Judith Seipold Mobiles Lernen Analyse des Wissenschaftsprozesses der britischen und deutschsprachigen medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile-Learning-Diskussion Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Humanwissenschaften der Universität Kassel als Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.) angenommen. Erstgutachter: Prof. Dr. Ben Bachmair Zweitgutachter: Prof. Dr. Heinz Moser Tag der mündlichen Prüfung: 07. Dezember 2011 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar ISBN print: 978-3-00-040411-5 ISBN-A: 10.978.300/0404115 doi: http://dx.doi.org/10.978.300/0404115 © 2011, 2012, Judith Seipold Das Werk einschliesslich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte liegen, sofern nicht anders ausgezeichnet, beim Autor. Umschlaggestaltung: Klaus Rummler Druck und Verarbeitung: Buchbinderei und Druckerei Wilhelm Brüggemann GmbH, Bremen Printed in Germany 2 Lesehinweise Im Interesse der erleichterten Lesbarkeit verzichtet die Autorin bei der Benennung von Personen- und Berufsgruppen auf die zusätzliche Verwendung der weiblichen Sprachform sowie auf die Verwendung von Doppelnennungen, Kurzformen und Ähnlichem. Die Verwendung der männlichen Sprachform erfasst die weibliche mit und ist als generisches Maskulinum zu verstehen. Die Erläuterung von möglicherweise nicht gängigen Begriffen findet sich bei der jeweils ersten Verwendung des Begriffs. Zudem wird im Folgenden zwischen Kontext und Context unterschieden. Dort, wo mit Kontext Umgebung oder Zusammenhang gemeint ist, bleibt die Schreibweise Kontext bestehen. Dort, wo Kontext eindeutig dem theoretischen Rahmen der Contexts und User-generated Contexts bzw. Learner-generated Contexts zuzuordnen ist, wird die Schreibweise Context eingeführt. Dies soll zum einen die Lesbarkeit und Verstehbarkeit erleichtern, zum anderen impliziert die Adaption der englischen Schreibweise, dass Context ein eigenständiges theoretisches und analytisches Modell darstellt. Soweit nicht anders angegeben, stammen alle Übersetzungen aus dem Englischen – bezogen auf Paraphrasierungen und auf wörtliche Zitate – von der Autorin dieser Arbeit. 3 Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis ......................................................................... 10 Tabellenverzeichnis............................................................................... 14 1. Einleitung: Problemaufriss und Methode ................................ 16 1.1 Notwendigkeiten und Möglichkeiten, den Wissenschaftsprozess zu rahmen................................................ 16 1.2 Methode, Systematik und Aufbau der Arbeit ................................ 36 1.3 Struktur der Arbeit......................................................................... 45 2. Die Struktur des Wissenschaftsprozesses der Mobile- Learning-Diskussion: Eine heuristisch geleitete Analyse ........................................................................................ 54 2.1 Kontexte des Wissenschaftsprozesses: Ursprungs- und zentrale Bezugsdisziplinen der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile-Learning-Forschung ......... 61 2.1.1 Zentrale Personen, Institutionen und Tagungen der britischen Diskussion ......................................................... 62 2.1.2 Praxisforschung als Grundlagenforschung: Ermöglichung von Mobilität und Mobilem Lernen in Lehr-/Lernkontexten durch technologische Entwicklungen.................................................................... 65 2.1.3 Mobile Learning als Teilbereich des E-Learning und auf dem Weg zur Eigenständigkeit .................................... 71 5 2.1.4 Soziologische Forschung zu Handynutzung, Mobilität und gesellschaftlichen Implikationen der Mobilkommunikation als Grundlagenforschung mit Alltagsbezug ...................................................................... 77 2.1.5 Alltägliche Mediennutzung als möglicher Ausgangspunkt für die Integration von Wissen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken in Schule und Unterricht ........................................................ 82 2.2 Handlungspraktiken bei der Konstitution des Wissenschaftsprozesses: Legitimations- und Begründungsgrundlagen des Handyverbots in Schulen und der Integration mobiler Technologien in schulische Kontexte ...... 89 2.2.1 Zentrale Begründungen für das Verbot von Mobiltechnologien in schulischen Kontexten und die Legitimierung moderat kritischer Positionen...................... 90 2.2.2 Zentrale Begründungen für die Notwendigkeit der Integration tragbarer digitaler Technologien in Unterrichtskontexte und ihre Systematik ........................... 95 2.3 Struktur des Wissenschaftsprozesses: Phasen und Entwicklungslinien der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Forschung zum Mobilen Lernen......................................................................................... 105 2.3.1 Phase 1: Exploration mit Blick auf Technologiezentrierung, Lernerzentrierung und Inhaltezentrierung bei der Implementierung von Mobiltechnologien und Applikationen in den Schulunterricht................................................................. 111 2.3.2 Phase 2: Anwendung von Modellen zur Beschreibung von Lernprozessen und adaptive Theorieentwicklung.......................................................... 134 2.3.3 Phase 3: Theoriebildung: Erfassung des „Mobile Complex“ mithilfe einer „Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens“ (Pachler et al. 2010a) ......................... 153 6 3. Das Strukturmodell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens: Ein Modell zur Rahmung, Planung und Analyse Mobilen Lernens................................................. 164 3.1 Zentrale Bestandteile der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens ......................................................................... 173 3.1.1 Lernen als situierte und kontextualisierte Aktivität der reflexiven Bedeutungszuweisung und Prozess der partizipativen Aneignung (appropriation)......................... 177 3.1.2 Kulturelle Ressourcen (cultural resources)...................... 183 3.1.3 Soziokulturelle und technologische Strukturen (structures)....................................................................... 187 3.1.4 Handlungskompetenz (agency) als „Leistungsvermögen, in der Welt wirksam zu sein“ (Pachler et al. 2010a, S. 159) .......................................... 193 3.1.5 Kulturelle Praktiken (cultural practices) als Routinen in Situationen und Contexten........................................... 197 3.2 Lernergenerierte Contexte (Learner-generated Contexts) ......... 199 3.2.1 Lernergenerierte Contexte als Ressource, Konstruktionsprozess und Möglichkeitsraum .................. 204 3.2.2 Operationalisierung von Contexten zum schulischen Lernen vor dem Hintergrund einer „Lernerzentrierten Ökologie der Ressourcen“ (Luckin et al. 2005) ............... 210 3.3 Ansätze einer kulturökologisch informierten Didaktik des Mobilen Lernens ......................................................................... 215 3.3.1 „Vier Parameter“ (Pachler et al. 2010a, S. 297 ff.) als Modell zur Planung von Unterricht mit mobilen Technologien vor dem Hintergrund der Sozio- kulturellen Ökologie Mobilen Lernens ............................. 222 3.3.2 Auflösen von Spannungsverhältnissen, die in den Parametern zum Ausdruck kommen ............................... 224 7 3.3.3 Stärkung der Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken, auf die die Parameter verweisen......................................................................... 229 4. Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis: Beschreibung und Analyse von Praxisbeispielen ......................................... 240 4.1 Methode zur Auswahl, Beschreibung und Analyse von Projekten sowie zur Erstellung eines Rahmens für die vergleichende Analyse ............................................................... 247 4.1.1 Relevanz der Praxisbeispiele für die Entwicklung des Modells der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens............................................................................ 248 4.1.2 Methodische Grundlagen, Auswahl und Beschreibung von Projekten und Erstellung eines Rahmens für die vergleichende Analyse......................... 249 4.2 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis: Drei Projekte .............. 269 4.2.1 Projekt „Mobile Classroom Schultest“ ............................. 270 4.2.2 Projekt „Handy“................................................................ 287 4.2.3 Projekt „eBag“.................................................................. 303 5. Fazit: Systematisierungen, Forderungen und Ausblicke ..... 318 5.1 Systematik des Wissenschaftsprozess und ihre Relevanz für die kritische Diskussion theoretischer und praktischer Aspekte der Mobile Learning-Forschung.................................... 321 5.2 Fazits mit Blick auf den Wissenschaftsprozess der Mobile- Learning-Diskussion ................................................................... 332 5.3 Fazits mit Blick auf die Analyse der Mobile-Learning-Praxis...... 340 5.4 Implikationen für den Wissenschaftsprozess – Abschließende Bemerkungen .................................................... 355 8 9 Referenzen ........................................................................................... 360 Literaturverzeichnis................................................................................ 360 Verzeichnis der Websites ...................................................................... 386 Vorab veröffentlichte Teile der Dissertation........................................... 389 Herausgeberschaft Sammelbände und Zeitschriftennummern ...................................................... 389 Beiträge in Monografien.............................................................. 389 Artikel in Sammelbänden und Zeitschriften ................................ 389 Vorträge ...................................................................................... 391 Internetressourcen...................................................................... 392 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Phasen des Wissenschaftsprozesses, Entstehungszeitpunkt zweier zentraler Theorien und Modelle sowie Zeitpunkt der Durchführung der in Kapitel 4 diskutierten Praxisprojekte (eigene Darstellung). ................................................. 59 Abbildung 2: Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen M- Learning und E-Learning mit Blick auf die Technologien (Traxler 2005, S. 263). ...................................................................... 73 Abbildung 3: Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen M- Learning und E-Learning mit Blick auf Lernen (Traxler 2005, S. 264)..................................................................................... 74 Abbildung 4: Klassifikation mobiler und statischer Technologien mit Blick auf personalisiertes und gemeinsames Lernen (Naismith et al. 2004, S. 7). ............................................................................... 77 Abbildung 5: Rahmen zur Abwägung ethischer Dimensionen vor der Verwendung mobiler Technologien in Forschungskontexten (Wishart 2010, S. 18). .................................... 95 Abbildung 6: Konvergenz zwischen „Neuem Lernen“ und „Neuer Technologie“ (Sharples et al. 2005, S. 4).......................................... 98 Abbildung 7: Abdeckung Mobilvertragsnehmer in der EU (Europäische Kommission 05.11.2009, S. 9). ................................. 101 Abbildung 8: Zentrale Bestandteile der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens (Pachler et al. 2010a, S. 25). ............................... 102 Abbildung 9: Schwerpunktsetzungen und Kontextualisierungen der Forschungsaktivitäten innerhalb der Mobile-Learning- Diskussion (Seipold 21.03.2011)..................................................... 103 Abbildung 10: Zentrale Definitionen Mobilen Lernens (Seipold 21.03.2011). .................................................................................... 110 Abbildung 11: Eine „aktivitätenbezogene“ Kategorisierung von mobilen Technologien und Lernen (Naismith et al. 2004, S. 18)..................................................................................... 112 10 Abbildung 12: Überblick über 12 Arten neuer Lernprozesse und - strategien im Verhältnis zu drei Arten von Lernen (Davies et al. 2005, S. 20). .................................................................................... 113 Abbildung 13: Entwicklungslinie der Lernerzentrierung (Sharples 2007a). ............................................................................ 118 Abbildung 14: Funktioneller Rahmen mobiler Applikationen (Patten et al. 2006, S. 296). ......................................................................... 123 Abbildung 15: Pädagogische Untermauerung mobiler Applikationen (Patten et al. 2006, S. 300)....................................... 124 Abbildung 16: Die Struktur eines „human activity system“ (Engeström, 1987, S. 78; 2001, S. 135).......................................... 142 Abbildung 17: Zwei interagierende „activity systems” als minimales Modell für die dritte Generation der Activity Theory (Engeström 2001, S. 136). .................................................................................. 143 Abbildung 18: Der Conversational Framework in formellen Lernprozessen (Laurillard 2007, S. 160). ........................................ 144 Abbildung 19: Der Conversational Framework in informellen Lernprozessen (Laurillard 2007, S. 171). ........................................ 145 Abbildung 20: Die Adaption von Engeströms „activity system“ (Sharples 2007c). ............................................................................ 148 Abbildung 21: Die semiotische Ebene des „activity system“ (Sharples 2007c). ............................................................................ 150 Abbildung 22: Die technologische Ebene des „activity system“ (Sharples 2007c). ............................................................................ 150 Abbildung 23: Ein Analyserahmen für Mobiles Lernen (Sharples et al. 2010, S. 92). ............................................................................... 152 Abbildung 24: Zentrale Bestandteile der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens (Pachler et al. 2010a, S. 25). ............................... 173 Abbildung 25: Aneignung im Gefüge sozio-kultureller Strukturen, Handlungskompetenzen und kultureller Praktiken (Pachler et al. 2010a, S. 217). ........................................................................... 176 Abbildung 26: Das Encoding-Decoding-Modell von Stuart Hall (1980, S. 131).................................................................................. 180 11 Abbildung 27: Die „Context-Hierarchie“ (Lonsdale et al. 2004; zitiert nach Sharples 2010, S. 4). .................................................... 205 Abbildung 28: Charakteristika des alltäglichen und des forschungsgestützten Handelns (Moser 2008b, S. 16). .................. 229 Abbildung 29: Unterschiedliche Grade von Strukturierung beim Spiel (unstrukturiert, teilstrukturiert, hochgradig strukturiert) (Brynskov 2007, S. 9)...................................................................... 237 Abbildung 30: Projektkonzeption der „Mobile Classroom Schultest“-Einheit von Eduard Schittelkopf (Schittelkopf 2007a). ....................................................................... 274 Abbildung 31: Unterrichtseinheit „Spannung und Stromstärke“: Unterrichtsmaterialien zum Versuch „Die leuchtende Kartoffel“ (Schittelkopf 2007b). ....................................................................... 275 Abbildung 32: Unterrichtseinheit „Spannung und Stromstärke“: Die Schüler filmen ein Experiment mit den Mobiltelefonen (Nischelwitzer 2007)........................................................................ 276 Abbildung 33: Unterrichtseinheit „Spannung und Stromstärke“: Forumsbeiträge der Schüler zu ihren Beobachtungen (Schittelkopf 2007c)......................................................................... 277 Abbildung 34: Die Schüler nehmen „I-did-IT“-Videos mit den Handys auf (Schittelkopf 2008a). .................................................... 278 Abbildung 35: Ein „I did IT“-Video aus Sicht des Lehrers (Schittelkopf 2008b). ....................................................................... 278 Abbildung 36: Ein „Peer-Movie“ (Schittelkopf 2008c)............................ 279 Abbildung 37: Weg-Zeit-Diagramm (Deubelbeiss 2007d). .................... 292 Abbildung 38: Elfchen (Deubelbeiss 2007a). ........................................ 293 Abbildung 39: Satzglieder (Deubelbeiss 2007c).................................... 294 Abbildung 40: Passé Composé (Deubelbeiss 2007b). .......................... 296 Abbildung 41: Über die eBag-Technologie werden Lernorte miteinander verbunden (Fritsch 2007, S. 5). ................................... 305 Abbildung 42: Die Arbeit mit eBag im Klassenzimmer: Szenario Frontalunterricht am Interactive Whiteboard (Fritsch 2007, S. 6)....................................................................................... 307 12 13 Abbildung 43: Die Arbeit mit eBag in der Schule: Szenario Gruppenarbeit mit Notebooks (Fritsch 2007, S. 10)........................ 308 Abbildung 44: Eine softwarebasierte Lerngruppe (Brodersen et al. 2005, S. 303). .................................................................................. 308 Abbildung 45: Teilnehmer, Einzelprofil und Dateiaustausch in der eBag-Software (Fritsch 2007, S. 8). ................................................ 309 Abbildung 46: Projektarbeit im Feld unter Verwendung von Handys (ebd., S. 299)................................................................................... 310 Abbildung 47: Der eBag einer Schülerin (Fritsch 2007, S. 7)................ 310 Abbildung 48: Zeitliche Einordnung der Phasen der erziehungswissenschaftlichen und medienpädagogischen Mobile-Learning-Forschung (eigene Darstellung). .......................... 321 Abbildung 49: Schwerpunktsetzungen und Kontextualisierungen der Forschungsaktivitäten innerhalb der Mobile-Learning- Diskussion (Seipold 21.03.2011)..................................................... 323 Abbildung 50: M-Learning ist … (Seipold 21.03.2011).......................... 325 Abbildung 51: Aktuelle Phasen des Mobile-Learning- Wissenschaftsprozesses (links) und Ausblick auf mögliche kommende Phasen (rechts) (eigene Darstellung)........................... 331 Abbildung 52: Aussagen von Befürwortern der Mobile-Learning- Diskussion (Seipold 21.03.2011)..................................................... 333 Abbildung 53: Didaktisches Design mit Blick auf kulturelle Praktiken und Ort (Seipold 21.03.2011). ......................................... 345 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Grobe Kategorisierung nach offensichtlichen Merkmalen der in Norbert Pachler et al. (2010a) verwendeten Beispiele zum Mobilen Lernen........................................................................ 259 Tabelle 2: Allgemeine Projektdaten des Projekts „Mobile Classroom Schultest“ ...................................................................... 271 Tabelle 3: Allgemeine Projektdaten des Projekts „Handy“ .................... 288 Tabelle 4: Allgemeine Projektdaten des Projekts „eBag”. ..................... 304 Kapitel 1 Einleitung: Problemaufriss und Methode 1. Einleitung: Problemaufriss und Methode „Mobile learning is dead“. Das sagte erst kürzlich ein Kollege zu mir, der sich ebenso wie ich schon seit mehreren Jahren mit Mobilem Lernen1 – was zunächst und ungefähr als Lernen mit Mobiltechnologien bezeichnet werden kann – befasst. Diese These, darin waren wir uns schnell einig, ist nicht haltbar, und es wäre kontraproduktiv, Mobilem Lernen den Untergang zu attestieren, bevor es überhaupt die Chance hatte, sich zu verstetigen. Dennoch: Als jemand, der sich schon lange mit Mobilem Lernen auseinandersetzt, stellt sich die Frage nach Gegenwart und Zukunft des Mobilen Lernens als Disziplin. Dies wurde erst kürzlich auch im Rahmen einer Konferenz zum Mobilen Lernen Anfang 2011 in Bremen deutlich, auf der ich mich mit einigen Kollegen aus Großbritannien über Sinn und Zukunft des Mobilen Lernens unterhielt. Es überraschte mich, dass einige, darunter auch Keyplayer der britischen Mobile-Learning- Diskussion, meine Ansicht teilten, Mobiles Lernen habe Potenzial, sei in einigen Bereichen allerdings ein Hype, der nicht zwingend nachhaltig sein müsse. Für einige der Wissenschaftler stand dabei außer Frage, dass die Verwendung mobiler Technologien in Lehr-/Lernkontexten Lerner und Lernen unterstützen könne. Im Gegensatz dazu beklagten andere das Fehlen innovativer Ansätze des Mobilen Lernens in Lehr-/Lernkontexten. 1.1 Notwendigkeiten und Möglichkeiten, den Wissenschaftsprozess zu rahmen Was sich momentan im Hinterfragen dessen, was Mobiles Lernen ist, kanalisiert und als kritische Betrachtung äußert, war von Beginn an zunächst unterschwelliger Begleiter dieser Arbeit und mündete zum Schluss in ihren zentralen Leitfragen: Was ist Mobiles Lernen? In welchen Disziplinen liegt es begründet? Welche Implikationen hat die Forschung zum Mobilen Lernen in schulischen und Bildungskontexten? Welche Themenbereiche deckt es ab? Welche Nutzungs- und Lehr- /Lernkontexte berücksichtigt es dabei und welche Forderungen stellt es – 1 Im Folgenden wird Mobiles Lernen auch als Mobile Learning oder M-Learning bezeichnet. Einleitung und an wen? Welche Ziele werden mit Mobile Learning verfolgt? Warum nimmt es in der aktuellen erziehungswissenschaftlichen und medienpädagogischen Diskussion in Großbritannien solch eine prominente Rolle ein? Diese Fragen standen am Anfang dieser Arbeit. Ihre Erstellung war durch starke Zweifel begründet: Wozu gerade Mobiles Lernen? Wäre nicht die Analyse der Alltagsmediennutzung ein sinnvoller Ausgangspunkt, anstatt Projekte in Schulkontexten in ihrer Anfangsphase zu analysieren? Und vor allem: In der Mobile-Learning-Diskussion kursiert eine Unmenge an Theorien, Konzepten und Modellen, die meist schlagwortartig und teils inflationär Verwendung finden, teils auch Revivals erleben wie z. B. die Activity Theory. Warum dieses Vorgehen? Und warum alte und nicht neue Theorien zur Erklärung von Phänomenen, die an Formen der aktuellen Massenkommunikation gebunden sind? Ist Mobiles Lernen mehr Hype als substanziell, und kann es unter den aktuellen Vorzeichen Bestand haben? Der Forschungskontext – Die eigene Perspektive auf das Feld Die Analyse des Wissenschaftsprozesses der Forschung zum Mobilen Lernen geschieht in dieser Arbeit mit Blick auf die medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Forschung in Großbritannien, teils auch in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Dänemark. Medienpädagogik und Erziehungswissenschaft als Bezugsdisziplinen zu wählen, liegt im eigenen wissenschaftlichen Forschungskontext begründet. Neben dem Studium dieser Fächer war es meine Mitarbeit in der London Mobile Learning Group (LMLG; www.londonmobilelearning.net) seit dem Frühjahr 2007, die diese Perspektive prägte. Die Argumentationslinie der LMLG ist eine wechselseitige Beziehung aus den aktuellen Theorien der britischen Mobile-Learning-Diskussion und Ansätzen der deutschsprachigen, kulturtheoretisch ausgerichteten Medienpädagogik. Dies ist vor allem auf die personelle Zusammensetzung und die jeweiligen wissenschaftstheoretischen Hintergründe der Mitglieder dieser Gruppierung zurückzuführen. Die London Mobile Learning Group ist eine internationale und interdisziplinär zusammengesetzte Gruppe aus Wissenschaftlern aus den Bereichen der Erziehungswissenschaft, Medienpädagogik, Kulturwissenschaft, 17 Einleitung Sozialsemiotik und Bildungstechnologie. Zentrale Ergebnisse der Arbeit der LMLG – und das ist vor allem das Strukturmodell der „Sozio- kulturellen Ökologie Mobilen Lernens“2 (siehe dazu Kapitel 3) – finden sich in dem Autorenband „Mobile learning: structures, agency, practices“ (Pachler et al. 2010a). Zum Zeitpunkt der Entstehung des o. g. Buches waren die an britischen Universitäten angestellten Mitglieder der LMLG Norbert Pachler und John Cook im Bereich der Erziehungswissenschaft und Bildungstechnologie tätig. Medienpädagogik und Cultural Studies wurden durch die deutschen Mitglieder der LMLG Ben Bachmair, ehemals Professor für Medienpädagogik und Mediendidaktik, sowie durch Klaus Rummler und mich, Judith Seipold, beide studierte Erziehungswissenschaftler, die ihren Schwerpunkt auf die Medienpädagogik gesetzt haben, vertreten. Die Sozialsemiotik fand Einzug durch Gunther Kress, Institute of Education, und Elisabetta Adami, zum damaligen Zeitpunkt Universität Verona. Entsprechend dieser Gruppenzusammensetzung, ihrer wissenschaftlichen Herkunft und ihrer Forschungsansätze ergibt sich die in dieser Arbeit eingenommene Perspektive. Und entsprechend wird in dieser Arbeit die Mobile-Learning- Diskussion mit Blick auf die erziehungswissenschaftliche und medienpädagogische Forschung betrachtet. Der Forschungsgegenstand – Der Wissenschaftsprozess der britischen und deutschsprachigen Mobile-Learning-Diskussion Die Themenfindung für diese Arbeit zog sich über mehrere Jahre hinweg. Ursprünglich sollte die Fragestellung Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis und didaktische Aspekte fokussieren. Die ersten Jahre der Bearbeitung konzentrierten sich entsprechend auf das Sammeln und Sichten von Literatur und Recherchen über Mobile-Learning-Praxis in schulischen Kontexten. Ziel dieser Recherche war es, solche Projekte zu finden, die den Alltag der Lerner und deren alltägliche Nutzung mobiler Technologien mitbedenken. Auch sollten die Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum stammen, um ein Gegengewicht zu der in der Regel in Großbritannien stattfindenden Mobile-Learning-Forschung zu 2 Der Begriff „Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens“ wird im Folgenden auch mit Sozio-kulturelle Ökologie oder SKÖ abgekürzt. 18 Einleitung schaffen und die Herangehensweisen an Lehren und Lernen mit Mobiltechnologien in den unterschiedlichen kulturellen Kontexten vergleichend zu betrachten. Für die vergleichende Fallanalyse mussten Kategorien und Analyseraster entstehen, wozu ein theoretischer Rahmen notwendig war, der andere als die rein auf Lehren und Lernen in formalisierten Kontexten ausgerichteten Modelle umfasst. Meine Mitarbeit in der London Mobile Learning Group bot zur Bearbeitung dieser Thematik eine pragmatische Basis. Die Recherchen zur Mobile-Learning-Praxis in Unterrichtskontexten konnte ich dort in die Diskussion einbringen, ebenso wie die Erstellung eines methodischen Rahmens zur Beschreibung und Analyse von Mobile- Learning-Praxis. Gleichzeitig konnte der theoretische Rahmen der Sozio- kulturellen Ökologie Mobilen Lernens, der durch die Mitglieder der LMLG Norbert Pachler, Ben Bachmair und John Cook erarbeitet wurde, als theoretische und konzeptionelle Grundlage dienen, die meine Analyse der Unterrichtspraxis stützte. Aus dieser frühen Phase der Dissertation stammen große Teile des Kapitel 4 dieser Arbeit, das ursprünglich eines ihrer zentralen Kapitel werden sollte. Im Rahmen meiner Mitarbeit in der LMLG gingen Teile dieses vierten Kapitels als eigenständiges Kapitel mit dem Titel „Cases of Mobile Learning“ zur Methode der Beschreibung und Analyse von Praxisbeispielen in den Autorenband „Mobile learning: structures, agency, practices“ (ebd.) ein. Nachdem die Methode zur Beschreibung und Analyse von Mobile- Learning-Praxisprojekten fertiggestellt war und die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens als Literaturbericht und theoretische Basis für die Analyse und Planung von Mobile-Learning-Praxis ein eigenständiges Kapitel der Dissertation ausmachte, stand u. a. aus, in einem einleitenden Kapitel grundlegende Fragen zur Mobile-Learning-Diskussion darzustellen. Dieser Teil der Arbeit sollte verhältnismäßig wenig Zeit und Platz einnehmen und dazu dienen, eine grundlegende Einführung in die britische Mobile-Learning-Diskussion zu geben. Die Herausforderung dabei war, wie sich herausstellte, die Unmengen an Theorien, Praxis und Forderungen, die in Texten, Büchern, Foliensätzen, Abstracts, Proceedings, als Dateien, Audio-Podcasts und Videoaufzeichnungen verfügbar sind, zu systematisieren. Mit den Veröffentlichungs-, Archiv- und Distributionsmöglichkeiten des World Wide Web stellte sich das Mobile-Learning-Feld als extrem schnell wachsend dar, und es war anfangs nur schwer vorstellbar, dass sich bei der Geschwindigkeit, mit 19 Einleitung der sich das Feld entwickelte, jemals der Punkt einstellen würde, an dem von einem aktuellen Status quo gesprochen werden könnte. Anfangs entstanden zur „Geschichte des Mobilen Lernens“, wie dieses einführende Kapitel ursprünglich hieß, Textteile, die die einzelnen Lerntheorien beschrieben, mit denen in Zusammenhang mit dem Mobilen Lernen gerne gearbeitet wurde. Auch nahmen die Diskussionen um Verbote des Handys sowie Daten zur Handynutzung durch Kinder und Jugendliche einigen Platz ein. Vor dem Hintergrund der jeweiligen Schwerpunktthemen, die zu unterschiedlichen Zeiten die Diskussion dominierten oder die ich bei der Bearbeitung der Geschichte des Mobilen Lernens als Entwicklungslinien herausarbeitete, änderte sich auch die Fragestellung der Dissertation. So sollte sie zwischenzeitlich „Kontinuität beim Lernen zwischen formellen und informellen Kontexten“ beim Lernen in Augenschein nehmen, stand unter der Überschrift „Theoretische Grundlagen und Beispiele für die Praxis“, wollte die (multimedialen und multimodalen) Strukturen, Handlungskompetenzen und Transformationsprozesse an der Schnittstelle zwischen Schule und Alltag beleuchten, hatte das Ziel, „Theoretische und praktische Modelle in der Übergangsphase zur Professionalisierung“ zu beleuchten, und stand in der vorletzten Variante unter der Überschrift „Theorien, Unterrichtspraxis und Analysemodelle der britischen und deutschsprachigen Mobile- Learning-Diskussion“. Damit war die Bearbeitung dieses Kapitels allerdings noch nicht abgeschlossen, auch wenn sich mittlerweile herauskristallisierte, dass die Geschichte des Mobilen Lernens nicht nur eine Einleitung werden würde. Auch wurde in der Zwischenzeit klar, dass der Terminus „Geschichte“ dem Inhalt nicht gerecht wurde. Denn mittlerweile war es gelungen, Phasen und Entwicklungslinien der vergangenen zehn Jahre der britischen Mobile-Learning-Diskussion herauszuarbeiten. Sie systematisch zu rahmen, wurde durch eine Variante der qualitativen Heuristik, die der Heuristischen Sozialforschung (vgl. Krotz 2005b) entlehnt ist, möglich. Durch diese Methode wurde den Stimmen der Befürworter und Gegner in der Mobile-Learning-Diskussion, den Argumentationslinien, theoretischen Modellen, Zukunftsaussichten und Versuchen der Systematisierung der Diskussion ein Rahmen gegeben, und all dies wurde als „Wissenschaftsprozess“ beschreibbar. Der Blick auf die Unterrichtspraxis, die ebenso Teil des Wissenschaftsprozesses ist wie die theoretischen Auseinandersetzungen mit der Thematik, blieb dabei bestehen. 20 Einleitung Die hier erarbeiteten Ergebnisse konnten erstmals auf der Konferenz „Mobile Learning: Crossing Boundaries in Convergent Environments“ präsentiert werden (siehe Seipold 2011a sowie Seipold 21.03.2011). Das Forschungsfeld – Erwartungen an Mobiles Lernen, Leistungen von Mobilem Lernen Auf den ersten Blick ist Mobiles Lernen Lernen mit mobilen, digitalen Technologien. Diese Umschreibung ist sicherlich eine der grundlegendsten und bis dato meistakzeptierten. Auf den zweiten Blick ist Mobiles Lernen jedoch weitaus mehr. Es kann Anlass sein zur Diskussion um Technologien, Lerner, Lehrer, Kontexte, Konzepte, Lerninhalte, Didaktik, Lernformen, Lernorte, Lernzeiten, gesellschaftliche Entwicklungen, das Bildungssystem u. v. m. Eine der Leitfragen in der aktuellen medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile-Learning-Forschung dazu ist beispielsweise die nach den Implikationen, die Entwicklungen im Bereich der Mobiltechnologie für das Verständnis von Lernern und Lernen in der mediatisierten Informations- und Wissensgesellschaft haben und welche Chancen sie mit sich bringen. Im Zusammenhang mit Mobilem Lernen wird aus erziehungswissenschaftlicher und pädagogischer Sicht von der Lernerzentrierung (Naismith et al. 2004, S. 36; Traxler 2009b, S. 4; Luckin et al. 2010), der Öffnung der Schule für den Alltag der Lerner (Pachler et al. 2010a), Lernen auch in der Freizeit (Naismith et al. 2004, S. 5; Sharples et al. 2005), Lernen als Lückenfüller (Sharples et al. 2007a, S. 3), von „neuem“ Lernen (Naismith et al. 2004, S. 36), der Verschiebung von Machtverhältnissen beim Zugriff auf und bei der Verteilung von Wissen (Luckin et al. 2010) und der Demokratisierung des Lernens (ebd.) gesprochen. Lernen wird dabei zu Aneignung und Bedeutungszuweisung, Orte und Zeiten zu Kontexten, Mediennutzer zu Lernern und Lehrer zu Moderatoren. Grenzen, die bisher starr gezogen wurden, wie z. B. die zwischen Schule und Alltag, formalisierten und informellen Kontexten, verschwimmen. Gleichzeitig nimmt (kulturelle) Situiertheit beim Lernen eine wichtige Position ein. Die Anbindung aktueller Phänomene der mobilen Massenkommunikation an theoretische Rahmen befindet sich ebenso wie die Theoriebildung noch in der 21 Einleitung Anfangsphase. Unter diesen Vorzeichen scheint Mobiles Lernen oftmals willkommener Anlass zu sein, Erziehung, Bildung, Pädagogik, das Bildungssystem und aktuelle Konzepte von Lehren und Lernen grundsätzlich infrage zu stellen. Auch dies ist sicherlich Grund dafür, dass die Befürworter Mobilen Lernens von Zeit zu Zeit mit ihren Forderungen paradigmatisch erscheinen. Neben der Charakterisierung Mobilen Lernens haben Versuche, Mobiles Lernen möglichst allgemeingültig zu definieren, die Forschung zum Mobilen Lernen von Beginn an begleitet – bisher allerdings ohne allgemein akzeptiertes Ergebnis. Den Definitionen kommt bei der Analyse des Wissenschaftsprozesses eine wichtige Rolle zu. Auch wenn sie in dieser Version der Arbeit nicht mehr als separates Unterkapitel erscheinen, waren sie dennoch relevant für die Annäherung an die Struktur des Wissenschaftsprozesses. Denn in den Definitionen drücken sich die unterschiedlichen Entwicklungsstände der Forschung ebenso aus wie die Bezugsdisziplinen, die inhaltlichen Entwicklungslinien, die zum jeweiligen Zeitpunkt aktuell sind, und die Begründungen, warum Mobiles Lernen als notwendig erachtet wird. Neben der theoretischen Betrachtung des Mobilen Lernens findet Mobiles Lernen in der schulischen und außerschulischen Praxis vielfältig statt. Die ist durchaus als beachtlich zu bewerten, sind mobile Technologien doch ursprünglich nicht für Lehren und Lernen entwickelt, sondern vielmehr Alltagsgegenstände, die für bestimmte Märkte, Nischen und Lifestyles hergestellt und auf den Markt gebracht werden (Traxler 2008, S. 6). Mobile-Learning-Projekte finden also innerhalb und außerhalb der schulischen Räumlichkeiten statt. Sie sind in den unterschiedlichsten Schulfächern angesiedelt, führen die Lerner in Museen und behandeln Themen wie die Berechnung von Handytarifen oder soziales Lernen, werden in Zusammenhang mit Sprachenlernen eingesetzt oder im Geschichtsunterricht angesiedelt. Selbst das Lernen des Mobilen Lernens wird mit den Geräten realisiert (Cook 2010a, S. 116). Im Alltag reicht die Nutzung mobiler Technologien zum Lernen beispielsweise von MP3- Playern zum Vokabellernen (für eine kurze Übersicht zu Sprachenlerntools siehe Ernst 2008, S. 56 ff.) über die Verwendung von Handys und einer entsprechenden Software zur Vorbereitung auf die theoretische Führerscheinprüfung bis hin zur Verwendung komplexer Arrangements wie ortsbezogene (location based) Dienste zum Geo- Caching (eine Art elektronische Schnitzeljagd, die mit GPS-Koordinaten 22 Einleitung arbeitet). In schulischen Kontexten sind unterschiedliche Geräte im Einsatz. Während in Großbritannien Mobile Learning vornehmlich mit Handys und PDAs als Technologien in Verbindung gebracht wird, wird in Deutschland der Begriff Mobiles Lernen im Rahmen der Schulpraxis in jüngerer Zeit zunehmend in Zusammenhang mit der Nutzung von Notebooks verwendet – siehe dazu beispielsweise das Projekt „Mobiles Lernen – besser lernen“ der Stiftung Partner für Schule NRW und P:P Die Bildungsagentur in Zusammenarbeit mit Brockhaus Duden Neue Medien und Unterstützung von Hewlett-Packard (http://www.partner-fuer- schule.nrw.de/mobiles-lernen.php) oder auch das Projekt „1000mal1000: Notebooks im Schulranzen“ der niedersächsischen Bildungsinitiative n-21 in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Stiftung (http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/bst/hs.xsl/prj_4943.htm) sowie Bundesarbeitskreis Lernen mit Notebooks (http://www.lernen-mit- notebooks.de) und Kreisstadt Unna (http://www.unna.de/unit.schule.21). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die aktuellen Veränderungen in gesellschaftlichen und technologischen Strukturen, sich verändernde kulturelle Praktiken beim Lernen und sich verändernde institutionelle Kulturen Lernen vor neue Herausforderungen stellen. Dies ist eine der aktuell gängigen Argumentationslinien in der Mobile-Learning-Diskussion und auch in dieser Arbeit als Grundlage gesetzt. Adressiert sind alle Arten von Bildungseinrichtungen, ebenso wie das berufliche Umfeld, und alle Arten des Lernens. Die Rolle der Mobiltechnologien kann dabei eine wichtige sein. Sie finden bei Aneignung und Bedeutungszuweisung bereits im Alltag der Lerner Verwendung und können dies auch in formalisierten Kontexten zum schulischen Lernen. Sie verleihen räumliche und zeitliche Flexibilität, ermöglichen Zugriff auf Ressourcen innerhalb und außerhalb des Klassenzimmers und unterstützen unterschiedliche Lern- und Sozialformen wie kollaboratives, situiertes und personalisiertes Lernen. (Rummler et al. 2011a) Reaktionen der Mobile- Learning-Forschung auf diese Möglichkeiten und Potenziale in Theorie und Praxis sind Teil dieser Arbeit. 23 Einleitung Der nahtlose Übergang – Auflösung der Grenzen zwischen Schule und Alltag Trotz aller offensichtlichen Chancen, die in der Verwendung von Mobiltechnologien zum Lernen stecken, muss Mobiles Lernen problematisiert werden. Dies ist vor allem notwendig, um ethische Dimensionen abzutasten und entsprechende Konsequenzen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Teilnehmer an Mobilem Lernen zu ziehen. Eines der zentralen Charakteristika mobiler Technologien ist ihre Nutzbarkeit unabhängig von Ort und Zeit: Wir hören Podcasts auf dem Weg zur Schule an, führen Fotos vom Wochenendausflug auf dem Handy mit uns und haben die Möglichkeit, jederzeit und an jedem Ort zum Telefon greifen. Bestimmte Aktivitäten und Inhalte sind nicht mehr an bestimmte Orte oder Situationen gebunden, da die Technologien es ermöglichen, digitale Medien mit sich zu führen und Informationen und Netzwerke etc. jederzeit verfügbar zu haben. Inmaculada Arnedillo- Sánchez hat dies für das Mobile Lernen als „seamless transition“ („nahtloser Übergang“) (Arnedillo-Sánchez 2008, S. 77) beschrieben. Die Idee der „seamless transition“ bezieht sich in der frühen Phase der Mobile-Learning-Forschung auf das Lernen zwischen Schule und Alltag bzw. zwischen formellen und informellen Kontexten und ist aus der Perspektive der Schule und des formalisierten Lernens gedacht (siehe dazu bspw. Naismith et al. 2004, S. 36): Lernen für die Schule findet mit digitalen und tragbaren Technologien z. B. auch auf dem Schulweg statt, Lehrer versorgen ihre Schüler während des gesamten Tages mit den aktuellen Vokabeln für den Fremdsprachenunterricht am nächsten Tag, und den Podcast für den Geschichtsunterricht hören die Schüler abends vor dem Computer an. Die Idee des Lernens auch außerhalb der Schule mag aus Sicht der Schule und mit Blick auf Lebenslanges Lernen reizvoll sein: Unterricht wird zeitlich und örtlich ausgedehnt, Lernen geht über das Erledigen der Hausaufgaben und die Vorbereitungen auf die kommenden Unterrichtsstunden hinaus und kann nun in jeder freien Minute und in jedem erdenklichen Kontext stattfinden. Auch ist es Teil des Mobilen Lernens, situativ und entdeckend zu lernen, wo immer man die 24 Einleitung Notwendigkeit dazu sieht oder Interesse oder Neugierde an etwas entwickelt: „Mobile learning is not just about small devices and the latest technologies. It is about being able to learn wherever you have a need or curiosity, and to integrate that knowledge with other learning experiences.” (Sharples 2007b) Diese Zielvorstellung des Lernens „nebenbei“, aus Notwendigkeit oder Interesse heraus, und mit der Möglichkeit des Lernenden, dieses Wissen mit anderen Lernerfahrungen zu verbinden und zu kontextualisieren, impliziert also, dass schulisches Lernen nicht nur an tradierten Lernorten wie z. B. der Schule stattfinden muss bzw. stattfindet. Die Anbindung des Alltags der Lerner an Schule jedoch ist dabei nicht explizit formuliert und scheint in der frühen Phase der Mobile-Learning-Diskussion auch nicht relevant. Erst in jüngerer Zeit sind Ansätze der Anbindung von Alltags- Handlungskompetenzen und -Wissen explizit formuliert und gefordert (siehe dazu Pachler et al. 2010a sowie Kapitel 3.3). Wie reibungslos diese Vermischung von Lernen in Schule und Alltag mittels mobiler Technologien funktioniert, ist nach Ansicht von Wissenschaftlern des Futurelab3 Indikator für den Erfolg von Mobile Learning und Mobile Teaching. Maßstab dafür sei, so die Annahme, wie übergangslos diese neue Form des Lehrens und Lernens sich in den Alltag integriert, so, dass Lernen nicht mehr als Lernen wahrgenommen wird. „Success of learning and teaching with mobile devices will be measured by how seamlessly it weaves itself into our daily lives, with the great success paradoxically occurring at the point where we don‘t recognise it as learning at all.“ (Naismith et al. 2004, S. 36) Ein Alltags- und Konsumobjekt wie das Handy in Unterrichtskontexten innerhalb der Schule zum Lernen zu verwenden, also die Auflösung der 3 Futurelab ist eine britische, zwischen 2006 und 2011 unabhängige, Forschungseinrichtung, die sich u. a. mit dem Einsatz von Mobiltechnologie beim Lehren und Lernen beschäftigt. Seit November 2011 ist Futurelab Education mit der National Foundation for Educational Research (NFER) zusammengeschlossen. 25 Einleitung Grenzen zwischen Schule und Alltag, ist allerdings nicht als bedingungslos unkritisch zu bewerten – vor allem nicht aus Sicht der Lerner. In Zusammenhang mit der Verwendung von Mobiltechnologien zum Lernen wird beispielsweise vor dem Verlust von Anonymität und Privatsphäre der Lerner durch Sammeln von Kontext-Informationen gewarnt. Mobilität steht in Zusammenhang mit der „Flucht“ aus dem Klassenzimmer hinein in unterrichtsfremde Aktivitäten. Lernen über Zeiträume hinweg wird in den Kontext von Effektivität der verwendeten Funktionen wie Aufnahmefunktionen gestellt; die Vereinnahmung von Informalität durch Schule könnte dazu führen, dass Lerner ihre sozialen Netzwerke angegriffen wähnen. Besitztum personalisierter Technologien könnte außer Kraft gesetzt werden in dem Moment, in dem die Lerner personalisierte Technologien in das Klassenzimmer bringen. (ebd., S. 4) Wie jedoch schätzen die Lerner diese Vermischung von Schule und Alltag in Bezug auf Lernen für sich persönlich ein? Immerhin wird hier ein Ansatz verfolgt, der in erster Linie auf die Implementierung schulischen Lernens in den außerschulischen Alltag der Lerner bedacht ist und nicht auf die Integration des Alltags der Lerner in Unterrichtskontexte. Während die einen Lerner die Vermischung als „normal“ ansehen („‚So it’s just a normal thing using the phone, doing your work while using the phone, or using the phone while doing your work.‘”; Cook 2010a, S. 121), empfinden andere es als Belastung, ständig verfügbar zu sein und die Lücken im Tagesablauf mit Lernen zu füllen. Die Frage nach der „Effizienz“, die sich aus Sicht der jeweiligen Institution ergibt, kann für den Lerner – oder wie von John Traxler angeführt im Fall von Arbeitnehmern – eine Zusatzbelastung bedeuten: „The improved connectivity between a mobile workforce and its headquarters means greater efficiency since workers can be deployed and supported at a distance. It also means greater supervision and increased deskilling. Furthermore since mobile technologies operate on the move as well as at a distance, we see increasing workloads as people stay connected on holidays and weekends, and we see the day- extender syndrome, weakening home/work boundaries, as people work whilst they travel or relax.” (Traxler 2010b, S. 102) Entsprechend kritisch sind die Übergänge und Verbindungslinien zwischen Alltag und Schule zu hinterfragen, vor allem dann, wenn Freizeit plötzlich von Schule mit Lernen besetzt wird. Ein Projekt des 26 Einleitung London Knowledge Lab am Institute of Education der University of London zum Gebrauch von ICT (Information and Communications Technologies) durch Kinder im Klassenzimmer und in ihrer Freizeit (Cranmer et al. 2008; siehe dazu auch Seipold 2010) bietet Einblicke in das Verständnis der Schüler von Lernen mit digitalen Technologien in unterschiedlichen Kontexten. Die Schüler wurden dazu befragt, ob und wie sie ICT in der Schule verwenden würden, aber auch danach, wie sie im Alltag mit z. B. Lernsoftware umgehen. Anhand der Schülerantworten wird dabei zum einen deutlich, dass die Schüler Lernen mit ICT in der Schule mit Seriosität und Lernen verbinden, den Gebrauch außerhalb der Schule und in der Freizeit mit Spaß und Spielen. Entsprechend haben die Schüler oft Schwierigkeiten, diese beiden Bereiche – Schule und Alltag – mit Blick auf ICT zu verbinden. Ob und inwieweit die angestrebten „seamless transitions“ zwischen Schule und Alltag bei den Schülern zu Unsicherheiten führen, geht aus der Studie nicht eindeutig hervor. Auf Grundlage einiger Aussagen von Schülern kann man jedoch annehmen, dass die Durchdringung der Freizeit mit Schulmedien, in diesem Fall mit Lernspielen, zumindest nicht „nahtlos“ geschieht, sondern durchaus Brüche und Widersprüche (Cranmer et al. 2008, S. 23) in sich birgt: Anstatt zur Unterhaltung zu spielen, könne man sich ja auch durch die Verwendung von Lernspielen einen Wissensvorsprung erarbeiten, wie das folgende Zitat verdeutlicht: „Boy Like on the computer when you’re sometimes playing games you could do mathematical games or science questions and stuff like that so you can learn more when you come to school you know a little bit more about the subject.” (ebd.) Dass auch Grenzen betroffen sind, die sich nicht als räumliche oder kontextuelle, sondern als konzeptionelle in Bezug auf ästhetische Präferenzen und Lifestyles darstellen, zeigt folgendes Zitat. Ein Mädchen ist der Ansicht, Mathematik-Lernprogramme seien nur etwas für „geeks“ (Streber, Computerfreaks): „Girl If you’re on a computer and you get these programmes like ICT maths and you can learn about anything you want to do with maths on it. Girl But the thing is hardly anybody wants to go on there. Int. People don’t like using it? Girl Except for geeks.” (ebd., S. 22) 27 Einleitung Aus Sicht der Lerner ist es also nicht als unproblematisch zu bewerten, die traditionell relativ statischen Grenzen zwischen formalisierten Lernkontexten und dem alltäglichen und spielerischen Umgang mit digitalen Technologien und Unterhaltungsmedien aufzubrechen und schulisches Lernen in den außerschulischen Medienalltag der Schüler zu integrieren. Der Weg in die andere Richtung – die Integration von Informations- und Kommunikationstechnologien in die Klassenzimmer – ist für Schüler eher mit Restriktionen besetzt als mit Möglichkeiten und Potenzialen für Lernen. Dabei schließt „Spaß“ „echtes Lernen“ aus (ebd., S. 29). Zwar wünschen sich die Schüler, dass Lehrer Restriktionen in Bezug auf Computer-, Whiteboard- und E-Mail-Verwendung in der Schule aufheben oder dass ICT verwendet werden sollte, damit Lernen mehr Spaß macht (ebd., S. 28). Dennoch verbinden die Schüler die potenzielle Nutzung von Medien des Alltags in der Schule mit Regularien und Regeln und knüpfen Bedingungen an den Gebrauch (ebd., S. 30 f.). Sie beschränken selbst die mögliche Nutzung ihrer Wunsch-Medien (z. B. Xbox, Wii, iPod) in der Schule, indem sie den Gebrauch regulieren und z. B. nur in bestimmten Zeiträumen (z. B. der Pause, 10 Minuten während einer Unterrichtstunde) und in bestimmten Situationen (z. B. nach einem stressigen Tag oder wenn man Klassenbester war) zulassen würden; in der restlichen Zeit sollten die Lehrer die Geräte einbehalten, um zu vermeiden, dass die Schüler während des Unterrichts spielen. (ebd., S. 31) „It was notable that many of these suggestions for change adopted an almost pleading tone and were often qualified by an acknowledgement and (begrudging) acceptance of school restrictions and regulations. This was evident, for example, in the labels that children attached to their pictures outlining a range of conditions to their visions for future change, eg ‚games at playtime instead of going outside at playtime’ [male, yr. 5, #269], ‚iPod then you give it to the teacher and she looks after it till spesail time [sic]’ [female, yr. 6, #548], ‚play games if the whole class has had a stressful day’ [female, yr. 6, #212] and ‚ten minutes of time on the computer to do whatever we want as long as its safe’ [female, yr. 5, #269] (see also figure eleven’s provisos for use ‚if good’, ‚if you are star of the week’, and only during ‚freetime’).” (ebd., S. 30 f.) Wie die Forschergruppe in ihrem Bericht anmerkt, hängen diese Angaben der Schüler möglicherweise mit der sozialen Erwünschtheit zusammen (ebd., S. 34). Die soziale Erwünschtheit würde sich dann sowohl auf die 28 Einleitung Erfahrungen und Handlungskompetenzen der Schüler im kulturell definierten Raum Schule mit seinen eigenen Regeln und Regularien beziehen als auch auf die durch die Schüler angenommene und erfahrene Bewertung von kulturellen Ressourcen des Alltags durch Schule und Lehrer. Die Struktur des Wissenschaftsprozesses – Theoretische Aspekte und praktische Implementierung Der Wissenschaftsprozess der Mobile-Learning-Diskussion als die zentrale Fragestellung der Arbeit bietet Einsichten in den Diskussionsverlauf der vergangenen zehn Jahre in Großbritannien. Er erlaubt es aber auch, Fazits zu ziehen, die sich für eine Operationalisierung des Wissenschaftsprozesses und in Teilen als Analyseschemata eignen; ebenso können Vermutungen formuliert werden, wie die kommende Phase der Mobile-Learning-Diskussion inhaltlich dominiert sein könnte (siehe Kapitel 5). Dabei umfasst der Wissenschaftsprozess auch die hier bereits angerissenen Aspekte. Mit Blick auf den zeitlichen und inhaltlichen Verlauf ist es so, dass im Zentrum der ersten Phase (siehe dazu Kapitel 2.3.1) der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile- Learning-Diskussion in Großbritannien die Praxisforschung stand. Tragbare digitale Technologien wurden Schülern zur Verfügung gestellt, um zu evaluieren, ob und wie Mobiltechnologien Lernen fördern. Geräte und Software wurden teils extra für diese Zwecke entwickelt, da weder Verfügbarkeit noch Ausstattung der im Alltag gebräuchlichen Geräte ihren Einsatz in schulischen Kontexten nahelegten. In Grundlagenforschung erarbeiteten Wissenschaftler in groß angelegten internationalen Kooperationsprojekten Fragestellungen, die grundlegende Aspekte wie die Frage nach der Mobilität oder die nach der Personalisierbarkeit beleuchteten. Eines der damals prominentesten Projekte, MOBIlearn (siehe MOBIlearn Consortium 2005a sowie Kapitel 2.1.2), wurde von Mike Sharples mitrealisiert. Er gilt als eine der wichtigsten Figuren in der Mobile-Learning-Diskussion, weit über die Grenzen Großbritanniens hinaus. Nicht zuletzt die Bekanntheit und Akzeptanz seiner Publikation „Big Issues in Mobile Learning“, die immer noch als Standardwerk anzusehen ist, ist Beleg dafür. Neben diesen basalen Aktivitäten gingen 29 Einleitung im Wissenschaftsprozess allerdings auch recht schnell Spezialisierungen hervor. Die Herstellung von Mobile-Learning-Lernmaterialien, der Einsatz in spezifischen Schulfächern oder Bildungskontexten, die Evaluierung von Mobile-Learning-Praxis und die Anbindung an theoretische Modelle standen beispielsweise bereits im Jahr 2002 auf der Tagesordnung der ersten mlearn-Konferenz (University of Birmingham 2002a). In dieser Phase des Wissenschaftsprozesses wurde die Mobile-Learning- Diskussion maßgeblich von Forschern vorangetrieben, die in technologienahen Disziplinen oder dem E-Learning angesiedelt waren. Mobile Learning als eigenständige Disziplin innerhalb der Pädagogik und Erziehungswissenschaft sollte sich erst noch herauskristallisieren. Selbst im Jahr 2006 wurde noch deutlich, dass Mobile Learning zwar bereits in erziehungswissenschaftlichen und pädagogischen Kontexten Einzug gehalten hatte, es allerdings von anderen Disziplinen überlagert war, innerhalb derer Mobiltechnologien unter vielen anderen Aspekten der zunehmenden Digitalisierung eine Rolle zu spielen begannen. Dies zeigt beispielsweise ein Blick in das Programm der Handheldlearning- Konferenz 2006 (Learning Without Frontiers 2006). Als Themenschwerpunkte finden sich im Programm Bereiche, die zunächst nicht explizit in Zusammenhang mit Mobilem Lernen stehen, sondern vielmehr an aktuelle bildungspolitische und Forschungstrends anknüpfen wie beispielsweise die „Schule der Zukunft“ oder „Spiele und Lernen“. Der Übergang zwischen dieser ersten – explorativen – und der zweiten Phase drückt sich besonders in Versuchen aus, Mobiles Lernen zu definieren. Dies scheint eines der zentralen Anliegen dieser Zeit gewesen zu sein. So macht der Blick auf Definitionen deutlich, dass zwei zentrale Entwicklungslinien vorherrschten, technologisch ausgerichtete sowie erziehungswissenschaftlich ausgerichtete Forschung. Die technologiezentrierte Entwicklungslinie setzte mobile Technologien als zentrales Kriterium und machte „Effektivität“ beim Lernen von technologischen Komponenten abhängig. Die lernerzentrierte Entwicklungslinie fokussierte die Mobilität der Lerner und deren Aktivitäten bei der Verwendung von Mobiltechnologien. Nachdem sich ein grundlegendes Verständnis von Mobilität in Zusammenhang mit dem Mobilen Lernen ebenso wie ein Verständnis für das Potenzial der Nutzung von Mobiltechnologien in Lehr-/Lernkontexten entwickelt hatte, wurde in der zweiten Phase (siehe dazu Kapitel 2.3.2) die Anwendung von Theorien wichtig. Ziel war die systematische Analyse 30 Einleitung und Konzeption von Mobile-Learning-Praxis in Bildungskontexten wie Schule, Ausbildung und Beruf. In dieser zweiten Phase lässt sich die Tendenz ausmachen, dass klassische Lerntheorien und Konzepte wie beispielsweise situiertes, kollaboratives und personalisiertes Lernen die Oberhand gewannen. Wurde in der ersten Phase eher stichwortartig mit diesen Begriffen umgegangen, fanden sich nun gezielt unter diesen Aspekten angelegte Projekte und Analysen. Auch gewann die „Activity Theory“, die sich bis heute größter Beliebtheit erfreut, deutlich an Relevanz. Sie wurde in der Version von Yrjö Engeström von Mike Sharples und Kollegen adaptiert, mit dem Ziel, auf ihrer Grundlage eine „Theorie des Mobilen Lernens“ zu entwickeln. Als hilfreich dabei wurden Modelle wie der „Conversational Framework“ erachtet. Dieses Modell, das sich ursprünglich nicht auf Mobiles Lernen bezieht, wurde für die Mobile-Learning-Diskussion wichtig, um Lernen als Konversation zu fassen und kommunikative Praktiken und dynamische Prozesse in der Lehr-/Lernpraxis in den Vordergrund zu stellen. Mobiltechnologien sollten dabei die Rolle von „Artefakten“ spielen, die für kommunikative und diskursive Praktiken Verwendung finden. Mit dem Abzeichnen einer gewissen Eigenständigkeit der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile-Learning-Forschung begann in dieser Phase auch das Abrücken von der Technologiezentrierung, die die erste Phase noch so stark geprägt hatte. Der Begriff des „personalisierten“ Lernens steht dafür neben „situiertem“ und „kollaborativem“ Lernen exemplarisch. Diese Entwicklungslinien, die sich während der zweiten Phase etablierten, sind sicherlich lediglich aus analytischer Sicht voneinander abgrenzbar. Zusammen gesehen sind sie wichtiger Wegbereiter für die aktuelle, dritte Phase. Zudem wäre die Theorieentwicklung, die Mike Sharples mit seinen Kollegen vorantrieb, auch der dritten Phase zuordenbar. Der Übergang zwischen der zweiten und der dritten – und bislang aktuellen – Phase des Wissenschaftsprozesses im Bereich der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile- Learning-Diskussion ist nicht mehr so klar darstellbar wie der zwischen Phase eins und Phase zwei. Das mag darin begründet liegen, dass mittlerweile die Etablierung einer eigenständigen Disziplin der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile- Learning-Forschung gelungen ist und sich die weitere Entwicklung des Wissenschaftsprozesses zurzeit maßgeblich über die Theoriebildung 31 Einleitung definieren lässt. Dennoch scheint eine tendenzielle Auflösung des Fokus auf Mobiltechnologien den Übergang von Phase zwei zu Phase drei zu markieren. Mobiles Lernen ist zwar nach wie vor das bestimmende Stichwort, allerdings wird es nun auch ohne zentralen Bezug zu Geräten gedacht. Dies scheint auf den ersten Blick verwunderlich – war es doch gelungen, Mobiles Lernen derart hoch auf die Agenda zu setzen, dass in der Zwischenzeit gar eine Professur für Mobile Learning existiert. Die Forschung und Theoriebildung wird nach wie vor von der Praxisforschung begleitet. Während große Konferenzen wie die IADIS Mobile Learning Conference, mlearn oder Handheldlearning das medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Forschungsfeld hinsichtlich Mobile Learning in der Breite abdecken und dabei nach wie vor die Dominanz der Mobile-Learning-Praxis zu spüren ist, scheinen kleinere Veranstaltungen wie beispielsweise die Symposien des WLE Centre am Institute of Education der University of London der geeignete Rahmen zu sein, um sich mit Theoriebildung und explizit pädagogischen Fragestellungen in Zusammenhang mit dem Mobilen Lernen zu befassen. Durch die Initiative von Wissenschaftlern, die sich in der Zwischenzeit als Schlüsselfiguren in der britischen Mobile-Learning-Diskussion etabliert haben, konnte die Mobile-Learning-Diskussion so einer Ebene zugeführt werden, die interdisziplinär argumentiert und als Anknüpfungspunkte zunächst die Nutzung mobiler Technologien im Alltag, Gesellschaftstheorien und konkrete didaktische Fragestellungen wie die Ermöglichung von Lerncontexten, die maßgeblich durch die Lerner hergestellt sind, einbezieht. Somit befindet sich die medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Forschung zum Mobilen Lernen zurzeit in einer Phase (Phase drei; siehe dazu Kapitel 2.3.3), die von der Theoriebildung gekennzeichnet ist. Begonnen mit einem Verständnis von Mobilem Lernen, das von der Technologie und den damit einhergehenden Möglichkeiten der Mobilität der Lerner (zwischen Orten, unabhängig von Zeit, zwischen Kontexten und Konzepten) ausgeht, über die Berücksichtigung diverser Modelle zur Erfassung der Aktivitäten und Konversationsstrukturen beim Lernen, entwickelt sich aktuell eine konzeptionelle Grundlage, die gesellschafts- und kulturtheoretisch orientierte Strukturmodelle ebenso wie die Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Expertisen der Lerner in das Zentrum stellt und diese für Lernen – auch mit mobilen Technologien – als zentral ansieht. Hinzu kommt ein Fokus auf Medienerziehung und Jugendmedienschutz, 32 Einleitung der zwar im Rahmen der Entwicklungslinien des Mobilen Lernens aus medienpädagogischer und erziehungswissenschaftlicher Sicht zu bedenken ist, sich allerdings nicht explizit dem Mobilen Lernen zuordnet. Theoretischer Rahmen und systematische Verortung – Mobiles Lernen im Lichte der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens Mit Blick auf die Vielfalt an Nutzung mobiler Technologien in Schule und Alltag – wobei hier lediglich einige exemplarisch angeführt werden können – wird deutlich, dass im Schulunterricht nicht nur über z. B. das Handy oder mit Bezug zu ihm gelernt wird. Hierzu gibt es beispielsweise Unterrichtseinheiten zur Berechnung von Handytarifen, zur kritischen Reflexion der alltäglichen Nutzung von Handys, zu Produktionsbedingungen und Konsequenzen der Handyherstellung für Arbeitnehmer in Entwicklungsländern etc. Lernen mit dem Handy ist im europäischen Kontext vor allem aus Großbritannien bekannt. Hier scheinen die Mobiltechnologien häufig zur Effizienzförderung beim Lernen eingesetzt zu werden. Diese Ansätze werden allerdings dem Unterfangen nicht gerecht, Phänomene der alltäglichen Nutzung mobiler Technologien, die mit Spaß, Konversation, Unterhaltung und Konsum konnotiert sind, in Kategorien zu fassen, die ihre Einordnung als „Lernen“ erlauben und ihre Anbindung an schulisches Lernen ermöglichen. Um den alltäglichen Umgang von Jugendlichen mit mobilen Technologien mit Bezug zu schulischem Lernen kritisch zu rahmen, bietet das Strukturmodell der „Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens“ (Pachler et al. 2010a) Anknüpfungspunkte ebenso wie theoretische und methodische Rahmen zur Planung und Analyse von Mobile-Learning- Praxis. Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens arbeitet zunächst mit Metaphern, die in weiteren Schritten mit Bezügen zu Theorien und Modellen gefestigt werden, um beispielsweise „Lernen“ aus seinem ursprünglichen, institutionalisierten Kontext herauszulösen und in Zusammenhang mit dem Alltag der Lerner zu stellen bzw. das, was Nutzer im alltäglichen Umgang mit mobilen Technologien tun, als Lernen zu werten und es für Schule als solches greifbar zu machen (siehe dazu Kapitel 3). Zwar wird Mobiles Lernen, das außerhalb von Schule und Unterricht stattfindet, häufig als informelles Lernen beschrieben. Die einfache Veränderung des Prädikats von Lernen scheint allerdings im 33 Einleitung Rahmen der Diskussion um das Mobile Lernen zwar hilfreich, dennoch nicht zielführend zu sein, da es nach wie vor an Strukturen und ein Verständnis von Lernen anlehnt, das als genormt, verschult und gelenkt erscheint. Entsprechend wird Lernen im Rahmen der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens als Bedeutungszuweisung im Prozess der Aneignung verstanden. Bedeutungszuweisung und Aneignung geschehen dabei in soziokulturellen und technologischen Strukturen (structures) auf der Grundlage von Handlungskompetenzen (agency) und mittels kulturellen Praktiken (cultural practices) der Mediennutzer (ebd.). Technologien und Medien sind in diesem Zusammenhang als kulturelle Ressourcen zu verstehen. Eingebettet sind diese Eckpfeiler der Sozio- kulturellen Ökologie Mobilen Lernens in den „Mobile Complex“ (ebd.), der als ständig in Veränderung begriffene gesellschaftliche, kulturelle und technologische Veränderungen und Dynamiken zu begreifen ist. Für die Mobile-Learning-Diskussion bedeutet die Einführung solch eines Strukturmodells, das neben Strukturen auch die Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner ebenso wie gesellschaftliche und kulturelle Transformationsprozesse und Dynamiken mitbedenkt, eine systematische Erweiterung des Feldes Mobiles Lernen. Dabei geht es neben den oben angeführten Aspekten auch wesentlich um die der (subjektiv sinnstiftenden) Aneignung und Bedeutungszuweisung mit dem Ziel der reflexiven Verortung – sei es im Alltag oder in schulischen Kontexten. Wie der Bezug zu gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen andeutet, ist die Aneignung und Bedeutungszuweisung als situiert, kontextualisiert und stark subjektiv geprägt zu verstehen. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Erklärungsmodell der nutzer- oder lernergenerierten Contexte an Gewicht, das den situativen Charakter der Aneignung, der je nach Ort, Zeit und der Verfügbarkeit kultureller Ressourcen variiert bzw. variieren kann, beschreiben und fassen möchte und Aneignung gleichzeitig innerhalb von dynamischen, fluiden und instabilen Strukturen verortet. Vor diesem Hintergrund und entsprechend den Entwicklungslinien der Mobile-Learning-Diskussion ist Mobiles Lernen zum einen als Lernen mit mobilen Technologien (mobile Geräte umfassen Handys, Smartphones, Handhelds, Spielkonsolen, MP3-Player, Netbooks und ähnliche tragbare digitale Technologien; Traxler 2008, S. 3) zu beschreiben. Zum anderen ist es als Mobilität des Lernhabitus (Kress, Pachler 2007) zu verstehen und in komplexe gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen 34 Einleitung eingebettet zu begreifen, wozu auch die Veränderungen in der Dynamik der Massenkommunikation gehören (siehe Pachler et al. 2010a sowie Kapitel 3). Diese knappe, aber kompakte Einführung in die Sozio-kulturelle Ökologie soll dazu dienen, die Ausführungen in der Einleitung und in Kapitel 2 einzuordnen, bevor der ausführliche Literaturbericht in Kapitel 3 detaillierte Einsichten in das Modell der SKÖ gibt. Auch hat sie den Zweck, das Konzept des Mobilen Lernens von Beginn an zu erweitern, um einer technozentrischen Sichtweise auf die Thematik vorzubeugen. Mobiles Lernen – Zwischen bildungspolitischen Forderungen und didaktischer Innovation, Unklarheiten und Widersprüchen Aus ihrem – in den seltensten Fällen explizit artikulierten – Selbstverständnis heraus sieht sich die Forschung zum Mobilen Lernen beteiligt an einem sich verändernden Verständnis dessen, was schulisches Lernen ist und sein sollte. Dies ist auf den ersten Blick zwar nicht gerade naheliegend, wenn man sich der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile-Learning-Diskussion annähert. Dennoch ist es eines der zentralen Ergebnisse aus der Analyse des Wissenschaftsprozesses. Um dieses Selbstbild nachzuvollziehen, ist es wichtig, sich mit den bisherigen zentralen Entwicklungen im Bereich der Mobile-Learning-Diskussion auseinanderzusetzen. Sich dabei über Definitionen von Mobilem Lernen, über zentrale Theorien, Bezugsdisziplinen, Phasen und Entwicklungslinien anzunähern, ist hilfreich, um zu verstehen, was Mobiles Lernen ist, warum Mobiles Lernen ist, wie es ist, was Mobiles Lernen will, und wie Mobiles Lernen in der Praxis umgesetzt wird. Didaktische Innovationen werden zwar im Bereich der theoretischen Auseinandersetzung mit Mobilem Lernen formuliert, allerdings finden sie sich umgesetzt in der Praxis. Dabei bieten vor allem die Beispiele aus der Unterrichtspraxis aus Österreich, der Schweiz sowie aus Dänemark Bezugspunkte für ein kulturökologisch geprägtes Verständnis von Mobilem Lernen und bieten Anlass zu Überlegungen zur Bedeutung der Implementierung nicht nur mobiler Technologien in Unterrichts- und formalisierte Bildungskontexte. Unterschiedliche Arten der Implementierung finden sich in Kapitel 4. 35 Einleitung Bildungspolitische Dimensionen der Mobile-Learning-Diskussion und einen Ausblick auf eine kulturökologisch informierte Didaktik des Mobilen Lernens als zwei der Fazits zu formulieren, nahm seine Zeit in Anspruch und bleibt sicherlich rudimentär. Denn trotz aller Systematisierungsversuche bleiben Unklarheiten und Widersprüche – in der Theorie und in der Praxis. Entsprechend gibt es bisher keine einfachen Lösungen in Bezug auf „Mobiles Lernen“. Dies soll vor allem im Fazit (Kapitel 5) zum Ausdruck kommen: Annahmen über das, was Mobiles Lernen ist und will, sind fluide. Politische Forderungen mischen sich mit Aussagen zu Lehr-/Lernpraktiken, die Verwendung mobiler Technologien im Unterricht bedingt nicht zwingend einen „mobilen Lernhabitus“, Mobiles Lernen kann auch ohne mobile Technologien realisiert werden, das Aufsetzen mobiler Technologien auf Unterrichtsstrukturen wird Mobilem Lernen ebenso wenig gerecht wie die unreflektierte Integration von Ressourcen und Handlungskompetenzen der Lerner aus dem Alltag, subjektives Handeln tritt zugunsten von Objektivierung und gleichberechtigter Distribution in den Hintergrund usw. Dabei scheinen es in einigen Fällen erstaunlicherweise weder die Technologien noch das didaktische Design als vielmehr die Lerner mit ihren Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Expertisen bei der Nutzung mobiler Technologien zu sein, die es schaffen, Verbindungslinien zwischen subjektiv geprägten Aneignungsmechanismen und Bedeutungen und den objektiv gerahmten schulischen Anforderungen zu finden und umzusetzen und damit Mobilem Lernen zu dem innovativen Potenzial zu verhelfen, das es so gerne für sich in Anspruch nimmt. 1.2 Methode, Systematik und Aufbau der Arbeit Wie bereits einleitend angedeutet, ist die Analyse des Wissenschaftsprozesses methodologisch durch eine Variation der qualitativen Heuristik gerahmt. Um einen argumentativ stimmigen Zusammenhang zwischen den Kapiteln der Arbeit herzustellen – um also den Wissenschaftsprozess, das Modell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens, ein Modell zur Beschreibung und Analyse von Mobile- Learning-Praxis und die Darstellung und Analyse von Praxisbeispielen vor dem Hintergrund der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens in 36 Einleitung einen systematischen Zusammenhang zu stellen –, bot sich die Methode der qualitativen Heuristik an. Ideengeber dazu war Friedrich Krotz‘ Monografie „Neue Theorien entwickeln“ (Krotz 2005b), in dem er Grundlagen qualitativer Sozialforschung darstellt, darunter auch die heuristische Sozialforschung. Es ist allerdings anzumerken, dass sich die heuristische Methode erst in der Endphase der Erstellung dieser Arbeit als die geeignete eröffnet hat. Dies aus mehreren Gründen: ‐ Zum einen war es aufgrund der veränderten Fragestellung wie erwähnt nötig, ein Methodologie zu finden, die die einzelnen Teile der Arbeit, die nunmehr isoliert voneinander standen, in einen sinnstiftenden Zusammenhang setzt. Die unterschiedlichen Teile des Wissenschaftsprozesses, Theorie, Methode und Praxis in einer Arbeit zu diskutieren, war aus Sicht der Autorin durchaus sinnvoll, da sie in allen Bereichen, die die Arbeit umfasst, an unterschiedlichen Forschungsprojekten beteiligt war und einzelne Teile dieser Komplexe immer wieder aufeinander beziehen musste. ‐ Zudem schien es notwendig, sich einen Überblick über die bisherige Forschung zu verschaffen, um ein Verständnis dafür zu entwickeln, was Mobiles Lernen ist und welche Rolle es in der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Forschung spielt oder spielen möchte, welche Konsequenzen aus dem Einsatz mobiler Technologien in Lehr-/Lernkontexten erwachsen können und welche Zukunftsperspektive Mobiles Lernen als eigenständige Disziplin haben könnte. ‐ Bei der Lektüre von Literatur zu Methoden wurde deutlich, dass einige Methoden wie z. B. die Grounded Theory oder die Hermeneutik zwar zahlreiche methodische Anknüpfungspunkte bieten, jedoch als Ganze gesehen für die Darstellung des Wissenschaftsprozesses im Sinne dieser Arbeit nicht anwendbar sind. ‐ Dass die heuristische Methode die geeignete ist, wurde letztendlich klar, als sich Prozess und Struktur als zentrale Momente zur Beschreibung von Forschungsgegenständen im Sinne einer heuristischen Herangehensweise herausstellten. Denn als wichtige strukturgebende Momente bei der 37 Einleitung Beschreibung des Wissenschaftsprozesses wurden Phasen und Entwicklungslinien herausgearbeitet, die nun vor dem Hintergrund der Heuristik als methodologisches Vorgehen fundiert werden konnten. Die Struktur, die mit dieser Variation der qualitativen Heuristik beschrieben werden konnte, findet sich in Kapitel 2 und wird ergänzt durch die punktuelle Vertiefung zweier Aspekte – der Theorie (siehe Kapitel 3) und der Analyse der Praxis (siehe Kapitel 4) – der aktuellen Phase der Mobile-Learning-Diskussion. In diesem Verbund erlaubt die Struktur des Wissenschaftsprozesses eine Vielzahl an Aussagen, die sich auf den Prozess als solchen, auf die Mobile-Learning-Praxis und auf mögliche künftige Themenschwerpunkte beziehen und Aspekte der Mobile-Learning-Diskussion kritisch hinterfragen. Methode, Systematik und daraus resultierender Aufbau der Arbeit sind Inhalt der folgenden Kapitel der Einleitung. Grundlagen der heuristischen Methode In der heuristischen Sozialforschung ist der Forschungsgegenstand als Entstehungs- und Entwicklungsprozess anzusehen. Um sich ihm allerdings analytisch zu nähern, gilt es, Strukturen ausfindig zu machen, die aus Elementen bestehen und in bestimmten Beziehungen zueinander stehen. Dabei sind Handlungspraktiken bei der Konstitution des Forschungsgegenstandes ebenso wie soziale und kulturelle Kontexte mitzubedenken, in die ein Phänomen eingebettet ist. (Krotz 2005b, S. 237) Ziel der qualitativen Herangehensweise ist es, pragmatisch vorzugehen, um „theoretisches Wissen zu gewinnen, das handlungsfähig macht“ (ebd., S. 17). Im Rahmen dieser Arbeit bedeutet dies, aus der Systematisierung des Feldes Mobile Learning Ergebnisse zu ziehen und Perspektiven aufzuzeigen, die für eine weitere Bearbeitung der Thematik relevant sind. Da das Forschungsfeld Mobile Learning zeitlich gesehen noch jung ist und da die vorliegende Arbeit weder den Anspruch auf eine vollständige Bearbeitung des Feldes erheben kann noch möchte, sind die hier erarbeiteten Ergebnisse nicht als endgültig zu betrachten. Vielmehr sind die Thesen und Ergebnisse als punktuell im wissenschaftlichen 38 Einleitung Diskurs zu sehen und verlangen nach Ergänzungen (vgl. ebd., S. 72). Die qualitativ-heuristische Sozialforschung soll dazu dienen, sich einem Forschungsgegenstand entdeckend und explorativ zu nähern (Kleining, Witt 2000). Um dabei die Entdeckungschancen zu optimieren, sollten vier Grundregeln eingehalten werden, wie Gerhard Kleining und Harald Witt (2000) ausführen. Regel eins und zwei beziehen sich dabei auf „Interaktion zwischen Forschungsperson und Forschungsgegenstand“ (ebd.), Regel drei und vier „auf die Beziehung zwischen Datenerhebung und Datenanalyse“ (ebd.): ‐ Regel 1 besagt, dass sich der Forscher an den Daten orientieren und gegebenenfalls sein Vorverständnis anpassen und ändern soll, sofern die Daten dies nahelegen. Dies bezieht sich innerhalb dieser Arbeit am ehesten auf die Ergebnisse, also die Spannung, die die Uneindeutigkeit der Ergebnisse verursacht (keine eindeutigen Definitionen, unklare Praxis, politische Forderungen in pädagogischer Forschung etc.), und die deshalb nicht als eindeutige und endgültige Ergebnisse formulierbar sind und in ihrem Charakter dialektisch und vorläufig bleiben. ‐ Regel 2 bezieht sich auf den Forschungsgegenstand, der nicht als endgültig angesehen werden darf und sich entsprechend auch während des Verlaufs des Forschungsprozesses ändern kann. Dies trifft auf die gesamte Arbeit zu, die im Laufe ihres Entstehungsprozesses inhaltliche und strukturelle Änderungen erfahren musste. In der Konsequenz wurden sowohl Fragestellung als auch – am Ende der Bearbeitung – Struktur der Arbeit verändert. ‐ Regel 3 weist auf die „maximale strukturelle Variation“ bei Sample, Forschungsmethoden und Fragen hin, die an das Datenmaterial gestellt werden. Dies soll geschehen, um einseitige Darstellungen zu vermeiden. Diese Regel wurde hier in ihrer sicherlich engsten Bedeutung nicht eingehalten. Was im Rahmen dieser Arbeit gemacht wurde, ist, die Struktur des ersten Kapitels während der Bearbeitung an den jeweiligen Erkenntnisstand anzupassen. Eine strukturelle Variation ist nicht zwingend notwendig, sondern sollte dann eingesetzt werden, wenn dadurch eine Veränderung der Daten erwartet werden kann. 39 Einleitung ‐ Regel 4 legt als Ziel der Analyse nahe, Gemeinsamkeiten aus dem Datenmaterial herauszuarbeiten. Im Rahmen dieser Arbeit ist das am deutlichsten in der Darstellung des Wissenschaftsprozesses. Hier wurden verschiedene Theorien, Definitionen, Modelle und Konzepte zum einen zeitlich gruppiert und als Phasen dargestellt, zum anderen konnten sie inhaltlich zusammengefasst und als Entwicklungslinien beschrieben werden. An dieser Stelle ist deutlichzumachen, dass sowohl Gerhard Kleining und Harald Witt als auch Friedrich Krotz die heuristische Sozialforschung in Zusammenhang mit empirischen Analysen beschreiben. Sie setzen eine empirische Datenbasis als Grundlage voraus, die umfassend erhoben wurde, um im Anschluss daran dicht beschrieben zu werden. Die hier vorliegende Arbeit ist allerdings keine empirische. Auch findet keine dichte Beschreibung des Datenmaterials statt. Beschrieben werden vielmehr Theorien, Definitionen, Forschungsfelder, Analysemöglichkeiten und Praxis, die als relevant erachtet wurden, um die Struktur des Wissenschaftsprozesses herauszuarbeiten. Das Material, das als Grundlage für die Ausführungen zum Wissenschaftsprozess dient, wurde nicht nach spezifischen Kategorien recherchiert. Vielmehr war es der vermutete oder erfahrene Einfluss der jeweiligen Quellen auf die britische Mobile-Learning-Diskussion, der die Auswahl rechtfertigt. Zudem ist die Auswahl selektiv geschehen vor dem Hintergrund der Mitarbeit der Autorin in der London Mobile Learning Group (LMLG), vor ihrem eigenen wissenschaftlichen Hintergrund sowie vor dem Hintergrund einer kulturtheoretisch ausgerichteten Medienpädagogik (vgl. Krotz 2005b, S. 39). Somit ist die dargestellte Diskussion aus dem eigenen Forschungskontext heraus erfasst und nicht generell als objektiv zu erachten (vgl. ebd., S. 72). Wichtig dabei war das Vorwissen, das die Autorin zu dem Thema hatte. Dieses Vorwissen dient der Annäherung an eine Forschungsfrage, muss aber vor dem Hintergrund der vier Regeln während des Forschungsprozesses immer wieder überdacht und gegebenenfalls angepasst werden. (vgl. Kleining, Witt 2000). 40 Einleitung Anwendung der heuristischen Methode Ein legitimes und durchaus auch notwendiges Mittel bei der Anwendung qualitativer Methoden ist die Anpassung der Regeln an den Forschungsgegenstand (Krotz 2005b, S. 293). Wie weiter oben in Zusammenhang mit den vier Grundregeln der qualitativen Heuristik dargestellt, trifft dies im Rahmen dieser Arbeit vor allem auf die Datenerhebung und Datenanalyse zu. Ohne Anpassung kam die Anwendung der grundlegenden Auffassung des Forschungsgegenstands vor dem Hintergrund der heuristischen Sozialforschung aus, nämlich den Forschungsgegenstand als Entstehungs- und Entwicklungsprozess, also seine „Genese“ und „Weiterentwicklung“ (ebd., S. 73), zu begreifen und greifbar zu machen. Zu diesem Zweck mussten seine Strukturen und seine Elemente herausgearbeitet werden (vgl. ebd., S. 27, 237), um das Phänomen theoretisch zu fassen (ebd., S. 34). Beides, Entstehungs- und Entwicklungsprozess sowie Strukturen und Elemente, ist in Zusammenhang mit „Handlungspraktiken“ bei der Konstitution des Forschungsgegenstandes und in Zusammenhang mit dessen spezifischen „sozialen und kulturellen Kontexten“ (ebd., S. 237) und „Bedeutungen“ (ebd., S. 27) zu sehen. Bei der Anwendung dieser Grundregeln muss bedacht werden, dass sich die Arbeit mit dem Wissenschaftsprozess beschäftigt – und nicht wie bei empirischer Sozialforschung mit etwa einem spezifischen, im Alltag angesiedelten Phänomen. Das Phänomen, das Untersuchungsgegenstand ist, ist im Rahmen dieser Arbeit der Wissenschaftsprozess. Er wird im Kontext der vornehmlich britischen Mobile-Learning-Diskussion beschrieben, aber auch im Kontext von Wissenschaftsdisziplinen und Forschungsfeldern, aus denen heraus sich das Forschungsfeld Mobile Learning entwickelt hat. Hier sind vor allem E- Learning, Soziologie und, in unterschiedlichen Disziplinen angesiedelt, die Grundlagenforschung zu nennen. Andere Disziplinen wie Technologie- und Computerwissenschaften spielen für die erziehungswissenschaftliche und medienpädagogische Mobile-Learning- Forschung keine offensichtliche Rolle und wurden entsprechend zurückhaltend behandelt. Für den Bereich der Praxisbeispiele wurde der räumliche Kontext um Österreich, die Schweiz und Dänemark erweitert. Grund dafür war, dass nach Projekten gesucht wurde, die weniger 41 Einleitung strukturell auf Unterricht aufgesetzt waren, als vielmehr an den Alltag der Lerner anknüpfen. Die Handlungspraktiken, die bei der Konstitution des Forschungsgegenstandes relevant sind, werden hier auf Begründungen, Konzepte und Definitionen bezogen, die sich im Laufe der Mobile- Learning-Diskussion etabliert haben, also auf die Legitimationsbasis. Wie sehr sie kulturell gewachsen sind, ist beispielsweise an der Diskussion um das Verbot von Handys an deutschen Schulen auszumachen. Aber auch die Aussagen, Thesen und Forderungen, die die Handlungspraktiken stützen, sind stark von den jeweiligen gesellschaftlichen und bildungspolitischen Entwicklungen und Erwartungen abhängig. Der Entstehungs- und Entwicklungsprozess des Wissenschaftsprozesses mit seinen Strukturen und Elementen ist horizontal und vertikal strukturiert zu sehen. Hier wurden die vergangenen zehn Jahre betrachtet, in denen sich das Feld des Mobilen Lernens allmählich etabliert und an Eigenständigkeit gewonnen hat. Hinsichtlich ihres zeitlichen Verlaufs kann die Mobile-Learning-Diskussion in „Phasen“ beschrieben werden. Sie haben eine Dauer von jeweils etwa fünf Jahren, wobei sich diese Schätzung lediglich an Eindrücken von jeweils dominierenden Themen ausmachen lässt. Diese Themen werden als „Entwicklungslinien“ bezeichnet. Die Entwicklungslinien charakterisieren die einzelnen Phasen, sind allerdings nicht stringent im zeitlichen Verlauf voneinander abgrenzbar. Vielmehr sind die Entwicklungslinien als Forschungsrichtungen und Forschungsansätze beschreibbar, die sich während der letzten Jahre herauskristallisiert haben und nach wie vor mit mehr oder weniger starker Intensität die Mobile-Learning-Diskussion befruchten. Die Bedeutungen schließlich beziehen sich auf die Relevanz und Prägekraft, die einzelne Elemente für die Phasen und Entwicklungslinien haben. Daneben erwachsen aber auch Bedeutungen aus der Mobile-Learning-Diskussion innerhalb des Wissenschaftsprozesses. Sie beziehen sich auf bildungspolitische Diskussionen um die Entwicklung von Lehren und Lernen und die entsprechenden Konsequenzen für Bildungsstrukturen sowie auf methodische Möglichkeiten (siehe Kapitel 5). 42 Einleitung Punktuelle Vertiefung und Variation der Methode Die Arbeit als Ganze ist als heuristische Arbeit zu betrachten, die den Wissenschaftsprozess der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Forschung zum Mobilen Lernen bearbeitet. Dennoch sind die einzelnen Kapitel nicht alle unter heuristischen Kategorien bearbeitet worden. Kapitel 2 ist die Darstellung des Wissenschaftsprozesses, seiner Elemente und Strukturen vor dem Kontext der britischen Mobile-Learning-Diskussion sowie der deutschen, kulturtheoretisch geprägten Medienpädagogik. Dieses Kapitel greift Handlungspraktiken der wissenschaftlichen Diskussion auf und versucht, daraus erwachsende Bedeutungen zu formulieren. Der Prozess hier ist ein entdeckender. Kapitel 3 hingegen, das sich mit dem Modell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens befasst, ist eine punktuelle Vertiefung des Entwicklungsprozesses der Mobile-Learning-Diskussion. Die punktuelle Vertiefung bezieht sich auf die Ausführungen Friedrich Krotz‘ (2005b, S. 111 ff.) zur Formalen Logik und Dialektik als Methoden und auf seinen Hinweis, dass einzelne Phänomene nur als Teil eines Prozesses gesehen verstehbar werden, man müsse sie im „Bezug zum Ganzen rekonstruieren“ (ebd., S. 113). Dies möchte die punktuelle Vertiefung erreichen. In Kapitel 3 steht die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens für den aktuellen Status quo im Bereich der Theoriebildung. Wie dieses Modell im Entwicklungsprozess der Mobile-Learning-Diskussion kontextualisiert ist, ist in Kapitel 2.3.3 beschrieben. Kapitel 3 kann als „kommentierter“ Literaturbericht aufgefasst werden. In ihm werden Modelle, Konzepte und Theorien aufgegriffen, die die SKÖ ausmachen und an sie anknüpfen. Zudem findet sich in Kapitel 3 ein Ausblick auf eine Sozio-kulturelle Didaktik Mobilen Lernens. Sie kann als Planungs- und Analyseschema für die Mobile-Learning-Praxis in Lehr-/Lernkontexten herangezogen werden und versteht sich als konsequente Weiterführung der SKÖ in Richtung praktische Implementierung des theoretischen Modells. Kapitel 4, bestehend aus einem Modell zur Beschreibung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis sowie der Beschreibung und Analyse von Praxisbeispielen, wurde durch die Autorin dieser Arbeit im Rahmen ihrer Mitarbeit in der London Mobile Learning Group entwickelt. Das Analysemodell knüpft an das Modell der SKÖ an und gibt den 43 Einleitung Diskussionsstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Autorenbandes „Mobile Learning. Structures, agency and cultural practices“ (Pachler et al. 2010a) wieder. Die Praxisbeispiele sollten dazu dienen, die SKÖ in Konzeption und Anwendbarkeit zu fundieren. Auch Kapitel 4 ist eine Momentaufnahme des Wissenschaftsprozesses, zum selben Zeitpunkt gemacht wie die der SKÖ. Während für Kapitel 2 eine heuristische Herangehensweise gewählt wurde und für Kapitel 3 ein kommentierter Literaturbericht, so ist Kapitel 4 überwiegend als hermeneutische Herangehensweise konzipiert, die zudem auf einem Methodenmix aufbaut. Hier wird interpretierend analysiert. Kapitel 3 erscheint dabei als Bindeglied, das sich auf Kapitel 2 durch seine zeitliche Dimension bezieht, auf Kapitel 4 durch die Art des theoretischen und konzeptionellen Ansatzes. Mit Blick auf Ersteres ist die SKÖ also als Punkt innerhalb einer „Phase“ „entdeckt“ worden und kontextualisiert, mit Blick auf Letzteres als „Entwicklungslinie“, auf deren Grundlage „interpretierende“ Analysen vorgenommen werden. „Bedeutungen“ der Elemente des Wissenschaftsprozesses finden sich in der Arbeit als Ergebnisse abgebildet Mit Blick auf die „Bedeutung“, die die Elemente des Wissenschaftsprozesses für die Mobile-Learning-Diskussion haben, lassen sich aus Kapitel 2 (Wissenschaftsprozess) und Kapitel 4 (Praxis) unterschiedliche Konsequenzen ziehen. Zusammenfassen lassen sie sich unter den Stichpunkten: ‐ Dialektik der Erkenntnisse, ‐ Aussagen über Schwerpunkte und ‐ Aussagen über Bedarfe. Der Wissenschaftsprozess legt Fazits nahe, die sich auf seine eigene inhaltliche Entwicklung beziehen, beispielsweise, dass theoretische und konzeptionelle Rahmen erst noch entwickelt werden müssen, die in der Lage sind, Mobiles Lernen in Theorie, Praxis und vor dem Hintergrund von Entwicklungen der Massenkommunikation und Gesellschaft zu fassen. Andere sind im Bereich der Bildungspolitik angesiedelt, da innerhalb der Mobile-Learning-Diskussion immer wieder implizit oder 44 Einleitung explizit Forderungen nach einer Neudefinition von Lernen, der Demokratisierung des Bildungssystems, von Schule und von Lernen, der Emanzipation der Lerner usw. laut werden. Die Praxisanalyse, die ja interpretierend vor dem Hintergrund der SKÖ vorgenommen wurde, bringt Ergebnisse hervor, die als Widersprüche bezeichnet werden können. Widersprüche in Konzeption und der praktischen Umsetzung von Mobilem Lernen und im Verhältnis zu dem, was die Theorieentwicklung nahelegt. Auch wenn also die Praxis sich als „Pseudo-Öffnung“ von Unterricht oder „Pseudo-Innovation“ von Lehr-/ Lernpraxis darstellt, so finden sich auf der anderen Seite dennoch Aspekte, die echtes Innovationspotenzial mit sich bringen. Allerdings kommt Letzteres durch die kulturellen Praktiken, Expertisen und Handlungskompetenzen der Schüler zustande, weniger durch didaktisches Design. Auch wenn die Struktur der Ergebnisse mit Dialektik der Erkenntnisse, Aussagen über Schwerpunkte und Aussagen über Bedarfe benannt ist, so ist anzumerken, dass sich diese Struktur aus einer ersten und generalisierten Sichtweise und aus der Logik der heuristischen Herangehensweise so darstellt. Im Detail können konkretere Aussagen getroffen werden, die sich ausformuliert in Kapitel 5 finden. 1.3 Struktur der Arbeit Die Arbeit – vor allem das Kapitel 2 – hat im Laufe ihrer Entstehung einige Umstrukturierungen erfahren. Dies ist, wie Grundregel zwei der qualitativ-heuristischen Sozialforschung nach Kleining und Witt 2000 nahelegt, während des Forschungsprozesses legitim und begründet sich durch den Erkenntnisgewinn des Forschers bezüglich der bearbeiteten Thematik. Knapp dargestellt, war das Kapitel 2 in mehrere Unterkapitel eingeteilt, die im Wesentlichen der Struktur der drei Phasen des Wissenschaftsprozesses folgten. Thematisch beschrieben die Unterkapitel unterschiedliche Themenschwerpunkte, Argumente und Definitionen. Mit der Einführung der heuristischen Methode konnten diese Kapitel vor dem Hintergrund des aktuellen Erkenntnisstandes reduziert werden. Einige Aspekte wurden dabei dem Unterkapitel zu Phasen und Entwicklungslinien zugeordnet. Dies war auch deshalb möglich, da die 45 Einleitung jeweiligen Unterkapitel bereits in der Logik der drei Phasen strukturiert waren und sich durch Beibehalten der ursprünglichen Gliederung zu viele Redundanzen ergeben hätten. Andere blieben unter dem Stichpunkt „Handlungspraktiken“ und „Kontexte“ bestehen. Was für das erste Kapitel gilt, gilt auch für die Methode zu und die Beschreibung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis in Kapitel 3. Eine Umstrukturierung fand dort nicht statt, könnte aber vor dem Hintergrund der aktuellen Ergebnisse für die weitere Verfeinerung und Vertiefung von Analysemodellen vor dem Hintergrund einer Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens vorgesehen werden. Dazu wäre es möglicherweise notwendig, die Komponenten und theoretischen Implikationen der Sozio-kulturellen Ökologie zu operationalisieren und für Analyse und Planung von Mobile- Learning-Praxis verfügbar zu machen. Einen ersten Schritt in diese Richtung haben Ben Bachmair, Norbert Pachler und John Cook mit ihren „Parametern“ zur Unterrichtsplanung und -analyse gemacht (siehe Bachmair et al. 2011). Wie eine Erweiterung vor dem Hintergrund der Struktur des Wissenschaftsprozesses aussieht, ist in Kapitel 5 dargestellt. Entsprechend der Weiterbearbeitung der Thematik würden sich auch die Fazits vielfältiger und differenzierter darstellen. Dennoch sind die hier gezogenen Schlüsse vor dem Hintergrund des aktuellen Bearbeitungsstandes der Thematik als konsequent zu erachten. Dass beispielsweise die hier erarbeiteten zentralen Ergebnisse – die Struktur des Wissenschaftsprozesses und die Dialektik in der Mobile-Learning- Praxis – durchaus Gültigkeit besitzen, legt der „JISC mobile review“ (Belshaw 2011) nahe. Dieser Bericht, der erschien, als die hier vorliegende Arbeit in ihren Kernebereichen bereits fertiggestellt war, legt ähnliche Kontexte, Handlungspraktiken, Phasen und Entwicklungslinien der britischen Mobile-Learning-Diskussion nahe und schätzt die Mobile- Learning-Praxis mit Blick auf die Theorieforschung als tendenziell inkonsequent ein. Vor dem Hintergrund des aktuellen Bearbeitungsstandes und nach mehreren Umstrukturierungen ergibt sich für das erste Kapitel, das den Wissenschaftsprozess behandelt, mit Blick auf die angewandten Methoden nun folgendes Bild: 46 Einleitung Kapitel 2: Die Struktur des Wissenschaftsprozesses der Mobile- Learning-Diskussion: Eine heuristisch geleitete Analyse In diesem Kapitel wird der Entstehungs- bzw. Entwicklungsprozess des Wissenschaftsprozesses durch die Darstellung des Kontextes, der Handlungspraktiken sowie der Phasen und Entwicklungslinien rekonstruiert und eingeordnet. Als Methode wird hier eine abgewandelte und an die Forschungsfrage angepasste Variante der qualitativen Heuristik nach Friedrich Krotz (2005b) angewandt. Die Unterkapitel erster Ebene sind entsprechend: ‐ Kontexte des Wissenschaftsprozesses: Ursprungs- und zentrale Bezugsdisziplinen der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile-Learning-Forschung, ‐ Handlungspraktiken bei der Konstitution des Wissenschaftsprozesses: Legitimations- und Begründungsgrundlagen des Handyverbots in Schulen und der Integration mobiler Technologien in schulische Kontexte, ‐ Struktur des Wissenschaftsprozesses: Phasen und Entwicklungslinien der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Forschung zum Mobilen Lernen. Mit einem Blick auf die Bezugsdisziplinen (Kapitel 2.1) der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile- Learning-Forschung soll aufgezeigt werden, auf welche theoretischen Bezugsrahmen zurückgegriffen werden kann und in welchem Verhältnis dazu Mobile Learning als eigenständige Disziplin steht. Als relevante Bezugsfelder sind dabei die soziologische Forschung zu Handynutzung, Mobilität und gesellschaftlichen Implikationen der Mobilkommunikation sowie das E-Learning als historisch gewachsenes zentrales Bezugsfeld anzuführen. Die technologischen Entwicklungen und die Praxisforschung sind zwar als zwei der wesentlichen Anknüpfungspunkte zu nennen, jedoch sind sie im Rahmen der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile-Learning-Forschung aufgrund ihres infrastrukturellen Charakters im Fall der technologischen Entwicklungen und aufgrund ihres tendenziell theoriestützenden statt theorieentwickelnden Charakters im Fall der Praxisforschung als marginal zu erachten. 47 Einleitung In der Absicht, die britische und in Teilen auch die deutschsprachige medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Mobile-Learning- Diskussion verfügbar zu machen, fokussiert Kapitel 2.2 zentrale Theorien und Bezugsdisziplinen des Feldes Mobile Learning. Dabei wird Bezug genommen auf Aspekte wie die Begründung der Notwendigkeit Mobilen Lernens aus lerntheoretischer, ressourcenorientierter und kulturökologischer Sicht. Um ein grundlegendes Verständnis über Annahmen zu Mobilität zu schaffen, werden Diskussionen, die mobile Technologien als Ermöglicher von Mobilität bewerten, ebenso aufgegriffen wie Modelle, in denen Contexte Raum für Mobilität im Handeln und Gestalten bieten, und Argumente, die die Personalisierbarkeit mobiler Technologien mit der Lernerzentrierung im Lehr-/Lernprozess in Verbindung setzen. Definitionen, die im Rahmen dieses Kapitels angeführt werden, sollen zum Ausdruck bringen, dass Mobile Learning einer allgemeingültigen Begriffsbestimmung erst noch zuzuführen ist. Sichtweisen rangieren dabei zwischen einer Fokussierung auf Technologien und infrastrukturelle Aspekte, lerntheoretische Ansätze und solche Sichtweisen, die Mobiles Lernen als einen in ständigen Dynamiken und Spannungsfeldern begriffenen und sich stetig ändernden Lernhabitus ansehen. Die Theorieentwicklung (Kapitel 2.3.3) ist aktuell in drei Phasen fassbar, die jeweils durch Entwicklungslinien geprägt sind – wobei die Entwicklungslinien auch ohne die historisch zu verstehenden Phasen Gültigkeit haben. Hier zeichnet sich ab, dass die Technologiezentrierung – bezogen auf Hard- und Software – als zeitlich frühester Ausgangspunkt mittlerweile durch Forschungen zu Aktivitäts- und Konversationsstrukturen beim Lernen sowie durch eine kulturökologische Perspektive auf Lernen ergänzt wird. Die darauffolgenden Kapitel 3 und 4 sind als punktuelle Vertiefungen einzelner Elemente des Wissenschaftsprozesses zu verstehen. Zum einen ist dies das Modell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens, um Contexte und didaktische Aspekte ergänzt; zum anderen ein Modell zur Beschreibung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis sowie die entsprechenden Analysen. Diese beiden Kapitel gliedern sich wie folgt: 48 Einleitung Kapitel3: Das Strukturmodell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens: Ein Modell zur Rahmung, Planung und Analyse In diesem Kapitel findet sich zur vertiefenden Darstellung des Wissenschaftsprozesses ein Literaturbericht, der allerdings durch Modelle und Konzepte ergänzt und „kommentiert“ wird, die mit Blick auf den aktuellen Entwicklungsstand der verfügbaren Theorien und Modelle zum Mobilen Lernen anschlussfähig an das Modell der SKÖ sind. Die folgende Gliederung ergibt sich: ‐ Zentrale Bestandteile der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens, ‐ Lernergenerierte Contexte (Learner-generated Contexts), ‐ Ansätze einer kulturökologisch informierten Didaktik des Mobilen Lernens. Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens nimmt im Rahmen dieser Arbeit innerhalb der bereits verfügbaren Theorien und Modelle zum Mobilen Lernen eine exponierte Stellung ein, da sie bisher das einzige Modell darstellt, das sowohl Handlung als auch Struktur explizit mitbedenkt und Dynamiken und Veränderungen in soziokulturellen und technologischen Strukturen ebenso einbezieht wie die Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Expertisen der Lerner. Im Sinne einer heuristischen Herangehensweise und vor dem Hintergrund der Struktur des Wissenschaftsprozesses, der in Kapitel 2 herausgearbeitet wird, ist die Sozio-kulturelle Ökologie also als Punkt innerhalb einer „Phase“ und als auch als „Entwicklungslinie“ im Wissenschaftsprozess zu verstehen. Auf ihrer Grundlage wird in Kapitel 4 eine Methode zur Beschreibung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis erarbeitet, die als „interpretierende“ Analyse Anwendung findet. Dieser konzeptionelle Hintergrund führt zu einer Abkehr von der die Mobile-Learning-Diskussion bisher dominierenden Technologiezentrierung und bindet Aktivitäts- und Konversationstheorien (letztere jedoch ohne explizite Anbindung an die Sprachwissenschaften und deren Konzepte und Theorien) mit ein. Neben Erläuterungen zu Aneignung und Bedeutungszuweisung, kulturellen Ressourcen, Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken als zentrale Bestandteile der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens wird in diesem Kapitel auch die Rolle und Bedeutung von lernergenerierten 49 Einleitung Contexten hervorgehoben. Mit einem Ausblick auf eine kulturökologisch informierte Didaktik des Mobilen Lernens werden bisher verfügbare kulturökologisch ausgerichtete didaktische Modelle mit Blick auf die praktische Umsetzung in schulischen Lernkontexten unter Vorgaben der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens erläutert und Aspekte fokussiert, die eine Überführung informeller Handlungskompetenzen, Strukturen und kultureller Praktiken in formalisierte Kontexte erlauben. Kapitel 4: Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis: Beschreibung und Analyse von Praxisbeispielen Auch dieses Kapitel dient der Vertiefung des Wissenschaftsprozesses, um zu verdeutlichen, wie unter Aspekten, die die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens beschreibt, Mobiles Lernen analysiert werden kann und welche Ergebnisse daraus resultieren. Die zur Analyse herangezogene Methode ist grundsätzlich als objektive Hermeneutik zu bezeichnen, greift jedoch auch auf eine Triangulation von Methoden und Theorien bzw. Modellen zurück. Kapitel 4 besteht aus einem Modell zur Beschreibung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis sowie aus der Beschreibung und Analyse von drei Praxisbeispielen. Es gliedert sich in zwei Unterkapitel: ‐ Methode zur Auswahl, Beschreibung und Analyse von Projekten sowie zur Erstellung eines Rahmens für die vergleichende Analyse, ‐ Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis: Drei Projekte. Kapitel 4 leitet mit der Darstellung einer Methode zur Beschreibung und Analyse von Mobile-Learning-Projekten ein. Die Methode möchte dabei zum einen die Notwendigkeit des Praxisansatzes bei der Theoriegenerierung verdeutlichen, zum anderen eine Grundlage schaffen, auf der eine wenigstens auf formale Kriterien bezogene Vereinheitlichung von Projektbeschreibungen möglich ist und auf der Analysen aufbauen können, die im Rahmen einer Kulturökologie argumentieren. Die Beispiele aus der schulischen Unterrichtspraxis, die in diesem Kapitel beschrieben und analysiert sind, dienen als Basis für Fazits, die im letzten Kapitel mit Blick auf die Implementierung von Mobile-Learning- 50 Einleitung 51 Praxis gezogen werden. Zwei von ihnen waren zudem zentrale Ankerpunkte für die theoretischen Überlegungen einiger der Mitglieder der LMLG bei der Entwicklung des Modells der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens und dienten der Autorin dieser Arbeit bei der Entwicklung der Methode zur Beschreibung und Analyse von Mobile- Learning-Praxis. Kapitel 5: Fazit Das letzte Kapitel dieser Arbeit sammelt die Schlussfolgerungen, die aus den Kapiteln 2 und 4, also der Entwicklung des Wissenschaftsprozesses und der Analyse von Mobile-Learning-Praxis, erwachsen. Dabei werden Metakategorien formuliert, mit deren Hilfe eine Operationalisierung des Wissenschaftsprozesses mit dem Ziel der Analyse Mobilen Lernens in Theorie und Praxis möglich wäre, die die Systematik der Phasen des Wissenschaftsprozesses andeuten und künftige Themen mit Blick auf die Entwicklungslinien ankündigen. Zudem wird im Fazit aufgezeigt, welche Tendenzen und Widersprüche die Mobile-Learning-Diskussion in Bezug zu den vorausgehenden Kapiteln und Ausführungen in sich birgt – auf bildungspolitischer, struktureller, theoretischer und handlungspraktischer Ebene. Kapitel 2 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses der Mobile-Learning-Diskussion: Eine heuristisch geleitete Analyse 2. Die Struktur des Wissenschaftsprozesses der Mobile- Learning-Diskussion: Eine heuristisch geleitete Analyse Die medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Forschung zum Mobilen Lernen ist im europäischen Raum vor allem in Großbritannien bereits seit mehreren Jahren ein ernst zu nehmendes Forschungs- und Praxisfeld, das sich mittlerweile als eigenständiges Forschungsfeld herauskristallisiert hat (Traxler 2010c). Vor allem hat Mobiles Lernen im Bereich der Schulpädagogik Fuß gefasst und gewinnt auch in Zusammenhang mit Lernen in der Hochschule oder im beruflichen Umfeld schnell und zunehmend an Bedeutung (siehe bspw. die Beiträge in Rummler et al. 2011b). Im deutschsprachigen Raum wird seit ca. 2003 vermehrt zu Mobilem Lernen publiziert (Ernst 2008, S. 12). Auch hier geht es um die Implementierung von Mobiltechnologien in Bildungskontexten wie Schule, Hochschule, Berufsausbildung und beruflicher Weiterbildung. Wie der Wissenschaftsprozess hier verlaufen wird, ist noch nicht abzusehen. Auch ist bislang unklar, ob Mobiles Lernen ähnlich an Prominenz gewinnen wird, wie das in Großbritannien der Fall ist. Deutlich wird jedoch allmählich, dass sich die medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Forschung im deutschsprachigen Raum von der Technologie und den mit der Nutzung verbundenen Risiken zu lösen beginnt und die Lerner in den Mittelpunkt stellt. Dabei sind es die medial geprägten Handlungskompetenzen der Lerner und ihre im alltäglichen Umgang mit Medien ausgebildeten kulturellen Praktiken, die die Anbindung mobiler digitaler Technologien an formelle und informelle Lernkontexte ermöglichen sollen (siehe dazu Kapitel 2.3 und 3 für weitere Ausführungen4). Wie solch eine Verbindung zwischen unterschiedlichen alltäglichen Kontexten der Schüler möglich ist und aussehen kann, wurde beispielsweise in einem Projekt von medien+bildung.com (www.medienundbildung.com), einer Einrichtung der Landeszentrale für 4 Siehe zudem bspw. für den Bereich schulischen Lernens Pachler et al. 2010a; Bachmair 2009a; 2009b; für den Bereich des work-based learning de Witt et al. 2011; Pachler et al. 2011; Hug 2007 mit Anbindung an Mobile-Training-Solutions. Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Medien und Kommunikation (LMK) Rheinland-Pfalz, gezeigt. Hier wurde im Rahmen des „MyMobile“-Projekts das Handy in unterschiedlichen Schularten und Schulfächern genutzt (Risch 2010). Erste Grundannahmen, Themen und Felder Mobiles Lernen beruht – und dies ist unabhängig vom regionalen und kulturellen Kontext zu beobachten – auf einer Vielzahl von Grundannahmen. Eine große Menge an Begriffsbestimmungen und Definitionsversuchen sind ebenso charakteristisch für diese junge Disziplin wie die Annäherung an das Wesen Mobilen Lernens über die Praxisforschung und unterschiedliche Blickwinkel auf die Implementierung in Lehr-/Lernkontexte und Theorieentwicklung. Bisher wurde der Versuch, das Feld zu systematisieren, erst in Ansätzen unternommen. Gerne wird dazu eine Gliederung von Niall Winters (2006) herangezogen, der zwischen „Technologiezentrierung“, „Beziehung zum E-Learning“, „Erweiterung der formalen Bildung“ und „Lernerzentrierung“ unterscheidet (siehe dazu bspw. auch Belshaw 2011). Auch Norbert Pachler et al. (2010a) ziehen eine Kategorisierung heran, die von Mike Sharples (28.03.2006) vorgeschlagen wurde und aus dem Jahr 2006 stammt. Dies ist als erste Annäherung an eine Systematisierung des Wissenschaftsprozesses hilfreich. Allerdings ist diese Auflistung mittlerweile bereits fünf Jahre alt, und in der Zwischenzeit haben sich Entwicklungen im Bereich des Mobile Learning getan, die es erlauben, eine differenzierte Einordnung dieser Themenschwerpunkte bzw. Entwicklungslinien vorzunehmen. Die Mobile-Learning-Forschung, für die eine anfängliche Fokussierung auf Technologien dominierend war, bedenkt von technologischen Entwicklungen ausgehend die damit einhergehenden Möglichkeiten für Lernen wie z. B. allgegenwärtige („ubiquitous“) mobile Nutzungsmöglichkeiten, Ortsabhängigkeit („location awareness“) und die Vernetzung und Kompatibilität zwischen unterschiedlichen Medien und Technologien. Die medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Forschung zum Mobile Learning hat in ihrer frühen Phase ebenfalls Technologien und deren Möglichkeiten aufgegriffen, um sie für den Unterrichtseinsatz oder – allgemeiner – für 55 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Lehren und Lernen kritisch zu reflektieren. Inzwischen stehen jedoch Lernerzentrierung und mediendidaktische Aspekte im Unterrichtsgeschehen, wie lernerzentriertes, personalisiertes und situiertes Mobiles Lernen, deutlicher im Zentrum der Betrachtungen. Die Technologien werden als infrastrukturelle Grundlage und Ressource angesehen, bei deren Nutzung Nutzer auf kulturelle Praktiken (siehe dazu Kapitel 3.1.5) zurückgreifen und kulturelle Praktiken ausbilden. Entsprechend ist die pädagogiknahe Forschung zum Mobilen Lernen darauf ausgerichtet, zu erfassen, „wie die Mobilität der Lerner, erweitert durch persönliche und öffentlich verfügbare Technologien, zum Prozess der Gewinnung von Wissen, Fähigkeiten und Erfahrungen beitragen kann“ (Sharples et al. 2007a, S. 3): „Research into mobile learning is the study of how the mobility of learners augmented by personal and public technology can contribute to the process of gaining new knowledge, skills and experience.” (ebd.) Trotzt starker Tendenzen der Theoriebildung befasst sich die medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Mobile-Learning- Forschung schwerpunktmäßig mit Praxisforschung, um auf dieser Grundlage sowohl Theoriebildung zu betreiben als auch pädagogische Praxis für schulische und außerschulische Bildungskontexte zu entwickeln und im Sinne einer Didaktik zu operationalisieren.5 Soziologie und E-Learning als Bezugsdisziplinen der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Forschung zum Mobile Learning stellen dabei zwar selten explizite, dennoch wichtige Grundlagen zur Verfügung, die vor allem Mobilität und gesellschaftliche Alltagsphänomene der Mobilkommunikation hinterfragen. Gerade die frühe soziologische Forschung zur Nutzung mobiler Technologien, häufig des Handys, stellt ein grundlegendes Verständnis der sich verändernden Individualkommunikation, der interpersonellen Kommunikation und der gesellschaftlichen Implikationen sowie der Implikationen für die 5 Zu Praxisbeispielen siehe beispielsweise Futurelab Report 11 (Naismith et al. 2004) und Futurelab Handbuch „Handhelds“ (Faux et al. 2006), die Tagungsbände der IADIS Mobile Learning Conference (www.mlearning-conf.org) und der m-learn- Konferenzen (jährlich wechselnde Webadressen) sowie Kapitel 4; zur Operationa- lisierung siehe Ben Bachmairs Ansatz in Kapitel 3.3 sowie de Witt et al. 2011. 