dar, bei denen die innerstädtischen Brunnen, Salzquellen und Gradierwerke eingebunden werden sollten. „Mit der absoluten Konzentration auf die Gradierwerke, die Brunnen und Quellen Bad Salzuflens werden die repräsentierenden Bauwerke in den Focus des Events gerückt. Der Zusammenhang von Salz – Stadtidentität – Wohlfühlen ist immer das Thema aller Aktionen.“ Der Schwerpunkt des Antrages lag darin „bestehendes Veranstaltungsformat in die Aktion zu integrieren.“ Erstmals sollten zahlreiche Akteure aus Handel, Gastronomie, Vereinen stärker für die Umsetzung einbezogen werden. Der Förderantrag beinhaltete nur noch 58.500 € (Gesamtkosten 97.500 €). Jedoch Events alleine können keine Stadtidentität erzeugen. 2005 wurde nach einer Pause im Wahljahr 2004 und der Neuordnung des Stadtmarketings ein Antrag mit dem Titel „Wir – das Salz in der Suppe“ gestellt. Das Landesmotto „Jung und alt – starkes Potential für die Städte“ wurde durch den Zusatz „Generationen in Bad Salzuflen“ 847 Akteure aus Wirtschaft und Kultur sollen bei der Umsetzung, weniger bei der Planung, eingebunden werden. 848 Bad Salzuflen – Ich fühl mich wohl weist auf die Bezeichnung Wohlfühlstadt hin. 849 Erstmaliger Wandertag wurde in Bad Salzuflen im Jahre 2002 durchgeführt. 193 aufgegriffen. Durch einen Innenstadt-Parcours der Zeitreise durch die Geschichte der Stadt vom 11. Jh. an sollte einmal ein Rückblick auf vergangene Generationen und zum anderen ein gegenwärtiges generationsübergreifendes Zusammenleben im öffentlichen Raum erfolgen. Folgende zwei Hauptprojekte waren dafür angedacht: (1) „Salz-Diplom,“ das durch die spielerische Aufarbeitung der Stadtgeschichte erlangt wird und zur Gestaltung einer innerstädtischen Maßnahme (z.B. Generationsplatz) berechtigt. (2) „Salz-Preis“ für Ideen zum generationsübergreifenden Zusammenleben: Preis für „Ideen für morgen“ auf den öffentlichen Plätzen und Preis für „Helden des Alltags“ für Leistungen von Salzufler Bürgern im generationsübergreifenden Dialog. Die Thematisierung des beantragten Projektes griff die Überalterung in der Innenstadt von Salzuflen auf, während in den Ortsteilen der bevorzugte Wohnraum junger Familien liegt. „Diese Familien gilt es im Rahmen des Projektes in die Innenstadt zu holen, um auch die altersbedingten Nutzungskonflikte im Dialog lösen zu können,“ stand im Antrag. Da Stadtmarketing im Antragsjahr einer grundlegenden Neuordnung unterworfen war, lag die Projektleitung für die Ideenentwicklung in der Verwaltung: „Dazu wurde bewusst in der Ideenfindungsphase ein größerer Kreis von wichtigen Multiplikatoren eingebunden.“ In dieser erstmaligen Lenkungsgruppe agierten Vertreter des Einzelhandels, der Stadtverwaltung, der Gastronomie sowie interessierte Bürger. „Schon frühzeitig wurde somit das Engagement bei der Ideenentwicklung mit der Verantwortung zur Umsetzung des Projektes verbunden.“ 850 Der Antrag 2005 konnte - wie in den Jahren davor - keinen Erfolg haben, da der prozessartige Ablauf zur Ideenfindung und für die Umsetzung nicht deutlich wurde. ‚Ab in die Mitte’ fordert mehr als nur Events oder - wie in 2005 - Spiele und Preise. Die beantragten Fördermittel lagen diesmal überschaubar bei 44.280 € (73.800 € Gesamtkosten). 2006 Motto: BürgerUnternehmenStadt: „BUNT – eine Stadt zeigt Flagge!“ 2006 war der Antrag von Bad Salzuflen erstmalig erfolgreich. In der Dokumentation des Landes NRW wurde das Projekt wie folgt vorgestellt: „Die Projektkonzeption „BUNT – Eine Stadt zeigt Flagge! unterstützt die Integrationspolitik der Stadt und das Zusammenleben der über 100 Nationen in Bad Salzuflen... Ziel des Projektes bestand darin, das nationen- und generationenübergreifende Zusammenleben innerhalb der Stadt zu erproben, zu verfestigen und auszubauen.“ 851 „Einen wesentlichen Kern des Projektes bildeten“ folgende Einzelhandelsaktionen: Im OT Schötmar erfolgte der Auftakt mit den orientalischen Aktionstagen 1001 Nacht, bei denen Handel, Kultur und Küche verschiedener Nationen miteinander kooperierten. Im OT Salzuflen fand das Abschlusswochenende mit der Überschrift Stadt der Kulturen statt, bei dem sich die Straßenzüge der Innenstadt in die verschiedenen Kontinente verwandelten. 852 BUNT bot als weitere Plattformen eine „Künstlermeile verschiedener Nationen“ am Ufer der Salze in Salzuflen... „Selber mitmachen und kulturelle Vielfalt leben“ war mit dem Stadttheater Boulevard der Vorurteile und im Planungsworkshop zur Stadtplatzgestaltung unter der Überschrift Platz für Alle in Schötmar möglich... Die Kindergartenkinder 850 Antragsteller: Amt für Wirtschaft u. Öffentlichkeit/Sachgebiet Stadtmarketing mit Büro Rinke/Engelhardt 851 Dok. ‚abindieMitte’ NRW2006 S. 72 852 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2006 S. 72-73 194 veranstalteten eine internationale Fahnenparade, die „Grundschulen fertigten auf lebensgroßen Figuren Ländercollagen und in einem Bandwettbewerb wurde unter Leitung der Musikschule musiziert... Im Dialog zwischen Bürgern mit Migrationshintergrund und deutschen Bürgern wurde somit Flagge gezeigt, d.h. „Gruppen, Vereine und Einzelhändler wurden zusammengeführt, neue Impulse und Anstöße für die Zukunft sowie Kooperationen und Netzwerke entstanden.“ 853 Abb. 157 Flaggenhissung mit BM und Abb. 158 Weltkugel für Flaggenparade 854 Ein Blick in den Wettbewerbsantrag 855 ° der Stadt verdeutlicht die Qualität des Projektes: Bad Salzuflen verfügt über einen sehr hohen Anteil an Mitbürgern mit Migrationshintergrund (8,6 %). Unter den Einwohnern befinden sich 140 verschiedene Nationalitäten. Darüber hinaus gibt es einen extrem hohen Anteil der über 65jährigen in der Bevölkerung. „Somit ergibt sich für Bad Salzuflen eine Situation, die in vielen anderen Kommunen des Landes erst zukünftig zu erwarten ist... Aus diesem Tatsachenbestand ergibt sich ein dringender Integrationsauftrag für die eigene Stadtentwicklung.“ ° Durch unterschiedliche Veranstaltungsorte wurden die beiden Zentren Salzuflen (Überalterung) und Schötmar (hoher Anteil an Migranten und Ausländern) mit eingebunden. Ziel der Stadt war es, mit den Projekten „eine neue Qualität innerstädtischen Zusammenlebens“ zu erreichen. Mit dem „internationalen, bürgerschaftlichen Potenzial einer Stadt“ sollte der steigenden innerstädtischen „Uniformität“ entgegen gewirkt werden. Gleichzeitig entstand „ein nachhaltiger Beitrag zum nationen- und generationen- übergreifenden Zusammenleben und somit zum sozialen Ausgleich.“ ° „Die Revitalisierung der Innenstadt wird somit über die interkulturelle Identität ihrer Nutzer vorangetrieben.“ ° Das Projekt löste sich bewusst von vorhandenen Veranstaltungen, um sich „auf neue innovative Kooperationen und gemeinsames Arbeiten einzulassen.“ Dabei wurde der „interkulturelle Arbeitskreis,“ der sich im Rahmen des Entwicklungskonzeptes „Demographie und Integration“ im Jahre 2005 nachhaltig entwickelt hatte, mit eingebunden. Ein weiterer Baustein war die Erfüllung des stadteigenen Slogan „Bad Salzuflen – ich fühl mich wohl.“ ° Nach Auflösung der mbsc AG lag die Kooperation beim neuen Stadtmarketingbeauftragten. 856 In drei halbtags Workshops wurden mit ca. 10-15 Personen die Ideen entwickelt. Daraus 853 Dokumentation ‚abindieMitte’ NRW 2006 S. 70-74 854 Abb. aus Dokumentation ‚abindieMitte’ NRW 2006 S. 72 u. 74 (mit BM Dr. Wolfgang Honsdorf) 855 ° Die Ausführungen und „Zitate“ ° sind dem Wettbewerbsantrag entnommen. 195 hat sich dauerhaft eine Lenkungsgruppe 857 gebildet, die den verlängerten Arm zu den einzelnen Projekt-Teams darstellte. Die politische Begleitung erfolgte im neu gebildeten Stadtmarketingausschuss. 858 Das Gesamtprojektbudget lag bei 60.000 €. 859 ‚Ab in die Mitte’ gaben der prozessgesteuerten Diskussion um Probleme in der Stadtentwicklung neue Impulse. Die Nachhaltigkeit dieses Prozesses wird durch die Projekte in den Folgejahren deutlich. 2007 Motto: Jung und Alt – Starkes Potenzial für die Städte: „Generationenzauber“ 2007 gelang der Stadt Bad Salzuflen zum zweiten Mal die Teilnahme am Wettbewerb und konnte an die Aktionen des Vorjahres anknüpfen. Das Gesamtprojektbudget lag bei 50.000 €. 860 Das Landesmotto ermöglichte, die Stadtentwicklung aus der Sicht aller Generationen zu betrachten. In der Dokumentation des Landes NRW wird das Projekt unter der Überschrift Stein an Stein – ein Bild entsteht wie folgt dargestellt: „Das Projekt stellte ein Dialogangebot an alle Bürger dar, über das Miteinander der Generationen vor Ort nachzudenken, dieses zu gestalten und zu stärken. Generationenzauber schaffte für Jung und Alt Möglichkeiten zur Teilnahme am Leben in der Innenstadt.“ 861 Abb. 159 ‚Orchester der Generationen’ – Abb. 160 Solestrand – Abb. 161 planBAR Das „Orchester der Generationen“ lieferte den Beweis, dass alle Generationen zusammen musizieren können. Im Eingangsbereich zum Kurpark, auf dem so genannten Roten Platz vor dem „Erlebnis Gradierwerk,“ konnten sich am „Sole Strand“ Jung und Alt treffen und verweilen. „Am Tag der Begegnung präsentierten sich über dreißig... engagierte Vereine auf einer Meile in der Innenstadt,“ wie auf einem Lebenspfad aller Generationen. „Den Abschluss feierten alle zusammen“ unter dem Motto „Der Salzhof kocht.“ 862 Als Aktionsraum wurde die historische Altstadt von Salzuflen unter Einbeziehung des Kurparks ausgewählt. „Die Veranstaltungsreihe beschäftigte sich... mit der Frage, wie die Innenstadt von Bad Salzuflen städtebaulich und gestalterisch generationengerecht entwickelt werden kann.“ Dabei erfolgte der „direkte Dialog mit unterschiedlichen Generationen“ in dem extra eingerichteten Ladenlokal „planBAR“ in der Altstadt. „Anregungen und 856 Der Stadtmarketingbeauftragte Christoph Schmitz (Kultur- und Stadtmarketingbüro 2005-09) erarbeitete den Wettbewerbsantrag 2006 mit dem Büro NOAH. 857 Lenkungsgruppe mit Akteuren aus Handel, Kultur, Wirtschaft, Verwaltung, Gastronomie und Bürgerschaft 858 Die Diskussion um ‚Stadtmarketing’ wurde im Kapitel 3. ‚Fachplanungen’ ausführlich behandelt. 859 Gesamtprojektbudget: 60.000€, Förderung 30.000€, Stadt 20.000€ u. Sponsoren 10.000€ (Haushalt 2006) 860 Gesamtprojektbudget: 50.000€, Förderung 30.000€, Stadt 10.000€ u. Sponsoren 10.000€ (Haushalt 2007) 861 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2007 S. 77 862 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2007 S. 78 Abb. aus Dokumentation ‚abindieMitte’ NRW S. 78, 79, 76 196 Verbesserungsvorschläge“ sowie die Auswertung „der Befragungen“ und Aktionen „fließen in die weiteren Planungen zur Aufwertung der Innenstadt (Masterplan) ein.“ 863 Abb. 162 Beispielhaftes Befragungsergebnis in der planBAR 2007 (aus: Fachdienst Stadtplanung) Die Beteiligungskultur der planBAR wurde weiterhin angewendet. 864 Der Sole Strand erfuhr eine mehrjährige Wiederholung. Der Salzhof kochte nun schon das zweite Mal. Ab in die Mitte lieferte im Handel den Anstoß zur Einrichtung eines Online-Einkaufsführers. Aus dem Wettbewerbsantrag 865 ° der Stadt ist noch Folgendes zu ergänzen: In der Stadt leben Jung und Alt gemeinsam und prägen diese. Deshalb ist das Zusammenleben verschiedener Generationen und auch Nationen und das „voneinander und miteinander Lernen“ zu fördern. „Dabei kommt der Innenstadt als öffentlicher Raum der Kommunikation, der Begegnung und der Interaktion eine zentrale Bedeutung zu.“ ° Wie schon in dem vorjährigen Antrag wurde abermals festgestellt: „In Bad Salzuflen ergibt sich schon heute eine demographische Situation, die vielen anderen Kommunen des Landes erst zukünftig zu erwarten ist.“ Damit konnte die erfolgreiche Behandlung des demographischen Wandels „als dringender Auftrag für die eigene Stadtentwicklung“ in Bad Salzuflen fortgesetzt werden. ° „Generationszauber“ sollte die „Entwicklung zur Stadt der Zukunft einleiten... Mit dieser Aktion sollen Bürger, Vereine, Unternehmen und Stadt in einen neuen Prozess eintreten,“ mit der Absicht und Chance „gemeinsam zu handeln, voneinander zu lernen und einander zu ergänzen... Das Konzept ist integrativ und spricht alle Bürgerinnen und Bürger an.“ ° „Aktionsräume für alle Altersgruppen und Nationen“ waren der historische Stadtkern und der direkt angrenzende Kurbereich. Die Bedeutung und Zielsetzung von „Generationenzauber“ 863 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2007 S. 77 (s. Kap. 3.4.5 Aktive Innenstadt – Masterplan) 864 s. Kap. 3.4.5 Masterplan Innenstadt u. 3.4.4 STEK 2020 und Kap. 9.2 Auswertung Befragungen 865 ° Ausführungen u. Zitate ° resultieren aus der Teilnahme an der Lenkungsgruppe u. dem Wettbewerbsantrag. 197 wird durch ein Zitat von Michael Breuer deutlich: nämlich dass „nur eine bewohnte, eine familienfreundliche und generationengerechte Stadt... eine zukunftsfähige Stadt“ ist. 866 In diesem Zusammenhang kommt der Stadtslogan „Bad Salzuflen – ich fühl mich wohl“ wieder zum Tragen; denn Ziel ist es, dass alle in dieser Stadt „gerne leben und arbeiten, sich aber auch aktiv in das städtische Geschehen und in die Entwicklung einbringen.“ Eine Revitalisierung der Innenstadt wird somit „über die generationenübergreifende und interkulturelle Identität ihrer Nutzer vorangetrieben. Neue Besuchergruppen können erschlossen, die Multifunktionalität und die Aufenthalts- und Erlebnisqualität des öffentlichen Raumes Innenstadt verbessert erden.“ ° „Das Projekt Generationenzauber greift die Charakteristika Bad Salzuflens – Ruhe, Erholung und Langsamkeit (als Lebensstil) – auf und orientiert sich eng an diesem Grundverständnis: statt großer Events dienen ruhigere und kleinere Veranstaltungen als Plattformen der Begegnung.“ ° Als städtebauliche Maßnahme wurde der „Historische Kurbereich“ in den Fokus gestellt. Der Wiederaufbau eines Gradierwerkes und die Planung des Kurpark-Entrees waren aktuelle Diskussionen. „Die Initiative Generationenzauber basiert auf den Stadtentwicklungszielen der Stadt Bad Salzuflen und ist dementsprechend langfristig angelegt.“ ° Die Ergebnisse planBAR und Innenstadtcheck flossen in den 2007 beschlossenen Masterplan Innenstadt ein. Wie im Vorjahr wurden eine Lenkungsgruppe und Projektteams gebildet, die für die Umsetzung Verantwortung übernahmen. „In zwei Workshops mit ca. 20 Beteiligten konnte das Projekt entwickelt werden.“ Der Teilnehmerkreis hatte sich im Vergleich zum Vorjahr noch vergrößert. Die Projektleitung übernahm wieder der Stadtmarketingbeauftragte. 867 ° Abb. 163 ’12 Sterne – 2 Kerne’ 2008 Motto Wege zur offenen Stadt : „12 Sterne–2 Kerne – unsere Stadt“ „In Bad Salzuflen konnten sich Bürgerinnen und Bürger in aktuelle Planungsvorhaben einbringen und mitgestalten“ urteilte der zuständige Minister Oliver Wittke. 868 Das Projekt „zeigte, wie Stadtmarketing und Stadtplanung kooperieren und Themen gemeinsam transportieren können... Über 400 Besucher informierten sich über den aktuellen Stand des Masterplans Gestaltung Innenstadt und äußerten eigene Ideen für die zukünftige Entwicklung“ in der planBAR vom Fachdienst Stadtplanung und Umwelt. Auch in den Ortsteilen war die planBAR präsent, um über das STEP 2020 zu diskutieren. 869 866 Michael Breuer, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, 17.08.2006 867 ° Ausführungen u. Zitate resultieren aus der Teilnahme an der Lenkungsgruppe u. dem Wettbewerbsantrag. 868 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2008 S. 4 Oliver Wittke Minister für Bauen u. Verkehr in NRW 869 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2008 S. 36 198 Bad Salzuflen ging neue Wege zueinander zu finden. Im Grußwort des Bürgermeisters stand: „Eine Stadt ist wie eine Familie: Auch in ihr ist es wichtig, aufeinander zuzugehen, miteinander zu sprechen, zu überlegen und Ideen für die Zukunft zu entwickeln.“ 870 Abb. 164-166 Stadtkirche mit Licht u. Farbe – Vom Bahnhof zur Innenstadt – Fackelstadtführung 871 Der Auftakt begann entlang der Stadtmauer und vor der Stadtkirche mit Licht, Farbe, Theater und Musik-Open-Air. Als 1. Maßnahme des Masterplans wurde der Weg vom Bahnhof zur Innenstadt durch ein grünes Band und Flaggen miteinander verbunden. Als Startschuss rockte der Bahnhof. Beide Zentren (2 Kerne) und die Ortsteile (12 Sterne) wurden eingebunden. Mit verschiedenen Aktionen wurden die Bewohner aller Ortsteile in die zwei Stadtkerne geholt: „Die Bürger nahmen die Angebote wahr, kamen aus allen Ortsteilen in die Zentren und gingen aufeinander zu.“ Eine Fahrrad-Sternfahrt mit 300 Teilnehmern führte aus allen Ortsteilen zum Sammelplatz auf dem Kirchplatz in Schötmar und setzte sich von dort aus gemeinsam zum Salzhof im historischen Stadtkern Alt Salzuflen fort, wo ein historischer Markt stattfand. Premiere hatte ein 2 Kerne-Lauf mit 600 Teilnehmern, der beide Zentren miteinander verband. Daneben gab es Stadtführungen, Literaturabend, Sternenshopping und wie 2007 ein Orchester der Generationen. 872 Aus dem Wettbewerbsantrag ist noch Folgendes zu ergänzen 873 ° 2008 sollte sich die City-Offensive in Bad Salzuflen unter dem Motto „12 Sterne – 2 Kerne – unsere Stadt“ fortsetzen und erstmals ein „Brückenschlag zwischen den (12) Stadtteilen und (2) Zentren sowie zwischen den Bürgern“ erfolgen. Das „Zusammenwachsen der Stadtteile zur Großgemeinde“ und die Erlebbarkeit der „Zentren als öffentliche und offene Aktionsräume für Bürger aller Stadtteile“ standen im Vordergrund. Durch ‚Sternfahrten’ aus allen Stadtteilen und den ‚2 Kerne Lauf’ war die ‚Mitte der Gesamtstadt’ neu zu erleben. ° Der Aktionsraum war in und zwischen den beiden Stadtkernen unter Einbeziehung des Hofmanngeländes. Durch ‚Sternstunden,’ ‚Sternorchester’ ‚musikalische Sternstunden’ u.a.m. sollten alle Bürger und Akteure die Stadt neu entdecken. Die planBAR forderte die Bürger aller Stadtteile zu Gesprächen auf. Das traditionelle ‚Kiliansfest’ in Schötmar und der ‚Tag des offenen Denkmals’ wurden in das Programm integriert. ° „Die räumliche Vernetzung der Stadtteile mit den Zentren sowie der beiden Kerne Salzuflen und Schötmar untereinander ist in dieser konsequenten Form neu... Erstmalig wird der ‚Bahnhof’ ... als Ortseingang thematisiert... Weiterentwickelt wird die Einbindung der Bürger in städtebauliche Planungen.“ Darüber hinaus wurde das „städtische Leitbild zu einer bürger- und familienfreundlichen, generationengerechten und barrierefreien Stadt“ aufgegriffen. ° 870 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2008 S. 35 (aus Grußwort des BM Dr. Wolfgang Honsdorf) 871 Abb. aus Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2008 S. 36 u. 37 872 Dok. ‚abindieMitte’ NRW 2008 S. 36-37 873 °Ausführungen u. Zitate resultieren aus der Teilnahme an der Lenkungsgruppe u. dem Wettbewerbsantrag. 199 Als Aktion einer politisch beschlossenen „Präventionsstadt“ war das „sportliche Angebot“ mit „Fahrrad-Sternfahrt“ und „2 Kerne-Lauf“ zu sehen. Alle Aktionen basierten auf dem „Grundverständnis Ruhe, Erholung, Wohlfühlstadt.“ Die Nachhaltigkeit ist beispielhaft in der planBAR festzumachen. ° Die Projektleitung übernahm das Kultur- und Stadtmarketingbüro. Projekt-Teams führten die einzelnen Aktionen und Teilprojekte durch. Die Vernetzung der Akteure waren quasi die „Multiplikatoren des Projektes.“ Presse, Flyer, Plakate und Internetportal unterstützten dieses zusätzlich. Durch die „Projektreihe zieht sich ein roter Faden“ dadurch, „dass alle einen Beitrag zur Gestaltung und Belebung der Innenstadt leisten können, die so neue Lebensqualität und neue Identifikationsmöglichkeiten bietet.“ 874 ° Resümee In den Anträgen seit 2001 ist eine Entwicklung von eventorientierter zur prozessgesteuerter Ideenfindung, Themenauseinandersetzung und Beschäftigung mit der Stadtmitte zu erkennen. 2006 wurde bei den dezentralen Aktionen die Einheitlichkeit des Projektes vermisst. 2007 war die Konzentration auf die historische Mitte von Bad Salzuflen, die ‚gefühlte Mitte’ von der Gesamtstadt, wie die Befragung in der planBAR ergab, für den Aktionszusammenhang gut. 2008 wurde die Chance, sich mit der Mitte/den Mitten der Gesamtstadt neu zu beschäftigen, genutzt. Dies wurde nachhaltig durch die planBAR unterstützt. Der Erfolg liegt in der guten Zusammenarbeit zwischen Stadtplanung, Stadtmarketing und Lenkungsgruppe und in der Moderation durch den Stadtmarketingbeauftragen. Den Einfluss durch die Stadtplanung verdeutlichen die Projekte aus dem Masterplan Innenstadt, wie der Bahnhof als Eingang zur Innenstadt, die planBAR und die Themen Stadtmauer und Stadttore. Durch die Umfrage in der planBAR wird sichtbar, dass die historischen Stadtkerne für die umliegenden gewachsenen Ortsteile städtebaulich als Mitte angenommen werden. Dies zeigte die Akzeptanz der Veranstaltungen in den gut gestalteten öffentlichen Stadtkernräumen. Der historische Stadtkern Alt Salzuflen wurde mit Salzhof, Marktplatz, Fußgängerzone Lange Straße, Schliepsteiner Tor, Parkstraße und Kurparkeingang als die Mitte der Gesamtstadt bestätigt. 875 Die Befragungsergebnisse 876 bestätigen, dass die Offensiven immer besser vermittelbar waren, die Akzeptanz zur Innenstadtplanung gefördert haben und seit 2008 die Bedeutung von ‚Ab in die Mitte’ und ‚Aktive Innenstadt’ mehrheitlich begriffen wurde. Durch die gezielte Ansprache fehlten keine Akteure mehr, bei denen allerdings noch unterschiedliche Vorstellungen festgestellt wurden. Trotzdem hatten die Offensiven der Stadtentwicklung neue Impulse und Strategien vermittelt, deren Fortsetzung von vielen gewünscht wurde. Seit 2009 hat die Stadt keinen Stadtmarketingbeauftragten mehr und auch keine weitere Bewerbung mehr gestellt. 874 °Ausführungen u. Zitate resultieren aus der Teilnahme an der Lenkungsgruppe u. dem Wettbewerbsantrag. 875 s. auch Kapitel 9.2 ‚Auswertung der Befragungen’ Bei der Frage der planBAR: Welcher Platz besonders wichtig ist, wurde fast zu 90% der Salzhof genannt, gefolgt vom Bereich Hist. Rathaus/Marktplatz mit ca. 42 %. Immerhin noch 30% halten den Bereich der Gradierwerke für besonders wichtig. 876 Fragen u. Liste der anonym befragten Interessenvertreter s. Kap. 10.5 Anhang 200 6.3 Auswertung der City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ Die Beispiele der City-Offensive ‚Ab in die Mitte’ verdeutlichen, dass es viele Möglichkeiten gibt, sich mit der Stadtmitte auseinander zu setzen, sie neu zu erleben oder sogar zu definieren. Dies liegt an der Unterschiedlichkeit der Stadtmitten seit ihrer Entstehung, ihrer suburbanen und reurbanen Veränderungen und der Definition der Mitte nach der Gebietsreform. Die Offensive kann neue Impulse und Strategien für die Stadtentwicklung geben. Dies ist allerdings auch ohne Wettbewerb und Fördermittel möglich. Am erfolgreichsten sind dabei Aktionen, die einem prozesshaften und kollektiven Vorgehen unterliegen. Nur Events – die nicht wie traditionelle Volksfeste auf Dauer angelegt sind – können keine Identifikation mit der Stadt und deren Mitte erzeugen. Besser und nachhaltiger ist die Einbindung in planerische Prozesse, wie in Bad Salzuflen (Masterplan Innenstadt) oder Lage (Gestaltungs- und Verschönerungsmaßnahmen auf dem Marktplatz). Eine mehrfache Wettbewerbsteilnahme erzeugt eine noch größere Nachhaltigkeit, die - wie in Bergkamen, Hüttenberg und Lage - eine freiwillige Fortsetzung der Aktionen und Prozesse steigern kann. Ein weiterer Aspekt ist die Einbindung der Akteure. Je besser diese vor Ort vernetzt sind, desto erfolgreicher ist deren Beteiligung. Bei der Moderation der Offensive ist es unerheblich, ob die Federführung in der Verwaltung, einer GmbH oder einem Verein liegt. Der Erfolg ist in der Regel personenabhängig. Wenn sich alle Akteursgruppierungen als Team verstehen und die Innenstadtaufwertung gemeinsames Ziel ist, besteht die Basis für einen Erfolg. 877 Wenn darüber hinaus ortsspezifische Strategien entwickelt werden, mit denen stadtbezogene Themen oder Alleinstellungsmerkmale der Stadt gefunden, Stärken und Schwächen analysiert und Begeisterung in der Bürgerschaft erzeugt werden, ist die Basis für ein Wir-Gefühl gelegt. Dann kann auch ‚Ab in die Mitte’ Optimismus für eine fehlende Stadtmitte erzeugen. In Bergkamen und Hüttenberg wird diese durch ein Wir-Gefühl ersetzt, das alljährlich eine ‚gelebte Mitte’ als Anziehungspunkt und Lebensmittelpunkt erzeugt. Demnach ist es für eine Stadtgesellschaft unerheblich, ob ihre Mitte ein gewachsener Stadtkern ist - was idealer wäre – oder die Mitte von der Bürgerschaft auf Dauer gelebt wird. Dabei ist der „öffentliche Raum als Kommunikationsraum... von großer Bedeutung.“ ‚Ab in die Mitte’ kann als Reurbanisierung und „Revitalisierungsmaßnahme und Frequenzbringer für den Handel“ angesehen werden. Haben die Aktionen noch eine „überregionale Ausstrahlung,“ dann bekommen sie zusätzlich eine „touristische Bedeutung.“ Insofern ist die Aufwertung des öffentlichen Raumes ein wichtiger Ausgangspunkt für die Innenstadtförderung. 878 Zum Schluss sei noch angemerkt, dass die City Offensive „sowohl Kulturpolitik als auch Städtebaupolitik als Teil der Gesellschaftspolitik“ einbringt. Als Stadtkultur „befasst sich die Baukultur explizit mit der Qualität des öffentlichen Raumes“ und „findet zur Stadtplanung einen neuen kulturellen Zugang“ und fordert zur Kooperation Bürgerschaft/Wirtschaft auf. 879 877 Frehn, Michael 2004 S. 204 u. 2005: Die Offensive „fördert auf lokaler Ebene akteursübergreifend Allianzen zwischen Stadtplanern, Künstlern, Kulturmanagern, Einzelhändlern und Marketingfachleuten.“ Die „Forderung nach jährlich neuen“ Beteiligungen „führt zu keiner nachhaltigen Entwicklungsperspektive,“ gerade in Zeiten der „schwierigen Haushaltssituation der Kommunen.“ 878 Frehn, Michael 2004 S. 48 und S. 193 f: „Städtischer Raum ist heute wie in der Vergangenheit Freizeit- Raum (Kaltenbrunner) ... der attraktiv gestaltete Freiräume voraussetzt... Öffentliche Räume und unsere Innenstädte werden zu den ‚Bühnen der Stadtgesellschaft (Pesch).“ 879 Hatzfeld, Ulrich in: ‚Kunst (be)zeichnet Stadt’ 2002 S. 11-15 201 7. POLYZENTRISCHE STADTMITTEN IM VERGLEICH Im Kreis Lippe gibt es neben Bad Salzuflen noch zwei weitere polyzentrische Städte: Horn- Bad Meinberg und Schieder-Schwalenberg. Ein Vergleich mit diesen Städten bietet sich deshalb an, weil beide Städte neben dem historischen Stadtkern eine weitere Ortsmitte haben und als Kur- und Touristikstädte 880 in Konkurrenz zu Bad Salzuflen stehen. Da die ländlich strukturierte Lage der Vergleichsstädte die Entwicklungschancen erschweren, haben sie sich mit benachbarten Gemeinden zu einem ‚integrierten ländlichen Entwicklungskonzept Südlippe’ (ILEK) – wie auch in Nordlippe – zusammengeschlossen. Ein interkommunales Verbundsystem wird sich in ähnlich demographisch und wirtschaftlich strukturierten Regionen in Zukunft immer mehr anbieten. Deshalb wird zusätzlich auf die beiden Entwicklungskonzepte Süd- und Nordlippe eingegangen. Der Vergleich mit den lippischen Doppelstädten Horn-Bad Meinberg und Schieder- Schwalenberg und den kommunalen Zusammenschlüssen (ILEK) Süd- und Nordlippe wird die bisherigen Erkenntnisse und Planungsstrategien für die Behandlung der Mitte einer Gemeinde bzw. mehrerer Gemeinden - wie zur Gebietsreform – konkretisieren. Dabei werden anlehnend an die Fragestellungen im Kapitel 1.3 folgende Fragen gestellt: Erfuhr(en) die historische(n) Stadtmitte(n) durch die Suburbanisierung einen Bedeutungswandel? War die Gebietsreform eine Chance für die Stadt und deren Akteure oder trugen sie zum Ungleichgewicht bei? Gab es das Planungsziel ‚Neue Mitte’ und/oder des Zusammenwachsens? Waren die Bemühungen um Erhaltung der historischen Stadtkerne eine Fehlplanung bzw. Fehlinvestition? Haben der Einzelhandel und die Regeneration des Wohnens in der Stadtmitte noch eine Zukunft? Kann die heutige Stadtmitte(n) das gesamtstädtische Gleichgewicht halten bzw. was hält die Stadt im Gleichgewicht? Wer bestimmt die Stadtentwicklung: Politik, Verwaltung, Planer, Bürger oder Förderprogramme, Gesetze, Wirtschaft, Investoren u.a.m.? Welche Akteursinitiativen haben wesentlichen Einfluss? Welchen Stellenwert hat Stadtmarketing? Wie ist das Ortsteildenken, Wir Gefühl für die Gesamtstadt und das Vereinsleben? Wie ist das Bürgerinteresse an stadtplanerischen Entwicklungsprozessen und mit welchen Handlungsstrategien und Planungsinstrumenten wurde die zukünftige Stadtentwicklung im Sinne einer Vernetzung und eines Gleichgewichts beeinflusst? Wie ist der ILEK-Prozess zu bewerten? 880 Kurort Horn-Bad Meinberg mit Holzhausen-Externsteine und anerkannter Kneipp-Kurort Schieder- Schwalenberg mit Schiedersee 202 7.1 Die Stadt Horn-Bad Meinberg „Die Stadt Horn-Bad Meinberg, Kreis Lippe, liegt im wohl schönsten Teil des Teutoburger Waldes... Entstanden ist die Stadt... 1970 im Rahmen des Gesetzes zur Neugliederung des Kreises... (Detmold/Lippe) Sie ist ein Zusammenschluss der über 700 Jahre alten, überwiegend industriell ausgerichteten Stadt Horn, mit seinem seit über 300 Jahre bekannten Bad Meinberg und weiteren 14 überwiegend landwirtschaftlich strukturierten und auf Fremdenverkehr (Holzhausen-Externsteine) eingestellten Gemeinden.“ 881 Abb. 167: 1248 Stadtgründung Abb. 168: 1767: Meinberg Ernennung zum Curort, um 1770 Anlegung des barocken Kurparks Abb. 169: 1895: Bahnanschluss/1912 Straßenbahnlinie Detmold-Externsteine-Paderborn Abb. 170: 1998: 750 Jahre Stadt Horn 882 Abb. 171 Gliederung der 17 Ortsteile (aus Wikipedia 03/2011) Seit der Kommunalen Gebietsreform 1970 ist das Stadtgebiet ca. 90 qkm groß, von denen ca. 10,5 qkm mit Gebäuden und Verkehrsflächen bebaut sind. 883 Im Stadtgebiet leben ca. 17.795 Einwohner, die sich auf Horn mit 7.018 und Bad Meinberg mit 4.636 verteilen. 884 Größter Arbeitgeber in Horn ist ein Holzwerkstoffhersteller eh. Hornitex Gruppe, heute Glunz AG. Bad Meinberg bietet Arbeitsplätze im Gesundheitswesen incl. Getränkeabfüllanlage des Staatlich Bad Meinberger Mineralbrunnens und „im (touristisch geprägten) Ortsteil 881 aus Website: Horn-Bad Meinberg 16.03.2011 Seit 1903 wurde der Kurort zum Bad Meinberg (Bufe S. 140) 882 Geschichtlicher Überblick und Abbildungen aus: Website Horn-Bad Meinberg 16.03.2011 883 aus Website: Horn-Bad Meinberg mit Übersichtsplan der Ortsteile. 884 aus Wikipedia 16.03.2011 IT.NRW Stand 31.12.2009 u. Verteilung Ortsteile 31.12.2004 203 Holzhausen befinden sich die Externsteine, eine Felsformation aus Sandstein, die zu den bedeutendsten Natur-Sehenswürdigkeiten Deutschlands gehört.“ 885 Abb. 172-175 Burg Horn, Brunnentempel, Kurparksee Bad Meinberg u. Naturdenkmal Externsteine Abb. 176 Marktplatz in Horn 886 Als „die Krone im Kranze der Städte des Lipperlandes“ wird Horn im Stadtporträt der AG Historische Stadtkerne NRW bezeichnet. „Der bis heute erhaltene Stadtgrundriss mit vielen Bürgerhäusern aus dem 16. bis 18. Jh. kennzeichnet Horn als eine typische mittelalterliche Gründungsstadt mit Stadtburg.“ Die drei längs verlaufenden Straßen führen zu den Stadttoren. Die Stadt besaß früh Stadtmauer und Wassergraben, die z.T. noch heute erhalten sind: 887 Abb. 177-179 Stadtkern Horn (Luftaufnahme u. Stadtgrundriss) und Bad Meinberg mit Kurpark 888 1974 wurde für das Mittelzentrum Horn-Bad Meinberg ein F-Plan aufgestellt. Durch die geänderten Rahmenbedingungen, wie Rückgang in der Bevölkerung, im Kurwesen und Gewerbe liegt seit 2010 ein beschlossener Entwurf für eine Neuaufstellung vor. Demnach weist das Stadtgebiet eine überwiegend ländliche Raumstruktur auf. Die Siedlungsbereiche in Horn und Bad Meinberg sind von Freiräumen mit Eigenentwicklung umgeben. 889 „Charakteristisch für die Stadt und deren Entwicklung ist die ‚Doppelstadtstruktur’ ... Dabei übernehmen Horn und Bad Meinberg unterschiedliche Funktionen. So stellt Bad Meinberg den Kur- und Fremdenverkehrsschwerpunkt dar, während Horn die Funktionen als 885 aus: Wikipedia 16.03.2011 incl. Fotos: Burg Horn, Kurpark u. Externsteine 886 Abb. Aus: Wikipedia 16.3.2011, Urheber: Daniel Brockpähler 1.12.2009 887 aus Website: AG historische Stadtkerne NRW 16.03.2011 und AG Hist. Stadtkern NRW-OWL 888 Abb. aus Website: Foto Stadtkern aus Website Horn-Bad Meinberg 06.04.2011, Stadtgrundriss AG hist. Stk. 16.03.2011 und Abb. Kurpark aus: Bufe, Thomas S. 138 889 Horn-Bad Meinberg F-Plan Entwurf 2010 S. 3-5 u. Regionalplan Bez.Reg DT Teilabschnitt BI v. 24.09.2004 204 Verwaltungs-, Schul- und städtisches Zentrum übernimmt. Darüber hinaus befindet sich... der Schwerpunkt der gewerblichen Nutzung (in) Horn... der Stadtteil Holzhausen-Externsteine (übernimmt) als anerkannter Luftkurort eine wichtige Rolle.“ 890 Abb. 180 F-Plan Horn-Bad Meinberg 2010 Der Landschaftsplan 2004 setzt den überwiegenden Teil des Stadtgebietes als Landschafts- oder Naturschutzgebiet (ca. 85%) fest. Deshalb sind zukünftig „hinsichtlich ihrer funktionalen und städtebaulichen Bedeutung die Siedlungsschwerpunkte im Stadtgebiet die Stadtteile Horn und Bad Meinberg.“ In den übrigen Dorflagen sind gemäß der Regionalplanung „lediglich kleinteilige bauliche Ergänzungen im Rahmen der Eigenentwicklung“ möglich. 891 „Für den Stadtteil Horn bedeutet dies die Stärkung seiner primären wirtschaftlichen Funktionen als Versorgungszentrum, Arbeitsort und Verwaltungsschwerpunkt sowie eine moderate Entwicklung der Wohnfunktion (Abrunden oder Auffüllungen)... die weitere Vorhaltung ausgedehnter Erweiterungsflächen für Gewerbe und Industrie erscheint... unter der Berücksichtigung eines in Belle vorgesehenen, neuen interkommunalen Gewerbegebietes nicht mehr sinnvoll... Für den Stadtteil Bad Meinberg bedeutet dies in Reaktion auf die kontinuierlich rückläufigen Belegungszahlen im Kurgewerbe die Schaffung von Möglichkeiten zur Diversifizierung des Fremdenverkehrsangebotes. Durch Umwidmung großer Teile der „Sondergebiete Kur“ im Stadtkern in Wohnbauflächen wird die Möglichkeit eröffnet, dort nicht mehr nur kurspezifische Nutzungen unterzubringen... wobei innerhalb der Wohnbauflächen auch weiterhin Kurgebietsnutzungen möglich sind... (In der) Ortslage Leopoldstal als... drittgrößter Stadtteil... (ist) Bestandssicherung... (und in) Belle die Darstellung neuer Gewerbeflächen von überörtlicher Bedeutung vorgesehen.“ 892 890 Horn-Bad Meinberg F-Plan Entwurf 2010 S. 8 Abb. F-Plan-Entwurf 2010 von Stadtverwaltung 891 Horn-Bad Meinberg F-Plan Entwurf 2010 S. 14 und 19 ‚Grundzüge der Planung’ 892 Horn-Bad Meinberg F-Plan Entwurf 2010 S. 20 und 21 In Belle entsteht der ‚Interkommunale Gewerbepark Lippe-Süd’ um langfristig die Wirtschaftsstruktur in der Region zu stärken. 205 Zur Stadtmitte wird ausgeführt, dass „als Kerngebiet... entsprechend seiner tatsächlichen Funktion als städtisches Zentrum ausschließlich der zentrale Bereich des Stadtteiles Horn dargestellt“ wird. 893 Damit ist Horn mit der Einkaufsstraße Mittelstraße und dem Marktplatz mit Rathaus und Kirche das Zentrum für die Gesamtstadt. Während die Einkaufsallee in Bad Meinberg als Stadtteilzentrum eine Ergänzung zum anschließenden Kurparkeingang darstellt. Abb. 181 Einkaufsstraße Mittelstraße in Horn (2 Fotos KS) Zum Stadtzentrum Horn und Stadtteilzentrum Bad Meinberg gibt es zwei ergänzende Sondergebiete Handel, die zur Kaufkraftbindung beitragen. Obwohl ihre Standorte fast neben den Ortskernen (500 m) liegen und die „im Jahre 2001 erstellte Einzelhandelsuntersuchung... die landesplanerische Verträglichkeit“ dafür feststellte, ist dies als eine überdenkenswerte Entwicklung zur Innenstadt heute anzusehen. 894 Für den neuen F-Plan ist „Grundlage der Darstellung der zentralen Versorgungsbereiche ein im Auftrag der Stadt Horn–Bad Meinberg erarbeitetes und durch die politischen Gremien der Stadt beschlossenes Einzelhandelsgutachten.“ Danach sind in Zukunft „Ansiedlungen und Erweiterungen mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Kernsortimenten oberhalb der gesetzlich bestimmten Großflächigkeitsgrenze... zukünftig innerhalb der abgegrenzten Versorgungsbereiche vorzunehmen.“ 895 Abb. 182 Versorgungsbereiche Horn und Bad Meinberg 896 893 Horn-Bad Meinberg F-Plan Entwurf 2010 S. 28 Das Kerngebiet in Horn befindet sich innerhalb des aus der Heerstraße, Wallstraße und Pfuhlstraße gebildeten Rings. 894 Horn-Bad Meinberg F-Plan Entwurf 2010 S. 35/36 „In Horn umfasst der Bereich des Sondergebietes Handel einen Verbrauchermarkt nebst Baumarkt und Gartencenter. Diese Darstellung wurde im Zuge der 30. F-Plan- Änderung vorgenommen, in deren Rahmen auch die Auswirkungen des Vorhabens näher untersucht wurden.“ S. Einzelhandelsuntersuchung 2001 (S. 36) u. Ziele des Reg. Einzelhandelskonzept OWL 2003 895 Horn-Bad Meinberg F-Plan Entwurf 2010 S. 15 u. 37 i.V. Einzelhandelskonzept 2009 896 Einzelhandelskonzept Horn-Bad Meinberg 2009 S. 50/51 (s. auch § 11 (3) BauNVO) 206 Horn-Bad Meinberg gehört mit den Gemeinden Blomberg, Lügde, Schieder-Schwalenberg und Schlangen zum ‚integrierten ländlichen Entwicklungskonzept Südlippe’ (ILEK), um die gegenwärtigen Probleme gemeinsam mit den ähnlich betroffenen Kommunen zu bewältigen. Da dies in Zukunft für viele ländlich strukturierte Kommunen eine Chance für ein neues kommunales, bzw. regionales Gleichgewicht bedeuten kann, wird dieser integrierte und interkommunale Prozess gesondert behandelt. 897 Beantwortung der eingangs gestellten Fragen 898 Horn hat sich durch gewerbliche und industrielle Ansiedlungen und Bad Meinburg durch die Kurentwicklung ins Umland (Suburbanisierung) erweitert. Den größten Bedeutungswandel erfuhr Bad Meinberg mit der Entwicklung von einem Dorf zum Kurort. Horn veränderte sich durch die Industrieansiedlung von Hornitex seit den 1960er Jahren. Die übrigen Ortsteile behielten trotz Erweiterungen weitgehend ihre dörfliche Struktur. Am stärksten vergrößerten sich Leopoldstal und der touristisch geprägte Luftkurort Holzhausen an den Externsteinen. Die Gebietsreform erfolgte auf einer gesetzlichen Grundlage, nicht auf einen Bürgerentscheid. Von daher ist in den Ortsteilen eine Selbstbezogenheit und starke Identität festzustellen: Als nach dem Gesetz zur Neugliederung die Stadt den Namen Bad Meinberg-Horn tragen sollte, entstand der erste Konflikt: „Dagegen rührte sich massiver Widerstand bei den Einwohnern der ehemaligen Stadt Horn, der dann am 10.09.1970 zur Umbenennung der Stadt in Horn-Bad Meinberg führte.“ 899 In der Wachstumsphase der 1980er Jahre gab es die Vorstellung des Zusammenwachsens von Horn und Meinberg. Die Lage des neuen zentralen Friedhofes neben dem außermittigen Horner Bahnhof oder die Ansiedlung von Sonderbauflächen für Einzelhandel und Gewerbe in Horn können als solche Planungsideen interpretiert werden. Dieser Planungsansatz spielt im heutigen F-Plan keine Rolle mehr. Die ca. 3 km voneinander entfernten Zentren von Horn und Bad Meinberg werden stets ihre unterschiedlichen Bedeutungen behalten. Trotzdem wird der Rückgang der Wirtschaft, die auf Gesundheit, Tourismus und Gewerbe basiert, ein Zusammenrücken der Stadtgesellschaft fördern. Die bisherigen Bemühungen um die Erhaltung des historischen Stadtkerns Horn 900 und des Kurortes Bad Meinberg waren keine Fehlplanung bzw. Fehlinvestition. Trotz dezentraler Einkaufsmöglichkeiten und Bevölkerungsverlust haben der Einzelhandel und das Wohnen im Stadtkern Horn noch eine Zukunft. In der Mitte von Horn ist der Bewohneranteil sehr hoch und der Leerstand überschaubar, den die Stadt durch ein eigenes Leerstandsmanagement beseitigen möchte, das mit dem Verkauf stadteigener Baugrundstücke gekoppelt ist. Da Horn die historisch gewachsene Stadt ist, trägt ihr Stadtkern den Hauptanteil für das gesamtstädtische Gleichgewicht. Der neue F-Plan unterstützt diese Entwicklungsstrategie. So wird z.B. die Einzelhandelsempfehlung, vorwiegend das Stadtzentrum Horn zu stärken, die Chance einer Korrektur für die zukünftige Entwicklung bedeuten. 897 s. Kapitel 7.3 ‚Kommunaler Verbund Südlippe’ (ILEK) 898 Die Beantwortung der Fragen (s. Anhang) basiert auf die anonymen Interviews im Rathaus und mit Bürgern. 899 aus Wikipedia 16.03.2011 Thema Geschichte: Bad Meinberg ist seit 1903 Mineral- u. Moorheilbad, seit 1933 Lippisches Staatsbad – wie Bad Salzuflen. Wappen: Lippische Rose, Horn u. Kurpark-Brunnentempel. 900 LZ 268/18.11.2011: Seit 1986 wurden insges. 19,7 Mill. € in die Sanierung investiert (Stadt 5,2 u. Priv. 6,4) 207 Die Stadtentwicklung wurde jahrzehntelang durch die Firma Hornitex/Glunz beeinflusst. Heute wird sie vorwiegend von der Verwaltung und mehrheitlichen Politik gelenkt. Politische Selbstdarstellung und ad hoc Entscheidungen gehören der Vergangenheit an. Es besteht ein offener Dialog, in dem Konsens gefunden wird. Da es keine Ortsräte bzw. Ortsvorsteher gibt, ist der Weg zwischen Verwaltung und Politik kurz. Die bestehenden Akteursinitiativen sind eher zurückhaltend, deshalb spielen sie bei Entscheidungen nur eine untergeordnete Rolle. Trotzdem besteht ein ausgeprägtes und auch rivalisierendes Ortsteildenken mit Vereinsleben, das der Entwicklung eines ‚Wir Gefühl’ für die Gesamtstadt entgegensteht. Ob ein ‚Wir Gefühl’ notwendig ist, wird von der Verwaltung in Frage gestellt. Nachdem anfänglich einige Bürger ‚Horn als Besatzungsmacht’ empfanden, pflegen heute die Bad Meinberger ihren Kurortstolz und die Horner ihre Ackerbürgerstadt. Das Bürgerinteresse an städtischen Planungen ist nach Meinung des Rathauses gering. Das größte Interesse besteht bei Baulandausweisungen. Die Beteiligungen zum neuen F-Plan waren eher zurückhaltend, ebenso beim ILEK Prozess. Die erarbeiteten Handlungsfelder für die zukünftige Stadtentwicklung beeinflussen vorwiegend die ausführende Verwaltung und beschließende Politik, weniger den Bürger. Bei Letzterem wurde in Gesprächen z.T. Frust und/oder Resignation festgestellt, die im Rückgang der Wirtschaft mit Schließung von Gewerbe, Kliniken und Leerständen, aber auch z.T. in der kritisierten Kooperation der Verwaltung und Politik begründet sind. Zwei unterschiedliche Bürgerinitiativen verdeutlichen die Stimmung in der Stadtgesellschaft: Der Arbeitseinsatz der Bürgerinitiative „Burgwallanlagen Horn“ stellt durch umfangreiche Abräumarbeiten das „Hornsche Wahrzeichen: die Burg“ wieder frei und renaturiert die Ufer der Wiembecke vor der Burg. Dies ist ein nachhaltiges Bürgerengagement... ... Die zweite von der CDU (Opposition) unterstützte Initiative „Hornscher Aufbruch,“ der „mehr Bürgerbeteiligung“ und die „Umsetzung guter Ideen“ fordert, ist eher als politische Kampagne (Reaktion auf Wahlverlust), ohne nachhaltige Bürgeraktivierung, zu werten. 901 Die Verwaltung sieht die Entwicklungsplanung (F-Plan) als einen Prozess an, der im Dialog mit der Bürgerschaft erfolgte. Neben der formalen Beteiligung nach BauGB wurde in verschiedenen Arbeitsgruppen Themen erarbeitet. Beteiligt waren hierbei neben der Politik Vertreter von Akteursgemeinschaften. Innenstadtrelevante Themen sind heute noch z.B. die Verkehrsbelange oder das Leerstandsmanagement. Als Ergebnis eines langjährigen Runden Tisches existiert heute Stadtmarketing in Kooperation mit der Lippe Touristik-Marketing AG. Seit 1999 wird die Stadtentwicklung von Horn-Bad Meinberg vom Bürgermeister mit seiner Verwaltung 902 und seinen politischen Mehrheiten gesteuert. Aufgrund des zurückhaltenden Bürgerengagements resultieren die meisten Ideen zur Stadtentwicklung aus der Politik und Verwaltung, die zur Durchsetzung politische Mehrheiten finden müssen. Hierzu zählt auch die politische Idee, Baugrundstücke selbst zu vermarkten und den Gewinn in das innerstädtische Leerstandsmanagement zu investieren. Obwohl der Zusammenschluss an der Realität vorbei geht, sieht der Bürgermeister das ILEK Südlippe als Chance für Fördermittel in den einzelnen Ortsteilen, für ein regionales Leerstandsmanagement und für einen interkommunalen Industriepark Lippe im Ortsteil Belle. 901 Stadtanzeiger 535 vom 7.04.2011 „Burg soll neues Gesicht erhalten“ und „Mehr Bürgerbeteiligung, weniger Verhinderungspolitik“ Kommentar BM Block: Über die Maßnahmen erfolgten schon mehrfache Diskussionen. 902 Bürgermeister Eberhard Block u. FB Stadtentwicklung, Bauen u. Liegenschaften (FBL Martin Heim) 208 7.2 Die Stadt Schieder-Schwalenberg Die Stadt Schieder-Schwalenberg ist nach dem LEP Grundzentrum 903 und entstand 1970 aus dem Zusammenschluss der Stadt Schwalenberg mit sechs ehemaligen Gemeinden: Abb. 183 Plan Ortsteile: Schieder, Schwalenberg, Lothe, Wöbbel, Brakelsiek, Siekholz, Ruensiek 904 Schieder wurde „822 erstmals durch deren Burganlagen urkundlich erwähnt... Ab dem Jahr 1231 wurde die Stadt und Burg Schwalenberg... gegründet... 1584 wurde das Schloss Wöbbel errichtet... 1705 wurde das Schloss in Schieder als Sommerresidenz des Lippischen Adels... eingeweiht... Schieder erhielt 1872 einen Bahnanschluss... (und) die umliegenden Orte sind mit Regionalbussen erreichbar.“ 905 Der Individualverkehr ist über die B 239 und B 252 (Ostwestfalenstraße) erschlossen. Von der Fläche des Stadtgebietes mit ca. 60 qkm sind ca. 9 qkm - weniger als 10% - bebaut. Die Einwohnerzahl entwickelte sich von 1975 mit 8.474, 1996 mit Höchststand 9.762 und 2010 mit 8.779. Demnach ist durch wenig Zuwachs die Eigenentwicklung vorrangig. Die Einwohner verteilten sich 2007 auf Schieder mit Glashütte 4.292 und Schwalenberg 1.669. 906 Abb. 184 Schwalenberg am Burgberg, Abb. 185 die Burg u. Abb. 186 Blick ins Lipperland 907 „Burgberg und Altstadt bilden ein einmaliges Ensemble, auf engstem Raum drängt sich historische Bausubstanz, kein einziger Straßenzug hat seinen Verlauf geändert... Seit 1994 treffen sich Schwalenberger Bürgerinnen und Bürger unter dem Namen ‚Arbeitskreis Altstadt,’ um sich der Erhaltung und Förderung der Schwalenberger Altstadt anzunehmen... Es entstand die Idee von der... Bürgerstiftung Schwalenberg... gefördert von der Stadt Schieder-Schwalenberg, dem Landesverband Lippe und dem Kreis Lippe“ mit dem Ziel: 903 AG Hist. Stadtkerne NRW 1994 S. 233 f Abb. S. 236 und 235 Grundzentrum für 10-15.000 Einwohner 904 Abb. Übersicht Ortsteile und der nachfolgenden Ausführungen aus Wikipedia 22.02.2011 905 aus Wikipedia 22.02.2011 incl. Abb. 906 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 9/2011 S. 6 (IT NRW 2011) u. 3/2011 S. 7 907 aus Website AG Hist. Stadtkerne NRW Impressionen Abb. 1-2 u. 3 Bürgerstiftung Schwalenberg 17.03.2011 209 „Ihr Ziel ist die Erhaltung eines vitalen Gemeinwesens und dessen zukunftsweisende Weiterentwicklung. Die Lebensqualität in der Gemeinde, das positive Miteinander, die Verantwortung füreinander und die Identifikation der Bürger mit ihrem Lebensraum soll gefördert und gestärkt werden. Die Bürgerstiftung will dabei das Engagement der Bürger für das Gemeinwesen unterstützen und koordinieren. Sie will zum verantwortlichen Mitwirken an der Gestaltung und Entwicklung eines lebendigen gesellschaftlichen Lebens motivieren und anstiften.“ 908 Schwalenberg hat eine „lange Tradition als Malerstadt und Künstlerkolonie... aufgrund der Schönheit der Landschaft, der stillen Harmonie und der außergewöhnlichen Lichtverhältnisse (impressionistische Landschaftsmalerei)... Seit 1978 knüpfen der Landesverband Lippe – Kulturagentur – und die Stadt Schieder-Schwalenberg mit regelmäßigen Kunstausstellungen und Kunst-Events an diese Tradition an... Höhepunkt im Kunstbetrieb der Stadt sind die 10-12 Ausstellungen pro Jahr... (und die) Schwalenberger Sommerakademie.“ 909 Mit dem historischen Stadtkern Schwalenberg ist die Stadt Mitglied in der AG Historische Stadtkerne NRW. Die Siedlung wurde halbmondförmig unterhalb der Burg gebaut und 1231 mit Dornenhecken befestigt. Der Volkwin-Brunnen erinnert an den Stadtgründer: Abb.187 Luftbild historischen Stadtkern Schwalenberg u. Abb.188 Erneuerungskonzept 1980 910 „Schwalenberg ist einer der wenigen Orte in Deutschland, die ihre Silhouette (und den) Stadtgrundriss... bewahrt haben... Die schleichende Zerstörung des Ortsbildes (nach dem 2. Weltkrieg) wurde 1975 vom Rat erkannt und durch den Erlass einer Gestaltungssatzung... eingedämmt... (und) im F-Plan der Stadtkern als ‚bauhistorische Denkmalzone’ dargestellt... 1977 (erfolgten) vorbereitende Untersuchungen nach dem StBauFG durch die LEG... ...Angesichts der festgestellten Mängel beschloss der Rat... 1979 die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes ‚Stadtkern Schwalenberg’ ...(einen) B-Plan... (und eine) Denkmalbereichssatzung... Als wichtigstes Instrument wertet die Stadtverwaltung die Gestaltungssatzung... ... Zur Beratung der politischen Entscheidungsträger (Planungsausschuss und Rat) wurde ein außerparlamentarischer ‚Arbeitskreis Sanierung Schwalenberg’ gebildet... (und für die) Mitwirkung der Bürger boten Bürgerversammlungen... (und) Sprechstunden durch die LEG Gelegenheit... sich zu beteiligen.“ 911 908 aus Website: Bürgerstiftung Schwalenberg 17.03.2011 „Wer stiften geht, der hilft dem Ort“ ist die Bilanz der geförderten Projekte andere Vereine in Schwalenberg LZ 248 v. 25.10.2011 909 aus Wikipedia 22.03.2011 910 AG Hist. Stadtkerne NRW 1994 Abb. S. 236 und 235 Historischer Stadtkern Schwalenberg ist 10 ha groß. 911 AG Hist. Stadtkerne NRW 1994 S. 234-235-236-238 210 Durch die Industrialisierung (1960) und Kneippkurortentwicklung (1980) hat sich Schieder erweitert und ist heute Siedlungsschwerpunkt der neuen Stadt. 912 In Schwalenberg liegt das kleinere ‚Unternehmen Müller Umwelttechnik’ und in Schieder der „Hauptwirtschaftszweig die Möbelindustrie“ mit der „Schieder Möbel Holding“ (bis 7/2011 Wohnmöbelwerke Schieder GmbH)... Neben der (eh.) Möbelindustrie ist der Tourismus ein weiterer wichtiger Wirtschaftszweig... Der Schiedersee... zieht viele Tagesgäste... aus der Region an“ und das Schloss mit Kurpark im anerkannten Kneipp-Kurort hat wirtschaftliche Bedeutung. 913 Zur Kompensierung des Verlustes von Arbeitsplätzen (insbes. Schieder Möbel) bemüht sich Schieder-Schwalenberg gemeinsam mit den benachbarten Städten (ILEK Südlippe) um die Entwicklung und Vermarktung eines interkommunalen Gewerbeparks ‚Lippe-Süd’ in der Nähe des Ortsteils Wöbbel auf dem Gebiet der Stadt Horn-Bad Meinberg. 914 Aufgrund der wirtschaftlichen und demographischen Entwicklungen ist der F-Plan auf der Grundlage des 2008 beschlossenen und 2011 fortgeschriebenen Entwicklungskonzeptes neu aufzustellen: Entwicklungskonzept 2011 Im neuen Entwicklungskonzept sind Ziele und Maßnahmen formuliert, die auf die veränderte Situation reagiert und einen ganzheitlichen integrierten Stadtentwicklungsansatz beinhaltet: - Planen und Handeln in Netzwerken mit intensiver Bürgerbeteiligung - Aktivierung und Stärkung der Stadtteil- und Ortszentren - Entwicklung sozialer Infrastruktur mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern - Umweltschutz und Klimaschutz mit Nachhaltigkeit - Generationengerechtigkeit / Intergeneratives Handeln 915 Als vorrangige Stadtentwicklungsgebiete wurden die Ortsteilzentren Schwalenberg und Schieder vom Rat 916 festgelegt, obwohl sie - wie folgt - stark unterschiedlich geprägt sind: Schwalenberg besteht im Wesentlichen aus dem historischen Stadtkern - eine mittelalterliche Siedlung - unterhalb dieser liegen ein kleineres Gewerbegebiet, ein SOS-Kinderdorf und mehrere Wohnsiedlungen süd-westlich der L 827/886. Einzelhandel, Dienstleister und öffentliche Einrichtungen sind überwiegend im oder am Rande des historischen Stadtkerns angesiedelt, der heute nur noch als Ortsteilzentrum eingeordnet wird: „Der gesellschaftliche und wirtschaftliche Wandel hat die wirtschaftliche Bedeutung der historischen Stadt erheblich geschmälert. Im Umfeld der historischen Altstadt haben sich durch Leerstände gewerblicher Immobilien Probleme manifestiert. Andererseits hat entgegengesetzt das bürgerschaftliche Engagement in vielfacher Hinsicht zugenommen. Vielen Unternehmern, Vereinen, Verbänden, der Bürgerstiftung und (einzelnen) Bürgern ist an einer positiven Entwicklung des Ortes gelegen.“ 917 912 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 14 (Im Zuge der Industrialisierung des Ortes ab den 1960er Jahren entstanden neue große Wohngebiete (Lange Äckern und Sehlberg) und Bufe, Thomas S. 150 Die Anerkennung Schieder als Kneippkurort erfolgte 1980. 913 aus Wikipedia 22.02.2011 Die Schieder Möbel war einer der größten Möbelhersteller Europas (600 MA) bis 7/2011 (LZ 154 v. 6.07.2011). Der Elektronikhersteller Phoenix Contact (Blomberg/Bad Pyrmont) kauft ein Teil des Gelände als 3. Standort (LZ 186 v. 12.08.2011) 914 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 8 vgl. Kap. 7.3 ILEK Südlippe 915 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 12 916 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 13: Ratsbeschluss vom 25.11. und 16.12.2008 917 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 13 211 Die Entwicklung von Schieder erfolgte zunächst in der Umgebung der ehemaligen Domäne mit Schlosspark als Straßendorf: „Die Domäne hat sich im Rahmen der Neuordnung (Sanierungsgebiet) zu einem privaten und öffentlichen Dienstleistungszentrum entwickelt. Im denkmalgeschützten Schlosspark... stecken... kulturtouristische Potentiale.“ 918 Schieder hat keine Ortsmitte. Einzelhändler und Dienstleister siedelten sich vorwiegend an der Schwalenberger Straße L 886 und Pyrmonter Straße L 614 an. Neue große Wohngebiete entstanden im Zuge der Industrialisierung rechts und links der Landesstraßen ab den 1960er Jahren. Der Rückgang unternehmerischer Betriebe (Schieder-Möbel-Gruppe) seit 2007 „hat im Ort eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt. Einige Leerstände in städtebaulich markanten Lagen... stellen die Stadt vor besondere Herausforderungen... die... nur... mit externer Unterstützung“ bewältigt werden können. 919 Im Entwicklungskonzept wird Schieder ebenso als Ortsteilzentrum eingestuft, dessen Gebiet „im wesentlichen den Schlosspark, die Domäne, das Schulzentrum, das Freibad, die ‚Kerngebietslagen’ an Schwalenberger Straße und Pyrmonter Straße sowie den Bereich ‚Kohlbreite’ und die jeweils angrenzenden Wohnsiedlungsbereiche umfasst.“ 920 Abb. 189 Stadtplan-Ausschnitte Schieder und Schwalenberg 921 Die Vielfalt der Stadt Schieder-Schwalenberg wird nicht nur durch die historische Stadt Schwalenberg und Schieder mit Sommerfrische, Kurort und starkem Gewerbe geprägt, sondern auch „die Ortsteile... zeichnen sich zumeist und überwiegend noch durch intakte dörflich-soziale Gemeinschaften aus... Teilweise bestehen noch geschlossene Dorfkerne... Die Dörfer haben überwiegend Wohnfunktion.“ 922 Das Entwicklungskonzept leitet aus einer Bestandsaufnahme Ziele, Maßnahmen und Projekte ab und nennt folgende Innenstadt relevante Handlungsfelder: 918 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 14 919 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 14 920 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 14 921 Ausschnitt Stadtplan Schieder-Schwalenberg; Graph. Institut Eckmann GmbH Bielefeld (stadtplanprofi.de) 922 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 17 212 Die Potentiale im historischen Schwalenberg und Kneipp-Kurort Schieder sind zu optimieren. Sowohl im historischen Stadtkern Schwalenberg als auch in Schieder sind für verschiedene Grundstücke und bauliche Leerstände Nachfolgenutzungen, städtebauliche Nachverdichtung bzw. Wiederbebauung oder neue Konzepte zu entwickeln. Auf der Basis eines Regionalen Entwicklungskonzeptes sollte eine interkommunale Kooperation organisiert werden, wie z.B. durch das Einzelhandelskonzept OWL. Nach dem Einzelhandelskonzept für Schieder-Schwalenberg ist im Siedlungsschwerpunkt Schieder durch engagierte und leistungsstarke Handelsbetriebe Kaufkraft zu binden, um auch den noch vorhandenen Fachgeschäften eine angemessene Basis zu bieten. 923 Demnach sind in Schieder-Schwalenberg die touristischen und gesundheitlichen Potentiale als wichtiger Wirtschaftsfaktor zu erhalten und weiter zu entwickeln. Gefordert werden hier ein konstruktives Miteinander der privatwirtschaftlichen Leistungsträger und ein Stadtmarketing als wichtiger Kooperationsfaktor in einer örtlich angepassten Organisation. Die Kulturarbeit ist in Kooperation mit dem Landesverband Lippe zu stabilisieren. 924 Nach dem Entwicklungskonzept versteht sich die Stadtverwaltung als modernes Dienstleistungsunternehmen. Durch ein Netzwerk mit Bürgern, Wirtschaftsunternehmen, Vereinen, Verbänden, aber auch Fach- und Aufsichtsbehörden könnte auch in der momentan finanziell schwierigen Zeit viel bewegt werden. Dabei stehen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger als "Kunden" und „Gesellschafter“ im Mittelpunkt: „Um einerseits den Dienstleistungsbetrieb möglichst wirtschaftlich führen und andererseits eine hohe Qualität der Dienstleistungen für Bürger und Unternehmen sichern zu können, wird es einer noch viel intensiveren interkommunalen Zusammenarbeit bedürfen. Dabei unterliegt auch eine Gebietsneuordnung keinem Denkverbot!“ 925 Das Entwicklungskonzept fordert in der „besonderen Situation Nothaushaltsrecht“ für einen längeren Zeitraum als Strategie einen engen Bezug zur Realität und Machbarkeit. Dabei „bedarf es weiterhin der Unterstützung durch Gewährung von Zuwendungen des Landes, des Bundes und der Europäischen Union... Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt im Rahmen verfügbarer Mittel... Das Entwicklungskonzept und die darin enthaltenen strategischen Ziele geben Orientierung auf dem Wege zur Realisierung von Projekten.“ 926 „An dem Konzept haben leitende Mitarbeiter/innen im Rathaus, der Bürgermeister sowie ehrenamtliche Kommunalpolitiker/innen in Fachausschüssen und im Rat gearbeitet... Eingeflossen sind Anregungen aus vielen Fachplanungen, aus der Wirtschafts- und Sozialraumkonferenz 2008 ‚Schieder-Schwalenberg 2020,’ aus ungezählten Projekten und aus vielen Gesprächen sowie externen Beratungen... Aus städtebau- und förderrechtlichen 923 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 20 bis 23 Für die interkommunale Kooperation wurde 2010 gemeinsam mit den Städten Blomberg, Lügde und Schieder-Schwalenberg eine Imagebroschüre ‚Blühend – Brennend – Bunt’ als wichtiges Signal herausgegeben. (S. 21) Das Einzelhandelskonzept OWL vermittelt die regional bedeutsamen Rahmendaten für die Einzelhandelentwicklung, die vorwiegend im Siedlungsschwerpunkt Schieder an der Schwalenberger und Pyrmonter Straße stattfinden soll. (S. 22) 924 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 24 925 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 45 und 47 vgl. Ausführungen zum ILEK Südlippe 926 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 46 und 47 Schieder-Schwalenberg befindet sich seit mehr als 10 Jahren in einem Konsolidierungsprozess und hat auf Forderung der Kommunalaufsicht im Jahr 2010 erneut alle freiwilligen Aufwendungen überprüft. Das Ende der Nothaushaltssituation ist noch nicht abzusehen. (S. 10) 213 Gründen sind in diesem Konzept die Stadtteilzentren Schieder und Schwalenberg prioritär bearbeitet.“ 927 Das Entwicklungskonzept wurde in einem Prozess erarbeitet, der die Auseinandersetzung „mit alternativen Lösungsansätzen“ erforderte. Dabei haben „in unterschiedlicher Weise viele Bürger, Gruppen, Vereine, Verbände, Institutionen mitgewirkt.“ 928 Dadurch ist das Konzept nicht als statischer, sondern dynamischer Prozess zu verstehen. Im Schlusssatz steht: Jetzt sind „Verantwortungsbewusstsein und Bereitschaft zu notwendigen Veränderungen und Einschnitten gefragt. Andererseits können Bürgerinnen und Bürger in eigener Verantwortung in einer ‚Bürgergesellschaft’ ganz viel dafür tun, dass wir uns in Schieder-Schwalenberg auch in einer kleineren und im Durchschnitt älteren Gemeinschaft wohl fühlen.“ 929 Bei Schwalenberg und Schieder handelt es sich „um zwei geographisch voneinander getrennte Ortsteilzentren einer bipolaren Stadt mit unterschiedlichen Problemstellungen und Herausforderungen, die aber gleichwohl einander ergänzen.“ Der zwischen beiden Zentren liegende Ortsteil Brakelsiek und die übrigen Ortsteile Lothe, Ruensiek, Siekholz, Glashütte und Wöbbel haben überwiegend Wohnfunktionen und sind auf die Versorgungs- und Infrastruktureinrichtungen der beiden Ortsteilzentren und in der Region angewiesen. 930 Ein regionales Entwicklungskonzept für Lippe, bzw. Ostwestfalen-Lippe wird als wichtiges Handlungsfeld angestrebt. Der Zusammenschluss von Schieder-Schwalenberg mit den Gemeinden Horn-Bad Meinberg, Blomberg, Lügde und Schlangen zum ‚integrierten ländlichen Entwicklungskonzept Südlippe’ (ILEK) ist als ein Schritt dazu zu werten. 