56 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Persönlichkeitsentwicklung bereit. Ihre Implikationen für Lehren und Lernen bearbeitet die medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Forschung. Beispielsweise sind die sich verschiebenden Grenzen zwischen Öffentlich und Privat und die Etablierung neuer Grenzen nicht nur grundlegende Themen der soziologischen Forschung, sondern aus medienpädagogischer und erziehungswissenschaftlicher Sicht auch wesentliche ethische Fragestellungen und Aspekte des Jugendmedienschutzes. Die Bearbeitung medienpädagogischer und erziehungswissenschaftlicher Fragestellungen, die in Zusammenhang mit Handynutzung stehen, ging vor allem im deutschsprachigen Raum zunächst von den Risiken der Handynutzung aus. Damit haben sie eine deutlich ethische Ausrichtung und sind dem Jugendmedienschutz zuzuordnen (siehe dazu Kapitel 2.3.3.1). Der Hinweis auf die technologische Konvergenz und die damit verbundene einfache und schnelle Distribution von problematischen Inhalten (pornografische Darstellungen, Happy Slapping,6 Bullying7) wurde so zu Ausgangspunkten, um zu beleuchten, wie es Pädagogik möglich sei, „Reflexionsprozesse bei Jugendlichen anzustoßen, ihr Unrechtsbewusstsein zu fördern, sie für Ursachen von Gewalt zu sensibilisieren und ihnen positive, kreative und aktive Zugänge zu den Medien zu erschließen“ (Anfang et al. 2006, S. 7). Systematisierung der Mobile-Learning-Diskussion Den Verlauf des bisherigen Wissenschaftsprozesses nachzuzeichnen, erscheint notwendig, um die Mobile-Learning-Diskussion zu verstehen, Mobiles Lernen als Thema und als Forschungsdisziplin zu erfassen und greifbar zu machen und Ergebnisse abzuleiten, die den aktuellen Stand der Mobile-Learning-Diskussion kritisch hinterfragen. Durch eine Systematisierung soll es zudem möglich werden, die medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Forschung zum Mobilen Lernen in ihrem Ursprung zu begründen, ihre selbstgeschaffene Legitimationsbasis nachzuvollziehen, ihren aktuellen Status quo zu 6 Happy Slapping: Jemanden schlagen und dies filmen bzw. sich dabei filmen lassen. 7 Bullying: Mobbing. In Zusammenhang mit dem Internet auch Cyber-Bullying. 57 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses rahmen und sowohl Tendenzen in der bisherigen Diskussion – bezogen auf Theorianwendung, Theoriebildung und Praxisforschung – als auch Ansätze künftiger Forschungsperspektiven zu thematisieren. Die Beschreibung und Erklärung des Wissenschaftsprozesses geschieht im Folgenden mittels einer Methode, die sich an die qualitativ- heuristische Sozialforschung anlehnt (siehe dazu Einleitung sowie Krotz 2005b). Die Analyse des Wissenschaftsprozesses berücksichtigt Aspekte, die sich nach Kategorien der qualitativ-heuristischen Sozialforschung richten. Um die Genese und Weiterentwicklung des Wissenschaftsprozesses zu beschreiben und greifbar zu machen, wird im Folgenden seine Struktur nachgezeichnet. Sie wird durch ihre Elemente und die Beziehungen der Elemente zueinander beschrieben. Zur Beschreibung des Prozesses gehört auch, die Kontexte zu berücksichtigen, in die der Wissenschaftsprozess eingebettet ist, sowie Handlungspraktiken, die den Prozess konstituieren. Kontext, Handlungspraktiken und Struktur gliedern dieses Kapitel. Der Kontext fasst die Bezugsdisziplinen, die Handlungspraktiken fassen die Begründungen, Konzepte und Definitionen und die Struktur fasst die Phasen und Entwicklungslinien. Die Elemente des Wissenschaftsprozesses sind innerhalb dieser drei Aspekte gefasst. Durch die Beziehung, in der die Elemente zueinander stehen, ergeben sich Themenschwerpunkte, die sich inhaltlich ähneln. Diese Gemeinsamkeiten sind es, die die inhaltliche Konkretisierung bzw. Beschreibung der Kontexte, Handlungspraktiken und Struktur ergeben. Der Wissenschaftsprozess kann, wie einleitend angemerkt, zeitlich sowie auch thematisch gefasst werden. Die zeitliche, horizontale Dimension wird durch den Begriff „Phasen“ ausgedrückt, die thematischen, vertikalen Schwerpunkte werden als „Entwicklungslinien“ bezeichnet (siehe Abbildung 1). Mit Blick auf die Entwicklungslinien und die Handlungspraktiken ist anzumerken, dass diese zwar als historisch und logisch entstanden zu sehen sind, aber gleichzeitig auch als Forschungsschwerpunkte und -fragestellungen zu betrachten sind, die zeitliche Phasen überdauern und die Wissenschaftsdiskussion je nach „Trend“ dominieren oder eben auch in den Hintergrund geraten. 58 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses mobile classroom schultest I mobile classroom schultest II project handy eBag Sharples et al. Theory of mobile learning Pachler et al. Socio-cultural ecology of mobile learning 2000 2004 2005 2007 2008 2011 FU TU R E PAST Phase 2:Anw endung Phase 1:Exploration Phase 3:Entw icklung Abbildung 1: Phasen des Wissenschaftsprozesses, Entstehungszeitpunkt zweier zentraler Theorien und Modelle sowie Zeitpunkt der Durchführung der in Kapitel 4 diskutierten Praxisprojekte (eigene Darstellung). 59 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Kapitel 2 ist auf die Entwicklungen in Großbritannien bezogen und wird durch Aspekte der Mobile-Learning-Forschung und -Praxis aus Österreich, der Schweiz und Dänemark ergänzt, wo sie so in Großbritannien nicht sichtbar sind bzw. zum Zeitpunkt der Bearbeitung der Thematik so nicht sichtbar wurden, für den Erkenntnisgewinn aber als wichtig erachtet wurden. Letzteres gilt auch für Kapitel 4, die Praxisanalyse. Kapitel 3 und 4, die den aktuellen Status quo der Theorieentwicklung fokussieren und auf dieser Grundlage ein Modell zur Beschreibung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis verfügbar machen, sind als punktuelle Vertiefung zu verstehen. Wichtig ist dabei, festzuhalten, dass auch Kapitel 3 und 4 Teil des in Kapitel 2 erarbeiteten Wissenschaftsprozesses sind. Die punktuelle Vertiefung bezieht sich auf den aktuellen Entwicklungsstand der Mobile-Learning-Diskussion, also auf die dritte Phase der Mobile-Learning-Diskussion, die am Ende des ersten Kapitels beschrieben ist. Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens, die Teil dieser dritten Phase ist, wird aufgrund ihrer potenziellen Relevanz für die Mobile-Learning-Forschung separat in Form eines Literaturberichts behandelt und durch Konzepte wie Learner-generated Contexts und Versuche einer kulturökologisch informierten Didaktik des Mobilen Lernens ergänzt. Als weitere Vertiefung der dritten Phase findet in Kapitel 4 die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens bei der Beschreibung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis Anwendung. Dabei wird die heuristische Analyse des Wissenschaftsprozesses durch die hermeneutische Analyse von Mobile-Learning-Praxis vertieft. 60 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses 2.1 Kontexte des Wissenschaftsprozesses: Ursprungs- und zentrale Bezugsdisziplinen der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile-Learning-Forschung Als Kontext der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile-Learning-Diskussion werden im Rahmen dieser Arbeit vornehmlich die britischen Forschungsaktivitäten herangezogen. Dort, wo Einflüsse aus dem deutschsprachigen Raum (und mit einer Ausnahme auch Dänemark) für die Diskussion relevant sind, werden auch sie aufgegriffen. Was nun die Kategorien betrifft, die hier unter „Kontext“ gefasst werden, so sind sie im Rahmen dieser Arbeit im Laufe der Auseinandersetzung mit der „Geschichte“ des Mobilen Lernens entstanden und mittlerweile als die folgenden fünf zentralen Bezugspunkte greifbar: ‐ Keyplayer, Konferenzen und Publikationen haben sich in den vergangenen Jahren als leitend in der britischen und teils auch internationalen Mobile-Learning-Forschung herauskristallisiert. ‐ Bei der Grundlagenforschung werden häufig die technologischen Entwicklungen und Projekte angeführt, die in den 1970er, 1980er und 1990er Jahren wegweisend waren (Sharples 2003; Clark 2007). Hier werden allerdings Projekte des frühen 21. Jahrhunderts aufgegriffen, da sie die aussagekräftigeren Referenzpunkte für den hier dargestellten Wissenschaftsprozess sind. ‐ E-Learning wird häufig als Ursprungsdisziplin des Mobile Learning präsentiert. Mobile Learning wird als Subdisziplin des E-Learning eingeordnet und damit als Teilbereich des Distance Learning beschrieben (Clark 2007, S. 1). ‐ Die soziologische Forschung bietet Grundlagenforschung zu Mobilität, Veränderungen in der Gesellschaft und Veränderung bei der Persönlichkeitsentwicklung, die in Zusammenhang mit der Verwendung von Mobiltechnologien im Alltag stehen. ‐ Die Nutzung von Mobiletechnologien durch Jugendliche in ihrem Alltag ist für die medienpädagogische Forschung in Deutschland jährlich systematisch erhoben und bietet Erklärungsansätze für Häufigkeit und Gründe der Nutzung sowie Nutzungspräferenzen (siehe bspw. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) 2009a). 61 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Obwohl sich die psychologische Forschung bereits seit einigen Jahren mit der Mobilkommunikation auseinandersetzt – vor allem Nicola Döring, Professorin an der Technischen Universität Ilmenau, ist in diesem Forschungsbereich bereits seit mehreren Jahren sehr aktiv (siehe als frühe Forschung bspw. Döring 2002a; 2002b; 2005a; 2005b; sowie Ernst 2008) –, dient die psychologische Forschung der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Forschung zurzeit kaum als Bezugsdisziplin. Allerdings wird in einigen Bereichen der Aufklärung mobiler Mediennutzung, d. h. im Bereich des Jugendmedienschutzes, auf Dimensionen verwiesen, die in den Bereich der psychologischen Forschung zur Mobilkommunikation (Döring 2005b) einzuordnen sind. Der Wissenschaftsprozess der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Forschung zum Mobilen Lernen wird im Folgenden also durch zentrale Wissenschaftler, Institutionen und Veranstaltungen, relevante Bezugsdisziplinen und die Projekte der Grundlagenforschung kontextualisiert. Dies geschieht, um die Entstehung und Entwicklung des Wissenschaftsprozesses verstehbar und nachvollziehbar zu machen. Dabei soll auch deutlich gemacht werden, welche wissenschaftlichen und anknüpfungsfähigen Bezugspunkte die medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Mobile-Learning- Diskussion in Großbritannien hat, welche grundlegenden Fragestellungen das Forschungsfeld in seinem Ursprung rahmen und welches Selbstverständnis Mobile Learning als Disziplin entwickelt hat. 2.1.1 Zentrale Personen, Institutionen und Tagungen der britischen Diskussion Aktuell wegweisend für die medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Forschung zum Mobilen Lernen ist im europäischen Raum die Forschung aus Großbritannien. Schlüsselfiguren der britischen Mobile-Learning-Diskussion wie John Traxler (Professor of Mobile Learning an der University of Wolverhampton), Mike Sharples (ehemals Professor of Learning Sciences an der University of Nottingham, jetzt Professor und Chair in Educational Technology an The Open University), Giasemi Vavoula (Academic Fellow an der University of Leicester), Agnes Kukulska-Hulme (Professor of Learning Technology 62 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses and Communication an The Open University), Norbert Pachler (Professor of Education am Institute of Education der University of London) und John Cook (ehemals Professor of Technology Enhanced Learning (TEL) an der London Metropolitan University, jetzt Professor am Department of Education der University of the West of England) sind bemüht, das Feld des Mobilen Lernens aus medienpädagogischer und erziehungswissenschaftlicher Perspektive bzw. mit Blick auf erziehungswissenschaftliche und pädagogische Disziplinen zu umreißen und Mobiles Lernen praktisch umzusetzen, zu definieren und theoretisch weiterzuentwickeln. Die meisten der eben genannten Wissenschaftler haben mittlerweile bereits internationale Reputation erlangt. Im deutschsprachigen Raum sind beispielsweise Wissenschaftler an der Universität Ilmenau (Nicola Döring) und der FernUniversität in Hagen (Claudia de Witt), am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO (Liza Wohlfart, Simone Martinetz, Alexander Schletz) und an der Fachhochschule Nordwestschweiz (Christoph Pimmer) (siehe dazu auch Ernst 2008, S. 12) mit Forschung zum Mobilen Lernen befasst (siehe dazu auch das Programm der Konferenz „Mobile Learning: Crossing boundaries in convergent environments“ auf www.londonmobilelearning.net/bremen). Ben Bachmair, ehemals Professor für Medienpädagogik und Mediendidaktik an der Universität Kassel und mittlerweile u. a. Visiting Professor am Institute of Education der University of London, gehört im deutschsprachigen Raum sicherlich zu den zurzeit wichtigsten Vertretern des Mobilen Lernens im medienpädagogischen Kontext. Eine Community wie in Großbritannien hat sich bisher jedoch weder im deutschsprachigen Raum noch im medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Feld herausgebildet. Nicht zuletzt deswegen muss die Auflistung der Wissenschaftler, die im deutschsprachigen Raum zu Mobilem Lernen forschen, lückenhaft bleiben. Inwieweit Mobiles Lernen in Großbritannien bereits in der Unterrichtspraxis Fuß gefasst hat, zeigen Einrichtungen wie z. B. 63 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Futurelab (www.futurelab.org.uk), Becta8 (www.becta.org.uk) oder JISC9 (www.jisc.ac.uk). Im Auftrag dieser Einrichtungen wurden Literaturberichte erstellt oder Handbücher verfasst, die sich mit dem Potenzial mobiler Technologien in Lehr-/Lernkontexten beschäftigen und sowohl Einsteigern als auch Experten gute Orientierungshilfen bieten (siehe bspw. Berichte und Veröffentlichungen zum Mobilen Lernen unter http://www.futurelab.org.uk/what-we-do/resources sowie http://www.jisc.ac.uk/publications.aspx). Während Futurelab, spezialisiert auf „innovative Herangehensweisen an Ausbildung, Lehren und Lernen“ (Futurelab 2011), Praxisforschung betreibt und neben der Auswertung aktueller Literatur und Forschungspraxis eigene Projekte mit Blick auf Mediennutzung und Lernerperspektive realisiert, sieht Becta als staatlich finanzierte Einrichtung neben der Verbesserung der Lehre durch die Verwendung von Digitaltechnologien auch die bildungspolitische Verankerung von Mobiltechnologien als eine zentrale Aufgabe an. JISC, spezialisiert auf die innovative Verwendung digitaler Technologien in Lehr-/Lernkontexten (Joint Information Systems Committee (JISC) 2011), machte jüngst eine Einschätzung für die Nutzung mobiler Technologien in der Hochschule verfügbar (siehe Belshaw 2011), in der namhafte Vertreter der britischen Mobile-Learning-Diskussion zu Wort kamen. Damit beteiligt sich JISC an der Diskussion über Innovation, Effektivität, Distribution und Nachhaltigkeit digitaler tragbarer Technologien in der Lehre. Deutlicher Indikator für die wachsende Relevanz des Mobilen Lernens sind zum einen die steigende Anzahl und zunehmende Größe von Kongressen, Tagungen, Symposien und Workshops zu diesem Thema (Traxler 2009a, S. 11; Pachler et al. 2010a, S. 50 ff.; für eine umfangreiche Auflistung von relevanten Veranstaltungen, Verbänden, 8 Britische Regierungsbehörde „British Educational Communications and Technology Agency”. Becta wurde zum 31. März 2011 geschlossen. Das Archiv kann abgerufen werden unter http://webarchive.nationalarchives.gov.uk/20110130111510/http://www.becta.org.u k (The Department for Education 2011). 9 Joint Information Systems Committee (JISC) ist eine britische staatlich geförderte Einrichtung zur Forschung, Entwicklung und Umsetzung von Digitalen Technologien für Aus- und Weiterbildung. 64 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Einrichtungen und Zeitschriften siehe ebd., S. 50 ff.). Als internationale zentrale Veranstaltungen haben sich Mlearn (seit 2002), IADIS International Conference Mobile Learning (seit 2005; www.mlearning- conf.org) und Handheld Learning (seit 2006; www.handheldlearning.co.uk) herauskristallisiert (Traxler 2009a, S. 11). Zum anderen ist der Zusammenschluss internationaler Forscher, der die Gründung der International Association for Mobile Learning (IAMLearn) (ehemals kaleidoscope network) zur Folge hatte, ein weiterer Hinweis auf die Etablierung der Disziplin und gibt Einblick in das Selbstverständnis der am Prozess der Implementierung Mobilen Lernens Beteiligten. IAMLearn ist Anlaufpunkt für Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen, vor allem der Erziehungs-, Bildungs-, Computer- und Sozialwissenschaften (kaleidoscope 2011). Auf ihrer Website finden sich u. a. Übersichten zu Mobile-Learning-Projekten sowie Texte zum Mobilen Lernen von zentralen Figuren der Mobile-Learning-Diskussion. Als weitere wichtige Gruppierung hat sich in den vergangenen Jahren die London Mobile Learning Group (LMLG) entwickelt. Daneben wird die zunehmende Institutionalisierung und damit Verstetigung der Disziplin Mobile Learning auch durch die Einrichtung eigener Professuren deutlich: Mittlerweile existiert in Großbritannien gar eine Professur für Mobiles Lernen, die mit John Traxler besetzt ist. 2.1.2 Praxisforschung als Grundlagenforschung: Ermöglichung von Mobilität und Mobilem Lernen in Lehr-/Lernkontexten durch technologische Entwicklungen Im Verlauf der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Forschung zum Mobilen Lernen haben sich Forscher vor allem über Fallstudien (siehe bspw. Kukulska-Hulme et al. 2005) und die Implementierung von Mobiltechnologien in Unterrichtsstrukturen (siehe bspw. Pachler et al. 2011) an Mobiles Lernen angenähert. Für die praktische Umsetzung des Mobilen Lernens stellte es sich neben planerischen Notwendigkeiten als wesentlich heraus, soziokulturelle Aspekte (siehe bspw. Pachler 2007) zu verstehen, pädagogische Praxis zu analysieren und auf ethische Dimensionen (siehe bspw. Wishart 2011) aufmerksam zu machen. Letzteres geschieht vor allem, um Persönlichkeitsrechte der Lerner und der Lehrer oder beispielsweise in 65 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Arbeitskontexten, z. B. im Gesundheitswesen die von Patienten, zu schützen. Auch rechtliche Fragen zum Eigentum an Bild, Ton, Lernmaterialien etc. werden mitbedacht. Diese Aspekte sind im Bereich der Grundlagenforschung erarbeitet worden. Weitere Ergebnisse der Grundlagenforschung beziehen sich beispielsweise, wie John Traxler (2010b, S. 104 ff.) herausarbeitet, auf die Orte des Lernens (z. B. Schule, Freizeit, Museum, Arbeitsplatz etc.), die Sozialformen (z. B. alleine, in Gruppen, in Communities etc.) und die Veränderung des Verständnisses von Raum, Community und Diskurs. Sie gehen einher mit Fragen und Erkenntnissen zu analytischen und didaktischen Methoden und ethischen Grundfragen. Die Rolle der aktiven Lerner (sie lernen personalisiert, verbunden und vernetzt, interaktiv, kollaborativ) wird ebenso unterstrichen wie die der Lehrer (sie beraten, leiten an und führen). Dennoch ist es so, dass Mobiles Lernen aus Sicht des Lernens, weniger des Lehrens betrachtet wird (ebd.). Neben dem „Wann“ und „Wo“ gewinnt also auch das „Wer“, „Wie“ und „Was“ – teils gar das „Warum – an Relevanz für die Forschung. Die frühe Grundlagenforschung ist auf die Verwendung von Mobiltechnologien in Lernkontexten konzentriert. Dieser Bereich ist durchaus bereits der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile-Learning-Forschung zugehörig und hat deutliche Bezüge zu auf Technologieentwicklung ausgerichteten Forschungs- und Industriezweigen und zum technologiegestützten Lernen. Besonders in dieser frühen Phase ist die Entwicklung des Mobilen Lernens deutlich an Forschungsförderungen gebunden. Die in diesem Unterkapitel knapp beschriebenen Projekte werden immer wieder als die zentralen angeführt, recherchiert man zur Geschichte des Mobilen Lernens. Sie gehören zu den großen Vorzeigeprojekten, die innerhalb europäischer Rahmenprogramme gefördert wurden. Ihren Status als zentrale Projekte genießen sie also zum einen aufgrund ihrer prominenten Förderung, zum anderen aber auch, weil es zum jeweiligen Zeitpunkt technologische Innovationen und die innovative Implementierung dieser Technologien in die Praxis sind, die die Einstufung dieser Projekte durch diverse Autoren als wegweisend für den Bereich des Mobile Learning rechtfertigen. Aus Sicht der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Forschung eher als Anekdote einzuschätzen, aber dennoch häufig angeführtes 66 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Beispiel für die Anfänge des Mobilen Lernens, ist beispielsweise das „Dynabook“-Projekt der Forschungsgruppe Lernen von Xerox, Palo Alto Research Center (Egunjobi et al. 2004/2005), das in den 1970er Jahren stattfand. Dynabook war der Entwurf eines tragbaren Multimedia- Computers, der jedoch aufgrund der damaligen technologischen Entwicklungen nicht realisiert werden konnte. Auch eine Lernapplikation war dabei bereits angedacht. (Sharples 2003, S. 2) Wie aus dem folgenden knappen Überblick ersichtlich wird, wurden vor allem mit den Projekten „MOBILearn“, „m-learning“ und „HandLeR“ Bereiche Mobilen Lernens untersucht, die auch aus aktueller Sicht als grundlegend bezeichnet werden können. Das umfasst die Untersuchungen zu Lernen in unterschiedlichen Kontexten ebenso wie die Frage nach dem Einsatz mobiler Technologien zum Lehren und Lernen. Möglichkeiten sondieren und Akzeptanz abschätzen Über das US-amerikanische „Palm Education Pioneers“-Projekt (PEP program; http://palmgrants.scri.com), das im Oktober 2000 initiiert wurde, wurden Lehrer und Schüler von insgesamt 100 Klassen mit Palm- Computern ausgestattet und die innovative Verwendung dieser Geräte in der Schule evaluiert. Daneben stattete das Projekt unabhängige Forscher mit Geräten aus. Die didaktischen Konzepte zum Einsatz der Geräte wurden als Wettbewerb ausgeschrieben. Die besten Konzepte qualifizierten sich für das Projekt. (SRI International 2001) In ihren Zwischen- und Abschlussberichten (Crawford, Vahey Oktober 2001; Crawford, Vahey März 2002; Vahey, Crawford September 2002) finden sich Hinweise auf die Unterstützung des Lehr- und Lernprozesses durch tragbare Technologien, insbesondere im Hinblick auf Leistungserhebung und personalisiertes, kollaboratives, selbstständiges Lernen sowie im Ausblick auf Vernetzungsmöglichkeiten und Konvergenz usw. (Vahey, Crawford September 2002, S. 61 ff.). Laut den Berichten war die Akzeptanz bei den Lehrern groß. Sie sahen Mehrwert für den Unterricht vor allem in den naturwissenschaftlichen Fächern und beim Schreiben, schätzten die Geräte aber auch als wichtig für interdisziplinäres Lernen ein. (ebd., S. iii) 67 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Öffnung des Raums Schule und die aktive, vernetzende und konstruktive Rolle der Lerner Das „MOBILearn“-Projekt (http://www.mobilearn.org) lief von 2002 bis 2004 und war durch die Europäische Kommission innerhalb des 5. Rahmenprogramms (FP5) kofinanziert. Die Gesamtkosten des Projekts beliefen sich auf knapp 8 Millionen Euro. Mit 24 Partnerorganisationen aus aller Welt international angelegt, fokussierte das MOBILearn „kontextsensitive Herangehensweisen an informelles Lernen, problembasiertes Lernen und an Lernen am Arbeitsplatz“ (MOBIlearn Consortium 2005a). Neben der Erstellung von lernrelevanten Informationen und Inhalten standen auch deren Verwaltung, Zulieferung und Nachverfolgung im Vordergrund. Dabei sollten vor allem Blended Learning, ortsbezogenes Lehren und Lernen und die Fähigkeit, Informationsquellen und Ratschläge zu interpretieren, unterstützt werden. (MOBIlearn Consortium 2005b) Die Zusammenfassung des MOBILearn- Projekts von Keegan (Keegan 2005) macht die Nähe des Forschungsdesigns zum E-Learning deutlich. Es ginge um effektives Lehren und Lernen, Instructional Design und die „Entwicklung von E- Learning-Inhalten für Mobiles Lernen“ (ebd.). Als zentrale Erkenntnisse aus dem Projekt (Sharples 2007a) wurden gewonnen: ‐ Es ist der Lerner, der mobil ist. ‐ Wie Lernen mit dem Alltag verwoben ist. ‐ Mobiles Lernen kann sowohl komplementär als auch konfligierend zu formaler Ausbildung sein. ‐ Die Wichtigkeit des Contextes, den die Lerner durch Interaktion konstruieren. ‐ Ethische Aspekte: Privatsphäre, Besitz. Was hier stichpunktartig formuliert ist, war lange Zeit und ist noch als zentraler Ausgangspunkt für die dann folgende medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Forschung zum Mobilen Lernen zu sehen. Vor allem die Erkenntnisse, dass nicht die Technologien, sondern die Lerner mobil sind oder dass Lerner ihre Lerncontexte selbst herstellen, sind heute noch wichtige Grundannahmen und bedeuten den Schritt weg von einer Technologiezentrierung des Forschungsfeldes. 68 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Fragestellungen zur Steigerung der Lernleistung und der Persönlichkeitsentwicklung der Lerner in schulischen Lernkontexten Das „m-learning“-Projekt (www.mlearning.org/archive/index.html) wurde von der Europäischen Kommission innerhalb des 5. Rahmenprogramms (FP5) der Europäischen Kommission unter dem Information Society Technologies Programme (IST) gefördert. Koordiniert aus Großbritannien waren zudem Partner aus Italien und Schweden involviert. Das Projekt lief von 2001 bis 2004 und war mit Kosten von über 4 Millionen Euro veranschlagt. (Europäische Kommission 2007) Hintergrund des Projekts waren die zunehmenden Probleme von jungen Lernern im Bereich der Lese- und Rechenfähigkeiten. Auch fehlender Teilnahme am Ausbildungssystem und sozialer Exklusion wollte man mit dem Projekt entgegenwirken. Dies sollte mit der Verwendung eigens entwickelter Module und Spiele geschehen. Der Schwerpunkt der Untersuchungen lag auf der technologischen Ausstattung und dem Umgang der Lerner mit den Mobiltechnologien; es ging darum, das Zusammenspiel zwischen den mobilen und regulären Lerninhalten auszuloten und Gesundheitsrisiken exzessiver Nutzung von Mobiltechnologien einzuschätzen. (M-learning Consortium 2005) Die Ergebnisse zeigen die Steigerung in Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten auf und weisen darauf hin, dass sowohl kollaboratives als auch unabhängiges Lernen stattfindet und die Lerner zur Reflexion ihrer eigenen Lernleistung angeregt werden. Weiterhin wurde die Hemmschwelle bei der Nutzung von Digitaltechnologien wie dem PC durch die Handynutzung abgebaut. Handynutzung motiviert Lerner zum Lernen, da Formalität abgebaut und die Aufmerksamkeitsdauer gesteigert wird. Letztlich geben die Mobiltechnologien den Lernern Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. (ebd.) Personalisierbarkeit der Technologien, Besitz der Geräte und Anerkennung im Alltag gebräuchlicher Anwendungen zum Lernen „HandLeR“ (Handheld Learning Resource; www.eee.bham.ac.uk/handler) wurde bis 2002 durch Mitarbeiter der University of Birmingham realisiert (Sharples et al. 2001). Bezugspunkt war Lernen auch außerhalb von Bildungskontexten (University of Birmingham 2002b). Dabei galt es 69 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses jedoch nicht nur, Lernen im Alltag zu erforschen, sondern auch, Schüler im Alter zwischen sieben und elf Jahren das eigens für dieses Projekt entwickelte Gerät für das tägliche Lernen – zu Hause oder in der Schule – nutzen zu lassen (Sharples 2003, S. 8). Es sollte ihnen als Lernhilfe dienen. Die Funktionen, die dabei zum Einsatz kamen, waren (Sharples 2007a): ‐ multimediale Notizen machen, ‐ die integrierte Kamera, ‐ die drahtlose und Telefonanbindung, ‐ Eingabe über einen digitalen Stift sowie ‐ Notizen machen, sie in Concept Maps organisieren, sie mit anderen Lernern austauschen. Die Forscher konnten aus diesem Projekt folgende zentrale Erkenntnisse gewinnen (Sharples 2003, S. 14): ‐ Schüler empfanden es als spannend, ein tragbares Gerät zu besitzen, mit dem es möglich ist, zu fotografieren, Eingaben zu machen und zu kommunizieren. Auch beurteilten sie ihren Lernerfolg als durchaus positiv. Die Lehrkraft hingegen stufte das Gerät als wenig hilfreich ein, um das Lernen der Schüler außerhalb des Klassenzimmers zu organisieren und Profile ihrer Lernaktivitäten und -leistungen zu erstellen. ‐ Bei der Verwendung von tragbaren Geräten zum Lernen wird Kontrolle über das Gerät ebenso zum Thema wie Kontrolle über die Situationen, in denen das Gerät zur Organisation und Kontrolle des Lernens dient. ‐ Es wird empfohlen, die Geräte der Schüler zu verwenden, sofern diese welche verfügbar haben. Zusätzliche Geräte anzuschaffen für Schüler, die keine Mittel zur Anschaffung von Technologien haben, bedeute für die Schule einen wesentlich geringeren finanziellen Aufwand. ‐ Es sei erforderlich, für die Geräte angemessene Lernsoftware zu entwickeln. Aber auch hier gelte, dass Schüler geeignete Software mit in die Schule bringen dürften, ebenso wie Software, die nicht unmittelbar in Zusammenhang mit Lernen steht, z. B. Spiel- und Kommunikationssoftware. 70 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses ‐ Es sei durchaus denkbar, dass die Geräte orts- bzw. kontextabhängig bestimmte Software zur Verfügung stellten, z. B. zum Lernen notwendige Applikationen im Klassenzimmer, außerhalb des Klassenzimmers zusätzlich auch Spiele und andere Anwendungen, die die Schüler in ihrer Freizeit nutzen. Die von Mike Sharples als Ergebnisse des HandLeR-Projekts beschriebenen Punkte können als Grundlagen der Mobile-Learning- Forschung bezeichnet werden, die Handlungskompetenzen und Notwendigkeiten der Lerner mit berücksichtigen wie z. B. Personalisierung und Besitz der Geräte sowie alltagsbezogenen Technologieeinsatz und ortsunabhängiges und kontextualisiertes Lernen. Erkenntnisse zur Mobilität (wer oder was ist mobil?) dienten der Weiterentwicklung der Disziplin bezüglich der Theoriebildung. 2.1.3 Mobile Learning als Teilbereich des E-Learning und auf dem Weg zur Eigenständigkeit Mobiles Lernen lässt sich vor allem im Bereich des E-Learning ansiedeln. Dies spiegelt sich in frühen Definitionsversuchen wider, wie Mike Sharples (2007b) anmerkt. Auch heute noch wird Mobile Learning oftmals als Teilbereich des E-Learning beschrieben (Traxler 2005; 2009b, S. 1; del Mundo 2009; de Witt et al. 2011; Auer et al. 2011; Ernst 2008, S. 12). Bezogen auf Lernformen beispielweise kann E-Learning grundsätzlich als die Disziplin angesehen werden, die auf technologischer Ebene die Voraussetzungen für das individualisierte Lernen geschaffen hat (Benedek 2007, S. 38). Dennoch ist auch dies vor dem Kontext des jeweiligen Forschers zu sehen. Für die einen hat Mobiles Lernen seinen Ursprung im Bereich des E-Learning und stellt, durch technologische Entwicklungen ermöglicht, die Ausweitung des desktopgestützten Lernens dar. Für andere Wissenschaftler ist die Forschung zum Mobilen Lernen möglicherweise in der Alltagsmediennutzung begründet u. s. w. Klar jedoch ist, dass sich viele der Keyplayer in der britischen Mobile- Learning-Forschung zuvor mit Technology Enhanced Learning (TEL) befasst haben und aus dem Bereich der E-Learning-Forschung kommen. 71 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Das folgende Unterkapitel möchte drei Aspekte aufgreifen: 1. Als Erstes wird die Verwandtschaft des Mobilen Lernens zum E- Learning dargestellt. 2. In einem weiteren Schritt wird der Ablöseprozess des M-Learning vom E-Learning fokussiert, der sich vor allem aus dem Wechsel der Idee der Zulieferung von Wissen zur aktiven Aneignung von Wissen durch die Lerner ergibt. 3. Dass Mobile Learning inzwischen jedoch eine eigenständige Disziplin ist, die desktopgestützte Technologien lediglich als konvergente Technologien und Ressourcen ansieht, soll der abschließende Teil dieses Unterkapitels deutlich machen. Die Konsequenzen, die sich aus dieser verwandtschaftlichen Nähe des M-Learning zum E-Learning ergeben, sind eher systematischer Art. Sie werden im Folgenden ebenfalls mitbedacht. Mobile Learning als Weiterentwicklung des desktopgestützten E- Learning Mobiles Lernen wird oftmals als konsequente Weiterentwicklung des desktopgestützten E-Learning angesehen. Zunächst ist der Schritt vom „E“ zum „M“ mit Blick auf die Tragbarkeit der digitalen Technologien naheliegend. Daraus ergeben sich in der Denklinie der Zulieferung und des Verfügbarmachens von Lerninhalten Notwendigkeiten wie z. B. die Miniaturisierung der Lerneinheiten oder die Vereinfachung der Bedienbarkeit. In den vergangenen Jahren hat sich eine Sparte entwickelt, die sich mit der Erstellung von z. B. Lernobjekten (Learning Objects – LOs), Lernprogrammen und Lernmaterialien befasst. Auch das Microlearning ist unter diesen Aspekt einzuordnen (siehe dazu Kapitel 2.3.1). Auch wenn hier Technologien zentrale Referenzpunkte sind, stellt sich beim Versuch der Beschreibung von Unterschieden zwischen E-Learning und Mobile Learning die Annäherung über die Technologien jedoch als nicht zielführend heraus, wie John Traxler (2005, S. 263) anmerkt und wie auch bei András Benedek (2007, S. 38) durchscheint. Allein die Frage nach der Zuordnung von Tablet-PCs (siehe Abbildung 2) macht die Problematik solcher technologiezentrierten Kategorisierungsversuche 72 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses deutlich, da diese weder ausschließlich den mobilen noch ausschließlich den E-Learning zugeordneten Technologien zugehören (Traxler 2005, S. 263). Abbildung 2: Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen M- Learning und E-Learning mit Blick auf die Technologien (Traxler 2005, S. 263). Ablöseprozess des Mobile Learning vom E-Learning: Personalisierbarkeit der Technologien, Personalisierbarkeit des Lernens Mit der Nähe des Mobilen Lernens zum E-Learning ist auch zu erklären, welche theoretischen Modelle lange Zeit als grundlegend galten und dass theoretische Grundlagen, die als Einordnungs-, Theorie- und Analysemodelle (Benedek 2007, S. 37) zum Lernen mit mobilen Technologien herangezogen werden, aus der Forschungstradition des E- Learning stammen (Traxler 2005 sowie Traxler 2009b). So ist beispielsweise die Idee des vernetzten Lernens unabhängig von Zeit und Ort – eines der zentralen Merkmale Mobilen Lernens – mit Blick auf die Methoden des E-Learning nicht neu. Mobile Learning kann aber auch als die Reaktion auf das „konventionelle“ E-Learning und dessen Grenzen (Traxler 2009b, S. 1) erscheinen. 73 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses „Konventionelles“ E-Learning, so Traxler, ist dabei auf der technologischen Ebene durch die Zunahme virtueller Lernumgebungen und den Rückgang von vorgefertigten „Lernpaketen“ gekennzeichnet. Auf handlungspraktischer Ebene ist die Zunahme sozial-konstruktivistischer und die Abnahme behavioristischer Lernmodelle charakteristisch, und letztlich spielen die Zunahme des Lernobjekt-Ansatzes sowie der zunehmende Fokus auf Multimediaeinsatz und technologische Entwicklungen beim Lernen eine Rolle. (ebd.) Abbildung 3: Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen M- Learning und E-Learning mit Blick auf Lernen (Traxler 2005, S. 264). Als maßgeblich für den Sprung vom E-Learning zum Mobile Learning werden die Möglichkeiten der Personalisierung von tragbaren Technologien und damit einhergehend die Etablierung personalisierter Lerngemeinschaften („personal learning communities”; Benedek 2007, S. 36) beschrieben. Die zunehmende Wertschätzung der Individualisierung von Wissen, die über die Möglichkeit der Personalisierung von Technologien und der Personalisierung des Zugriffs auf Informationen gegeben ist, spricht für die Adaption neuer, flexibler und personalisierbarer Technologien in Lehr- und Lernkontexten mit dem Ziel, 74 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses den kulturellen Praktiken der Nutzer bzw. Lerner gerecht zu werden (ebd.). Sich von technologischen Aspekten zu lösen und, wie András Benedek vorschlägt, die Handlungsebene beim Lernen in systematische Überlegungen miteinzubeziehen, stützt den Anspruch Mobilen Lernens, sich nicht nur auf technologische und infrastrukturelle Aspekte zu reduzieren, sondern den Lerner in den Mittelpunkt zu stellen. Entsprechend sieht John Traxler die Einschränkung auf Technologien als Risiko an, das durch die enge Anbindung von Mobile Learning an E- Learning gegeben ist und das wesentliche pädagogische Aspekte ausklammert (vgl. Traxler 2005, S. 263). Um sich innerhalb einer eigenständigen Disziplin Mobile Learning explizit medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen zu nähern, benennt John Traxler die Herangehensweise an die Frage nach Mobilem Lernen aus Sicht der Lerner als geeigneter, wie durch die Benennung der Eigenschaften von E-Learning- und Mobile-Learning-Technologien deutlich gemacht werden soll (siehe Abbildung 3). Dabei sind jedoch mittlerweile vor dem Hintergrund der Entwicklungen, die das Web 2.0 mit sich bringt, die in aufgeführten Eigenschaften nicht mehr als alleinig dem Mobilen Lernen bzw. dem E-Learning zuordenbar und entsprechend zu justieren. Auf der Suche nach Abgrenzung: Die Frage nach der Einzigartigkeit Mit der Frage nach den Unterschieden zwischen E-Learning und Mobile Learning wirft John Traxler eine Frage auf, die wesentlich scheint und nicht ohne eine gewisse Brisanz für das Selbstverständnis der Disziplin Mobile Learning ist: Bisher lässt sich Mobiles Lernen nur schwer eindeutig von E- Learning oder anderen Formen technologiegestützten Lernens abgrenzen. Sollte sich die Mobile-Learning-Diskussion allerdings deutlicher in Richtung der erziehungswissenschaftlichen Forschung bewegen, so könnte zwar eine Abgrenzung zur Disziplin E-Learning stattfinden. Jedoch würde dann auf theoretische Rahmen zurückgegriffen – John Traxler führt hier informelles Lernen, situiertes Lernen und „mundgerechtes“ („bite-sized“) Lernen an –, die aus Sicht der Lerner argumentieren. Somit würde sich die Frage stellen, ob nicht auch andere, eher als „traditionell“ verstandene Lernformen „mobiles“ Lernen sind. (Traxler 2005, S. 264) Mobiles Lernen bliebe damit willkürlich und uneigenständig. 75 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Mobiles Lernen als eigenständige Disziplin zu verstehen, birgt Chancen und Risiken für die Disziplin in sich: Die Anbindung an E-Learning mag dazu beitragen, die Akzeptanz tragbarer Technologien für Lernen zu stärken und das Feld relativ klar zu umreißen. Jedoch sprechen für die Loslösung des „M“ vom „E“ die Chancen, die in der Radikalität eines vollkommen neuen und unterschiedlichen Bereiches liegen, auch wenn das Feld Mobile Learning zunächst als diffus und nur schwer fassbar erscheint und seine Implikationen für die Anbindung an Lernen zunächst hinderlich sein können. (ebd., S. 265) Daneben sind es aber auch, wie John Traxler feststellt, pädagogische Notwendigkeiten, technologische Innovationen, (finanzielle Projekt-)Förderungen sowie die Tatsache, dass Mobiles Lernen aus unterschiedlichen Regionen, Institutionen und Disziplinen kommt, die Mobile Learning zu dem machen, was es zur Zeit ist, die es aber gleichzeitig auch begrenzen und Herausforderungen darstellen (Traxler 2010c). Dass Mobile Learning mittlerweile als eigenständige Disziplin zu bewerten ist, ist nicht allein der Tatsache zu zollen, dass sich Lernen vom „Desktop in die Tasche“ (from the „desktop into the pocket“; vgl. bspw. Clark 2006) verlagert hat. Auf der Suche nach „einzigartigen pädagogischen Nutzungsmöglichkeiten“ (Klopfer et al. 2002) mobiler Technologien, und damit implizit nach einer Abgrenzung der Felder E- Learning und Mobile Learning, fokussieren Laura Naismith et al. (2004) Aktivitäten der Lerner, die mit eher statischen Technologien so nicht möglich sind. Dazu kategorisieren sie Technologien anhand der Dimensionen tragbar, statisch, geteilt und personalisiert (siehe Abbildung 4). Die Grafik aus dem Jahr 2004 ist zwar bezüglich der verfügbaren Technologien nicht auf dem aktuellen Stand, dennoch wird die Flexibilität deutlich, die bisher als relativ statisch begriffenes Lernen erfährt. Dies soll auch in der Beschreibung „einzigartige pädagogische Nutzungsmöglichkeiten“ zum Ausdruck kommen. Handlungsspielräume weiten sich, die Möglichkeit, sich ad hoc und ortsunabhängig mit anderen Lernern zu vernetzen, erlaubt flexible und situationsangemessene Lernaktivitäten. Die pädagogischen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, beziehen sich auf Lernen im Feld und in anderen als den schulischen Lernräumen, auf die variable Zusammensetzung von Lerngruppen im Sinn von Sozialformen, auf die Erweiterung von Lernkontexten und auf personalisiertes Lernen. 76 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Abbildung 4: Klassifikation mobiler und statischer Technologien mit Blick auf personalisiertes und gemeinsames Lernen (Naismith et al. 2004, S. 7). In diesem Rahmen führen Laura Naismith et al. die „Tragbarkeit“, die Möglichkeiten „sozialer Interaktion“ mit anderen Lernern und der Umgebung, „Umgebungs-Sensitivität“ der Geräte, die Möglichkeit der „Konnektivität“ sowie Personalisierung („Individuality“) an (ebd., S. 9). 2.1.4 Soziologische Forschung zu Handynutzung, Mobilität und gesellschaftlichen Implikationen der Mobilkommunikation als Grundlagenforschung mit Alltagsbezug Die soziologisch geprägt Forschung hat schon früh damit begonnen, das Thema Mobilität vor allem anhand des Phänomens der Handytelefonie und -nutzung zu untersuchen. Sie hat, im Vergleich zur explizit medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Forschung, eine bereits knapp zehnjährige Tradition. Damit ist sie ähnlich alt wie die britische Mobile-Learning-Forschung. Als die früheste internationale Konferenz im Bereich der Sozialforschung zum Thema Mobilkommunikation wird ein Workshop im Dezember 1999 an der Rutgers University, New Brunswick angeführt (Katz, Aakhus 2006b, S. xxii). 77 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses In der soziologischen Forschung rückt nach den „kommunikativen Funktionen“ die Fragestellung der „Veränderung des Alltagsleben durch mobile Kommunikation“ (Wagner 2006, S. 12) in den Vordergrund. Der Fokus liegt dabei zumeist auf den „Auswirkungen des Mobiltelefons auf das Leben seiner Benutzer und auf die Gesellschaft als Ganzes“ (Glotz et al. 2006, S. 13), konkret auf der Veränderung der „Kultur des Zusammenlebens“ (Glotz 2006, S. 9). Darunter fassen Glotz, Bertschi und Locke (2006) u. a. die Frage nach der Veränderung der sozialen Ordnung, nach wirtschaftlichen Implikationen, geschlechterspezifischen Personalisierungsmustern, kulturellen Deutungsmustern, Kommunikation und der Rolle von Handys im Leben von Teenagern sowie private und öffentliche Kommunikation, persönliche und soziale Identitäten unter dem Aspekt (sozialer) Räume, „nichtentfremdete Kommunikation“ sowie die „Transformation des Alltagslebens“. Das Handy wird dabei als „soziales Artefakt“ (Glotz et al. 2006, S. 11) beschrieben, das mobile Kommunikation nicht nur vereinfacht, sondern eine zunehmend komplexere Rolle bei der sozialen Interaktion und im Alltag der Menschen spielt (ebd.) Die soziologische Forschung zur Mobilkommunikation ist weniger in Großbritannien als vielmehr im deutschsprachigen Raum angesiedelt. Sie spielt entsprechend für die britische Mobile-Learning-Forschung eine eher untergeordnete Rolle. Auch für die deutschsprachige medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Forschung hat sie keine explizite Rolle. Allerdings ist sie im Rahmen der Aufarbeitung des Wissenschaftsprozesses aus mehreren Gründen relevant. 1. Mit ihrer Forschung war die Soziologie bereits früh anschlussfähig an die öffentlichen Diskussionen, die zu Risikobereichen geführt wurden, die in Zusammenhang mit der Handynutzung aufkamen, da die Soziologie mit ihrer Forschung Erklärungen für Phänomene bietet, die die sich verändernde Massenkommunikation mit sich bringt. 2. Die soziologische Forschung zur Mobilkommunikation stellt Ergebnisse im Sinne von Grundlagenforschung zur Verfügung, die innerhalb der Mobile-Learning-Forschung mit Praxisforschung in Lehr-/Lernkontexten, teils durch die Europäische Kommission gefördert, gewonnen wurden. Dazu gehören etwa die Fragen nach der Mobilität, nach räumlichen und zeitlichen Veränderungen durch die ständige Verfügbarkeit bzw. Möglichkeit der Kommunikation 78 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses und des Zugriffs auf Informationen, Fragen nach sich verändernden Rollenkonstellationen beim Lehren und Lernen usw. 3. Unter diesem Aspekt könnten Ergebnisse der soziologischen Forschung zu den aktuell dominierenden Bezugsfeldern des Mobilen Lernens eine Ergänzung bieten und mit Blick auf mögliche und noch systematisch zu erschließende Forschungsfelder im Bereich der Mobile-Learning-Diskussion Anregungen geben. Zusätzlich könnten die durch die Soziologie verfügbar gemachten Bereiche Identitätskonstruktion- und -management, Symbolgehalt und Machtkonstellationen, Beschleunigung, Vernetzung, öffentlich- privat, lokal-global etc. aufgegriffen und unter pädagogischen Fragestellungen diskutiert werden. Beschleunigung und Vernetzung, global und lokal Die ständige Erreichbarkeit, die Möglichkeit, Aufenthaltsorte von Handynutzern ausfindig zu machen, ihren Standort abzufragen, Situationen mittels der Fotofunktion auf digitales Bild zu bannen und zu verbreiten oder die Informationsabfrage und -weitergabe sind dabei Phänomene der mobilen Kommunikation (Glotz et al. 2006, S. 12), die eine Neuerung und Beschleunigung des Sammelns und der Weitergabe von Informationen darstellen. Dabei muss auch eine andere Entwicklung, die des Internets, mitbedacht werden, nicht zuletzt, da sich bereits Anfang des 21. Jahrhunderts die Konvergenz dieser beiden Technologien abzeichnete (ebd.) und sich mit den aktuellen technologischen Entwicklungen zunehmend verstärkt. Daneben ist es die berufliche Verwendung des Handys, die bisherige Strukturen auflöst und neue hervorbringt: Die Ausweitung z. B. des „Geschäftshorizonts“ (ebd., S. 14) wird mit dem Handy ebenso möglich wie die Verlagerung der Kernarbeitszeiten und -orte und damit eine Flexibilisierung von Arbeitsplatz und Arbeitszeit (ebd.). Obwohl sich die Handytelefonie als ein globales Phänomen zeigt und hinsichtlich einiger Strukturen kulturelle Kontexte übergreifend gleich verwendet wird – Höflich und Hartmann führen dazu als Beispiel die Verwendung von Handys zum Treffen von Verabredungen an (Höflich, Hartmann 2006, S. 11) –, sind die kulturellen Unterschiede in der Handynutzung dennoch groß (Glotz et al. 2006, S. 9). Dies wird 79 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses besonders dann deutlich, wenn man den Alltag der Nutzer näher untersucht und so auch bei vermeintlich gleichartiger Nutzung ethnografisch geprägte Unterschiede feststellen kann (Höflich, Hartmann 2006, S. 11). Vor dem Hintergrund der steigenden Verfügbarkeit von Informationen und Personen und deren globaler Vernetzung ist es dennoch verwunderlich, dass das Handy weniger globale als vielmehr auf kleinere, individuelle soziale Netzwerke gerichtete Aktivitäten und Identitäten der Handynutzer begünstigt (Glotz et al. 2006, S. 13). Nicht zuletzt scheint das durch die Netzinfrastruktur unterstützt zu sein, die weg von orts- und zeitgebundener Kommunikation hin auf dezentrale und damit individualisierte und heterogene Strukturen gerichtet ist (ebd.). Identitätskonstruktion und -management in privaten und öffentlichen Räumen Die Ausweitung und das Aufrechterhalten von Sozialkontakten durch den Versand von SMS und Bildern ist ebenso ein Thema der soziologischen Forschung zur Mobilkommunikation wie die Identitätskonstruktion durch die Personalisierung von Handys mittels Bildschirmschonern, Klingeltönen und Schutzhüllen (ebd., S. 14). Identitätsmanagement im Rahmen unterschiedlicher sozialer Bezugsgruppen wie Familie, Peers, Geschäftskunden etc. kann beispielsweise durch die Verwendung unterschiedlicher Klingeltöne für unterschiedliche Gruppen von Personen verwendet werden (ebd., S. 15). Soziale Hierarchien können stabilisiert oder ausgehandelt werden, indem beispielsweise Eltern das Handy für Kontrollmechanismen verwenden (ebd.) oder Kinder es ausweichend nutzen (Anruf eben gerade nicht entgegennehmen oder Falschangaben zum Aufenthaltsort machen). Das Aushandeln der Maximalhöhe von Handykosten steht innerhalb von Familien für die Frage, ob sie der sozialen und ökonomischen Folgen des Handelns von Kindern und Jugendlichen und der moralischen und ethischen Implikationen gewahr sind (ebd., S. 16). Emotionsmanagement in Zusammenhang mit Handynutzung scheint eine der Konsequenzen der Personalisierung der Geräte zu sein, aber auch in Zusammenhang zu stehen mit dem Stellenwert des Handys in Bezug auf die Pflege sozialer Beziehungen (ebd., S. 16 f.). Die Verwendung des Handys in öffentlichen Räumen zur Pflege des persönlichen 80 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Gefühlsmanagements wird in diesem Zusammenhang kritisch hinterfragt, auch vor dem Hintergrund unterschiedlicher kultureller Kontexte und der jeweiligen Auffassungen davon, was in öffentlichen Räumen erlaubt ist und was nicht (ebd., S. 17; siehe dazu auch Beispiel 1). Die Wege und Zeiten zwischen Orten, die vor den Zeiten der Mobiltechnologie als „Durchgangsräume“ dienten, werden nun zu sozialen Räumen (ebd.). Auch hier kommt die Verengung von Distanzen und die Ausweitung von Raum und Zeit (ebd., S. 18) deutlich zum Tragen. Handys sind dabei Beschleuniger, sie bringen Geschwindigkeit, Effektivität und Flexibilität in Alltagsleben und -situationen (Katz, Aakhus 2006a, S. 2). Auch erschließen sich neue Nutzungsräume. Handys werden dort hinzugezogen, wo ursprünglich keine Handys verwendet wurden, z. B. beim Einkaufen, auf Partys oder im politischen Leben zur Wahlpropaganda (ebd., S. 2 f.). Eine junge US-amerikanische Frau im überfüllten Bus in Italien telefoniert lautstark mit ihrem zu Beginn des Telefonats noch Freund, dann Exfreund. Das geht genauso aus dem Gespräch hervor wie ihre aktuelle Lebenssituation (sie ist für einen Studiensemester in Florenz) und der Status ihrer Beziehung (eine Freundin in den USA hat ihr zugetragen, dass ihr (Ex)Freund seinen Angaben entgegen doch nicht „treu“ sei und in ihrer Abwesenheit eine Beziehung zu einer anderen Frau hat). Damit einher geht die auffällige Mimik und Gestik der jungen Frau, die auf der Rückbank Platz genommen hat und im Laufe von circa vier Telefonaten mit ihrem (Ex)Freund während der knapp halbstündigen Busfahrt mehrere emotionale Stadien durchläuft; das geht soweit, dass die junge Frau, ihren Freund beschimpfend, in Tränen ausbricht (der Eindruck einer Inszenierung bleibt dem Zuseher nicht verborgen). Es ist erstaunlich, dass die junge Frau ihr Beziehungsleben in der Öffentlichkeit ausagiert. Während sie scheinbar keine Probleme damit hat, ihren Emotionen freien Lauf zu lassen, fragt man sich als Beobachter doch, ob man nicht in der Pflicht wäre, die weinende junge Frau zu trösten oder ihr wenigstens Hilfe anzubieten. Beispiel 1: Junge Frau im Bus (eigenes Beispiel). 81 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Symbolgehalt der Handynutzung und sich verändernde Machtkonstellationen Während Höflich und Hartmann (2006) die Themen Mobilkommunikation in öffentlichen Räumen, Ethik und Normen, soziale Beziehungen und Identität, ergänzt durch einen Schwerpunkt auf ethnografische Forschung und Methodologie fokussieren, setzen sich Katz und Aakhus (2006), die den Begriff „Apparatgeist“ geprägt haben, mit dem Symbolgehalt der Handynutzung und sich verändernde Machtkonstellationen auseinander. Apparatgeist beschreibt die Schnittmenge zwischen der sozialen Person und der mobilen Maschine (Katz, Aakhus 2006a, S. 11). Katz und Aakhus legen unter diesem Aspekt ihren Schwerpunkt auf soziale, kulturelle und materielle Aspekte des Mobilen (ebd.) und sprechen dabei die drei Bereiche Mobilkommunikation, private Gespräche und öffentliche Performanz an (ebd., S. 12). Sie nehmen den Symbolgehalt der Handynutzung und die dadurch entstehende Macht als Ausgangsfragestellung, um zu untersuchen, wie sich das Leben unter den Vorzeichen der Mobilkommunikation verändert hat, wie soziale Konstellationen und Arrangements sich auf Grundlage dieser neugewonnenen „Macht“ im physischen Raum verändern, wie sich soziale Konstellationen durch die Erreichbarkeit verändern und wie sich Lebensgefühl verändert, die Performanz interpersoneller Kommunikation, das Aushandeln und das Aufrechterhalten gesellschaftlicher Ordnung sowie die Regulierung konversationsgeprägter Interaktion und Selbstdarstellung inbegriffen (Katz, Aakhus 2006b, S. xxi). 2.1.5 Alltägliche Mediennutzung als möglicher Ausgangspunkt für die Integration von Wissen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken in Schule und Unterricht Mit den jährlich erhobenen Daten zur Nutzung mobiler Technologien durch den Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (siehe beispielsweise Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) 2009a) steht Material zur Verfügung, das für die Planung von Mobile-Learning-Projekten und Unterrichtseinheiten herangezogen werden kann, denn es gibt einen recht guten Einblick in die Nutzungsmuster, -präferenzen und -gründe der Jugendlichen. Besonders für Ansätze, die wie die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens (siehe 82 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Kapitel 3) den Alltag der Lerner mit in Lernprozess und -strukturen integrieren möchten, eignen sich die Informationen, die aus den JIM- Studien (die „Jugend, Information, (Multi-) Media“-Studien werden jährlich durch den Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest erhoben) ersichtlich sind. Aus Sicht dieses kulturökologischen Ansatzes ist es wesentlich, sowohl ein Verständnis für strukturelle gesellschaftliche und technologische Rahmenbedingungen (siehe dazu neben Pachler et al. 2010a auch Bachmair 2009c sowie Bachmair 2010b) zu entwickeln als auch zu erfassen, wie Jugendliche in ihrem Alltag mit mobilen und konvergenten Technologien wie dem Internet, und dort vor allem dem Web 2.0, umgehen. Den Fokus dabei vor allem – aber nicht ausschließlich – auf das Handy zu legen, ist dem Umstand zu zollen, dass Handys die breiteste Abdeckung bei der Verfügbarkeit mobiler Technologien haben und sie zudem mit am häufigsten genutzt und zentral in den Tagesablauf integriert werden. Bei der Alltagsorganisation mit mobilen Technologien ebenso wie bei der Nutzung zur Unterhaltung, zum Vergnügen, zur Konversation, die auf Grundlage der Handlungskompetenzen der Nutzer geschieht, bilden die Nutzer kulturelle Praktiken, also Routinen, aus. Solche Routinen sind ebenfalls vor dem Hintergrund spezifischer Situationen zu verstehen und treten beispielsweise als das Tauschen von Inhalten oder das ritualisierte Kommunizieren im Freundeskreis auf. Kulturelle Praktiken und Handlungskompetenzen sind eng an Aneignung und Bedeutungszuweisung gebunden, wobei Mediennutzer zu Experten in bestimmten Bereichen werden. Solche Expertisen und Kompetenzen sind wegweisend für die Implementierung des Lernens mit mobilen Technologien sowie des Lernens, das auf Technologien als kulturelle Ressourcen im Prozess der Aneignung und Bedeutungszuweisung zurückgreift, in Unterrichtskontexte. Da die Praktiken und Expertisen zentral vor dem Hintergrund des Alltags der Lerner stehen und subjektiv sinnstiftend ausgebildet und verortet sind, ist Mobiles Lernen beispielsweise dazu geeignet, die Lerner zu erreichen, die in schulischen Lernkontexten bisher nur schwer zu erreichen sind (Pachler et al. 2010a; Joint Information Systems Committee (JISC) 2008). Die hier verwendeten Grundbegriffe und Argumentationslinien der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens finden sich in Kapitel 3 ausgeführt. 