931 Beantwortung der Eingangs gestellten Fragen 932 Trotz der Erweiterungen des historischen Stadtkern Schwalenberg ins ländlich strukturierte Umland blieb der Stadtgrundriss im Wesentlichen erhalten. In Schieder erfolgte ein Bedeutungswandel durch die Industrialisierung, Kneippkurortentwicklung und Freizeitgebiete am Schiedersee. Der Ort dehnte sich ohne Ortsmitte seitlich der Landesstraßen aus. Die Chance der Gebietsreform wurde 1970 in der Bildung leistungsfähiger kommunaler Einheiten gesehen, die allerdings aus heutiger Sicht zu klein sind. Nachteilig ist, dass die Bildung der Stadt gesetzlich bestimmt wurde und nicht gewachsen ist. Nach dem Entwicklungskonzept unterliegt eine weitere „Gebietsneuordnung keinem Denkverbot!“ 933 Aufgrund der Entfernung von 5 km zwischen den beiden Orten Schwalenberg und Schieder und dem dazwischen liegenden Ort Brakelsiek gab es nie den Planungsgedanken einer Neuen Mitte, sondern immer nur die Akzeptanz zweier ‚Teilzentren.’ Ein Zusammenwachsen ist damit ausgeschlossen. Nach der Sanierung des Schlosses Schieder bot es sich an, dort das Rathaus einzurichten. Durch Gewerbe, Verwaltung und Tourismus hat sich der Siedlungsschwerpunkt von Schwalenberg auf Schieder verschoben. 927 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 5 928 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 47 929 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 47 930 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 18 Die Entfernung zwischen beiden Ortsteilzentren beträgt 5 km. 931 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 19 und s. Kapitel 7.3 ‚Integrierte Entwicklungskonzepte’ 932 Die Beantwortung der Fragen (s. Anhang) basiert auf das Interview mit BM Gert Klaus. 933 Schieder-Schwalenberg E-Konzept 2011 S. 45 und 47 vgl. Ausführungen zum ILEK Südlippe 214 Die Bemühungen um Erhaltung des historischen Stadtkerns Schwalenberg und der Domäne Schieder waren keine Fehlplanung bzw. Fehlinvestition im Rahmen der Sanierung, sondern nach Meinung des Bürgermeisters eine notwendige identitäts- und werterhaltende Maßnahme. Trotz geförderter Erhaltungsmaßnahmen hat es der Einzelhandel in beiden Teilzentren schwer. Nach dem Entwicklungskonzept hat der Einzelhandel und das Wohnen in Schieder Vorrang. Nur durch Zuwanderung und Schaffung neuer Arbeitsplätze hat Beides eine Chance. In Schwalenberg ist der Erhalt des innerstädtischen Wohnens aufgrund der kleinteiligen und erneuerungsbedürftigen Strukturen der Gebäude ein Problem. Die übrigen Ortsteile sind durch die Eigenentwicklung geprägt. Das größere Ortsteilzentrum Schieder ist nicht die Mitte der Gesamtstadt und trägt nicht das gesamtstädtische Gleichgewicht, um weitere Abwanderungen und Leerstände zu verhindern. Formal wird die Stadtentwicklung durch Verwaltung und Politik unter Beteiligung der Bürger bestimmt. Die anfängliche Rivalitätspolitik wandelte sich zugunsten einer stark sach- und dienstleistungsorientierten Politik. Das Rathaus sieht sich als ein Dienstleistungsunternehmen. In der Realität bestimmt die Wirtschaft die Stadtentwicklung stark mit. Der Verlust von Arbeits- und Ausbildungsplätzen verursacht Abwanderungen. Hier sind weiterhin Fördermittel und interkommunale Zusammenarbeit gefordert. Das Ortsteildenken wird durch die im Ort verwurzelten Vereine geprägt. Dies ist in Schwalenberg am stärksten ausgeprägt. Dabei ist wieder nachteilig, dass die gesamte Stadt nicht gewachsen ist. Es gibt nur wenige ortsteilübergreifende Vereine, die ein Wir-Gefühl für die Gesamtstadt fördern. Eine Stadtmarketingorganisation soll hierzu Hilfestellung leisten. Eine Studentenarbeit 934 mit dem Thema ‚Weniger ist Zukunft’ entwickelte immerhin bei 200 Bürgern in einer Veranstaltung ein neues Bewusstsein zur Stadt und bewirkte ein ‚Miteinander reden.’ Eine Wirtschafts- und Sozialkonferenz im Jahre 2008 mit 130 Besuchern förderte ebenso den örtlichen Dialog. Diese Aktionen wurden von der Presse gut unterstützt. Nach dem Vorbild der Bürgerstiftung Schwalenberg „Die Stadt ist Sache der Bürger“ haben sich noch weitere Bürgerinitiativen gebildet, wie die Fördervereine Freibad und Schlosspark. Weiterhin angedacht ist ein ehrenamtlicher Bürgerbus. Im ‚integrierten Stadtentwicklungskonzept’ 2008-2011 935 sind Handlungsstrategien für die zukünftige Stadtentwicklung im Sinne einer Vernetzung und eines bipolaren Gleichgewichts festgelegt und trägt zwischenzeitlich der weiteren Entwicklung Rechnung. Bemerkenswert ist, dass das Entwicklungskonzept nicht extern, sondern von der Verwaltung selbst erstellt wurde und permanent durch neue Anregungen fortgeschrieben wird. Die digitale Kommunikation unterstützt diese Verfahrensweise, ersetzt jedoch nicht die Diskussionen in Arbeitskreisen. Damit ist in der Fortschreibung des Entwicklungskonzeptes ein weiteres informelles Beteiligungsverfahren integriert. Dies Verfahren ist nach Auskunft des Bürgermeisters für die Anforderung von Fördermitteln ausreichend. Der kommunale Zusammenschluss des ILEK Südlippe ist nach Meinung des Bürgermeisters weder homogen noch entspricht er den tatsächlichen regionalen Beziehungen. Diese sind zu den Nachbarorten Blomberg, Lügde und Steinheim (Kreis Höxter) intensiver. 934 Thema der Studentenarbeit (Hochschule OWL) war der ‚demographische und wirtschaftliche Wandel’ 2010. 935 Die Entwicklung der Ortsmitten u. weitere Handlungsfelder sind im Stadtentwicklungskonzept integriert. 215 7.3 Kommunaler Verbund in Süd- und Nordlippe (ILEK Leader Projekte) ILEKs haben sich in Nordrhein-Westfalen - wie auch in anderen Bundesländern - bereits in vielen ländlichen Regionen bewährt. Sie helfen, innovative Projekte auf den Weg zu bringen und Fördermöglichkeiten des Landes und der EU zu erschließen: „Integrierte ländliche Entwicklungskonzepte (ILEK) entstehen unter Beteiligung der Bevölkerung und regionaler Akteure. In diesen Konzepten werden vorrangige Entwicklungsprojekte festgelegt, die sich aus strategischen Zielen ableiten. Projekte, die der Umsetzung von integrierten ländlichen Entwicklungskonzepten oder LEADER-Konzepten dienen, werden im Rahmen der Fördermaßnahme "Dorferneuerung und -entwicklung" vorrangig gefördert.“ 936 Abb. 190 ILEK Südlippe Die Städte Blomberg, Horn-Bad Meinberg, Lügde, Schieder-Schwalenberg und die Gemeinde Schlangen haben mit Unterstützung des Kreises Lippe das ILEK Südlippe erstellt, um ihre Zukunft gemeinsam zu gestalten und die Lebensqualität zu erhalten bzw. zu verbessern. Bei der Erarbeitung von Lösungen für aktuelle und zukünftige Herausforderungen der fünf beteiligten Städte und Gemeinden konnten alle Bürger mit eigenen Ideen an der Erstellung des ILEK Südlippe mitwirken und in den öffentlichen Veranstaltungen Ihre Ziele und Projektvorschläge einbringen. Dabei wurden folgende Handlungsfelder genannt: „Zukunft der Dörfer, Umnutzung ländlicher Bausubstanz, Nahversorgung und medizinische Dienste, Mobilität, Zusammenhalt und bürgerschaftliches Engagement... Historische Stadt- und Ortskerne, Radrouten, Naherholung, Kultur- und Sozialleben... Regionale Produkte, Regenerative Energien, Landschaftspflege, Kooperation Landwirtschaft / Naturschutz, Waldentwicklung und Holzvermarktung...“ 937 Als für die Ortsmitten relevantes Projekt ist der Aufbau eines Leerstandsmanagement für die fünf lippischen Kommunen zu nennen, um dem Verfall von Gebäuden mit alter Bausubstanz entgegen zu wirken. 938 Immerhin verfügt das Gebiet über eine „Dichte historischer Stadt- und Ortskerne... (und) viele Burgen und Schlösser.“ 939 Da in Südlippe keine weiteren Projekte festgestellt wurden, die gezielt auf die Mitte oder den Zusammenschluss des regionalen Verbundes Südlippe zielen, erfolgen am Beispiel des ILEK Nordlippe weitere Ausführungen: 936 aus: Website Bez. Reg. Detmold ‚Leader’ 21.03.2011 incl. Abb. 937 aus: Website Bez. Reg. Detmold ‚Leader’ 21.03.2011 und ILEK Südlippe Entwurf 938 aus Website Bez. Reg. Detmold ‚Leader’ (Info: Blomberg 18.01.2011) u. ILEK Südlippe Entwurf 2007 S. 13 939 ILEK Südlippe Entwurf 2007 S. 25 216 ILEK-LEADER Nordlippe Abb. 191 „Die Gemeinden Dörentrup, Extertal, Kalletal und die Stadt Barntrup schlossen sich im Dezember 2005 zusammen, um gemeinsam als Region ‚Nordlippe’ ein Entwicklungskonzept zu erarbeiten. Seit Beginn des Jahres 2007 liegt das ILEK Nordlippe vor und ist Grundlage für die Durchführung gemeinsamer Projekte... Ziel dieser informellen Zusammenarbeit ist eine themen- und projektbezogene interkommunale Kooperation und die Umsetzung einer regionalen Entwicklungsstrategie zur Entwicklung des ländlichen Raumes in Nordlippe... Nach anschließender Bewerbung für das EU-Förderprogramm LEADER wurde Nordlippe als eine von zwölf LEADER-Regionen des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen ausgewählt.“ 940 Leader Region Nordlippe „LEADER ist eine Gemeinschaftsinitiative der EU, mit der seit 1991 modellhaft gebietsbezogene Entwicklungsstrategien zur Entwicklung ländlicher Räume gefördert werden. Basierend auf der Verordnung über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER-VO) werden Zuschüsse zur Umsetzung regionaler Entwicklungsstrategien in ausgewählten Regionen gewährt... Ziel des europäischen Förderprogramms ist, die Regionen bei der Umsetzung eigener Entwicklungsstrategien zur Gestaltung des ländlichen Raumes zu unterstützen.“ 941 Mit folgenden Ansätzen werden beim LEADER regionale Netzwerke zur Stärkung regionaler Eigenständigkeit, Handlungskompetenz und endogener Entwicklungspotentiale aufgebaut: Territorialer Ansatz: Entdeckung und Entwicklung regionaler Besonderheiten für ein eigenständiges Profil Bottom-up-Ansatz: Breite Bürgerbeteiligung mit demokratischen Spielregeln, Erarbeitung von Strategien mit privaten und öffentlichen Akteuren zum Abbau des Entwicklungsrückstandes Regionales Entwicklungskonzept: Verstärkung positiver Entwicklung und Identifizierung von Marktnischen Vernetzung der Akteure: Informieren, Nutzung von Synergien, gemeinschaftliches Arbeiten 942 940 aus Website Bez. Reg. Detmold ‚Leader’ 21.03.2011 incl. Abb. Leader Nordlippe 941 aus Website Bez. Reg. Detmold ‚Leader’ 21.03.2011 „Die französische Abkürzung LEADER steht für „Liaison entre actions de développement de l'économie rurale“ und bedeutet übersetzt „Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft.“ 942 aus Website Bez. Reg. Detmold ‚Leader’ 21.03.2011 217 Nordlippe stehen 2007 bis 2013 Fördermittel 943 zur Verfügung, um gegen Abwanderung, sinkende Lebensqualität, Versorgungsengpässe, demographischen Wandel und Abnahme regionaler Identität agieren zu können. Grundlage der kommunalen Zusammenarbeit bildet das ‚Gebietsbezogene integriertes ländliches Entwicklungskonzept’ (G-ILEK): „Das G-ILEK Nordlippe bildet die Grundlage für die Zusammenarbeit der Stadt Barntrup und der Gemeinden Dörentrup, Extertal und Kalletal. Das Konzept, welches die Bewerbungsgrundlage der Region für das LEADER-Programm darstellt, wurde unter der Beteiligung der LAG sowie weiterer regionaler Akteure erstellt. Es beinhaltet neben einer Bestandsaufnahme und einer Stärken-Schwächen-Analyse Entwicklungsziele, konkrete Handlungsfelder sowie Leitprojekte.“ 944 Das wichtigste Leitmotiv und –bild für diese Untersuchung ist das Ziel: "Nordlippe auf dem Weg zu einer Gemeinde" Die starke Motivation der Akteure zur Zusammenarbeit in der Region kommt insbesondere im Leitbild (1) und strategischen Entwicklungsziel (2) zum Ausdruck: (1) "Wir in Nordlippe wollen die zukünftigen Herausforderungen im ländlichen Raum gemeinsam bewältigen, um die Wohn- und Lebensqualität für die Bürger zu sichern, Landwirtschaft und Tourismus als bedeutende Wirtschaftssektoren zu stärken und die Identifikation der Bürger mit der Region zu erhöhen... (2) Kommunale Kooperation und regionale Identität fördern, touristische Wertschöpfung in der Region steigern, aktiv den demografischen Wandel gestalten, Landwirtschaft und Umwelt fördern.“ 945 Die vier strategischen Entwicklungsziele leiten sich aus dem Leitbild sowie der Stärken- Schwächen-Analyse für die Region ab. Diesen Entwicklungszielen sind insgesamt 12 Handlungsfelder mit konkreten Maßnahmen und Projekten zugeordnet. Die ausgewählten Projekte tragen dazu bei, das Leitbild und die strategischen Entwicklungsziele umzusetzen. Die Begleitung der regionalen und lokalen Entwicklungsprozesse erfolgt durch vier thematische Arbeitskreise, in denen interessierte Akteure durch die Modifikation und Entwicklung von Projektvorschlägen den LEADER-Prozess aktiv mitgestalten können. Für diese Untersuchung sind die Arbeitskreise ‚Demografie, Siedlung, Versorgung, Soziales’ und ‚interkommunale Kooperation und Bürgergesellschaft’ von Bedeutung. Darüber hinaus ist die ‚Lokale Aktionsgruppe’ LAG Nordlippe e.V. als Verein bedeutsam, der die regionalen Entwicklungsprozesse organisiert, koordiniert und umsetzt. Dem beigefügten Schema ist der ‚Weg zu einer Gemeinde’ zu entnehmen. Die Basis bilden die vier Arbeitskreise mit ihren Projekten, Handlungsfeldern und Entwicklungszielen. Durch Querschnittsthemen erfolgt eine Vernetzung und Zusammenarbeit der vier Kommunen: 946 943 aus Website Bez. Reg. Detmold ‚Leader’ 21.03.2011: „Nordlippe stehen bis zu 1,0 Mio. Euro an Mitteln aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) zur Verfügung, die national kofinanziert werden müssen.“ 944 aus Website Bez. Reg. Detmold ‚Leader’ 21.03.2011 LAG ist die Lokale Aktions-Gruppe Nordlippe e.V. 945 aus Website Bez. Reg. Detmold ‚Leader’ 21.03.2011 946 aus Website Bez.Reg. Detmold ‚Leader’ 21.03.2011 incl. Abb. ‚Auf dem Weg zu einer Gemeinde’ 218 Abb. 192 Im Abschlussbericht 2007 ist folgendes Ergebnis dokumentiert: Die vier Kommunen sind hinsichtlich der wirtschaftlichen und demographischen Entwicklung von ähnlichen Problemen in den nächsten Jahren betroffen. Deshalb besteht der „ausgeprägte Wille der vier beteiligten Gemeinden, sich gemeinsam zu engagieren und auch neue Wege der kommunalen Zusammenarbeit zu beschreiten, um die vielfältigen Herausforderungen zu meistern und langfristig die Lebensqualität und die Attraktivität des ländlichen Raumes Nordlippe zu erhalten.“ 947 Dabei verbinden die vier Gemeinden folgende Faktoren: - ähnliche naturräumliche Gegebenheiten, - stark ländlich geprägte Region, - periphere Lage hinsichtlich der Verwaltungsgrenzen und Verkehrserschließung, - kulturell und geschichtlich zusammengehörig, - Menschen mit ähnlicher Prägung und Mentalität - ausgeprägte Bereitschaft zur interkommunalen Zusammenarbeit. Festzustellen ist, dass „der Prozess sehr umsetzungsorientiert gestaltet wurde, in dem das vorliegende Konzept vor allem Maßnahmen und Projekte beinhaltete, die zielgerichtet und zum Teil bis zur Umsetzungsreife hin ausgearbeitet wurden. Der integrative Charakter des ILEK kommt dadurch zum Ausdruck, dass zwar viele Themenfelder bearbeitet wurden... diese Themenfelder aber nicht isoliert voneinander betrachtet wurden, sondern vernetzt und themen- bzw. zielübergreifend. Dabei stand vor allem auch der regionale Charakter im 947 ILEK Nordlippe Abschlussbericht 2007 S. 9 incl. der verbindenden Faktoren. 219 Vordergrund... Innerhalb des Prozesses wurde auch betont, dass die Erarbeitung eines ILEK ein ergebnisoffener Prozess“ mit notwendiger Fortschreibung ist. 948 Das Verfahren gliederte sich in eine Auftaktveranstaltung (mit 120 Teilnehmern) als Start und einem Strategie-Workshop mit relevanten Akteuren der Region, um Stärken und Schwächen zu benennen, strategische Entwicklungsziele und Handlungsfelder zu erfassen sowie erste Projektansätze zu erarbeiten. Zur Abstimmung der Handlungsfelder und zur Konkretisierung von Projektideen wurden themenbezogene Fachgruppen (Arbeitskreise) gebildet, in denen Experten und engagierte Bürger(innen) vertreten waren: „Ziel der Arbeitskreise war es, die Entwicklungsziele zu den Handlungsfeldern zu erarbeiten sowie geeignete Projekte zu identifizieren und dafür Umsetzungsmöglichkeiten und -ideen zu erörtern... Der gesamte Prozess der ILEK Erarbeitung wurde von einer Lenkungsgruppe gesteuert. Die Lenkungsgruppe ist das wesentliche Entscheidungsgremium, das über die Umsetzung der im Prozess entwickelten Vorschläge befindet (Bürgermeister, interne und externe Fachämter, Sprecher der AK).“ 949 Nach sechs Monaten wurden nach einer öffentlichen Abschlussveranstaltung die Ergebnisse des ILEK in einem abschließenden Ergebnis-Workshop allen am Prozess Beteiligten und der interessierten Öffentlichkeit präsentiert. 950 Im Handlungsfeld: Demographie, Siedlung, Versorgung u. Soziales wurde als Stärke die hohe Wohn- und Lebensqualität in historisch gewachsenen und z.T. gut erhaltenen Dorfkernen und dörflichen Strukturen genannt. Als Schwächen wurden - wie in Südlippe - der zunehmende Gebäudeleerstand, Verfall ortsbildender Bausubstanz, die dezentrale Siedlungsstruktur, der demografische Wandel mit zunehmendem Anteil älterer Menschen und abnehmendem Anteil jüngerer Menschen, die unzureichende bzw. gefährdete Nahversorgung im ländlichen Raum und die hohe Auspendlerquote herausgearbeitet. 951 Im Handlungsfeld: Bürgergesellschaft und interkommunale Kooperation wurden als Stärken das z.T. hohe Bürgerengagement (viele Vereine, ehrenamtliche Tätigkeiten), die zunehmende Kooperationsbereitschaft zwischen den Kommunen und die hohe lokale Identität genannt. Als Schwächen zeigten sich die interkommunale Konkurrenz bei der Ausweisung von Bau- und Gewerbegebieten und der kommunale Wettbewerb mit den Nachbargemeinden. Darüber hinaus sind die Zersiedelung der Landschaft zu Lasten der alten Ortskerne, die ungenutzten Gewerbegebiete und das lokal begrenzte Vereinsleben problematisch. 952 „Wie in vielen anderen ländlichen Kommunen ist die Kommunalpolitik in den vier ILEK- Gemeinden bislang häufig von eher kleinräumiger Wettbewerbsorientierung (z.B. in Bezug auf die Ausweisung von Bau- und Gewerbegebieten) und dem so genannten ‚Kirchturmdenken’ geprägt gewesen... Mittlerweile hat sich in den beteiligten vier Kommunen aber bereits ein Bewusstseinswechsel vollzogen... Die Bürgermeister der vier Gemeinden zeigen nicht zuletzt mit der Auswahl und Bearbeitung dieses Handlungsfeldes (Bürgergesellschaft und interkommunale Kooperation) die Bereitschaft zu einer verstärkten interkommunalen Zusammenarbeit sowie zu vermehrtem sektorübergreifenden Denken.“ 953 948 ILEK Nordlippe Abschlussbericht 2007 S. 10 949 ILEK Nordlippe Abschlussbericht 2007 S. 11/12 950 ILEK Nordlippe Abschussbericht 2007 S. 13 951 ILEK Nordlippe Abschlussbericht 2007 S. 45 952 ILEK Nordlippe Abschlussbericht 2007 S. 48 953 ILEK Nordlippe Schlussbericht 2007 S. 47/48 220 Die Analysen der Stärken und Schwächen führten für die nächsten 10 bis 15 Jahre zu einer integrierten ländlichen Entwicklungsstrategie bzw. zu folgenden für diese Untersuchung bedeutsamsten Leitbildern: - Förderung der regionalen Identität der Menschen - Hohe Wohn-, Lebens- und Erholungsqualität im vielfältigem ländlichen Raum - Ausbau und Vernetzung vorhandener touristischer Angebote und Potenziale - Schonung und Weiterentwicklung der natürlichen Lebensgrundlage und Umwelt - Erhaltung des Bürgerengagement und der interkommunalen Zusammenarbeit 954 Bedeutsam ist die Erkenntnis, dass die Probleme einer Kommune oder Region nur unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in den politischen Prozess bewältigt werden können: „In diesem Sinne sind die durch den demografischen Wandel hervorgerufenen Probleme eher als Chance zur Aufwertung des Ehrenamtes zu begreifen... Viele Bürger in der Region Nordlippe engagieren sich bereits heute in besonderem Maße in Vereinen und für das Gemeinschaftsleben und sind durchaus zu einem höheren Engagement bereit. Dieses Engagement soll weiter verstärkt werden, auf neue Bereiche ausgeweitet und mit Spielregeln für bürgerschaftliches Engagement versehen werden.“ 955 Aus 100 Projektvorschlägen wurden 13 Leitprojekte ausgewählt, von denen für diese Untersuchung die ‚Spielregeln Bürgergesellschaft Nordlippe’ (12.) und die ‚interkommunale Zusammenarbeit Gebietskörperschaft Nordlippe’ (13.) bedeutsam sind: „Die Region Nordlippe ist durch ein hohes Maß an Selbsthilfe und vielfältigem Bürgerengagement gekennzeichnet. Um dieses Engagement auch zukünftig aufrecht erhalten zu können, soll für die gesamte Region Nordlippe zum einen ein ‚Netzwerk Ehrenamt und Bürgergesellschaft’ geschaffen zum anderen einheitliche ‚Spielregeln’ zur Unterstützung und Förderung des ehrenamtlichen Engagement eingeführt werden.“ 956 Zur Umsetzung wurde eine engagementfreundliche Verwaltung mit Benennung einer neutralen Kontaktperson als Ansprechpartner und Lotse für bürgerschaftliche Aktivitäten in jedem Rathaus (‚Kümmerer’) als vorrangig eingestuft. Darüber hinaus wurde ein ‚Bürgeretat’ Nordlippe eingerichtet, um ergänzend zum kommunalen Hauhalt und den vereinsbezogenen finanziellen Möglichkeiten bürgerschaftliche Aktivitäten unterstützen zu können. 957 Da ein ‚gemeinsames Rathaus Nordlippe’ als Zukunftsvision eine schrittweise Umsetzung voraussetzt, steht zunächst die Entwicklung zu einer ‚Gebietskörperschaft Nordlippe’ der vier Gemeinden im Vordergrund. Hierzu gibt es folgende Projektansätze: (1) ‚Interkommunale Lenkungsgruppe’ aus Politik, Verwaltung, Gewerbe, Vereinen etc. (2) Bündelung von Fachkompetenz und interkommunale Standardanpassung der Fachbereiche. (3) Gemeinsame interkommunal abgestimmte Planung wie F-Pläne (mit Flächenmanagement für Wohn- und Gewerbegebiete) ohne Beeinträchtigung der gemeindlichen Planungshoheit. (4)Auslagerung von Aufgaben (private oder ehrenamtliche Aufgabenträger) und gemeindeübergreifende Organisation wie Kultur, Bücherei, Fremdenverkehr etc. 958 954 ILEK Nordlippe Abschlussbericht 2007 S. 49 955 ILEK Nordlippe Abschlussbericht 2007 S. 62 956 ILEK Nordlippe Abschlussbericht 2007 S. 65 und 98/99 (Spielregeln) 957 ILEK Nordlippe Abschlussbericht 2007 S. 99: Bürgeretat mit Vergaberegeln, Einlage aus kommunalen Haushalt und Sponsoren. Eine ‚Bürgerstiftung Nordlippe’ u. ein ‚jährlicher Preis fürs Ehrenamt’ sind angestrebt. 958 ILEK Nordlippe Abschlussbericht 2007 S. 100 221 Der weitere Entwicklungsprozess wurde mit dem Einstieg in die Umsetzungsphase durch regelmäßige Überprüfungen – durch ein Monitoring – begleitet: „Die Festlegung auf eine verbindliche Liste von sowohl qualitativen als auch quantitativen Indikatoren gehört mit zu den ersten Aufgaben der Begleit- und Steuerungsgruppe zu Beginn des Umsetzungsprozesses... Das hier beschriebene Monitoring sollte im Umsetzungsprozess einmal jährlich stattfinden. Methodisch kann die Wirksamkeit der Projekte und Maßnahmen anhand von Evaluierungsbogen dokumentiert werden: Sowohl die Projektträger als auch weitere Akteure aus der Region füllen die Bögen einmal jährlich aus, so dass damit gleichzeitig eine Information über den jeweils aktuellen Stand der Bearbeitung und Umsetzung der Projekte gegeben ist.“ 959 Resümee Der ILEK-LEADER Prozess in Nordlippe verdeutlicht: dass durch die Stärkung und Vertiefung der interkommunalen Zusammenarbeit der negativen regionalen Entwicklungen und Herausforderungen - bis hin zu der Vision einer gemeinsamen Gebietskörperschaft für Nordlippe - begegnet werden kann; dass die Kommunalpolitik die regionalen Herausforderungen bewältigen kann, wenn sie die Bürgerinnen und Bürger in den politischen Prozess mit einbezieht und das vorhandene vielfältige Bürgerengagement und die ehrenamtlichen Tätigkeiten stärkt und dass der regionale Wandel - mit ländlich geprägten, sehr dezentralen Siedlungsstrukturen, einer rückläufigen Bevölkerungsentwicklung und dem Verfall der Ortskerne - als regionale Herausforderung angenommen und aktiv gestaltet werden kann. Gerade die Probleme einer Region in relativ peripherer Lage fordert ein Netzwerk ‚Ehrenamt und Bürgergesellschaft’ mit Spielregeln für die ‚Bürgergesellschaft’ und eine ‚Interkommunale Zusammenarbeit.’ 960 Es reicht nicht – wie beim ILEK Prozess in Südlippe – die Fördermittel für ortsspezifische Maßnahmen und ein regionales Leerstandsmanagement in Anspruch zu nehmen. Deshalb kann das Monitoring in Nordlippe für jeden Entwicklungsprozess empfohlen werden. Mit dem Einstieg in die Umsetzungsphase erfolgte eine regelmäßige Überprüfung für den eingeschlagenen Weg, um Erfolge und Misserfolge zu erkennen und notwendige Korrekturen vornehmen zu können. Dafür wurden zu Beginn der Umsetzungsphase geeignete Indikatoren festgelegt, mit denen die Zielerreichung einer bestimmten Maßnahme gemessen werden kann. Die Indikatoren sind in der Regel quantitativ und können durch qualitative Indikatoren ergänzt werden. Sie dokumentieren die Fortschritte der Projektumsetzung und stellen die Ergebnisse in Bezug auf die Erreichung der Zielsetzung dar. Die Förderstelle der Bez. Reg. fordert dieses Monitoring. Dies erfolgt in Form eines Berichtes der Regionalmanagerin, wie der Vorsitzende der Lenkungsgruppe 961 im Gespräch äußerte. 959 ILEK Nordlippe Abschlussbereicht 2007 S. 100-103 960 Selbstformulierte Zusammenfassung als beteiligter Moderater des AK Bürgergesellschaft. 961 Vorsitzender der Lenkungsgruppe und LAG Nordlippe e.V. ist der Bürgermeister Hans Hoppenberg von der Gemeinde Extertal. Das Gespräch mit ihm und dem Bürgermeister Herbert Dahle aus Barntrup über den Erfolg des ILEK Nordlippe sind an dieser Stelle zusammenfassend dokumentiert. Die Geschäftsstelle der LAG (Lokale Aktionsgruppe) Nordlippe e.V. ist mit der Regionalmanagerin Nathalie Helling besetzt. 222 Abb. 193 Die vier Bürgermeister nach der gemeinsamen Hauptausschusssitzung 2007 und Abb. 194 „In Nordlippe glühen die Drähte der vernetzten Verwaltung“ 962 In den Gesprächen mit den Bürgermeistern wurde deutlich, dass die anfängliche Begeisterung mit Visionen in der Zwischenzeit von der Realität eingeholt wurde. Trotzdem werden in den Arbeitsgruppen, insbesondere Demographie und Tourismus, Projekte entwickelt, die von der Bezirksregierung auf Förderfähigkeit überprüft, danach in der LAG Nordlippe e.V. und den politischen Gremien beschlossen werden. Die Gelder verteilen sich zu je 1/3 auf lokale und regionale Maßnahmen und das Management. Als Projektbeispiele wurde einmal der Rundwanderweg Nordlippe genannt. Neu ist die Idee der Movelo-Region Weserbergland mit Ladestation für Elektro-Fahrräder. 963 Hierfür ist das lippische Bergland gut geeignet, das heute schon eine attraktive Motorradregion ist. Durch Bürgerengagement entstand in Göstrup eine neue Mitte mit Brunnen und altem Backhaus. Darüber hinaus initiierte der ILEK Prozess weitere Planungsprozesse, wie Untersuchungen zum Wohnen und Gewerbe, Ortsentwicklungs- und integrierte Entwicklungskonzepte für die Ortsmitten, gefördert durch das Bund-Länderprogramm ‚Kleinere Städte und Gemeinden.’ 964 Der Erfolg und die Nachhaltigkeit liegen in der kommunalen Zusammenarbeit. So gibt es eine Reihe von Vernetzungen der Verwaltungen, wie z.B. im Gebäudemanagement, Steuerwesen, Standesamt, Datenschutz, Bürgerservice und Rufbereitschaft. 965 Oft erfolgt die kommunale Zusammenarbeit projektbezogen im Wechsel. Z.B. wird in Extertal, Dörentrup und Barntrup die Gemeinschaftsschule Nordlippe thematisiert. Wie oben schon erwähnt, ist die anfängliche Euphorie bis hin zu einer Gebietskörperschaft nicht mehr oberstes Ziel. Ein ‚gemeinsames Rathaus’ besteht nicht räumlich, sondern durch die erfolgreiche interkommunale, vernetzte Zusammenarbeit. Diese hatte 2005 auf einer Bürgermeisterkonferenz begonnen, bei der über das ILEK-Verfahren berichtet wurde. Dies führte die Bürgermeister der vier Gemeinden zusammen, die als Hauptinitiatoren dieses Prozesses auch heute noch anzusehen sind. Durch ihr Bemühen wird das zurückgegangene Bürgerengagement aufrechterhalten. Hier helfen die ILEK- und Leader-Fördermittel für viele Projekte und Planungen. Allerdings löste ein gemeindliches und interkommunales Wir-Gefühl bisher das Ortsteildenken nicht ab – was auch nicht unbedingt anzustreben ist: Ein Vergleich mit anderen Regionen - wie z.B. mit der Regionalstadt Hannover, der Ruhrmetropole oder dem wieder vereinten Deutschland – zeigt, dass ein Zusammenwachsen über mehrere Generationen andauert. Für ein Wir-Gefühl ist es nicht notwendig, dass die Identifikation mit dem Ort(steil) abnehmen, die Identifikation mit dem kommunalen oder regionalen Zusammenschluss muss jedoch zunehmen. Für diesen Prozess sind die Akteure entscheidend, deren Aktionen durch Planungen und Fördermittel unterstützt werden können. 962 aus Website ILEK/Leader Nordlippe 04.05.2011 Abb. LZ 28.02.07 (Foto Scherzer) u. LZ 14.12.07 963 Extertal ist Teil der Movelo-Region Weserbergland LZ Nr. 104 vom 05.05.2011 964 Forum Extertal-Ortsentwicklungskonzepte für vier Ortsteile (Büro Grontmij GmbH u. Flaspöhler Hameln 2010) u. Integrierte Entwicklungskonzepte (ISEK ‚Kl. Städte u. Gem.’ Fördrg.) Barntrup, Kalletal u. Dörentrup 965 Mit dem Motto „Gemeinsam statt einsam“ ging die „Vernetzte Verwaltung“ an den Start (LA 09.08.08) Ziel: Wirtschaftlichkeit des kommunalen Leistungsangebotes; aus: Website ILEK LEADER Nordlippe 04.05.2011 223 7.4 Zusammenfassender Vergleich Um Gemeinsamkeiten, unterschiedliche Entwicklungen und Planungsstrategien aufzuzeigen, werden die bipolaren Städte Bad Salzuflen, Horn-Bad Meinberg, Schieder-Schwalenberg und die kommunalen Zusammenschlüsse im Kreis Lippe miteinander verglichen: Gemeinsamkeiten: Die drei vorgestellten Städte sind touristisch geprägte Kurorte und stehen als solche in Konkurrenz. 966 Gesundheit, Kur und Touristik ist ein wesentlicher Wirtschaftzweig für alle drei Orte. Durch die gesetzlich verordnete Gebietsreform erfolgte der Zusammenschluss mit gewerblich strukturierten Gemeinden. Die Kurorte erhielten damit zwei wirtschaftliche Standbeine. Nachdem alle drei Städte die Verluste ihrer größten gewerblichen Arbeitgeber verkraften müssen, wird im touristischen Wandel der Kurorte eine Lösung gesucht. Die drei Städte liegen im lippischen Weserbergland, das durch Berge, Hügel, Wasser und Thermalquellen geprägt ist. Im Rahmen der Regionalen NRW im Jahre 2000 wurde für diese Region der Begriff ‚Heilgarten OWL’ geprägt, da hier „34 Heilbäder und Kur- sowie Erholungsorte ihre Dienstleistungen anbieten... Insgesamt dokumentieren die Kurparkanlagen eine mehr als zweihundertjährige Entwicklungsgeschichte von Garten- und Landschaftskultur in der Region.