83 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Alltagsnutzung tragbarer Technologien und konvergenter Technologien durch Jugendliche: Zwischen Konsum und Teilhabe Die Funktionen der Geräte, die von Jugendlichen im alltäglichen Umgang genutzt werden, sind genauso vielfältig wie die Funktionen, die die Nutzung der Geräte im Alltag der Nutzer erfüllen sollen: Die Jugendlichen geben an, Handys zur Unterhaltung, zur Regulierung von Emotionen und zur Interaktion mit anderen zu nutzen. Auch sehen sie das Handy als Style- und Prestigeobjekt an und verwenden es zum Tauschen von Musik, Videos und Bildern. (Bauer Media KG 2007, S. 46) Weiterhin dient es zur Koordination und Organisation des Alltags, zum Beziehungs- und Gefühlsmanagement, zur Identitätsbildung und zur Distinktion sowie zur Selbstdarstellung und zum Spaß (Grimm, Rhein 2007, S. 26 ff.). Dabei bedienen die Jugendlichen sich der SMS-, Telefon-, Foto-, Film-, Netzwerk-, Musik-, Spiele-, Radio-, Nachrichten-, MMS-, e-Mail- und Internet-Funktionen (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) 2009b, S. 55). Wie aktuelle Nutzungsdaten zeigen, besaßen im Jahr 2009 97 % der weiblichen und 93 % der männlichen Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren wenigstens ein Handy (ebd., S. 8). Die Ausstattung der Haushalte mit Handys lag im Jahr 2009 bei 100 % (ebd., S. 6). Damit nehmen Handys zusammen mit Laptops Platz 1 der am häufigsten präsenten Geräte im Haushalt ein. Andere tragbare Geräte wie Digitalkameras, MP3-Player und tragbare Spielkonsolen rangieren auf den oberen zehn Plätzen dieser Rangliste. Die reine Ausstattung (ebd.) oder der Besitz (ebd., S. 8) lassen jedoch keine Rückschlüsse auf die Häufigkeit der Verwendung zu, wie die Frage nach der Beschäftigung mit Medien in der Freizeit verrät (ebd., S. 16). Mobile Technologien generell befinden sich bereits seit einigen Jahren unter den Top 10 der Medien, die am häufigsten (ebd.) durch Jugendliche in ihrem Alltag genutzt werden. Jugendliche beschäftigen sich in ihrer Freizeit neben dem Fernseher und dem Internet am dritthäufigsten mit dem Handy, gefolgt von MP3-Playern. Mit Blick auf den Tagesablauf der Jugendlichen scheint das Handy in nahezu allen Bereichen relevant und fest in den Alltagsroutinen integriert zu sein: beim Aufstehen, Frühstück, auf dem Schulweg/Arbeitsweg, in der Schule/Arbeit, in Pausen, beim Mittagessen, Lernen, Abendessen und beim Schlafengehen sind die Geräte präsent (ebd., S. 20). 84 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Im Rahmen dieser Arbeit wird die Altersgruppe der 12- bis 19-Jährigen fokussiert, da Jugendliche und junge Erwachsene eine hohe Verfügbarkeit mobiler Technologien in ihrem Alltag haben, sie auch konvergente Technologien wie vor allem das Web 2.0 nutzen und zudem Mobile-Learning-Projekte, die bei der Recherche im Rahmen dieser Arbeit gefunden wurden, maßgeblich diese Altersgruppe adressieren. Die folgende Darstellung der Mediennutzung – bezogen auf das Jahr 2009 (zu einer Auswertung des Jahres 2008 siehe Seipold 2010) – konzentriert sich entsprechend neben der Nutzung tragbarer, mobiler Technologien auch auf die Nutzung des Internets und dort besonders der Funktionen des Web 2.0. Mobile Technologien und Web 2.0-Funktionen sind strukturell zunehmend eng miteinander verbunden und zudem in Zusammenhang mit den Nutzungspraktiken der 12- bis 19-jährigen Mediennutzer zu sehen. Jugendliche nutzen Handys zur Konversation, Unterhaltung, Medienproduktion und Distribution von Inhalten Wie die Angaben zur „Nutzung verschiedener Handy-Funktionen“ (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) 2009b, S. 55) nahelegen, nutzen die Jugendlichen ihre Handys, um Konversationen zu führen, zur Unterhaltung, zur Organisation von Informationen und Alltag sowie zur Distribution von Inhalten: ‐ Konversation findet textbasiert (SMS, E-Mail) und sprachbasiert (Telefon) statt. Die sprachbasierte Kommunikation (Telefonieren) läuft dabei zeitlich synchron ab, die textbasierte Kommunikation (SMS, E-Mail) zeitlich asynchron. Synchrone textbasierte Kommunikation wie z. B. Chat findet keine Erwähnung. ‐ Zur Unterhaltung nutzen die Jugendlichen mobile Geräte zum Musikhören, Spielen und Radiohören. Neben diesen eher rezeptiven und interaktiven Nutzungsformen sind es Fotos und Videos, mit denen die Jugendlichen Inhalte produzieren. ‐ Informationsgewinnung geschieht über das Empfangen von Nachrichtendiensten und das Surfen im Web. ‐ Austausch und Distribution von Daten bedeutet konkret das Tauschen von Daten wie Fotos, Filmen und Musik per Bluetooth und MMS. Das Handy ist dabei Datenspeicher. 85 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Die Organisation des Alltags mit z. B. der Nutzung der Uhr des Handys (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) 2008b, S. 64) fand in der JIM-Studie 2008 noch Erwähnung, ist in der Studie 2009 jedoch nicht mehr verfügbar. Jugendliche nutzen das Internet zur Konversation, um an Informationen zu gelangen, als Unterhaltungsmedium und zur Medienproduktion Da mobile Technologien Konvergenztechnologien sind, schließt ihre Nutzung häufig – vermutlich zunehmend häufig – die Anbindung an Funktionen des Internets, speziell des sogenannten Web 2.0, ein. Neuere Handymodelle und PDAs erlauben Nutzern den schnellen Zugriff auf das Internet mit beispielsweise seinen sozialen Netzwerken wie YouTube, MySpace, SchülerVZ, Facebook etc. Ähnlich wie bei der Nutzung des Handys stehen auch bei der Internetnutzung Konversation, Unterhaltung und Informationsaustausch im Zentrum der Aktivitäten von Jugendlichen (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) 2009b, S. 35 ff.). Jedoch spielen die Suche nach Informationen, die Produktion oder das Verfügbarmachen von Informationen im Internet eine zentralere Rolle als bei der Nutzung tragbarer Technologien. ‐ Synchrone und asynchrone Konversation findet im Internet textbasiert über Instant-Messaging-Dienste, auf Community- Websites, per E-Mail, Chat und Twitter statt. Sprachbasiert werden Voice-over-IP-Funktionen (Internet-Telefonie, z. B. Skype) genutzt. Als Mischformen können Communities wie MySpace und Multi-User-Spiele eingeordnet werden. Dort findet Konversation häufig sowohl über Text als auch über die Nutzung von Sprachfunktionen oder Bilder und Musik statt. ‐ Unterhaltung (rezipierend) schließt ein: Musik zu hören, Filme anzusehen, Videoportale zu nutzen, TV-Sendungen live zu sehen oder zeitversetzt zu nutzen, Radio zu hören und Mediatheken zu nutzen. Aber auch die Erstellung von Podcasts als produzierende Tätigkeit findet Erwähnung sowie das Zusammenstellen von Musik-CDs und MP3-Dateien, das Bearbeiten von Bildern, Tönen und Musik sowie das 86 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Komponieren von Musik. Ebenso zum Bereich der Unterhaltung gehört das Durchstöbern von Nutzerprofilen in Communities und das Surfen im Internet. ‐ Informationsgewinnung geschieht bei den Jugendlichen über Nachrichtenportale, Newsgroups, Live-Ticker zu Sportveranstaltungen, sie erkundigen sich nach regionalen Veranstaltungen, lesen Weblogs, Tweets, hören Podcasts und verwenden Suchmaschinen und Wikipedia. Bei der Erstellung von Informationen greifen die Jugendlichen auf das Schreiben von Beiträgen in Newsgroups und Weblogs zurück. ‐ Die Informationserstellung als produzierende Aktivität geschieht durch das Schreiben in Newsgroups und Foren, durch Twitter, auf Wikipedia und durch das Verfassen von Weblogs. ‐ Social networking findet über Online-Communities statt. ‐ Austausch und Distribution von Daten geschieht als das Einstellen von Fotos, Filmen, Musik und Sounds. Auch die Erstellung von Weblogs und die Teilnahme an der Erstellung von Einträgen in Wikipedia sind dazu zu rechnen. Diese Kategorisierung kann, wie auch schon bei den Daten zur Handynutzung, nicht trennscharf vorgenommen werden. Das betrifft vor allem die Kategorien Information und Unterhaltung, da beispielsweise bei der Nutzung von Twitter, Weblogs, Podcasts, Fotos, Videos, Musik und Sounds sowohl Unterhaltung als auch Information im Vordergrund stehen kann. Anzumerken wäre zudem, dass bei der Erfassung der Computer- und Internetnutzung bereits eine Unterteilung in private und schulische Verwendung stattfindet. Während eine umfangreiche Nutzung zu privaten Zwecken zu dominieren scheint, beschränkt sich die Verwendung für den schulischen Bereich auf Informationsrecherche und die Erstellung von Präsentationen und Referaten (ebd., S. 37). Zusammenfassend scheinen mobile Technologien bislang in der Tendenz für rezipierende Aktivitäten sowie für die Archivierung und den Tausch von Inhalten und Informationen genutzt zu werden. Das Internet hingegen bieten Raum für die Produktion und Informationsgewinnung. Dies ist sicherlich der aktuellen technologischen Entwicklung zu zollen, bietet jedoch auch Anlass, mobile Technologien und Internetfunktionen, vor 87 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses allem die des Web 2.0, ergänzend zu Mobiltechnologien zu sehen. Die Kombination beider Technologien allerdings eröffnet ein breites Feld an organisatorischen, teilhabenden und gestaltenden Aktivitäten, die sich auch für schulisches Lernen und die Verwendung mobiler Technologien eignen. Nicht erfasst sind Aspekte, die situative und affektive Bereiche der alltäglichen Handynutzung nachvollziehbar machen. Beispielsweise wäre das die Frage nach der Handynutzung in Zusammenhang mit sozialen Plattformen, dem spontanen Recherchieren im Internet, dem Hochladen von Fotos und Filmen, dem sofortigen Mitteilen und Verfügbarmachen von Befindlichkeiten oder der Reaktion auf ebendiese Mitteilung anderer usw. Gerade diese Bereiche wären es, die Fragen nach originären vernetzenden und responsiven Funktionen und Funktionalitäten erhellen könnten und sich ein wenig von den klassischen und in der Tendenz durchdidaktisierten Kategorien der Erhebung von Mobilnutzungsdaten abheben würden. 88 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses 2.2 Handlungspraktiken bei der Konstitution des Wissenschaftsprozesses: Legitimations- und Begründungsgrundlagen des Handyverbots in Schulen und der Integration mobiler Technologien in schulische Kontexte Um den Wissenschaftsprozess in seiner Genese und seinem Verlauf darzustellen, ist es wichtig, neben dem Kontext auch mit einzubeziehen, welche Handlungspraktiken bei der Konstitution des Forschungsgegenstandes zum Tragen kamen (vgl. Krotz 2005b, S. 237). „Handlungspraktiken“ ist ein Begriff, der in der empirischen Sozialforschung und auch im Kontext der qualitativen Heuristik Anwendung findet. Hier wird er aufgegriffen, jedoch vermutlich nicht in seinem eigentlichen Sinn verwendet. Denn was Handlungspraktiken bei der Konstitution des Forschungsgegenstandes sein könnten, war unklar. Naheliegend war, dass Handlungspraktiken Begründungen und Argumente sein könnten, mit denen Verbot oder Implementierung von Mobiltechnologien in den Unterricht in der öffentlichen und der wissenschaftlichen Diskussion fundiert werden sollen. Es handelt sich also um Handlungspraktiken für die Schaffung einer Legitimationsbasis sowohl der Befürworter als auch der Gegner Mobilen Lernens (im weiteren Sinne). In diesem Sinn wird im Rahmen der Beschreibung des Wissenschaftsprozesses der Begriff „Handlungspraktiken“ verwendet. Die Legitimationsbasis für die Begründung des Verbots von Mobiltechnologien ist keine stabile und ausnahmslos normative. Sie erscheint in der öffentlichen Diskussion häufig so, in der Praxis entwickelten sich in den vergangenen Jahren allerdings Initiativen, die den mit den Verboten einhergehenden Protektionismus in Modelle überführten, die kritische Reflexion und Auseinandersetzung mit der Handynutzung förderten. Die kritisch-reflexive Argumentationslinie geht dabei von der Verbannung mobiler Technologien aus der Schule hin zur kritischen Reflexion und Befähigung der Nutzer und letztlich hin zur Unterstützung und der regulierten Akzeptanz mobiler Technologien, was auch den Einsatz von Mobiltechnologien zum Lernen umfasst. Die ethisch ausgerichtete Argumentationslinie diskutiert die Nutzung von Mobiltechnologien im Verhältnis zu am Lernprozess Beteiligten. Bei der Bearbeitung der Beiträge und Diskussionen, in denen sich die Autoren implizit oder explizit für die Nutzung von Mobiltechnologien aussprechen, stellten sich gemeinsame Bezugspunkte heraus, die im 89 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Folgenden als „Argumentationslinien“ bezeichnet werden. Die Argumentationslinien, die hier den Befürwortern des Einsatzes von Handy und Co. für schulisches Lernen zugeschrieben werden, orientieren sich grob an den drei Phasen des Wissenschaftsprozesses des Mobilen Lernens, die sich in Kapitel 2.3 ausgearbeitet finden. Sie beziehen sich auf (1) Technikausstattung und Infrastruktur, (2) Lernpraktiken und Lernprozess und (3) das kulturökologische Zusammenspiel von Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Strukturen (siehe dazu auch Kapitel 3). Entsprechend sind die Argumentationslinien als lerntheoretische, ressourcenorientierte und kulturökologisch ausgerichtete Begründungen benannt. 2.2.1 Zentrale Begründungen für das Verbot von Mobiltechnologien in schulischen Kontexten und die Legitimierung moderat kritischer Positionen Die Verwendung mobiler Technologien in der Schule war im deutschsprachigen Raum noch vor einigen Jahren von Protektionismus und Verboten dominiert, was dazu führte, dass mehr über das Handy gelernt wurde als mit ihm (siehe dazu auch Pachler et al. 2010a, S. 149; sowie Kapitel 4.1). Vor der praktischen Implementierung der mobilen Technologien zum Lernen stand also das Engagement der Lehrer und Schüler in kritischer Medienbildung und Jugendmedienschutz (siehe dazu und zum Folgenden auch Rummler, Seipold eingereicht; Seipold 2008; Rummler, Seipold 21.09.2007; Seipold 25.06.2007). Ausschlaggebend für kritischen Umgang mit mobilen Technologien in Unterrichtskontexten waren die öffentlichen Diskussionen zur „Schuldenfalle Handy“, also zur finanziellen Verschuldung durch z. B. das Abonnieren von Klingeltönen u. Ä. Auch Gewaltvideos oder Snuff- Videos10 auf Schülerhandys, Bullying und Happy Slapping als Mobbing anderen Schülern gegenüber sowie Filme und Bilder mit pornografischen Darstellungen, die Jugendliche auf ihren Handys mit sich führten und auch untereinander tauschten, waren Anlass für Verbote. Auch spielte neben diesen Risikobereichen, die materiellen Schaden für Kinder und 10 Snuff-Video: Film, der eine extreme Gewalttat oder einen Mord zeigt, gefilmt zu Unterhaltungszwecken. 90 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Jugendliche und körperliche Beeinträchtigungen bedeuten können oder ideologische Implikationen haben, die Verletzung von Persönlichkeitsrechten in diesem Zusammenhang eine Rolle: Lehrer wurden während des Unterrichtens von den Schülern mit ihren Handys gefilmt, die Videos anschließend auf Videoplattformen geladen und so für ein breites und nicht mehr nur lokal oder regional begrenztes Publikum verfügbar gemacht. Literatur und Untersuchungen, die aus dieser Zeit stammen und die diese Phänomene aus Sicht des Jugendmedienschutzes beleuchten, sind beispielsweise von Schell (2006), Liesching (2006), Weigand (2006) sowie Grimm et al. (2007) verfügbar. Diese Arbeiten stellen solche Phänomene teils in den Kontext des sozialen Umfelds von Kindern und Jugendlichen und gehen auch auf ähnliche Phänomene in Zusammenhang mit der Internetnutzung ein. Als Konsequenz folgte die teils auch gesetzlich verordnete Verbannung von Handys und anderen tragbaren digitalen Speichermedien aus den Klassenzimmern oder gar vom Schulgelände (ebd., S. 51). Neben diesen Gründen für die Nicht-Nutzung mobiler Technologien in der Unterrichtspraxis steht die Frage nach dem Gebrauchswert von „Unterhaltungstechnologie“ zum Lernen. Norbert Pachler et al. (2010, S. 153) geben als die zwei wesentlichen Gründe für die fehlende Integration mobiler Technologien in den Unterricht folgende an: Mobile Technologien kommen aufgrund ihres geringen Status als Alltagsobjekte nicht zum Einsatz, weil man sich darauf beschränkt, sie als Konsum- und Alltagsobjekte zu sehen, und weil man Kindern und Jugendlichen den kritischen Umgang mit den Geräten antrainieren möchte, anstatt sie kreativ einzusetzen. Als zweiter Grund wird das Verschwinden einer Welt der eigenständigen, begrenzten, klar gerahmten Medien angeführt; sie wird abgelöst von komplexen Modi, die die aufkommenden medialen Ressourcen beinhalten. Die neuen, im Alltag verfügbaren Modi, konvergenten Medien und vernetzten Strukturen sind im Sinne des Einsatzes der Medien als Lehr- oder Lernwerkzeuge weniger kontrollierbar und entsprechend schwierig in Unterrichtskontexte zu integrieren. Ben Bachmair erweitert diese Aspekte um den Bereich der medialen Inhalte, also um die „Sorge, dass die immerwährende Verfügbarkeit banaler Inhalt [sic!] und banaler Kommunikation eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Lernstoffen schwierig macht“ (Bachmair 2009b, S. 1). Daneben sind auch der Aspekt der 91 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Technikkompetenz, die Verfügbarkeit von Technologien und technologischer Infrastruktur sowie zu erwartende Kosten als Gründe für die Exklusion mobiler Technologien aus dem Unterricht zu nennen, wie aus den in Kapitel 4 aufgeführten Projekten hervorgeht. Kritisch-reflexive Argumentationslinie: Von der Tabuisierung zur Ermöglichung und zur regulierten Akzeptanz mobiler Technologien In diesem Zusammenhang – und ergänzend zu Handyverboten an Schulen und der Selbstregulierung der Mediendienstanbieter, die beispielsweise Fernsehwerbung für Handyklingeltöne in das Spätprogramm legten – wurde eine Systematisierung der Medienerziehung in der Schule gefordert, die allerdings nicht lediglich didaktisch ausgerichtet sein sollte, sondern vielmehr die Förderung der Medienkompetenz der Schüler in den Mittelpunkt stellt (Grimm, Rhein 2007, S. 73 ff.). So entstanden als Reaktion auf die Problematisierung der Handynutzung in der Schule außerhalb der Schule Angebote, die im Bereich des Jugendmedienschutzes angesiedelt sind und das Ziel haben, Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrer über die Gefahren und Risiken der Handynutzung aufzuklären und ihnen nützliche Tipps zum Umgang mit den neuen Technologien geben. Verschiedene medienpädagogische Einrichtungen stellten Handzettel mit Tipps für Eltern bereit (z. B. „Handy und Co.: 10 Antworten“; (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) 2008a), hielten Tagungen für Eltern, Lehrer und Wissenschaftler ab und initiierten Websites zum Thema Handy11. Innerhalb der Schulen verließ man sich zunächst als niederschwellige Form der Prävention auf das teils gesetzlich verankerte Verbot von Handys. Ausgeblendet blieben dabei häufig die Aspekte, die die Konstruktionsleistungen von Kindern und Jugendlichen ausleuchten, also beispielsweise wie Jugendliche das Handy und dessen Applikationen dazu nutzen, um ihren Alltag zu gestalten und zu organisieren, in welchen Bereichen sie im Umgang mit mobilen digitalen Technologien und deren 11 Siehe dazu bspw. www.handysektor.de, www.klicksafe.de, www.handywissen.at, www.internet-abc.ch für Deutschland, Österreich und die Schweiz; www.phonebrain.org.uk, www.outofyourhands.com, www.bullying.co.uk für Großbritannien; sowie www.learninginhand.com als Ressource in den USA. 92 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Applikationen erfolgreich sind oder wie sie an Gesellschaft teilhaben. Trotz der Fokussierung auf Gefahren und Risiken wurden jedoch und allmählich eben diese Bereiche Anlass für die Integration mobiler Technologien in den Unterricht: Schüler und Lehrer riefen Arbeitsgruppen ins Leben, in denen unter dem Stichwort Gewaltprävention eine kritische Auseinandersetzung mit der alltäglichen Handynutzung stattfand, vor allem in Bezug auf „Bullying“ und „Happy Slapping“ in der Schule und im schulnahen Alltag (siehe bspw. Alfred-Teves-Schule 2008; medienbewusst.de – kinder. medien. kompetenz 2009). Mit der Behandlung des Handys als Thema im regulären Unterricht diskutierten und reflektierten Lehrer und Schüler die „Dos” und „Don’ts” der Handynutzung (als Beispiel für die Behandlung als Thema und als Werkzeug siehe Projekt „Handy“ in Kapitel 4.2.2). Mit Bezug auf die „Schuldenfalle Handy” entwickelten einige Lehrer z. B. für das Fach Mathematik Lerneinheiten zur Berechnung von Handyverträgen und Tarifen (siehe dazu bspw. die Lerneinheit „Handy-Tarife”; Finck 2001). Individuelles Telefonierverhalten wurde hier zum Ausgangspunkt für die Berechnung linearer Funktionen und Gleichungen. Auch in anderen Fächern wie z. B. Sozialkunde, Kunst oder Deutsch sind Unterrichtseinheiten verfügbar, die das Handy und dessen Nutzung vor dem Hintergrund der unterschiedlichsten (Nutzungs-)Kontexte thematisieren12. Für Nachhaltigkeit bzw. die Möglichkeit der Adaption von solchen Projekten und Unterrichtseinheiten sollen Ressourcen wie z. B. die Plattform „lehrer-online. Unterrichten mit digitalen Medien“ (www.lehrer-online.de) sorgen. Auch „MoLeaP – Die Mobile Learning Projektdatenbank“ (www.moleap.net; Seipold, The London Mobile Learning Group (LMLG) 2008-2011) wurde vor diesem Hintergrund konzipiert. Oftmals finden sich auch auf Websites und Weblogs von Lehrern Projektbeschreibungen oder Ideen für Mobiles Lernen in der Schule (siehe bspw. http://klippundklar.blog.de). Auch stellen Einrichtungen, die sich mit Technologieeinsatz im Unterricht oder explizit 12 Siehe bspw. „Mein Handy und der Krieg im Kongo“, Kührt 2004; „Handys – Kult und Kosten“, Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) Rheinland- Pfalz, Landesanstalt für Medien Nordrhein Westfalen (LfM) 2006; oder „Schulprojekt Mobilfunk“, www.schulprojekt-mobilfunk.de; eine Reihe von Unterrichtsmaterialien für die Fächer Deutsch, Physik, Biologie u. a., Informationszentrum Mobilfunk e. V. 2004-2005. 93 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses mit Mobile Learning auseinandersetzen, umfangreiche Ressourcen zur Verfügung (siehe z. B. www.futurelab.org.uk, www.becta.org.uk oder http://mlearning.noe-kaleidoscope.org). Ethisch ausgerichtete Argumentationslinie: Ethische Standards vorab bedenken und gemeinsam erarbeiten Dass ethische Dimensionen der Nutzung mobiler Technologien vor allem dort präsent sind, wo Risikobereiche bei der Nutzung mobiler Technologien diskutiert werden – sei es im Alltag oder in Forschungskontexten –, wurde in den vorausgehenden Absätzen dargestellt. Um konstruktiv damit umzugehen, stellt Jocelyn Wishart (2010; 2011) als Ergebnis ihrer Arbeiten zu ethischen Aspekten in der Mobile-Learning-Praxis und Mobile-Learning-Forschung eine kurze Checkliste für die Praxisanwendung zur Verfügung. Mit dieser Liste sollen vor der Verwendung mobiler Technologien in Forschungskontexten ethische Aspekte systematisch bedacht und abgewogen werden. Sie kann aber auch in der Schulpraxis Verwendung finden. Jocelyn Wishart empfiehlt diesen Rahmen zwar, räumt jedoch auch ein, dass die ethischen Dimensionen situativ zu bedenken seien und beispielsweise mit Vorgehen und Intention der Lerner in Kontrast stehen können. Aus diesem Grund sieht sie das in Abbildung 5 dargestellte Raster eher als grobe Orientierungsrichtlinie an. Es soll gegebenenfalls Anlass zum gemeinsamen Aushandeln des angemessenen Umgangs mit den jeweiligen ethischen Dimensionen und eines adäquaten Vorgehens beim Mobilen Lernen oder bei der Mobile-Learning-Forschung sein (Wishart 2010; 2011)). Den Aspekt des Aushandelns von Nutzungsrichtlinien thematisiert auch John Traxler (2010a) mit Blick auf die alltägliche Mediennutzung und die Verwendung aktueller digitaler Technologien und Inhalte in schulischen Kontexten. 94 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Abbildung 5: Rahmen zur Abwägung ethischer Dimensionen vor der Verwendung mobiler Technologien in Forschungskontexten (Wishart 2010, S. 18). Dass ethische Normen und Regeln von Technologie zu Technologie und von Community zu Community unterschiedlich seien, müsse bedacht werden, wenn die Lerner ihre Erfahrungen und Erwartungen, die sie in Verbindung mit digitalen Technologien haben, mit in die Schule bringen. John Traxler spricht dabei von einer informellen und nutzergenerierten Ethik („user-generated ethics“), um deutlich zu machen, dass ethische Aspekte situativ zu verstehen seien, ausgehandelt werden und im Falle der Integration in schulische Kontexte vorsichtig angepasst werden müssten. (Traxler 2010a) 2.2.2 Zentrale Begründungen für die Notwendigkeit der Integration tragbarer digitaler Technologien in Unterrichtskontexte und ihre Systematik Mobiles Lernen unter Zuhilfenahme aktueller Literatur zu beschreiben, mündet in einer Auflistung von Begriffen und Eigenschaftszuschreibungen (Kukulska-Hulme 2005), die die Dimensionen charakterisieren möchten, welche die Verwendung mobiler Technologien beim Lernen mit sich bringt. So beschreibt die frühe Literatur zum Mobile Learning Mobiles Lernen als „spontan, persönlich, informell, kontextualisiert, tragbar, allgegenwärtig (überall verfügbar) und durchdringend“ (ebd., S. 2). Es „kann […] situiert, […] unauffällig […] und störend sein“ (Kukulska-Hulme et al. 2005, S. 42), ebenso wie 95 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses „umgebungssensitiv“ (Kukulska-Hulme 2005, S. 2). Die Technologie bringt unmittelbarere und jederzeit verfügbare Interaktionsmöglichkeiten mit sich (ebd.). Mobile Learning ist „hochgradig situiert, persönlich, kollaborativ und nachhaltig; in anderen Worten wahrhaft lernerzentriert“ (Naismith et al. 2004). Mobile Technologien ermöglichen den Lernern, über die schulische Lehrpraxis der Abstraktion von Dingen und Sachverhalten hinaus in echter Umgebung, im „Feld“, zu lernen (Pachler 2010, S. 153). Agnes Kukulska-Hulme und John Traxler zeigen anhand folgender Szenarien auf, wie Mobiles Lernen in der Praxis umgesetzt werden kann (Kukulska-Hulme, Traxler 2005, S. 32 ff.): ‐ „Didactic content“: Unter „didaktisch aufbereitete Inhalte“ fällt die Zulieferung bzw. Bereitstellung von Inhalten auf Mobilgeräten, beispielsweise durch Textmitteilungen (SMS), Multimedia- Mitteilungen (MMS) oder Systeme, die Text in Sprache und Sprache in Text umwandeln können. ‐ „Discursive interactions“: Diskursive Interaktionen sollen die Lerner dabei unterstützen, durch geteilte („shared”) Erkundungen und Diskussionen zu lernen. Dies kann beispielsweise durch Funktionen realisiert werden, die es Lernern erlauben, miteinander zu kommunizieren, beispielsweise E-Mail, Voice-over-IP-Systeme wie Skype oder andere Online-Kollaborations-Tools. ‐ „Generic academic support“: Lerner beim Lebenslangen Lernen und bei ihrer andauernden professionellen Entwicklung zu unterstützen, ist Schwerpunkt dieser Kategorie. Beispielsweise ist es möglich, Lernfähigkeiten und persönliches Informationsmanagement durch Bibliografie-Tools oder Mindmaps zu unterstützen, die auch über mobile Technologien zugänglich sind. ‐ „Subject-specific support“: Datensammeln im Feld ist ein Beispiel für fächerspezifische Unterstützung durch mobile Technologien. Hypothesen können direkt im Feld durch Beobachtungen gestärkt werden, Daten direkt über mobile Geräte in Datenbanken eingegeben werden. ‐ „Guidance and support“: Beratung und Unterstützung beziehen sich auf administrative Aspekte wie Betreuung, Seelsorge oder Berufsberatung. Dies ist vor allem dort wichtig, wo Lerner nicht direkt vor Ort solche Dienste in Anspruch nehmen können, da 96 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses sie beispielsweise während ihrer Berufsausbildung von Schule oder Universität räumlich entfernt sind. Über E-Mail oder Telefonapplikationen13 besteht die Möglichkeit, sich auch über große räumliche Distanzen hinweg beraten oder betreuen zu lassen. Lerntheoretische Argumentationslinie: Lernerzentrierung, Flexibilität und Nachhaltigkeit im Lernprozess Durch mobile Geräte wird Lernen in unterschiedlichen Kontexten oder Settings möglich, sie ermöglichen situationsbezogene Aktivitäten ebenso wie den Zugriff auf Informationen. Die Möglichkeiten der Personalisierung (siehe dazu auch Kapitel 2.3.1.2) der Geräte erlaubt eine Anpassung an spezifische Bedürfnisse (Naismith et al. 2004, S. 7) und die Expertise der Lerner. Dabei kristallisiert sich als wesentlich heraus, dass die mobilen Technologien die individuellen Lernanforderungen unterstützen sollen. Wo die Entsprechungen zwischen „neuem Lernen“ und „neuer Technologie“ liegen, verdeutlicht Abbildung 6, die die Dimensionen „personalisiert“, „lernerzentriert“, „situiert“, „kollaborativ“, „allgegenwärtig“ und „lebenslang“ auf der Seite des „neuen Lernens“ denen der „neuen Technologie“ – „persönlich“, „nutzerzentriert“, „mobil“, „vernetzt“, „allgegenwärtig“ und „überdauernd“ – gegenüberstellt (Sharples et al. 2005, S. 4). Wie die Wortwahl „neues Lernen” deutlich macht, argumentieren Wissenschaftler in der frühen Phase der medienpädagogisch und erziehungswissenschaftlich ausgerichteten Mobile-Learning-Forschung aus einer Perspektive, die sich abwendet von lehrerzentrierten Unterrichtsformen wie Frontalunterricht sowie von der Ausrichtung auf Prüfungsorientierung und Fokussierung auf Leistungsmessung. Dass „neues“ Lernen allerdings an bereits existierende Lehr-/Lerntheorien anknüpft, bleibt dabei unerwähnt. Personalisiertes, lernerzentriertes, situiertes, kollaboratives, allgegenwärtiges und lebenslanges Lernen gab es auch schon vor Einführung mobiler Technologien. Das Gleiche gilt für die Eigenschaften „neuer Technologien“. 13 „Applikationen“ ist im englischsprachigen Raum eine gängige Terminologie („applications“) und steht hier und im Folgenden für Software und Anwendungen. 97 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Abbildung 6: Konvergenz zwischen „Neuem Lernen“ und „Neuer Technologie“ (Sharples et al. 2005, S. 4). Dennoch kann diese Auflistung als Indikator für die Fokussierung der Mobile-Learning-Forschung auf den Lerner, interaktions- und ortsbezogene Flexibilität im Lernprozess und Nachhaltigkeit von Lernen gesehen werden. Lernen wird also als hochgradig handlungsorientiert beschrieben und nimmt dabei eine emanzipatorische Position gegenüber traditionellen Formen der Wissensvermittlung ein. Ressourcenorientierte Argumentationslinie: Verfügbarkeit von Ressourcen und infrastrukturelle Gleichberechtigung im Bildungsprozess Die Verfügung der Lerner über tragbare Technologien ist eine der Grundvoraussetzungen Mobilen Lernens. Was die Ausstattung der Lerner mit Geräten betrifft, lassen sich zwei Herangehensweisen ausmachen: Eine ist die Ausstattung mit Technologien, technologischem Know-how und didaktischen Konzepten durch die jeweilige Schule und/oder externe Einrichtungen. Damit einher geht häufig das Aufsetzen der Technologien 98 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses auf bestehende Strukturen („Top-down-Ansatz“)14. Eine andere ist der Zugriff auf die bereits vorhandenen Ressourcen, d. h. Geräte der Lerner, Kompetenzen im Umgang mit mobilen und konvergenten Technologien wie PC oder Internet usw. („Bottom-up-Ansatz“). Alternativ zu diesen beiden Konzepten haben sich in Großbritannien in jüngerer Zeit Modelle durchgesetzt, bei denen Eltern über mehrere Monate hinweg Anzahlungen für Geräte leisten, bis diese in das Eigentum der Schüler übergehen (Faux et al. 2006, S. 14). Dahinter steht die Idee der Relevanz von Besitz und Personalisierbarkeit der Technologien für Lernen. Auch gibt es Unternehmen, die Leihgeräte für Schulen zur Verfügung stellen (siehe Beispiel 2). Der Hintergrund der Frage nach der Verfügbarkeit von Ressourcen im Allgemeinen und dem Konzept der Ausstattung von außen (Top-down) im Besonderen ist die Thematik der sozialen Benachteiligung (Niesyto 2010, S. 55; siehe dazu auch Rummler 2010). Sie kann man im Falle der Technologieausstattung mit dem „digital divide“ (digitale Spaltung) (Hendrix 2005, S. 65) in Verbindung bringen, vor allem mit Blick auf infrastrukturell und finanziell benachteiligte Lerner (ebd., S. 64). In einem weiteren Schritt bestünde für diese Lerner das Risiko der „social exclusion“ (soziale Ausgrenzung) (Sefton-Green 2004). Mit der Versorgung von außen soll in manchen Fällen also eine infrastrukturelle Chancengleichheit hergestellt werden, die die Ausstattung mit den vorhandenen Geräten der Lerner in der Regel nicht leisten kann, da sich Funktionen der Geräte und damit auch Möglichkeiten in den Handlungsspielräumen der Lerner unterscheiden. Eine technologisch und nachhaltig gleichberechtigte Basis zu schaffen, ist bedenkenswert, da auf diese Weise soziale Ungleichheiten ausgeglichen werden können. Gerade in Schulklassen, die unterschiedliche soziale 14 Die Begriffe „Top-down“ und „Bottom-up“ werden hier in Anlehnung an den Gebrauch in der Soziologie verwendet. Entsprechend ist „Top-down“ hier und im Folgenden als „von oben nach unten“ bzw. strukturell aufgesetzt (structure), „Bottom-up“ als „von unten nach oben“ bzw. auf Grundlage subjektiver Handlungskompetenzen (agency) zu verstehen. Siehe für eine erste Annäherung beispielsweise Div. 2011. Auch in der Erziehungswissenschaft ist dieser Ansatz diskutiert. Siehe dazu beispielsweise Vorträge auf der EERA ECER Conference 2009 (EERA ECER 2009). 99 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Milieus vereinen, kann das der Fall sein. Von den Lernern wird dies geschätzt, wie ein Zitat aus einer Mobile-Learning-Studie erahnen lässt: „[…] we all had the same phones, which was good because we were all equal […]“ (Cook 2010a, S. 121 f.). „Swisscom stellt den Schulen Handy-Koffer mit aktuellen Mobiltelefonen gratis zur Verfügung Sie sind eine Pädagogische Hochschule und wollen einen Handykurs für Lehrer anbieten? Sie planen mit ihren Schülern eine Projektwoche zum Gebrauch der neuen Medien? Mit dem Angebot "Handys zum Ausleihen" können Schweizer Schulen einen Koffer mit fünf modernen Mobiltelefonen für eine Woche ausleihen. Es stehen diese Modelle zur Verfügung: - Standard mit 5 x Sony Ericsson K800i (UMTS, MMS, Videotelefonie) - Standard mit 10x mit Nokia 3110 (UMTS, MMS) - Enhanced mit 5 x Swisscom XPA 1605 PDA (Videotelefonie, erweiterte Businessanwendungen - iPhone 3G […]“ (swisscom 2010) Beispiel 2: Handys gratis ausleihen. Vgl. swisscom 2010. In dieser Diskussion scheint es demnach um Aspekte der gleichberechtigten Ausstattung mit Gerätefunktionen zu gehen. Denn mobile Geräte sind unabhängig vom sozialen Status verfügbar und „demokratischer“ verteilt als z. B. PCs mit Internetzugang. Die Abdeckung mit Handyverträgen lag im Jahr 2009 in der Europäischen Union bei 119 %, d.h., knapp jeder fünfte Vertragsnehmer hat zwei Handyverträge (siehe Abbildung 7). Handys sind also auch denen zugänglich, die der sozialen Exklusion unterliegen, beispielsweise weil sie aus dem Schulsystem herausgefallen sind, nicht am Bildungssystem teilhaben oder arbeitslos sind (Benedek S. 41). 100 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Abbildung 7: Abdeckung Mobilvertragsnehmer in der EU (Europäische Kommission 05.11.2009, S. 9). Kulturökologische Argumentationslinie: Mobile Technologien als kulturelle Ressourcen und Anbindung der Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner an formelle und informelle Lernkontexte Nicht nur die Argumente, die sich um Lernformen, Aktivitäten beim Lernen und Ressourcenverfügbarkeit konzentrieren, stellen den Lerner in den Mittelpunkt. Auch die kulturökologische Sichtweise (Pachler et al. 2010a; siehe dazu auch Kapitel 3) greift diese beiden Aspekte auf. Hinzu kommt jedoch, dass die SKÖ den Lerner vor allem als kompetenten Gestalter an und in seinem Bildungsprozess in unterschiedlichen Kontexten begreift und den Lernerfolg auf im Alltag angesiedelten Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner begründet sieht. Bezugspunkte bilden dabei die Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken (siehe Abbildung 8), in und mit denen Lernen stattfindet. Auch in diesem Ansatz sind Technologien wichtige Bestandteile von Lernen. Sie werden dabei zunächst im Rahmen der alltäglichen Nutzung betrachtet und dienen den Lernern, als Teile ihres Alltags, zur Organisation desselben. Um eine argumentative Verbindungslinie 101 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses zwischen schulischem Lernen und dem alltäglichen Umgang mit mobilen und konvergenten Technologien zu ermöglichen, arbeitet die Sozio- kulturelle Ökologie Mobilen Lernens statt mit „Lernen“ mit dem Begriff „Aneignung“. Das Konzept der Aneignung ist für alltägliche und schulische Kontexte gleichermaßen offen. Eine Bewertung des Handelns in den jeweiligen Kontexten ist zunächst generell ausgeschlossen. Mobile Technologien sind im Prozess der Aneignung Ressourcen, mit denen der Zugriff auf eine und das Engagement in einer Vielfalt von Aktivitäten, Strukturen, Inhalten und Wissen möglich ist. Abbildung 8: Zentrale Bestandteile der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens (Pachler et al. 2010a, S. 25). Mobile Technologien verlieren damit die zentrale Stellung im Argumentationskomplex, die sie in der frühen Mobile-Learning-Forschung innehatten. Vielmehr gehen sie in den technologischen und gesellschaftlichen Strukturen auf, die die Lerner umgeben und die durch die Lerner gestaltet werden. Dennoch sind die Technologien als Gegenstände, mit denen die Lerner umgehen, wichtig, da der Umgang mit ihnen Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken hervorbringt, die auch im Rahmen schulischen Lernens aufgegriffen werden können und so „als Kommunikationsbrücke zwischen informellem Alltagslernen und dem Lernen […], das der Lehrplan vorgibt“ (Bachmair 2009b, S.1), dienen. „Das Handy ist heute ein miniaturisierter Multimedia-Computer, das in der individualisierten, mobilen und vernetzten Massenkommunikation 102 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses den Zugang zu Internet und Medien liefert. Damit ist das Handy in die Funktion einer wesentlichen Ressource für Kultur und Gesellschaft hingewachsen. Diese Funktion als Ressource gilt es auch in der Schule zu erproben. Dafür sind zwei Zielrichtungen wichtig. Zum einen geht es um das Handy als Lernressource. Zum anderen ist das Handy eine Ressource für die Teilhabe an Gesellschaft und Kultur. Für die Schule steht bei der Teilhabe, die Teilhabe an Bildung und formellen Lernen im Vordergrund. [sic!]“ (ebd., S.1) Die kulturökologische Argumentationslinie ist im Verlauf der Mobile- Learning-Diskussion bislang die komplexeste. Dies mag vor allem daran liegen, dass sie zahlreiche Faktoren und Verbindungslinien umfasst, die Dynamiken, Diskursivitäten und Dialektiken ausdrücken und deutlich machen. Abbildung 9: Schwerpunktsetzungen und Kontextualisierungen der Forschungsaktivitäten innerhalb der Mobile-Learning-Diskussion (Seipold 21.03.2011). 103 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Zudem ist sie vor dem Hintergrund des „Mobile Complex“ (Pachler et al. 2010a; siehe auch Kapitel 3) zu sehen und bezieht nicht nur entweder die Lerner oder Lernprozesse oder Technologien oder das Schulsystem ein, sondern bedenkt all diese Komponenten in Zusammenhang mit den Handlungskompetenzen der Lerner und kulturellen Praktiken verschiedener Kontexte (siehe Abbildung 9). Sie dient also weniger dem Abwägen von Pro und Kontra, sondern möchte erklärungsmächtig sein für komplexe gesellschaftliche Entwicklungen, Dynamiken und Notwendigkeiten, das subjektiv sinnstiftende und Bedeutung zuweisende Handeln des Einzelnen und Möglichkeiten, die Potenziale mit Blick auf das Wohl der Lerner zu bündeln und Lernern auch in formalisierten Lernkontexten verfügbar zu machen. 104 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses 2.3 Struktur des Wissenschaftsprozesses: Phasen und Entwicklungslinien der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Forschung zum Mobilen Lernen Wie der kurze Überblick über die Kontexte und Handlungspraktiken der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile- Learning-Forschung deutlich macht, ist die medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Forschung zum Mobilen Lernen auf dem Weg hin zu einer eigenständigen Disziplin. Dabei ist sie in unterschiedlichen Bezugsdisziplinen verankert, argumentiert mit Blick auf Technologien, Lerner und den Lernprozess und greift theoretische Rahmen und Modelle auf, die in der Lage sind, Phänomene der Nutzung mobiler Technologien innerhalb und außerhalb von schulischen Lernkontexten zu fassen und zu erklären. Auch sowohl die Praxisforschung als auch die Entwicklung von Theorien gehört zu diesem Prozess, wie im Folgenden erläutert werden wird. Bei der Darstellung der Struktur des Wissenschaftsprozesses geht es darum, den Entstehungs- und Entwicklungsprozess greifbar zu machen. Dazu müssen die einzelnen Elemente dieses Prozesses ebenso beleuchtet werden wie die Kontexte, in denen der Wissenschaftsprozess abläuft, und die Handlungspraktiken, durch die sich der Wissenschaftsprozess konstituiert. In den beiden vorausgehenden Teilen dieses zweiten Kapitels wurden Kontexte und Handlungspraktiken dargestellt. In diesem Teil nun geht es darum, die Struktur in ihrer Entstehung und in ihrem Verlauf zu beschreiben. Dazu werden die Elemente des Wissenschaftsprozesses dargestellt. Ihre Beziehung zueinander gibt dem Wissenschaftsprozess seine Struktur. Um den aktuellen Stand dieses Entwicklungsprozesses auszuleuchten, wird die Phase drei, die der Theoriebildung, im folgenden Kapitel 3 aufgegriffen. Dasselbe geschieht in Kapitel 4 mit der Darstellung einer Methode zur Praxisanalyse und der Praxisanalyse am Beispiel von drei Projekten. Diese punktuelle Vertiefung ist im Rahmen dieser Arbeit wichtig, um Aussagen über die Umsetzung von Theorien und Modellen zum Mobilen Lernen in die Praxis treffen zu können, aber auch, um aufzuzeigen, an welchen Stellen die Praxis Anregungen zu theoretischen Überlegungen bietet oder bieten könnte. Diese Aussagen werden im Detail im Fazit, dem letzten Kapitel dieser Arbeit, gemacht. 105 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Von explorativer Technologieimplementierung über die Anwendung von Lerntheorien hin zur Theorieentwicklung Versuche einer historischen Aufarbeitung des Feldes Mobile Learning wurden bereits früher unternommen, beispielsweise von Mike Sharples (2003), John Traxler (2009a) und Norbert Pachler et al. (2010a). So schlägt Mike Sharples als Eckpunkte dafür (1) Geräte, (2) Lernen außerhalb des Klassenzimmers und (3) Mobilität der Lerner vor, auf die sich auch Norbert Pachler et al. in ihrem historischen Überblick zum Mobilen Lernen stützen (ebd., S. 30 ff.). Diese Kategorisierung stellt zunächst Technologien und (infra-)strukturelle Aspekte in den Vordergrund, um in einem weiteren Schritt die Aktivitäten der Lerner zu fokussieren. Vor dem Hintergrund der Entwicklungen, die sich seit Mike Sharples‘ Strukturierungsvorschlag getan haben, lässt sich solch ein historischer Überblick auch, wie einleitend ausgeführt, mit Blick auf die vergangenen zehn Jahre Mobile-Learning-Forschung in drei Phasen gliedern, die wiederum jeweils durch Entwicklungslinien gekennzeichnet sind. Die Phasen beziehen sich auf den zeitlichen Verlauf und liefern eine horizontale Strukturierung des Wissenschaftsprozesses. Die Entwicklungslinien sind auf thematische Schwerpunkte bezogen, die die jeweilige Phase charakterisieren, jedoch zeitlich nicht auf sie begrenzt sind. Sie strukturieren den Wissenschaftsprozess vertikal. ‐ Phase 1: Exploration mit Blick auf Technologiezentrierung, Lernerzentrierung und Inhaltezentrierung bei der Implementierung von Mobiltechnologien und Applikationen in den Schulunterricht mit den Entwicklungslinien Technologiezentrierung, Lerninhaltezentrierung und Lernerzentrierung. ‐ Phase 2: Anwendung von Modellen zur Beschreibung von Lernprozessen und adaptive Theorieentwicklung mit der Fokussierung auf kollaboratives und situiertes Lernen sowie auf Transformationsmodelle wie Aktivitäts- und Konversationstheorien. ‐ Phase 3: Theoriebildung: Erfassung des „Mobile Complex“ mithilfe einer „Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens“ und einem expliziten Fokus auf den Alltag der Lerner. 106 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Diese Gliederung möchte verdeutlichen, dass sich die Forschung zum Mobilen Lernen von der Praxis- und Grundlagenforschung ausgehend über die Diskussion von bestehenden Lern- und Aktivitätstheorien hin zur Theorieentwicklung bewegt, wobei dabei zunehmend der Schwerpunkt weg von explizit schulischen Kontexten und Technologiezentrierung hin zum Alltag der Lerner und deren Kompetenzen, Praktiken, Perspektiven und Expertisen gesetzt wird. Solch ein Alltagsbezug bedenkt nicht nur tradierte Lernorte, sondern auch gesellschaftliche und kulturelle Strukturen und Rahmenbedingungen mit, in die Lerner dynamisch und aktiv gestaltend eingebunden sind und die auch für schulisches Lernen relevant sind. Dabei löst sich die Forschung teilweise von der expliziten Frage nach Mobilität und Technologien und hebt die Diskussion auf eine kultur- und gesellschaftstheoretisch angebundene Ebene, auf der ein dynamisches, kommunikatives, diskursives, partizipatives und situatives Verständnis von Lernen vorherrscht und Lernen als Aneignung verstanden wird. Dabei nimmt die Frage nach Contexten, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner eine zentrale Rolle ein (Details zum Strukturmodell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens finden sich in Kapitel 3). Von der Mobilität und Personalisierbarkeit von Technologien hin zur Mobilität des Lernens Der Bezug zur Mobilität ist einer der frühen Ausgangspunkte, um Lernen mit mobilen Technologien zu fassen und konzeptionell zu stärken: Wer oder was ist mobil? Ist Mobiles Lernen „Lernen vermittelt durch mobile Geräte“ (Taylor 2006, zitiert nach Traxler 2009b, S. 6), geht es um die „Mobilität des Lerners, unabhängig von den Geräten“ (ebd.), oder ist es die „Mobilität von Inhalten und Ressourcen“ (ebd.)? Wäre nicht die Frage nach „Lernen im mobilen Zeitalter” (ebd., S. 7) oder nach „mobilem Lernen” (ebd.) zielführender? „One can also focus on the nature of mobility in order to explore the nature of mobile learning. For each learner, the nature of mobility has a variety of connotations and these will colour conceptualisations of mobile education. It may mean learning whilst traveling, driving, sitting, or walking; it may be hands-free learning or eyes-free learning. These interpretations impact on the implementation and hence the definition of mobile learning.“ (Traxler 2009a, S. 15) 107 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Die Frage nach der Mobilität steht bei dieser Herangehensweise in Zusammenhang mit den Technologien zum einen und den Lernern zum anderen. Letztere können durch die Funktionen der mobilen Technologien nunmehr auch ortsunabhängig und unabhängig von vorgegebenen Lernzeiten lernen. Neben der räumlichen Dimension steht in einem weiteren Schritt die Mobilität im Rahmen von Aktivitäten der Lerner ebenso wie deren Zugriff auf Ressourcen aus beispielsweise dem Internet im Zentrum der Forschung: Face-to-face-Konversationen können durch synchrone oder asynchrone Kommunikation mittels Telefonie, Chat-Tools, E-Mail, Konferenzgesprächen etc. ergänzt werden. Zugriff auf das Internet oder auf vom Lehrer verfügbar gemachte Ressourcen ist ebenso möglich wie das Datensammeln durch die Lerner und das Erstellen von Datenbanken oder anderen Archiven etc. Da Lernen nun nicht mehr auf bestimmte Lernräume wie das Klassenzimmer begrenzt ist, und sich so eine große Bandbreite an Handlungsmöglichkeiten und Zugriffen auf Ressourcen eröffnet, stellt sich in dieser Phase zunehmend die Frage nach den Lernkontexten, in denen die Lerner aktiv sind: Kontexte, da sie nicht mehr über formale Kriterien definiert und institutionell vorgegeben sind, stellen die Lerner selbst her – unter Zuhilfenahme der verfügbaren Technologien und anderer Ressourcen, situationsabhängig und flexibel. Auch hier wird der als Ort verstandene Kontext bald durch konzeptionelle Kontexte (z. B. Communities oder Milieus) oder auch durch „virtuelle“ Räume (z. B. Internet-Communities oder „augmented realities“) ergänzt (siehe dazu bspw. Sharples et al. 2007a, S. 3). Die Personalisierbarkeit (siehe dazu Green et al. 2005 sowie Kapitel 2.3.1.2) der Technologien wird dabei immer als wichtig erachtet, wobei allerdings auch Modelle des Mobilen Lernens bestehen, in denen die Technologien nicht sehr umfangreich den individuellen Lernbedürfnissen angepasst werden können. In der britischen Diskussion geprägte und diskutierte Definitionen Mobilen Lernens: Bezug auf Technologien, Lerner und Gesellschaft Trotzdem der Versuch, Mobiles Lernen zu definieren, schon häufig unternommen wurde, scheint es bis heute keine umfassende Definition zu geben, die allgemein akzeptiert ist. Sicherlich liegt dies daran, dass sich die Definitionen an den Disziplinen, Fragestellungen und verfügbaren 108 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses theoretischen Rahmen und Erklärungsmodellen der jeweiligen Wissenschaftler orientieren. Wie Niall Winters formuliert, ist „Mobiles Lernen, als ein Konzept, zur Zeit schlecht definiert; es scheint alles für alle zu sein“ (Winters 2006, S. 5). So uneindeutig, wie Niall Winters nahelegt, sind Definitionen Mobilen Lernens dann doch nicht. Bislang beziehen sich viele der Definitionen zentral entweder auf die Mobilität der Technologien oder aber die der Lerner, wie Norbert Pachler et al. (2010a, S. 6) anmerken. Vor allem der Ansatz, Mobiles Lernen über Technologien zu definieren, steht deutlich in der Tradition, Mobiles Lernen als Teilbereich und Fortsetzung des E-Learning zu begreifen, und ist noch auf die erste Phase des Mobilen Lernens zu beziehen. Auch steht häufig der Faktor Mobilität im Mittelpunkt, was jedoch keine abgrenzende Funktion Mobilen Lernens von anderen Lernformen darstellt (Traxler 2009b, S. 2). Mobiles Lernen beinhaltet viele Aspekte, die es zu einem „geräuschvollen“ (ebd., S. 10) Phänomen machen. Eine Definition scheint so gut wie unmöglich, ohne einige wenige Aspekte zu Ungunsten anderer in den Vordergrund zu rücken und damit andere wesentliche Aspekte auszublenden, wie John Traxler formuliert (2009a, S. 10). Dass Definitionen Mobilen Lernens durchaus differenzierter dargestellt werden können, zeigt die folgende Auflistung. Sie bezieht sich auf Definitionen, die in der britischen Mobile-Learning-Diskussion geprägt wurden und die für jeweilige Phasen und Entwicklungslinien charakteristisch sind. Vor der Umstrukturierung des zweiten Kapitels waren die Definitionen in einem eigenen Unterkapitel zusammengestellt. Die Überschriften für Gruppen von Definitionen, die nun in die Beschreibungen der einzelnen Phasen und Entwicklungslinien Eingang fanden, standen unter folgenden Überschriften: ‐ Technologie, Mobilität und Effektivität, ‐ Infrastrukturelle Aspekte und soziale Strukturen, ‐ Lerntheorien mit Bezug zur Lehr-/Lernpraxis und „affektive Charakteristika Mobilen Lernens“ (Traxler 2009b, S. 5), ‐ Mobilität von Kontexten, Habitus und „ständigen Erwartungshaltungen“ (Kress, Pachler 2007), ‐ Mobilität als Lernprozess zwischen und in lernergenerierten Contexten und Lernräumen, ‐ Mediendidaktik, Medienkultur und Lernkultur. 109 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Diese Gruppierung vorzunehmen, war im Verlauf der Arbeit wichtig, um die Entwicklungslinien der Mobile-Learning-Diskussion herauszuarbeiten. Denn inhaltlich sind die Definitionen aus den Phasen und Entwicklungslinien des Wissenschaftsprozesses hervorgegangen. Sie mit Blick auf den aktuellen Status der Arbeit jedoch weiterhin als eigenständiges Kapitel bestehen zu lassen, würde in einer Auflistung von Definitionen und der Dopplung der Struktur resultieren. Allein an dieser knappen Auflistung in Abbildung 10 lassen sich Kontexte und Themenschwerpunkte der Mobile-Learning-Diskussion aufzeigen. Abbildung 10: Zentrale Definitionen Mobilen Lernens (Seipold 21.03.2011). Während – zeitlich gesehen – in der Anfangsphase die Technologiezentrierung im Vordergrund stand, sind es aktuell komplexe Modelle zur Erfassung von Konzepten wie „Mobile Complex“ oder „Learner-generated Contexts“, die hinter den Definitionen stehen. Vor allem durch sie werden Anknüpfungspunkte an Felder möglich, die bisher erst in Ansätzen in die Diskussion zum Mobilen Lernen involviert sind (siehe dazu Kapitel 3.2). Was den Punkt „Mediendidaktik, Medienkultur und Lernkultur“ angeht, so muss festgehalten werden, dass sich diese Definitionen auf die Arbeiten von Ben Bachmair zum Mobilen Lernen beziehen. Er argumentiert aus einer Perspektive, die wohl am treffendsten als kulturtheoretisch ausgerichtete Medienpädagogik 110 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses bezeichnet werden kann. Mit seiner Definition knüpft er an die Eckpfeiler der deutschsprachigen Medienpädagogik und die aktuelle Diskussion um Medienbildung an und zeigt Möglichkeiten für die didaktische Umsetzung auf (siehe dazu Kapitel 3.3). Nicht berücksichtigt werden in dieser Arbeit die vielen Einzelthemen, die Mobiles Lernen zu einem vielfältigen und interdisziplinären Forschungsfeld machen, beispielweise das Digital Storytelling oder Fragen nach der Identitätskonstruktion. Sie werden hier ausgespart, da sie bisher keine Prägekraft für die Entwicklung des Wissenschaftsprozesses hatten. Dennoch sind sie wichtig, da sie Mobiles Lernen interdisziplinär verankern und beispielsweise an soziologische Forschung oder die Fachdidaktiken rückbinden. Sie könnten, wie im Fazit (Kapitel 5) aufgezeigt wird, für die kommenden Phasen der Mobile- Learning-Forschung an Relevanz gewinnen. 2.3.1 Phase 1: Exploration mit Blick auf Technologiezentrierung, Lernerzentrierung und Inhaltezentrierung bei der Implementierung von Mobiltechnologien und Applikationen in den Schulunterricht Kennzeichnend für die erste Phase des Wissenschaftsprozesses der Mobile-Learning-Diskussion ist der Versuch, mobile Technologien in den Unterricht einzubringen, Technologien also auf bestehende Strukturen aufzusetzen und sie in einem weiteren Schritt in Unterrichtsabläufe zu integrieren. Die Erstellung von Applikationen (Software) zum Lernen und das Verfügbarmachen von Lerninhalten, die eigens für mobile Geräte entwickelt wurden, gehören ebenso zu dieser Phase und stehen in der Tradition des mediengestützten Lernens wie des E-Learning. In diesem Zusammenhang zentral und für die frühe Phase der Mobile-Learning- Forschung charakteristisch ist die Frage der Integration schulischen Lernens in den Alltag der Lerner: „The challenge will be to discover how to use mobile technologies to transform learning into a seamless part of daily life to the point where it is not recognised as learning at all.” (Naismith et al. 2004, S. 5) 111 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Mobilität und Effektivität wurden zu zentralen Bezugspunkten. Zur Illustration eignet sich der folgende Verweis auf John Traxler. Er führt als Beispiel u. a. einen Definitionsversuch von O’Malley et al. (vgl. Traxler 2009b, S. 2) an, in dem Ortsunabhängigkeit und Technologien definitorische Elemente darstellen: „Any sort of learning that happens when the learner is not at a fixed, predetermined location, or learning that happens when the learner takes advantage of the learning opportunities offered by mobile technologies.” (O’Malley et al. 2003, S. 6) Mobiles Lernen findet demnach statt, sobald der Lerner in Bewegung ist oder wenn er mobile Technologien zum Lernen verwendet. Entsprechend wäre auch das Lesen eines Schulbuchs am Strand Mobiles Lernen. Auch redundant bleibt ein Verständnis von Mobilem Lernen, das Mobiles Lernen darauf beschränkt, Lerninhalte auf Mobiltechnologien verfügbar zu machen, und von einem Verständnis von Lernen als Zulieferung von Wissen und Informationen ausgeht (siehe bspw. Keegan 2005, S. 3). Bei diesen Sichtweisen bleiben vor allem die Aspekte ausgeklammert, in denen die selbstbestimmte Aktivität der Lerner zum Tragen kommt. Welche Lerntheorien als grundlegend angesehen wurden, zeigt ein Überblick von Laura Naismith et al. (2004; siehe Abbildung 11). Abbildung 11: Eine „aktivitätenbezogene“ Kategorisierung von mobilen Technologien und Lernen (Naismith et al. 2004, S. 18). 112 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Sie stellen in ihrem Literaturbericht zum Lernen mit mobilen Technologien eine Liste mit Lerntheorien zusammen, die verdeutlichen soll, welche didaktischen Möglichkeiten und Lernformen sich bei der Nutzung von Mobiltechnologien zum Lernen eröffnen. Mit dieser Übersicht decken Laura Naismith et al. sowohl Reiz-Reaktions- Lernen als auch sozial-partizipative und kollaborative Lernformen ab. Die Nähe zur Kategorisierung von Bryan Patten et al. (siehe Kapitel 2.3.1.3) ist dabei deutlich. Je nach Einsatz und Verwendung der Mobiltechnologien ist also Lernen in unterschiedlichen Sozialformen, mit unterschiedlichen Niveaus an Reflexionsanforderungen, an unterschiedlichen Orten und in unterschiedlichen Kontexten möglich (Naismith et al. 2004, S. 2 f.). Als zentral erscheint dabei der Schritt von geleitetem Lernen hin zu „unabhängigen“ und „experimentellen“ Lernformen, wie Chris Davies et al. (2005, S. 20) tabellarisch darstellen (siehe Abbildung 12). Während beim „geführten“ Lernen die aktive Rolle bei den Lehrern liegt – und das beinhaltet auch die Verantwortlichkeiten, Strategien, Beurteilung und Bewertung (ebd., S. 19) beim und von Lernen – wird beim „experimentellen“ Lernen, das dem informellen Lernen nahe ist (ebd.), der Selbststeuerung und Planung (ebd., S. 19 f.) sowie den reflektierenden und reflexiven Leistungen der Lerner ein größerer Stellenwert beigemessen. Lernen wird also „mobil“, indem es sich von linearen Vermittlungsmodellen löst und die entdeckende, gestaltende und interessengeleitete Leistung der Lerner in den Mittelpunkt stellt. Abbildung 12: Überblick über 12 Arten neuer Lernprozesse und - strategien im Verhältnis zu drei Arten von Lernen (Davies et al. 2005, S. 20). Diese beiden Referenzen (Abbildung 11 und Abbildung 12) verzichten – und das scheint für die frühe Phase des Mobilen Lernens symptomatisch 113 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses – auf eine fundierte theoriebezogene Analyse. Sie bleiben mit ihren Verweisen auf Lernformen und Lerntheorien an der Oberfläche, machen gar Falschangaben. Für die Annäherung an ein neues Phänomen ist es auch richtig und wichtig, assoziativ vorzugehen und Analogien heranzuziehen (Krotz 2005b, S. 126). Unter diesen Aspekt müssen auch Abbildung 11 und Abbildung 12 bei der Darstellung des Wissenschaftsprozesses gestellt werden. Sie sind von Initiatoren erstellt worden, die versucht haben, den Stand der wissenschaftlichen Diskussion komparativ zusammenzufassen, auch mit dem Ziel, die Diskussion voranzutreiben. Allerdings mündet die Einordnung Mobilen Lernens einmal mehr in eine – zwar richtungsweisende, aber dennoch inflationär gebrauchte – Auflistung von Schlagwörtern. Was die Grundlagenforschung, die in Kapitel 2.1 näher beschrieben ist, betrifft, so ist festzuhalten, dass sie vor allem in dieser ersten Phase der erziehungswissenschaftlichen und medienpädagogischen Forschung zum Mobilen Lernen stattfand. In ihr wurden grundlegende Thesen und Annahmen formuliert, abgeleitet und verifiziert, die zu einem grundlegenden Verständnis führen sollten, wie mobile Technologien zum Lernen genutzt werden und genutzt werden können. Im Wesentlichen geht diese Grundlagenforschung in der Systematik der ersten Phase und deren Entwicklungslinien auf. Die auf ihr basierenden Ergebnisse werden im Folgenden oft nicht mehr explizit als Ergebnisse der Grundlagenforschung ausgewiesen. 2.3.1.1 Technologiezentrierte Entwicklungslinie Als eine der offensichtlichsten Entwicklungslinien ist die der Technologiezentrierung zu bezeichnen, denn es geht beim M-Learning zunächst um Lernen mit Mobiltechnologien. Beim Versuch, die Möglichkeiten technologiegestützten Lernens mit Mobiltechnologien zu sondieren, sind es entsprechend die Lernformen, die Wege des Zugriffs auf Informationen oder die Bewegungsfreiheit, die bei der Verwendung von Mobiltechnologien beim Lernen in den Fokus rücken. Daneben sind es strukturelle Überlegungen zur Implementierung von Mobiltechnologien 114 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses in Lernkontexte, also die Ausstattung von Klassenräumen, Lehrern und Lernern mit Technologien und ihre Einbindung in den Unterrichtsablauf, die in dieser Entwicklungslinie relevant sind. Mobile Technologien als Ressourcen und Ermöglicher von Mobilität, Konnektivität und Aktivität Mobile Technologien stehen mittlerweile nicht mehr für sich allein, sondern sind als „Taschencomputer“ oder Multimediageräte an andere Geräte oder Informations-Ressourcen anbindbar und entsprechend als multimediale und konvergente Technologien zu begreifen (vgl. Glotz et al. 2006, S. 12; Wagner 2006, S. 13). Sie werden als Hybrid-, Integrations- und Konvergenzmedien bezeichnet und ermöglichen unterschiedliche Kommunikationsstrukturen und Kommunikationsformen (Grimm, Rhein 2007, S. 21): „- Hybridmedium: Das Handy erlaubt und vereint unterschiedliche Kommunikationsstrukturen (‚one-to-one‘, ‚one-to-many‘), dient zur Übertragung, Speicherung, Aufnahme und Produktion von Medieninhalten, ermöglicht interpersonale Kommunikation sowie die Nutzung standardisierter Medienangebote und es erlaubt Nutzern die Verwendung unterschiedlicher medialer Modi (hier: Codes genannt). - Integrationsmedium: es vereint Individual-, Gruppen- und Massenkommunikation. - Konvergenzmedium: es ist vernetzbar mit anderen Medien wie z.B. dem PC.“ Auch erlauben sie eine andere Art und Weise des Zugriffs, der Verteilung und der Produktion von Informationen, Wissen und Netzwerke als bisher. Unter diesen Voraussetzungen wird die Ermöglichung von Mobilität, Konnektivität und Aktivität durch Mobiltechnologien zum strategischen Ausgangspunkt für die Implementierung des Mobilen Lernens in Unterrichts- und Lernkontexte. Laut John Traxler (2009a, S. 14) sind die Veränderungen, die die Möglichkeiten der Mobilkommunikation bieten, gesellschaftlich und ökonomisch so weitreichend, dass es möglicherweise sinnvoller wäre, weder das „Mobile“ noch das „Learning“ wie bisher zu fokussieren, sondern diese beiden Komponenten als Teil eines neuen Verständnisses von Gesellschaft im Allgemeinen einzuordnen. Damit möchte John 115 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Traxler anregen, von Konzepten und Benennungen wie „technologiegestütztes Lernen“ oder „technologieunterstütztes Lernen“ („technology enhanced learning“ oder „technology supported learning“) abzuweichen, da ansonsten der Eindruck entstehe, Technologie wirke auf Lernen ein. (ebd.) Wie eine mögliche Umsetzung dieser Forderung aussieht, zeigt z. B. das Modell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens (siehe dazu Kapitel 3). Das Aufsetzen mobiler Technologien auf Unterrichtsstrukturen In Großbritannien haben Schulen, Unternehmen und Universitäten frühzeitig damit begonnen, in die Implementierung von mobilen Technologien zu Lern- und Forschungszwecken in Schulen zu investieren. Teils sind solche Projekte z. B. durch EU-Förderprogramme finanziell subventioniert oder durch die Hersteller mobiler Endgeräte und Softwareentwickler unterstützt, teils legen Schulen Fonds an, in die Eltern über einen bestimmten Zeitraum Geld einzahlen, um somit den Kauf oder die Bereitstellung mobiler Technologien für ihre Kinder zu ermöglichen. Wie beispielsweise dem Futurelab-Handbuch „Learning with handheld technologies” (Faux et al. 2006) und dem Literaturbericht „Literature Review in Mobile Technologies and Learning” (Naismith et al. 2004) zu entnehmen ist, werden bei Bedarf und je nach Konzept oft weitere technische und personelle Infrastrukturen zur Verfügung gestellt, z. B. werden zusätzliche Hardware, Software, Techniker, Entwickler und Forscher in die Mobile-Learning-Projekte eingebunden. Dabei kommen die Technologien zum Einsatz, um z. B. die Lese- oder Rechenleistungen der Schüler zu fördern, Eltern in den Lernfortschritt der Schüler einzubinden und gar über die Schüler die Lese-, Schreib- oder Rechenfähigkeiten der Eltern zu fördern (siehe Beispiel 3). Die „Dudley Handhelds Initiative“ richtete sich an Schüler der Klassen 5-10 in 3 unterschiedlichen Schularten (6 primary schools; 1 secondary special school; 1 mainstream secondary school). Die ca. 300 Geräte wurden an nur einige der Schüler verteilt, wobei jede Schule ein anderes Modell bei der Vergabe verfolgte (Vergabe nur an Förderschüler, nur an die leistungsstärksten Schüler, zur Belohnung oder Bestrafung, an alle Schüler, an Lerngruppen, an Schüler ohne festen Wohnsitz und ohne Zugang zu ICT, an einzelne Schüler zur Förderung des 116 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Selbstbewusstseins etc.). Abgedeckt wurden die Fächer Englisch als Muttersprache, Sport, ICT, Mathematik, Kunst und Geisteswissenschaften, auch wurden die Geräte interdisziplinär genutzt. Die Ziele waren vielfältig, vor allem ging es aber um die Förderung von Lese- und Rechenfähigkeiten der Schüler und der Familien der Schüler, die Identifizierung der geeignetsten Geräte zum Mobilen Lernen, Projektkosten, Finanzierungsmöglichkeiten für Schülergeräte, die Entwicklung von Ressourcen und Lernszenarien, die Installation von Ressourcen auf den Geräten und darum, die Expertisen der Lerner zur Beratung der Eltern und Betreuer zu nutzen, kollaboratives Lernen und soziale Interaktion zu fördern, unterprivilegierten Gruppen den Zugang zu Technologien zu ermöglichen sowie Anwesenheitsraten zu erhöhen. (Vgl. Faux et al. 2006). Beispiel 3: Die „Dudley Handhelds Initiative“. Vgl. Faux et al. 2006. Diese Art von Projekten, die Technologien von oben auf vorhandene Strukturen aufsetzen (Top-down-Ansatz), unterscheiden sich mit Blick auf die infrastrukturelle Implementierung und mögliche didaktische Ansätze formal von den Projekten, die „blended“-Szenarien begünstigen, oder von denen, die die verfügbaren Ressourcen der Lerner und Lehrer in den Unterricht integrieren (Bottom-up-Ansatz; siehe dazu auch Kapitel 4). Dennoch ist gerade mit Blick auf die Förderung finanziell unterprivilegierter Gruppen der Top-down-Ansatz hilfreich, um die digitale Spaltung zu kompensieren und den Lernern Zugang zu digitalen Technologien und damit zu Lernressourcen zu ermöglichen, zu denen sie ansonsten keinen Zugang hätten (siehe auch Kapitel 2.2.2). 2.3.1.2 Lernerzentrierte Entwicklungslinie: Personalisierbarkeit von Technologien und Lernen Unter dem Mantel der Mobilität zwischen Orten, Zeiten, Konzepten und Kontexten ist der Lerner nicht nur etwa gelenkt durch vorgegebene Strukturen, sondern bewegt sich auch in ihnen und gestaltet sie subjektiv sinnstiftend mit und neu. Vor diesem kulturökologisch (siehe dazu Kapitel 3) geprägten Ansatz, der sich erst in Phase 2 und 3 des 117 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Wissenschaftsprozesses herauskristallisiert, steht in der Mobile-Learning- Diskussion zunächst die Frage nach dem konkreten lernbezogenen Handeln. Die Lernerzentrierung, die durch z. B. die Personalisierbarkeit mobiler Technologien (Naismith et al. 2004, S. 7) oder die Möglichkeit der Vernetzung unterstützt werden kann, hat dabei einen besonderen Stellenwert, da so „situiertes, personalisiertes, kollaboratives und nachhaltiges“ (ebd., S. 36) Lernen gefördert wird. Unter dem Aspekt lernerzentrierten Lernens tritt die Vermittlung von Wissen zugunsten des Lernprozesses in den Hintergrund und fokussiert den aneignenden Zugriff der Lerner auf ihre (Lern-)Umgebung, Aktivitäten und Kollaborationsmechanismen. Mike Sharples‘ (2007a) knapper Überblick über die Schwerpunkte lernerzentrierten Lernens innerhalb der letzten vier Jahrzehnte stellt sich wie folgt dar: Evolution of learner-centred education 1970’s Discovery Learning 1980’s Situated learning Constructivist learning Collaborative learning 1990’s Problem-based learning Lifelong learning Social-constructivist learning 2000’s Informal learning Contextual learning Ambient learning Abbildung 13: Entwicklungslinie der Lernerzentrierung (Sharples 2007a). Unter den Begriff des lernerzentrierten Lernens fasst Mike Sharples (2007a) dabei entdeckendes, situiertes, konstruktivistisches, kollaboratives, problemorientiertes, lebenslanges, sozialkonstruktivistisches, informelles, kontextuelles und 118 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses umgebungsabhängiges Lernen (siehe Abbildung 13). Mit Blick auf die aktuelle Literatur zum Mobilen Lernen finden sich diese Lerntheorien größtenteils wieder (siehe bspw. Naismith et al. 2004). Mobiles Lernen soll auf Grundlage der technologischen Voraussetzungen eine Basis für all diese Lernformen schaffen, wobei die Möglichkeit der Personalisierung mobiler Technologien für die eigenen und spezifischen Zwecke die Lernerzentrierung zusätzlich stützt und stärkt und den Lernern die Möglichkeit zum individuellen, kontextualisierten und subjektiv sinnstiftenden Handeln und Gestalten gibt. Entsprechend soll personalisiertes Lernen auch auf die individuellen Bedürfnisse einzelner Lerner zugeschnitten sein, unabhängig von deren Leistungsstand. Während Mike Sharples sich umfassend auf Lerntheorien bezieht, formulieren Hannah Green et al. (2005) die Relevanz der Personalisierung mit direktem Bezug zum Lernprozess und zu Konventionen institutionalisierter Lehr-/Lernpraxis. Ziel ist es, die Lerner zur kompetenten Selbstständigkeit innerhalb des Lernprozesses zu führen: „[…] the potential of digital technologies in four key areas central to the goals of personalisation: enabling learners to make informed educational choices; diversifying and acknowledging different forms of skills and knowledge; the creation of diverse learning environments; and the development of learner-focused forms of assessment and feedback.“ (ebd., S. 3) „Personalisierbarkeit“ („personalisation”) meint nach Hannah Green et al. (2005) neben den Phänomenen der alltäglichen Mediennutzung, wie z. B. der Möglichkeit, Bildschirmschoner, Logos, Klingeltöne, Musik, Videos, (Lern-)Spiele, Vokabeltrainer, Podcasts, Programme, Websites etc. individuell einzustellen und auszurichten, also auch die Seite der formalisierten Lernumgebungen. Personalisierung lässt sich dabei in der konkreten Umsetzung um vier Kernbereiche organisieren (ebd., S. 3, 29): ‐ Auswahl („choices“): fundierte bildungsbezogene Wahlen zu treffen, ‐ Fähigkeiten und Wissen („skills and knowledge“): unterschiedliche Formen von Fähigkeiten und Wissen der Lerner herauszustellen und anzuerkennen, 119 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses ‐ Lernumgebungen („learning environments“): unterschiedliche Lernumgebungen zu schaffen und ‐ Rückmeldung („feedback“): aufseiten der Administration Bewertung und Feedback zu ermöglichen. Lehrer und Schüler haben so mit den Funktionen mobiler Technologien die Möglichkeit, die strukturellen Rahmenbedingungen für personalisiertes Lernen zu schaffen und damit Lernen mit Blick auf Nachhaltigkeit von Lernen, Verwaltung von Daten und Individualbetreuung zu organisieren (Naismith et al. 2004, S. 34 ff.). Neben der Möglichkeit, direkt – und dabei aber diskret – auf die individuellen Bedürfnisse der Lerner einzugehen, sich um ihre Belange zu kümmern, ihre Bedarfe zu spezifizieren und ihre Potenziale zu fördern, ist als wesentlich in Zusammenhang mit personalisiertem Lernen die Dimension der flexiblen Interaktion zwischen Lernern und Lernumgebungen zu nennen. Dabei gewinnt all das an Relevanz, mit dem Lerner während des Lernprozesses in Interaktion treten. „At the heart of personalisation is the understanding that learning environments comprise the totality of factors with which the learners interact, including people, spaces and resources. It is an ecology of learning in which both the learner and their environment respond flexibly to constant change in interaction with each other.“ (Green et al. 2005, S. 19) An dieser Stelle wird nicht nur das Modell der nutzergenerierten Contexte (siehe dazu Kapitel 3.2) als konzeptioneller Ankerpunkt relevant. Auch eine Lernökologie, die die sich gegenseitig bedingenden Komponenten Lerner und Lernumgebung fasst (Green et al. 2005), gewinnt an Gewicht (siehe Kapitel 3). In Lernkontexten kann darauf besonders mit der Gestaltung flexibler Lernumgebungen reagiert werden. Zu ihrer Herstellung können auch digitale Technologien beitragen (Green et al. 2005). 120 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses 2.3.1.3 Lerninhaltezentrierte Entwicklungslinie: Pädagogische Einordnung mobiler Applikationen und Microlearning als Modell des Lernens „zwischendurch“ Die Entwicklung von Applikationen für Mobiles Lernen scheint in der Tradition des desktopgestützten Lernens zu stehen und in der Nähe des frühen Mobile Learning zum E-Learning begründet zu liegen (siehe dazu Kapitel 2.1.3). Wie Maciej Kuszpa (didacta 2010 Themendienst 2010), zum damaligen Zeitpunkt Mitarbeiter in der Forschungsgruppe Mobile Learning an der FernUniversität in Hagen (siehe http://mlearning.fernuni- hagen.de/), festhält, gibt es bereits zahlreiche Anbieter für mobile Lernsoftware. Federführend seien dabei Angebote zum Fremdsprachenlernen, für die Führerscheinprüfung oder Abiturprüfungen. Mobile Technologien erscheinen dabei oftmals als Ergänzung zum Unterricht, da es aufgrund ihrer Kleinformatigkeit schlecht möglich sei, komplexe Anforderungen beispielsweise eines Studiums ausnahmslos auf mobilen Geräten zu absolvieren. (ebd.) Das Konzept des Microlearning, das sich auf die Bereitstellung und Nutzung kleinformatiger und kleinschrittiger Inhalte auf mobilen Endgeräten konzentriert, scheint sich in Bezug auf die Bereitstellung von Lerninhalten und Lernsoftware auf Mobiltechnologien im deutschsprachigen Raum etabliert zu haben. Besonders in Bereichen der beruflichen Weiterbildung soll es effektives Lernen in den zahlreichen kleinen Pausen des Alltagslebens ermöglichen. (Bruck 21.03.2011) Die Zulieferung von Lerninhalten, die in der frühen Phase der Mobile- Learning-Forschung mit im Zentrum der Betrachtung lag, ist in der Zwischenzeit in der erziehungswissenschaftlichen Forschung zum Mobilen Lernen eher in den Hintergrund gerückt. Grund dafür könnte die deutliche Abkehr vom Vermittlungsgedanken beim Lernen hin zu Konzepten sein, die die aktive und subjektiv sinnstiftende Aneignung auch mittels Nutzung mobiler Technologien fokussiert. Die in diesem Unterkapitel dargestellten Ansätze, vor allem die durch Patten et. al (2006) erarbeitete Darstellung der didaktischen Relevanz mobiler Applikationen, ist dennoch als wichtige Forschung im Bereich des Mobilen Lernens zu betrachten, da hier die Vielfalt der didaktischen und pädagogischen Möglichkeiten bei der Nutzung mobiler Technologien beim Lernen diskutiert und dargestellt wird. Gleichzeitig wird ersichtlich, 121 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses wie sehr sich die Möglichkeiten der Lerner zur aktiven und selbstgesteuerten Teilhabe an ihrem Lernprozess in Abhängigkeit von Anwendung der Geräte und didaktischen Konzepten verändern. Und letztlich gibt die Darstellung einen Einblick in das Verständnis von und die Anforderungen an Mobiles Lernen, das u. a. als lernerzentriert, personalisiert, kollaborativ, konstruktivistisch, kontextualisiert und situiert, dabei gleichzeitig nachhaltig und jederzeit verfügbar zu verstehen ist. Bryan Patten et al. verdeutlichen mit ihrem Schema also ein Umdenken in der Didaktik, die sich weg von Instruktionsunterricht hin zu kollaborativen, entdeckenden, gestaltenden Lernformen und Bedeutungszuweisung wendet (Bachmair 2007). Eine Einordnung von Programmen und Applikationen zum Mobilen Lernen mit Relevanz für Lehren und Lernen und ihre Kategorisierung nach Lerntheorien Bryan Patten et al. (2006; zur Anwendung des Modells siehe auch Seipold 2008; Seipold 19.06.2008; Seipold 12.06.2008; Seipold 10.03.2008; Rummler, Seipold 21.09.2007) legen mit ihrem „functional framework“ ein Schema zur Systematisierung von Mobilapplikationen vor, das in historischer Hinsicht als grundlegend bezeichnet werden kann. Mit dem framework versuchen sie zum einen eine Annäherung an die Potenziale mobiler Technologien für schulisches Lernen. Zum anderen ist es ein Versuch, die Strategien für Design und Gebrauch von mobilen Technologien zum Lernen zu sondieren und mit Blick auf sowohl Angebot als auch Nutzungsmöglichkeiten grob zu operationalisieren. Ziel dabei ist, weder bereits bestehende Lernszenarien zu replizieren noch sie zu erweitern, sondern vielmehr neue Lernszenarien aufzuzeigen, die nur mit mobilen Technologien möglich sind. (Patten et al. 2006) Hier wird, wie in Kapitel 2.2 aufgezeigt, die Legitimationsbasis gestützt, die Mobiles Lernen als eigenständige Disziplin konstituieren möchte bzw. „einmalige pädagogische Nutzungsmöglichkeiten“ (Klopfer et al. 2002) hervorhebt. Dies ist möglicherweise nicht nur aus Legitimationsgründen notwendig, sondern auch, um sich dem Wesen Mobilen Lernens anzunähern, was sowohl über Gemeinsamkeiten mit anderen Disziplinen, Methoden und Theorien als auch durch eindeutige Abgrenzung geschehen soll. 122 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Abbildung 14: Funktioneller Rahmen mobiler Applikationen (Patten et al. 2006, S. 296). Der „functional framework” (siehe Abbildung 14) teilt mobile Applikationen entsprechend ihrer Nutzungsmöglichkeiten ein. Dabei ergeben sich die folgenden sieben Funktionen (Patten et al. 2006): ‐ Administration, ‐ referenziell, ‐ interaktiv, ‐ Microworld, ‐ Datensammeln, ‐ standorterkennend, ‐ kollaborativ. Aus diesen sieben sind es die drei Kategorien „Datensammeln“, „standorterkennend“ und „kollaborativ“, die laut Bryan Patten et al. besonders für Mobiles Lernen geeignet sind und das größte innovative Potenzial für die Nutzung beinhalten. Ihre pädagogische Affinität besitzen die drei Kategorien zu kollaborativen, kontextbezogenen und konstruktivistischen Lernformen. (ebd.) Um die pädagogische Affinität der Applikationen zu begründen, ziehen Bryan Patten et al. die fünf Lerntheorien „behavioristisch“, „konstruktivistisch“, „situiert“, „kollaborativ“ und „informell und lebenslang“ 123 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses heran. Den Kategorien „Datensammeln“, „standorterkennend“ und „kollaborativ“ messen sie eine adäquate und innovative Nutzung von Mobilgeräten bei. Sie finden ihre Entsprechung in den pädagogischen Kategorien Kollaboration, Kontextualisierung, Konstruktionismus und Konstruktivismus (ebd., S. 307; siehe Abbildung 15). Die daraus resultierende Kategorisierung kann sicherlich nur als Orientierungshilfe dienen. Letztlich ist das in der Regel durch den Lehrer vorgegebene didaktische Design, in das die Verwendung der Applikationen eingebettet ist, ausschlaggebend für den „Mehrwert“, den Bryan Patten et al. mit ihrer Aufteilung implizieren (z. B. „wenig Pädagogik“ im Gegensatz zu „kollaborativ“ und „konstruktivistisch“). Abbildung 15: Pädagogische Untermauerung mobiler Applikationen (Patten et al. 2006, S. 300). Der folgende Teil fällt ein wenig umfangreicher aus. Dies hat zwei Gründe: Zum einen waren die hier aufgeführten Beispiele, abgesehen von den zeitlich aktuellen, die ersten, die bei der Annäherung an die Mobile-Learning-Thematik durch die Autorin gesammelt und einer ersten Kategorisierung unterzogen wurden (siehe dazu auch Kapitel 4.1). Zum anderen sind hier Beispiele enthalten, die die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten mobiler Technologien in Bildungskontexten erahnen lassen. Dass diese Kategorisierung auch heute noch Aktualität besitzt, zeigen einige Beispiele aus dem Jahr 2011, die neben solchen aus dem Jahr 2005 stehen. 124 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Administration Unter Administration fassen Bryan Patten et al. (2006, S. 297) Applikationen, mit denen Schüler und Lehrer ihren Alltag organisieren (z. B. Planung, Kalender, Benotung) und diese Informationen gegebenenfalls auch untereinander austauschen können. Berichte über Anwesenheit der Lerner, Zugriff auf generelle Daten, Verwaltung von Prüfungsterminen, Änderungen in der Zeit- oder Raumplanung (Naismith et al. 2004, S. 19) sind ebenfalls dazuzurechnen (siehe auch Beispiel 4 und Beispiel 5). Obwohl Bryan Patten et al. hervorheben, dass solche Funktionen Wissenserwerb nicht stützen oder fördern, sei betont, dass administrative Strukturen dennoch wichtige Grundlagen für Lernen bedeuten, wie Agnes Kukulska-Hulme und John Traxler anführen: Sie sehen Administration als wichtigen Ausgangspunkt für lebenslanges Lernen (Kukulska-Hulme et al. 2005, S. 36). Demnach ist funktionierende Administration eine verlässliche organisatorische Basis, auf deren Grundlage Lerner selbstorganisiert handeln können. „Traditionell werden Handys, oft informell, mit folgende [sic!] Funktionen und Aufgaben an Schulen genutzt: ‐ Organisation – von Projekten, Vorhaben und Schulaktivitäten (z. B. Terminabsprachen) ‐ Mitteilungen – kurzfristige Änderungen im Stundenplan, informelle Bekanntgabe von Noten ‐ Kommunikation – gegenseitige Unterstützung der SchülerInnen untereinander, Coaching der LehrerInnen für ihre SchülerInnen (vor allem bei Projekten).” (Handywissen.at 2006) Beispiel 4: Verwendung des Handys zur Administration in Schulkontexten. Vgl. Handywissen.at 2006. „Administrative Applications 1. Keep your schedule 2. Track student progress on specific skills 3. Conduct authentic assessment 4. Use a calculator 5. Make a database of key content and concepts for student use 6. Take attendance 125 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses 7. Instantly access student information, such as schedules, demographics, or parent contacts 8. Organize your reading lists 9. Take notes at a meeting or in a class 10. Record and tabulate grades 11. Track computer hardware and software inventory 12. Enhance school safety with bar code IDs and an emergency management system 13. Store and access lesson plans 14. Use a rubric to assess and score student work 15. Access a database of curriculum standards and related curriculum resources 16. Keep an inventory of books and other instructional materials 17. Store and track student IEPs 18. Track technical support requests 19. Keep a list of all your important contacts 20. Evaluate teacher performance and record observation notes 21. Access, track, and manage library book or textbook inventories 22. Track, organize, and control inventories and safety information for chemicals in the lab 23. Let students have constant access to their current grades (very motivating!) 24. Track teacher recruiting activities 25. Access human resources benefits information 26. Look up technical troubleshooting information 27. Keep emergency procedures and checklists readily accessible” (K12 Handhelds 2005). Beispiel 5: Nutzung von Applikationen zur Administration. Vgl. K12 Handhelds 2005. Referenziell Applikationen der Kategorie „referenziell“ stellen Informationen in Form von Podcasts, Wörterbüchern, Übersetzungsprogrammen etc. ortsunabhängig zur Verfügung (siehe Beispiel 6 und Beispiel 7). Solche Applikationen gehen jedoch meistens über die reine Zulieferung von Informationen nicht hinaus. (Patten et al. 2006, S. 297) Im Rahmen der Kinderuni der Universität Augsburg ist die Krimi-Hörspielreihe „Detektei Suni und Partner“ entstanden. Die drei Hauptdarsteller Suni, Melissa und Thorsten lösen Verbrechen und lernen auf ihren Abenteuern Wissenswertes über das Kolosseum, die Konstruktion eines Helikopters, den 126 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Klimawandel, die Entdeckung Amerikas u. v. m. (Vgl. Professur für Medienpädagogik Augsburg 2010) Beispiel 6: Detektei Suni und Partner. Vgl. Professur für Medienpädagogik Augsburg 2010. Mit dem kostenlosen Textkonverter „Pediaphon” können sich Nutzer Texte vorlesen lassen. Über eine webbasierte Suchmaske sind deutsch- und englischsprachige Wikipedia-Artikel auffindbar und eigene Texte eingebbar und werden automatisch vorgelesen. Daneben besteht die Möglichkeit, die Sprechstimme auszuwählen, die Sprechgeschwindigkeit zu bestimmen, die Audiodatei direkt im Internetbrowser anzuhören oder sie als MP3-Datei herunterzuladen. Die Seite wirbt dabei mit mobilem, vom statischen Bildschirm unabhängigen Lernen: „Lernen Sie beim Joggen und Autofahren! E-Learning und M-Learning mit MP3-Player und Mobiltelefon!“ (Bischoff 2010). Beispiel 7: Pediaphon. Vgl. Bischoff 2010. Interaktiv Die Funktionalität interaktiver Applikationen (siehe dazu Beispiel 8 und Beispiel 9) ist oftmals im Sinne von Reiz-Reaktions-Lernen zu beschreiben. Ziel dabei ist es, Wissen zu memorieren, z. B. durch Lernkarten oder Multiple-Choice-Fragen. Da jedoch teilweise die Möglichkeit für die Lerner gegeben ist, Inhalte selbst zu erstellen, werden sie als „kreativer“ eingestuft als die vorangehenden Kategorien. (Patten et al. 2006, S. 297 f.) Auf der quigli-Website können Nutzer Lernkarten erstellen und im Anschluss daran weiter bearbeiten, sie auf ihr Handy laden, sie ausdrucken, die Karten online sammeln und sie mit anderen Lernern tauschen. Die Seite möchte Lerner beim Auswendiglernen unterstützen – allerdings soll das klassische „Pauken“ vermieden werden. Um das Auswendiglernen zu erleichtern, bietet die Website neben den klassischen Lernkarten zusätzliche Funktionen wie die Überprüfung des Lernprozesses und Vorschläge zur Optimierung, die Konvertierung der Lernkarten in Kreuzworträtsel sowie die Möglichkeit, Multimedia-Inhalte auf den Karten einzubetten. (Vgl. Steiger, Weber 2006) Beispiel 8: quigli Lernkarten. Vgl. Steiger, Weber 2006. 127 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Das „Trübli-Quiz“ ist ein SMS-basiertes Spiel. Auf dem Trübliweg, einem Wanderweg einiger Weinbaubetriebe, sind an neun Stationen Tafeln mit „Informationen zu Trauben, Wein, Kultur und Ökologie“ (werdenberg.ch 2005) angelegt. Auf jeder Tafel findet sich ein Schlüsselwort, das per SMS an eine Nummer gesendet werden kann, woraufhin eine Frage auf das Handy geschickt wird, die dann ebenfalls per SMS beantwortet werden muss. Für jede richtige Antwort erhält man einen Lösungsbuchstaben für das finale Lösungswort. (Vgl. werdenberg.ch 2005) Beispiel 9: Das Trübli-Quiz. Vgl. werdenberg.ch 2005. Microworld Unter „Microworld” fassen Bryan Patten et al. Simulationen (siehe Beispiel 10 und Beispiel 11), mit deren Hilfe Lerner experimentell Wissen konstruieren können (Patten et al. 2006, S. 298). Solche Simulationen sind bekannt aus dem Bereich des E-Learning und werden erst allmählich vermehrt vor allem im Bereich des work-based Mobile Learning entwickelt und eingesetzt (siehe dazu Beiträge in Pachler et al. 2011). Eine Variante von Simulation ist in den „Reusable Learning Objects” (RLOs; wiederverwendbare Lernobjekte) umgesetzt. In einer Flash-Animation werden beispielsweise die Funktionen der menschlichen Muskulatur simuliert und dienen so z. B. Sportstudenten als Hilfe beim Erlernen von Aufbau und Funktion der Muskulatur. Die Applikation bietet die Möglichkeit, je nach Bedarf Details ein- oder auszublenden. Am Ende der Simulation steht ein kurzer Test, anhand dessen die Nutzer das Erlernte überprüfen können. (Vgl. RLO-CETL, o. J.) Beispiel 10: Flash-Animation der menschlichen Muskulatur (RLO- CETL, o. J.) Mit der SMS-basierten Simulation eines Flutkatastrophen- Szenarios sollen Studenten der Geomorphologie auf reale Katastrophenszenarien vorbereitet werden, in denen sie als Entscheidungsträger über bestimmte Vorgehensweisen bestimmen und dabei ihr theoretisches Wissen praktisch anwenden müssen: Die Lerner erhalten kurze SMS-Nachrichten, die teilweise Informationen über das Szenario enthalten. Andere Kurznachrichten enthalten Aufforderungen, Entscheidungen zu bestimmten Bereichen des Szenarios zu treffen. Zudem schicken 128 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses die Dozenten den Studenten Kurzmitteilungen mit Informationen darüber, welche Konsequenzen ihre Entscheidungen für das Szenario hatten. (Vgl. Cornelius, Marston 2011) Beispiel 11: Flutkatastrophen-Szenario – SMS-Simulation. Vgl. Cornelius, Marston 2011. Datensammeln Die Applikationen bzw. Funktionen, die unter die Kategorie „Datensammeln” (siehe dazu Beispiel 12, Beispiel 13 und Beispiel 14) fallen, bezeichnen Bryan Patten et al. als diejenigen, die recht typisch für mobile Technologien sind und Aktivitäten ermöglichen, die ohne mobile Technologien so nicht realisierbar wären. Dazu zählen Funktionen, die das Sammeln unterschiedlicher Daten wie Fotos, Filme, Audio-Dateien, standortbezogene (location based) Dienste und Daten etc. ermöglichen. In Zusammenhang mit Applikationen zur Administration ist es möglich, parallel zum Datensammeln relevante Informationen abzurufen oder zugeliefert zu bekommen. Im Rahmen des „Participate project” wurden Schülern Mobiltelefone mit Sensoren und Messwerterfassern zur Verfügung gestellt, um die Schadstoffbelastung durch Kohlenmonoxid und die Geräuschbelastung auf ihrem Schulweg zu messen. Im Klassenzimmer sollten die Daten zusammen mit Bildern der Orte, an denen die Daten gesammelt wurden, ausgewertet und miteinander verglichen werden. (Vgl. University of Bath 2006) Beispiel 12: Participate Project. Vgl. University of Bath 2006. Die Kategorie „Datensammeln” lässt sich in die drei Unterkategorien „wissenschaftlich” („scientific“), „reflektierend“ („reflective“) und „multimedia“ unterteilen (Patten et al. 2006, S. 298 f.): ‐ Die wissenschaftliche Verwendung geschieht mittels Aufnehmen und Ad-hoc-Analysen, um mehr über den jeweiligen Kontext zu erfahren. ‐ Die reflektierende Anwendung erlaubt auch den Zugriff auf Funktionen der Kategorie „Administration“ und „referenziell“, also 129 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses z. B. auf Lerntagebücher und Lexika, ebenso auf Funktionen, um mit anderen Lernern in Kontakt zu treten („community features“). Auf das gesammelte Material kann zu einem späteren Zeitpunkt als Reflexionshilfe zurückgegriffen werden. ‐ Multimedia-Anwendungen ermöglichen das Aufnehmen von Notizen, Bildern, Tonmaterial und Filmen, die zu einem späteren Zeitpunkt als Erinnerungshilfe und Arbeitsmaterial herangezogen werden können. Ziel des „Mobile Classroom Schultest”-Projekts war die Evaluierung der Nutzung von Mobiltelefonen in Schul- und Unterrichtssettings, speziell im Physikunterricht. Mobiltelefone wurden verwendet, um mobile Lerninhalte zu erstellen und zu nutzen, Audio- und Videoaufnahmen von Experimenten zu machen, Hausaufgaben zu verwalten und zu erstellen sowie für die Kommunikation zwischen Lehrer und Schüler. Direkt von den Mobiltelefonen aus konnten die Schüler die gefilmten und fotografierten Experimente auf eine Lernplattform laden und dort auch zu späteren Zeitpunkten ortsunabhängig wieder abrufen. (Vgl. FH Joanneum 2008) Beispiel 13: „Mobile Classroom Schultest”. Vgl. FH Joanneum 2008; eine ausführliche Projektbeschreibung findet sich in Kapitel 4.2. Im Rahmen eines Projektes in Neuseeland verwendeten Auszubildende während der Ausbildung zu Bäckern Mobiltelefone und Web 2.0-Tools, um ihre Lernerfahrungen am Arbeitsplatz zu sammeln und zu dokumentieren und sich darüber mit ihren Lehrern, aber auch mit ihren Familien, Freunden, Arbeitskollegen etc. auszutauschen. Ziel des Projektes war es, die Konzeptionen der beruflichen Identität der Bäckerlehrlinge zu untersuchen, die Teil eines Prozesses ist, zu dem die Zugehörigkeit zu einem Arbeitsplatz, die Ausbildung zum Bäcker und letztlich professioneller Bäcker zu sein gehören. (Vgl. Chan 2011) Beispiel 14: Bäckerlehrlinge verwenden mobil- und Web 2.0- Technologien in der Ausbildung. Vgl. Chan 2011. 130 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Standorterkennend „Standorterkennende“ Applikationen (siehe Beispiel 15) ermöglichen Aktivitäten, die über das reine Datensammeln hinausgehen. Über Sensoren oder Ortungssysteme können Informationen über die unmittelbare Umgebung angezeigt werden. Als Beispiel führen Bryan Patten et al. Führungen in Museen an, bei denen mithilfe der Mobiltechnologien in Abhängigkeit vom aktuellen Standort Informationen zu Ausstellungsobjekten abrufbar sind (Patten et al. 2006, S. 299). Im Rahmen des MOBIlearn-Projekts wurden standorterkennende Systeme eingesetzt, die in einem Museum abhängig vom Standort der Museumsbesucher Informationen zu dem jeweiligen Kunstobjekt auf den mobilen Geräten verfügbar machten. Die Besucher konnten so weiterführende Informationen zu bestimmten Objekten erhalten und auf ihren mobilen Geräten zwischen verschiedenen Kategorien der jeweiligen Lerneinheit wählten (Einführung, Index, Kurzbeschreibung, interaktive Übung, Fakten, kritische Analyse, Quiz). (Vgl. MOBIlearn Consortium 2005b, S. 43 ff.) Beispiel 15: Lernen im Museum mit standorterkennenden mobilen Technologien. Vgl. MOBIlearn Consortium 2005b, S. 43 ff. Kollaborativ Applikationen, die kollaborative Aktivitäten ermöglichen, sollen es Lernern erlauben, Wissen mit anderen zu teilen, auch mit Blick auf (Stand-)Orte und Mobilität der Lerner (siehe Beispiel 16). „eBag“, der „digitale Schulranzen“, ist eine Lernumgebung, die aus den Handys der Schüler, einem Computer mit einer Lernplattform und einem angeschlossenen interaktiven Whiteboard besteht. Sobald Schüler sich dem Bluetooth-Empfänger nähern, loggt sich ihr Handy in die Plattform ein, womit der Lerner mit den anderen angemeldeten Teilnehmern verbunden ist und Zugang zu den Lernmaterialen auf der Lernplattform hat. Mit diesem System soll den Schülern der Zugang zu Lernmaterialien erleichtert und ihnen ein unkomplizierter Materialaustausch erlaubt werden. Auch sollen sie dabei unterstützt werden, Material zu sammeln, zu tauschen und schnell auf bereits Vorhandenes zugreifen zu können. Neben den infrastrukturellen Aspekten soll auf der lernpraktischen Ebene kollaboratives Lernen erleichtert und ortsunabhängiges Lernen 131 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses ermöglicht werden, da die Lernplattform über Internet oder drahtlose Technologien jederzeit zugänglich ist. (Vgl. Brodersen et al. 2004; 2005) Beispiel 16: Ortsunabhängiges, entdeckendes und kollaboratives Lernen mit „eBag“, dem „digitalen Schulranzen“. Vgl. Brodersen et al. 2004; 2005; eine ausführliche Projektbeschreibung findet sich in Kapitel 4.2.3. Microlearning: Die Miniaturisierung von Lerninhalten, Lerneinheiten und Lernphasen Eines der im deutschsprachigen Raum dominanten Konzepte, das sich mit dem Verfügbarmachen von Lerninhalten auf mobilen Geräten auseinandersetzt und das sich auch auf das Mobile Learning übertragen lässt, ist das „Microlearning“ (siehe bspw. Hug 2007). Microlearning lässt sich mit Lernen in kleinen Einheiten übersetzen und beschreibt sowohl die Miniaturisierung von Technologie als auch von Lehr- und Lerneinheiten sowie des Zeitrahmens, der aufgewendet wird bzw. werden muss, um zu lernen. Kontextualisiert ist es durch „Lernen und Leben in mediatisierten Umgebungen“ (Hug 2005, S. 2). Vor allem im Bereich der Erstellung von mobilen Lernanwendungen wird auf das Konzept des Microlearning zurückgegriffen (siehe dazu bspw. Ernst 2008, S. 66 ff.). Microlearning, so Theo Hug (2005, S. 2), umfasst die Dimensionen Zeit, Inhalt, Curriculum, Form, Prozess, Medialität und Lerntypen. Es ist vor allem im Bereich der Didaktik und des Designs von Lerneinheiten zu verorten. Entsprechend berücksichtigt aktuelle Forschung zu Microlearning Theorien und Konzepte zu dem bereits seit den 60er Jahren bekannten „microteaching“ oder den Begriffen „micro level“ (bezieht sich auf die Struktur einer einzelnen Veranstaltung), „meso level“ (beschreibt die Kurs-Struktur) und „macro level“ (das Curriculum z. B. einer Schule), die im Instructional Design gängige Ansätze sind (Kerres 2007, S. 98). Obwohl Microlearning seinen Ursprung im Bereich des desktopgestützten Lernens hat, finden Ansätze des Microlearning ihre Entsprechung in der Charakterisierung von Mobilem Lernen. John Traxler macht darauf aufmerksam, dass mobile Geräte Informationen fragmentiert und in 132 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses „Stücken“ liefern und dass sich diese Struktur von der einer Lehrveranstaltung oder eines Buchs unterscheidet (Traxler 2010b, S. 108). „Mobile devices deliver knowledge ‚chunked’, structured and connected in very different ways from the lecture, the web and the book. […] In essence, small pieces of knowledge and learning could be easily presented but their relationship to each other and to anything else became much more difficult to understand, thereby fragmenting and perhaps trivialising what students learn.” (ebd.) So, wie das Konzept des Microlearning hilfreich ist, um die Konzeption von miniaturisierten Lerneinheiten zu realisieren, ist das Konzept auch geeignet, sich der Informationsaufnahme und Informationsproduktion im Sinne von Handlungsmustern anzunähern, die vor allem Internet und Web 2.0-Technologien begünstigen. So beschreibt Peter A. Bruck (2006, S. 7) Microlearning als „die gängigste Alltagspraxis in der Informationsgesellschaft“ und macht darauf aufmerksam, dass sich Aktivitäten, die explizit auf Lernen ausgerichtet sind, mit Aktivitäten, die der Unterhaltung oder Kommunikation zuzuordnen sind, vermischen. Denn Microlearning findet statt, wenn Menschen z. B. „E-Mails oder mobile Texte, Blogs oder Wikis lesen oder schreiben, […] googlen oder podcasten […]“ (ebd.). Diese Vermischung von Lernen und anderen Aktivitäten beschreibt auch Mike Sharples (2005) für das Mobile Lernen, er weist damit auf eine der zentralen Charakteristika des Mobile Learning hin. Mobiles Lernen lässt sich nicht eindeutig von anderen informationsgewinnenden oder -generierenden Aktivitäten trennen; formelles Lernen und informelles Lernen vermischen sich. „Learning is interwoven with other activities as part of everyday life: Learning cannot easily be separated from other everyday activities such as conversation, reading, or watching television, and these activities can be resources and contexts for learning. It is integrated with nonlearning tasks such as shopping or entertainment, it is organised into projects that are interleaved with everyday activities, and learning needs emerge when a person strives to overcome a problem or breakdown in everyday activity (Vavoula, 2004).” (Sharples 2005, S. 5) Mit dieser Beschreibung wird Lernen aus dem schulischen und Unterrichtskontext herausgehoben und Lernen außerhalb des Klassenzimmers rückt mit in den Fokus der Betrachtung (siehe Beispiel 133 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses 17). Microlearning ist dennoch innerhalb der Mobile-Learning-Diskussion auf den deutschen Sprachraum begrenzt. In der britischen Diskussion hat es bislang nicht Fuß gefasst. Podcasts wie der „English as a Second Language Podcast“ (ESL Pod) stellen teils kleine, in sich abgeschlossene Lerneinheiten zur Verfügung, die sich Nutzer in der Regel kostenlos aus dem Internet herunterladen können. Die sprachbasierten Episoden sind im Fall des ESL Pod thematisch geordnet (z. B. „Berufsleben”, „Reisen” etc.) und auf konkrete Lebenssituationen bezogen (z. B. „Calling in Sick to Work”, „Telling Secrets to Parents” oder „Going to a Spa” etc.). (Center for Educational Development Inc. 2010) Beispiel 17: English as a Second Language Podcast. Vgl. Center for Educational Development Inc. 2010. 2.3.2 Phase 2: Anwendung von Modellen zur Beschreibung von Lernprozessen und adaptive Theorieentwicklung Während die Entwicklungslinien in Phase 1 in der Tradition des desktopgestützten Lernens und des E-Learning stehen und mit Blick auf die Entwicklungen im Bereich der Mobiltechnologien den Einsatz eben solcher zum Lernen explorativ erforschen und austesten, ist Phase 2 durch die Anwendung von Theorie mit Blick auf den Lehr-/Lernprozess gekennzeichnet. Auch weitet sich die Perspektive auf das, was Mobiles Lernen ist oder sein könnte. In einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2007 fassen John Traxler und Agnes Kukulska-Hulme (2007) zusammen, welche Perspektiven, Themen und Herangehensweisen unter Mobile Learning fassbar sind. Dies sind Ergebnisse einer Analyse von Projekten, die sie in Programmen zu Mobile-Learning-Tagungen recherchiert haben: „- Technology-driven mobile learning […] - Miniature but portable e-learning […] - Connected classroom learning […] - Mobile training and performance support […] - Large-Scale Implementation […] - Inclusion, assistivity and diversity […] - Informal, personalised, situated mobile learning […] - Remote, rural and development mobile learning […]” (Traxler 2009b, S. 3 f.) 134 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Technologie, Miniaturisierung, E-Learning, Konnektivität, Lernen im Klassenzimmer, Schulung und Leistungsbezogenheit, breite Implementierung, Inklusion, Vielfalt, informelles, personalisiertes und situiertes Mobiles Lernen und Lernen in abgelegenen, ländlichen Strukturen decken damit strukturelle, handlungsbezogene und einwirkende Aspekte Mobilen Lernens ab (ebd.). Da Praxisforschung Grundlage dieser knappen Zusammenfassung von John Traxler und Agnes Kukulska-Hulme ist, wird zum einen deutlich, wie umfangreich und weitreichend mobile Technologien in der Lehr-/Lernpraxis einsetzbar sind. Zum anderen legt diese Auflistung nahe, dass auch Aspekte in eine Definition Mobilen Lernens einfließen sollten, die nicht unmittelbar auf Technologien und Lehr-/Lernprozesse gerichtet sind, und dass auch infrastrukturelle Aspekte und soziale Strukturen mitzubedenken sind. Der Übergang von Phase 1 zu Phase 2 drückt sich strukturell in Definitionsversuchen aus, die auf Basis der Grundlagenforschung entstanden. In der Theorieanwendung in Phase 2 inbegriffen sind entsprechend die Aktivitäten der Lerner, speziell deren Verhältnis zu den Lehrern, Mitlernern und den Lerninhalten. In Phase 1 wurden Grundlagen erforscht und Grundfragen beantwortet, z. B. die nach der Mobilität (Wer oder was?), nach Einsatzmöglichkeiten (Wo und wie?) und nach der Personalisierbarkeit (Für wen?). Mit der Fokussierung auf die Aktivitäten der Lerner während des Lernprozesses treten Hard- und Software in den Hintergrund – seien sie explizit für Lernen entwickelt oder für Alltagsnutzung konzipiert. Kollaborativer, kommunikativer und diskursiver Umgang mit Geräten, Inhalten und anderen Lernern gewinnen an Relevanz. Diese Interaktion mit anderen Lernern und der Lernumgebung schien bereits in der ersten Phase in Zusammenhang mit dem personalisierten Lernen durch. Die Phase 2 ausschließlich auf die Anwendung von Theorien und Modellen zu beziehen, greift faktisch zu kurz. Denn neben der reinen Anwendung werden auch Modelle adaptiert und in neue Theorien gegossen. Daneben geht es in dieser Phase vermehrt um Modelle, die Lernen unter Aspekten wie Konversation und Aktivitäten beim Lernen beleuchten, sich also unterschiedlicher Formen der Aneignung annehmen, die Lernprozesse prägen oder erklärbar machen. Die Dynamiken Mobilen Lernens über eine Vielfalt von Lerntheorien, die in der ersten Phase oftmals lediglich schlagwortartig benannt wurden, 135 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses fassen zu wollen, scheint nicht zu gelingen. Abbildung 11 beispielsweise deutet vor dem Hintergrund aktivitätsbasierter Kategorien eher auf die Vielfalt didaktischer Möglichkeiten hin, die der Einsatz mobiler Technologien eröffnet, bietet aber kein Modell zur Erklärung Mobilen Lernens oder Hinweise auf die „einmaligen pädagogischen Nutzungsmöglichkeiten“ (Klopfer et al. 2002), die Mobiltechnologien mit sich bringen. Die leitenden theoretischen und konzeptionellen Rahmen umfassen in der zweiten Phase des Mobilen Lernens entsprechend Modelle, die in Bezug auf Aktivitäten und Konversationsprozesse beim Lernen erklärungsmächtig sind. Insbesondere sind dabei die Activity Theory (Engeström 2001; 2005) und der Conversational Framework (Laurillard 2002; 2007) bemüht. Mike Sharples und Kollegen haben, sich darauf stützend, eine Theorie des Mobilen Lernens entwickelt. Mit ihr versuchen sie, die Komponenten, Prozesse und Dynamiken, die beim Lernen mit Mobiltechnologien zum Tragen kommen, zu fassen und als Modell verfügbar zu machen. Wenn also Phase 2 mit „Anwendung von Theorien“ und Phase 3 mit „Theorieentwicklung“ bezeichnet wird, so ist festzuhalten, dass auch Mike Sharples et al., die hier Phase zwei zugeordnet sind, in die Theorieentwicklung fallen. Allerdings basiert ihre Theorie auf der Adaption bestehender Modell zur Beschreibung von Lernprozessen. Um Mobiles Lernen als Phänomen zu fassen, eignet sie sich nicht so sehr, wie die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens es aktuell tut. 2.3.2.1 Entwicklungslinie des kollaborativen Lernens in konvergenten Strukturen: Lernen als „situierte Aktivität“ und „Beteiligung an sozialer Praktik“ (Lave, Wenger 1991, S. 35) Nachdem in Phase 1 und durch Grundlagenforschung deutlich wurde, dass Mobiles Lernen sich nicht nur über Technologien definiert und dass es vor allem kollaborative, gestaltende und diskursive Aktivitätsformen sind, die durch die Nutzung von Mobiltechnologien begünstigt werden, richtet sich der Blick nun auf Prozesse des Lernens. Die Auseinandersetzung mit anderen beim Lernen, das Entdecken, Produzieren und Kommunizieren, impliziert eine diskursive und kritisch reflexive Interaktion. 