“ 967 Diese Entwicklung war in Lippe stark durch das Fürstentum und in den letzten Jahrzehnten durch den (fürstlichen) Landesverband Lippe geprägt. Damit blicken die Menschen in dieser Region auf eine ähnliche Historie zurück. Schon früh haben sie erkannt, das kulturelle Erbe der Schloss- und Parkanlagen und die historischen Stadtkerne zu erhalten. Alle drei Städte sind Mitglied in der AG Historische Stadtkerne in NRW und haben mit Fördermitteln ihre Stadtkerne, Schloss- und Parkanlagen erhalten. Der Einzugsbereich für den örtlichen Einzelhandel ist für die Städte mit dem Stadtgebiet identisch. In allen drei Gemeinden ist ein ausgeprägtes Ortsteildenken mit Rivalität zum Nachbarn, die wiederum die Zersiedlung der Landschaft beförderte, festzustellen. Die gegenwärtigen demographischen und wirtschaftlichen Probleme zwingen heute alle drei Gemeinden zum engeren Zusammenrücken und zu gemeinsamen Lösungen. In den ländlich strukturierten Bereichen führte dieses zu weiteren kommunalen konzeptionellen Zusammenschlüssen, bei denen z.T. Überlegungen zu neuen Gebietskörperschaften nicht ausgeschlossen werden. Unterschiedliche Entwicklungen: Die Standortbedingungen beeinflussen die Stadtentwicklung wesentlich. Für Bad Salzuflen ist einerseits von Vorteil, dass im Umkreis von weniger als 20 km das Oberzentrum Bielefeld und die Mittelzentren Herford, Lage, Lemgo und Detmold liegen, andererseits entsteht hierdurch auch eine Wettbewerbssituation. Für die Stadt Horn-Bad Meinberg sind die Oberzentren Paderborn und Bielefeld ca. 30-50 km entfernt. Jedoch entstehen „aufgrund der ausgeprägten Wettbewerbssituation mit den Nachbarkommunen“ Detmold, Blomberg, Steinheim und Bad Lippspringe in ca. 10-15 km 966 Ein Beispiel der Konkurrenz ist der Umzug der Tinnitus-Klinik von Horn-Bad Meinberg nach Bad Salzuflen. 967 Bufe, Thomas 2000 S. 12/13 ca. 250 Garten- und Parkanlagen wurden bis 2000 erfasst. Hierunter fallen die Kurparkanlagen in Bad Salzuflen und Bad Meinberg und die Schloss- und Kurparks in Schötmar und Schieder. 224 Entfernung „in einigen Branchen Kaufkraftabflüsse.“ 968 Durch die interkommunale Zusammenarbeit und Absprache mit diesen Gemeinden wird versucht, dies zu entschärfen. Die größeren Entfernungen von 30-50 km für Schieder-Schwalenberg zu den Oberzentren Paderborn und Bielefeld, den Mittelzentren Detmold und Höxter und die Entfernungen im Stadtgebiet selbst sind ungünstige Standortbedingungen. Hinzu kommt der Wettbewerb zu den benachbarten Mittelzentren Blomberg und Steinheim (Kreis Höxter) in ca. 10 km Entfernung. Auch hier könnte durch eine engere interkommunale Zusammenarbeit und Absprache der konkurrierende Wettbewerb entschärft werden. Ein weiterer Standortfaktor ist die Erreichbarkeit der nächsten Autobahn- und IC-Anschlüsse, die für Bad Salzuflen mit 2 bis 15 km Entfernung (A2 und Bahnhöfe Bielefeld/Herford) günstiger als für Horn-Bad Meinberg und Schieder-Schwalenberg mit 30 bis 50 km Entfernung (A33 und Bahnhof Paderborn) sind. In Bad Salzuflen ist die Erreichbarkeit der Innenstädte aus den nahen Wohngebieten in den Ortsteilen durch den Stadtbus vorteilhaft. Schließlich sind noch die Anzahl der Arbeitsplätze, die Ein- und Auspendlerquote und der Einzugsbereich für die Einkaufsmöglichkeiten ein weiterer Standortfaktor. Letzteres ist für alle drei Gemeinden gleich. Graduelle Unterschiede weist der Rückgang in der Wirtschaft mit Leerständen und der Bevölkerung mit Überalterung auf, die in Bad Salzuflen durch die Standortvorteile besser ausgeglichen werden können. Schieder-Schwalenberg ist aufgrund der vorwiegend ländlichen Struktur und Standortnachteile hiervon am stärksten betroffen. Unterschiedliche Entwicklung der Stadtmitten: Bad Salzuflen/Schötmar: Der historische Stadtkern mit Kurpark ist in Bad Salzuflen heute noch das Hauptzentrum, die tatsächliche Stadtmitte. Der ehemalige Stadtkern Schötmar hat sich zu einem ergänzenden Stadtteilzentrum mit Schloss und Park entwickelt. Zusammen mit dem Fachmarktzentrum Hoffmannstraße zwischen beiden Stadtkernen ergibt sich eine bandartige verbindende Mitte. Der Einzugsbereich für dieses Mittelzentrum ist die Bürgerschaft aus dem Stadtgebiet. Die größeren umliegenden Ober- und Mittelzentren ziehen einerseits Kaufkraft ab, andererseits kommen zahlreiche Besucher aus diesen umliegenden Kommunen am Wochenende in den attraktiven Kurort. Horn-Bad Meinberg: Der historische Stadtkern von Horn ist ebenso - wie in Bad Salzuflen – das Hauptzentrum, die Stadtmitte. Im Unterschied zu Bad Salzuflen ist Horn nicht der Kurort, sondern eine ehemalige, heute gewerblich geprägte Ackerbürgerstadt. In Bad Meinberg befindet sich ein Nebenzentrum neben dem Kurpark. 969 Städtebaulich lassen sich beide Orte aufgrund der Entfernungen nicht miteinander verbinden. Mit beiden Zentren konkurriert der großflächige Einzelhandel am Rande der Kerngebiete. Der Einzugsbereich für dieses Mittelzentrum ist mit dem Stadtgebiet identisch. Die Kaufkraftbindung wird durch das benachbarte Mittelzentrum Detmold, Oberzentrum Paderborn und die weiträumige ländlich strukturierte Umgebung geschwächt, aus der am Wochenende nur wenige den Weg nach Horn-Bad Meinberg findet. 968 Einzelhandelskonzept Horn-Bad Meinberg 2009 S. 37 969 Horn-Bad Meinberg F-Plan-Entwurf 2010 S. 38 225 Schieder-Schwalenberg: Der historische Stadtkern der ehemaligen Stadt Schwalenberg ist heute nicht die Stadtmitte der neuen Gesamtstadt. Dafür entwickelte sich Schieder mit Kureinrichtungen, Schiedersee, Stadtverwaltung, Einzelhandel, Schulangebot und Gewerbeflächen zum neuen Hauptort. Im Unterschied zu Bad Salzuflen und Horn-Bad Meinberg hat sich der Mittelpunkt vom historischen Stadtkern auf den neuen Kneipp-Kurort Schieder verlagert. Die Entfernung beider Orte verhindert ein Zusammenwachsen. Der Einzugsbereich für das Grundzentrum ist mit dem Stadtgebiet identisch. Durch die weiträumigen ländlich strukturierten Entfernungen und Leerstände im Stadtgebiet ist eine Kaufkraftbindung erschwert. Besucher kommen meist gezielt zu Veranstaltungen. Der Schiedersee lockt Besucher aus der weiteren Umgebung an. Planungsstrategien: Die unterschiedlichen Entwicklungen und der Bedeutungswandel der Stadtmitten bei den drei bipolaren Städten veranschaulichen die ortsspezifischen Besonderheiten, die unterschiedlich planerisch behandelt werden. Der tabellarische Vergleich der Entwicklungskonzepte für die Städte Bad Salzuflen, Schieder-Schwalenberg, den kommunalen Zusammenschluss Nordlippe und des F-Plan-Entwurfs für Horn-Bad Meinberg verdeutlicht die Unterschiede im Verfahren, den Handlungsfeldern und Zielen: Bad Salzuflen Horn-Bad Meinberg Schieder-Schwalenbg. ILEK Nordlippe E-Konzept F-Plan E-Konzept E-Konzept Grundlagenermittlung Grundlagenermittlung Grundlagenermittlung Grundlagenermittlung Auftaktveranstaltung: Information/Ideen Stärken/Schwächen Verfahren nach BauGB 1. Entwurf des Entwicklungskonzept Info-Veranstaltungen Auftaktveranstaltung mit Strategieworkshop 1. Planungswerkstatt: Entwicklungsziele Behandlung in Arbeitskreisen Behandlung in Arbeitskreisen Themat. Arbeitskreise zu 4 Handlungsfeldern Ortsteilgespräche - - Information vor Ort 2. Planungswerkstatt: Leitbild/Konzepte Entwicklungsziele vorgezogene Bürgeranhörung nach BauGB Ratsbeschluss Themat. Arbeitskreise zu 4 Handlungsfeldern Ortsteilgespräche - - - 3. Planungswerkstatt: Gesamtkonzept incl. Orteilrahmenpläne Handlungsstrategien und Maßnahmen Beteiligung der Behörden Fortschreibung... Ergebnisworkshop Abschlussveranstaltung: Präsentation/Ausstellung öffentliche Auslegung nach BauGB Fortschreibung... Abschluss- Veranstaltung Beschlussfassung (Rat) Dokumentation Umsetzung (Haushalt) Ratsbeschluss Ratsbeschlüsse über Fortschreibungen Ratsbeschlüsse Dokumentation Umsetzung Planungsziel: Neuer F-Plan Neuer F-Plan Neuer F-Plan Vernetzte Verwaltung Abb. 195 Tabelle: Vergleich der planerischen Verfahren Die Verfahrensschritte zeigen, dass in Bad Salzuflen und Nordlippe unter Beteiligung der Akteure die Stadt- bzw. Gebietsentwicklung analysiert und bewertet wurde, um daraus Entwicklungsziele, Handlungsfelder und Maßnahmen zu erarbeiten. Im Verfahren wurden Stärken und Schwächen deutlich, aus denen sich unterschiedliche Handlungsfelder und 226 Entwicklungsziele bzw. Leitbilder definierten. Die Vernetzung der Handlungsfelder führte zur Entwicklungsstrategie. Die Beteiligungsverfahren und die Auswahl der Beteiligten wurden örtlich angepasst. Dazu wurden Experten, beim ILEK eine Lenkungsgruppe und in Bad Salzuflen der zuständige Fachausschuss beteiligt. Der Planungsprozess wurde entweder durch eine externe Fachkraft oder den/die Bürgermeister moderiert. Das Entwicklungskonzept Bad Salzuflen ist Grundlage für einen neuen F-Plan und kann als ein integriertes Stadtentwicklungskonzept gewertet werden, da parallel Entwicklungskonzepte für die Innenstadt, den Kurbereich, den Einzelhandel, die Landschaft und den Verkehr integrativ erstellt wurden. In Nordlippe ist ebenso ein integriertes Entwicklungskonzept mit starker Beteiligung der Akteure erarbeitet worden, mit dem Ziel einer vernetzten Verwaltung und konkreter Maßnahmen. Zur Umsetzung wurden die Maßnahmen nach Prioritäten und finanzieller Machbarkeit in den kommunalen Hauhalts- oder Finanzplan eingestellt. In Nordlippe unterliegt die Umsetzung einer Erfolgskontrolle. In Horn-Bad Meinberg und Schieder-Schwalenberg sind die Entwicklungskonzepte für die Ortsmitten in einem gesamtstädtischen Konzept enthalten. Auch hier flossen gesonderte Fachplanungen, wie zum Einzelhandel, Verkehr und zur Umwelt ein. Insofern handelt es sich um integrierte Entwicklungskonzepte, die z.T. im ganzheitlichen Prozess erstellt wurden. In Horn-Bad Meinberg ist der F-Plan die Entwicklungsplanung, zu der nach BauGB beteiligt wurde. Die Bürgerbeteiligung war nach Auskunft des Fachdienstes gering. Effektiver waren die Arbeitskreise, besetzt mit Vertretern aus Akteursgruppierungen, Politik und Verwaltung, die bestimmte Themenfelder behandelten und deren Ergebnisse in die F-Planung einflossen. In Schieder-Schwalenberg wird das Entwicklungskonzept als eine strategisch integrierte Stadtentwicklungspolitik bezeichnet, das Grundlage für einen neuen F-Plan sein soll. Bestimmte Handlungsfelder wurden in Arbeitskreisen bearbeitet, um Entwicklungsziele und konkrete Maßnahmen abzuleiten. Mit dem Entwicklungskonzept wurde ein Maßnahmen-, Zeit- und Kostenplan als ganzheitlicher Prozess beschlossen. Das Konzept wird permanent fortgeschrieben und den wandelnden Realitäten durch neue Beschlüsse angepasst. Bad Salzuflen Horn-Bad Meinbg. Schieder-Schwalenbg. ILEK Nordlippe Handlungsschwerpunke: - Innenstadt BS - Innenentwicklung > Maßnahmen Handlungsfelder bzw. Themenfelder (14) Handlungsfelder: - (Einzel-)Handel u.a. > Maßnahmen (4) Handlungsfelder: - Bürgergesellschaft u. interkomm. Kooperation > Maßnahmen Entwicklungskonzept: Zielbild Innenentwicklung mit Zentrendefinition Entwicklungsziel Zentren-Stärkung Horn u. Bad Meinberg (14) Ziele: Umsetzung Konzept Einzelhandel (4) Entwicklungsziele: - 1 Gebietskörperschaft - Ortsmitten (ISEK) Vernetzung Fachpläne: Verkehr, Einzelhandel, Landschaft, Aktive Zentrum > Kur- u. Touristik-Ort Vernetzung Verkehrs- +Einzelhandelskonzept Entwicklungsstrategie Touristik – Kur Vernetzung Einzelhandelskonzept Strategie: Entwicklung Kur- und Touristik-Ort Vernetzung Handlung und Ziele: Auswahl Leitprojekte wie ‚vernetzte Verwaltung’ Abb. 196 Vergleich der Innenstadt relevanten Handlungsfelder und Entwicklungsziele Der Vergleich zeigt deutliche Unterschiede in der Verfahrens- und Planungsstrategie. 970 Ähnlich sind die Handlungsfelder und umsetzungsorientierte Ziele, um die Stadt- bzw. Ortsmitte mit ortsspezifischen Handlungsstrategien und Maßnahmen zu stärken. Die ‚Handlungsstrategien für die Umsetzung’ werden in Kap. 9.4 gesondert erörtert. 970 Berding, Ulrich 2006 S. 172 f: Stadtentwicklungsplanung ist „ein lokal spezifischer Prozess.“ 227 8. FRAGEN ZU GEGENWÄRTIGEN STRUKTURVERÄNDERUNGEN Die beispielhaften Untersuchungen der Städte verdeutlichen, dass die Nutzungsänderungen in den Stadtkernen, die Umnutzungen von Industriebrachen, die Weiterentwicklung der Technik, der Wandel der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft, die Entwicklung des Klimas, der Demographie und globalen Wirtschaft den Städtebau heute vor neue Aufgaben stellen. Weiterhin wird deutlich, dass die Innenstädte mit ihren historischen Stadtkernen trotz unterstützender Gesetzgebung, raumordnerischer Vorgaben, begleitender Fachgutachten, neuer Kooperationen und öffentlicher Fördermittel immer wieder neuen problematischen Strukturveränderungen unterworfen sind. Welche Chancen haben die Stadtkerne in Zukunft? 8.1 Situation Einzelhandel und Wohnen Vertreter des Einzelhandels in den untersuchten Städten beklagten in Gesprächen Leerstände, zu hohe Mieten, die Parkraumbewirtschaftung, schlechte Erreichbarkeit mit dem Auto und/oder dem öffentlichen Personennahverkehr und das unattraktive innerstädtische Angebot. „Handel und Stadt – das ist heute eine schwierige Beziehung geworden,“ war ein Beitrag von Hans Blotevogel auf dem ‚Bonner Städtebautag 2000,’ 971 denn die Anzahl der örtlichen Einzelhandelsbetriebe ist bundesweit weiterhin rückläufig und die durchschnittliche Betriebsgröße nimmt zu. In den Oberzentren entstehen Shopping-Center und in den Mittelzentren SB-Warenhäuser mit Discount-Prinzip auf autoorientierten Standorten. Auf dem Kongress „Stadtmarketing und Stadtplanung“ in Münster 2002 berichtete Walter Siebel, 972 dass sich in den Kernstädten 40 % und im Umland 60 % der Einzelhandelsflächen befinden. Die attraktiven Einkaufsmöglichkeiten mit Parkplätzen im Umland nehmen den Innenstädten nach Meinung des örtlichen, innerstädtischen Einzelhandels Kaufkraft weg. Die Betreiber der nicht integrierten Standorte behaupten, Kaufkraft für die Gesamtstadt zu binden. Dies erhoffen sich vielfach auch Kommunen. Die Landesregierung empfiehlt zu dieser Problematik regional abgestimmte Einzelhandelsgutachten, wie z.B. im östlichen Ruhrgebiet oder auch in Ostwestfalen-Lippe. 973 Als eine weitere Konkurrenz zum stationären Handel wird das Internet-Einkaufen angesehen, da diese Kunden (vermutlich) nicht mehr in die Geschäfte zum Einkaufen kommen. Die Frage ist, ob der Einzelhandel in den Stadtkernen in Zukunft noch eine Chance hat? In der Auftaktveranstaltung ‚Standort Innenstadt’ in Mühlheim 2005 begann Erich Greipl seinen Vortrag mit der Frage: „Handelsplatz Innenstadt: Wovon hängt die Zukunft der Innenstädte ab?“ und beendete ihn mit der Feststellung: „Die Standortanforderungen an Handelszentren (Innenstadtzentren und Gewerbezentren jeder Art) lassen sich leicht mit sechs Adjektiven skizzieren (ESSHAH-Formel): - Erreichbar –Sauber – Sicher – Hell – Attraktiv – Herzlich - Die Realisierung... haben Planer, Projektierer und Händler sicherzustellen. Der offene und lösungsorientierte Dialog zwischen allen Beteiligten kann dazu beitragen stadtgerechte, kundengerechte und ertragfähige Konzepte zu verwirklichen... (Allerdings) ohne konsequente ...(glaubwürdige und verlässliche)... Umsetzung der Konzeptelemente sind Marktanalyse und 971 Blotevogel, Hans in Dokumentation Bonner Städtetag 2000 S. 10 972 Siebel, Walter in Dokumentation Stadtmarketing und Stadtplanung 2002 S. 25 973 Horzetzky, Günther Dr. Staatssekretär NRW in Dokumentation Tagung Innenstadt 2011 S. 21 228 Marktprognose wirkungslos... (und) nicht Erweiterung, sondern Qualifizierung und Inszenierung... müssen im Zentrum der zukünftigen und nachhaltigen Entwicklung stehen.“ 974 Auf der gleichen Veranstaltung stellte Lovro Mandac klar, dass wir „in der Innenstadt Raum für Erlebniskauf“ brauchen und dass der Einzelhandel „gezwungen ist, sich nahezu täglich zu verändern, um den Anforderungen des Kunden zu entsprechen.“ Dies bedeutet, den „Kunden zu analysieren“ die „Betriebsformen“ anzupassen und die „Zielgruppe“ zu erkennen. 975 Es gibt Experten, wie Elmar Fedderke die davon überzeugt sind, dass die „Beratung“ und damit „Entscheidungssicherheit“ für einen Kauf im Laden spricht. Für ihn ist klar, dass das urbane Leben ohne Handel nicht denkbar ist. Zwar wird „auch das Internet in Zukunft auf einen überwiegenden Anteil aller Kaufentscheidungen einen Einfluss haben,“ dies aber mehr als eine „Vorab-Information.“ 976 Damit wird das Geschäft durch das Internet ergänzt und nicht ersetzt oder auch umgekehrt. Fedderke plädiert im stationären Handel für den „offenen, aber besonnenen Umgang mit diesem Thema,... die Chancen des Internet in der Zukunft nicht zu missachten... und ein gezieltes Verkaufen einiger Produkte über Internet“ zu probieren. 977 Andreas Kaapke sieht im Controlling, Kundenbeziehungsmanagement mit Kundenbindung und im Erkennen der Zielgruppen wichtige Voraussetzungen für den stationären Handel. „Mit sozialer Kompetenz und Beratung sei der reine Online-Handel zu schlagen.“ Trotzdem ist für ihn das „Social Media Marketing für jedes Unternehmen wichtig.“ 978 Ebenso stellt dazu Lovro Mandac fest, dass heute der Kunde die Möglichkeit hat, mit dem iPhone vor Ort einen Preisvergleich anzustellen. Dem muss sich der Einzelhandel stellen: „Die gängige Meinung über Händler, Waren, die Lagen und das Personal wird im Internet gemacht. Dieser neuen Art der Qualitätsmessung muss man sich als Händler schlichtweg stellen... Wer sich jetzt nicht bewegt, den wird es in drei bis fünf Jahren nicht mehr geben.“ 979 Das Ergebnis des Handelsforums in Bielefeld 2011 war, dass „das Internet nicht der Feind des traditionellen stationären Einzelhandels“ ist. Im Gegenteil „die neuen sozialen Medien“ sind eine Chance für den Einzelhandel, da „sich gute Leistungen in Windeseile herumsprechen.“ Andreas Haderlein glaubt, dass das mobile Internet in die Läden lockt. Ferdinand Klingenthal behauptet, dass immer noch 90% der Umsätze in den Läden gemacht werden. 980 Demnach ist der innenstädtische Einzelhandel in Zukunft nicht chancenlos, wenn er für neue Entwicklungen aufgeschlossen ist und sie als Chance nutzt: Der Einzelhandel hat sich mit der Stadt weiter zu entwickeln. Die Stadtplanung liefert hierfür die Rahmenbedingungen und „alle Akteure vor Ort sollten ‚an einem Strang’ ziehen,“ so wie die Initiative ‚Standort Innenstadt – Raum für Ideen’ im Ruhrgebiet von 2005 bis 2007 mit 974 Greipl, Erich (GF Metro Goup) in: Standort Innenstadt 2005 S. 16 f. u. Frauke/Imorde/Junker 2007 S. 14 f. 975 Mandac, Lovro (Vors. Kaufhof Warenhaus AG) in: Standort Innenstadt 2005 S. 22 976 Fedderke, Elmar ist GF von Walgenbach (Haus u. Küche) in Düsseldorf und Buchautor (Verkaufen, wenn keiner kauft) u. Referent des 23. Handelsforums ‚Multi Channel – Von der Ladentheke ins iPhone’ am 25.05.2011 in Bielefeld (LZ Nr. 103 vom 4.05.2011) 977 LZ Nr. 103 vom 04.05.2011 „Städtisches Leben braucht Handel“ Bericht über 23. Handelsforum in Bielefeld 978 Kaapke, Andreas (Duale Hochschule Stuttgart) in: Dokumentation Tagung Innenstadt 2011 S. 8/9 979 Mandac, Lovro (Kaufhof AG) in Dokumentation Tagung Innenstadt 2011 S. 10-13 980 LZ Nr. 122 vom 26.05.2011 Andreas Haderlein vom Zukunftsinstitut Kelkheim u. Fa. Ferdinand Klingenthal „Von der Ladentheke in iPhone“ bedeutet nur eine beschleunigte Kommunikation. Meinungsbörse von Martin Krause: Für den Einzelhändler bedeutet dies, gute Leistungen anzubieten, gute Mitarbeiter u. vernünftige Preise zuhaben. Die Präsenz im Netz ist unabdingbar. Unredliche Angebote und Aktionen werden immer riskanter. 229 Einzelhandelsverband, Kaufhäusern und Betriebsräten mit „Teamgeist“ den „Prozess des Umdenkens“ gegen den Ladenleerstand einleiteten und „verkrustete Strukturen aufbrachen, innovative Neuerungen und nachhaltige Zeichen...“ bewirkten. „... Dieser kooperative, partnerschaftliche Ansatz wurde im Projekt... gepflegt und zum Erfolgsgarant des Verfahrens insgesamt.“ 981 Und welche Chance hat das Wohnen in den Innenstädten? Mit der Industrialisierung und Bevölkerungszunahme entstanden außerhalb der Städte auf günstigem Bauland neue Wohnsiedlungen. Jeder Ort wollte wachsen und bewarb die Stadtbewohner ins dörfliche Umland. Darüber hinaus verlagerten sich viele Arbeitsplätze aus den Stadtkernen in neue Gewerbegebiete. Diese Suburbanisierung entvölkerte unsere Innenstädte und trennte Wohnen, Arbeiten und Freizeit. Seit den 1970er Jahren war unter anderem das innerstädtische Wohnen ein Ziel der Sanierung der Innenstädte. Jedoch der Wunsch nach einem Einfamilienhaus war und ist noch heute in den ländlichen Regionen vorrangig. Dazu kommt, dass durch neue Kommunikationstechniken das Wohnen heute von dem Arbeitsplatz und der Stadt unabhängig ist. Demnach besteht zwischen Arbeits- und Wohnstandort heute nicht mehr unbedingt ein lokaler, sondern eher stadtregionaler Zusammenhang. Stadt und Region stehen im Wettbewerbsangebot. „Die Freiheitsgrade bei der Wahl des Wohnstandorts sind für die Mehrheit der Haushalte enorm gesteigert worden. Und nun kann sich soziale Distanz in räumliche Distanz umsetzen. .. In diesem Prozess scheinen sich die Überreste der europäischen Stadt allmählich aufzulösen... Die Stadt ist in den Suburbs nicht mehr vorhanden... Die Vorstadt- und Umlandbewohner suchen diese Stadt nur noch als Arbeitsort oder zu Konsumzwecken auf... 982 Jedoch durch die demographische und momentane wirtschaftliche Entwicklung mit Benzinpreissteigerung und unsicherem Arbeitsplatz wird das Stadtwohnen für einzelne Haushalte wieder attraktiv. Dies sind weniger Familien, eher Ein- bis Zweipersonenhaushalte aller Generationen. Damit liegt die Chance des innenstädtischen Wohnens im Wohnungsangebot für die Wohnungssuchenden, die sich aus wirtschaftlichen Überlegungen oder aufgrund des urbanen Wohnens dazu entschließen. Voraussetzung sind attraktive innerstädtische Infrastruktureinrichtungen, wie Einkaufen, Gastronomie, Kultur etc. und ein attraktives Wohnumfeld. Die Erreichbarkeit zum Arbeitsplatz, zur Schule etc. muss ebenso gewährleistet sein. Unterstützend sind ein Leerstandsmanagement und Planungsangebot. Eine aktuelle Difu-Untersuchung bestätigt die Wiederentdeckung des Wohnstandortes Innenstadt: „Auch wenn es nicht durchgehend gelingt, die Ausgangsthese valide mit harten quantitativen Indikatoren zu belegen, so wurde im Zuge der Untersuchung doch klar erkennbar, dass es die Renaissance des Wohnens in der Innenstadt zumindest als Vision oder, besser gesagt, als positiv besetztes Leitbild für die Entwicklung der Innenstädte gibt. Denn die Vorteile des innerstädtischen Wohnens sind unumstritten, sie liegen in kurzen Wegen, sozialen Netzen und dichten Infrastrukturangeboten. Diese positive Einschätzung teilen uneingeschränkt sowohl Vertreter der Kommunalverwaltungen als auch der Immobilienwirtschaft sowie sonstige interviewte Akteure.“ 983 981 Frauns/Imorde/Junker 2007 S. 10 u. 195 Am 2-jährigen vom Land geförderten Projekt ‚Standort Innenstadt’ waren beteiligt: die Städte Bochum, Essen, Gelsenkirchen, Mühlheim u. Oberhausen und die Warenhäuser Karstadt, Kaufhof u. Metro mit Betriebsräten und der Einzelhandelsverband u. das Landeministerium NRW. 982 Häußermann, Hartmut in: Die Zukunft der Europäischen Stadt (Hg. Frey/Koch) 2011 S. 28/29 983 aus: Website Difu (29.10.2011) Auszug aus: Jekel u. v. Bodelschwingh 230 8.2 Innerstädtische Akteursebene - Stadtgesellschaft Ein Großteil der Bewohner in den Innenstädten sind nicht mehr die Grundeigentümer. Neue Bewohner prägen das neue soziale Umfeld. Die Bemühung um verstärktes Wohnen in den Innenstädten im Rahmen der Sanierung beschränkt sich auf zentrenorientierte Haushalte, wie Senioren, Ein- oder Zwei-Personen-Haushalte und Zuwanderer. In Bad Salzuflen z. B. ist eine „zunehmende Vergreisung“ festzustellen, da 40 % der Bewohner in der Innenstadt über 60 Jahre alt sind. 984 Das Stadtteilzentrum Schötmar ist im Vergleich zum Landesdurchschnitt der Wohndichte „entleert.“ 985 Da Gewerbe, Dienstleistungsbetriebe, Schulen und öffentliche Einrichtungen in den letzten Jahrzehnten ausgelagert wurden, fehlen den Innenstädten Arbeitsplätze mit potentiellen Kunden. Kunden und Besucher kritisieren oft das Kaufangebot des Einzelhandels in den Zentren und bevorzugen lieber das autogerechte Einkaufen. Dazu kommt, dass bei einigen Bürgern die Kaufkraft auf Grund der allgemeinen Wirtschaftslage eingeschränkt und bei anderen ein gesättigter Markt festzustellen ist. Darüber hinaus nehmen Großveranstaltungen in Stadien, Parks und speziellen Freizeitzentren den Innenstädten Besucher weg. Mit dem Wachstum unserer Städte schrumpfte die Innenstadtgesellschaft und damit scheinen die Kernstädte die Verlierer zu sein. Es stellt sich die Frage, ob die bisherigen Bemühungen um die Erhaltung der Stadtkerne eine Fehlplanung und Fehlinvestition war? Aus den Gesprächen mit den Vertretern der Beispielstädte ging hervor, dass die Investitionen in den historischen Stadtkernen nicht umsonst waren. Nur eine attraktive Innenstadt fördert bei den Bürgern die Identifikation mit der Stadt, lädt zum Einkaufen, Bummeln und Verweilen ein und wird nach wie vor von den Bewohnern als ihre Stadtmitte angesehen. Durch Einzelhandelserlass und BauGB/BauNVO wurde die Expandierung des Einzelhandels ins Umland auf die so genannte ‚Grüne Wiese’ gestoppt. Dadurch wurde die Rückbesinnung zur historischen Stadtmitte gefördert. Die gesetzliche Forderung zur Innenentwicklung wird für die zukünftige innerstädtische Bauleitplanung eine Neuausrichtung bewirken. Auf der anderen Seite „gibt es Propheten, die den unvermeidlichen Verlust europäischer Urbanität mit der wachsenden Bedeutung telekommunikativer Vernetzung kommen sehen,“ stellt Hartmut Häußermann 986 fest. Er glaubt aber, dass die Stadt trotzdem „ein besonderer Erfahrungs- und Lernort für gesellschaftliches Zusammenleben“ bleibt. Er sieht es als „Aufgabe der Stadtpolitik... die Stadtgesellschaft zusammenzuhalten.“ ° Für ihn bedeutet dies: „Bei der Diskussion über die Zukunft der europäischen Stadt geht es weniger um Fragen der baulichen Dichte als um Fragen der sozialen Dichte, der sozialen Kohäsion. Nicht nur die Mitte der Stadt darf im Zentrum der Stadtentwicklungspolitik liegen, sondern auch ihre Ränder – und diese können mitten in der Stadt liegen.“ 987 Aufgrund des Wandels der Stadtgesellschaft ist es erforderlich, eine soziale Integration und eine Identifikation zur Gesamtstadt bei den unterschiedlichen Bürgern 988 herzuzustellen. 984 Brand, Friedrich 1996 S.104 u. 105 985 Brand, Friedrich 1996 S.106 986 ° Häußermann, Hartmut in: ‚Die Zukunft der europäischen Stadt’ 2011 S.31 u. 33 987 Häußermann, Hartmut in: ‚Die Zukunft der europäischen Stadt’ 2011 S. 35 988 Die Stadtgesellschaft besteht heute aus Einheimischen und Zugezogenen mit unterschiedlichen Kulturen. 231 „Mit dem Wechsel von Government zu Governance sind Chancen und Risiken für eine demokratisch organisierte und sozial ausgerichtete Stadtpolitik verbunden... Kooperationen, Verhandlungen und aufwendige Kommunikationsprozesse innerhalb städtischer Verwaltungen, zwischen privatwirtschaftlichen Akteuren und öffentlichen Akteuren, zwischen vielfältigen sozialen Gruppen der Zivilgesellschaft und kommunalen Stadtplanern – sie sind zu Kernelementen des Wandels der Stadtpolitik geworden.... Die Entwicklung einer städtischen Beteiligungskultur ist daher eine zentrale Herausforderung der Stadtpolitik, um den Wandel von Government zu Governance mit der damit einhergehenden Zunahme unterschiedlicher Akteure an der Stadtentwicklung... zu gestalten...“ 989 Dem entgegen steht die heutige Politikverdrossenheit, die zu einer personalisierten Regierung in Bund, Land und Kommune und zur Degradierung der Mehrzahl der Bürger zu passiven Zuschauern führte. 990 Die Folge sind niedrige Wahlbeteiligungen und Parteienaustritte. Die Notwendigkeit politischer Reformen steht außer Frage, sie stehen aber noch am Anfang. Noch wird auf politische Organisationsstrukturen aus den Nachkriegsjahren verharrt, die sich nur etwas durch die Diskussionskultur der 1970er Jahre reformiert haben. Die Forderung nach mehr Streitkultur als Personenkultur nimmt jedoch stetig zu. Die Piraten haben es bei der Wahl in Berlin 2011 vorgemacht, wie durch offene Debatten im Internet fast 9 % Wähler zu gewinnen sind. 991 Hiervon können die etablierten Parteien und die Stadtplaner lernen. Ein Wandel in der Planungskultur hat schon stattgefunden, wie diese Untersuchung und auch das Weißbuch Innenstadt der Bundesregierung belegen. Planerisch hat der Bürger schon mehr Rechte und Aufmerksamkeit erhalten. In der Planung geht es nicht um Posten, sondern primär um Themen, die demokratisch und nachhaltig erörtert werden. Hierzu bieten sich heute als zusätzliche Diskussionsplattform die sozialen Medien an. Miriam Meckel stellte auf einer Veranstaltung in OWL fest: „Wer sich dem Netz verweigere, schließe sich selbst aus der Gesellschaft aus.“ 992 Die Sozialen Medien ersetzen heute immer mehr Post, Telefon und E-Mail-Adresse, da hierüber schon viele Veranstaltungseinladungen und Newsletter eingehen. Miriam Meckel stellt eine Zweiklassengesellschaft durch die digitale Spaltung fest: der informierte und der nicht informierte Bürger. Damit ist die Gesellschaft neben aktiv und passiv, reich und arm auch in informiert und nicht informiert polarisiert. Letzteres erinnert an die Zeit, als das Radio und der Fernseher als neue technische Entwicklung die Gesellschaft ebenso in informiert und nicht informiert spaltete. Für Klaus R. Kunzmann war die Stadtgesellschaft schon immer sozial polarisiert: „... mit einer... Oberklasse, die schon im Mittelalter die sozial schwächeren und kulturell andersartigen Stadtbewohner an den Rand oder sogar vor die Mauern der Stadt verdrängte. Die europäische Stadt ist daher... die Stadt sozialer Gegensätze und Armutsinseln,... die von Grundbesitzern dominiert und von Grundstücksspekulanten manipuliert wird (und ist) die Stadt der Bürgergesellschaften... von mutigen und weitsichtigen, wie von ängstlichen und engstirnigen Bürgerinitiativen, von mächtigen und ohnmächtigen Bürgermeistern.“ 993 989 Frey/Koch 2011 S. 15/16 990 Miegel, Meinhard spricht von der Spaltung in „Aktive und Passive“ in der Gesellschaft. 2004 S. 262 991 LZ 265/15.11.2011 „Seit dem Überraschungserfolg bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus... stehen die Piraten stabil bei mindestens sieben Prozent in den Umfragen... Die politischen Inhalte... sind noch diffus... Sie wollen einen anderen Politikstil einführen... dem Bürger sollen alle relevanten Informationen zugänglich gemacht werden, ist ihr zentrales Anliegen.