136 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Zu diesen diskursiven und personalisierten Lernformen, die sich vom Gedanken der Wissensvermittlung absetzen, gehört als eines der zentralen Konzepte das des kollaborativen Lernens. In diesem Zusammenhang stehen von Jean Lave und Etienne Wenger (1991) ausgearbeitete Modelle und Konzepte wie „situiertes Lernen“ (es beschreibt Lernen als verankert in und begründet durch gesellschaftliche und kulturelle Faktoren), „Communities of Practice“ („Lern- und Praktikergemeinschaften“) sowie Lernen als „legitimierte periphere Teilnahme“ an „sozialen Praktiken“ (hier steht die Auseinandersetzung mit anderen Lernern oder Experten und die Teilhabe am Lernprozess sowie die Konstruktion des Lernprozesses im Vordergrund). Diese Konzepte und Modelle sind in der Mobile-Learning-Forschung weit verbreitet und akzeptiert, vor allem im Bereich des work-based Mobile Learning (siehe bspw. Beiträge in Pachler et al. 2011). Vermutlich ist das so, da sie Aspekte von und beim Lernen fokussieren, die von Mobiltechnologien gut unterstützt werden können und trotz der Einbindung in kollaborative Praktiken auf die Autonomie der Lerner abzielen. Lernen wird vor dem Hintergrund dieser Konzepte als Teilnahme von Lernern an „Communities of Practice“ angesehen. Lernen, so Jean Lave und Etienne Wenger, ist eine „situierte Aktivität“, die zentral durch den Prozess der „legitimierten peripheren Teilnahme“ („legitimate peripheral participation“) charakterisiert ist (Lave, Wenger 1991, S. 29). Ziel der „legitimierten peripheren Teilnahme“ ist es, an sozialen Praktiken teilzuhaben („engagement in social practice”) (ebd., S. 35). „Learning viewed as situated activity has as its central defining characteristic a process that we call legitimate peripheral participation. By this we mean to draw attention to the point that learners inevitably participate in communities of practitioners and that the mastery of knowledge and skill requires newcomers to move toward full participation in the sociocultural practice of a community. ‚Legitimate peripheral participation’ provides a way to speak about the relations between newcomers and old-timers, and about activities, identities, artifacts, and communities of knowledge and practice. A person’s intentions to learn are engaged and the meaning of learning is configured through the process of becoming a full participant in a sociocultural practice. This social process includes, indeed it subsumes, the learning of knowledgeable skills” (ebd., S. 29) 137 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Communities of Practice sind vor allem im Kontext des work-based Mobile Learning eine häufig eingesetzte Methode für kollaboratives Lernen und gegenseitige Unterstützung beim Lösen von Problemen. Zudem ist dieser Ansatz hilfreich, um die Relevanz sozialer Komponenten beim Lernen und Arbeiten auch im Sinne von Identitätsbildung, professionellem Selbstverständnis und Expertise und Erfahrung angemessen zu unterstreichen und zu fördern (siehe bspw. Chan 2011; de Witt et al. 2011; Coulby et al. 2011). Mit mobilen und konvergenten Technologien bleiben die Lerner, die in Communities of Practice eingebunden sind, nicht mehr auf ihre lokale Lerngruppe begrenzt, sondern konstruieren sich in unterschiedlichen sozialen Bezugsrahmen themen- und interessenzentrierte Communities, über die sie sich als Lerner oder Experten definieren. Als Beispiel führt Selena Chan drei Ebenen von Communities an, die bei der Ausbildung zu Bäckern von den Auszubildenden adressiert und einbezogen werden (Chan 2011; für eine Kurzbeschreibung des Projekts siehe Beispiel 14): (1) Die ausbildenden Arbeitgeber und die internationale Bäckereiindustrie als Hauptbezugsquelle von handwerklichen Fähigkeiten und Wissen; (2) die Communities, die durch die Auszubildenden über soziale Netzwerke etabliert wurden, dienten den Auszubildenden dazu, ihre Produkte zu zeigen und ihren professionellen Fortschritt zu dokumentieren; (3) die Teilnehmer am Forschungsprojekt schulten die Forscher im Umgang mit den mobilen Technologien, berieten bei der Auswahl von Mobilfunktarifen und bei der Auswahl von Social-Networking-Seiten im Internet etc. Die Auslegung des Lernens ist dabei immer zentral angebunden an die jeweilige Situation und somit an die jeweilige Community of Practice, den persönlichen Hintergrund und die Erfahrungen der Lerner und andere Strukturen. „Interpretation of the learning that takes place within a given situation is shaped by the community of practice to which they belong (Lave and Wenger, 1991), the individuals’ own background and experiences, and any external requirements that may be in place (Fuller and Unwin, 2004).“ (Coulby et al. 2011) An dieser Stelle wird abermals die Frage nach Relevanz von im Alltag erworbenen Fähigkeiten, Kenntnissen, Wissen etc. im Verhältnis zu 138 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses schulischen Kategorien deutlich. Bereits Jean Lave und Etienne Wenger haben auf dieses Spannungsfeld aufmerksam gemacht (Lave, Wenger 1991, S. 113 f.): „Learning understood as legitimate peripheral participation is not necessarily or directly dependent on pedagogical goals or official agenda, even in situations in which these goals appear to be a central factor (e.g., classroom instruction, tutoring). […] Dissociating learning from pedagogical intentions opens the possibility of mismatch or conflict among practitioners’ viewpoints in situations where learning is going on.“ (ebd.) Dass selbstorganisiertes und informelles Lernen auch im Alltag stattfindet, ist für Jean Lave und Etienne Wenger wesentlich. Jedoch öffnet ihr Konzept den Blick nicht nur dafür. Auch die Frage nach Expertenwissen, Expertisen, Aktivitäten, Identitäten, (Lern-) Gegenständen (ebd., S. 29) gewinnen an Relevanz und werden anbindbar an pädagogische Praxis des kollaborativen Lernens, auch mit Mobiltechnologien. 2.3.2.2 Entwicklungslinie der Fokussierung auf Transformationsmodelle: Aktivitätstheorie, Konversationsmodelle und eine Theorie des Mobilen Lernens als theoretische Grundlagen und Analyse- und Planungsmodelle Mobilen Lernens Die Fokussierung auf Strukturen und (Lern-)Objekte während des Lernprozesses unter Bezugnahme auf die „Activity Theory“ ist einer der großen Schwerpunkte in der britischen Mobile-Learning-Diskussion. Die Aktivitätstheorie von Yrjö Engeström (siehe bspw. Engeström 2001; 2005) stellt sich dabei als zentrales Modell zur Planung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis heraus (Pachler et al. 2010a, S. 51; Pachler et al. 2011; Pimmer et al. 2010). So wird die Activity Theory beispielsweise herangezogen, um in arbeitsbezogenen Lernkontexten Themen herauszuarbeiten, die im Zusammenhang mit der Verwendung von mobilen Technologien als Werkzeuge zur Erlangung von Fähigkeiten stehen, oder um berufsbezogene Identitätsbildung nachzuvollziehen (siehe dazu bspw. Chan 2011). Ein weiteres Modell, das ebenso wie das von Yrjö Engeström als „Transformationsmodell“ bezeichnet werden 139 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses kann, ist der „Conversational Framework“ von Diana Laurillard (2002; 2007). In beiden Modellen geht es um die auf diskursive Prozesse gründende Umwandlung bestehender Konzepte und Objekte durch Bedeutungszuweisung. Beides – Activity Theory und Conversational Framework – hat Mike Sharples (2010) mit seinen Kollegen in einer Theorie des Mobilen Lernens zusammengebracht. Damit hat er ein Modell zur Planung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis geschaffen, das wohl als das prominenteste in der Mobile-Learning-Diskussion gilt. Mike Sharples scheint, so Frohberg et al. (2009), ein Modell entwickelt zu haben, das sich in der praktischen Erprobung bewährt. Denn es ist zu bedenken, dass die Mobile-Learning-Community bei der Entwicklung von Theorien vor drei Problemen steht: Bei der Verwendung und Ableitung von Theorien des E-Learning ist die Problematik der Übertragbarkeit gegeben; bei der Entwicklung von Theorien aus spezifischen (Praxis-) Kontexten heraus die der Validität; bei der Entwicklung genereller und abstrakter Theorien stellt sich die Frage nach der Genauigkeit (Traxler 2009b, S. 6). Mike Sharples und Kollegen beziehen sich mit ihrer Theorie des Mobilen Lernens nicht notwendigerweise und ausschließlich auf die Tragbarkeit von Geräten. Mobiles Lernen wird als Lernen mit portablen Technologien verstanden, aber auch als Lernen in Bereichen, die durch die Mobilität der Menschen und die Mobilität des Wissens charakterisiert sind (Sharples et al. 2010, S. 91). „To support mobile learning according to our definition, it is not necessary that the device itself be portable. Our definition of mobile learning embraced both learning with portable technology, and also learning in an era characterised by mobility of people and knowledge.“ (ebd.) Bei der Formulierung einer Theorie des Mobilen Lernens seien im Wesentlichen vier zentrale Punkte zu bedenken: (1) Lernen ist Konversation über Kontexte hinweg; (2) Lernen ist ein Prozess des Erkundens der Welt und des Aushandelns von Bedeutungen, vermittelt durch Technologie; (3) Lernen im Klassenzimmer und im Alltag seien miteinander zu verbinden; (4) die Möglichkeit der Transformation müsse gegeben sein (Sharples 2007c, S. 35). 140 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Mit ihrem Modell zur Beschreibung des „activity system of mobile learning“ (Sharples et al. 2010, S. 91) möchten Mike Sharples et al. die „dialektische Beziehung“ (ebd.) zwischen Menschen und Technologie beschreiben (ebd.) und „die Ökologie des Lernens in einer Welt vernetzter Mobilität“ (ebd., S. 88) verstehen und verstehbar machen und ein Modell zur Analyse von Mobile-Learning-Praxis zur Verfügung stellen. Das „activity system of mobile learning“ soll zur Analyse von „Lernen als kultur-historisches Activity System, vermittelt durch Werkzeuge, die die Lerner bei ihrem Ziel, Wissen und Fähigkeiten zu transformieren, sowohl beschränken als auch unterstützen“ (ebd., S. 91), dienen. Die „kommunikative Interaktion“ (ebd., S. 87) zwischen Lerner und Technologie steht dabei im Zentrum. Mike Sharples‘ Theoriebildung kann als wegweisend für die dritte Phase des Wissenschaftsprozesses angesehen werden. Denn er geht mit der Verbindung des Activity System und des Conversational Framework grundsätzlich von einem Modell aus, in dem die Lerner als aktiv gestaltende Subjekte in kommunikativen und diskursiven Prozessen mit ihrer Umwelt interagieren und Bedeutungen herstellen. Dies kann gemeinsames Aushandeln von Bedeutungen ebenso sein wie der subjektiv sinnstiftende Blick auf die Welt. Mobile Technologien sind dabei sowohl Werkzeug als auch Vermittler. Es muss bedacht werden, dass das Grundmodell des hier dargestellten Modells von Mike Sharples et al. mittlerweile ca. sechs Jahre alt ist und in dieser Zeit zwar keine grundlegenden Veränderungen erfahren hat, allerdings in einigen Bereichen der aktuellen Diskussion und Terminologie angepasst wurde. Dies bezieht sich vor allem auf die Diskussion zu nutzergenerierten Contexten oder Begriffen und Konzepten wie „Aneignung“. Dass die Darstellung des Modells in Zusammenhang mit der Activity Theory und dem Conversational Framework hier dennoch einen gewissen Raum einnimmt, ist vornehmlich dem Umstand zu zollen, dass es wohl das prominenteste Modell zur Planung und Analyse der Mobile- Learning-Forschung ist, das aktuell existiert. Zudem soll die relativ umfangreiche Darstellung einige Bereiche aufzeigen, die an ein kulturökologisches Verständnis Mobilen Lernens anbindbar sind und auch für Aspekte der Medienbildung Ansätze bieten (siehe dazu Kapitel 3). Bis auf einige Bezugnahmen im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird dieses 141 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Modell allerdings nicht weiter als beispielsweise argumentative oder analytische Grundlage herangezogen, da es nicht im Zentrum der Betrachtungen zur Struktur des Wissenschaftsprozesses steht. Activity Theory nach Yrjö Engeström Yrjö Engeström stellt bei seiner Activity Theory das Subjekt (subject), ein Objekt (object), Werkzeuge und Zeichen (tools and signs), die Gemeinschaft (community), Regeln (rules) und Arbeitsteilung (division of labour) in ein Verhältnis zueinander, wobei es Ziel der Aktivität des Subjektes ist, das Objekt durch Sinngebung und Bedeutungszuweisung (sense, meaning) im Sinne eines Resultats (outcome) mittels vermittelnder Artefakte (meditating artifacts) zu transformieren. Die jeweiligen Komponenten dieses „human activity system“ wirken dabei auf das Subjekt ein, womit das Ergebnis entsprechend von den Komponenten beeinflusst ist. (Pachler et al. 2010a, S. 157) Die Komponenten des Systems hängen miteinander zusammen. Sobald sich also eine Komponente ändert, hat dies Auswirkungen auf die anderen (siehe Abbildung 16). Abbildung 16: Die Struktur eines „human activity system“ (Engeström, 1987, S. 78; 2001, S. 135). In jüngeren Arbeiten betont Yrjö Engeström kollaborative Mechanismen und die Handlungskompetenzen der Lerner in dynamischen Kontexten („Knotworking to Create Collaborative Intentionality Capital in Fluid 142 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Organizational Fields“; Engeström 2005). Dabei sind es vor allem vier Leitfragen und fünf Leitkategorien, die die aktuelle „dritte Generation“ (siehe Abbildung 17) der Activity Theory kennzeichnen (Engeström 2001, S. 133): Die Subjekte, die Gründe, die Inhalte, die Art und Weise bilden die Leitfragen; als Leitkategorien sind benannt die Verbindung mehrerer activity systems miteinander, die Subjektivität (Interessen, Historie, Sichtweisen etc.) der jeweils Beteiligten, die Historie der Elemente eines activity system, Widersprüche als Anlass zur Veränderung der Aktivität sowie die kollektive Rekonzeptualisierung von Möglichkeiten, „zu verstehen als kollektive Reise durch die Zone der proximalen Entwicklung der Aktivität“ (ebd., S. 136 f.). Abbildung 17: Zwei interagierende „activity systems” als minimales Modell für die dritte Generation der Activity Theory (Engeström 2001, S. 136). Lernen als Konversation: Der „Conversational Framework” (Laurillard 2002; 2007) Sich Prozessen des Lehrens und Lernens anzunähern, um „die minimalen Bedingungen zur Unterstützung des Lernens in der formellen Ausbildung zu beschreiben“ (Laurillard 2007, S. 161) und Lernen in formellen und informellen Kontexten zu unterstützen, ist Ziel der Arbeit von Diana Laurillard. Sie hat den Conversational Framework (Laurillard 2002; 2007) als Modell zum Design von Lernprozessen (Laurillard 2007, S. 161) sowie zur Analyse des Beitrags von Technologien, auch Mobiltechnologien, zum Lernen entwickelt (ebd., S. 153). Der Conversational Framework ist jedoch auch auf alle anderen Lernformen und -kontexte anwendbar (ebd., S. 158 f.). 143 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Im Rahmen des Conversational Framework „wird Lernen angesehen als Serie von schrittweise erfolgenden Konversationen mit der externen und ihren Artefakten, mit sich selbst, mit anderen Lernern und dem Lehrer“ (Pachler et al. 2010a, S. 160). Wesentlich ist dabei die „Kont der Lerner über Aktivitäten, die Möglichkeit, Ideen zu testen, indem Experimente durchgeführt werden, Fragen zu stellen, Kollaboration anderen Menschen, neues W Welt rolle mit issen ausfindig zu machen und neue ktionen zu planen“ (ebd.). ischen ‚Lehrer‘ und ‚Schüler‘ auf ufbau d zwischen Schülern, Lehrern und den n Blick dafür zu bekommen, wie das Handeln zu verbessern ist. A Der Conversational Framework (siehe Abbildung 18 und Abbildung 19) beschreibt den „dialogischen Prozess zw zwei Ebenen“ (Laurillard 2007, S. 159): ‐ Die diskursive Ebene umfasst Theorien, Konzepte und A von Darstellungsfähigkeiten. Interaktionen hier sind als kommunikative Akte von un Mitschülern zu verstehen. ‐ Die experimentelle Ebene beinhaltet Praxis, Aktivitäten und Aufbau von Prozeduren. Die Interaktion ist auf praktische Anwendung ausgerichtet mit der Absicht, ein Ziel zu erreichen, die Umgebung verändernd zu gestalten und dadurch eine Abbildun rmellen Lernprozessen (Laurillard 2007, S. 160). g 18: Der Conversational Framework in fo 144 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Dabei profitieren die Lerner im Bereich der diskursiven Ebene von den Erfahrungen, die sie auf der experimentellen Ebene gemacht haben, und mgekehrt. ng und hrer ist es den n den kative als auch xperimentelle Lernprozesse ermöglichen (ebd., S. 161). u Zentral sind im Rahmen des Conversational Framework die konstituierenden Komponenten Diskussion, Feedback und Transformation, ebenso wie die aktive und reflektierende Aneignu Entäußerung der Lerner, worüber sie ihr Denken und Handeln in schulischen Kategorien verbessern sollen. Die Aufgabe der Le dabei, für solche Reflexionsprozesse Räume zu schaffen, sie anzustoßen, durch z. B. Feedback (ebd., S. 167) einzuordnen und so Lernprozess zu unterstützen. Dort, wo Lerner sich nicht aktiv i Lernprozess integrieren, schlägt Diana Laurillard vor, digitale Mobiltechnologien einzusetzen, da diese sowohl kommuni e Abbildung ormellen Lernprozessen (Laurillard 2007, S. 171). en, doch verändert sich mit dem Einsatz digitaler Mobiltechnologien die 19: Der Conversational Framework in inf Lehren und Lernen mit mobilen Technologien sind ebenfalls eingeschlossen. Die konstituierenden Komponenten formalisierter Lernprozesse – Lehrer, Lerner und Lernobjekte – bleiben dabei besteh je 145 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Beziehung zwischen Lehrer, Lerngegenstand und Lernern. Sie werden flexibler, mehr auf Interaktion ausgerichtet, dynamisch und diskursiv. bd., S. 153) s chen he kein ign n, so t sein, um n urchaus zu 0a) rner men und in Schulunterricht und schulisches Lernen zu tegrieren. (e Bezogen auf informelles Lernen beschreibt Diana Laurillard die Relevanz des Gelernten als problematisch für die Anforderungen formellen Lernen (ebd., S. 169 f.). Auch wenn die Kontinuität zwischen unterschiedli Kontexten herstellbar ist, trifft das nicht notwendigerweise auf die Lerninhalte und Lernziele zu. Dies habe u. a. damit zu tun, dass informelles Lernen in erster Linie von den Interessen, Zielen und der Art des Feedbacks der Lerner motiviert ist, weniger von durch einen Lehrer vorgegebenen Problem- und Aufgabenstellungen. (ebd.) Auch ste Lehrer zur Verfügung, um ein entsprechendes Unterrichtsdes anzulegen oder „bedeutsames Feedback“ zur Anleitung des Reflexionsprozesses zu geben (ebd., S. 172). Denn der Lehrer wird in informellen Lernprozessen durch die „Welt der Erfahrungen“ (ebd., S. 169) ersetzt, wie die nachfolgende Grafik deutlich macht. Desse Diana Laurillard, sollten sich auch die Lerner bewuss Anforderungen formellen Lernens zu erfüllen (ebd.). Bei einer Theorie des Mobilen Lernens ist der Conversational Framework eine wichtige Ergänzung zur Activity Theory, da mit ihm Lernen zentraler i Zusammenhang mit Contexten, Konversation und reflexiven Aktivitäten gebracht werden kann (siehe dazu Kapitel 2.3.3). Auch im Rahmen einer Sozio-kulturellen Ökologie findet der Conversational Framework d Anwendung, jedoch nicht als theoretischer Rahmen, sondern als Analysewerkzeug, um Lehren und Lernen in unterschiedlichen Kontexten beschreiben (Pachler et al. 2010a, S. 160). Laut Ben Bachmair (201 bietet Diana Laurillards Model wichtige Anknüpfungspunkte an die praktische Implementierung Mobilen Lernens in den Schulunterricht. Denn es werde durch dieses Konzept möglich, „Kommunikationsbrücken“ (ebd., S. 28) zwischen unterschiedlichen Kontexten – wie beispielsweise Schule und Alltag der Lerner – zu schlagen und so die Aneignungsmechanismen, kulturellen Praktiken, Handlungskompetenzen und Expertisen der Le ernst zu neh in 146 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Erweitertes Aktivitäts- und Konversationsmodell zur „Problematisierung der dialektischen Beziehung zwischen al. er in ies of - ) chen Contexten sowie das Herstellen von ontexten zu verdeutlichen: gy in ontinuously negotiated dialogue between people and technology.“ (ebd.) gen elten aurillard Menschen und Technologie“ (Sharples et al. 2010, S. 91) Mike Sharples et al. (2010) verstehen, ähnlich wie Diana Laurillard (vgl. bspw. Laurillard 2007), „Konversation als den antreibenden Prozess des Lernens“ (Sharples et al. 2010, S. 88); durch Konversation „handeln wir Unterschiede aus, verstehen die Erfahrungen der anderen und formen zeitweise stabile Interpretationen der Welt“ (ebd.). Mike Sharples et beziehen sich dabei auf Gordon Pask (1976), der Konversation als grundlegenden Prozess des Lernens definiert, bei dem Lerner darüber Kenntnis erlangen, was andere wissen. Um zu lernen, muss der Lern der Lage sein, mit sich selbst und anderen darüber Konversation zu halten, was er weiß. (Sharples et al. 2010, S. 88) Auch Jean Lave und Etienne Wenger (1991) vertreten mit ihrem Modell der Communit Practice diese Ansicht. Solch eine Vorstellung dynamischer und wechselseitiger Prozesse beim Lehren und Lernen ist für die Mobile Learning-Forschung zentral, wie Mike Sharples et al. (2010, S. 88 zusammenfassend darstellen, um das ständige Aushandeln von Bedeutungen in unterschiedli C „[…] the dynamic system that comprises people and technolo continual flux. We shall show how this leads to learning as a conversational process of becoming informed about each other’s ‚informings’, to cognition as diffused amongst interactions and reciprocally constructed conversations, and context not as a fixed shell surrounding the learner, but as a construct that is shaped by c Die Konversation muss, damit Lerner sich „produktiv daran beteili können (ebd.), externalisiert werden und sich in „externalisierten Repräsentationen“ (ebd.) manifestieren, z. B. „in einer ausgehand Terminologie, und ebenso Notizen, Concept Maps oder anderen Lernressourcen“ (ebd.). Vor allem sei „eine Sprache zu entwickeln und zu stützen, die gemeinsames Verstehen ermöglicht“ (ebd., S. 89). Aufgabe der Lerner sei es, wie Mike Sharples et al. mit Bezug auf Diana L angeben, Diskurs-Strukturen zu begreifen, Repräsentationen zu interpretieren, nach Beschreibungen zu handeln, Aktionen und Beschreibungen zu justieren und den Ziel-Aktionen-Feedback-Kreislauf 147 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses zu reflektieren (ebd., S. 88 f.). Mit seinen Ausführungen, vor a die Einführung der semiotischen Ebene, steht Mike Sharples unausgesprochen, aber dennoch nahe an Konzepten der C und der Sozialsemiotik, die der deutschen und englischen llem durch ultural Studies edienpädagogik als eine der Argumentationsgrundlagen dienen. M Abbildung 20: Die Adaption von Engeströms „activity system“ (Sharples 2007c). xte ng mit hr al. unter Über die Idee der Konversation als zentrales Element im Lernprozess hinaus sind es aber auch alle anderen Arten von Interaktion, über Kontexte hinweg, und die Konstruktionsleistung der Lerner, die für eine Theorie des Mobilen Lernens mitzubedenken sind (ebd., S. 88). Conte denken Sharples et al. der aktuellen Diskussion entsprechend (siehe dazu Kapitel 2.3.3.2 und 3.2) als situativ und dynamisch durch Lerner generierte Konstrukte (ebd., S. 9). Contexte als nicht – wie traditionell Schule – ortsgebundene Räume zu verstehen, sei in Zusammenha Mobilem Lernen wesentlich, da bei Mobilem Lernen alle als bisher statisch angenommenen Bezugspunkte (z. B. Klassenzimmer, im Klassenzimmer vorhandene Lernressourcen, Mitschüler etc.) nicht me als gegeben vorausgesetzt werden können (ebd., S. 90). Die jeweils aktuelle Aktivität innerhalb von Kontexten kann, so Sharples et Bezug auf Yrjö Engeström, jedoch nur in Zusammenhang mit vorausgegangenen Aktivitäten, Erfahrungen und Wissen gesehen werden. Dies sei Voraussetzung, um kontextualisierte Aktivitäten zu verstehen. (ebd.) Somit ist die individuelle historische Dimension, z. B. des Wissenserwerbs, ein wesentliches konstituierendes Element von 148 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Lernkontexten. Vor dem Hintergrund von Konversation als Grundlage vo Lernen und lernergenerierten Contexten definieren Mike Sharples e „Lernen als Prozess des Wissenserwerbs durch Konversation und n t al. en ie ilfe des ologie“ (ebd., S. 91) vorderhand Wert und Rolle des enschen relativiert. ekt“ er l ie tefakten“ ermittelnden rtefakte“ wiederum zu „Zeichen“ und „Werkzeugen“. ck aben, der die jeweiligen Aspekte ein- oder ausblenden kann (ebd.). Erkundung über kontinuierlich rekonstruierte Kontexte“ (ebd., S. 91). Die Technologien nehmen, so Mike Sharples et al., in Lernprozessen unterschiedliche Rollen ein: Sie sind Lehrer, erweitern Lernumgebung und Interaktionsmöglichkeiten, verbinden Lerner miteinander, bieten Werkzeuge, um gemeinsam zu lernen, zu kollaborieren, auszuhandeln etc. (ebd., S. 89). Die Interaktion zwischen Lerner und Technologie, d die Herstellung von Bedeutungen zum Ziel hat, soll nun mith „activity system of mobile learning“ problematisiert werden. Problematisiert deshalb, da die „dialektische Beziehung zwischen Menschen und Techn M In der einfachen Adaption des Engeström’schen Activity System (siehe Abbildung 20) behalten Mike Sharples et al. die Komponenten „Subj und „Objekt“ bei, ersetzen allerdings die ursprünglichen „kulturellen Komponenten“ „Regeln“, „Gemeinschaft“ und „Arbeitsteilung“ durch „Kontrolle“, „Kontext“ und „Kommunikation“ (Sharples et al. 2010, S. 92). Begründet wird diese Umbenennung damit, dass sowohl Lerntheoretik als auch Technologiedesigner Adressaten von Mike Sharples‘ Model sind. Für sie könnte Engeströms marxistisch geprägte Terminolog hinderlich sein (ebd.) – deshalb also eine „semiotische“ und eine „technologische“ Ebene (ebd., S. 93). „Werkzeuge und Zeichen“ („tools and signs“) aus Engeströms Schema (siehe Abbildung 16) werden in der Gesamtdarstellung bei Mike Sharples et al. zu „vermittelnden Ar („mediating artifacts“), in der Darstellung der einzelnen Ebenen (semiotische und technologische „layer“) werden die „v A Generell besteht die Möglichkeit, beide Ebenen separat voneinander zur Analyse heranzuziehen. Mike Sharples et al. betonen allerdings explizit, dass sie weder für die Trennung noch die Zusammenlegung der beiden Ebenen plädieren, sondern einen dynamischen Analyserahmen im Bli h 149 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Abbildung 21: Die semiotische Ebene des „activity system“ (Sharples 2007c). Die semiotische Ebene (Abbildung 21) fokussiert Aktivität und Diskurs des Mobilen Lernens und „beschreibt Lernen als ein semiotisches System, in dem die objektorientierten Aktivitäten der Lerner (d. h. Aktionen, um ein Ziel voranzutreiben) durch kulturelle Werkzeuge und Zeichen vermittelt sind“ (Sharples et al. 2010, S. 93). Abbildung 22: Die technologische Ebene des „activity system“ (Sharples 2007c). Die Technologieebene (Abbildung 22) beschreibt Lernen als Umgang mit Technologien. Sie nehmen im Prozess des Lernens eine interaktive 150 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Vermittlerfunktion ein, kreieren eine Umgebung für Kommunikation, für Abstimmungen zwischen den Lernern (mithilfe von Tabellen, Concept Maps etc.) und unterstützen Erinnerung und Reflexion der Lerner (bspw. mit Weblogs oder Online-Diskussionen) (ebd.). Die Bereiche Kontrolle, Kontext und Kommunikation sind neben Subjekt, Objekt und vermittelnden Artefakten die Rahmenkonstanten im Analyseschema (siehe Abbildung 23): ‐ Kontrolle im Lernprozess auszuüben, ist beim traditionellen Lernen häufig Aufgabe des Lehrers, der den Lernprozess steuert. Konkret ist mit Kontrolle der Zugang zu Materialien, die Lerngeschwindigkeit und die Art der Interaktion gemeint. Allerdings können aber auch andere Lerner oder Technologien diese Aufgabe übernehmen. Mitzubedenken sind dabei auch Regeln, die soziale Interaktion steuern, sowie die Einstellung der Lerner zu Technologien. (Sharples et al. 2010, S. 93 f.) ‐ Abgesehen von der Frage, ob Context statisch, und damit isolierbar und transferierbar, oder als dynamisch und situativ hergestellt zu verstehen ist, umfasst Context als Komponenten Gemeinschaften von Akteuren (Personen und interaktive Technologien), „die um geteilte Ziele, gemeinsames Wissen, Vorstellungen zu lernen, sowie gemeinsame Lernstile und Lernstrategien herum interagieren“ (ebd., S. 94). ‐ Kommunikation mittels Technologien macht die Zusammenhänge zwischen der Technologie- und der Semiotikebene laut Mike Sharples et al. am deutlichsten. Die Nutzung vor allem von Online-Technologien zur Kommunikation, z. B. E-Mail, Chats etc., etablieren neue Formen und Regeln der Kommunikation, aber auch neue Communities mit exklusiven Regeln und Kommunikationsformen. Dazu gehören auch „subversive“ Praktiken innerhalb von Strukturen, die ursprünglich stark kontrolliert und reglementiert waren, beispielsweise Kommunikation im Klassenzimmer, die durch das heimliche Verschicken von SMS-Nachrichten am Lehrer vorbei unterwandert wird. (ebd.) In der Überlagerung der Semiotik- und der Technologieebene ergibt sich ein Schema, das „ein System von Aktivität zwischen interagierenden 151 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Menschen und Objekten beschreibt. […] In diesem Modell ist das ‚Subjekt‘ der Fokus der Analyse (für Lernsysteme ist das Subjekt typischerweise ein Lerner). Das ‚Objekt‘ bezieht sich auf das Material oder Problem, auf das die Aktivität gerichtet ist. Dies ist durch vermittelnde Artefakte, inklusive Werkzeuge und Zeichen, in Ergebnisse gegossen und transformiert“ (ebd., S. 92). Abbildung 23: Ein Analyserahmen für Mobiles Lernen (Sharples et al. 2010, S. 92). Zwischen der technologischen und der semiotischen Ebene besteht durch den dynamischen Prozess der Aneignung der Nutzer ein dialektisches Verhältnis (ebd., S. 95). Während Nutzer sich Technologien aneignen, wägen sie ab zwischen Vor- und Nachteilen der Technologien mit Bezug auf den Gebrauchswert („the ‚fit’ of their tools to their activities“; ebd.). Dabei kann es auch vorkommen, dass Nutzer nicht nur die Technologie entsprechend des aktuellen Bedarfs verwenden, sondern ihr Handeln gegebenenfalls auf die Funktionen und Funktionalitäten der Technologie ausrichten oder die Geräte ihrem Handeln anpassen, womit sie ihren Handlungsspielraum mit Blick auf Lernen ausweiten können (ebd.). 152 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses 2.3.3 Phase 3: Theoriebildung: Erfassung des „Mobile Complex“ mithilfe einer „Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens“ (Pachler et al. 2010a) Bezogen auf den Übergang von Phase 1 zu Phase 2 geht es in Phase 2 beim Mobilen Lernen nicht um Technologien, sondern um Kommunikation und Interaktionen. Mit Blick auf den Übergang von Phase 2 zu Phase 3 sei auf John Traxler verwiesen, der darauf aufmerksam macht, dass, sobald nach den Erfahrungen der Lerner mit mobilen Technologien gefragt wird, dies nicht nur auf schulische Lernkontexte reduziert werden darf. Auch die Aspekte der Welt außerhalb der Schule müssen mitbedacht werden. (Traxler 2010d) Auch dem sozialen, kulturellen und ökonomischen Kontext kommt dabei eine wichtige Rolle zu; denn der soziale und der ökonomische Kontext sind es in der Regel, in denen an Menschen Forderungen und Anforderungen gestellt werden (Traxler 2009a, S. 18): „This impurist case recognises that learning takes place in a wider social and economic context, and that students must be recognized to be under a range of pressures, most obviously those of time, resources, and conflicting/competing roles.“ (ebd.) Neben diesen formalen kontextbezogenen Aspekten sind aber auch, unter anderem, die Eigenheiten der Lerner und die technologischen Veränderungen mit einzubeziehen (Traxler 2008, S. 19). Im Sprachduktus der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens wären die Eigenheiten die subjektiv geprägten und subjektiven Bedeutungen zugewiesenen Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken, die Expertisen der Lerner und ihre Bedeutungszuweisungen; die technologischen Veränderungen wären die Strukturen. Die Tendenz, die sich nun in Phase 3 abzeichnet, und die mit John Traxler (2008, S. 19) angedeutet wurde, ist, die Lerner in ihrem alltäglichen Umgang mit Medien wahrzunehmen und die Expertisen, die sie in Bezug auf Handlungskompetenzen, Wissen, Aneignungsstrategien, Filtermechanismen etc. entwickelt haben, ernst zu nehmen und für formelles Lernen anzuerkennen. Als Kontext sind dabei die sozio- kulturellen und technologischen Strukturen mitzubedenken. Teil dieser Strukturen sind auch Mobiltechnologien. Mobile Technologien werden 153 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses dabei als Ressourcen relevant, über die Lerner sich die Welt aneignen und Bedeutungen zuweisen. Sie sind also nicht „vermittelnde Artefakte“ wie im Modell von Mike Sharples. Um diese komplexen Dynamiken zu fassen, in die Lerner eingebettet sind, die Lerner aber auch selbst produzieren, wird von diversen Autoren der Begriff der Ökologie (ecology) herangezogen (siehe bspw. Sharples et al. 2010; Luckin et al. 2010; Pachler et al. 2010a). Ökologie beschreibt eine Konstellation verschiedener voneinander abhängiger und sich gegenseitig bedingender Komponenten. Waren die Anfänge dieser Phase geprägt von Protektionismus und kritischer Medienbildung, so gewinnt mittlerweile die Dimension der Autonomie und Expertise der Lerner zunehmend an Gewicht. Die dritte Phase der Mobile-Learning-Diskussion ist also durch den Versuch gekennzeichnet, den Lerner in einem Gefüge von Strukturen zu sehen, in und an deren Gestaltung er aktiv teilhat. Waren in Phase 1 technologiegestütztes Lernen, Technologien und Applikationen zum schulischen Lernen zentrale Untersuchungsgegenstände und in Phase 2 die Theoriebildung mit Blick auf durch mobile Technologien unterstützte Lehr-/Lernprozesse, so ist Phase 3 der Versuch, aktuelle Formen des Lernens – auch mit mobilen Technologien – vor dem Hintergrund von Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner theoretisch zu fundieren. Dass die Theorieentwicklung nicht auf die dritte Phase zu begrenzen ist, wurde weiter oben bereits angedeutet, und die Theorie des Mobilen Lernens von Mike Sharples et al. steht als Beispiel dafür. Was Mike Sharples‘ Theorie und die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens allerdings voneinander unterscheidet und die aktuelle Kategorisierung rechtfertigt, ist die explizite Anbindung Letzterer an gesellschaftliche und technologische Entwicklungen, die Rahmung des Mobile Complex und die Beschreibung diskursiver Dynamiken im Aneignungsprozess. Erstere bezieht sich vornehmlich auf Lehr-/Lernkontexte, Analyse und Planung von Unterricht und Forschung und Design mobiler Applikationen. Mike Sharples ist mit seiner Theorie jedoch Wegbereiter. In der Phase des Wissenschaftsprozesses, in der es vornehmlich um die Anwendung von Theorien und Modellen geht, versucht er, die prominentesten – die Activity Theory und den Conversational Framework – zu berücksichtigen und sie dennoch mit Aspekten zu versehen, die bis dahin in der Mobile 154 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Learning-Diskussion nicht berücksichtigt wurden – z. B. Semiotik und Dialektik. Die Theorieentwicklung nimmt aktuell eine wichtige Stellung innerhalb der erziehungswissenschaftlichen und medienpädagogischen Mobile- Learning-Diskussion ein, da sie einen Argumentationsrahmen schafft, der die Loslösung von der Technologiezentrierung impliziert und Mobiles Lernen vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen und Entwicklungen der Massenkommunikation sieht, mit dem Lerner als aktiv gestaltendem, aneignendem und Bedeutung zuweisendem Subjekt im Zentrum. Aktuelles Modell, um die Prozesse und Dynamiken des Mobile Complex zu fassen, ist das Strukturmodell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens (Pachler et al. 2010a). Mit diesem Modell werden die Bereiche, die Lehren als die Bereitstellung von Inhalten und Lerneinheiten sehen, ebenso abgedeckt wie die diskursive und Contexte und Inhalte generierende Aneignung und Bedeutungsherstellung durch die Lerner, deren Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken sowie die Strukturen, die Lerner situativ umgeben und die sie selbst herstellen (siehe dazu ebd. sowie Kapitel 3). 2.3.3.1 Entwicklungslinie des Alltagsbezugs: Von Protektionismus und Handyverbot hin zu kritischer Medienbildung und schulischem Lernen mit Ressourcen aus dem Alltag der Lerner Der hier knapp dargestellte Umgang mit Mobiltechnologien in Unterrichtskontexten, der auf einer kritischen Auseinandersetzung mit den Geräten und ihrer Nutzung gründet, ist sehr praxisbezogen und in der Umsetzung oftmals wenig theoretisch reflektiert – vor allem nicht vor einem theoretischen Hintergrund, der versucht, die Dynamiken und Prozesse des Mobile Complex systematisch zu rahmen und dabei Hinweise auf eine Theorie oder Didaktik des Mobilen Lernens zu geben. Dennoch zeigt diese Entwicklungslinie deutlich den Weg fort von klassischen Lerntheorien hin zu einem Verständnis von Lernen als Bedeutungszuweisung vor dem Hintergrund sozialer und technologischer Strukturen, von Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner. Technologiegestütztes Lernen verliert an Relevanz. 155 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Ausgangspunkt ist der Alltag der Lerner. Er sollte Hinweise auf die Nutzung – Gründe, Häufigkeit, Relevanz etc. – mobiler Technologien geben (siehe dazu Kapitel 2.1.5), Lehr-/Lernkontexte sollten daran anschlussfähig gemacht werden. Sowohl beim Lernen über mobile Technologien als auch beim Lernen mit ihnen ist der Bezug zum Alltag der Lerner deutlich sichtbar – auch wenn dies häufig unter den Prämissen der Förderung kritischer Medienkompetenz, Medienbildung oder der Auseinandersetzung mit Lerninhalten in klassischen schulischen Kategorien steht. Unterrichtsmaterialien und -konzepte greifen Themen auf, die für die Schüler relevant sind (wie im Fall der Arbeitsgruppen zur Gewaltprävention), oder sie lassen Bereiche aus dem Alltag der Lerner als Ausgangspunkte für oder Anknüpfungspunkte an schulisches Lernen zu (wie im Projekt „Handy“). Der Weg zur Öffnung des Unterrichts für mobile Technologien bringt gleichzeitig eine Öffnung zum Alltag der Lerner mit sich (siehe dazu auch die Einleitung sowie Kapitel 4). 2.3.3.2 Entwicklungslinie der Ökologie-Modelle: Sich gegenseitig bedingende Komponenten im Lernprozess Während die medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Mobile-Learning-Forschung sich in Phase 1 und 2 eher definitorischen, instrumentellen und evaluatorischen Fragen zuwendet, verfolgt die Sozio- kulturelle Ökologie Mobilen Lernens die Bereitstellung eines Modells zur Erfassung des Mobile Complex. In diesem Zusammenhang möchten Norbert Pachler et al. (2010a) Mobiles Lernen als „eine erziehungswissenschaftliche Antwort auf komplexe kulturelle Veränderungen in Bezug auf Sozialisation […] und in den Strukturen der Organisation der Medien in der Gesellschaft […]“ (ebd., S. 155) verstanden wissen. Es geht also primär nicht mehr um die Frage, wer oder was mobil ist oder wer oder was Mobilität ermöglicht. Die Notwendigkeit der Entwicklung einer Sozio-kulturellen Ökologie als systematischer Rahmen zur Einordnung des Mobilen Lernens begründen Norbert Pachler et al. u. a. mit der Tatsache, dass weder Konzepte des technologiegestützten Lernens noch aktuelle Analysemodelle wie die Activity Theory nach Yrjö Engeström (siehe dazu Kapitel 2.3.2), die Theorie des „situated learning“ nach Jean Lave und Etienne Wenger 156 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses (siehe dazu Kapitel 2.3.2.1), der Conversational Framework von Diana Laurillard (siehe dazu Kapitel 2.3.2.2) oder das „Ecology of Resources“- Modell von Rosemary Luckin (siehe dazu Kapitel 3.2.2) ausreichende und umfassende Erklärungsmodelle für die Komplexität Mobilen Lernens darstellen – auch wenn sie für sich gesehen sinnvolle Modelle zur Analyse Mobilen Lernens sind (ebd., S. 155 f.). Geht es allerdings um die argumentativen Zusammenhänge zwischen Ökologiemodellen und Contexten bei Mobilem Lernen, sind die Ausführungen von Rosemary Luckin zu nennen, die sich bereits seit mehreren Jahren in diesem Bereich etabliert hat (siehe dazu Kapitel 3.2.2). Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens mit Blick auf Strukturen (structures), Handlungskompetenzen (agency) und kulturelle Praktiken (cultural practices) Die Eckpfeiler der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens (siehe Abbildung 24 auf Seite 173) bilden die soziokulturellen und technologischen Strukturen (structures), die Handlungskompetenzen (agency) der Lerner sowie die kulturellen Praktiken (cultural practices), die sie im Umgang mit Technologien entwickelt haben. Dabei ist die Lebenswelt der Lerner der argumentative Ausgangspunkt für die Aneignung (appropriation) von kulturellen Ressourcen (cultural resources) wie den Medien und die Bedeutungszuweisung (meaning- making) durch die Lerner. Die Sozio-kulturelle Ökologie verankert Lerner und Lernen also innerhalb gesellschaftlicher und technologischer Gegebenheiten und Situationen. Die Nutzer (oder Lerner) und ihre jeweils subjektive Sichtweise auf die sie umgebende Welt werden zum Ankerpunkt für die Argumentationslinie, die die Sozio-kulturelle Ökologie verfolgt. Die Aneignung ist als Prozess der produzierenden und rezeptiven Auseinandersetzung der Lerner bei der Nutzung von mobilen Technologien mittels ihrer Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken, innerhalb von vorgegebenen oder selbstgestalteten Strukturen, zu verstehen. Dies geschieht subjektiv sinnstiftend, und während dieses Prozesses werden durch die Lerner Bedeutungen zugewiesen. Entsprechend ist Lernen, als Aneignung begriffen, als Prozess der Bedeutungszuweisung (meaning-making) innerhalb des Gefüges aus 157 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses sozialen und technologischen Strukturen, kulturellen Praktiken und Handlungskompetenzen zu verstehen. (ebd., S. 156) „In our understanding of it, the concept of appropriation focuses on the processes ‚learners’ engage in when using mobile media within existing or new cultural practices of everyday life or educational institutions (for a detailed discussion see Pachler et al. 2010). We see appropriation of mobile devices closely linked to learning with mobile devices understood as a process of meaning-making within social structures, cultural practices and agency.” (ebd.) Der Bedeutungszuweisung kommt aus zwei Gründen eine besondere Rolle in diesem Prozess der Aneignung zu. Zum einen: Indem die Lerner sich die technologischen und gesellschaftlichen Strukturen – dazu gehören auch Schule, Alltag, Konsumangebote, Medien, soziale Milieus etc. – aneignen, weisen sie ihnen auf Grundlage ihrer individuellen Erfahrungen, Perspektiven, Handlungskompetenzen, Expertisen etc. subjektive Bedeutungen zu. Dabei übernehmen sie jedoch nicht einfach Strukturen oder handeln in ihnen, sondern verändern und produzieren sie auch durch ihre kulturellen Praktiken (ebd.), was die Dynamik der aktuellen Massenkommunikation mit bedingt. Zum anderen bildet Bedeutungszuweisung die Verbindungslinie zwischen Alltagsmediennutzung und Lernen als Wissenserwerb (ebd., S. 157). Mobilität von Kontexten, Habitus und „ständigen Erwartungshaltungen“ (Kress, Pachler 2007, S. 27) Niall Winters (2006) hebt bei seiner Beschreibung Mobilen Lernens die Vernetztheit von Technologien mit sozialen Faktoren, Kommunikation und Interaktion hervor, die beim Mobilen Lernen zum Tragen kommt. Da sie beim Mobilen Lernen als zentral zu erachten ist, tritt die Technologie in den Hintergrund. (ebd., S. 5 ff.) Entsprechend fällt der Definitionsversuch von Kevin Walker (2006, S. 3) aus: „[M]obile learning is not just about learning using portable devices, but learning across contexts.” (ebd.) Wie auch Gunther Kress und Norbert Pachler (2007) in ihrem Text „Thinking about the ‚m’ in m-learning“ erläutern, ist Mobilität weniger als 158 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses physische zu betrachten und entsprechend in erster Linie auch nicht auf Personen oder Gegenstände gerichtet. Mobilität beziehen sie vielmehr auf den „Habitus“ der Lerner und deren Fähigkeit, etwas miteinander in Verbindung zu bringen, das vorher nicht miteinander verbunden war. „That which is ‚mobile’ is not knowledge or information, but is the individual’s habitus: whether I am out in the countryside, in my bed, or in a classroom is, relatively speaking, beside the point. What is not beside the point is the ability to bring things into conjunction which might previously have been relatively difficult to join.” (ebd., S. 28) Dabei ist Mobilität als „ständige Erwartungshaltung, ein Zustand von Möglichkeiten, von Unvollständigkeit, des Sich-Bewegens in Richtung Vervollständigung, des Wartens auf das Sicherfüllen und des Vervollständigens“ (Pachler et al. 2010a, S. 27) zu verstehen. In diesem Spannungsfeld handeln die Lerner, und darin drückt sich auch die Mobilität aus. Gunther Kress und Norbert Pachler benennen einen Aspekt der Mobile- Learning-Diskussion, der sich auf das Herstellen von Contexten und Bedeutungen bezieht und unter dem Stichpunkt der Sozio-kulturellen Ökologie ausgearbeitet wurde (Pachler et al. 2010a; siehe dazu auch Kapitel 3). Contexte hervorzuheben, erlaubt die Einbeziehung aller Aktivitäten, Ressourcen, Themen, Diskurse, Objekte, Handlungskompetenzen, Kollaborationsmechanismen etc., die im Lernprozess – oder allgemeiner formuliert: im Prozess der Bedeutungszuweisung – relevant sind, in systematische Überlegungen zum Mobilen Lernen. Damit öffnet sich Mobiles Lernen einer Vielzahl an interdisziplinären Theorien und Konzepten, die zum Verständnis von Mobilem Lernen beitragen können. Eine umfangreiche und weiterführende Ausführung zum Strukturmodell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens findet sich in Kapitel 3. Welche Anschlussmöglichkeiten sich aus der Sozio-kulturellen Ökologie für Schule ergeben, ist in Kapitel 3.3 ausgeführt. Eine Anbindung zum Context-Konzept findet sich in Kapitel 3.2. 159 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses 2.3.3.3 Entwicklungslinie der User- und Learner-generated Contexts: Durch Nutzer oder Lerner hergestellte Lernorte und Contexte als Handlungs- und Gestaltungsräume Der Mobilität zwischen Orten und Zeiten wurde in den Anfängen der Mobile-Learning-Diskussion besondere Aufmerksamkeit geschenkt, vermutlich, weil diese beiden Variablen grundlegend für das Verständnis von Mobilität sind. Die gesellschaftlichen und sozialen Implikationen von Mobilität mit Blick auf Mobiles Lernen fasst John Traxler (2010b, S. 104 ff.) unter den Überschriften „Space, Place, Time and Mobiles“ und „Community, Discourse and Mobiles“ zusammen. Mit „Space, Place, Time“ benennt er zentrale Bezugspunkte von Mobilität, mit „Community, Discourse“ die Relevanz mobiler Technologien für Gesellschaft und gesellschaftliche Diskurse. Zu ihnen sind auch beispielsweise Diskurse über die Integration mobiler Technologien in schulische Lernkontexte oder über neue akzeptierte Lernformen und didaktische Konzepte zu zählen. Diese Einordnung greift auch Mike Sharples (2007a, S. 3) auf, der sich dabei auf die Aspekte „Orte“, „Technologien“, „konzeptionelle Räume“, „soziale Räume“ und „Zeit“ konzentriert, was im Wesentlichen der Kategorisierung von John Traxler entspricht. Mike Sharples’ Einordnung jedoch hat größere Bekanntheit erlangt. „- Mobility in physical space: people continually on the move trying to cram learning into the gaps of daily life or to use those gaps to reflect on what daily life has taught them. The location may be relevant to the learning, or just a backdrop. - Mobility of technology: portable tools and resources are available to be carried around, conveniently packed into a single lightweight device. It is also possible to alternate between different devices, moving from the laptop to the mobile phone, to the notepad. - Mobility in conceptual space: learning topics and themes compete for a person’s shifting attention. A typical adult undertakes eight major learning projects a year (Tough 1971) as well as numerous learning episodes every day, so attention moves from one conceptual topic to another driven by personal interest, curiosity or commitment. - Mobility in social space: learners perform within various social groups, including encounters in a family, office, or classroom context. - Learning dispersed in time: learning is a cumulative process involving connections and reinforcement among a variety of learning experiences (Dierking et al. 2003), across formal and informal learning contexts.” (ebd.) 160 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses Deutlich ist dabei, dass Mobilität auch in Bezug auf Konzepte (z. B. konzeptionelle Konstrukte wie z. B. Lifestyles oder Lernformen etc.) und soziale Kontexte gedacht wird, in denen die Lerner aktiv handeln und zwischen denen sie mobil sind und Mobilität herstellen. Allerdings erscheint dabei eine kritisch-reflexive Dimension, die bei John Traxler mit „Community“ und „Discourse“ angedeutet ist, zugunsten der Chancen und Möglichkeiten, die die Nutzung Mobiler Technologien eröffnen, außen vor zu bleiben. Die Unabhängigkeit von festen Lernorten und Lernzeiten sowie das aktive Handeln der Lerner bedürfen einer konzeptionellen Einordnung, die Mobiles Lernen – sei es formell oder informell – systematisch fassbar macht. Eines dieser Konzepte ist das der „Learner-generated Contexts“ (nutzergenerierte/lernergenerierte Contexte; siehe dazu Kapitel 3.2). Contexte werden dabei nicht ausnahmslos als gegeben vorausgesetzt, sondern ihre Erstellung wird den Nutzern mobiler Technologien bzw. den Lernern zugeschrieben (siehe dazu bspw. Luckin et al. 2010 sowie Kapitel 3.2). Damit rücken die Lerner aus einer passiven Rolle heraus und werden zu den Gestaltern ihrer eigenen Lernumgebungen, in denen sie produzierend und rezipierend handeln. Da sowohl die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens als auch Modelle zu Contexten mit Strukturen und Handlungskompetenzen der Lerner argumentieren, wird über diese Komponenten die Nähe der beiden Modelle zueinander deutlich. Wie sie in der aktuellen Diskussion in Bezug zueinander stehen, wird in Kapitel 3 erläutert. Mobilität als Lernprozess zwischen und in lernergenerierten Contexten und Lernräumen Eine weiterführende Konzeption Mobilen Lernens ist von Norbert Pachler et al. (2010a, S. 6) verfügbar. Sie grenzen sich mit ihrer Spezifizierung deutlich von der Priorisierung mobiler Technologien ab, ebenso von dem Gedanken der Zulieferung von Inhalten. „Mobile learning – as we understand it – is not about delivering content to mobile devices but, instead, about the processes of coming to know and being able to operate successfully in, and across, new and ever changing contexts and learning spaces. And, it is about understanding and 161 Die Struktur des Wissenschaftsprozesses 162 knowing how to utilise our everyday life-worlds as learning spaces. Therefore, in case it needs to be stated explicitly, for us mobile learning is not primarily about technology.“ (ebd.) Interessant scheint bei dieser Umschreibung Mobilen Lernens, dass die Mobilität nicht aufgegriffen wird, weder in Bezug auf Technologien noch in Bezug auf Personen oder Inhalte. Entsprechend erscheint Mobiles Lernen als unabhängig von jeglicher Art von Technologie. Im Zentrum stehen die Lernprozesse („processes of coming to know“), die Handlungskompetenzen der Lerner („being able to operate successfully“), wechselnde und sich situativ verändernde Kontexte und Lernräume („new and ever changing contexts and learning spaces“) und die Lerner als verstehende, situativ handelnde und Contexte generierende Subjekte („understanding and knowing how to utilise our everyday life-worlds as learning spaces“). Wie genau Lernen im Kontext einer Sozio-kulturellen Ökologie zu verstehen ist und welche Rolle mobilen Technologien dabei zukommt, ist in Kapitel 3 beschrieben. Kapitel 3 Das Strukturmodell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens: Ein Modell zur Rahmung, Planung und Analyse Mobilen Lernens 3. Das Strukturmodell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens: Ein Modell zur Rahmung, Planung und Analyse Mobilen Lernens Innerhalb des Wissenschaftsprozesses ist die Phase der Theorieentwicklung zeitlich gesehen momentan die aktuelle. Diese dritte Phase ist Teil des Entstehungs- und Entwicklungsprozesses der Mobile- Learning-Diskussion (siehe dazu Kapitel 2.3.3 sowie die methodologische Begründung im Methodenkapitel der Einleitung), wird hier allerdings als punktuelle Vertiefung in einem separaten Kapitel behandelt. Dies geschieht aus mehreren Gründen: ‐ Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens wird im Detail dargestellt, da sie als eines der tragenden Ergebnisse der Theorieentwicklungsphase bezeichnet werden kann. ‐ Eine Besonderheit der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens ist, dass sie sich von klassischen Fragen der Mobile- Learning-Diskussion löst und Mobiles Lernen als Reaktion auf und Phänomen der aktuellen gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen ansieht (Pachler et al. 2010a). ‐ Sie bildet im Rahmen dieser Arbeit die Basis für die Beschreibung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis. ‐ Um die Anschlussfähigkeit der Sozio-kulturellen Ökologie an die aktuelle Mobile-Learning-Diskussion zu verdeutlichen, wird sie bei der punktuellen Vertiefung durch Modelle zu Learner- generated Contexts erweitert. Dabei werden Bereiche deutlich, die Ökologie und Contexte an Konzepte von beispielsweise Medienbildung anschlussfähig machen. Dies gilt auch für didaktische Aspekte. Die Darstellung erster Versuche einer kulturökologisch informierten Didaktik des Mobilen Lernens soll aufzeigen, wie es möglich ist, mit der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens Mobile-Learning-Praxis analytisch zu rahmen. Kapitel 3 erscheint somit als Bindeglied, das sich auf Kapitel 2 durch seine zeitliche Dimension bezieht, auf Kapitel 4 durch die Art des theoretischen und konzeptionellen Ansatzes. Mit Blick auf Ersteres ist die SKÖ also als Punkt innerhalb einer „Phase“ „entdeckt“ und Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens kontextualisiert worden, mit Blick auf Letzteres kann sie als „Entwicklungslinie“ bezeichnet werden, auf deren Grundlage „interpretierende“ Analysen vorgenommen werden. Bisherige Theorien des Mobilen Lernens, Modelle zur Erklärung und Analyse von formellem und informellem Lernen als Konversation und Theorien zu Aktivitäten der Lerner (siehe dazu Kapitel 2.3.2) versuchen zwar, Dynamiken im Sinn von Transformationen und Veränderungen zu beschreiben, die beim Lernen mit mobilen Technologien stattfinden. Allerdings konzentrieren sie sich dabei auf punktuelle Bereiche des strukturellen Gefüges, in dem Lehren und Lernen stattfindet. Dabei bringt solch eine punktuelle Betrachtungsweise meist formeller Lernkontexte tendenziell die Ausklammerung des Alltags der Lerner, ihrer Handlungskompetenzen, Expertisen, Interessen und des im Alltag erworbenen Wissens mit sich. Der Alltag der Lerner und seine Implikationen bleiben bei schulischem Lernen entsprechend außen vor. Dass bisherige Ansätze schulisches Lernen in formalisierten Kontexten in den Vordergrund stellen und die Technologien fokussieren, wird von einigen der britischen Mobile-Learning-Forscher durchaus als Defizit eingestuft. Sie plädieren für die Integration von Alltagstechnologien und Alltag in den Unterricht (siehe bspw. Naismith et al. 2004, S. 6, 18). Kritik an der Activity Theory In ihrer Kritik an Yrjö Engeströms Activity Theory, die mit Blick auf die Sozio-kulturelle Ökologie geschieht, stellen Norbert Pachler et al. (2010a, S. 157 ff.) die Gründe heraus, warum die Theorie, wie sie derzeit bei der Forschung zum Mobilen Lernen Anwendung findet, für die Erfassung des Mobile Complex zu kurz greift. Yrjö Engeström stellt bei seiner Activity Theory das Subjekt (subject), ein Objekt (object), Werkzeuge und Zeichen (tools and signs), die Gemeinschaft (community), Regeln (rules) und Arbeitsteilung (division of labour) in ein Verhältnis zueinander, wobei es Ziel der Aktivität des Subjektes ist, das Objekt durch Sinngebung und Bedeutungszuweisung (sense, meaning) im Sinne eines Resultats (outcome) mittels vermittelnder Artefakte (meditating artifacts) zu transformieren. Die jeweiligen Komponenten dieses „human activity system“ wirken dabei auf das Subjekt ein, womit das Ergebnis 165 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens entsprechend von den Komponenten beeinflusst ist. (ebd., S. 157) Auch wenn Norbert Pachler et al. die „Arbeitsteilung“ als Teilbereich der Sozio-kulturellen Ökologie ebenso wie die diskursive und aushandelnde Dimension der Activity Theory in der Tendenz anerkennen (wobei die Dimension Arbeitsteilung „nicht die konstituierende Dynamik sozialer Strukturen und kultureller Praktiken besitzt“; ebd., S. 166), sind sie dennoch der Ansicht, dass die bei Engeström vorherrschende Objektzentrierung für die Erfassung des Mobile Complex weniger wesentlich ist als das Subjekt mit seinen Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken (ebd., S. 165) in Strukturen, die von Individualisierung und Risiken geprägt sind (ebd., S. 159 f.): „We propose that reference to the structures of individualisation and risk society are more tangible than the metaphorical arguments involved in ‚knotworking and agency in fluid organisational fields’. Indeed, we maintain that the structures of individualisation and risk society also provide a link to the agency of the learner in order to deal with meaning- making in different social environments (see also Pachler et al. 2010). In short, we favour a focus on the subject rather than the object.“ (Pachler et al. 2010a) Die (Lern-)Objekte seien dabei nicht unwesentlich, jedoch als kulturelle Produkte verstanden, seien sie eng mit den Handlungskompetenzen der Lerner und mit Mechanismen der Aneignung verbunden, was letztlich Konzepten von Inhalten (contents) und Contexten Vorschub leiste (ebd., S. 160). „At a theoretical level, we find the notion of learning as the acquisition of objects, as well as the distinction between learning subjects and objects, problematic. For us the notion of context is defining. We do not see the pedagogical challenge lie in the creation of sets for learning but in how mobile devices can be used as cultural resources for learning. As such we consider AT to be reductionist in nature and focus on a description of what is, rather than on transformation.“ (ebd., S. 165) Kritik an dem Activity System of Mobile Learning Als Modell, das sich zwar an die Activity Theory nach Yrjö Engeströms anlehnt, allerdings wesentlich stärker auf diskursive Konzepte von Lernen ausgerichtet ist, ist die Theorie Mobilen Lernens (Sharples et al. 2010) 166 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens von Mike Sharples et al. (siehe dazu Kapitel 2.3.2) einzuordnen. Es steht durch die Anlehnung an beispielsweise den „Conversational Framework“ (Laurillard 2007), semiotische Aspekte oder Begriffe wie „Aneignung“ der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens recht nahe. Mike Sharples et al. „untersuchen die Beziehung ‚mobiler’ Strukturen zur Kulturpraxis des Lernens in der Schule“ (Bachmair 2010a, S. 18). Ben Bachmair schätzt das Modell als wichtigen Beitrag der Mobile-Learning-Diskussion ein, da in ihm Kommunikation als zentral im Lernprozess und bei der Aneignung eingeordnet wird. Auch die Herstellung von Contexten nennen Mike Sharples et al. als einen wichtigen Teil im Lernprozess. Sie werden durch die Lerner konstruiert, wobei sich die Lerner Mittel bedienen – Wissen, Werkzeuge, Erfahrungen etc. –, die auf ihrem Vorwissen beruhen. Das Modell bedenkt somit also auch die kulturelle Situiertheit von Lernen mit. Kontextualisierung der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens Mitglieder der London Mobile Learning Group (LMLG; www.londonmobilelearning.net; siehe auch Pachler et al. 2010a sowie Kapitel 2.1) haben also das Strukturmodell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens erarbeitet15 (siehe dazu insbesondere ebd.; Vorträge unter Beteiligung der Autorin mit dem Schwerpunkt Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens waren Seipold, Pachler 28.09.2009; Pachler, Seipold 09.07.2009), da bisher existierende Theorien und Erklärungsmodelle zum Mobilen Lernen aus ihrer Sicht zwar hilfreich, aber dennoch defizitär sind (Pachler et al. 2010a, S. 156). In den Vordergrund seien „Medien als kulturelle Ressourcen im Prozess der Entwicklung von Kindern zu individuellen und verantwortungsbewussten Erwachsenen“ (ebd.) zu stellen. Das Strukturmodell der Sozio-kulturellen Ökologie (socio-cultural ecology), das bereits im Rahmen der Entwicklungsphasen des Mobilen Lernens angekündigt wurde (siehe Kapitel 2.3.3.2), möchte dabei einen Rahmen spannen, der die Dynamiken der Aneignung kultureller Ressourcen vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher und technologischer Strukturen beschreibt und 15 Siehe dazu insbesondere Pachler et al. 2010a; Vorträge unter Beteiligung der Autorin mit dem Schwerpunkt Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens waren Seipold, Pachler 28.09.2009; Pachler, Seipold 09.07.2009. 167 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens dabei die Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner explizit mitbedenkt. Die Sozio-kulturelle Ökologie fokussiert so die sozialen und kulturellen Bedingungen des Lernens im Kontext der Entwicklungen der Massenmedien (Pachler 2010, S. 156) und möchte als „konzeptioneller Rahmen für eine erziehungswissenschaftliche Antwort auf die aktuellen sozialen und ökonomischen Trends dienen“ (ebd., S. 157). „Our ecological approach attempts to provide a conceptual framework for an educational response to current social and economic trends, linked to the normalization of mobile devices in everyday life, in a world marked by fluidity, provisionality and instability, where responsibilities for meaning- making as well as other risk-taking are firmly located with the individual.” (ebd.) Zu erwähnen wäre an dieser Stelle, dass Theorien zu Mobilem Lernen generell ausgehend von Entwicklungen und Dynamiken in den „entwickelten Ländern“ (Traxler 2009a, S. 16) zu verstehen sind. So auch die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens. Dieses Gefüge aus Strukturen (structures; siehe dazu Kapitel 3.1.3), Handlungskompetenzen (agency; siehe dazu Kapitel 3.1.4) und kulturellen Praktiken (cultural practices; siehe dazu Kapitel 3.1.5), das Teil der aktuellen sozialen, kulturellen, pädagogischen/erziehungswissenschaftlichen und technologischen Transformation ist, benennen Norbert Pachler et al. knapp mit dem Begriff „Mobile Complex“ (Pachler et al. 2010b; 2010a). „[…] the mobile complex: a triangular socio-cultural ecology of social structures which relate to users’ agency and to cultural practices of media use and learning.“ (Pachler et al. 2010b) Der Mobile Complex kann aber auch allgemein als ständig in Veränderung begriffene gesellschaftliche, kulturelle und technologische Veränderungen und Dynamiken begriffen werden. Die strukturellen Rahmenbedingungen, die die gesellschaftliche Dynamik kennzeichnen, sind als uneindeutig zu verstehen: Sie sind vergänglich, provisorisch, instabil. Stabile und objektiv gerahmte Bezüge sind nicht mehr gegeben. Deshalb müssen Bedeutungen und damit Nachhaltigkeit, Dauerhaftigkeit und Stabilität von den Menschen in ihren jeweiligen Lebenskontexten selbst hergestellt und verantwortet werden. (Pachler 2010, S. 155) Das betrifft nicht nur den Alltag der Menschen, sondern auch Institutionen wie Schulen. Mit der Zunahme von 168 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Informationsressourcen und Teilhabemöglichkeiten, die außerhalb schulischer Kontexte angesiedelt sind, stellt sich zunehmend die Frage nach der Relevanz des zu Lernenden ebenso wie die Frage danach, wer über solche Relevanzkriterien entscheiden darf. (ebd.) Mobile Technologien nun sind in dieser Dynamik als kulturelle Ressourcen zu verstehen, mit denen Lerner Zugriff auf weitere Ressourcen – auch im Sinne von Handlungs- und Teilhabemöglichkeiten – haben. Entsprechend verfolgt der Ökologieansatz der LMLG weniger eine Technologiezentrierung oder das Aufsetzen von Technologien auf bestehende Strukturen, sondern ist eher umfassend auf die „sozio- kulturellen Bedingungen des Lernens im Kontext der Entwicklungen in den Massenmedien“ (ebd., S. 156) bezogen und favorisiert Ansätze, die die Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken, Expertisen und Perspektiven der Lerner berücksichtigen. Mit dem Modell werden also Bereiche umrissen, die zum einen an die aktuelle Mobile-Learning-Diskussion anknüpfen. Zum anderen allerdings ist die Zusammenstellung aus Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken eine Neustrukturierung und eine neue Schwerpunktsetzung innerhalb der bisherigen Diskussion. Zentral bei der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens ist, dass sich in ihrem Rahmen das Verständnis von Mobilität – gesehen im Verhältnis zu den in Kapitel 2.3.1 dargestellten Definitionen und Theorien – ändert. Es geht also weniger um die Mobilität zwischen Orten, Zeiten und (physischen) Kontexten, sondern um die Mobilität des Lernhabitus, der Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner. Wesentlich dabei ist ein Verständnis von Medien als kulturelle Ressourcen, die für den Prozess der Aneignung auf Grundlage von Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken wichtige Anknüpfungspunkte für schulisches Lernen bieten. In dieser Argumentationslinie wäre eine Verengung auf die Technologien eine Verkennung dessen, was den Jugendlichen im Rahmen ihres Alltags bereits erfolgreich, da subjektiv sinnstiftend, gelingt. Die Sozio-kulturelle Ökologie der London Mobile Learning Group hat mehrere Bezugsrahmen und möchte als Metapher verstanden werden (Pachler et al. 2010a, S. 166 ff.). Mit dem Begriff „Ökologie“ soll deutlich gemacht werden, dass es nicht um die Dominanz des Systems Schule über Alltag oder umgekehrt Alltag über Schule geht. Vielmehr ist es Ziel 169 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens der Darstellung, dynamische und sich gegenseitig bedingende Prozesse zu beschreiben, die in einem Idealzustand ausbalanciert zueinander stehen. Im Falle der Sozio-kulturellen Ökologie wären dies Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken und Strukturen vor dem Hintergrund von Schule und Alltag. Die Sozio-kulturelle Ökologie entstand in Anlehnung an Ökologiemodelle von Yong Zhao und Kenneth Frank (2003) sowie von Sasha Barab (1999; 2002). Yong Zhao und Kenneth Frank verwenden die Begriffe „Ökologie“ und „Ökosystem“, um deutlich zu machen, dass eine ökologische Perspektive bei der „Integration und Organisation verschiedener Faktoren, die sich auf die Implementierung von Informations- und Kommunikationstechnologien in schulische Erziehung auswirken“ (Pachler 2010, S. 154), hilfreich sein kann. Vor allem die Auffassungen von Interdependenz („interdependence; requiring a state of internal equilibrium”; ebd., S. 154, 168) der verschiedenen interagierenden Faktoren in einem Ökosystem ist im Grundsatz anwendbar auf das Modell der Sozio-kulturellen Ökologie der London Mobile Learning Group (ebd., S. 155). Sasha Barab et al. (1999) beschreiben den Lerner als situiert im Lernkontext. „Wissen, Bedeutung und Wahrnehmung werden durch die Dynamik zwischen Lerner (self) und der Umwelt (nonself) verwirklicht“ (Barab et al. 1999, S. 350; zitiert nach Pachler 2010, S. 155). Dabei sei es Aufgabe der Lehrer, Umgebungen zu schaffen und zu unterstützen, in denen Lerner über Aneignungspraktiken bestimmte Ziele entwerfen und realisieren können (Barab et al. 1999, S. 535-536; zitiert nach Pachler 2010, S. 154). Mit der Spezifizierung „sozio-kulturell“ wird die Ökologie in einem gesellschaftlichen und kulturell geprägten Kontext verankert, zu dem Technologien, Schule, Alltag, Konsumangebote, Medien usw. als Strukturen und Ressourcen gehören, für den aber auch die Aktivitäten wie Aneignungsmechanismen, kulturelle Praktiken und Handlungskompetenzen der in diesem Komplex stehenden Personen und Institutionen konstituierende Elemente sind. Entsprechend sind die Komponenten, die dieses ökologische System beschreiben, im Falle der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens technologische und gesellschaftliche Strukturen, Handlungskompetenzen der Lerner und deren kulturelle Praktiken. Dabei beeinflussen und bedingen sich die Komponenten gegenseitig und haben wiederum Auswirkungen auf die 170 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens sozialen, kulturellen, pädagogischen/erziehungswissenschaftlichen und technologischen Transformationen. Dieser Aspekt des Zusammenspiels von Handlungskompetenzen und Strukturen ist dem „structuration model“ von Anthony Giddens (1997) entlehnt. Anthony Giddens beschreibt mit seinem Modell die Dualität von Handlung und Struktur. Strukturen verstetigen sich in den Handlungen der Menschen, wie Handlungen Strukturen hervorbringen. „Dualität von Struktur: Struktur als das Medium und Resultat des Verhaltens, das sie in rekursiver Weise organisiert; die Strukturmomente sozialer Systeme existieren nicht außerhalb des Handelns, vielmehr sind sie fortwährend in dessen Produktion und Reproduktion einbezogen.“ (ebd., S. 430) Struktur und Handlung bedingen sich also gegenseitig und sind ursprünglich nicht voneinander zu trennen. Eine Trennung der beiden Dimensionen kann, wie auch bei der Sozio-kulturellen Ökologie geschehen, lediglich zu analytischen Zwecken vorgenommen werden. In weiteren Bereichen steht das Modell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens vor gesellschaftlichen Strukturen, die von Gerhard Schulze (2000) und Ulrich Beck (1986) beschrieben wurden. In diesen Modellen drücken sich die Selbstverantwortung der Menschen, die Brüchigkeit von Strukturen und Systemen, die Notwendigkeit der (subjektiv bestimmten) Bedeutungszuweisung usw. aus. Umfangreichere Ausführungen dazu, die in Zusammenhang mit Mobilem Lernen stehen, finden sich in Pachler et al. (2010a) und sind in jüngeren Beiträgen von Ben Bachmair verfügbar (siehe bspw. Bachmair 2009c; 2010b). Im Folgenden sind diese Dynamiken mit Bezug auf Gunther Kress (2008) sowie auf Gunther Kress und Norbert Pachler (2007) mit Begriffen wie Vergänglichkeit, Vorläufigkeit und Instabilität beschrieben. Während der Arbeit eine heuristische Herangehensweise zugrunde liegt, ist dieses Kapitel 3 als Literaturbericht gestaltet. Der Bericht fokussiert dabei die aktuellen Publikationen der London Mobile Learning Group zum Strukturmodell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens. An den Stellen, an denen es notwendig erscheint, dieses Modell durch Bezüge zu anderen theoretischen Modellen zu erläutern oder zu rahmen, sind entsprechend Verweise auf aktuelle Literatur gesetzt. Der Literaturbericht beschränkt sich allerdings nicht nur auf die SKÖ, sondern fasst auch die 171 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens aktuelle Diskussion zu Learner-generated Contexts zusammen. Die Theorien und Modelle zu Learner-generated Contexts sind für die britische Mobile-Learning-Diskussion wichtig, nicht zuletzt, um die Möglichkeit der Designbarkeit von Lernkontexten oder die Übertragbarkeit informellen Lernens in formalisierte Strukturen zu hinterfragen. In jüngerer Zeit versuchen Mitglieder der London Mobile Learning Group Theorien zu Contexts an die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens anzubinden. Dies wird im Folgenden ebenso dargestellt wie Bereiche, die an die Medienbildungsdiskussion, die aktuell in Deutschland geführt wird, anzuknüpfen. Mit Blick auf die Operationalisierung des Modells der SKÖ schließt Kapitel 3 mit einem Ausblick auf Möglichkeiten einer kulturökologisch informierten Didaktik Mobilen Lernens. Dies geschieht auch, um in Ansätzen Anknüpfungspunkte zwischen der Diskussion zum Mobilen Lernen und der zur Medienbildung aufzuzeigen und um mediendidaktische Ansätze hervorzuheben, die Medien als kulturelle Ressourcen, im Alltag ausgebaute Handlungskompetenzen der Lerner und kulturelle Praktiken als Ausgangspunkt für schulisches Lernen heranziehen. Die Ausführungen in Kapitel 3 sind Grundlage für das Kapitel 4, in dem eine Methode zur Beschreibung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis vorgestellt und exemplifiziert wird. 172 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens 3.1 Zentrale Bestandteile der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens Das Grundmodell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens besteht aus drei Komponenten. Agency (Handlungskompetenzen), cultural practices (kulturelle Praktiken) und structures (sozio-kulturelle und technologische Strukturen) stehen in einem dynamischen, sich gegenseitig bedingenden Verhältnis zueinander. Sie sind keinesfalls als hierarchisch zu begreifen. Das Schema der Abbildung 24 besteht entsprechend aus drei Bereichen, die in der Anordnung zueinander flexibel sind. Abbildung 24: Zentrale Bestandteile der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens (Pachler et al. 2010a, S. 25). Die SKÖ argumentiert also mit Strukturen (damit sind soziokulturelle und technologische Strukturen gemeint), Handlungskompetenzen (das sind die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Menschen, in der Welt zu handeln) und kulturelle Praktiken (zu verstehen als Routinen). (Pachler 2010, S. 158 ff.) In Zusammenhang mit den Strukturen sind Aspekte relevant, die die Institution Schule als alleinigen Lernort hinterfragen, die sich verändernde Strukturen in der Massenkommunikation bedenken und die Individualisierung und gesellschaftliche Fragmentierung als Rahmenbedingungen berücksichtigen. Handlungskompetenzen als Fähigkeiten, gestaltend an „Welt“ teilzuhaben, beziehen sich auf Bereiche von Bildung, Sozialisation, Lernhabitus und die Fähigkeit, Lernkontexte 173 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens situativ herzustellen. Die kulturellen Praktiken, die als Routinen in stabilen Situationen zu verstehen sind, umfassen Routinen sowohl in schulischen als auch alltagsbezogenen Kontexten. „1. Socio-cultural structures including digital tools and media - educational institutions no longer define learning and knowledge on their own, and they are certainly no longer the only, or even the main site where learning and knowledge can be accessed and takes place; - from push to pull; change of mass communication and media convergence; - individualised mobile mass communication and social fragmentation into different milieus. 2. Agency as capacity to act on the world - formation of identity and subjectivity; - the environment as a potential resource for learning; - different habitus of learning and media attitudes; 3. Cultural practices as routines in situations - institutional settings, be they school, university, the work place etc. - media use in everyday life (includes informal/non-formal)“ (Cook et al. 2011) Neben den drei Komponenten Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken sind für die Erfassung des Mobile Complex auch folgende drei Gedanken und Bezugsrahmen zentral: Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken sind kulturelle Ressourcen (siehe dazu Kapitel 3.1.2). Lerner nutzen und generieren sie im Prozess der Aneignung (siehe dazu Kapitel 3.1.1) unter Rückgriff auf wiederum ihre Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und andere Ressourcen. „Medien, ihre Strukturen und die für den Umgang mit ihnen erforderlichen Kompetenzen sind in der aktuellen Gesellschaftsentwicklung zu verstehen als Ressourcen, zu deren kritischen Bewertung eine Kulturökologie hilfreich ist.“ (Bachmair 2010a, S. 16) Die Aneignung ist immer als situativ und kulturell situiert zu denken, also als in bestimmten Kontexten verankert und stattfindend. Hier wird das Konzept der Learner-generated Contexts (siehe dazu Kapitel 3.2) erschließungsmächtig. Lerner stellen Contexte – also Situationen und „Räume“ – unter der aneignenden Verwendung kultureller Ressourcen 174 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens und unter Rückgriff auf ihre Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken her. Contexte sind zwar situativ, dennoch weder begrenzt auf physische Orte noch auf formalisierte Lernkontexte. Contexte erstehen dort, wo Lerner aneignend aktiv sind. „Kontextualität: Die Situiertheit von Interaktion in Raum und Zeit, wie sie den Bezugsrahmen der Interaktion, kopräsente Akteure und Kommunikation zwischen diesen einschließt.“ (Giddens 1997, S. 430) Dass Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken im Prozess der Aneignung weitere und näher spezifizierbare Bereiche umfassen, die im Rahmen einer Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher, technologischer und nicht zuletzt wissenschaftstheoretischer Grundlagen zu bedenken sind, möchte Abbildung 25 auf Seite 176 verdeutlichen. Diese Auflistung an Aspekten, die im Prozess der Aneignung von und mit mobilen Technologien als kulturelle Ressourcen zum Tragen kommen oder kommen können, ist auf die Ausarbeitung der Sozio-kulturellen Ökologie von Norbert Pachler et al. (2010a) bezogen. Sie wäre also im Laufe der weiteren Bearbeitung des Themas weiterzuführen und auszudifferenzieren. Dennoch bietet diese Mindmap den Ansatz einer Operationalisierung von Aneignung vor dem Hintergrund einer Sozio- kulturellen Ökologie Mobilen Lernens, die es erlaubt, Phänomene der Mobilkommunikation systematisch analytisch als subjektiv sinnstiftende Aktivität der Bedeutungszuweisung zu betrachten und nicht nur an Sozialisation oder Subjektkonstitution, sondern auch an formalisiertes Lernen anzubinden. 175 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Abbildung 25: Aneignung im Gefüge sozio-kultureller Strukturen, Handlungskompetenzen und kultureller Praktiken (Pachler et al. 2010a, S. 217). 176 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens 3.1.1 Lernen als situierte und kontextualisierte Aktivität der reflexiven Bedeutungszuweisung und Prozess der partizipativen Aneignung (appropriation) Aneignung ist eine bedeutsame Aktivität, die ein reflexives Verhältnis des Einzelnen zur Welt hervorbringt, und ist zudem die Antwort auf die Frage nach Lernen in einer Gesellschaft, in der Risiken von Individuen zu verantworten sind (ebd., S. 224). Im Alltag nimmt Aneignung Formen an, die beispielsweise eng mit ästhetischen Dimensionen, Dimensionen von Körperlichkeit, aber auch mit Aspekten des Protests und zivilen Ungehorsams verbunden sein können. Mit Blick auf die Aneignung des Kulturraums Stadt findet man so Aktivitäten und Produkte, die von den tradierten Aneignungsmechanismen von Stadt abweichen. Beispiele dafür wären „Parcours“ und „Guerilla“-Aktivitäten wie „Guerilla Gardening“ oder „Guerilla Knitting“: Anstatt sich in tradierter Weise durch die Stadt zu bewegen und beispielsweise Fahrrad oder Bahn zu verwenden, um von A nach B zu gelangen, klettern Parcouristen über Häuser, durchqueren Gärten und Fabrikgelände und springen über Häuserschluchten, um so schnell wie möglich von einem Punkt zum anderen zu gelangen. Beim Guerilla Gardening säen oder pflanzen Menschen Blumen auf städtischen Grünflächen an (siehe dazu bspw. eine Fotosammlung auf Flickr unter http://www.flickr.com/search/?q=guerilla+gardening). Guerilla Knitter stricken Verzierungen für Straßenschilder, Fahrradständer, Telefonzellen usw. (siehe dazu bspw. eine Fotosammlung auf Flickr unter http://www.flickr.com/search/?q=guerilla+knitting). Aneignung und Lernen In Zusammenhang mit Lernen ist Aneignung häufig nicht so offensichtlich. Vor allem in informellen Kontexten wird Lernen nicht immer als solches deutlich und ist entsprechend nur schwer evaluierbar. (Vavoula 2009, S. 341) So kommt es häufig vor, dass Lernen in der Freizeit mit „Hobby“ oder „Interesse“ umschrieben wird (Tough 1971, S. 14). Entsprechend ist die gebräuchlichste Form des „Sich-Bildens“ wohl die Aneignung „bedarfsorientierten Wissens“ (de Witt, Czerwionka 2007, S. 10), also Aktivitäten wie beispielsweise Zeitung lesen, auf der Suche nach Informationen zum aktuellen „Pokémon“-Spiel im Internet surfen, Nachrichten oder Dokumentationsformate im Fernsehen zu seiner 177 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Lieblingsband Tokio Hotel anschauen u. v. m. Formen wie „Multitasking“ (Moser 2008a, S. 290) oder „Zappen“ durch das Fernsehprogramm sind (Kohärenz schaffende und Kontinuität herstellende) Aneignungsmuster, die der fragmentierten Natur der und Verfügbarkeit von Ressourcen entsprechen, die für aktuelle Massenkommunikation typisch sind (siehe dazu auch Kapitel 3.1.3). Um Lernen – sei es nun als formell oder informell charakterisiert – vor dem Hintergrund des Modells der Sozio-kulturellen Ökologie verfügbar zu machen, definiert Norbert Pachler (2010, S. 162), bezugnehmend auf die Arbeiten der LMLG (siehe dazu bspw. Pachler et al. 2010a; 2010b), Lernen als Aneignung und Prozess der Bedeutungszuweisung innerhalb sozialer Strukturen, kultureller Praktiken und Handlungskompetenzen. „One central plank of our line of argumentation is the understanding of learning as appropriation, in particular of cultural resources made available through, and created by mobile devices and their services. We define appropriation as the processes around the development of personal practices with mobile devices and we consider these processes in the main to be interaction, assimilation and accommodation as well as change. We, therefore, see appropriation of mobile devices closely linked to learning with mobile devices understood as a process of meaning- making within social structures, cultural practices and agency.” (Pachler 2010, S. 162) Konkret wird Aneignung umschrieben als Prozesse wie Interaktion, Assimilation und Akkommodation und Veränderung (ebd.). Die Begriffe Assimilation und Akkommodation haben die Kollegen der LMLG der Arbeit von Jean Piaget entlehnt. „Assimilation bedeutet in Zusammenhang mit Lernen, dass ein Lerner etwas Unbekanntes in seine bereits bestehenden kognitiven Strukturen aufnimmt, wohingegen Akkommodation sich auf die Veränderung kognitiver Strukturen auf Grundlage der Wahrnehmung bezieht“ (ebd., S. 24). Bedeutungszuweisung und Lernen Wesentlicherer argumentativer Bezugspunkt als die Assimilation und Akkommodation ist in Zusammenhang mit der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens jedoch die Bedeutungszuweisung. Bedeutungszuweisung findet immer (kulturell) situiert statt (siehe dazu 178 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Bachmair 2009c und Bachmair 2010b sowie Kapitel 2.3.2.1). In der Sichtweise der Phänomenologie Edmund Husserls und in ihrer Aufbereitung für die Sozialwissenschaften durch Alfred Schütz (Krotz 2005b, S. 53) wird menschliches Handeln als „einerseits systematisch und bezogen auf vereinbarte Regeln, andererseits zielgerichtet und kreativ ihren Alltag konstituieren[d] und sich in ihrem Handeln wechselseitig Sinn anzeigen[d]“ (ebd., S. 53 f.) beschrieben. Solch subjektiv „sinnstiftendes“ Handeln findet dabei immer kontextualisiert statt. „Dabei entsteht ‚Sinn‘ […] nicht als etwas Absolutes oder objektiv Feststellbares, sondern durch den jeweiligen handlungsgrammatikalisch relevanten Kontext als subjektive Sinnkonstruktion.“ (ebd., S. 54) Bedeutungen werden mit und vor dem Hintergrund von kulturellen Ressourcen wie Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken hergestellt. Dies soll auch in der Mindmap (Abbildung 25 auf Seite 176) zum Ausdruck kommen. Lernen als kulturell situiert zu verstehen, beinhaltet, dass Lernen abhängig ist von den jeweiligen Contexten, in denen sich Lerner wiederfinden. (Pachler 2010, S. 163) Bedeutung, also Lernen, kann jedoch nicht einfach vermittelt werden; sie muss durch den Lerner hergestellt werden. Mobile Technologien können dabei helfen, die beschränkte Menge an Situationen, die in schulischen Lernkontexten möglich ist, zu erweitern. „[W]e see learning as the result of the transformative engagement with an aspect of the world that is the focus of attention by an individual, on the basis of principles brought by them to that engagement leading to a transformation of the individual’s semiotic/conceptual resources. We see meaning-making as an integral part of learning […].“ (Pachler et al. 2010a, S. 5) Wie Norbert Pachler et al. ausführen, lässt sich also das Konzept der Bedeutungszuweisung als Transformationsmodell beschreiben, in dem „konzeptionelle Ressourcen“ „umgeformt“ werden (ebd.). An dieser Stelle wird die Nähe zu den in Kapitel 2 beschriebenen Modellen von Lernen, der Activity Theory und dem Conversational Framework, deutlich. Nur wird bei dem Konzept der Bedeutungszuweisung das Augenmerk expliziter auf die Subjektivität des Lerners und dessen Einordnungsmöglichkeiten gelegt. 179 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Medien und Aneignung Ein für die Zeit traditioneller Massenmedien zentrales Modell, um die Dynamik von Angebot und Rezeption der Massenmedien zu beschreiben und damit dem Bedeutungsparadigma Vorschub zu leisten, stammt von Stuart Hall, einem der prominentesten Vertreter der britischen Cultural Studies. Stuart Hall beschreibt Medienrezeption als dynamischen und diskursiven Prozess vor dem Hintergrund der „sozialen Alltagspraxis“ (Winter 1997, S. 52). Bei der Erforschung der Alltagspraxis geht es „um die sozialen Auseinandersetzungen, wie sie sich im Alltag der Menschen zeigen – und es geht darum, die Strukturen und die Dynamik des Alltags im Rahmen ihres historischen, kulturellen, politischen und ökonomischen Kontexts zu betrachten […]. Leitend für die Theorieentwicklung sind die kulturellen Praktiken und Erfahrungen der Menschen in ihrem Alltagsleben“ (Göttlich et al. 2001, S. 7). Abbildung 26: Das Encoding-Decoding-Modell von Stuart Hall (1980, S. 131). Auch wenn Lebenswelt und Alltagspraxis der Lerner für die Sozio- kulturelle Ökologie wesentliche Ausgangspunkte darstellen, findet das Medienrezeptionsmodell von Stuart Hall (siehe Abbildung 26) keinen direkten Eingang in sie. Dennoch ist das Modell nach wie vor hilfreich, um die Dynamik von Produktion und Rezeption von Medien und Inhalten in der Massenkommunikation begreifbar zu machen, da beide Praktiken als kulturell situierte und subjektiv bedeutsame Aktivitäten verstehbar 180 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens werden. Zudem erlaubt es, beispielweise die Problematik der Integration von Massenmedien und ihren Inhalten in schulische Strukturen zu erfassen, auch zu Zeiten des Internets und der Mobilkommunikation (siehe dazu auch Breiter, Welling 2006, S. 94). Mediale Aneignung und Subjektivität Für den Bereich der Medienpädagogik hat Ben Bachmair, auch unter Bezugnahme auf Stuart Hall, das Prinzip der Bedeutungszuweisung, teils auch unter dem Begriff der „Bedeutungskonstitution“, in Zusammenhang mit Mediennutzung bearbeitet. Nach Ben Bachmair entsteht Bedeutung in Prozessen der medialen Aneignung und Entäußerung (Bachmair 2005, S. 99 f.) und dabei „in Perspektiven, Bezugsfeldern und in Aneignungs- und Entäußerungsprozessen: ‐ Themen der Menschen in ihrem Lebenslauf (subjektive Sinnperspektive); ‐ Bilder, Figuren, Geschichten von Medien (Bezugsfeld der Angebote, Repräsentationen und Repräsentationsformen); ‐ Medienerlebnisse (was subjektiv angeeignet ist); ‐ Situationen der Nutzung von Medien und der Rezeption von Medienangeboten (Aneignungssituationen); ‐ Bezugsfeld: soziale Umgebung (Familie und Gleichaltrige); ‐ Bezugsfeld: intertextuelle Welt der Medien.“ (ebd., S. 99) Aneignung unterstreicht also die Subjektivität der Lerner, wie Ben Bachmair et al. festhalten. „[Appropriation is; J.S.] a process of making the technological tools at one’s disposal one’s own by making them fit personal, interpersonal and social requirements, rather than using them necessarily only in accordance with designed-in functionalities and/or accessorising them. […] [Appropriation is; J.S.] characterised by user agency, as actions on tools and devices with users/learners actively making choices that relate to their practice. Thus agency by the user/learner underpins our notion of the process of appropriation, as a process of making technology one’s own for purposes of identity formation, social interaction, meaning- making and entertainment.“ (Bachmair et al. 2009, S. 5 f.) 181 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Dabei ist Aneignung Ausdruck der individuellen Handlungskompetenzen (ebd., S. 5), aber auch, wie Ben Bachmair (2005, S. 99) deutlich macht, der subjektiven Entwicklungsgeschichte und Kontexte. Solche individuellen Züge werden beispielsweise über die Personalisierung von mobilen Technologien deutlich, z. B. die Anpassung des Bildschirmschoners, Klingeltons, der Handyschale oder der Auswahl der Spiele und der Musik auf den Geräten (Traxler 2010b, S. 101). „Almost everyone owns one and uses one, often more than one. Not only do they own them and use them but they also invest considerable time, effort and resource choosing them, buying them, customising them and exploiting them. These devices express part or much of their owners’ values, affiliations, identity and individuality through their choice and their use.“ (ebd.) Aneignung und Reflexivität In einem radikalen Verständnis von Bedeutungszuweisung bzw. vor dem Hintergrund gesellschaftlicher und kultureller Transformationen, die auch in der Sozio-kulturellen Ökologie angenommen werden, wird das Modell von Stuart Hall in der Tendenz verworfen. Von einem Verständnis des Dekodierens, also des Lesens von in Medientexten angelegten Bedeutungen, wird Abstand genommen, da vor dem Hintergrund von nicht mehr gemeinsam definierten sozialen und kulturellen Kontexten multimodalen und multimedialen Repräsentationen keine fest definierte Bedeutung mehr eingeschrieben sein könne, die es zu entschlüsseln, also zu dekodieren, gelte (siehe dazu bspw. Kress 2008; Kress, Pachler 2007; Kress 2010). Gerade deshalb ist es wichtig, dass Aneignung als bedeutsame und Bedeutung zuweisende Praktiken reflexiv geschieht. Reflexivität als Prozess der „Interaktion mit und der Bezugnahme auf die innere, persönliche Welt und die äußere, soziale Welt“ (Pachler 2010, S. 165) ermöglicht die kritische Auseinandersetzung mit sich selbst und anderen bzw. mit Anderem und letztlich auch Orientierung in einer Welt der individualisierten Risiken, die durch „Vergänglichkeit, Vorläufigkeit und Instabilität“ gekennzeichnet ist (ebd., S. 157; siehe auch Kress 2008). Dabei wird „Orientierung eine der wesentlichen Reflexions- und Handlungsformen“ der Menschen (Bachmair, Seipold 2003, S. 52), um sich subjektiv sinnstiftend in der Welt zu verorten. 182 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens 3.1.2 Kulturelle Ressourcen (cultural resources) Um den Lernraum Schule argumentativ für die im Alltag begründet liegenden Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner zu öffnen und Anknüpfungspunkte verfügbar zu machen, auf die sich Schule dabei stützen kann, arbeiten Norbert Pachler et al. in Anlehnung an Paul Du Gays Begriff der „cultural products“ (Du Gay 1997) mit dem Begriff „kulturelle Ressourcen“ (Pachler et al. 2010a, S. 15). Gemeint sind damit zunächst „Medien, mobile Technologien, Internet Tools und Dienste“ (ebd.). „[T]o consider media as cultural resources, in our view, opens the argumentative door to an ecological view of the issues in question; it opens the discussion to a view of children and young people as subjects, i.e. as agents in cultural practices within social and mass communicative structures. It affords the option to consider the appropriation of media innovation by children within given structures and it enables an educational response by developing pedagogical practices with reference to the students’ diverse cultural practices within incoherent social structures.“ (Bachmair et al. 2009, S. 5) Kulturelle Ressourcen sind jedoch nicht nur als gegenständlich zu bezeichnende Objekte, sondern Aktivitäten und Konzepte wie Contexte (Pachler et al. 2010a, S. 18), Handlungskompetenzen der Lerner und kulturelle Praktiken wie z. B. Lernen und Literalität (Cook et al. 2011) oder Wissen (Bachmair et al. 2009, S. 2). Auf diese Weise distanzieren sich Norbert Pachler et al. von der Technologiezentrierung, die die bisherige Mobile-Learning-Diskussion in der Tendenz dominierte, und öffnen sich für das, was die Lerner in ihren unterschiedlichen Lebenskontexten als Gegenstände, Kompetenzen, Konzepte etc. verfügbar haben, um sich die Welt anzueignen und subjektiv sinnstiftend Bedeutungen herzustellen. (Pachler et al. 2010a, S. 26 sowie Cook et al. 2011) Dies ist vor allem vor dem Hintergrund instabiler und sich stetig wandelnder Strukturen wichtig, da kulturelle Ressourcen „den konzeptionellen Anker in der See permanenter kultureller Transformation“ (Cook et al. 2011, S. 184) darstellen, über den Lerner Orientierung und Stabilität in ihrem Alltag herstellen können und der Teilhabe an Kultur und Gesellschaft ermöglicht (Bachmair et al. 2009, S. 3). Wesentlich ist also nicht allein die Verfügbarkeit von Ressourcen, sondern auch der Umgang mit ihnen. 183 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens „Für eine Kulturökologie ist der Blick auf Medien im Gefüge von Strukturen, Persönlichkeitsentwicklung und Handlungskompetenz (Agency) sowie Kulturpraktiken als Ressourcen wesentlich, jedoch noch nicht hinreichend. Vielmehr kommt es bei der Verfügbarkeit von Ressourcen der neuen mobilen, individualisierten und vernetzten/konvergenten Massenkommunikation zentral darauf an, wie die Menschen die Medien in ihre Kommunikation einbinden, wie sie damit Bedeutung und Sinn herstellen, wie sie damit Kontexte für ihr Handeln schaffen, wie sie mediale Kontexte als Entwicklungskontexte nutzen.“ (Bachmair 2010a, S. 21) Mit kulturellen Ressourcen Contexte herstellen und verbinden Die Rolle der kulturellen Ressourcen wird also in Zusammenhang mit den Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken sowie mit Aneignung und Bedeutungszuweisung der Lerner für den Lernprozess zentral. Vor allem dann, wenn die Lerner unter Rückgriff auf sie Contexte herstellen. Wie kulturelle Ressourcen, die je nach kontextueller Einbindung mit unterschiedlichen Bedeutungen konnotiert sind, von beispielsweise Alltags- in Schulkontexte überführt werden können und wie Schüler mit ihren mobilen Technologien strukturelle Verbindungslinien zwischen Schule und Alltag schaffen, zeigt das Projekt „Handy“ (siehe dazu Kapitel 4.2.2): Schüler greifen auf kulturelle Ressourcen (Handys, Fotos, Gedichte, Interessen) aus ihrem Alltag zurück, um im Rahmen ihrer Handlungskompetenzen und mittels ihrer kulturellen Praktiken kulturelle Ressourcen (Lernobjekte) zu erstellen, die für schulisches Lernen relevant und akzeptiert sind. Diese subjektive und bedarfsorientierte Perspektive, die in der Flexibilität der Nutzung und Gestaltung von Ressourcen und Contexten dominiert, betont auch Rosemary Luckin mit ihrem Modell der „Ecology of Resources“ (Luckin 2008; siehe dazu auch Kapitel 3.2 sowie Seipold 12.06.2008). „What we might call a Learner Generated Context can be defined as a context created by people interacting together with a common, self- defined goal. For example, if we accept the view that a context can be described as a user centric Ecology of Resources then a Learner Generated Context is one in which a learner or group of learners marshall the resources available to them to create an ecology that meets their needs.“ (Luckin 2008, S. 460) 184 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Kulturelle Ressourcen nehmen nicht nur eine besondere Stellung in der kulturökologischen Betrachtungsweise ein, weil sie Schule für den Alltag der Lerner, deren Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken und sonstige Ressourcen öffnen, weil sie die Dynamik der Bedeutungszuweisung und Aneignung handhabbar machen oder weil sie „Teilhabe und Mitgestaltung gesellschaftlicher Prozesse“ (Herzig, Grafe 2010, S. 193) ermöglichen, für die Identitätsentwicklung relevant sind (Bonfadelli 2010, S. 257; Moser 2010) und Entwicklungskontexte eröffnen. Sie sind auch – vor allem in konvergenten und vernetzten Strukturen – Basis für das gemeinsame Aushandeln und Herstellen von Bedeutungen. Gemeinsames Aushandeln und Zuweisen von Bedeutungen So, wie die Schüler im Projekt „Handy“ Bedeutungen und Relevanz von Alltagsressourcen für Schule aushandeln, so dient im Beispiel „Mobile Classroom Schultest“ (siehe dazu Kapitel 4.2.1) eine Internetplattform, an die die Handys der Schüler angebunden sind, als Archiv für Fotos und Filme von Physikexperimenten. Auf diese Materialien können die Schüler nach Beendigung ihrer Experimente zurückgreifen, um sich gemeinsam den Lernstoff anzueignen und die Ergebnisse ihrer Versuche gemeinsam in ein Verhältnis zueinander zu setzen. Ressourcen, die Grundlage für solche Prozesse der gemeinsamen Bedeutungszuweisung sind oder Anlass zum Aushandeln von Bedeutungen geben, bezeichnen Beddall- Hill und Raper (2010) unter Bezugnahme auf Geoffrey Bowker und Susan Starr (1999) als „boundary objects“ („Grenz“-Objekte). Solche boundary objects – Nicola Beddall-Hill (2010, S. 30) macht dies am Beispiel der Verwendung von mobilen Technologien auf Exkursionen deutlich – sind figürliche oder abstrakte Objekte oder Gebilde, die Anlass zur Diskussion bieten und unter Berücksichtigung der Interessen und Erfahrungen der Diskussionsteilnehmer zu gemeinsam ausgehandelter und hergestellter Bedeutung führen. „Boundary objects can be concrete or abstract in form, such as physical objects or conceptual ideas. They will have a common identity across contexts but maintain a flexibility to meet the different needs of the actors (Bowker & Star, 1999). The concept was initially coined by Star & Griesemer (1989), who found that bird specimens in a natural history museum acted as boundary objects for negotiations between different 185 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens parties involved in the work of the museum. The birds held different meanings for the different museum users but were recognizable between them. They found that boundary objects are useful when converging communities meet. For example, an amateur bird watcher discussing a particular species with a biologist would have a common reference point (the species classification) from which to discuss their divergent viewpoints and experiences.“ (Nicola Beddall-Hill 2010, S. 30) Kulturelle Ressourcen stellen Grenzen dar Auch wenn der Begriff „boundary object“ im Prinzip dasselbe wie kulturelle Ressource meint, so weist er doch ein wenig konkreter auf die Relevanz der kulturellen Situiertheit von Ressourcen und ihr diskursives Potenzial hin: Dieselben Objekte können für unterschiedliche Personen mit unterschiedlichen Konnotationen belegt sein und entsprechend eine Grenze darstellen, wenn es um die Adaption oder Aufnahme von Bedeutungen geht, die diesem Objekt anhaften. Andreas Breiter und Stefan Welling (2006, S. 94) weisen auf diese Problematik am Beispiel der Integration digitaler Medien in schulisches Lernen hin. „Denn der Nutzungskontext technischer Artefakte, bestehend u. a. aus Gebrauchsvorgaben und Regelwerken und der ständigen Reinterpretation und Transformation dieser Vorgaben, befindet sich in ständiger Veränderung – und dies gilt auch für den institutionalisierten Lern- und Lehrprozess in der Schule. Zum anderen werden die digitalen Medien von verschiedenen Gruppen mit unterschiedlichen Problemen assoziiert und entsprechend interpretiert.“ (ebd.) Diese diskursgeprägte Ebene wird besonders dann relevant, wenn kulturelle Ressourcen in anderen als ihren ursprünglichen Kontexten Verwendung finden sollen oder subjektive Bedeutungszuweisungen an objektive Bedeutungen angebunden werden sollen. Am Beispiel der Verwendung von mobilen Technologien, die aus dem Alltag kommen und mit Spaß, Unterhaltung und Konversation konnotiert sind, in der Schule wird dies besonders deutlich, wie in der Einleitung mit der Untersuchung von Sue Cranmer et al. (2008) angedeutet und in Kapitel 2.3.3.1 aufgezeigt. Dieselbe Problematik besteht auch in Zusammenhang mit dem Verständnis von Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken als Ressourcen. Der Soziologe Herbert Schweizer (2007) führt in seinem 186 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Buch „Soziologie der Kindheit“ aus, dass die Integration von spontaner Interaktion im Sinne von informellen Interaktions- und Gruppendynamiken, die in diskursiven und kommunikativen Aneignungsprozessen entstehen, in formalisierten Kontexten wie Organisationen nicht außen vor bleiben müsse. Sie muss in der Regel „aber ausweichen in informelle Handlungszusammenhänge, deren Verhältnis zur formellen Ebene prekär bleibt” (ebd., S. 435). Die Konsequenz ist eine Quasi-Formalisierung mit „Nischencharakter in einer ‚Hinterbühne‘, die immer in einer gewissen Diskrepanz zur ‚Vorderbühne‘ verharrt“ (ebd.). Wie in Kapitel 3.3 aufgezeigt, besteht dennoch die Möglichkeit, in kommunikativen und konversationsgeprägten Lernprozessen subjektive Bedeutungen von Ressourcen jeglicher Art systematisch zu rahmen, zu überdenken, zu verwerfen und neu zu kontextualisieren. Dabei kommen die Perspektiven, das Wissen, die Handlungskompetenzen und die kulturellen Praktiken der Lerner auch von außerhalb der Schule zum Tragen, bedürfen jedoch einer objektiven Rahmung und einer Einordnung. 3.1.3 Soziokulturelle und technologische Strukturen (structures) Wie in der Einleitung zu diesem Kapitel knapp dargestellt, argumentiert die Sozio-kulturelle Ökologie vor dem Hintergrund sich ständig verändernder, auszuhandelnder und instabiler gesellschaftlicher und kultureller Gefüge, von Norbert Pachler et al. (2010a, S. 11) auch als Mobile Complex bezeichnet. Teil dieser Strukturen sind, wie in der Mindmap (Abbildung 25 auf Seite 176) dargestellt, neben Milieus, Schule, Alltag, Medien etc. auch Technologien, mit denen Bedeutungen hergestellt und „Welt“ angeeignet wird. „Structures: young people increasingly live in a society of individualized risks, new social stratifications, individualized mobile mass communication and highly complex and proliferated technological infrastructure; their learning is significantly governed by the curricular frames of educational institutions with specific approaches towards the use of new cultural resources for learning.“ (ebd., S. 25) 187 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Aktuelle gesellschaftliche Strukturen sind vor allem durch Fragmentierung (siehe bspw. Beck 1986), Individualisierung und Fokussierung auf Alltagsästhetik (siehe bspw. Schulze 2000), Vernetzung (siehe bspw. Castells 2004) und den verteilten und konvergenten Zugang zu Informationen charakterisiert. Sie sind, in ihrer Gesamtheit, gekennzeichnet durch Vergänglichkeit, Vorläufigkeit und Instabilität (Pachler et al. 2010a, S. 12; siehe dazu auch Kress 2008 und Kress 2010): Ehemals stabile Strukturen werden zu instabilen, Homogenität zu Diversität, Beständigkeit zu Vorläufigkeit. Entsprechend haben sich Kommunikation, Aneignung und Lernen verändert und sind geprägt von sozialer, kultureller und semiotischer Instabilität und Vorläufigkeit, wie Gunther Kress betont (2008, S. 346 ff.). Veränderung der Strukturen der Massenkommunikation Aktuelle Massenkommunikation als eine der Strukturen des Mobile Complex ist wohl am markantesten durch die Verschiebung weg von der Zulieferung redaktionell gestalteter Inhalte an ein breites Publikum hin zu der Individualisierung von Kommunikation und der nutzergenerierten Produktion von Inhalten gekennzeichnet (Cook 2010a, S. 113). Es entstehen „individualisierte Kommunikations-Kontexte“ (ebd., S. 114). Redaktionelle Systeme werden zu Archiven und Plattformen, das „Senden” von Informationen wird zum „Einholen” von Informationen, das Handy wird zum allzeit verfügbaren Multimedia-Tool, ehemals vorgegebene Inhalte und Kontexte werden durch Nutzer selbst hergestellt, Medien werden zunehmend konvergent, Medienplattformen zunehmend relevant (Bachmair et al. 2009, S. 7 f.). Die mediale Welt, die ehemals durch einen Autor strukturiert war („authored world“; Kress, Pachler 2007, S. 25 f.) wird zu einer, die durch die Individualität vieler Autoren gekennzeichnet ist. „What we have here is a transition from a stable, settled world of knowledge produced by authority / authors, to a world of instability, flux, of knowledge produced by the individual in her or his life-world, out of resources available to her or him, and in relation to both needs and interests that come from the reader’s life-world. […] Contemporary forms of text, by contrast, are dynamic, fluid, and above all, contingent; they are ever more frequently multiply authored, with ‚shared’ / distributed power and consequently provisional. In their form they realise contemporary 188 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens forms of social organisation: of distributed resources, distributed information, distributed power, distributed across life-worlds organised as life-style. The new social arrangements find their realisation in new genres we mentioned above: blogs, wikis, and so on. A world of stability has given way to a world of fluidity; a world of the power of the author has given way to a world of collaborative text-making; and a world of canonicity – whether of knowledge or of text – has given way to a world of provisionality.” (ebd.) Die Fragmentierung, Verteilung und Vernetzung, die aktuelle Gesellschaftsformationen charakterisiert, findet also ihre Entsprechung in Strukturen der Massenkommunikation. Die Verantwortung, auszuwählen, sich zu orientieren und sich zu verorten (Pachler 2010, S. 157), ist auch in Bezug auf Handeln mit und in medialen Strukturen gegeben. Vom Buch zu tragbaren Technologien: Massenmediale Angebote zugeschnitten auf individuelle Interessen und Themen Diese Veränderung der Strukturen in der Massenkommunikation verlief über die letzten Jahre hinweg konstant, wobei sich bereits vor einigen Jahren im Fernsehangebot Strukturen ausmachen ließen, die das ankündigten, was für aktuelle Massenkommunikation charakteristisch ist (Bachmair 2010a). Die Veränderung soll im folgenden Absatz am Beispiel von linearen zu diskontinuierlichen Repräsentationsmodi knapp dargestellt werden (zu einer ausführlicheren Betrachtung von „non-linear and discontinuous multimodal and multimedia narratives“ siehe Pachler, Seipold 26.10.2009). Dabei wird auf ein Verständnis von Medien als „Text“ (Fiske 1989) zurückgegriffen, um die Bezüge zu „Lesarten“ zu ermöglichen. Gemeinsam ist diesen Strukturen ein gewisses Maße an Offenheit, die Nutzer dazu einlädt, ihren Nutzungspräferenzen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken aus subjektiver Sichtweise nachzukommen und diesen entsprechend zu „lesen“, auszuwählen und sie im Sinne von Bedeutungszuweisung neu zu strukturieren und in ihren Alltag zu integrieren. Am Beispiel von Lehrtexten aus den Jahren 1926 und 2006 zeigen Gunther Kress und Norbert Pachler (2007) den Sprung vom durch einen Autor vorgegebenen Leseweg hin zu selbst zu wählenden Lesrichtungen und zu Angeboten an den Leser, seinen spezifischen Zugang zum Text zu finden. Während der lineare Buchtext die Lesrichtung vorgibt – „from 189 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens line, to syntax, to paragraph, to chapter“ (ebd., S. 25) – und den Leser so vom ersten bis zum letzten Wort des Buches führt, stellt der Text aus dem Jahr 2006 eine eher „parallel“ angeordnete Struktur vor. Der Seitenaufbau bietet unterschiedliche Einstiegsmöglichkeiten. (ebd.) Die Lesrichtung ist nicht mehr festgelegt, sondern durch die Interessen des jeweiligen Lesers geleitet. Eine ähnliche Entwicklung ist im Fernsehprogrammangebot zu beobachten. Auch wenn Fernsehen mit seinen Strukturen noch aus Zeiten stammt, in denen relativ stabile gesellschaftliche Strukturen ebenso wie lineare Textformen in den Massenmedien dominierend waren, so bietet es doch einen Ausblick auf multimodale, intertextuelle und diskontinuierliche Textstrukturen, wie sie im Internet und in Zusammenhang mit mobilen Technologien vorherrschend sind, nämlich intramediale Bezüge, intertextuelle Verweise und diskontinuierliche Texte (siehe dazu bspw. Seipold 2007 sowie Bachmair, Seipold 2003). Einer der offensichtlichsten Strukturierungsmechanismen im Fernsehen ist der des Programmablaufs. Er richtet sich nach der zeitlichen Organisation des Tagesablaufs der Zuschauer, z. B. Schulzeiten, Feierabend, Schlafengehen (Hujanen 2002), um zu den jeweiligen Tageszeiten die entsprechend verfügbare Zielgruppe optimal abzuschöpfen. Neben diesen recht einfachen Strukturen bietet das Fernsehprogramm weitere, z. B. Programmtrailer, die über kommende Sendungen informieren möchten, Sendungen, die sich selbst und die Welt erklären, Programme, die aufzeigen, wie „entgegen” der vorgeschlagenen Leseweise gelesen werden kann (Seipold 2007), oder Sendungen wie POPSTARS, die sich auf Mitmachangebote außerhalb des Fernsehprogramms beziehen und Zuschauern bzw. Nutzern des Formats auf diese Weise zahlreiche Teilnahmemöglichkeiten bieten (Bachmair et al. 2008). Auch hier sind der Einstieg und das „Weiterlesen“ auf die jeweiligen Interessen der Nutzer ausgerichtet. Das World Wide Web und seine Funktionen wie das sogenannte Web 2.0 stellen Repräsentationsmodi zur Verfügung, die durch Diskontinuität, fragmentierte Inhalte und Plattformen charakterisiert sind, die Informationen und Inhalte neu zusammenfügen und rekontextualisieren. Nutzer sind vollkommen frei in der Auswahl des Einstiegspunkts in solche Angebote und im weiteren Zugriff auf Inhalte und Informationen; „Produser“ erstellen Weblogs, indem sie Textfragmente und RSS-Feeds, Twitter-Streams, Flickr-Fotos oder YouTube-Videos, selbst geschriebene 190 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Texte und Kommentare ihrer Blogleser zusammenstellen. Und sie hinterlassen ihre Spuren im World Wide Web, die entweder – sei es beabsichtigt oder nicht – in Verbindung zueinander stehen oder eben nicht (z. B. durch das Verwenden unterschiedlicher Benutzernamen auf unterschiedlichen Plattformen). Von der rezeptiven Nutzung fragmentierter Angebote hin zur Erstellung von Contexten und „multiple[n] Versionen des Selbst“ (Potter 2011) Wie solche Spuren aussehen können, haben Norbert Pachler et al. am Beispiel eines jungen Mannes, Cyrill, aufgezeigt (siehe dazu Bachmair 2009c sowie Pachler et al. 2010a; die Recherche für Pachler et al. 2010a zu den unterschiedlichen genutzten Plattformen wurde durch die Autorin dieser Arbeit durchgeführt, ebenso die Beschreibung und Analyse des Falls). Cyrill zeigte auf YouTube professionell aufgenommene Videos und zufällig Gefilmtes, schrieb als Experte zu Videoschnittsoftware in Online- Foren, hat sich auf Community-Plattformen mit seinen Freunden und Peers vernetzt, tauchte in einem Online-Männermagazin als stilsicherer und kreativer junger Mann auf und zeigte sich auf MySpace als verletzliches und verletztes Opfer, stellte dabei jedoch gleichzeitig seine selbstentworfenen T-Shirt-Motive zum Verkauf vor (eine ausführliche Beschreibung und Analyse findet sich in Bachmair 2009c sowie Pachler et al. 2010a). Jedes dieser Fragmente ist für sich bedeutsam für Cyrill, der sich auf unterschiedlichen Plattformen einem unterschiedlichen Publikum unterschiedlich präsentiert. Jedoch lediglich das komplette Bild, das man durch Zusammensetzen der einzelnen „Textfragmente“ erhält, erlaubt es, den jungen Mann in seiner Individualität, Subjektivität und Persönlichkeit zu verstehen, anstatt ihn aufgrund nur eines dieser Aspekte zu verurteilen (bspw. mit Bezug auf seine gewaltaffinen Darstellungen auf MySpace). Inwiefern mobile Technologien äquivalente Konstruktionsleistungen unterstützen werden, bleibt abzuwarten. Auch sind Konzepte, die solche Aspekte der Persönlichkeitsentwicklung und Sozialisation aufgreifen, im Rahmen Mobilen Lernens erst noch systematisch zu entwerfen. Klar ist jedoch bereits jetzt, dass mobile Endgeräte in ihrer Funktionalität schon lange nicht mehr nur auf die rein sprachbasierte (Telefonie) oder textbasierte (SMS) Konversation beschränkt sind, sondern immer enger 191 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens mit dem Konvergenzmedium Internet verbunden sind. War es über lange Jahre hinweg neben der Sprachtelefonie die SMS-Funktion, die einen wesentlichen Aspekt der Mobilkommunikation darstellte, so sind es mittlerweile MMS, E-Mail, Foto, Video, Instant Messaging, Chat und Internet, um die die Kommunikationsmöglichkeiten ergänzt sind. Sie alle sind Ressourcen, um Inhalte und Contexte zu generieren. „Now mass media is witnessing a trend where the ‚user’ can generate there [sic!] own content with a mobile phone or other digital device in the form of pictures or video clips; they can then go on to publish them almost immediately on the Internet via media platforms like Flickr (for annotated photographs), Twitter (for micro blogs or ‚diary like’ social messages that are no longer than 140 characters), FaceBook (a social networking site) or YouTube (for video clips and commenting).