“ 992 Meckel, Miriam aus: LZ 258 v. 07.11.2011 (Freiwilligenakademie OWL) über ihr Buch ‚Next’ 993 Kunzmann, Klaus R. in: ‚Die Zukunft der europäischen Stadt’ (Hg. Frey/Koch) 2011 S. 36 232 Die Entwicklung der europäischen Stadtkerne sieht Klaus R. Kunzmann kritisch. Sie sind... „eine fragmentierte Stadtregion mit vielen unterschiedlichen funktionalen Räumen. Bewohner dieser Räume sind Ortsbürger, die seit Generationen dort ansässig sind, Zuwanderer... aus den Kernstädten ins Umland... oder auch Migranten, die nur dort bezahlbare Behausungen in der Nähe ihrer Arbeitstätten zugewiesen bekommen haben... In dieser fragmentierten Stadtregion gibt es vielfältige funktionale Kerne. Der international wahrgenommene funktionale Kern ist die konsumorientierte Innenstadt, die die visuelle und emotionale Identität der europäischen Stadt stiftet und ihr Außenbild repräsentiert. Sie ist die Bühne der Stadt, wie sie die Bewohner der Stadtregion erleben, die dort ihre Konsumbedürfnisse decken.“ 994 Dieses Bild von Klaus R. Kunzmann mündet in eine europäische Stadt, die nur noch „von der Erinnerung lebt“ und „der Logik des Marktes und den individuellen Wünschen von Grundbesitzern“ folgt. 995 Diese Sichtweise führt stadtplanerisch zur folgenden Frage: Was kann die Stadtplanung zur Rettung der europäischen Stadt/Mitte beitragen? Stadtbaurat Hanns Adrian (Hannover) sah 2004 in den Städten ein Abbild verschiedener Förderungspolitiken: „Ein Beispiel ist die Förderung des Einfamilienhauses durch die Eigenheimzulage und die Wegepauschale... Zukünftige Stadtentwicklungsplanung muss an anderen Punkten ansetzen als bisher:“ 996 - Anpassung der Angebote an die Nachfrage - Koordinierung der Steuererleichterungen und Subventionen mit den Entwicklungszielen - Vernetzung der öffentlichen Räume - Absicherung der Freiräume und Landschaft beim Wachsen der Stadt. Diese Forderungen galten schon immer für die Steuerung der Stadtentwicklung und fordern noch einmal dazu auf, mit einem neuen Planungsverständnis die räumlichen Anforderungen mit den sozialen Bedürfnissen in Einklang zu bringen. Wichtig für den Stadtplaner ist das Erkennen von Veränderungen der Bedürfnisse des Stadtmenschen beim Wohnen, Arbeiten, Wirtschaften, Handeln und Erholen. Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Themen bzw. Handlungsfeldern sind planerisch zu werten. Die Polarisierung der Stadtgesellschaft, die heute eine andere als die des Mittelalters ist, darf dabei planerisch nicht ignoriert werden. Gesellschaftliche Entwicklungen beeinflussen immer die Stadtentwicklung und damit die planerischen und fördernotwendigen Anforderungen. „Raumstrukturen sind menschliche und ökologische Funktionssysteme, die sich mit dem technischen und ökonomischen Fortschritt ständig verändern (mitunter vergrößern). Jedes individuelle und gesellschaftliche Leben bedarf eines physisch-materiellen Substrats, das immer auch physisch im Raum verteilt zu erschließen und zu gewinnen ist. Es gibt Phasen, in denen sich das System... im Gleichgewicht befindet, und dann gibt es Phasen, in denen das System... ökologisch und sozial instabil wird. Als reales Steuerungs- und Planungsproblem ergibt sich dann die Aufgabe, die sozialökonomischen Ansprüche mit den räumlich-ökologischen Ressourcen zum Ausgleich zu bringen.“ 997 Damit ist die oben gestellte Frage nach wie vor aktuell und im nächsten Kapitel zu vertiefen. 994 Kunzmann, Klaus R. in: ‚Die Zukunft der europäischen Stadt’ 2011 (Hg. Frey/Koch) S. 47 und 49 995 Kunzmann, Klaus R. in: ‚Die Zukunft der europäischen Stadt’ 2011 (Hg. Frey/Koch) S. 54 996 Adrian, Hanns in: ...zum wohnen in der Stadt (Hg. Ulrich Gerlach) 2004 S. 186/7 (Aufzählung frei zitiert) 997 Hanisch, Jochen in: SRL Schriften 53/2008 S. 28 233 8.3 Planerische Steuerung der Stadtentwicklung Stadtentwicklungen sind planerisch schwer steuerbar, da Stadtplanung entweder ein Angebot oder Nachbessern ist. Der Planungsvollzug liegt oft nicht in den Händen der kommunalen Planungshoheit, sondern ist abhängig von den Eigentümern, Investoren oder Nutzern: 998 Die Verringerung der Kaufkraft oder die Änderung der Betriebformen im Handel bestimmen wirtschaftliche und weniger planerische Faktoren. Hierzu zählt die Reduzierung der Anzahl von kleinen, selbstständigen Händlern, die Zunahme von Filialisten und das Wachsen der Betriebsgrößen. Ebenso werden die Entwicklung von Partnerschaften, Familien und deren Wohnungsansprüche nicht durch vorausschauende Stadtplanung beeinflusst. Genauso sind die kommerziellen Angebote für Freizeit und Kultur stadtplanerisch kaum steuerbar. Da trotz des planlosen Verstädterungsprozesses ins dörfliche, siedlungsfreie Umland der innerstädtische Einzelhandel heute noch eine Bedeutung hat, stellt sich die Frage: Kann Planung und Gesetzgebung die Stadtkernentwicklung überhaupt beeinflussen? Da eine Stadt aus unterschiedlichen Bausteinen besteht, wie „ihre räumliche Struktur und Gestaltung, die funktionalen Belange, ...Vernetzung mit dem städtischen Umfeld, ...Differenzierung von privaten und öffentlichen Bereichen, die Entstehungsbedingungen und ...die im Laufe der Geschichte zu beobachtenden Veränderungen, “ 999 könnte die Suche nach konstanten Planungsvoraussetzungen die o.g. Frage beantworten: „Eine Stadt kann... auf dem Reißbrett geplant und in einem Zuge realisiert werden. Oftmals sind es jedoch über viele Generationen gewachsene und durch verschiedene Einflüsse und Ideologien überlagerte Städte, in denen Stadtplaner und Architekten ihre Entwürfe entstehen lassen. Trotz dieser Vielschichtigkeit existieren im städtischen Gefüge wiederkehrende Bausteine, die ein Umfeld ausbilden und prägen.“ 1000 Für die kommunalen Akteure und Planer ist es wichtig, das Wechselspiel der einzelnen Bausteine und die Zusammenhänge zwischen Region, Stadt und Stadtmitte zu erkennen: „Auf der Grundlage des vertieften Wissens um ihre Einzelelemente muss die Stadt als Ganzes betrachtet und gestaltet werden. Gerade angesichts der vielfältigen neuen Herausforderungen, welche aufgrund technologischer und demografischer, soziokultureller und ökonomischer Veränderungen gegenwärtig an die Städte herangetragen werden, darf dies nicht vergessen werden... Wo das Zusammenspiel von Stadtbausteinen und gesamtstädtischer Vernetzung nicht funktioniert, lassen sich oft funktionale und räumliche Mangelerscheinungen beobachten, die schnell im ökonomischen und sozialen Bereich ihren Niederschlag finden. Die Verbindungen der unterschiedlichen Teile der Stadt zu einem Gesamtgefüge muss deshalb ein zentrales Anliegen des Städtebaus sein... das Entstehen von weitläufigen Stadtregionen... (hat) die Gültigkeit tradierter Stadtvorstellungen und Stadtmodelle... infrage gestellt. Dennoch sind viele Aufgaben im Städtebau... die gleichen geblieben: Städtebau hat physische ‚Identität’ sowie einprägsame Orte als funktionale und soziale Lebensräume zu schaffen; Städtebau hat den ‚Zwischenraum’ und dabei insbesondere den für jedermann und jederzeit zugänglichen öffentlichen Raum zu gestalten; Städtebau hat den Ausgleich zwischen öffentlichen und privaten Belangen zu suchen.“ 1001 998 Selle, Klaus in: Planung neu denken Bd. 2 S. 33: „Bauleitplanung setzt Rahmen für private Aktivitäten.“ 999 Bürklin/Peterek 2008 S. 9 1000 Bürklin/Peterek 2008 S. 7 1001 Bürklin/Peterek 2008 S. 69/70 234 Die Beschäftigung mit Stadtbausteinen und deren Weiterentwicklung ist für den Stadtplaner eine Basis zur Erarbeitung von planerischen Rahmenbedingungen bis hin zum Planentwurf. Insofern ist Planung ein Erkennen und Dialog auf der Grundlage der Stadtbausteine und der gesetzlichen Vorgaben. „Die Interventionen der Stadtplanung zielen dabei stets sowohl auf baulich-physische als auch auf soziale, kulturelle und gesellschaftliche Bereiche.“ 1002 Für die Planung der Stadt- und Ortsteilzentren bildet der Baustein Handel immer schon eine wichtige Kernfunktion. Damit ist der Strukturwandel im Handel und in der Stadtentwicklung untrennbar miteinander verknüpft. Dies betrifft gleichermaßen die räumliche Gestaltung wie auch die identitätsstiftende Wirkungsebene in kleinen, mittleren und großen Städten. Damit sind die Städte und deren Mitte durch räumliche Planung und kommunale Förderprogramme von Land und Bund handlungsfähig zu sichern. Da sich eine Stadt mit ihrer Mitte ständig weiter entwickelt, ist eine klare planerische Strategie notwendig, die dieser Entwicklung die richtige Richtung vorgibt. In diesem Zusammenhang ist die Aussage des Staatssekretärs Günther Horzetzky von NRW 2011 bedeutsam: „Eine gute und funktionierende Wirtschaft braucht Planungssicherheit und vernünftige Regeln.“ 1003 Hierzu zählen neben dem Städtebaurecht auch der Verfügungsfond bei den Aktiven Zentren, die Bildung von Standortgemeinschaften und die Forderung des Landes NRW an den Bund, auf das Städtebauförderniveau von 2010 zurückzukehren. Für den Staatssekretär fehlt den Innenstädten ohne agilen Einzelhandel die Lebendigkeit: „Lebendigkeit und hohe Wertschöpfung in den Zentren bleiben eine Gemeinschaftsaufgabe. Einzelhandel, Immobilieneigentümer und Wohnungswirtschaft müssen daran ebenso arbeiten wie die öffentliche Hand. Die Möglichkeiten für kreative Prozesse und Instrumente... sind dabei längst noch nicht ausgereizt,“ so der Staatssekretär. 1004 Zur Optimierung planerischer Steuerung sind vernetzte Erfahrungsaustausche 1005 immer bedeutsamer, wie dies z.B. die AG ‚Historische Stadtkerne’ und das ‚Netzwerk Innenstadt’ in NRW oder die vorgestellten kommunalen Zusammenschlüsse (ILEK) praktizieren. Als Chance müssen ebenso die neuen Medien gesehen werden, da dadurch mehr Menschen bzw. Bürger an planerischen, politischen und sonstigen Prozessen beteiligt werden können. Natürlich birgt jede Veränderung auch Risiken in sich, die von vielen Bürgern noch bei den sozialen Medien gesehen werden. Ein größeres Risiko ist es jedoch, alles so zu lassen wie es ist; denn Stagnation ist kein Fortschritt und keine Weiterentwicklung: Heraklit hatte bereits vor 2500 Jahren erkannt, dass der Wandel am beständigsten ist. 1006 Und Willy Brandt hatte einmal geäußert: „Jede Zeit braucht ihre eigenen Antworten.“ 1007 Gleiches fordert Ingrid Krau: „Die neue (nachindustrielle) Zeit... benötigt eigene Leitvorstellungen.“ 1008 Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Strukturveränderungen in der Stadt/Mitte immer Entwicklungschancen beinhalten - insbesondere wenn diese in einen gesamtstädtischen Kontext gestellt werden. Das nachfolgende Kapitel wird die Entwicklungschance durch die Stadtplanung konkretisieren. 1002 Frey/Koch 2011 S. 14 1003 Horzetzky, Günther in Dokumentation Tagung Innenstadt 2011 S. 19 1004 Horzetzky, Günther in Dokumentation Tagung Innenstadt 2011 S. 21 1005 Anton/Bischoff 2006 Planung neu denken Bd. 2 S. 393 Nachhaltige Entwicklung fordert vernetztes Denken 1006 Heraklit von Ephesos aus Wikipedia 26.08.2011 1007 aus Website der SPD vom 27.05.2011 1008 Krau, Ingrid 2006 in: Planung neu denken Bd. 2 S. 437 235 9. ENTWICKLUNGSCHANCEN FÜR DIE STADTMITTE 9.1 Allgemeine Feststellungen aus ganzheitlicher Sicht Die Ausführungen über die Entwicklungen der Stadtmitte zeigen, dass Städte zwar immer Veränderungen unterworfen sind, sich hierdurch jedoch neue Entwicklungsmöglichkeiten ergeben. Eine gezielte vorausschauende Planung steuert dies nur bedingt. Die Zukunft und die Wirkungsbeziehungen in der Stadt sind schwer prognostizierbar. Oft „bleiben Pläne nur Plan, die tatsächlichen Entwicklungen nehmen andere, ganz eigenständige Richtungen.“ 1009 Eine gescheiterte planerische Umsetzung kann in der fehlenden Finanzkraft begründet sein. Auf der anderen Seite erhalten Städte schon immer durch private Investitionen neue Impulse. Weitere wirksame Impulsgeber sind Förderprogramme, die nach einer aktuellen Studie 1010 in mindestens gleicher Höhe private Investitionen initiieren und Arbeitsplätze vor Ort erhalten. Ein Wechsel in der Politik, Verwaltung oder Gesetzgebung kann eine neue Stadtentwicklung ebenso einleiten. Nach der Wende haben dies die Städte Berlin und Bonn erfahren. Die Chance für eine positiv planerisch begleitende Stadtentwicklung liegt darin, die eigenen Stärken - die jede Stadt hat - sowohl für sich als auch für die Region zu finden. Es gibt immer Alleinstellungsmerkmale und Besonderheiten, die der Bürger, insbesondere der Neubürger und Besucher schätzt. Hierauf kann eine Stadt ihr Marketingversprechen aufbauen, das sich sowohl im historischen Stadtkern als auch in der Gesamtstadt widerspiegeln sollte. Die Chancen eines Ortes basieren damit auf ein Wirkungsmodell für die Stadtentwicklung, das die Wende, die Reurbanisierung der Stadtmitten nutzt und nicht akzeptiert, dass die europäische Stadt nur noch „von der Erinnerung lebt“ und „der Logik des Marktes und den individuellen Wünschen von Grundbesitzern“ folgt, wie es Klaus Kunzmann befürchtet. 1011 Das Ziel der Stadtplanung, die urbanen Strukturen unserer Innenstädte zu erhalten, zu stärken und weiterzuentwickeln, kann erreicht werden, wenn alt und neu im Gleichgewicht bleibt und jede Veränderung, Ergänzung sich dem Alten anpasst und Teil der Gesamtstadt ist. Nicht mehr veränderbar ist die Entstehung von „Metropolregionen als Verdichtungsräume sowie weniger verdichtete Zwischenräume, die zusammen einen Wirtschafts- und Lebensraum bilden.“ 1012 Für diese neuen europäischen Städte sind zukünftige Strategien zu entwickeln: „Stadtentwicklungsstrategien sind das Mittel, um Veränderungen aktiv herbeizuführen... Nachhaltige Stadtentwicklung, die auf dem vorhandenen Angebot an Qualitäten, Mitteln und den Instrumenten aufbaut, ist in der Lage, immanente Potentiale zu nutzen und spezifische Antworten auf die an die Stadt gestellten Herausforderungen zu finden. Potentiale ergeben sich dort, wo Ressourcen mit Zielen zusammentreffen, die mit der Nachfrage im Einklang stehen. Ein konzeptionelles Wirkungsmodell, das die angestrebten Ziele mit den Ressourcen zusammenbringt, muss entwickelt werden, um das lokal spezifische so einzusetzen, dass Angebot und Nachfrage in Stadt und Standort tatsächlich erfolgreich zusammentreffen.“ 1013 1009 Junker/Kruse 2002 S.11 Anmerkung: Planung ist demnach auch Anpassung an den Strukturwandel. 1010 Förderprogramme wie z.B. zur Stadt- und Ortskernentwicklung, Stadterneuerung, Denkmalpflege oder durch Sonderprogramme wie für die ‚Expo 2000,’ ‚Regionalen’ in NRW, City Offensive ‚Ab in die Mitte,’ ‚Marketingkonzepte’ oder für eine ‚Gartenschau’ auf Bundes- oder Landesebene. (Presse BMVBS 30.09.2011 mit Hinweis auf Studie: 90% der Aufträge gehen an Bau- u. Handwerker vor Ort.) 1011 Kunzmann, Klaus R. in: Die Zukunft der Europäischen Stadt 2011 (Hg. Frey/Koch) S. 54 (s. Kap. 8.2) 1012 Thierstein/Langer-Wiese/Förster in: Zukunft der Europäischen Stadt 2011 (Hg. Frey/Koch) S. 103 u. 104 1013 Thierstein/Langer-Wiese/Förster in: Die Zukunft der Europäischen Stadt 2011 (Hg. Frey/Koch) S. 105 236 Wie oben ausgeführt, haben sich mehr oder weniger verdichtete polyzentrische Stadtregionen im letzten Jahrhundert herausgebildet. Hier ist zu unterscheiden in Metropolregionen, wie das Ruhrgebiet und in ländlich strukturierte Regiopol-Regionen, wie z.B. der Kreis Lippe, 1014 auf den sich diese Untersuchung konzentriert. Bei allen mehrpoligen urbanen Strukturen ist gleichermaßen eine Vernetzung der unterschiedlichen Wirkungsebenen festzustellen. In der Stadtmitte, in der meist der historische Stadtkern liegt, erfordert die Wirkungsebene Bauen im Bestand einen individuellen Planungsansatz, der im Gesamt-Stadt-Kontext steht: „Der Spagat deutet sich an: Die strategische Perspektive auf die innerstädtischen Entwicklungsflächen gilt es zu verbinden mit den lokalen Anforderungen. Die physisch sichtbare Aufgabe (z.B.) der Brachfläche muss im Kontext der nicht-physischen, übergeordneten funktionalen Verflechtungen gedacht und gelöst werden. Ein konzeptionelles Wirkungsmodell ist hilfreich, um die verschiedenen Dimensionen der Aufgabe in die Entwicklung der Stadt zu integrieren.“ 1015 Um spezifische Entwicklungspotentiale und Rahmenbedingungen für eine Stadt und deren Mitte und Region herauszuarbeiten, sind die Ressourcen eines Entwicklungsgebietes – wie es die Stadtmitte auf Dauer ist - in das System Stadt und Region zu stellen: „Aktive Stadtentwicklung kann erfolgreich sein, wenn es gelingt, immanente Potentiale durch gezielte Maßnahmen zu nutzen. Hierbei geht es vor allem darum, diejenigen ortsspezifischen Ressourcen einer Stadt oder Region aufzuspüren, die einen eigenständigen Entwicklungspfad ermöglichen. In der Konkurrenz mit anderen Standorten geht es darum, Alleinstellungs- merkmale zu entwickeln, die auf den strategisch wertvollen, einzigartigen, schwer zu ersetzenden und zu kopierenden Ressourcen des Ortes aufbauen.“ Ressourcen können dabei physischer oder nicht-physischer Natur sein. Sie „umfassen sowohl Strukturen als auch Akteure und Artefakte und sind in ihr soziokulturelles Umfeld eingebettet.“ 1016 Ohne die Liste der entwicklungsrelevanten Ressourcen zu konkretisieren wird klar, dass sich Stadtentwicklung durch unterschiedliche Faktoren bedingt. Dabei sind Angebot und Nachfrage – wie beim Einzelhandel – zu überprüfen. Das Wissen um die Gewichtung der Ressourcen für die Stadt kann für ein Wirkungsmodell Stadtentwicklung bedeutsam sein: „Erst wenn die Ziele der Stadtentwicklung sowohl aus den Anforderungen an die Stadt von außen als auch aus den Möglichkeiten der Stadt von innen herausgearbeitet werden, kann eine kohärente und eigenständige Stadtentwicklung gelingen. Eine so aufgestellte Strategie verspricht nachhaltigen Erfolg in Prozess und Ergebnis.“ 1017 Damit die vielfältigen einzelnen Eingriffe in die gebaute Stadt passen, sind für alle Bereiche Stadtentwicklungsstrategien zu formulieren. Dies kann in Form eines Leitbildes – wie bei der Stadt Bad Salzuflen - oder durch Ziele im Rahmen von Entwicklungskonzepten erfolgen. Zu berücksichtigen ist dabei die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Außerdem gehört zur Strategie die Wahrnehmung der Stadt von den in der Stadt lebenden und handelnden Bürgern. Die zum Thema Stadtmitte durchgeführten Befragungen und Interviews in den Beispielstädten spiegeln die Wahrnehmung im nächsten Kapitel gut wieder. 1014 Wikipedia 25.10.2011 ‚Regiopol-Regionen’ (Jürgen Aring u. Iris Reuther) sind Großstädte, umgeben mit ländlich geprägtem Entwicklungspotenzial, wie z.B. Bielefeld, Paderborn, Kassel etc. 1015 Thierstein/Langer-Wiese/Förster in: Die Zukunft der Europäischen Stadt (Hg. Frey/Koch) 2011 S. 107 1016 Thierstein/Langer-Wiese/Förster in: Die Zukunft der Europäischen Stadt (Hg. Frey/Koch) 2011 S. 108 1017 Thierstein/Langer-Wiese/Förster in: Die Zukunft der Europäischen Stadt (Hg. Frey/Koch) 2011 S. 112 237 9.2 Auswertung Befragungen und Experteninterviews Durch gezielte Interviews und Befragungen 1018 mit kompetenten Vertretern unterschiedlicher Institutionen aus Politik, Verwaltung, Stadtmarketing, Handel, Gewerbe und Bürgerschaft wurde die qualitative Wahrnehmung der Stadtentwicklung, deren Argumente und Aspekte abgefragt, um Antworten auf die Fragestellungen und Thesen dieser Untersuchung und um Argumente für die Handlungsstrategien zu erhalten. Die qualitativen Interviews wurden auf der Grundlage des vorgegebenen halb standardisierten Fragekatalogs durchgeführt. Die Ergebnisse wurden nicht statistisch ausgewertet, da sie nur ein problemzentriertes Meinungsbild zu den untersuchungsrelevanten Stadtentwicklungsfragen liefern sollten. Die Fragen und Liste der befragten Institutionen sind im Anhang 1019 aufgeführt. Fragen zu den Entwicklungsaspekten in Bad Salzuflen Die Frage nach markanten Ereignissen in der Stadtentwicklung seit der Gebietsreform 1969 in NRW wurde von den Befragten sehr unterschiedlich gesehen. Am häufigsten wurden die Salzeregulierung und der Bau der Fußgängerzone im Rahmen der Sanierung genannt. Als ebenso bedeutsam wurden die Verlagerung der Schulen aus den Innenstädten zu den beiden neuen Standorten für die Schulzentren und der Rückgang der Kurentwicklung gesehen. Von Einzelnen wurden der Bau der Verkehrstrassen nach dem GVP 1969 und die Entwicklung des Fachmarktzentrums an der Hofmannstraße als markantes Ereignis bewertet. Als für die Stadtentwicklung beeinflussende Planung wurden die für den Verkehr und die Sanierung der Innenstadt von Bad Salzuflen angesehen. Weiterhin wurde der Bau der Schulzentren außerhalb der Innenstädte und der Rathausneubau zwischen den beiden Zentren Bad Salzuflen und Schötmar als beeinflussend genannt. Vereinzelt wurde die Entwicklung des eh. Hoffmanngelände und Messezentrum als bedeutsam eingestuft. Die politischen Beschlüsse zu diesen einzelnen Planungen wurden als relevant eingeordnet, insbesondere die Beschlüsse zur Sanierung, den Verkehrsmaßnahmen, dem Hoffmanngelände und dem Staatsbad. Eine Fachkraft nannte den Beschluss zum STEK 2020 als wegweisend. Als bedeutende Privatengagements wurden insbesondere die Erhaltung der historischen Bausubstanz in den Stadtkernen und Entwicklung des Fachmarktzentrums Hoffmannstraße durch private Investoren angesehen. Vereinzelt wurden die Entstehung einer privaten Messe, der Bau des Maritimhotels im Ort durch den Gründer der Hotelkette, das Geschäftshaus und Hotel ‚Galerie Ostertor’ und der Irrgarten mit Paulinchen Bahn genannt. Die Beantwortung der Frage nach gesellschaftlichen Veränderungen spiegelt die momentane demographische Entwicklung mit dem Konflikt Alt/Jung im Ortsteil Salzuflen und ein geändertes Kaufverhalten wieder. Kritisiert wurde das geringe bürgerschaftliche Engagement. Bei der Frage nach Interessenkonflikten wurden zwar Hinweise auf die Konkurrenz Schötmar/Bad Salzuflen, Stadt/Staatsbad und Konflikte zwischen Interessenvertretern oder Investoren gegeben, die aber insgesamt nicht als entwicklungshemmend angesehen wurden. Deutlicher wird dies bei der Frage nach entwicklungsfördernden Interessenkonflikten. Hier wurden als positive Ergebnisse das Staatsbad, der Bau der Fußgängerzone, die Entwicklung im Hoffmanngelände und die Messe genannt. 1018 Pürer, Heinz 1998 S. 175f. Die Interviews u. Befragungen erfolgten anonym, halb standardisiert u. strukturiert. 1019 Im Anhang sind die Fragen u. Befragtenliste aufgeführt. Zur Wahrung der Anonymität fehlen die Namen. 238 Als relevante Einflussfaktoren für die Stadtentwicklung wurden gleichermaßen planerische, politische und wirtschaftliche Aspekte gesehen. Förderprogramme wurden als wichtige Impulsgeber für eine nachhaltige Stadtentwicklung gesehen: insbesondere die Städtebauförderung (mit AG Historische Stadtkerne NRW und Aktive Zentren), weiterhin das Programm ‚Ab in die Mitte’ in NRW und die GVFG-Mittel. Kritisiert wurde die geringe Unterstützung im Gesundheitswesen. 42 Jahre seit der Gebietsreform in Epochen zu unterteilen, fiel den Befragten schwer. Spontan wurde eine 3-Teilung genannt, die entweder von wirtschaftlichen, politischen oder baulichen Faktoren geprägt war, wie die Wirtschaftskrise, politischen Wechsel oder Sanierung. Bei der Frage nach dem Gleichgewicht und der Vernetzung wurde deutlich, dass das Zusammenwachsen der Stadt noch nicht abgeschlossen ist. Als Gründe wurden genannt, dass die unterschiedlichen Interessenvertreter weniger die Gesamtstadt in den Vordergrund stellen und zu wenig miteinander kooperieren. Die Entwicklung im ehemaligen Hoffmanngelände wurde als Schritt für das Zusammenwachsen der Gesamtstadt bewertet. Die Entwicklungschancen für Bad Salzuflen wurden in den beiden Standbeinen Staatsbad mit Tourismus, Kultur, Bildung und Gewerbe mit Messe gesehen. Auffällig war die Meinung vieler, dass das Staatsbad nur eine Chance hat, wenn es sich neu orientiert. Bei der Frage nach versäumten Maßnahmen wurde die Entwicklung des Staatsbades genannt. Im Zusammenhang der Schließung von Kliniken wurde auf nicht realisierte touristische Projekte wie die Arminiusfestspiele, Poetische Landschaft, Salzewelt, Einrichtung eines Spielkasinos oder ein Varietee im Kurhaus hingewiesen. Anzumerken ist, dass diese Projekte nicht aus der Bürgerschaft der Kommune selbst entstanden wären, sondern es handelt sich um Projekte privater Investoren oder des Landes NRW bzw. Landesverbandes Lippe. Fragen zur Innenstadt von Bad Salzuflen Bei der Frage nach der Attraktivität einer Innenstadt wurden neben allgemeingültigen Aussagen hauptsächlich das historische Stadtbild, der Branchenmix, die Erreichbarkeit, die Aufenthaltsqualität mit Grün, Möblierung und Sauberkeit und die Gastronomie genannt. Bad Salzuflen wurde mehrheitlich als attraktiv angesehen, Schötmar weniger. Auch im Vergleich zu anderen Städten wurde Bad Salzuflen als etwas Besonderes gesehen, Schötmar weniger. Eine Innenstadt ohne Einzelhandel konnte sich kein Befragter vorstellen. In einem Leerstand waren aber durchaus andere Nutzungen denkbar, wie z.B. Gastronomie mit Kunst, Kultur und Galerie oder attraktive Dienstleistungsbetriebe, also publikumsintensive Angebote. Das Fachmarktzentrum an der Hoffmannstraße wurde mehrheitlich als ein eigenständiges Zentrum angesehen, das mit seinen Angeboten die Stadtkerne ergänzt. Ca. ein Drittel sah das Zentrum als eher nicht integrierten Standort an, verneinten aber eine Konkurrenz. Weitere Verbindungsmaßnahmen waren schwer vorstellbar, wurden aber als notwendig angesehen. Die Zentrenentwicklung in der Gesamtstadt wurde als sehr zufrieden stellend und auch die Versorgung der Gesamtbürgerschaft als gut beurteilt. Die deutschen Mittelzentren mit historischen Stadtkernen wurden insgesamt als gut beurteilt. In diesen, wie auch in Bad Salzuflen, wurde mehrheitlich weiterhin eine Entwicklungschance 239 für den Einzelhandel gesehen. Diese liegt nach Meinung einiger Befragten an der historischen Bausubstanz, aber auch an der Wirtschaftskraft Einzelner in Bad Salzuflen begründet. Einer dezentralen Entwicklung sollte nach Meinung aller auf jeden Fall entgegengesteuert werden, wie es schon im Einzelhandelsgutachten der Stadt manifestiert ist. Die Gliederung der Zentren in der Gesamtstadt erfolgte von allen Befragten wie folgt: das Hauptzentrum Bad Salzuflen und Stadtteilzentren Schötmar, für die Nahversorgung das Grundzentrum Werl-Aspe-Knetterheide und die Unterzentren der Ortsteile Wüsten und Holzhausen. Der historische Stadtkern Alt Salzuflen ist für Alle die Mitte der Gesamtstadt. Fragen zu den Handlungsstrategien und Planungen in Bad Salzuflen Die Steuerung der Stadtentwicklung kann nach Meinung der Befragten sehr wohl - zumindest bedingt - planerisch und politisch gesteuert werden. Entscheidend sind dabei immer die Überzeugungskraft der Akteure, die Übereinstimmung in Politik und Planung und der erfolgreiche argumentative Diskussionsprozess. Alle drei vorgestellten Handlungsstrategien sind allerdings für sich nur bedingt geeignet, eine Stadtentwicklung zu steuern: Reglementierung ‚bedingt ja,’ Liberalisierung ‚eher nein’ und Privatisierung ‚eher ja.’ Es kristallisierte sich eine Mischung aus allen drei Strategien heraus - wobei in Zukunft noch mehr Privatinitiative gewünscht wurde. Das vorhandene Planungsinstrument wurde einerseits als gut bis befriedigend/ausreichend größtenteils bewertet, andererseits als zu bürokratisch und vor allem als investitionshemmend angesehen. Die andere Hälfte sah das Planungsinstrument als entwicklungsfördernd. Die Verbesserungsvorschläge zielten auf mehr Beweglichkeit, Bürgerfreundlichkeit und privates Engagement. Interessant war dabei der Vorschlag, nur ein ‚Empfehlungshandbuch’ für Nutzung und Gestaltung zu beschließen. Details regelt ein weitergehender Vorgang/Vertrag. Zwischen Planung, kommunalen Akteuren und der tatsächlichen Stadtentwicklung wurden ein enger Zusammenhang und eine Abhängigkeit gesehen. Der Konflikt zwischen diesen Aspekten wurde in den unterschiedlichen Interessengruppen gesehen, die oft ein eigenständiges Ergebnis wollen, dass nicht die Gesamtstadt zum Ziel hat. Eine Verbesserung wurde in einer starken Moderation unterschiedlicher Interessen gesehen. Gewünscht wurde eine übergeordnete Organisation, ein Forum - ohne dominierende Politik – durch das sich ein Stadtentwicklungsprozess vollziehen kann. Als positive Ansätze wurden der Agenda Prozess, aber auch z.B. der Runde Tisch für die Entwicklung eines Wohnbaugebietes, der Arbeitskreis Innenstadt 2010 für die Gestaltung des Salzhofes und der Lenkungskreis für die Wiedererrichtung eines Gradierwerkes im Kureingangsbereich genannt. Der Lenkungskreis ‚Aktive Zentren’ war noch bedeutungslos. Fragen an ausgewählte Kommunen der City Offensive ‚Ab in die Mitte’ Die Fragen und Liste der befragten Akteursvertreter stehen im Anhang. Ergänzend zu den Auswertungen bei den Kommunen der City Offensive in Kapitel 6 ist festzustellen, dass alle Kommunen die Beteiligung am Wettbewerb ‚Ab in die Mitte’ als erfolgreich ansahen. Insbesondere bei mehrfacher Beteiligung wurde eine kontinuierliche Entwicklung für die Identitätsfindung gesehen. Meist baute sie auf Alleinstellungsmerkmale und die Historie auf. 240 Die Teilnahme an der Offensive schaffte es, die Mitte für die Stadt zu finden, ein Wir-Gefühl zu entwickeln und der Entwicklung neue Impulse zu geben. Der Erfolg wurde darin gesehen, dass einige Veranstaltungen heute noch stattfinden, die weiterhin das Wir-Gefühl stärken. Allerdings veränderten sich einige in rein kommerzielle Veranstaltungen. Durch die Offensiven wurden zahlreiche Maßnahmen zur Gestaltung, Planung und Attraktivitätssteigerung angeregt, wie z.B. in Lage und Bad Salzuflen. Die Offensiven führten, wie z.B. in Bergkamen dazu, die Entwicklung der Mitte kritisch zu sehen, bzw. zu begreifen, was die Mitte eines Ortes bedeutet, wie auch in Hüttenberg, wo die Mitte im Herzen der Bürger liegt. Hier wurde das bürgerschaftliche Engagement gefördert. Die Befragungen zur ‚Ab in die Mitte’ in Bad Salzuflen bestätigten, dass die mehrmaligen Offensiven als Chance immer besser vermittelbar waren und die Akzeptanz zur Innenstadtplanung mit dem Entwicklungskonzept ‚Aktive Innenstadt’ und Masterplan gefördert hatten. Damit vermittelten die Offensiven der Stadtentwicklung neue Impulse und Strategien. Am wirkungsvollsten war das Ergebnis der begleitenden Umfrage in der planBAR vom Fachdienst Stadtplanung, die im STEK 2020 seine Fortsetzung fand. Diese Umfrage bestätigte auch den historischen Stadtkern Alt Salzuflen als die Mitte der Gesamtstadt. ‚Ab in die Mitte’ Aktionen können auch ohne Fördermittel erfolgen, meinten alle Befragten. Fragen an die polyzentrischen Vergleichsstädte und den Verbund Nordlippe Ergänzend zu den Ausführungen in Kapitel 7 bestätigten die Gespräche in Bad Salzuflen und den lippischen Vergleichstädten, dass durch die gesetzliche Festlegung der Doppelstädte mit der Gebietsreform 1969 in NRW die Rivalität unter den Ortsteilen vorprogrammiert war. Hier wurde auch ein Grund der weiteren Zersiedlung der Landschaften gesehen. Aus den Gesprächen mit den Beispielstädten ging hervor, dass die bisherigen Investitionen in den historischen Stadtkernen als nicht umsonst angesehen wurden. Die Bemühungen um die Erhaltung der historischen Stadtkerne, Kureinrichtungen, Park- und Schlossanlagen etc. mit Fördermitteln trugen in allen Doppelstädten zur positiven Stadtentwicklung bei. Es wurde deutlich, dass gerade eine attraktive Innenstadt bei den Bürgern die Identifikation mit der Stadt fördert und zum Einkaufen, Bummeln und Verweilen einlädt. Damit hat die Stadtmitte für die Bewohner nach wie vor eine Bedeutung. Nachdem alle Städte jahrzehntelang von der Industrie geprägt und z.T. bestimmt wurden, tritt nun durch die wirtschaftliche Stagnation das Bürgerengagement mehr in den Vordergrund. Hierzu entwickelte jeder Ort einen eigenen Ansatz. Die kommunalen Verbunde verdeutlichen, dass Gebietsreformen nur Sinn machen, wenn gewachsene regionale Zusammenhänge und projektbezogene Aktivitäten dies unterstützen. Beim ILEK Südlippe spielten für den Verbund weniger gewachsene Strukturen, sondern mehr Fördermittel die Hauptrolle. Während beim ILEK Nordlippe der Kooperationswille der Politik und Bürgerschaft dominierte. Die Gespräche bestätigten, dass ein kommunales Zusammenwachsen mehrere Generationen dauert, dass sich ohne gewachsene Strukturen ein Wir-Gefühl schwer entwickelt und dass die Planung das Zusammenwachsen der Stadtbevölkerung nur bedingt unterstützen kann. Sie kann einen Rahmen setzten, wie z.B. für die Stadtmitte, die Siedlungsschwerpunkte und für die Innenentwicklung, die von den Kommunen aktuell nach BauGB zu thematisieren ist. 241 9.3 Gegenüberstellung planerischer Handlungsstrategien Städte sind künstlich geschaffene Räume für die Menschen durch bewusste und unbewusste Planungsstrategie. Ortsbilder gefallen, bauen Spannungen auf oder wirken fremd. Sie spiegeln am besten wieder, ob sich die Planung am Bestand, an der Tradition und der Zukunft orientiert hat oder ob ihr die Auseinandersetzung mit diesen Entwicklungen fehlt. Spiegelt das Ergebnis einer Planung die Seele eines Ortes wieder, fühlt sich der Mensch dort meist wohl. Heute wird die Stadtentwicklung nicht nur von der Wirtschaft, Politik und Verwaltung, sondern auch von den Bürgern, Nutzern und sonstigen Betroffenen bestimmt. Die „Planung wird durch die Art langfristiger Entwicklungsprobleme beeinflusst“ und angepasst. 1020 „Hierfür gilt es, bestehende Verfahren im Sinne einer ausgewogenen kommunalen Entwicklung zu verbessern und bei Bedarf neue Instrumentarien für den Diskurs zwischen Rat, Verwaltung, Wirtschaft und Bürgerschaft zu entwickeln.“ 1021 Im Folgenden werden drei planerische Handlungsstrategien zur Entwicklung der Stadtmitte skizzenhaft gegenübergestellt und danach raumordnerisch ergänzt und bewertet: Handlungsstrategie ‚Reglementierung’ Eine strikte verbindliche Stadtplanung, wie die Bauleitplanung und weitere örtliche Satzungen steuert die weitere Entwicklung der Stadtmitte so, dass nicht gewünschte Entwicklungen seitens der Politik/Verwaltung rechtlich unterbunden und gewünschte Veränderungen durch eine reglementierende Planung (ohne intensive Bürgerbeteiligung) durchgesetzt werden. Das Ergebnis kann die Erhaltung des Status quo oder die Weiterentwicklung der Stadtmitte sein. Beurteilung: Eine streng reglementierte Stadtplanung ist aufgrund unserer demokratischen Gesetzgebung nicht mehr durchsetzbar. Dies widerspricht der Forderung nach noch mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung, die im BauGB verankert ist. Es entspricht auch nicht dem Städtebaurecht, das die städtebauliche Abwägung und Begründung öffentlicher und privater Belange fordert. Handlungsstrategie ‚Liberalisierung’ Eine Liberalisierung der stadtplanerischen und auch politischen Vorgaben bedeutet alle verbindlichen Planungen und Reglementierungen für die Stadtentwicklung aufzuheben. Im Sinne einer freien Marktwirtschaft können sich neue Entwicklungen in den innerstädtischen Stadtkernen frei entfalten, da diese in den Händen privater Akteure liegt. Es entsteht ein freier Wettbewerb in den einzelnen Nutzungsangeboten, der letztlich die Stadtentwicklung regelt. Beurteilung: Ohne verbindliche Planung sind Rechtsstreitigkeiten vorprogrammiert. Genau diese führten schon im 19. Jh. zu gesetzlichen Regelungen zunächst im bauordnungsrechtlichen Sinne und später im Rahmen der Industrialisierung und Suburbanisierung zum Städtebaurecht, das die Abwägung öffentlicher und privater Belange fordert, um städtebauliche Ziele festzuschreiben. 1020 Altrock/Huning/Peters in: Planung neu denken Bd. 1 (Hg. Selle/Zalas) 2006 S. 261 1021 Libbe/Tomerius/Trapp 2002 S. 251 Ausblick 242 Handlungsstrategie ‚Privatisierung’ Eine ‚Privatisierung der Stadtkerne’ verlagert die Verantwortung auf die Akteure, die damit die Entwicklung selbst steuern können. Dazu gründen sie eine Gesellschaft und übernehmen die Verantwortung für die zukünftige Entwicklung selbst. Grundlage ist eine örtliche Satzung, die zulässt, dass öffentliche Anlagen in private Verantwortung übergegeben werden können. Dieses Instrument wird in den USA als erfolgreiche Methode zur Revitalisierung und Stärkung innerstädtischer Geschäftsbereiche (BIDs) oder in NRW mit den Immobilien- und Standortgemeinschaften (ISG) praktiziert. 1022 Darüber hinaus gibt es weitere Modelle von Teilprivatisierung, wie z.B. die Betreibung von öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Museen oder Parkanlagen durch Trägervereine. Beurteilung: Diese Handlungsstrategie unterstützt die gegenwärtige Forderung nach vermehrtem privatem Engagement. Auf der Grundlage öffentlich rechtlicher Verträge ist dies eine sinnvolle Strategie, wie bei den vorhabenbezogenen B-Plänen, den Erschließungs- oder Städtebau- Verträgen und den Standortgemeinschaften. Sie bietet sich jedoch nicht für alle Bereiche an. Privat vor Staat ist unrealistisch. Die öffentliche Hand muss genau abwägen, welche Bereiche sie in private Verantwortung überträgt 1023 und wie sie mögliche Konflikte vermeidet. 1024 Die Privatisierung darf nicht zur Stadtplanung für Investoreninteressen oder zur Privatisierung der öffentlichen Räume führen. Sie beschränkt sich auf die Selbstorganisation und –steuerung der privaten Handlungsträger in einem Stadtteil und beinhaltet ein Bürgerengagement, das in Deutschland schon länger praktiziert wird: „Die Einbeziehung von Gebäuden und Grundstücken in ein städtebauliches Sanierungsgebiet... unterliegt letztlich auch nicht dem freien Willen des Einzeleigentümers. Außerdem kennt man seit Jahrzehnten freiwillige Handels- und Immobilienverbände sowie Werbe- und Straßengemeinschaften, die sich für bestimmte Regionen, Städte oder Stadtteile einsetzten.“ 1025 Heute genügt es nicht mehr, Stadtentwicklung zwischen der öffentlichen Hand, wie Politik und Verwaltung und der Bürgerschaft, die sich in Beteiligungsprozessen artikulieren, auszuhandeln, sondern es sind wirtschaftliche Belange und ökonomische Einzelinteressen mit einzubeziehen. Dies können Immobilien- und Stadtortgemeinschaften leisten. Hierdurch erhält „die Stadtplanung in den Innenstädten (oder Stadtquartieren) neue Partner, neue Themen und neue Organisationsstrukturen.“ Neue Partner sind die Gewerbetreibenden, Immobilien- und Grundbesitzer. Das neue Thema ist „die gleichzeitige und koordinierte Entwicklung des öffentlichen und privaten Raumes in den Innenstädten.“ Und neue Organisationsformen sind „langfristig stabile Kooperationsbeziehungen zwischen öffentlichen und privaten Handlungsträgern zu konstituieren.“ 1026 1022 Häußermann/Läpple/Siebel 2008 S. 293 u. ISG NRW 2004 S. 7 (Modellprojekt zur Standortaufwertung) 1023 Häußermann/Läpple/Siebel 2008 S. 284 „Die Kontrollmöglichkeit... nimmt mit der Privatisierung ab.“ 1024 Vollmer, Annette in: Frey/Koch 2011 S. 273: Konflikte durch deutsche Wertvorstellungen: z.B. Konkurrenz 1025 Hatzfeld, Ulrich 2005 in: ISG S. 11 1026 Hatzfeld, Ulrich 2005 in: ISG S. 12 u. 13 Anmerkung: Das bisherige Stadtmarketing konzentrierte sich nur auf die Weiterentwicklung des öffentlichen Raumes. Heute geht es um die Kooperation von privat u. öffentlich. 243 Der vertragliche oder freiwillige Zusammenschluss der Handlungsträger eines Stadtquartiers eröffnet neue Entwicklungen. So können Leerstandsmanagement, Gestaltung des öffentlichen Raumes, Weihnachtsbeleuchtung u.a.m. organisiert werden. Darüber hinaus kann die Nutzung der Blockinnenhöfe gemeinschaftlich gelöst werden, um das innerstädtische Parkplatzangebot zu verbessern oder umliegende Wegebeziehungen miteinander zu verbinden. Hier bieten sich attraktive Passagen als Kommunikationsachse an. Die Ansiedlung von Einkaufsmagneten in integrierter Lage durch den Zusammenschluss mehrerer Grundstücke vervollständigt das Bild. Diese Beispiele sollen verdeutlichen, welches Potential in dem Thema Privatisierung steckt. Abstimmung raumordnerischer Handlungsfelder Planerische Handlungsstrategien für die Stadtmitte sind raumordnerisch abzustimmen. Nach raumordnerischen Vorgaben und BauGB 1027 sind kleinere Räume, wie die Stadtmitte, aus den größeren zu entwickeln. 2006 haben die Raumordnungsminister des Bundes und der Länder gemeinsame Entwicklungsstrategien für die deutschen Städte und Regionen mit Leitbildern und Handlungsstrategien festgelegt, die den raumordnungspolitischen Orientierungsrahmen von 1992 ersetzen. Die hier festgestellten veränderten räumlichen Rahmenbedingungen und die hierfür festgelegten drei Leitbilder und Handlungsstrategien sind auch Orientierungshilfen für zukünftige planerische und investive Entscheidungen in den Stadtmitten: „Die wachsenden Herausforderungen werden – trotz aller Entwicklungsunterschiede – nur im engeren Miteinander der Regionen und im Miteinander von Stadt und Land zu bewältigen sein. Das ist der Weg, um - Deutschlands Wachstumspotenziale zu heben und im europäischen Wettbewerb der Städte und Regionen zu bestehen, - die Städte und Regionen bei der Bewältigung des demographischen Wandels zu unterstützen - und die Siedlungsentwicklung besser zu steuern, Freiräume zu erhalten u. Kulturlandschaften zu entwickeln.“ 1028 Die Ministerkonferenz benannte die neuen gesellschaftlichen Herausforderungen durch den demographischen Wandel, die Globalisierung und den Wandel staatlicher Gestaltungsmöglichkeiten als veränderte Rahmenbedingungen. Es wurde festgestellt, dass sich die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen auch auf die nachhaltige Raumnutzung in den Städten und Regionen auswirken. Als besondere Qualität in Deutschland wird „die räumliche Vielfalt und Polyzentralität... stärker in den Fokus der Raumentwicklungspolitik“ gestellt. Dabei ist die Vorstellung „gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Teilräumen“ mit dem Ziel verbunden, Abweichungen vom Durchschnittsniveau gering zu halten: ° „Gleichwertigkeit bedeutet nicht identische Lebensverhältnisse an jedem Ort, sondern aus Sicht der Raumordnung die Gewährleistung des Zugangs zu Leistungen und Einrichtungen der Daseinsvorsorge und zu Erwerbsmöglichkeiten sowie die Gewährleistung bestimmter Standards an Infrastrukturausstattung und Umweltqualitäten.“ 1029° Das „historisch gewachsene polyzentrische Städtesystem“ weist eine „Reihe großstädtischer Ballungsräume von überregionaler bzw. internationaler Bedeutung“ aus. 1030 Daneben gibt es 1027 BauGB nach § 1 (4) haben sich die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. 1028 Ministerkonferenz für RO 2006 aus: Geleitwort zusammengefasst. 1029 ° Ministerkonferenz für RO 2006 S. 7 1030 Ministerkonferenz für RO 2006 S. 8 Grundlage für das europäische räumliches Leitbild bildet das Europäische Raumentwicklungskonzept (EUREK) von 1999 mit politischen Handlungsempfehlungen. S. 9 244 aber auch in ländlich strukturierten Regionen, wie in Lippe dargestellt, polyzentrische Verflechtungsräume, deren Vernetzung und Kooperation den europäischen Wettbewerb stärkt. Diese Regionen können durch eine positive Verkehrs- und Mobilitätsentwicklung profitieren, die auch für die gute Erreichbarkeit der Stadtmitten relevant sind. Das Leitbild Wachstum und Innovation „soll dazu beitragen, Stärken zu stärken, Kräfte und Potentiale zu bündeln, zu vernetzen und durch die Weiterentwicklung von Partnerschaften zwischen Stadt und Land die gemeinsame solidarische Verantwortung von Regionen zu stärken.“ 1031 Damit rückt auch die ländlich geprägte Region Lippe in den Fokus der Raumentwicklungspolitik. Das weitere Leitbild Daseinsvorsorge zu sichern erfordert eine „Neuausrichtung von Strategien, Standards und Instrumenten der Raumordnung, um auch künftig in allen Teilräumen Deutschlands gleichwertige Lebensverhältnisse bei der Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge zu gewährleisten.“ 1032 Bevölkerungsrückgang und -überalterung erfordern anpassende Handlungsansätze. Das dritte Leitbild Ressourcen bewahren, Kulturlandschaften gestalten bedeutet eine nachhaltige Raumentwicklung, die „die vielfältigen Raumfunktionen“ sichern und „Nutzungskonflikte“ vermeidet. Dabei sind sowohl städtisch als auch ländlich geprägte Kulturlandschaften weiter zu entwickeln. Die regionalen Leitbilder in den Regionalplänen steuern die Raumnutzung, um die Lebensgrundlage zu sichern und weiterzuentwickeln: „Die Regionalplanung soll die Bildung von Städtenetzen fördern, Kooperationen von Gemeinden unterstützen und an regionalen Entwicklungskonzepten mitwirken, die die Wettbewerbsfähigkeit der Regionen entsprechend ihrer Potenziale verbessern.“ 1033 Da heute zur planerischen Handlungsstrategie die Einbeziehung der Vorstellungen und Überlegungen Betroffener gehört, fordert die Ministerkonferenz das Mitspracherecht der Initiatoren, wie Betreiber, Nutzer und Betroffene einer Stadt oder Region ein. Eine Expertengruppe zur Konstituierung einer nationalen Stadtentwicklungspolitik hat zur Planung, Kooperation und Raumordnung Folgendes in einem Memorandum dokumentiert: „Die beschleunigte Transformation der Städte braucht besonders gute Planung, braucht besonders konstruktive Kooperation, braucht gleichermaßen Sicherheit und Anpassungsfähigkeit, braucht offene Verfahren der Beteiligung.“ Als Empfehlung zur RO: „Kommunale Grenzen entsprechen nicht mehr den Lebensgewohnheiten im Alltag der Bewohner und den Bezugsräumen wirtschaftlicher Austauschprozesse. Grenzüberschreitende Kooperation auf regionaler und auf überregionaler Ebene in Städtenetzen ist unverzichtbar. Im Verbund können Städte den Wettbewerb auf europäischer Ebene bestehen.“ 1034 Wenn städtebauliche Räume heute Grenzen überschreiten, sind an den alten Grenzen neue Lösungen gefordert. Um den räumlichen Wohlfühlcharakter in der Stadt Bad Salzuflen grenzüberschreitend zu gewährleisten, ist eine grenzüberschreitende Abstimmung notwendig. Damit kann eine der drei planerischen Handlungsstrategien die Stadt nicht alleine entwickeln. 1031 Ministerkonferenz für RO 2006 S. 12 1032 Ministerkonferenz für RO 2006 S. 18 1033 Ministerkonferenz für RO 2006 S. 22 Auch die Regionalplanung sollte mit Entwicklungskonzepten die regionalen Akteure mit einbeziehen. Gute Beispiele sind hierfür die Regionalen in NRW und die ILEK. 1034 Memorandum zur nat. Stadtentwicklungspolitik 2007 S. 13 u. 15 245 9.4 Bewertung der Handlungsstrategien für die Stadtmitte Die drei Leitbilder der Ministerkonferenz 2006 für die Raumordnung verdeutlichen die „gegenwärtigen Herausforderungen,“ die auch für die Stadtmitte eine „Neuausrichtung im Aufgabenverständnis der Raumordnung“ erfordern. Die raumbedeutsamen Planungen für die Stadtmitte haben sich mit der Planung für die Gesamtstadt und der Region abzustimmen. 1035 Die Ministerkonferenz bestätigt aber auch, dass Leitbilder und Handlungsempfehlungen, die aus einer Planung resultieren, Entwicklungen steuern können. Die Steuerung ist wirksamer, wenn regionale wie auch kommunale Planungen als Voraussetzung für Förderanträge erstellt werden. Da diese Entwicklungskonzepte unter Beteiligung aller betroffenen Akteure und unter Berücksichtigung aller sich gegenseitig beeinflussenden Handlungsfelder zu erstellen sind, gewährleisten sie die Chance für praxisorientierte Handlungsempfehlungen am ehesten. Reglementierende, zu liberale und nur auf private Interessen fixierte Strategien in der Planung garantieren noch keine positive Stadtentwicklung. Es empfiehlt sich, aus einer Mischung von Reglementierung, Liberalisierung und Privatisierung eine gute ortsspezifische Strategie für die Stadtentwicklung zu erarbeiten. Die Übertragung öffentlicher Aufgaben geht nicht ohne Reglementierung und eine zu starke Reglementierung behindert innovative Handlungen. Zur Planung gehört heute auch, die Entstehung einer Stadt, eines Stadtquartiers bzw. einer Stadtmitte zu analysieren und städtebauliche Fehlentwicklungen und Stärken aufzuzeigen. Dies ist eine wesentliche Grundlage für eine erhaltende und weiterentwickelnde Planung. Da die Städte mit dem Wachstum seit der Industrialisierung funktionale Defizite aufweisen, ist mit der Stagnation oder dem Rückgang des Wachstums die Auseinandersetzung mit den bestehenden Stadtstrukturen eine besonders dringend notwendige Planungsstrategie. Mit den heutigen planerischen Möglichkeiten, insbesondere mit der „Wende zu unbegrenztem Datenzugang“ können wir effektiver „alles analysieren und vorhersagen.“ 1036 Die Untersuchungen in den Beispielstädten zeigen die sich gegenseitig beeinflussenden Wechselwirkungen zwischen der gebauten Stadtmitte und deren Akteuren auf. Dabei ist eine verlässliche Analyse dadurch erschwert, dass die Städte und deren Stadtmitten von den Akteuren unterschiedlich wahrgenommen werden. Dies wurde bei den Befragungen und Interviews zur Stadtmitte sichtbar. Trotzdem können diese für den Planer hilfreich sein, da im Gespräch Konflikte und konstante Merkmale in den Wahrnehmungen sichtbar werden: „So erwarten wir in der Stadtmitte beispielsweise einen Platz, eine historische Kirche oder ein historisches Rathaus...In der Realität stellen sich Stadtmitten vielmehr als Mischung unendlich vieler Phänomene dar... Man nimmt nur solche Phänomene wahr, die man auch erwartet.“ 1037 Um die konstanten Wahrnehmungen heraus zu filtern, können dem Planer wissenschaftliche Stadtanalysen helfen, die Daten erfassen und vergleichend interpretieren: „Eine typische Anwendung ist die Analyse statistischer Daten... Das Zusammenwirken aller Wirkungsgrößen im städtischen Raum kann wissenschaftlich nicht ermittelt werden. Einzelne Aspekte können jedoch sehr präzise beschrieben werden, weil genaue Mess- und Vergleichsgrößen zur Verfügung stehen.“ 1038 1035 Ministerkonferenz für RO 2006 S. 27 1036 Meckel, Miriam 2011 S. 25 1037 Schwalbach, Gerrit 2009 S. 14 u. 15 1038 Schwalbach, Gerrit 2009 S. 16 246 Da eine Datenanalyse das Zusammenwirken aller städtischen Wirkungsgrößen nicht ermitteln kann, sollte der Planer eine integrative Betrachtung der räumlichen Eigenarten eines Untersuchungsbereiches ebenso anwenden. Neben der Bebauung, dem Erschließungssystem und der Freiraumstruktur sind dies auch architektonische, soziale, ökonomische, ökologische, klimatische, kulturelle u.a. Bedingungen, aus denen bestimmte räumliche Strukturen mit unterschiedlichen Nutzungen und Besitzverhältnissen entstanden sind. Ein öffentlicher Raum, wie der ‚Salzhof’ in Bad Salzuflen, spiegelt die unterschiedlichen Wahrnehmungen aufgrund von Lebenserfahrungen, Lebensgefühlen, Geräuschempfinden, Emotionen etc. gut wider: „Viele dieser emotionalen Kopplungen sind individuelle Erfahrungen und damit nicht Gegenstand von Stadtanalysen... Stadtanalysen sind keine formellen bzw. normierten Verfahren, deshalb ist in allen Fällen eine inhaltliche Eingrenzung vor Beginn der Analysearbeiten unverzichtbar.“ 1039 Wie beim ILEK Nordlippe dargestellt, sind die Fortschreibung und das Monitoring von Analysen in gewissen Zeitabständen notwendig. Hier sind konstante Erhebungsgrößen bedeutsam, die mit anderen Untersuchungsbereichen verglichen werden können. 1040 Ebenso sind Fachplanungen, wie zum Verkehr, Einzelhandel etc. in gewissen Zeitabständen zu aktualisieren. Es empfiehlt sich auch, die planerischen Ziele des Flächennutzungsplanes nach über 40 Jahren Gebietsreform zu überdenken. Die Stadtanalyse einer Stadtmitte in einen gesamtstädtischen Kontext zu stellen, bedeutet vorhandene Planungen und Analysen zu berücksichtigen und „etwaige Wechselwirkungen mit anderen Belangen bzw. Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung“ zu überprüfen. 1041 In den Beispielstädten dieser Untersuchung wurden aus den Analysen der Historie, der Nutzungen, des Verkehrs, der Siedlungs- und Freiräume Wechselbeziehungen erarbeitet: „Das Zusammenspiel der räumlichen, funktionalen und sozialen Belange ist eine Bedingung für das Erleben bzw. Entstehen von Stadt. Gleichzeitig sind konkurrierende Ansprüche an den Stadtraum Ursache für viele städtische Fehlfunktionen und damit Konflikte.“ 1042 Bei den polyzentrischen Beispielstädten wurde das Konfliktpotenzial Konkurrenz festgestellt. Die Frage nach der Ursache eines Konfliktes kann Lösungsmöglichkeiten eröffnen. Weitergehend ist – unter Einbeziehung der örtlichen Akteure - die Frage nach Stärken und Schwächen und nach der Bedeutung einer Stadt oder eines Stadtteils, wie die Stadtmitte: „Die Funktion muss im gesamtstädtischen Kontext bestimmt werden, indem die Merkmale des Untersuchungsgebietes in Relation zu den Strukturmerkmalen der Stadt gebracht werden.“ 1043 Wie schon mehrfach ausgeführt, funktioniert heute keine Planung mehr ohne Beteiligung der örtlichen Akteure, die über ihre Stadt und ihren Stadtteil die besten Ortskenntnisse haben. Sowohl Befragungen, Versammlungen als auch „institutionalisierte Kontakte zu Einwohnern“ unterstützen jede Stadtanalyse. Da „Stadtanalysen keinen formalen Richtlinien“ unterliegen, können sie ortsbezogen angewendet werden. 1044 1039 Schwalbach, Gerrit 2009 S. 17-24 1040 Schwalbach, Gerrit 2009 S.26 1041 Schwalbach, Gerrit 2009 S.32 1042 Schwalbach, Gerrit 2009 S.71 1043 Schwalbach, Gerrit 2009 S. 72 1044 Schwalbach, Gerrit 2009 S.36 247 Damit sind Stadtanalysen zur Stadtmitte das Zusammenspiel von Einzelanalysen zu einem Gesamtbild, in dem Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen sektoralen Belangen erkennbar werden. Die Überprüfung der Daten auf ihre Relevanz vor der Auswertung und die Einbeziehung der örtlichen Akteure ist unbedingt notwendig, denn: „Durch Stadtanalysen wird ein abstraktes, modellhaftes Bild der städtischen Wirklichkeit geschaffen. Es soll die Vorlage für weitere Handlungsschritte bei der städtebaulichen Entwicklung des Untersuchungsgebietes liefern... Stadtanalysen, die sich intensiv mit den Anliegen der Einwohner auseinandersetzen, bilden den Grundstein für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Einwohnern, Verwaltung und den sonstigen Akteuren des städtischen Lebens. Im Rahmen einer Stadtentwicklung, die sich zukünftig besonders auf Bereiche bereits bestehender Stadtstrukturen beziehen muss, wird damit ein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung geleistet.“ 1045 Ein Blick zurück von der Entstehung einer Stadt bis heute zeigt den Fortschritt in Technik, Handel und Raumerlebnis. Den Einkauf von Waren können wir heute mit einem Bummel durch die historische Altstadt verbinden. Den Weg in den Wald, um Brennholz zu holen, ist damit nicht mehr notwendig, stellt der Schriftsteller Titus Müller in einem Interview mit dem Hinweis fest: „Das Historische öffnet mir die Augen für meine Welt heute.“ 1046 Resümee Eine strikte reglementierende Stadtplanung steuert die Innenstadtentwicklung nur bedingt. Eine verbindliche Bauleitplanung nach BauGB ist sinnvoll, um nach einer demokratischen prozessgesteuerten Diskussion mit Stadtanalyse Entwicklungsziele durchzusetzen und diesen eine Rechtssicherheit zu geben. Wünschenswert wäre eine vereinfachte Planänderung, um auf neue Entwicklungen und Investitionswünsche besser und schneller reagieren zu können. Eine totale Liberalisierung der Innenstadtentwicklung ist für eine Steuerung ungeeignet. Nicht städtebauliche, sondern vorwiegend private und wirtschaftliche Interessen würden dann Entwicklungen beeinflussen. Dies widerspricht dem Städtebaurecht, das die Festlegung städtebaulicher Ziele mit der Abwägung privater und öffentlicher Interessen fordert. Da aufgrund leerer öffentlicher Kassen viele freiwillige Aufgaben nicht mehr finanzierbar sind, ist die Kooperation zwischen Privat/Öffentlich gefordert. Gesetzliche Regelungen für eine Privatisierung - wie für die Standortgemeinschaften in NRW – sind sinnvoll, 1047 da im privaten Engagement die Chance der Eigenverantwortlichkeit für die Innenstadtakteure liegt. Ein weiteres Ergebnis ist, dass Stadtplanung und deren (wissenschaftlichen) Analysen zur Stadtmitte in einen gesamtstädtischen Kontext zu stellen sind. Eine gesamtstädtische und regionale, wenn nicht sogar globale Abstimmung mit ‚integrierten Handlungskonzepten’ ist schon immer notwendig und in allen Städtebauförderprogrammen gefordert. Gerade das „Zusammenspiel der räumlichen, funktionalen und sozialen Belange ist eine Bedingung für das... Entstehen von Stadt.“ Das Erkennen von Zusammenhängen kann „konkurrierende Ansprüche an den Stadtraum“ und städtische Fehlfunktionen und... Konflikte“ vermeiden. 1048 1045 Schwalbach, Gerrit 2009 S. 79 Schlusswort 1046 LZ Nr. 149 vom 30.06.2011 Interview vor Lesung mit Schriftsteller Titus Müller 1047 Gesetzliche Regelungen für Standortgemeinschaften bzw. sog. BID’s existieren schon in den Bundesländern Hamburg, NRW und Hessen. 1048 Schwalbach, Gerrit 2009 S.71 f. vgl. auch Kap. 2.3 Wandel durch geänderte Gesetze (StBauFG u. AZ) 248 Insbesondere bei der Frage nach der Ursache eines Entwicklungskonfliktes sind die örtlichen Akteure verantwortlich einzubeziehen. Mit der Frage nach Stärken und Schwächen und nach der Bedeutung einer Stadt oder Stadtteils - wie die Stadtmitte - können Antworten gefunden, die Konkurrenz zwischen den Ortsteilen und Regionen ausgeschaltet, das Wir-Gefühl und die Identifikation mit der Stadt und deren Mitte gefördert werden. „Bürger und Gesellschaft müssen wieder mehr Aufgaben übernehmen und den Staat entlasten. Ein neues Gleichgewicht ist überfällig,“ schreibt Meinhard Miegel und weist darauf hin, dass die Bevölkerung von der „Eigenverantwortlichkeit und sozialen Mündigkeit“ entwöhnt ist und die Gesellschaft in „Aktive und Passive gespalten“ ist. „Solidarität kann nur wechselseitiges Geben und Nehmen bedeuten.“ 1049 Solidarität sollte nicht „die wichtigste Waffe in der politischen Auseinandersetzung“ sein. 1050 „Erwünscht ist nicht mehr der liberale Bürger, der Rechte einklagt und Forderungen stellt, sondern erwünscht wird der Bürger, der die Defizite der sozialen Systeme und der kommunalen Kassen durch Freiwilligenarbeit ausgleicht.“ 1051 Damit verdeutlicht diese Arbeit, dass der Stadtplaner zwar die in § 1 BauGB (vorher BBauG) formulierten Forderungen zu erfüllen hat. Um jedoch die vielfältigen Probleme im Städtebau zu bewältigen, ist vom Stadtplaner nicht nur Technik und Gestaltung gefordert, sondern auch Verständnis für Zusammenhänge gekoppelt mit „Intuition und praktischer Intelligenz.“ 1052 Zur planerischen Steuerung gehört damit neben einer rationalen, analytischen auch eine handlungs- und ergebnisorientierte Vorgehensweise. Hierzu bedarf es Bauleitplanungen, die vereinfacht und flexibel anzupassen sind. Dies zeigt sich z.B. aktuell bei der Ausweisung von Flächen für regenerative Energien im Rahmen des Atomausstiegs und Klimawandels. Eine Realisierung ist erst nach einem aufwendigen Planverfahren möglich. 1053 Allerdings darf vom Planer nicht nur „Ideen und Masterplan“ gefordert und entwickelt werden, der nach der Realisierung „längst nicht mehr den Charme der ursprünglich propagierten Bilder“ hat. Wirtschaftlich wünschen sich zwar die meisten Developer - wie in Dubai praktiziert - eine „Flexibilität des Masterplans,“ jedoch lässt sich die Stadtentwicklung besser steuern, wenn sich die Planung eines Stadtquartiers einem Gesamtrahmenplan unterordnet, „der alle Entwicklungen im Kontext zeigt.“ 1054 Entwicklungskonzept oder Masterplan sollten für alle Beteiligten die Verbindlichkeit eines bauleitplanerischen Rahmenplanes haben und die Überprüfung der Entwicklungsziele auf ihre Verträglichkeit mit dem Vorhandenem, dem Angebot und der Nachfrage beinhalten, damit die Programmziele der verschiedenen Handlungsfelder 1055 eine Umsetzungschance haben. Da ein Planungs- oder Handlungskonzept erst mit der Realisierung der Maßnahmen abgeschlossen ist, werden im nächsten Kapitel deren Umsetzungschancen praxisnah erörtert. 1049 Miegel, Meinhard 2004 S. 262 f. „Ein neues Gleichgewicht“ 1050 Knirsch/Nickolmann 1976 S. 53 Bürgerinitiativen waren zunächst ein Mittel zur politischen Veränderung. 1051 Kremer, Elisabeth 2005 S. 9 1052 Ackermann, Rüdiger 1973 S. 86 f. Aus damaligerer Sicht war Städtebau nur begrenzt wissenschaftlich. 1053 DAB 12/11 S. 18 f. Staatssekretär Rainer Bomba BVBS sagte im Interview mit Präs. BAK Sigurd Trommer zur Überlegung eines effizienteren Bauen: „Es gibt sicherlich Potenziale zur rechtlichen Vereinfachung.“ (S. 22) 1054 Blum/Neitzke 2009 S. 157 f. In Dubai haben weder ‚Gesamtplan’ noch ‚Masterplan’ eine Verbindlichkeit. 1055 Handlungsfelder im 1. Statusbericht des Zentrenprogramms sind (S. 8-10): Einzelhandel, Dienstleistungen, Handwerk – Wohnen – Öffentlicher Raum – Infrastruktur u. öffentliche Einrichtungen – Mobilität u. Verkehr – Baukultur u. Stadtgestalt – Kooperation. Dies entspricht der Funktionsvielfalt der Stadt- u. Ortsteilzentren. 249 9.5 Handlungsstrategie für die Umsetzung Für das Programm ‚Aktive Stadt- und Ortsteilzentren’ liegt der 1. Statusbericht vor. Nach diesem ist schon „nach der kurzen Programmlaufzeit (seit 2008) erkennbar, dass durch die Unterstützung des Bundes-Länder-Programms Anstöße zu einer Aufwertung der Zentren mobilisiert wurde, die die Kommunen mit ihren eigenen finanziellen und personellen Ressourcen nicht... hätten in Gang setzen können.“ Da bisher aufgrund der kurzen Laufzeit hauptsächlich „die Erarbeitung und Abstimmung integrierter Handlungskonzepte als Basis für künftige Umsetzungsschritte im Vordergrund stand,“ konnte im Statusbericht die Programmumsetzung „nur ansatzweise bewertet“ werden. 1056 Da ein Planungs- oder Handlungskonzept erst mit dessen Umsetzung abgeschlossen ist, soll am Beispiel der Stadt Bad Salzuflen die Umsetzungschance praxisnah erörtert werden. 1057 Immerhin kann Bad Salzuflen „aufgrund langjährig erprobter Herangehensweisen in anderen (Förder)-Kontexten auf umfangreichen Vorarbeiten aufbauen.“ 1058 Die Innenstadterneuerung Alt Salzuflen setzt sich mit dem Förderprogramm ‚Aktive Stadt- und Ortsteilzentren’ als Daueraufgabe fort. Die integrierten Handlungskonzepte Masterplan und Entwicklungskonzept empfehlen viele Erneuerungsmaßnahmen im öffentlichen Raum. Da im Rahmen der Haushaltsicherung der Stadthaushalt zu konsolidieren ist, werden alle Investitionen der ‚Aktiven Innenstadt’ 1059 überprüft. Die Hauhaltslage zwang die Stadt 2011, keine Fördermittel abzurufen. Deshalb wies die Bewilligungsbehörde darauf hin, dass die bisherigen Fördermittel zurückzufordern sind, wenn keine Maßnahmen realisiert werden. Die Vermeidung einer Rückzahlung, wie auch der zeitlich begrenzte Förderzeitraum wird die Diskussion erleichtern, aber noch nicht beenden. Die Realisierungschance einer Maßnahme wächst, je geringer der städtische Anteil und je größer der wirtschaftliche Effekt ist: - Der Fördersatz für die Erneuerung des öffentlichen Raumes wurde von der Bez. Reg. aufgrund der Haushaltslage von 70 auf 80% seit 2011 erhöht. - Ohne verkehrstechnische Verbesserung entfallen Straßenbaubeiträge der Anlieger. - Investitionen im öffentlichen Raum ziehen meist private Investitionen nach sich, die das Stadtbild im Erneuerungsbereich zusätzlich verbessern. 1060 Die Realisierungschance wächst weiterhin, je nachhaltiger und bedeutsamer eine Maßnahme für die Gesamtstadt ist. Entsprechend sind gegenüber Politik und Betroffenen zu gewichten: - die Priorität und Notwendigkeit, - die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit mit Einspareffekten in der Unterhaltung und den Folgekosten und in der Auslösung privater Investitionen. Damit sind - wie vor 65 Jahren beim Wiederaufbau - die Überzeugungskraft der Verwaltung und des Planers für die Akzeptanz und Umsetzung entscheidend. 1061 1056 Aktive Stadt- und Ortsteilzentren 1. Statusbericht 2011 S. 91 Das wichtigste Instrument der Programmumsetzung ist das integrierte Handlungskonzept, das „als Grundlage der Zentrenentwicklung... auf unterschiedlichen Ebenen das integrierte Handeln der Akteure anregen soll.“ (S. 10) 1057 Als sachkundiger Bürger einer Fraktion können eigene aktuelle Erfahrungen mit eingebracht werden. 1058 Aktive Stadt- und Ortsteilzentren 1. Statusbericht 2011 S. 91 1059 Die Maßnahmen der ‚Aktiven Innenstadt’ stehen im Haushalt 2012 in der Liste C 10 mit Sperrvermerk. 1060 Newsletter AK NRW 16.11.11 u. DAB 12/11S. 5: „Jeder Euro, der in der Städtebauförderung eingesetzt wird, löst Folgeinvestitionen von acht Euro aus.“ (Präsident Hartmut Miksch in 57. Vertreterversammlung) u. Auskunft über Fördersatz u. Beiträge von Fachdienst Stadtplanung u. Umwelt der Stadt Bad Salzuflen. 250 Folgende Beispiele der Haushaltsdiskussion 2012 1062 in Bad Salzuflen verdeutlichen dies: - Die Erneuerung der Fußgängerzone in Alt Salzuflen steigert die Attraktivität der Stadtmitte des Kurortes und bedingt Investitionen von privater Seite. - Die Wiederherstellung der historischen Kurparkallee steigert die Attraktivität und bedeutet als Alleinstellungsmerkmal eine konsequente Fortsetzung der städtebaulichen Achse: Innenstadt, Gradierwerk mit Sichtfenster und Vorplatz Konzerthalle als Entre zum Kurpark. - Die Investition für eine Gebäudesanierung (z.B. Wandelhalle im Kurpark) stellt sich in Frage, wenn keine wirtschaftliche Nutzung gewährleistet ist. - Die Investition für eine Breitbandkabelverlegung verbessert die Standortqualität für Gewerbe und Wohnen. Die Erneuerung der 25 bis 35 Jahre alten Fußgängerzone in der Stadtmitte des Kurortes Alt Salzuflen wird die Behinderten- und Seniorentauglichkeit und Attraktivität steigern. Dies entspricht der überregionalen Bedeutung des Kurortes, die schon bei der Erneuerung des Vorplatzes Konzerthalle im Sanierungsgebiet des Kurbereiches eine Rolle spielte und für die Wiederherstellung der Kurparkallee ebenfalls ausschlaggebend sein könnte. Die planerische Argumentation wird durch die ‚Zielpyramide’ 1063 des Hauhaltplanes Bad Salzuflen, die sich auf das Leitbild der ‚Agenda 21’ aufbaut, unterstützt: ^ ZIELE kommunaler ____E n t w i c k l u n g___ LEITBILDER ___für kommunale H a n d l u n g s f e l d e r___ STRATEGIEN – ZIELE Leitsätze aus < Wechsel- > Maßnahmen __________Leitbild < Wirkung > Produkte_________ MASSNAHMEN- und PRODUKTPLAN ____mit Maßnahmen und Produkten der Handlungsfelder____ Abb. 197 Übergeordnet steht das kommunale Entwicklungsziel Stärkung der Innenstadt Bad Salzuflen. Auf der normativen Ebene stehen die Leitbilder der kommunalen Handlungsfelder. Die Wechselwirkungen zwischen den Leitsätzen aus dem Leitbild und den Maßnahmen oder Produkten sind auf der strategischen Ebene zu erörtern. Hier stellt sich die Frage nach dem Wirkungsziel: Was wollen wir erreichen? Bei positiver Beantwortung münden dann konkrete Maßnahmen und Produkte in den Maßnahmen- und Produktplan der operativen Ebene. Eine Prioritätenliste mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen ergänzt die Gewichtung. Hierdurch kann der Wunsch nach schnellen, nicht präzise abgewogenen Maßnahmen für eine Stadtentwicklung verhindert und die Geduld der Politik und Bürger gefördert werden. Die Gewichtung aller Maßnahmen im gesamtstädtischen Kontext wird problematisch, wenn Stadterneuerungsmaßnahmen in der Stadtmitte gegenüber Maßnahmen in den Orts- bzw. Stadtteilen zu verteidigen sind. Aufgrund strukturpolitischer Veränderungen hat jeder Ortsteil 1061 Deneke, Albert schrieb 1946 (S. 243) zum Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg: „Die sinnvolle Ordnung der neuen Stadt hängt nicht von der Höhe der Geldmittel ab, sondern von dem Geist, der den Weg weist... Damit fällt den Behörden eine verantwortungsschwere Aufgabe zu... Einzelllösungen... bringen uns vom Ziel ab.“ 1062 Die Beispiele sind der Liste C 10 mit Sperrvermerk im Haushaltplan Bad Salzuflen 2012 entnommen. 1063 Haushaltsentwurf 2012 S. ZK 4 Die ‚Zielpyramide’ gliedert sich in: operative, strategische u. normative Ebene u. als Spitze das kommunale Ziel. 251 einer Stadt spezielle Probleme und Wünsche, die wegen fehlender Haushaltsmittel meist nur mit Fördermitteln, z.B. aus der Dorferneuerung, zu realisieren sind. Hilfreich für eine Überzeugungsarbeit ist ein Zentrenmanagement oder eine Lenkungsgruppe. Ein Zentrenmanagement ist mehr ein Citymanagement als „Geschäftsfeld innerhalb des ganzheitlichen Stadtmarketings.“ Während eine Lenkungsgruppe im Förderprogramm ‚Aktive Zentren’ eine institutionalisierte „Kooperation von öffentlich-rechtlichen und privaten Akteuren“ während der Programmlaufzeit (mit Verfügungsfond) ist. 1064 Für Synergieeffekte ist die Vernetzung mit anderen kommunalen Managementstrukturen wichtig (s. Abb.): 1065 Private Akteure Zentrenmanagement Öffentlich Akteure Bürger Verbände/Institutionen Wirtschafts- u. Sozialpartner Priv. u. zivilgesell. Akteure < > < > Lenkungsgruppe mit thematischen Arbeitskreisen < > < > - Verwaltung - Kommunalpolitik Abb. 198 Vernetzte kommunale Managementstrukturen (hess. MWVL 2009 u. AZ 1. Statusbericht) Resümee Es steht außer Frage, dass sowohl die klassische Städtebauförderung seit den 1970er Jahren als auch „das Zentrenprogramm im Rahmen der Städtebauförderung des Bundes und der Länder in den drei Jahren seines Bestehens bereits eine hohe Relevanz erreicht“ hat,° wie die bisher erarbeiteten integrativen Handlungskonzepte belegen. Die problematische Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Umsetzung der meist „baulich- investiven Maßnahmen“ ° beginnen erst jetzt in den meisten Kommunen. Dabei ist aufgrund der schwierigen kommunalen Haushaltslage die folgende Empfehlung des Statusberichtes in der Praxis schwer umsetzbar, jedoch als Orientierung zu werten: „Für die Zukunft sollte das Verhältnis investitionsvorbereitender, investiver und investitionsbegleitender Maßnahmen kritisch dahingehend überprüft werden, wo besonders hohe Effekte mit geringem finanziellen Ressourceneinsatz erzielt werden können.“ 1066 ° Demnach sind alle planerisch vorgeschlagenen Maßnahmen im gesamtstädtischen Kontext zu gewichten. Darüber hinaus sind deren Nachhaltigkeit und wirtschaftlichen Vorteile für die Gesamtstadt zu überprüfen. Damit haben heute unwirtschaftliche und freiwillige Maßnahmen eine geringere Umsetzungschance. Die Ergänzung der Gewichtung durch eine Prioritätenliste mit kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen wird bei allen beteiligten Akteuren Akzeptanz bewirken. Die Beispiele aus der Haushaltplandiskussion 2012 in Bad Salzuflen verdeutlichen dies und die in der Zielpyramide definierten Leitbilder und Ziele dienen als Argumentationshilfe. Die gemeinsamen Interessen der Gesamtstadt und auch Region sind zu bündeln. Für den gegenseitigen Informationsaustausch und Abwägungsprozess ist ein Netzwerk mit Forum sinnvoll. Damit liegen die Umsetzungschancen nicht nur in der Überzeugungskraft der Akteure, sondern auch in der Vernetzung der Akteure. 1064 Aktive Stadt- und Ortsteilzentren 1. Statusbericht 2011 S. 76-80 1065 Abb. anlehnend an hess. MWVL 2009 S. 20 aus: AZ 1. Statusbericht 2011 S. 79 1066 ° Aktive Stadt- und Ortsteilzentren 1. Statusbericht 2011 S. 95 252 9.6 Zusammenfassende Schlussbemerkungen zur Stadtmitte Die Stadtentwicklung wurde bis in die 1960er Jahre durch Wirtschaft, Politik und/oder Planer bestimmt. Heute entscheidet die Stadtgesellschaft über öffentlich wirksame Planungen und Projekte mit. Die Wechselwirkungen zwischen der gebauten Stadtmitte und deren Akteuren, die sich gegenseitig beeinflussen, dürfen nicht mehr unberücksichtigt bleiben. Planungen, Projekte und politische Entscheidungen scheitern heute, wenn sie bei den Bürgern keine Akzeptanz finden. Dies zeigen aktuell die Bürgermeinung zu ‚Stuttgart 21’ oder zum Klimawandel. Erstmalig stellte die Bundesregierung einen ‚Entwurf Weißbuch Innenstadt’ zur allgemeinen Diskussion, um die Zentren der Städte und Gemeinden zu stärken. Die Untersuchungen zu den Beispielstädten verdeutlichen das neue Planungsverständnis und die neuen Planungsstrategien. Hierzu gehört eine gesamtstädtische raum-, ressort- und akteursübergreifende Zusammenarbeit, 1067 um auf neuere Entwicklungen in der Stadt besser reagieren zu können. Private Investitionen und öffentliche Fördermittel sind dabei wichtige Impulse für die Entwicklung. Noch bedeutsamer ist die Begleitung und Beeinflussung der Stadtentwicklung durch Prozesse, die durch die Planung manifestiert werden. Damit steht die Stadtentwicklung heute auf zwei Säulen, in denen unterschiedliche Akteure agieren: ^^^^^^^ S T A D T E N T W I C K L U N G ^^^^ O O Diskussionsprozess >>>> offen für ALLE kommunalen Akteure Leitbilder >>>>>> Ziele >> Förmliche Planung durch Verwaltung/Politik mit Bürgerbeteiligung 1068 ^ ^ V neue Entwicklungen verbindl. Rahmen–, F- u. B-Planung V projektbezogene städtebauliche Verträge V Abb. 199 Schemaskizze (KS) Realisierung Für die erfolgreiche Steuerung der Stadtentwicklung empfiehlt sich heute für jede Kommune eine permanente Diskussionsprozessebene, in die neue Entwicklungen einfließen, in der unterschiedliche Akteure agieren und in der handlungsorientierte Zielvorstellungen erarbeitet werden. Dieser Prozess sollte für alle Akteure und Initiativen einer Stadt offen sein. Damit kann Verantwortung und Identifikation bei den Bürgern für die Kommune gefördert werden. Der heutige Beteiligungsprozess zur Stadtentwicklung hat sich seit der Zeit der Aufklärung im 17./18.Jh. über die fachliche Diskussion im Manifest der Charta von Athen (1933), die Bürgerinitiativen (seit 1968), die lokale Agenda 21 und das prozessgesteuerte Stadtmarketing weiterentwickelt. Ideen, Zielvorstellungen, Leitbilder und Handlungsempfehlungen dieser unverbindlichen Diskussion fließen für die Umsetzung in eine förmlich-hoheitliche Planung, die auf einer Rechtsgrundlage basiert, wie die Bauleit- und Baupläne. 1069 Hierzu erfolgt die gesetzliche vorgegebene Beteiligung von Politik, Behörden und betroffenen Bürgern. 1067 Im 1. Statusbericht AZ 2011 werden als Instrumente der Programmumsetzung „gesamtstädtische Leitbilder“ als raumübergreifend, „Städtebau, Wirtschaftsförderung, Wohnungs- Bildungs- u. Kulturpolitik“ als ressort- übergreifend u. „Stadtgesellschaft (Politik, Verwaltung, Bewohner, Eigentümer, Nutzer, Infrastrukturträger u. Interessenvertreter) als akteursübergreifend genannt. S. 10 1068 Bürgerbeteiligung mit projektbezogenen Akteuren bei förmlicher Planung (BauGB u. BauO) 1069 Bauleitpläne nach BauGB und Baupläne nach Bauordnung der Länder 253 Zwischen den Diskussionsprozessen und der verbindlichen Planung bieten sich formlose Entwicklungs-, Rahmen- oder Masterpläne an, die noch keine abschließende Verbindlichkeit haben, jedoch Grundlage für eine verbindliche Planung sind. Diese Konzepte sind geeignet, mit der Öffentlichkeit alternative Lösungen abzuwägen und umsetzungsorientierte Ergebnisse zu erarbeiten, die eine breite Bürgerakzeptanz beinhalten. Dadurch werden sich die Bürger verstärkt für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Stadt/Mitte einsetzen. Deshalb sind gerade für Stadtteile wie die Stadtmitte Entwicklungskonzepte sinnvoll. Für den Flächennutzungsplan bieten sich ebenso Entwicklungskonzepte an, in denen prozesshaft alle Wirkungsebenen der Gesamtstadt und die Anregungen der Stadtgesellschaft berücksichtigt und Stadtentwicklungsziele erarbeitet werden. Nur so setzt der F-Plan einen wirksamen Rahmen für die gesamtstädtische Entwicklung bei Politik, Behörden und Bürgern. Erst mit den Bebauungsplänen und der Genehmigung der Baupläne wird eine Verbindlichkeit hergestellt, zu der ein gesetzlich geregeltes öffentliches Beteiligungsverfahren erfolgt. Da der Bebauungsplan, insbesondere für die Weiterentwicklung der historischen Stadtkerne oft als zu einengend und investitionshemmend angesehen wird, empfiehlt sich hierfür eine Planung, die nur einen verbindlichen Rahmen setzt. Eine planerische Konkretisierung kann in einem weiteren Planungsschritt, wie in einem städtebaulichen Vertrag konkretisiert 1070 werden. Da Rahmenpläne flexibler sind und städtebauliche Verträge sich vereinfacht ändern lassen, kann auf neue Entwicklungen in der Stadtmitte schneller reagiert werden. - - - Neue Entwicklungen erfordern neben einer Umplanung auch immer wieder ein Umdenken. Dabei sind die Herausforderungen zwar neu, die Werte oft aber alt, 1071 dies gilt fürs Private wie fürs Gemeinwesen. Gerade im historischen Stadtkern ist Bauen im Bestand gefordert, das Tradition und gewachsene Strukturen zu berücksichtigen hat. Zahlreiche denkmalgeschützte Gebäude und Stadträume belegen dies. Ein Umdenken kann nur gelingen, wenn die Akteure für neue Ideen aufgeschlossen sind. Neue Ansätze setzen die Änderung des Bewusstseins voraus und sind integrativ einzusetzen. Aktuelle Herausforderungen sind hierzu in den immer schon voneinander abhängigen Handlungsfeldern wie Umwelt, Klima, Energie, Mobilität, Demographie, Handel, Wirtschaft, Kommunikation und Globalisierung festzustellen. Da eine sofortige Reaktion auf neue Entwicklungen durch Umgestaltung heute besonders schwer finanzierbar ist, empfiehlt sich – ganz im Sinne einer langsam gewachsenen Stadt - eine schrittweise Anpassung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf der Grundlage einer Prioritätenliste für die Maßnahmen. - - - Die Frage zum Bedeutungswandel der Stadtmitte beantwortet sich durch die Feststellung, dass durch die Suburbanisierung und kommunale Gebietsreform ein Wandel in der Gestaltung und Nutzungsmischung erfolgte. Ein Ende dieses Wandels ist nie zu erwarten, deshalb kann die Erneuerung und Fortentwicklung der Stadtmitte als eine Daueraufgabe für den Planer, die Kommunen und für Bund und Land als Förderer angesehen werden. Dabei ist trotz der Schrumpfung die Stadt/Mitte in ihrer Kernstruktur zu erhalten und können Freiräume als neue Entwicklungschance genutzt werden. Für eine Stadt und deren Region bleibt die Stadtmitte als ‚Herz’ materiell und ideell der Hauptidentifikations- und Gleichgewichtsfaktor: 1070 Bunzel/Coulmas/Schmidt-Eichstaedt 1999 S. 16 „Städtebauliche Verträge... ergänzen das hoheitliche Instrumentarium des Städtebaurechts“ um „die Durchführung städtebaulicher Vorhaben und privater Investitionsvorhaben zu beschleunigen.“ Abweichende Festsetzungen sollten vereinbart werden können. 1071 LZ 265/15.11.2011 „Nur wer sich ändert, bleibt sich treu“ und „Warte nicht auf bessere Zeiten“ sind geflügelte Worte von Wolf Biermann (aus: Artikel anlässlich seines 75jährigen Geburtstag) 254 „Zum Begriff der europäischen Stadt gehört... der Stadtkern als ihr lebendigster Teil, als das Herz der Stadt. Stadtmitte wird stets als urbane Realität empfunden: als sinnbildliches Abbild des Selbstverständnisses einer Stadt.“ 1072 Die Bundesregierung spricht im Vorwort ihres Weißbuch Innenstadt 2011 ebenso vom Herzen einer Stadt, hebt dessen Multifunktionalität hervor und empfiehlt potenzielle Maßnahmen. 1073 Dies deckt sich mit der Bedeutung der Stadtmitte für die Gesamtstadt in dieser Untersuchung, demnach die Stadtmitte mehr als nur die räumliche Mitte der Gesamtstadt ist, da sie die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Aspekte mit einbezieht und vernetzt, um das Gleichgewicht dieser Aspekte zu garantieren. Die ständige Wandlung einer Stadtentwicklung kann zu Verschiebungen dieser Mitte führen. Jede Stadt hat ortsspezifische Kriterien für die Festlegung der Stadtmitte und Innenentwicklung nach BauGB anzuwenden. 1074 *** Diese Untersuchung soll mit wissenschaftlichem Anspruch - jedoch allgemein verständlich formuliert - Stadtplanern und kommunalen Akteuren empfehlen, die Stadtmitte aufgrund veränderter Wirkungsebenen weiterzuentwickeln. Als das Herz einer Stadt oder Region muss sie trotz fortlaufendem Funktions- und Strukturwandel besonders funktionsfähig bleiben. Die Stadtmitte wuchs mit der Suburbanisierung 1075 und erhielt durch umliegende Ortsmitten und neue Zentren Konkurrenz. Mit der Rückbesinnung (Reurbanisierung) auf den historischen Stadtkern und mit dem Wachstumsrückgang 1076 verkleinert sich die Stadtmitte wieder. Stadtmitte und Stadt gehören zusammen. Deshalb stehen neue planerische Entwicklungsziele immer in einem gesamtstädtischen Kontext und in einem Wechselprozess zwischen Praxis und Theorie. Sie sollten bedarfs-, handlungs- und umsetzungsorientiert sein, Verträglichkeit und Nachhaltigkeit beinhalten und zusammen mit der Stadtgesellschaft entwickelt werden. Je transparenter und überzeugender planerische Entwicklungsziele sind, desto stärker bewirken sie bei den Akteuren der Stadtgesellschaft Akzeptanz, Identifikation und Engagement für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Stadtmitte ihrer Stadt und Region. 1072 Schöffel, Joachim 2003 S. 1-4 Hinweis: Schon Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht, Hannover bezeichnete die Stadtmitte als Herz im Jahre 1957. Sie spielt im Stadtkontext eine besondere identitätsstiftende Rolle (S. 2). 1073 Weißbuch Innenstadt 2011 S. 12 f. Die Endfassung ‚Weißbuch Innenstadt’ wurde mit vielen Anregungen und Vorschlägen auf einem Symposium in Berlin Anfang Juni 2011 vorgestellt. Trotz der allgemeinen Aussagen „wird spannend sein, welche Vorhaben in den Genuss einer Förderung des neuen Sonderprogramms kommen, das begleitend zum Weißbuch aufgelegt worden ist.“ Das BMVS unterstützt innovative Konzepte u. konkrete Investitionen trotz Kürzung der Förderprogramme. (aus: Demo-Kommunale 9-10/2011 S. 38) 1074 vgl. Kapitel 2.6 ‚Bedeutung der Stadtmitte’ (Selbstformulierte Definition) 1075 Häußermann/Siebel 1987 S. 109: „Am Anfang der industriellen Verstädterung steht... ein auf die Kernstädte gerichteter zentripetaler Prozess, ganz im Gegensatz zu den später dominierenden zentrifugalen Bewegungen der Suburbanisierung.“ 1076 Häußermann/Siebel 1987 S. 115: „Die Prognosen für die kommenden dreißig Jahre lassen ein Schrumpfen der Bevölkerung in beinahe solchem Ausmaß, wie es das Wachstum um die Jahrhundertwende darstellte, erwarten.“ Carsten Jonas (2006 S. 292) bezeichnete die Schrumpfung als „qualifizierten Rückzug“ und als „ungewohnten Städtebau“ - ein Prozess, der sich durch die Wiedervereinigung in Westdeutschland verzögerte. 255 10. ANHANG 10.1 Literaturverzeichnis Ackermann, Rüdiger Neuzeitlicher Städtebau – Studie zur Planungspolitik unter besonderer Berücksichtigung der Innenstadt; Mannheimer Morgen Großdruckerei und Verlag Copyright Weinheim 1973 ‚abindiemitte’ (AidM) Dokumentation der City-Offensiven der Bundesländer NRW u. He; www abindiemitte de Abschlussbericht Expertenkreis Städteentwicklung Aktuelle künftige Herausforderungen für Stadtentwicklung u. ihre Förderung: Diagnose, Bewertung, Vorschläge für Förderansätze Hg. KfW Bankengruppe Frankfurt 2006 Adrian, Hanns in: ‚Städtebauliche Erneuerung in Nds.’ Informationsschrift Mi. Nds. 1984 Adrian, Hanns Aufsatz ‚Zukünftige Stadtentwicklungsplanung’ veröffentlicht in: ...zum Wohnen in der Stadt; Hg. Ulrich Gerlach, Gesellschaft f. Bauen u. Wohnen Hannover mbH 2004 AG Historische Stadtkerne NRW Eine Dokumentation Hg. AG Hist. Stadtkerne NRW (Pesch & P.) 1992 und 2. Aufl. 1994 Hist. Stadt- und Ortskerne in NRW (Mi. f. Stadtentwicklung u. 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Huning, Sandra ‚Kernkompetenzen kommunaler Planung’ in: Planung neu denken Bd. 1 (Hg. Selle/Zalas) 2006 Altrock, Uwe; Huning, Sandra u. Peters, Deike ‚Neue Wege in der Planungspraxis’ in: Planung neu denken Bd. 1 (Hg. Selle/Zalas) 2006 Altrock, Uwe; Kunze, Ronald; Schmitt, Gisela; Schubert, Dirk (Hg.) Stadterneuerung u. Festivalisierung – Jahrbuch; Universitätsverlag TU Berlin 2011 Anton, Jürgen u. Bischoff, Ariane ‚Nachhaltigkeit...’ in: Planung neu denken Bd. 2 (Hg. Selle/Zalas) 2006 Bahrdt, Hans Paul Die moderne Großstadt – Soziologische Überlegungen zum Städtebau- Christian Wegner Verlag, Reinbek Hamburg 1971 Bahrdt, Hans Paul Innenstadt und Erneuerung – eine soziologische Analyse historischer Zentren mittelgroßer Städte, Schriftenreihe ‚Städtebauliche Forschung’ BMSt I 4-704102-24 (1971) veröffentlicht 1972 Bahrdt, Hans Paul Humaner Städtebau - Überlegungen zur Wohnungspolitik und Stadtplanung für eine nahe Zukunft; Nymphenburger Verlagshandlung München, 6. 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Grundstücks AG Brake, Klaus ‚Reurbanisierung’ in: Die Zukunft der Europäischen Stadt (Hg. Frey/Koch) VS Verlag 2011 Brand, Friedrich Bad Salzuflen - Daten u. Strukturen einer mittelzentralen Stadt - Verlag f. Regionalgeschichte, Bielefeld 1996 Buchholz, Hans Henning Städtebauliche Denkmalpflege in Klein- und Mittelstädten der alten Bundesrepublik – Ziel- und Anwendungsunterschiede in 13 Beispielen, Diss. Uni Kassel 1997, Verlag Dr. Kovac, Hamburg, 1997 Bufe, Thomas Gartenreise – Ein Führer durch Gärten und Parks in OWL Hg. Landschaftsverband Westfalen- Lippe; Landwirtschaftsverlag, Münster 2000 Bürklin, Thorsten u. Peterek, Michael Basics: Stadtbausteine (Hg. 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Standort Innenstadt – Raum für Ideen - Ladenleerstand/Ein Fachbuch; Stadtanalyse Verlag, Eppstein 2007 Fredderke, Elmar in LZ 103/2011 (Referent auf Handelsforum in Bielefeld 25.05.2011) Frehn, Michael Freizeit findet Innenstadt, Institut für Raumplanung, Universität Dortmund, Dissertation 2004: ‚Innenstadt, Freizeit, Mobilität – Analyse und Handlungsansätze zur Innenstadtbezogenen Freizeitmobilität und zur Stärkung der Innenstädte’ Frey, Oliver u. Koch, Florian (Hg.) Die Zukunft der Europäischen Stadt – Stadtpolitik, Stadtplanung und Stadtgesellschaft im Wandel – VS Verlag Wiesbaden 2011 Frick, Dieter Theorie des Städtebaus – Zur baulich-räumlichen Organisation von Stadt; Ernst Wasmuth Verlag Tübingen-Berlin 2. Aufl. 2008 Gertz, Carsten ‚Integrierte Stadt- und Verkehrsentwicklung’ in: Zeitschrift Planer/in 4/2010 (S. 7 f.) Gestaltung im Dialog ‚Vom Satzungsrecht bis zur individuellen Beratung’ Forschungsbericht u. Dokumentation Fachtagung Hattingen 30.06.2010 (Hg. W. Ollenik/F. Pesch) AG Hist. Stadtkerne NRW u. Mi. NRW 2010 Göderitz, Johannes; Rainer, Roland; Hoffmann, Hubert Die gegliederte und aufgelockerte Stadt; Verlag Ernst Wasmuth Tübingen 1957 Greipl, Erich (GF Metro Goup) in: Standort Innenstadt 2005 S. 16 f. u. Frauke/Imorde/Junker 2007 S. 14 f. Haderlein, Andreas Referent auf Handelsforum Bielefeld 25.05.2011 Hanisch, Jochen in: SRL Schriften 53 (Hg.) Über die Zukunft der Planung 2008 Hatzfeld, Ulrich ‚Sommertheater – kulturelles Niemandsland oder Strukturpolitik’ in: Dok. ‚AidM’ NRW 2003 Hatzfeld, Ulrich ‚Immobilien- u. StandortGemeinschaften...’ in: ISG 2005 S. 10 f. Hatzfeld, Ulrich; Imorde, Jens; Schnell, Frauke (Hg.) 100+1 Idee für die Innenstadt; Stadtanalyse Verlag Eppstein 2006 Hatzfeld, Ulrich; Imorde, Jens; Schnell, Frauke (Hg.) Kunst (be)zeichnet Stadt; Lechte Druck Emsdetten 2002 Häußermann, Hartmut; Läpple, Dieter; Siebel, Walter Stadtpolitik; Suhrkamp Verlag Frankfurt 2008 Häußermann, Hartmut u. Siebel, Walter Neue Urbanität; Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. Erstausgabe 1987 Häußermann, Hartmut ‚Was bleibt von der europäischen Stadt?’ in: Die Zukunft der Europäischen Stadt (Hg. Frey/Koch) 2011 Horzetzky, Günther ‚Innenstadt als Ganzes gestalten’ in: Dok. ‚Tagung Innenstadt’ in Hamm 2011 Hotzan, Jürgen dtv-Atlas zur Stadt, München 1994 Hillebrecht, Rudolf Städtebau als Herausforderung, ausgewählte Schriften u. Vorträge (zusammengestellt zur Verabschiedung als Stadtbaurat) Verlag W. Kohlhammer, Köln 1975 100+1 Idee für die Innenstadt (Hg. Hatzfeld, U.; Imorde, J.; Schnell, F.) Stadtanalyse Verlag, Eppstein 2006 ISG Immobilien u. Standortgemeinschaften Dok. ISG Workshop 24.11.2004 in Castrop-Rauxel Hg. Landesbüro Stadtmarketing NRW i.A. MSWKS NRW 2005 Jahrbuch Stadterneuerung ‚Stadterneuerung u. Festivalisierung’ (Hg. 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Fachtagung ‚Werkstatt Innenstadt’ in Münster 2.11.2009; ‚Tagung Innenstadt’ in Arnsberg 18.-19.02.2010 u. in Hamm 10.02.2011; Dok. ‚Kurs Innenstadt NRW’ u. Website innenstadt-nrw.de Newsletter AK NRW der Architektenkammer Nordrheinwestfalen in Düsseldorf Ollenik, Walter u. Pesch, Franz (Hg.) Gestaltung im Dialog - Forschungsbericht Fachtagung 30.06.2010 Hattingen AG Hist. Stadtkerne NRW u. MWEBWV NRW 1. Aufl. 2010 Ortmann, Wolf Städtebau früher und heute; Werner-Verlag Düsseldorf 1956 Otto, Karl (Hg.) Die Stadt von morgen (Interbau Berlin 1957) Verlag Gebr. Mann, Berlin 1959 Pesch, Franz Neues Bauen in historischer Umgebung; Hg. AG Historische Stadtkern NRW u. Mi. für Stadtentwicklung u. Verkehr NRW 1995 Planer/in Fachzeitschrift der Vereinigung SRL für Stadt-, Regional- u. 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Sievers/Wiesekopsieker) Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 1996 Werkstatt Innenstadt Dok. Fachtagung (2.11.2009 Münster) Netzwerk Innenstadt NRW (Hg.) 2009 Westfalen-Blatt Vereinigte Zeitungsverlage GmbH Bielefeld Wikipedia Die freie Enzyklopädie Website: wikipedia.org Wittke, Oliver ‚Vorwort’ in: Dok. ‚Ab in die Mitte’ NRW 2008 Zlonicky, Peter ‚Blick zurück, nach vorn: Planungssteuerung durch Planer?’ in: Planung neu denken Bd. 1 (Hg. Selle/Zalas) 2006 Zukunft Innenstadt ‚Ab in die Mitte’ Projekt; Dok. Kongress Berlin 4./5.10.2004 Website abindiemitte-nrw.de 259 10.2 Verzeichnis der Untersuchungen und Planungen in den Beispielstädten Untersuchungen und Planungen der Beispielstädte nach Jahren geordnet Untersuchungen und Planungen in Bad Salzuflen 1922 Buhr, Ernst Die wirtschaftliche Bedeutung des Salinen- und Badebetriebes für die Stadt Bad Salzuflen und die sich daraus für die Stadtverwaltung ergebenden städtebaulichen Aufgaben (Dissertation), Münster 1922 1924 Gesamtbebauungsplan von Ernst Buhr, Stadt Bad Salzuflen (nicht auffindbar, Plan 1929 im Anhang) 1969 Planung für Bad Salzuflen Analyse u. Vorschläge nach der Gebietsreform; Büro Dr.-Ing. Rudolf Hartog 1969 Grünordnung Stadt Bad Salzuflen Teil 1. Grün- und Landschaftsplanung; Büro Meyer, Herwart 1970/80 Generalverkehrsplan Bad Salzuflen, Dr.-Ing. Hellmut Schubert, Fortschreibung 1980 1973 Flächennutzungsplan Stadt Bad Salzuflen, Erläuterungsbericht; Büro Dr.-Ing. 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Beratung Dörentrup ILEK Integriertes ländliches Entwicklungskonzept Südlippe Entwurf 12/2007 260 10.3 Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen Abb.<>Seite oo0 <> Titel Kupferstich Matthaeus Merian 1647; Bildsammlung der Lippischen Landesbibliothek 1S1 001 <> o16 Garden City by Howard; aus: Wikipedia 12/2010 oo2 <> o18 Sennestadt 1961; aus: Wikipedia 12/2010 oo3 <> o18 Gesamtschema der organischen Stadtlandschaft von Reichow, H. B. aus: Jonas, C. S. 148 oo4 <> o19 Gartenstadt Bremen Neue Vahr 1960; aus: Wikipedia 12/2010 oo5 <> o19 Hansaviertel Interbau Berlin 1957; aus: Wikipedia 12/2010 oo6 <> o20 Schemaskizze der gegliederten u. aufgelockerten Stadt; aus: Jonas, Carsten S. 151 oo7 <> o22 Gropiusstadt Berlin 1962-75; aus: Wikipedia 12/2010 oo8 <> o23 Marktplatz Springe am Deister, Kreis Hannover (Foto K.S.) oo9 <> o25 ‚planBAR’ für Planungsprozess STEK Bad Salzuflen u. Projekt ‚Ab in die Mitte’ (Stadtverw.) o10 <> o31 Luftaufnahme vom hist. Stadtkern Lemgo aus: Website AG hist. Stadtkerne 12/2010 o11 <> o41 Foto vom Markt auf dem Salzhof; aus: Website Bad Salzuflen 12/2010 o12 <> o43 Deutsche Pavillon u. seine Nachbarn; Website: expo2010-Deutschland-Balancity 19.03.2011 o13 <> o43 ‚Energiezentrale im Pavillon Balancity’ Website: expo2010-Deutschland-Balancity 19.03.2011 o14 <> o43 Foto Erdkugel in ‚Energiezentrale im Pavillon Balancity’ expo2010 Shanghai (KS 8/2010) o15 <> o45 Mahntafel im Themenpark auf expo2010 Shanghai (Foto KS 8/2010) o16 <> o46 ‚Balancity’ Expo 2010 Shanghai; Website: expo2010-Deutschland-Balancity 19.03.2011 o17 <> o51 Bad Salzuflen: Lage im Naturpark Teutoburger Wald; aus: Website Kreis Lippe 12/2010 o18 <> o52 Plan: Besiedlung Altstadt Salzuflen bis 1883 (Büro Beltz, Sittig u. P. 1992) o19 <> o52 Stadtplan Salzuflen um 1910 mit Bahnhof und Kurpark (Pharus Plan aus: Meyer, F. S. 3) o20 <> o54 Villen: Parkstr. 19, 36-40, Moltkestr. 2+2a, 6+6a u. Augustastr. 7; Staatsbadprospekt 2011 o21 <> o54 Luftbild Bad Salzuflen: hist. Stadtkern und Bahnhof; Argos Luftaufnahme 1999 o22 <> o54 Luftbild Bad Salzuflen: Gartenstadt Am Obernberg; aus: Meyer, F. letzte Seite o23 <> o57 Gebietsentwicklungsplan Lippe Ausschnitt: Bad Salzuflen 1980 aus: Brand, F. S. 84 o24 <> o59 Planskizze (KS): Zentren Bad Salzuflen auf: Landesvermessungsamt NRW 1996, Nr. 146/96 o25 <> o62 Bad Salzuflen: Begastrasse; aus: Brand, F. S. 54 o26 <> o62 Plan Einzelhandel Schötmar: Krumme Weide/Begastr./Markt/Schlossstr.; Website 12/2010 o27 <> o62 Bad Salzuflen: Schlossstrasse 29; aus: Website 12/2010 o28 <> o63 Bad Salzuflen: Parkplatzangebot in Schötmar o29 <> o63 Kilianskirche in Schötmar; aus: Website 12/2010 o30 <> o64 Bad Salzuflen: Salzeregulierung: Neubauten Millau-Promenade (Foto KS) o31 <> o64 Bad Salzuflen: Altbebauung an der Steege hinter Salze (Foto SVG BS) o32 <> o65 Bad Salzuflen: Lange Straße Alt Salzuflen; aus: Website 12/2010 o33 <> o66 Bad Salzuflen: Parkplatzkonzept Alt Salzuflen; aus: Website 12/2010 o34 <> o66 Bad Salzuflen: Stadtbus-Rendezvous am hist. Rathaus Alt Salzuflen; aus: Website 12/2010 o35 <> o66 Bad Salzuflen: Stadtbus-Rendezvous am hist. Rathaus Alt Salzuflen; aus: Website 11/2011 o36 <> o66 Bad Salzuflen: Plan Einzelhandelskonzept 2007; aus: Website 12/2010 o37 <> o67 Bad Salzuflen: Hoffmannstärkefabrik 1890 mit Firmen-Logo ‚Katze’ aus: Wikipedia 12/2010 o38 <> o68 Bad Salzuflen: Prospekt 2000 der Einzelhändler ‚Neue Hofmannstärke Zentrum’ o39 <> o69 Förml. festgelegtes Sanierungsgebiet Alt Salzuflen 1989 o40 <> o69 Rahmenplan Hist. Stadtkern 1992 (Beltz, Sittig u. P. Warburg) St.E-Konzept AI 2009 S. 17/18 o41 <> o70 BS: Hist. Rathaus (1530/40 Giebel 1600); Fachwerkhäuser Lange Str. 33-41 u. Haus Obermeyer (1618) u. Haus Backs (1584 Umbau 1632) Ob. Mühlenstr. 1; Website BS 12/2010 o42 <> o70 Bad Salzuflen: Rosengarten u. Restaurant im eh. Leopoldbad; aus: Med. Zentrum Salinenpark o43 <> o70 Beispiel Gestaltung (vorher/nachher) am Salzhof/Lange Str. Alt Salzuflen. aus: Baufibel 2005 o44 <> o72 Hist. Stadtkern Alt Salzuflen mit Katzenturm u. Gradierwerke; aus: Website 12/2010 (3 Fotos) o45 <> o72 Alt Salzuflen Am Markt aus: Website 12/2010 o46 <> o72 Schötmar vom Markt in Begastraße aus: Brand, F. S. 54 o47 <> o72 BS: Neubauten: Ostertor Galerie mit Hotel, Geschäftshaus Lange Str. u. Hotel Arminius Ritterstr. aus: St. E-Konzept ‚AI’ 2009 AI S. 41 (Fotos identisch mit Website 11/2011) o48 <> o73 Messezentrum Bad Salzuflen mit Lageplan; aus: Website Messezentrum 12/2010 o49 <> o75 F-Plan Bad Salzuflen: 50. Änderung von 1994; aus: Dr.S. Rat 408/1993 (Anlage) o50 <> o76 Ortsteile in Bad Salzuflen; aus: Website Bad Salzuflen 12/2010 o51 <> o78 Titelseite Leitbild Bad Salzuflen – Broschüre veröffentlicht 2000 o52 <> o79 Planungsablauf STEK 2020; Büro BPG Hamburg 2010 o53 <> o80 Gegenüberstellung der Stärken und Schwächen in Bad Salzuflen (KS aus: STEK 2020 S. 63 f) o54 <> o81 STEK 2020 Plan der zukünftigen Innenentwicklung; Büro BPG Hamburg 2010 o55 <> o82 STEK 2020 Handlungsschwerpunkt Innenstadt Bad Salzuflen; Büro BPG Hamburg 2010 261 o56 <> o83 STEK 2020 Handlungsschwerpunkt Schötmar/Ehrsen; Büro BPG Hamburg 2010 o57 <> o84 Bad Salzuflen: Abgrenzung Untersuchungsbereich ‚Aktive Innenstadt Bad Salzuflen’ AI S.12 o58 <> o85 Baufibel AI S. 21 aus: Website BS 12/2010 o59 <> o85 Beispiel Sondernutzung Am Markt AI S. 29 aus: Website BS 12/2010 o60 <>o86 planBAR 2007 (Projekt ‚Ab in die Mitte’) Foto Fachdienst Stadtplanung u. Umwelt o61 <> o86 Bad Salzuflen Untersuchungsbereich ‚Aktive Innenstadt’ AI S. 23; oben: Projektzeitung u. Logo Masterplan BS; unten: Logo AZ BuMi Berlin o62 <> o87 Bad Salzuflen Fußgängerzone Lange Str. u. Pflasterschäden Steege/Salzhof aus AI S. 63 u. 67 o63 <> o87 Bad Salzuflen: Neugestaltungsvorschläge Lange Straße u. Promenade Salzeufer; aus: AI S. 77 o64 <> o88 Bad Salzuflen: Stadteingänge in Stadtmauer Alt Salzuflen; aus: AI S. 74 o65 <> o90 Bad Salzuflen: Hist. Karte 1881 Dr.S. 129/2005 (Stadtarchiv) o66 <> o90 Geltungsbereich Kurgebiet Bad Salzuflen 1978/1985 (BGBl. I S.2253/MBl. NRW 1986) o67 <> o91 Bad Salzuflen: Fürstliche Badehäuser im Rosengarten um 1930; aus: Stadtbilder BS S. 36 o68 <> o91 Bad Salzuflen: Das neue RehaVital (Vital-Zentrum); aus: Website BS 12/2010 o69 <> o92 Bad Salzuflen: Plan Innenstadt/Kurbereich (Grünstrukturen Büro scape 2008); aus: AI S. 57 o70 <> o93 Bad Salzuflen: 3 Hauptsäulen als Erfolgsfaktoren (Vortrag Klaus Reppel 2005); aus: AI S. 16 o71 <> o94 Bad Salzuflen: Hist. Kurbereich (Dr.S. 129/2005) o72 <> o94 Bad Salzuflen: Festlegung Sanierungsgebiet (Dr.S. 268/2006) o73 <> o95 Bad Salzuflen: Kurparkeingang: Vorplatz Kurhaus-Konzerthalle-Gradierwerk-Rosengarten- Kurgastzentrum (Plan Büro Ehrig 2005/6) o74 <> o96 Bad Salzuflen: Kurgestaltungsplan Büro Ehrig 2005/6 o75 <> o97 Neuordnung der Kursondergebiete Dr.S. 213/2011 Rat vom 12.10.2011 o76 <> 100 Skizze aus: ‚Planung für Bad Salzuflen’ (Dr. Hartog) Heute (1969) und Planidee o77 <> 102 Modellfoto zum Projekt ‚Poetische Landschaft’ der Regionalen 2000 NRW aus: Flyer (KS) o78 <> 103 Bad Salzuflen: Bestandsanalyse Freiraum Wasser von Büro scape 2008; aus: AI S. 55 o79 <> 104 Bad Salzuflen: Plan mit eh. Stadtmauer u. Stadttore; aus: AI S. 42. o80 <> 104 Bad Salzuflen: Foto Katzenturm an Stadtmauer; aus: AI S. 39 u. Website 12/2010 o81 <> 105 Bad Salzuflen: Grünstrukturen Innenstadt (Büro scape 2008); aus: AI S. 57 o82 <> 106 Bad Salzuflen: Anfahrtsskizze; aus: Website 12/2010 o83 <> 107 Bad Salzuflen: GVP 1969; aus: Brandt, F. S. 72 o84 <> 107 Bad Salzuflen: Trasse B nach GVP in Bau; aus: Meyer, F. S. 458 o85 <> 109 Bad Salzuflen: Stadtbuslinien 1994 (1. Stufe); aus: AI S. 53 o86 <> 109 Bad Salzuflen: Stadtbuslinien Teilausschnitt 2008; aus: AI S. 53 o87 <> 110 Bad Salzuflen: Skizze ‚Bereich Markt/Salzhof/Post’ aus: VEP 1994 S. 52 o88 <> 111 Bad Salzuflen: Zielkonzept ‚fußgängerfreundlicher Stadtkern Salzuflen’ VEP 1994 Abb. 37 o89 <> 111 Bad Salzuflen: Straßennetzentlastung in Schötmar mit Trassen B u. C; VEP 1994 Abb. 51 o90 <> 113 Skizze Verkehrsbelastung Am Markt/Steege/Salzhof/Post im VEP 2010; aus: AI S. 97 o91 <> 113 Bad Salzuflen: Foto Engpass Post 1988; aus: Meyer, F. S. 460 o92 <> 114 Bad Salzuflen: ‚Salzsieder’ auf Salzhof aus: Website BS 12/2010 o93 <> 114 Bad Salzuflen: Salzhof mit eh. Betriebsgebäude 1926; aus: Stadtbilder S. 29 o94 <> 114 Bad Salzuflen: eh. hist. Markt 1910; aus: Zeitschrift Heimatland Lippe 9/2001 S. 155 o95 <> 116 Bad Salzuflen: Tabelle Einzelhandelserhebung 2000 (KS) o96 <> 117 Einzelhandelbesatz in Alt Salzuflen; aus: GfK-Gutachten 2000 u. Website BS 11/2011 o97 <> 117 Einzelhandelbesatz im Stadtteil Schötmar; aus: GfK-Gutachten 2000 u. Website BS 11/2011 o98 <> 120 Versorgungsbereiche der Stadtteile von Bad Salzuflen (GFK 2007 Abb. 1 S. 17) o99 <> 121 Bad Salzuflen: Plan Zentren-Abgrenzung Alt Salzuflen; aus: GFK 2007 Abb. 3 100 <> 121 Bad Salzuflen: Plan Zentren-Abgrenzung Stadtteil Schötmar; aus: GFK 2007 Abb. 5 101 <> 121 Bad Salzuflen: Plan Zentren-Abgrenzung Ortsteil Knetterheide-Werl-Aspe; GFK 2007 Abb. 7 102 <> 123 Bad Salzuflen: Einzugsbereich mit Zone Potentialreserve (Marktgebiet); aus: GFK 2000 S. 9 103 <> 125 Logo für Bad Salzuflen entwickelt von der Stadtmarketinggesellschaft mbsc in 2000 104 <> 129 Bad Salzuflen: Salzhof mit eh. Betriebsgebäude 1926; aus: Stadtbilder S. 29 105 <> 129 Bad Salzuflen: Salzhof 1930 nach Teilabbruch; aus: Meyer, F. S. 288 106 <> 129 Bad Salzuflen: Salzhof mit Denkmal ‚Brunnensäule’ aus: Stadtbilder S. 28 107 <> 130 Bad Salzuflen: Salzhof nach Umgestaltung 1988; aus: Meyer, F. S. 460 108 <> 130 Bad Salzuflen: Salzhof heute; aus: Website 12/2010 109 <> 131 Bad Salzuflen: Gestaltungsplan Salzhof vom Büro Temme 1985/86; aus: AI S. 30 110 <> 132 Bad Salzuflen: Vorschlag Salzhof-Bebauung – Fotomontage - aus: LZ 147/2003 111 <> 132 Bad Salzuflen: Planskizze zum Vorschlag Salzhof-Bebauung; aus: LZ 147/2003 112 <> 132 Bad Salzuflen: 1. Preis Wettbewerb Salzhof 2004 Büro Schmersahl u. P. aus: Prot. Wtb. 113 <> 133 Bad Salzuflen: Salzhof mit Wochenmarkt; aus: AG Hist. Stadtkerne NRW-OWL S. 11 114 <> 134 Bad Salzuflen: Spielplatz Salzhof (2 Foto KS) 115 <> 135 Bad Salzuflen: Gesamtansicht Hoffmann’s Stärkefabrik 1983; aus: Meyer, F. S. 443 262 116 <> 136 Bad Salzuflen: Neues Rathaus Rudolph-Brandes-Alle (Trasse A) 1977 aus: Meyer, F. S. 446 117 <> 138 Bad Salzuflen: Musikschule in eh. Feuerwehrgebäude; Wikipedia: ‚Hoffmannstärke’ 12/2010 118 <> 138 Katze mit eh. Verw. Gebäude (Bürogebäude Investor) aus: Website BS 11/2011 119 <> 138 Bad Salzuflen: F-Plan Änderung für eh. Hoffmanngelände; aus: Anlage Dr.S. 193/1996 120 <> 138 Blick vom neuen Rathaus auf das Hoffmanngelände mit Neu- u. Altbauten (Foto KS) 121 <> 140 Bad Salzuflen: ‚Die Hoffmannstraße’ Bad Salzuflen’s neue Stärke; Unternehmer Flyer 2000 122 <> 142 Bad Salzuflen: Wachstumsphase 1883; Plan Herbert Stöwer, Westf. Stadtatlas II Nr. 2/1981 123 <> 142 Bad Salzuflen: Stadtplan (Pharus-Plan) um 1910; aus: Meyer, F. Vorseite 124 <> 143 Bad Salzuflen: (sanierte) Villen in der Bleich- u. Parkstraße (4 Fotos KS) 125 <> 144 Bad Salzuflen: Historischer Stadtkern Alt Salzuflen (Stadt: Argos Luftaufnahme 1999) 126 <> 144 Bad Salzuflen: eh. Stadtkern Schötmar (Stadt: Argos Luftaufnahme 1999) 127 <> 145 Bad Salzuflen: zukünftige Innenentwicklung im STEK 2020 - Büro BPG Hamburg 2010 128 <> 146 Bad Salzuflen: Tabelle Größe Ortsteile nach Einwohnern (anlehnend an Website 12/2010) 129 <> 146 Bad Salzuflen: Plan der Ortsteile aus: Website 12/2010 130 <> 146 Bad Salzuflen: Prognose Bautätigkeit aus: STEK 2020 Büro BPG Hamburg 2010 mit Foto 131 <> 146 Bad Salzuflen: Zu- und Fortzüge aus LDS NRW 2008 132 <> 153 Bad Salzuflen: Tabellarische Zusammenstellung der Planungen (KS) 133 <> 163 Bad Salzuflen: Tabellarische Gegenüberstellung der ‚Entwicklungsaspekte’ (KS) 134 <> 166 Bad Salzuflen: Tabellarische Darstellung der ‚Planungsphasen und –anlässe’ (KS) 135 <> 168 City-Offensive NRW: Tabelle über Beteiligung und Motto (KS) 136 <> 176 Lage: ‚Nacht der langen Tische’ aus Dokumentation AidM NRW 2006 S. 57 137 <> 177 Lage am Zug – Familien machen Dampf; aus: Dokumentation AidM Ab 2005 S. 114 138 <> 178 Lage: Familie ruft Heinzelmännchen; 2 Fotos aus: Dokumentation AidM 2006 S. 56 139 <> 180 Lage: Planskizze für 3 neue Geschäftskomplexe aus LZ 60 v. 12/13.03.2011 140 <> 182 Bergkamen: Plan mit 6 Ortsteilen (Wikipedia 03.03.2011) 141 <> 182 Bergkamen: F-Plan-Grenze (Website 3/2011) 142 <> 182 Bergkamen: AidM Lichtermarkt 2004; aus: Wikipedia Bergkamen 03.03.2011 143 <> 182 Lichtkunstwerk ‚Maßstab’ (Maik u. Dirk Löbbert; aus: Wikipedia Bergkamen 03.03.2011 144 <> 183 Bergkamen: ‚Blaues Band’ Ebertstraße; aus: Dokumentation AidM 2002 S. 81 145 <> 183 Bergkamen: ‚Setz dich, sieh dir Wohnturm an’ 2 Fotos aus: Dok. AidM 2004 S. 142/140 146 <> 184 Bergkamen: Neue Mitte Ebertstr. aus: Stadtplan der Stadt u. KV Ruhrgebiet 2003 147 <> 184 Bergkamen: Zentrumsplatz Neue Mitte Ebertstr. aus: Stadtplan Stadt u. KV Ruhrgebiet 2003 148 <> 184 Bergkamen: FZ am Nordberg; aus: Stadtplan Stadt u. KV Ruhrgebiet 2003 149 <> 185 Bergkamen: Lichtermarkt (Stadtverwaltung) 150 <> 185 Bergkamen: WalkAct (Stadtverwaltung) 151 <> 186 Bergkamen: Plan von heutiger Stadtmitte (Stadtverwaltung) 152 <> 187 Hüttenberg: Frau Rat lud zum fröhl. Weinabend im Goethehaus ein; Dok. AidM He 2006 S.43 153 <> 188 Hüttenberg: ‚Modenschau mit Eisenzeitgewändern’ aus: Dok. AidM He. 2009 S. 39 Abb. 4 154 <> 188 Hüttenberg: ‚’Reiskirchen – anno dazumal’ aus: Dok. AidM He. 2009 S. 39 Abb. 6 155 <> 188 Hüttenberg: ‚Gewerbefest Rathaus’ aus: Dok. AidM He. 2009 S. 39 Abb. 10 156 <> 188 Hüttenberg: ‚Stockbrot vom Lehmofen’ aus: Dok. AidM He. 2009 S. 39 Abb. 12 157 <> 194 Bad Salzuflen: ‚Flaggenhissung’ mit BM Dr. Honsdorf aus: Dok. AidM NRW 2006 S. 72 158 <> 194 Bad Salzuflen: ‚Weltkugel’ für Flaggenparade; aus: Dokumentation AidM NRW 2006 S. 74 159 <> 195 Bad Salzuflen: ‚Orchester der Generationen’ aus Dokumentation AidM NRW 2007 S. 78 160 <> 195 Bad Salzuflen: ‚Solestrand’ aus: Dokumentation AidM NRW 2007 S. 79 161 <> 195 Bad Salzuflen: ‚planBAR’ aus: Dokumentation ‚abindieMitte’ NRW 2007 S. 76 162 <> 196 Bad Salzuflen: Beispiel Befragungsergebnis planBAR 2007; aus: Fachdienst Stadtplanung 163 <> 197 Bad Salzuflen: ’12 Sterne – 2 Kerne’ AidM 2008 aus: AI S. 27 164 <> 198 Bad Salzuflen: Stadtkirche mit Licht u. Farbe; aus: Dokumentation AidM NRW 2008 S. 37 165 <> 198 Bad Salzuflen: ‚Vom Bahnhof zur Innenstadt’ aus: Dokumentation AidM NRW 2008 S. 37 166 <> 198 Bad Salzuflen: ‚Fackelstadtführung’ aus: Dokumentation AidM NRW 2008 S. 36 167 <> 202 Horn-Bad Meinberg:1248 Stadtgründung aus: Website Horn-Bad Meinberg 16.03.2011 168 <> 202 Horn-Bad Meinberg:1767 Meinberg Ernennung zum Curort, um 1770 Anlegung des barocken Kurparks aus: Website Horn-Bad Meinberg 16.03.2011 169 <> 202 Horn-Bad Meinberg: 1895 Bahnanschluss/1912 Straßenbahnlinie; aus: Website 16.03.2011 170 <> 202 Horn-Bad Meinberg:1998 Stadt Horn 750 Jahre; aus: Website 16.03.2011 171 <> 202 Horn-Bad Meinberg: Gliederung der 17 Ortsteile; aus Website 16.03.2011 172 <> 203 Horn-Bad Meinberg: Burg Horn; aus Website 16.03.2011 173 <> 203 Horn-Bad Meinberg: Brunnentempel Kurpark; aus: Website 16.03.2011 174 <> 203 Horn-Bad Meinberg: Kurparksee Bad Meinberg; aus: Website 16.03.2011 175 <> 203 Horn-Bad Meinberg: Naturdenkmal Externsteine; aus: Website 16.03.2011 176 <> 203 Marktplatz in Horn aus: Wikipedia 16.3.2011 (Urheber: Daniel Brockpähler 1.12.2009) 263 177 <> 203 Stadtkern Horn (Luftaufnahme) aus: Website Horn-Bad Meinberg 06.04.2011 178 <> 203 Stadtgrundriss Horn aus: Website AG hist. Stadtkerne NRW 16.03.2011 179 <> 203 Bad Meinberg mit Kurpark; aus: Bufe, Thomas S. 138 180 <> 204 Horn-Bad Meinberg: F-Plan Beschlussfassung 2010 von Stadtverwaltung 181 <> 205 Horn-Bad Meinberg: Einkaufsstraße Mittelstraße in Horn (2 Fotos KS) 182 <> 205 Pläne: Versorgungsbereich Horn u. Bad Meinberg Einzelhandelskonzept 2009 S. 50/51 183 <> 208 Schieder-Schwalenberg: Plan Ortsteile aus: Wikipedia 22.02.2011 184 <> 208 Schwalenberg Burgberg aus: Website AG Hist. Stadtkerne NRW Impressionen 17.03.2011 185 <> 208 Burg Schwalenberg aus: Website AG Hist. Stadtkerne NRW Impressionen 17.03.2011 186 <> 208 Schwalenberg: Blick ins Lipperland; aus: Website Bürgerstiftung Schwalenberg 17.03.2011 187 <> 209 Luftbild historischen Stadtkern Schwalenberg AG Hist. Stadtkerne NRW 1994 Abb. S. 236 188 <> 209 Schwalenberg Erneuerungskonzept 1980 AG Hist. Stadtkerne NRW 1994 Abb. S. 235 189 <> 211 Stadtplan-Ausschnitte Schieder/Schwalenberg vom Graph. Institut Eckmann GmbH Bielefeld 190 <> 215 ILEK Südlippe Gliederungsplan aus: Website 21.02.2011 191 <> 216 LEK Nordlippe Gliederungsplan aus: Website 21.02.2011 192 <> 218 ILEK Nordlippe: Schema ‚Weg zu einer Gemeinde’ www. Bez.Reg. DT Leader 21.03.2011 193 <> 222 ILEK Nordlippe: ‚Die 4 Bürgermeister nach der gemeinsamen Hauptausschusssitzung 2007’ aus: Website 04.05.2011 Abb. LZ 28.02.07 (Foto Scherzer) u. LZ 14.12.07 194 <> 222 ILEK Nordlippe: „In Nordlippe glühen die Drähte der vernetzten Verwaltung“ www. 4.5.11 195 <> 225 Tabelle: Vergleich der planerischen Verfahren in den Beispielstädten (KS) 196 <> 226 Tabelle: Vergleich der Innenstadt relevanten Handlungsfelder und Entwicklungsziele (KS) 197 <> 249 ‚Zielpyramide’ als Argumentation für Stadtplaner; anlehnend an Haushalt 2012 BS S. ZK 4 198 <> 249 Vernetzte kommunale Managementstrukturen (KS anlehnend an hess. MWVL 2009 S. 20 u. AZ 1. Statusbericht S. 79) 199 <> 251 Schemaskizze: Prozess und Planung der Stadtentwicklung (KS) Anhang Luftaufnahmen und Pläne von Bad Salzuflen: (Kap. 10.6 S. 269-272) Abb. 200 Luftaufnahme der Stadt Bad Salzuflen 1963 (FD Stadtplanung u. Umwelt; Foto KS) Abb. 201 Luftaufnahme eh. Stadt Schötmar 1964 (FD Stadtplanung u. Umwelt; Foto KS) Abb. 202 Plan der Stadt Bad Salzuflen 1928 (Unterschrift Dr. Buhr aus: FD Stadtplanung u. Umwelt) Abb. 203 F-Plan der eh. Stadt Schötmar mit Werl-Aspe 1965 (FD Stadtplanung u. Umwelt; Foto KS) Abb. 204 F-Plan (Ausschnitt) der Stadt Bad Salzuflen 1973 (FD Stadtplanung Umwelt Foto KS) Abb. 204 F-Plan der Stadt Bad Salzuflen 1980 (Baudezernat) Abb. 205 F-Plan der Stadt Bad Salzuflen 2007 (FD Stadtplanung u. Umwelt) Abb. 207 STEK 2020 Innenentwicklung für neuen F-Plan Büro BPG Hamburg 2010 264 10.4 Abkürzungen A 2 Autobahn Nr. 2 Abb. Abbildungen Abs. Absatz AG Arbeitsgemeinschaft AI Aktive Innenstadt (Förderprogramm Aktive Stadt- und Ortsteilzentren NRW) AidM ‚Ab in die Mitte’ (City-Offensive) AK Architektenkammer Anm. Anmerkung Aufl. Auflage AZ Aktive Zentren (Bundes-Förderprogramm Aktive Stadt- und Ortsteilzentren) B 239 Bundesstraße z.B. Nr. 239 BauGB Baugesetzbuch (seit 1987) BauNVO Baunutzungsverordnung BauO Bauordnung BBauG Bundesbaugesetz (von 1960-1987) Bez. Reg. DT Bezirksregierung z.B. DT Detmold BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz BM Bürgermeister BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung BMWT Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie B-Plan Bebauungsplan BRD Bundesrepublik Deutschland BS Bad Salzuflen BuReg Bundesregierung bzgl. bezüglich d.h. das heißt Dok. Dokumentation Dr.S. Drucksache (für kommunale Sitzungen) DSchG Denkmalschutzgesetz DSt. Deutsche Städtetag DStGB Deutscher Städte- und Gemeindebund eh. ehemalig E-Konzept Entwicklungskonzept Erl. Erlass etc. usw. und so weiter EW Einwohner FD Fachdienst FMZ Fachmarktzentrum F-Plan Flächennutzungsplan G Gesetz GE Gewerbe GF Geschäftsführer GIEK Gebietsbezogenes integrierte ländliches Entwicklungskonzept ggf. gegebenenfalls GkG Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit GO Gemeindeordnung GVP Generalverkehrsplan He Hessen hist. historisch Hg./Hrsg. Herausgeber HSK Haushaltssicherungskonzept i.d.F. in der (dieser) Fassung i.d.R. in der Regel IG Interessengemeinschaft ILEK Integriertes ländliches Entwicklungskonzept incl./inkl. inclusive/inklusiv (einschließlich) insb. insbesondere ISEK Interkommunales städtebauliches Entwicklungskonzept i.V.m. in Verbindung mit 265 J. Jahre Jh. Jahrhundert K Kreisstraße Kap. Kapitel KV Kommunalverband KS Karl Slawinski L Landesstraße LA Lippischer Anzeiger LEADER „Liaison entre actions de développement de l'économie rurale“ übersetzt: „Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft.“ LAG NRW Landesarbeitsgemeinschaft NRW LDS Landesamt für Datenverarbeitung von Statistik z.B. in NRW LEP Landesentwicklungsprogramm LIP Lippe (Kreis u. eh. Fürstentum) LTM Lippe Tourismus & Marketing AG LZ Lippische Landezeitung Mill. Million MBl. Ministerialblatt z.B. NRW MSWKS Ministerium für Sport, Wohnen, Kultur, Städtebau (NRW) MWEBWV Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr (NRW) MK Kerngebiet Nds Niedersachsen n.ö. nicht öffentlich Nr. Nummer NRW Nordrhein-Westfalen ÖPNV öffentlicher Personennahverkehr ö. öffentlich o.g. oben genannte OT Ortsteil OWL Ostwestfalen-Lippe (Teilbundesland in NRW) P. Partner PKW Personenkraftwagen Präs. Präsident Prot. Protokoll(e) RO Raumordnung S. Seite SGK Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik s.o./S./u. siehe oben/Seite/unten SO Sondergebiet StBauFG Städtebauförderungsgesetz STEK Stadtentwicklungskonzept St. E-Konzept Stadtentwicklungskonzept SVG Stadtverkehrsgesellschaft (Bad Salzuflen) techn. technisch u. und u.a. unter anderem u.a.m. und anderes mehr usw. und so weiter UVP Umweltverträglichkeitsprüfung VEP Verkehrsentwicklungsplan VK Verkaufsfläche VO Verordnung Vorb. Vorbemerkung W Wohnen Westf. Westfälisch Wtb. Wettbewerb www. Website z.B. zum Beispiel Zit. Zitat z.T. zum Teil Ztr. Zentrum/en z.V. zur Verfügung 266 10.5 Fragen zu den Interviews Es erfolgten anonyme Interviews mit Vertretern verschiedener Institutionen und mit Ortskenntnis, um deren qualitative Wahrnehmungen, Argumente und Aspekte zur Stadtentwicklung abzufragen, um Antworten auf die Fragestellungen und Thesen dieser Untersuchung und Argumente für die Handlungsstrategien zu erhalten. Grundlage der Gespräche waren die unten aufgeführten Fragen. Fragen zu den Entwicklungsaspekten in Bad Salzuflen: Welche markanten Ereignisse beeinflussten nach der Gebietsreform bis heute die Stadtentwicklung? Welche Planungen beeinflussten entscheidend die Stadtentwicklung? Können politische Beschlüsse/Veränderungen eine Stadtentwicklung bestimmen? (Anmerkung: Beschlüsse/Veränderungen bei Kommune, Land oder Bund) Gibt es Privatengagement, die entscheidend die Stadtentwicklung beeinflusst hat? Sind gravierende gesellschaftliche Veränderungen (Akteure) in den letzten 35 Jahren festzustellen? Gibt es Interessenkonflikte, die für die Stadtentwicklung hemmend... oder fördernd waren? Antwort mit: ja - eher ja - eher nein – nein und welche? Nennen Sie Einflussfaktoren für die Stadtentwicklung! Wurde die Stadtentwicklung durch Förderprogramme (als Impulsgeber) positiv beeinflusst? Antwort mit: ja oder nein z.B. StBauFörderung in Bad Salzuflen/Schötmar (AK Hist. Stadtkerne/AZ); GVFG (Verkehr/ÖPNV); Gesundheit (Reform); Agenda 21, Stadtmarketing; Regionale/Expo 2000; ‚Ab in die Mitte’ Antwort mit: ja - eher ja - eher nein – nein Ist die Zeit seit der Gebietsreform in Epochen unterteilbar? ... und ist diese abgeschlossen? Antwort mit: ja oder nein und welche Epochen? Wie beurteilen Sie das Gleichgewicht und die Vernetzung der Gesamtstadt von Bad Salzuflen? Worin liegt die Entwicklungschance für die Stadt Bad Salzuflen? (Staatsbad; Tourismus/Hotel/Restauration; Kultur/Bildung; Messe/Gewerbe/Einzelhandel) Gibt es versäumte Maßnahmen seit der Gebietsreform? Fragen zur Innenstadt von Bad Salzuflen: Was macht eine attraktive Innenstadt aus? Ist die Innenstadt von Bad Salzuflen/von Schötmar attraktiv? Können Sie sich eine Innenstadt ohne den Einzelhandel vorstellen? (Braucht der Handel die Stadt?) Antwort: ja - eher ja - eher nein – nein und warum? Sind im Einzelhandel-Leerstand in der Innenstadt andere Nutzungsangebote vorstellbar? Antwort: ja/nein und welche? Ist die Innenstadt von Bad Salzuflen (mit Kurparkbereich) im Vergleich zu anderen etwas Besonderes? Ist die Innenstadt von Schötmar im Vergleich zu anderen etwas Besonderes? Ist das neue Zentrum an der Hoffmannstraße noch ein integrierter Standort zu den Innenstädten Bad Salzuflen und Schötmar... oder eigenständig? (Zusatzfrage: Ergänzung oder Konkurrenz?) Antwort: ja - eher ja - eher nein – nein und warum? Können Sie sich Maßnahmen für eine noch bessere Verknüpfung vorstellen? Antwort: ja/nein und welche? Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Zentren in der Gesamtstadt Bad Salzuflen? (Bad Salzuflen/Schötmar, Hoffmannstraße, Ortsteile Werl-Aspe-Knetterheide, Wüsten, Holzhausen) Beurteilung 1-6 der Entwicklung, des Konzeptes und der Versorgung 267 Wie beurteilen Sie allgemein die innerstädtischen Entwicklungen in Mittelzentren mit historischen Stadtkernen in Deutschland? Beurteilung 1-6 der Entwicklung und warum? Hat der Einzelhandel in den Innenstädten von Bad Salzuflen im Hinblick auf den negativen Bundestrend noch eine Chance? Und soll dem negativen Bundestrend bei der Innenstadtentwicklung entgegengesteuert werden, eine dezentrale Entwicklung hätte auch Vorteile? Antwort: ja - eher ja - eher nein – nein Ist die Übertragung der raumordnerischen Unterscheidung in Ober-, Mittel- u. Unterzentrum auf Bad Salzuflen möglich? Wie wäre Ihre Einordnung? - Zusatzfrage: Wo ist die Mitte in Bad Salzuflen? Fragen zu den Handlungsstrategien und Planungen in Bad Salzuflen: Kann Stadtentwicklung überhaupt politisch/planerisch gesteuert werden? Welche Handlungsstrategie ist geeignet, die Innenstadtentwicklung zu steuern: Reglementierung, Liberalisierung und/oder Privatisierung? Antwort mit: ja - bedingt ja - eher nein – nein und warum? Halten sie die drei vorgestellten Strategien für geeignet? Vermissen Sie eine Strategie? Antwort mit: ja/nein und warum? Wie beurteilen Sie das vorhandene Planungsinstrument zur Steuerung der Stadtentwicklung? Beurteilung 1-6 (förderlich oder hemmend) Gibt es Verbesserungs- bzw. Veränderungsvorschläge zu den Planungsinstrumenten? Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen der Planung, den kommunalen Akteuren und der tatsächlichen Stadtentwicklung? ... oder einen Konflikt? Wie kann der Zusammenhang/die Kooperation verbessert werden? ... oder ist dies nicht notwendig? Antwort mit: ja/nein (Zusatzfrage: Fallen Ihnen dazu positive Ansätze ein?) Liste der 37 Befragten in Bad Salzuflen BM/Politik 5 Stadtmarketing/Büro 4 Einzelhandel 7 ÖPNV 2 Verwaltung/Behörde 9 Staatsbad/Gesundheit 5 Gewerbe 3 Heimat e.V. 2 Fragen an ausgewählte Städte der City Offensive ‚Ab in die Mitte’ Zur Organisation: Wer hat die Offensive organisiert: Verwaltung/Stadtmarketing und deren Meinung dazu? Zum Antrag: Wer hat in Ihrer Stadt den Antrag gestellt und gab es Probleme bei der Antragstellung? Besteht eine Kontinuität in und/oder durch mehrere Anträge oder sind Brüche bzw. Veränderungen in den Zielen, dem Thema oder im Ablauf festzustellen? Hatten die Themen bei der Offensive ein Alleinstellungsmerkmal der Stadt zum Inhalt? War das Thema Stadtmitte beim Antrag und in der Ideenfindung bedeutsam? Fehlten Akteure beim Antrag? Zum Ablauf: Wer hat die Projekte der Offensive organisiert und betreut? Wie war die Beteiligung von Bürgern und Gästen insgesamt und fehlten Beteiligte? Sonstige Probleme? Auswertung: Wie würden Sie den Erfolg der Offensive für die Stadt einordnen? Worin liegt die Nachhaltigkeit der Offensive? Können Sie von einem Impuls für die Stadtmitte/Gesamtstadt sprechen? ... und/oder Neudefinition der Mitte? 268 Wurde eine neue/alte Stadt-Identität entwickelt? Wie ist die Identifikation mit der Stadt und deren Mitte vorher und nachher? Welche Auswirkungen auf die Stadtplanung hatte die Offensive? Wo liegen die Erfolge und Änderung des Stadtmarketings durch die Offensive? Zusatzfrage: Wo ist für Sie die Mitte Ihrer Gesamtstadt? Liste der 29 Befragten der City Offensive ‚Ab in die Mitte’ Gemeinde Bergkamen Lage Hüttenberg Bad Salzuflen BM/StM/Planung 3 3 2 5 Bürgerschaft/Politik 4 4 - 2 Einzelhandel 2 2 - 2 Fragen an die polyzentrischen Vergleichstädte und den kommunalen Verbund Nordlippe: Erfuhr die historische Stadtmitte durch die Suburbanisierung einen Bedeutungswandel? War die Gebietsreform eine Chance für die Stadt und deren Akteure oder trug sie zum Ungleichgewicht bei? Gab es das Planungsziel ‚Neue Mitte’ und/oder des Zusammenwachsens? Waren die Bemühungen um die Erhaltung der historischen Stadtkerne eine Fehlplanung bzw. Fehlinvestition? Haben Einzelhandel und Wohnen in der Stadtmitte noch eine Zukunft? Kann die heutige Stadtmitte(n) das gesamtstädtische Gleichgewicht halten bzw. was hält die Stadt im Gleichgewicht? Wer bestimmt die Stadtentwicklung: Politik, Verwaltung, Planer, Bürger oder Förderprogramme, Gesetze, Wirtschaft, Investoren u.a.m.? Welche Akteursinitiativen haben wesentlichen Einfluss? Welchen Stellenwert hat Stadtmarketing? Wie ist das Ortsteildenken, das Wir Gefühl für die Gesamtstadt und das Vereinsleben? Wie ist das Bürgerinteresse an stadtplanerischen Entwicklungsprozessen und mit welchen Handlungsstrategien und Planungsinstrumenten wurde die zukünftige Stadtentwicklung im Sinne einer Vernetzung und eines Gleichgewichts beeinflusst? Zusatzfrage: Wie ist der ILEK-Prozess zu bewerten? Liste der 17 Befragten in den Vergleichsgemeinden Gemeinde Horn-Bad Meinberg Schieder-Schwalenberg Nordlippe ILEK BM/Verwaltung 3 2 4 Bürgerschaft/Politik 4 2 - Einzelhandel 2 - - 269 10.6 Anhang Luftaufnahmen und Pläne von Bad Salzuflen Abb. 200 Luftaufnahme der Stadt Bad Salzuflen 1963 (FD Stadtplanung u. Umwelt; Foto KS) Abb. 201 Luftaufnahme eh. Stadt Schötmar 1964 (FD Stadtplanung u. Umwelt; Foto KS) 270 Abb. 202 Plan der Stadt Bad Salzuflen aus dem Jahr 1928 (Unterschrift von Dr. Buhr) Abb. 203 F-Plan der eh. Stadt Schötmar mit Werl-Aspe 1965 (FD Stadtplanung u. Umwelt; Foto KS) 271 Abb. 204 F-Plan (Ausschnitt) der Stadt Bad Salzuflen 1973 (FD Stadtplanung u. Umwelt Foto KS) Abb. 205 F-Plan der Stadt Bad Salzuflen 1980 (Baudezernat) 272 Abb. 206 F-Plan der Stadt Bad Salzuflen 2007 (FD Stadtplanung u. Umwelt) Abb. 207 STEK 2020 Innenentwicklung für neuen F-Plan (2010) 273 10.7 E r k l ä r u n g Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Dissertation mit dem Thema: Möglichkeiten und Chancen zur Reurbanisierung der historischen Stadtmitte durch stadtplanerische und handlungsstrategische Maßnahmen - dargestellt am Beispiel der Wohlfühlstadt Bad Salzuflen - selbständig und ohne unerlaubte Hilfe angefertigt und andere als die in der Dissertation angegebenen Hilfsmittel nicht benutzt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus veröffentlichten oder unveröffentlichten Schriften entnommen sind, habe ich als solche kenntlich gemacht. Kein Teil dieser Arbeit ist in einem anderen Promotions- oder Habilitationsverfahren verwendet worden. Kassel-Witzenhausen, den 12.12.2011 Karl Slawinski