“ (Cook 2010a, S. 113) Dabei spielt jedoch nicht nur die Möglichkeit eine Rolle, sich von Mobilgerät zu Mobilgerät miteinander in Verbindung zu setzen. Zentral ist die Konvergenzfunktion der Geräte, also die Möglichkeit der Verbindung zwischen unterschiedlichen Geräten und Medien wie z. B. dem Handy und dem PC oder dem Internet. Die Strukturen, die in mobilen Technologien angelegt sind, sind mittlerweile zentral geprägt durch Konvergenz – vor allem in Zusammenhang mit dem Internet und dort speziell dem Web 2.0 –, die Fragmentierung von Inhalten sowie die Möglichkeit, fragmentierte Inhalte zu konvergenten zusammenzufügen und verfügbar zu machen. Zudem erlauben sie schnellen Zugriff auf Archive jeglicher Form, Konversation und Zusammenarbeit mit anderen, auch wenn sie sich nicht am gleichen Ort aufhalten. „In addition to the changing sense of the ownership of knowledge consumption, mobile devices deliver this knowledge ‚chunked’, structured and connected in very different ways from earlier learning technologies such as the lecture, the web and the book. Knowledge is not abstract, unaffected by how it is stored, transmitted or consumed. In its earliest forms, knowledge and learning came from lectures, a substantial linear format from an authoritative ‚sage on the stage’ with no facility to pause or rewind, and from books, also authoritative, substantial and linear but segmented and randomly accessed. The delivery of knowledge and learning by networked computers meant a break from linearity with the introduction of hyperlinks and new heuristics of usability that prescribed how knowledge and learning should be chunked and presented. This was accompanied by the rise of the ‚guide by your side’. With mobile 192 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens technologies, using a small screen and a limited input medium, the usable chunks become much smaller but the navigational overheads become much, much larger. In essence, small pieces of knowledge and learning can be presented easily but their relationship to anything else may be difficult to understand, fragmenting and perhaps trivialising what people learn.“ (Traxler 2008, S. 11 f.) In Kapitel 4 sind drei Beispiele aus der Mobile-Learning-Unterrichtspraxis zusammengestellt, die auf unterschiedliche Strukturen mobiler Technologien Bezug nehmen und anhand derer aufgezeigt wird, wie Lerner mit ihren Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken Contexte herstellen und fragmentiert verfügbare Ressourcen nutzen, die zwar teils durch subjektive Bedeutungszuweisungen geprägt sind, aber dennoch als kohärente Ressourcen Eingang in schulisches Lernen und curriculare Strukturen finden. In diesem Zusammenhang wird auch aufgezeigt, dass konvergente Strukturen zentral sind, um eine Informationsbasis zu schaffen, die nicht nur subjektive, sondern gerade auch gemeinsam ausgehandelte Bedeutungen begünstigt. 3.1.4 Handlungskompetenz (agency) als „Leistungsvermögen, in der Welt wirksam zu sein“ (Pachler et al. 2010a, S. 159) Die Handlungskompetenzen der Lerner sind Ressourcen für die Bedeutungszuweisung. Sie sind gerahmt durch den Mobile Complex und manifestieren sich als die sozialen und semiotischen Möglichkeiten und Fähigkeiten der Lerner, u. a. in Bezug auf die Konstruktion sozialer Beziehungen, die Bedeutungszuweisung und das Erstellen von Repräsentationen der Welt durch die Verwendung von Zeichensystemen (ebd.). „Agency: young people can be seen increasingly to display a new habitus of learning in which they constantly see their life-worlds framed both as a challenge and as an environment and a potential resource for learning, in which their expertise is individually appropriated in relation to personal definitions of relevance and in which the world has become the curriculum populated by mobile device users in a constant state of expectancy and contingency [...].“ (Kress, Pachler 2007; zitiert nach Pachler et al. 2010a, S. 25) 193 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Handlungskompetenzen als „Leistungsvermögen, in der Welt wirksam zu sein“ (Pachler et al. 2010a, S. 25), beziehen sich auf die aneignende Gestaltung von, in und mit Strukturen. Dazu gehören beispielsweise soziokulturelle Strukturen, das Aufbauen von kulturellen Praktiken, die Konstruktion der eigenen Lebenswelt, die Bedeutungszuweisung, die Verwendung und der Aufbau von Zeichensystemen, die alltägliche und situative Verwendung von Technologien zur Alltagsorganisation usw. (ebd.). Handlungskompetenzen sind somit wesentlich in der Lebenswelt verankert und als Kompetenzen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu verstehen, mit denen die Menschen subjektiv sinnstiftend und eigenverantwortlich ihre Lebenswelt konstruieren und die sie benötigen, um im individuellen und gesellschaftlichen Kontexten handlungsfähig zu sein und sich in der Welt (subjektiv und objektiv) sinnstiftend zu verorten – oder, mit dem Vokabular der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens, um mit soziokulturellen und technologischen Strukturen und Ressourcen aneignend umzugehen und kulturelle Praktiken zu etablieren und so Contexte und Bedeutungen herzustellen. Handlungskompetenzen als sozial und kulturell geprägt Dass Handlungskompetenzen stark von dem soziokulturellen Umfeld abhängig sind, das die Lebenswelt der Lerner rahmt, möchten Norbert Pachler et al. und Gunther Kress et al. mit der Umschreibung von „agency“ als „neuem Lernhabitus“ unterstreichen (siehe dazu Pachler et al. 2010a; Pachler 2010; Kress, Pachler 2007). Prägend dafür sind die soziokulturellen Milieus, die durch Einkommen und Werteorientierung beschrieben sind. Dies wird besonders in Bereichen relevant, in denen strukturelle Rahmenbedingungen wie die Milieuzugehörigkeit Zugangsbeschränkungen zum Bildungssystem, zur Arbeitswelt oder zu Ressourcen generell bedeuten können (siehe dazu neben Pachler et al. 2010a auch Rummler 2010). Der neue Lernhabitus – wobei sicherlich vor dem Hintergrund der sozialen Segmentierung nicht nur von einem Lernhabitus gesprochen werden kann – ist nicht nur durch eine Milieuzugehörigkeit strukturiert, sondern auch durch die technologischen Bedingungen und Notwendigkeiten des Umgangs mit ihnen. 194 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Handlungskompetenz als Grundlage für kulturelle Praktiken und Expertisen Handlungskompetenzen sind auch Grundlage für Expertisen der Lerner. Dieser Aspekt bietet für Pädagogik wichtige Anknüpfungspunkte. Über die Aneignung von Wissen auf Basis des Fan- oder Experte-Seins beispielsweise bilden die Lerner über ihre Handlungskompetenzen kulturelle Praktiken aus, die für die Strukturierung ihres Alltags oder – allgemeiner gesagt – für die Strukturierung von und die Handlungsfähigkeit in Contexten wesentlich werden und so eine zentrale Grundlage für subjektiv sinnstiftende Bedeutungszuweisungen, aber auch gemeinsam ausgehandelte und geteilte Bedeutungen darstellen (siehe dazu Kapitel 3.1). Wie Schule diese Expertisen aufgreifen kann, ist in Kapitel 3.3 und 4.2 näher ausgeführt. Möglichkeiten der Anbindung an die kulturellen Praktiken der Lerner finden sich in Kapitel 3.3. Alltagsmedienkompetenz als situativ bedarfsorientierte Handlungskompetenz und ihre Relevanz für Medienbildung Als eine Ausprägung von Handlungskompetenz ist Medienkompetenz zu betrachten. Sie ist, wie Ben Bachmair herausstellt, „verflochten mit der sozialkulturellen Gliederung unserer Gesellschaft und bedarf komplexerer Einordnungen und Bezüge zur Lebenswelt der Jugendlichen“ (Bachmair 2010a, S. 13). Während einige Modelle der Medienkompetenzförderung den instrumentell-qualifikatorischen Umgang mit Medien fokussieren (siehe dazu bspw. die vier Dimensionen von Medienkompetenz von Dieter Baacke 1996), bietet das Konzept der Alltagsmedienkompetenz Anknüpfungspunkte an situierte und situativ bedarfsorientierte Handlungskompetenzen der Lerner im Prozess der Aneignung. Die Aneignung ist dabei auch auf den Rückgriff der Lerner auf Medien und deren Inhalte und Formate als Ressourcen bezogen und eröffnet den Blick auf die dynamische und flexible Erstellung lerner- oder nutzergenerierter Contexte durch die Lerner bzw. Mediennutzer. „Der Begriff Alltagsmedienkompetenz stellt die Aneignung von Medienwissen und Handlungsmustern im privaten Kontext in den Vordergrund. Der Erwerb von Erfahrungen und Fertigkeiten im alltäglichen Umgang mit Medien ist dabei als situativ und in 195 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Bedarfskontexten angeeignet zu denken. Alltagsmedienkompetenz ist also eine kulturell situierte und situativ abhängige Handlungskompetenz in Bezug auf Medien als kulturelle Produkte im Alltag.“ (Seipold et al. 2010, S. 227) Hier ist der Bezug zu Dieter Baackes Definition von „kommunikativer Kompetenz“ früher und deutlicherer Anknüpfungspunkt, der Aneignung und Kompetenz aufeinander bezieht (Baacke 1999b, S. 19). „Kommunikative Kompetenz meint, daß Menschen durch Sprechen und andere Ausdrucksgebärden sich Wirklichkeit aneignen und gestaltend verändern können.“ (ebd.) Medienkompetenz ist als eine Ausprägung von kommunikativer Kompetenz zu verstehen, die neben Sprache und Ausdrucksgebärden die Medien explizit als Ressourcen bei der Aneignung der Welt benennt. „‚Medienkompetenz’ meint also grundlegend nichts anderes als die Fähigkeit, in die Welt aktiv aneignender Weise auch alle Arten von Medien für das Kommunikations- und Handlungsrepertoire von Menschen einzusetzen.“ (Baacke 1996, S.119) Ergänzt durch den Aspekt der „Handlungskompetenz“ stellt Dieter Baacke nochmals das Individuum und dessen aktiv produzierende und gestaltende Rolle in den Vordergrund, womit es im Spannungsfeld gesellschaftlicher Anforderungen und subjektiver Bedeutungen stehend erscheint. „Medienkompetenz ist eine Besonderung von ‚kommunikativer Kompetenz‘ (hier sind alle Sinnesakte der Wahrnehmung gemeint) sowie von ‚Handlungskompetenz‘ (hier sind alle Formen der Weltbemächtigung und Weltveränderung gemeint, die zwar durch kommunikative Akte begleitet werden, aber über diese insofern hinausgehen, weil hier Objekte, Gegenstände und Sachverhalte ‚verrückt’ werden).“ (Baacke 1999a, S. 8) Im Kontext der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens sind die Ansätze von Dieter Baacke durchaus bedenkenswert, da sie bereits Anfang der 70er Jahre die Argumentationslinie verdeutlichen, die in der aktuellen Diskussion um Medienbildung durchscheint. Zudem bettet dieser Ansatz Mediennutzung in ein ökologisches Verständnis von sich gegenseitig bedingenden Komponenten wie Strukturen und Handlungen 196 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens ein und konkretisiert subjektiv sinnstiftende Mediennutzung auch mit Blick auf Aneignung und auf das „In-der-Welt-Sein“. „Medienkompetenz geht insofern über derart institutionell und zielorientiert verfugtes Denken hinaus, weil Kompetenz nicht einem speziellen institutionellen Bereich – hier: dem Bereich der Erziehungs- und Bildungseinrichtungen – zugeschlagen werden muß, sondern darüber hinaus etwas viel Allgemeineres anzielt, nämlich als eine Weise gelungenen In-der-Welt-Seins im Horizont gelebten Lebens insgesamt.“ (ebd., S. 7) Die alltagsbezogenen Dimensionen von kommunikativer Kompetenz, Medienkompetenz und Handlungskompetenz weisen dabei den Weg hin zu der Notwendigkeit, Medienhandeln im Alltag und außerhalb von institutionalisierten Strukturen als originären Ausgangspunkt für die Aneignung, Bedeutungszuweisung und Verortung von Menschen zu betrachten (zu Alltagsmedienkompetenz und Mobilem Lernen bzw. Alltagsmedienkompetenz als Ansatzpunkt für schulisches Lernern siehe auch Seipold et al. 2010; Seipold 2008; Seipold 25.06.2007.). 3.1.5 Kulturelle Praktiken (cultural practices) als Routinen in Situationen und Contexten Kulturelle Praktiken werden von Norbert Pachler et al. (2010a, S. 6) als „Routinen in Situationen“ beschrieben, wobei sich „Situationen“ sowohl auf institutionalisierte Umgebungen wie Schule oder Arbeitsplatz als auch auf den Alltag beziehen, die „Praktiken“ entsprechend sowohl auf Handeln im Alltag als auch auf Lehr- und Lernpraktiken innerhalb schulischer Strukturen. „Cultural practices: mobile devices are increasingly used for social interaction, communication and sharing; learning is viewed as culturally situated meaning-making inside and outside of educational institutions and media use in everyday life have achieved cultural significance“. (ebd., S. 25) Kulturelle Praktiken basieren zum einen auf Handlungskompetenzen und sind zum anderen gerahmt durch Strukturen wie z. B. Schule. In schulischen Kontexten beispielsweise ist Instruktion eine der dominierenden kulturellen Praktiken der „Wissensvermittlung“ oder Lesen 197 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens eine der dominierenden in Bezug auf die Aneignung von Wissen. Als Routinen im Prozess der Aneignung sind kulturelle Praktiken in informellen Kontexten wie z. B. der alltäglichen Mediennutzung stark subjektiv gefärbt und als situativ und oft auch bedarfsorientiert zu verstehen. Sie haben also auch eine Dimension, die ihnen Flexibilität verleiht. Routinen können, je nach Erfordernissen, angepasst werden. Mit mobilen Technologien können zwischen den traditionell voneinander getrennten Bereichen Schule und Alltag aber auch neue kulturelle Praktiken entstehen, mit denen Lerner Strukturen schaffen und so Alltag und Schule miteinander in Verbindung bringen. In Kapitel 4 finden sich Beispiele aus der Unterrichtspraxis dazu. Als wesentliche Strukturen, die in Zusammenhang mit kulturellen Praktiken stehen, und die Raum und Rahmen für das gemeinsame oder subjektiv sinnstiftende Aushandeln und Herstellen von Bedeutungen bieten, werden weiter unten (Kapitel 3.3) Regeln diskutiert, aber auch das Fan- oder Experte-Sein bietet Strukturen, die Routinen erlauben und deren Etablierung ermöglichen. Denn in Verbindung mit den Expertisen der Lerner, die sie auf Grundlage ihrer Handlungskompetenzen erworben haben, werden kulturelle Praktiken in Contexten, die stark durch das Aushandeln und Einhalten von Regeln strukturiert sind, zu gehaltvollen Ressourcen für die Verortung und Selbstvergewisserung von Lernern. Eine Ausführung dazu findet sich in Kapitel 3.3. 198 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens 3.2 Lernergenerierte Contexte (Learner-generated Contexts) Während die Sozio-kulturelle Ökologie als „Makro-Blick“ auf den Mobile Complex beschrieben wird, sind „Learner-generated Contexts“ oder auch „User-generated Contexts” der „Mikro-Blick“ (Cook et al. Oktober 2008; Cook et al. 2011). Über Modelle der Learner-generated Contexts soll es möglich werden, den Mobile Complex, also Lernen mit mobilen Technologien vor dem Hintergrund kultureller Transformationen, über spezifische Lernsituationen analytisch zu fassen (Cook 2010a, S. 124). Daneben ist der Versuch der Umschreibung dessen, was Context ist und meint, auch ein Versuch der Systematisierung und der Operationalisierung, um (Mobiles) Lernen in sowohl formellen als auch informellen Kontexten beschreibbar, nachvollziehbar, rekonstruierbar und damit auch für Lern- und Unterrichtskontexte planbar (vgl. dazu auch Brown 2010b, S. 7) zu machen (siehe dazu auch Kapitel 3.2.2). Relevanz der Diskussion zu Learner-generated Contexts für Mobiles Lernen Das Konzept des Learner-generated Contexts ist in der Diskussion um das Mobile Lernen neben der Activity Theory und dem Conversational Framework als zentrales Modell zu betrachten. Zusammenfassend ist es aus mehreren Gründen relevant für die Mobile-Learning-Diskussion: ‐ Das Context-Konzept rückt den Fokus weg von nutzergenerierten Inhalten (user-generated contents; UGC), die innerhalb von Contexten entstehen (Luckin et al. 2010), und damit weg von dem Gedanken, Lernwerkzeuge oder vorgegebene Lerninhalte seinen für den Lernprozess zentral. ‐ Lernmaterialien wie das Schulbuch bilden nicht mehr die einzigen Ressourcen für Lerninhalte; die Handlungskompetenzen der Lerner werden ebenso wie die Technologien, Strukturen, kulturellen Praktiken, Netzwerke, Inhalte etc. als Ressourcen relevant, egal, ob sie aus dem Alltag der Lerner oder aus schulischen Lernkontexten stammen. ‐ Auf dem Weg zur Operationalisierung der SKÖ scheint die Fokussierung auf die Contexte wichtig, da sie als „neue Kulturprodukte“ (Bachmair 2010a, S. 24) durch die Lerner hergestellt sind und sich in ihnen die Handlungskompetenzen, 199 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens kulturellen Praktiken, aber auch Expertisen, Wissen, Ästhetik, Verständnis von Lernen, Aspekte der Identität der Lerner usw. manifestieren. ‐ Das Context-Modell wird sowohl der aktuellen Entwicklung von Massenkommunikation als auch einem zeitgemäßen Bild von Lernen als Bedeutungszuweisung innerhalb formalisierter und informeller Strukturen gerecht, da sich beides weg von der Idee des Nutzers/Lerners als Konsument vorgegebener Inhalte hin zu der des Nutzers/Lerners als Produzent selbst gewählter und erstellter Inhalte geht (The Learner Generated Contexts Group 2008). ‐ Da Contexte situativ und jederzeit und an jedem Ort herstellbar sind, verschwindet auch der traditionelle Lernraum Klassenzimmer/Schule aus dem Zentrum der Betrachtung; andere Orte oder Räume, seien es das Schwimmbad oder der Chatroom, werden zu relevanten Lernorten. ‐ Damit eröffnet das Context-Konzept den Blick auf den Alltag der Lerner und informelles Lernen und erlaubt es, Verbindungsmöglichkeiten zwischen informellen und formellen Kontexten und Aktivitäten zu schaffen und systematisch zu rahmen. ‐ Die Nutzer/Lerner agieren dabei hochgradig flexibel und sind in der Lage, ihre verfügbaren Ressourcen den Anforderungen und Gegebenheiten von Contexten und Ressourcen anzupassen, wobei eine Nutzung der Ressourcen auch anders als ursprünglich in der Ressource angelegt durchaus möglich ist. Die Argumentation um Learner-generated Contexts nimmt im Laufe der Zeit immer mehr die Dimension einer Bildungstheorie an. Sie wird jedoch durch die britischen Wissenschaftler als solche nicht benannt, da das Konzept der Bildung im britischen Sprach- und Theorienraum nicht sehr gängig ist. Während in der Context-Diskussion anfangs die soziale Interaktion und die Ressourcenfrage bestimmend waren, kommt nun, da Situiertheit und dynamische Verfasstheit von Contexten als grundlegend vorausgesetzt wird, die Frage nach der Anbindbarkeit von Ressourcen und deren Relevanz für nicht nur Lernen, sondern auch für Subjektivität, „In-der-Welt-Sein“ und als Raum für Reflexion auf. Aus dieser Sicht könnte also die Context-Diskussion nicht nur als „Mikro-Modell“ zur 200 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Analyse spezifischer Lernsituationen dienen, sondern in Zusammenhang mit dem Modell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens eine Basis für eine Medienbildung des Mobilen Lernens darstellen. Schlüssel dazu könnten die Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Ressourcen der Lerner sein. Context ist dynamisch und durch die Lerner hergestellt Contexte sind durch Lerner in Interaktion (ebd.) mit Menschen oder Gegenständen hergestellte Situationen und „Räume“. Sie sind durch ihre Situiertheit, zeitliche Begrenzung und Vergänglichkeit charakterisiert, basieren aber gleichzeitig auf mehr oder weniger stabilen Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner. Neben Technologien, Handlungen und Kommunikation ist es auch jede andere nur erdenkliche Art von Ressource, die dabei zur Erstellung von Contexten herangezogen werden kann oder aber entsteht. „A Learner Generated Context can be defined as a context created by people interacting together with a common, self-defined or negotiated learning goal. The key aspect of Learner Generated Contexts is that they are generated through the enterprise of those who would previously have been consumers in a context created for them.“ (ebd.) Die Learner Generated Contexts Group (2008) weist in ihrer kurzen Definition auch auf die Rolle derjenigen hin, die Contexte generieren: Lerner sind aktiv handelnde Subjekte, die bisher als Konsumenten und Rezipienten innerhalb vorgegebener Contexte adressiert wurden und nun zu Produzenten ihrer eigenen Contexte werden. Dies lässt sich natürlich auch auf formalisierte Kontexte wie Schule und schulisches Lernen übertragen: Den Lernern wird Wissen nicht mehr vermittelt, sie stellen selbst Bedeutungen her und eignen sich Wissen eigenständig, unter selbst gesetzten Zielvorgaben und mit den Ressourcen, die sie verfügbar haben, an. Die Aktivität der Lerner wird dabei als konstituierend für Contexte angesehen (Pachler 2010, S. 164). Diese Grundannahme stammt von Paul Dourish, eine der zentralen Figuren in der frühen Context-Diskussion. Er bezieht in seine Überlegungen ein, dass Context zwischen Objekten und Aktivitäten zu betrachten ist, Contexte dynamisch sind und einen spezifischen Anlass haben und dass Contexte durch 201 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Aktivitäten entstehen (Dourish 2004, S. 5; siehe dazu auch Seipold 12.06.2008). Vor allem mit seinem Hinweis auf Aspekte von Dynamik von Contexten und der Rolle der Menschen bei der Herstellung von Contexten hat Paul Dourish eine Basis für weiterführende Diskussionen in der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile- Learning-Forschung geschaffen. Sie greift auf ein Verständnis der Loslösung von Vorgegebenem und Statischem zu und schreibt Lernern dennoch die Fähigkeit zu, ad hoc Contexte herzustellen. In der Perspektive der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile-Learning-Forschung geht es hier also um die argumentative Loslösung von statischen Lernräumen wie dem Klassenzimmer, von Lerninhalten und -materialien, die vorgegeben sind, von möglichen Machtpositionen der Lehrer den Schülern gegenüber. Die aktive Rolle wird den Lernern zugeschrieben. Daneben stellt sich vor dem Hintergrund des Context-Modells die Frage nach den Lerninhalten: Was kann als Lerninhalt gelten? Wer legt fest, was Lerninhalte sind – und unter welchen Umständen? Contexte werden situiert und bedarfsorientiert hergestellt Neben diesem emanzipatorischen Aspekt der selbstverantworteten Herstellung von Contexten, der Benennungsmacht bezüglich Lerninhalten und Lernorten und der Bedeutungszuweisung durch die Lerner sind Theorien zu Learner-generated Contexts in Zusammenhang mit der Sozio-kulturellen Ökologie wesentlich, um die Situiertheit von Bedeutungszuweisungen in Abhängigkeit von den Aktivitäten der Nutzer vor dem Hintergrund verfügbarer Ressourcen wie Strukturen, Handlungskompetenz und kulturellen Praktiken zu beschreiben und zu fassen. Zentral dabei ist ein grundlegendes dynamisches Verständnis von Context, wie Norbert Pachler et al. (2010, S. 164) anmerken. „Dourish (2004) views contexts ‚not as a stable description of the world, but as the outcome of embodied practice’ (p. 15). He also talks about actions being ‚embodied’ in contexts (pp. 14 ff.).“ (Pachler et al. 2010, S. 164) Context wird in spezifischen Situationen von den Lernern in bedeutsamen Aktivitäten mit den Mitteln erzeugt, die im Augenblick zur Verfügung 202 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens stehen, und vor dem Hintergrund der Notwendigkeiten (affordances; Kress, van Leeuwen 1996; 2006) und der Angemessenheit, die spezifische Situationen und das Handeln in ihnen erfordern (Cook et al. 2007). Dies unterstreichen John Cook et al. (2007) unter Bezugnahme auf Maria Bakardjieva (2005). Maria Bakardjieva beschreibt Contexte als durch die Nutzung von Technologie in sozialen Situation („technology-in- use-in-social-situations“; ebd., S. 34) entstehend. Dabei erfinden die Nutzer situativ abhängig „Nutzungs-Genres“ (siehe dazu auch Seipold 12.06.2008). „[…] the inseparable unit between use and social situation. Use is neither a prescribed, or ‚configured’ (Woolgar, 1991) course of actions nor a subjectively voluntaristic project. In use, a human agent mobilizes available cultural tools to respond to a social situation. By doing this, she either enacts or invents use genres, or both.“ (Bakardjieva 2005, S. 34) Was hier im Rahmen der Diskussion um Contexte erarbeitet und für Mobiles Lernen verfügbar gemacht wird, haben Jean Lave und Etienne Wenger in Bezug auf situiertes Lernen formuliert. Sie charakterisieren Lernen als „legitimierte periphere Teilnahme“ (Lave, Wenger 1991, S. 31), wobei situiertes Lernen in „angemessenen und bedeutsamen Kontexten“ (Traxler 2009a, S. 18) geschieht, wie John Traxler mit Bezug auf Jean Lave und Etienne Wenger (1991) anmerkt. „By situated learning, we mean learning that takes place in the course of activity, in appropriate and meaningful contexts (Lave and Wenger 1991).“ (Traxler 2009a, S. 18) Dabei steht nicht der Ort im Vordergrund, sondern Lernsituationen, in denen interaktiv an gemeinsamen Praktiken teilgenommen wird. Die Konkretisierung, dass Aktivitäten nie situationsunabhängig sind und zudem die aktive, produzierende Teilnahme an der Wissensgenerierung statt einer passiven Wissensvermittlung zentral beim situierten Lernen ist, macht die Theorie von Jean Lave und Etienne Wenger anschlussfähig an Modelle der Learner-generated Contexts. Auch die Dualität von Handeln und Struktur ist bei Jean Lave und Etienne Wenger mitbedacht: So führen sie weiter aus, dass das handelnde Subjekt (agent), Aktivitäten und die Welt sich wechselseitig konstituieren: 203 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens „That perspective meant that there is no activity that is not situated. It implies emphasis on comprehensive understanding involving the whole person rather than ‚receiving’ a body of factual knowledge about the world; on activity in and with the world; and on the view that agent, activity, and the world mutually constitute each other.“ (Lave, Wenger 1991, S. 33) 3.2.1 Lernergenerierte Contexte als Ressource, Konstruktionsprozess und Möglichkeitsraum In seiner Einleitung des Herausgeberbandes zur „STELLAR Alpine Rendez-Vous Workshop“-Serie (Brown 2010a) beschreibt Mike Sharples (2010) Context als vergleichbar mit einem unendlich andauernden Film, der auf den vorangegangenen Szenen aufbaut und kontinuierlich von den Schauspielern gestaltet wird. Damit möchte er eine Analogie einführen, die die recht komplexe Idee des Contextes fassbar machen soll. „One useful analogy is to see context as an ever-playing movie: a continually unfolding interaction between people, settings, technologies and other artefacts [...]. The movie is composed of a sequence of scenes, or context states, that represent a specific point in time, space, or sequence of learning goals. Each scene of current context is a progression from earlier ones and within the scene some elements are emphasised as relevant to the focus of learning and level of context awareness. The entire movie provides a resource for learning. But this is a movie that is continually being constructed by its cast, from moment to moment, as they share artefacts and create mutual understanding through dialogue and physical interaction.“ (ebd., S. 4 f.) Wie jedoch aus dieser Beschreibung hervorgeht, sind es nicht nur eine vorderhand lineare Struktur und die Sequenzialität, die charakteristisch für Contexte sind. Mitkonstituierend sind Faktoren wie Interaktion der beteiligten Personen, das Setting, verfügbare Technologien und andere Artefakte, einzelne und voneinander abtrennbare Sequenzen, der Zeitpunkt bzw. die Situiertheit, der Raum (ebd.). Context ist im Verlauf gekennzeichnet durch einen Fortschritt und die Fokussierung bestimmter Elemente unter Berücksichtigung der aktuellen (subjektiven oder objektiven) Perspektive und Zielrichtung der Beteiligten. Der Context selbst wird zur Ressource, Rückgriffe auf bereits Vergangenes gehören ebenso dazu wie die gemeinsame Konstruktion des Contextes unter Zuhilfenahme von vorhandenen Artefakten, 204 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Interaktionen, Konversation sowie durch gemeinsames Aushandeln (Brown 2010b, S. 7) und Bedeutungszuweisungen (Sharples 2010, S. 4). Abbildung 27: Die „Context-Hierarchie“ (Lonsdale et al. 2004; zitiert nach Sharples 2010, S. 4). Dass Context zwar linear beschrieben werden kann, jedoch dabei als situativ zu verstehen ist und vernetzte Strukturen und Hyperstrukturen hervorbringt und darauf zurückgreift, wird in der Abbildung 27 deutlich, die Mike Sharples als Referenz seiner Ausführungen anführt. Danach ist Context eine „sich kontinuierlich entfaltende Interaktion zwischen Menschen, Settings, Technologien und anderen Artefakten“ (ebd.). Der 205 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens „Contextstatus“ als Teil des Contextes beschreibt „Elemente des Lernens und des Settings zu einem bestimmten Punkt in Zeit, Raum oder einer Zielsequenz“ (ebd.). Der „Context-Substatus“ umfasst „Elemente des Lerners und des Settings, die für den aktuellen Lernfokus und das gewünschte Level der Context-Bewusstheit relevant sind“ (ebd.). Lernergenerierte Contexte können also sowohl als Ressource als auch als intentionaler, interaktiver und hyperstrukturaler Konstruktionsprozess der Lerner und als Möglichkeitsraum verstanden werden. Für die praktische Anwendung dieser Aspekte in Lehr-/Lernkontexten scheint es notwendig zu sein, Contexte zu elementarisieren, wie es beispielsweise in der Grafik nach Lonsdale et al. (siehe Abbildung 27) oder im Ansatz von Rosemary Luckin et al. (2005; siehe Kapitel 3.2.2) geschieht. Mit Blick auf Context als Ressource würde eine Objektivierung von Contexten notwendig, um mit ihnen nachhaltig weiterzuarbeiten. Contexte als Konstruktionsprozess bezögen sich auf die Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner. Contexte als Möglichkeitsräume würden Aneignungsprozesse in den Mittelpunkt stellen. Ansätze einer Didaktik des Lernens in und mit Contexten Mit Blick auf Lernen – oder Bedeutungszuweisung – führt John Cook (2010b) den Begriff „Augmented Context for Development“ (ACD) („erweiterter Entwicklungskontext“) ein. John Cook bezieht sich dabei auf Lev Vygotskys Modell der „Zone of Proximal Development“ (ZPD), der „Zone der nächsten Entwicklung“. Die konzeptionelle Ausweitung der ZPD sei notwendig, da sich seit der Entstehungszeit von Vygotskys Konzept zu Beginn des 20. Jahrhunderts Lernen ebenso wie traditionelle Formen der Massenkommunikation verändert haben. ACD sei als ein zentrales Konstrukt der ZPD anzusehen, das kollaboratives Problemlösen ermöglichen soll. Dabei sollen die Lerner ihren eigenen „Context für Entwicklung/Entfaltung“ (ebd., S. 23) herstellen. „One educational problem that mobile learning tries to solve is the design of Augmented Contexts for Development; these place context as a core construct of the ZPD (described above), enabling collaborative problem solving where learners generate their own ‚context for development’.” (ebd.) 206 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Die Elemente eines „erweiterten Entwicklungskontextes“ benennt John Cook (2010b, S. 25) wie folgt: ‐ die physische Umgebung, ‐ das pädagogische Konzept, im Voraus durch einen Tutor/Lehrer bereitgestellt, ‐ Werkzeuge für einen Ansatz der Visualisierung/Erweiterung, die einen Raum für den „erweiterten Entwicklungskontext“ herstellen, ‐ ein durch die Lerner, mithilfe von kollaborativen und interpersonalen Interaktionen und mittels Werkzeugen und Zeichen, mithergestellter „temporärer Entwicklungskontext“ („temporal context for development“), der innerhalb des „erweiterten Entwicklungskontextes“ steht, ‐ wobei die vorgenannten Elemente zu intrapersonalen Repräsentationen dieser Funktionen führen. Mit dieser Ausweitung seines Context-Konzepts stellt John Cook sowohl die Handlungskompetenzen der Lerner als auch die Intentionalität von (Medien-)Handeln mit Blick auf Lernen bzw. Bedeutungszuweisung und die Rolle der mobilen und kontexterweiternden Technologien in Zusammenhang. Lernergenerierte Contexte als Prozesse der Bedeutungszuweisung Die Nähe des Context-Konzepts zur aktuellen deutschsprachigen Medienbildungsdiskussion wird in einem Zitat von Falk und Dierking (1992; 2000) besonders deutlich, das Mike Sharples (2010, S. 4) zur Konkretisierung dessen heranzieht, was das Context-Konzept für die Mobile-Learning-Forschung sein soll. Falk und Dierking (1992; 2000) beschreiben Lernen laut Mike Sharples in ihren frühen Arbeiten als Bedeutungszuweisung (meaning making), später benennen sie es dann explizit als solches. Ziel sei es, in der Welt zu überleben und zu „gedeihen“ bzw. „voranzukommen“ oder „Erfolg zu haben“ (im Original: to prosper; Sharples 2010, S. 4), so Mike Sharples. „Falk & Dierking (1992; 2000), from studies of museum learning, have proposed a relevant ‚Contextual Model of Learning’ in which learning can be conceptualized as a continuous effort by individuals to make meaning 207 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens in order to survive and prosper within the world, through a process of interaction over time between three contexts: the Personal, Sociocultural and the Physical.“ (ebd.) Dieses Konzept von Lernen ist so sehr von institutionalisiertem Lernen losgelöst und fokussiert die aktiven Aneignungs- und Orientierungsleistungen der Lerner in ihrem Alltag, dass diese Umschreibung eher einer Auffassung von Bildung entspricht. Mit dieser Interpretation des Textes von Falk und Dierking durch Mike Sharples wird die Diskussion um Contexte unmittelbar anschlussfähig an den aktuellen, in Deutschland stattfindenden Diskurs zur Medienbildung (siehe dazu bspw. Jörissen, Marotzki 2008; Marotzki, Jörissen 2008; Bachmair 2010b; Spanhel 2010; Tulodziecki 2010). Herausforderungen mit Blick auf Situiertheit und situatives Handeln Vor dem Hintergrund der Context-Diskussion löst der Begriff Bedeutungszuweisung bei einigen Autoren – wie auch bei der Sozio- kulturellen Ökologie der London Mobile Learning Group – den des Lernens ab. Bedeutungszuweisung, so Sharples, sei als „komplexes Phänomen, situiert in einer Serie von Contexten (Falk & Dierking, 2008: p20)“ (Sharples 2010, S. 4) zu verstehen. Innerhalb von Contexten aus dem Context heraus entstehende Aktivitäten sind dabei charakteristisch und auch grundlegend. Mit Hans Geser, allerdings in einem anderen Zusammenhang als dem der Learner-generated Contexts, kann dies auch als „Ad-hoc-Koordination“ (Geser 2006, S. 35) beschrieben werden. Diese „Ad-hoc-Koordination“ ist nach Hans Geser bei der alltäglichen Mobilkommunikation zu beobachten und wird von ihm als Grund für die Unberechenbarkeit des sozialen Lebens und für erschwerte Verhältnisse bei der Schaffung und Aufrechterhaltung „komplexer […] Formen sozialer Kooperation“ (ebd.) beschrieben. Im Rahmen von lernergenerierten Contexten stellt sich diese Art der „Koordination“, Aktivität oder Aneignung allerdings als dynamisches und wichtiges – gar konstituierendes – Element dar. In der Context-Diskussion scheint dabei jedoch die Grundannahme des gemeinsamen Aushandelns von Bedeutungen Abhilfe schaffen zu wollen, die als Grundlage für weiteres Handeln dienen (siehe dazu auch die Analysen der Praxisbeispiele in Kapitel 4.2 sowie die Fazits in Kapitel 5.3). Dass auch hier 208 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Schwierigkeiten auftreten können, beispielsweise wenn formelle und informelle Strukturen, Handlungsmuster und kulturelle Praktiken aufeinandertreffen, wurde weiter oben bereits mit Diana Laurillard (siehe Kapitel 2.3.2 sowie Laurillard 2007) angedeutet. Auch Herbert Schweizer (2007), ehemals Professor für Soziologie an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, weist auf mögliche Unstimmigkeiten bei der Integration informeller Handlungskompetenzen in formales Lernen hin (siehe dazu Kapitel 3.1.2). An dieser Stelle wird deutlich, an welchen Stellen Bedarf besteht oder bestehen könnte, in Lernprozesse oder Prozesse der Bedeutungskonstitution moderierend einzugreifen. Wie dies didaktisch gelöst werden kann, indem z. B. Räume geschaffen werden, indem gemeinsames Aushandeln von Bedeutungen ermöglicht wird, oder indem Lehrer als Moderatoren auftreten, ist weiter unten in Kapitel 3.3 beschrieben. Context als Reflexionsraum Neben Aspekten, die die Entfaltung der Lerner beinhalten, deren Konstruktionsleistung bei der Herstellung von Contexten fokussieren und die Bedeutungszuweisung bei der Interaktion berücksichtigen, bestehen Ansätze, die Contexte als Raum für Reflexion und für die reflexive Auseinandersetzung der Lerner mit ihrer Umgebung beschreiben. Elizabeth Brown (2010b, S. 8) macht dies am Beispiel eines Besuchs einer beliebigen Landschaft deutlich: Informationen, die in der Landschaft verfügbar sind, unterscheiden sich von den Informationen, die über die Landschaft zur Verfügung stehen. Informationen über die Landschaft, die beispielsweise über standortbezogene Dienste (location based services) und ergänzende (augmented) Informationen bezogen werden können, differenziert Elizabeth Brown in zwei Arten von Informationen aus: „objektive/wissenschaftliche“ Informationen und „Ästhetik der Landschaft“ (ebd.). „It is also essential to consider how information in the landscape (location-related but not necessarily about a specific locality) differs from information about the landscape (such as the underlying geology or the visibility maps of the immediate locale). Information about the landscape can be further sub-divided into two aspects: 1. Objective/scientific information: biological/geological information; mining or engineering data; geographical features and land use data 209 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens 2. Aesthetics of the landscape: how can we truly learn to appreciate the landscape? How do we do this and describe the landscape ‚correctly’?“ (ebd.) Beide Dimensionen von Informationen können den Lernern zur kritischen Auseinandersetzung mit ihrer Umgebung dienen. Während der „objektiven“ Ebene wissenschaftliche Untersuchungen zugrunde liegen, scheint die „ästhetische“ Dimension mit affektiven Charakteristika konnotiert zu sein. Dennoch ist auch bei der „Ästhetik“-Ebene Ziel eine Objektivierung, wie der Hinweis auf die „korrekte“ Beschreibung der Landschaft vermuten lässt. Obwohl Elizabeth Brown keine konkreteren Ausführungen zu diesem Beispiel macht, lassen ihre Ausführungen die Vermutung zu, dass es sich um einen Ansatz handelt, der zum einen objektiv verfügbare Informationen (Weltwissen), zum anderen eher qualitative und subjektive Sichtweisen auf die Welt bedenkt. Letztere sollen in objektive und bewertbare – das Wort „correctly“ impliziert dies – Kategorien überführt werden. Hier findet sich also ein Verständnis von „contextualisiertem“ Lernen, das Contexte als Reflexionsräume auffasst und Lerner einlädt, in ein reflexives und diskursives Verhältnis zu ihrer Umgebung einzutreten. In den Reflexionsräumen findet Bedeutungszuweisung vor dem Hintergrund objektiver Informationen und subjektiver Bedeutungen und Einordnungsmöglichkeiten statt. Vor allem Letztere gilt es, objektiv zu rahmen und bewertbar zu machen. 3.2.2 Operationalisierung von Contexten zum schulischen Lernen vor dem Hintergrund einer „Lernerzentrierten Ökologie der Ressourcen“ (Luckin et al. 2005) Die Problematik, die sich bei der Context-Diskussion ergibt, erstreckt sich auf die Replizierbarkeit und Übertragbarkeit von Contexten, was vor allem in Zusammenhang mit schulischem Lernen und den kulturellen Praktiken von Schule und Lernen relevant ist. Zum einen stellen Contexte zeitlich enge, teils punktuelle, (Zeit-)Räume dar, die gleichzeitig in der Aneinanderreihung als linearer Ablauf greifbar sind. Zweitens nähren sie sich auch aus sich selbst und sind also rekursiv und hypertextuell aufgebaut, wobei die einzelnen Elemente miteinander in Verbindung stehen. Drittens ist die Subjektivität der an der Erstellung von Contexten beteiligten Personen wichtig, die vor dem Hintergrund ihres jeweiligen 210 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Lebenslaufs Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken und Wissen aufgebaut haben, das nur sie so haben. Da also die verfügbaren Ressourcen eines situativ hergestellten Contextes wahrscheinlich kein zweites Mal exakt so verfügbar sein können, scheint eine Evaluierung und Systematisierung und damit eine Operationalisierung, Replizierbarkeit und Übertragbarkeit auf geplantes schulisches Lernen schwierig zu sein. In Anbetracht der unterschiedlichen Komponenten und Ressourcen, die bei Bildungskontexten mit zu bedenken sind, dient der Begriff der „Ökologie“ zur Verdeutlichung, dass eine Balance zwischen den Ressourcen hergestellt werden muss, damit ein harmonisches Zusammenspiel (ebd., S. 19) zwischen Lehrern und Lernern (Luckin 2008, S. 461) im Lernprozess möglich ist, der neben der Anerkennung der Handlungskompetenzen und dem Wissen der Lerner auch deren Beteiligung an den grundlegenden Strukturen des Lehrens und Lernens anstrebt. Modell zur Replizierbarkeit und Übertragbarkeit von Contexten Einen Ansatz, um Contexte in formellen Lernumgebungen replizierbar zu machen, bietet das Modell der „Ecology of Resources“ von Rosemary Luckin et al. (2005; siehe dazu auch Seipold 12.06.2008). Um sich der Frage anzunähern, wie Modelle der Learner-generated Contexts als Organisationsprinzipien für Lerndesigns genutzt werden können (Luckin et al. 2010), stellen Rosemary Luckin et al. (2005) in einem Text aus dem Jahr 2005 neben die dynamische Dimension von Contexten eine statische, was den analytischen Zugriff auf die kulturellen Ressourcen Lerninhalt, Lernprozesse und Lernorte ermöglichen soll (ebd., S. 5). „We define a learning context as an Ecology of Resources: a set of inter- related resource elements, the interactions between which provide a particular context. In keeping with our previous discussions, both here and in Luckin (2005), this definition has both a static dimension, through which the resources can be identified and categorized, and a dynamic dimension that describes the organizing activities that activate the resources and form an Ecology that is centred on the learner. The categories in the static dimension are: what is to be learnt (Content), how it is to be learnt (Process) and where it is to be learnt (Place)“ (ebd.). 211 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Innerhalb der statischen Dimension sind die Inhalte bezogen auf „Wissen“ und „Curriculum“, die Prozesse (Wege, wie gelernt werden kann) beziehen sich auf Interaktionen mit „Werkzeugen“ und „Personen“ und die Orte, an denen Lernen stattfinden kann, sind mit „physischen Umgebungen“ und mit „Organisation/Administration der Umgebungen“ benannt (ebd., S. 6 f.). Die dynamische Dimension umfasst die „organisierenden Aktivitäten“, also Aktivitäten, die den Lernern Zugang zu Ressourcen ermöglichen und Lehrern und Lernern eine gemeinsame bzw. wechselseitige Konstruktion der Lernaktivitäten ermöglichen sollen (ebd., S. 7 f.). Dies kann durch beispielsweise Kommunikation und Aushandeln (ebd., S. 13) und das Verbinden von Ressourcen (z. B. das Anbinden von Lernern an andere Menschen, an Wissen, an Wissen und Umgebungen und an Umgebungen und deren Organisation; ebd., S. 12 f.) geschehen. Lernerzentrierung und Art der Ressourcen Der Versuch, eine Verbindungslinie zwischen Ökologiemodellen des Lernens und lernergenerierten Contexten herzustellen, ist nicht erst in den Arbeiten der London Mobile Learning Group auszumachen. Der Unterschied in den Überlegungen von Mitgliedern der LMLG zu denen von Rosemary Luckin et al. ist wohl in erster Linie der übergeordnete Bezugsrahmen. Die Arbeiten der London Mobile Learning Group beziehen sich sowohl auf Lernen als auch auf Aneignung vor dem Hintergrund des Mobile Complex. Bei Rosemary Luckin et al. ist es die Systematisierung der Analyse und Herstellung von Contexten für Lernen in formellen und informellen Lernumgebungen („educational contexts“; ebd., S. 19). Argumentativ ist diese Systematisierung an die „Lernerzentrierte Ökologie der Ressourcen“ (Learner Centric Ecology of Resources; Luckin et al. 2005 sowie Luckin 2008) angebunden, mit der die Absicht verfolgt wird, „Lernen zu stützen“ („to scaffold learning“; ebd., S. 449). “[…] a learner centric Ecology of Resources model consisting of a set of inter-related resource elements, including people and objects, the interactions between which provide a particular context.” (Luckin et al. 2010) 212 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Diese Ressourcen sind alle verfügbaren „Elemente“. Sie stehen in Verbindung zueinander, und in der Interaktion der Objekte miteinander entstehen Contexte (ebd.). Die Ressourcen können entsprechend den Bedürfnissen von Lehrern, Lernern und anderen im Bildungsprozess relevanten Personen oder Strukturen angeordnet und strukturiert werden (ebd.). Dabei werden allerdings nicht nur Personen und Objekte als Ressourcen für den Lernprozess berücksichtigt, sondern auch Inhalte, Konzepte und Schemata, z. B. neben Lehrern und Lerner auch der Lerngegenstand und seine Bewertung, soziale und physische Umgebungen, mit denen Lerner interagieren, und die Art ihrer Organisation, Normen oder Gruppierungen und Personengruppen und Technologien (ebd.). Situationen überdauernde, an den Lerner gebundene Contexte Elemente von Contexten sind in situativ subjektive, dem Lerner zuzuordnende, und objektive, der objektiven Welt zugehörige Strukturen, eingebunden. Mit Blick auf die den Lernern zuzuordnenden wären Aktivitäten zu nennen. Contexte sind „die Kombination von Interaktionen, die ein Lerner über viele physische Orte und Zeiten hinweg erfährt“ (ebd.). Bezugsrahmen ist dabei immer in erster Linie die Subjektivität der Lerner. Denn Contexte sind „als Situationen durch soziale Interaktionen definiert, die ihrerseits historisch situiert und kulturell spezifisch sind“ (ebd.). Mit Blick auf die Subjektzentrierung sind Contexte als hochgradig persönlich und personalisiert zu verstehen. Dabei findet ein konstantes Abgleichen mit der dynamischen, sich verändernden Umgebung statt. Die Handlungskompetenzen der Lerner (agency) gewinnen damit an Relevanz (ebd.). Context ist nicht, Context wird durch die Interaktion des Lerners mit der Welt kreiert (ebd.). Kulturelle Situiertheit von Contexten Einschränkend geben Rosemary Luckin et al. jedoch zu bedenken, dass Context nicht frei von Vorgaben ist, da in Ressourcen Praktiken und Entscheidungen eingeschrieben sind (ebd.). „To an extent contexts are consciously and deliberately generated, but because prior practices and decisions are embedded in the 213 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens infrastructural resources on which they must draw, actors do not have complete freedom to generate a context.“ (ebd.) Auch sozial konstruierte Strukturen wie das Curriculum gehören dazu. Solche bestehenden Vorgaben und Anforderungen gehören zum Lernumfeld. Die Handlungen der Lerner innerhalb dieser Strukturen sind teils auf sie abgestimmt, werden jedoch zumindest durch sie „gefiltert“ (ebd.). Vor diesem Hintergrund muss entsprechend bedacht werden, dass Contexte kulturell situiert sind und Bedeutungen in sich tragen, die sozial konstruiert und kulturell geprägt sind. Subversive Autonomie der Lerner, Dominanz von Strukturen und Teilhabemöglichkeiten Learner-generated Contexts basieren auf der Autonomie der Lerner, nicht auf organisatorischen Anforderungen, wie Rosemary Luckin et al. (2010) ausführen. Innerhalb formalisierter Strukturen „untergraben“ sie dominierende Strukturen, innerhalb informeller Strukturen erscheinen sie als selbstorganisiert und subjektiv zielgerichtet. Als Konsequenz lernen die Menschen, welche Möglichkeiten sie innerhalb solcher Strukturen haben, suchen möglicherweise unkonventionelle Wege, gehen kreativ und spielerisch damit um oder transformieren sie kritisch. (ebd.) Dabei wird ein Demokratisierungsprozess beim Lehren und Lernen deutlich, der die Teilhabemöglichkeit bei der Konstitution von Strukturen und den Bedeutungen, die Strukturen in bestimmten Kontexten beigemessen werden, adressiert (vgl. auch ebd.). 214 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens 3.3 Ansätze einer kulturökologisch informierten Didaktik des Mobilen Lernens Wie aus dem Überblick der Mobile-Learning-Diskussion in Kapitel 2 hervorgeht, steht die Verwendung von mobilen Technologien zum Lernen bzw. technologiegestütztes Lernen oftmals zentral im Vordergrund. Mit der Erläuterung dessen, was mit mobilen Technologien in der Unterrichtspraxis möglich ist, stellen zahlreiche Arbeiten entsprechend Möglichkeiten und praktische Handlungsanleitungen für die Unterrichtspraxis zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund können weite Teile der Mobile-Learning-Diskussion unter der Kategorie Mediendidaktik subsumiert werden. Die mobilen Technologien sind dabei oftmals als Arbeitsmittel (Tulodziecki, Herzig 2004) zentral für den Lehr- /Lernprozess. Solche Ansätze sind in der britischen Mobile-Learning- Diskussion in der Regel in einem Modell von Lehren und Lernen verankert, das im Sinne der Activity Theory von Yrjö Engeström (siehe Kapitel 2.3.2.2) mobile Technologien als „mediating artifacts“ versteht, also Geräte, durch deren Verwendung eine Veränderung in Bezug auf ein Objekt erwirkt werden soll, z. B. auf ein Lernziel oder eine Aufgabenstellung. Dennoch zeichnet sich in der Mobile-Learning-Diskussion der Trend ab, dass mit dem Mobilen Lernen eine Abwendung vom Verständnis von Lehren und Lernen einhergeht, das in der systemisch-konstruktivistischen Didaktik von Rolf Arnold (2007) als „kenntnisorientierte Wissensvermittlung“ bezeichnet wird. Diese Art der Wissensvermittlung impliziert die Frage nach einer Inhalteorientierung und der Instrumentalisierung von mobilen Technologien. Anvisiert wird die Zuwendung hin zu Wegen der „erkenntnisorientierten Wissensvermittlung“ (ebd.). Dabei liegt der Fokus auf der Prozessorientierung beim Lernen. Für Letzteres sind Transformationsmodelle wie der „Conversational Framework“ von Diana Laurillard, das Modell der „Theory of Mobile Learning“ von Mike Sharples et al. und auch das „Activity System“ von Yrjö Engeström (siehe dazu Kapitel 2.3.2.2) deutlicher Ausdruck. Im Folgenden werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie dies in Unterrichtskontexten erreicht werden kann und wie dabei die Lerner mit ihren Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken, Expertisen und ihrer Subjektivität als im Zentrum ihres Lernprozess stehend adressiert und 215 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens ernst genommen werden können. Die folgenden Ausführungen beziehen sich, da es um grundlegende strukturelle Aspekte geht, nicht mehr nur ausnahmslos auf die Verwendung von Mobiltechnologien. Denn wie im Rahmen der Darstellung der Phasen und Entwicklungslinien der Mobile- Learning-Diskussion dargestellt und wie auch mit Blick auf die Darstellung der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens deutlich wird, geht es bei der Diskussion um Mobiles Lernen nicht mehr nur um die Verwendung von Mobiltechnologien zum Lernen. Anforderungen an eine kulturökologisch informierte Didaktik Mobilen Lernens Eine explizite Didaktik des Mobilen Lernens zu formulieren, ist beispielsweise Ziel der Arbeit von Claudia de Witt, die dazu und im Rahmen der beruflichen Aus- und Weiterbildung an die Mediennutzungsmuster und Medienkompetenzen der Lerner anknüpft (siehe dazu bspw. de Witt et al. 2011). Ben Bachmair (2009a) sowie Norbert Pachler et al. (2010a) versuchen im Rahmen ihrer Mobile- Learning-Forschung, Strukturen für die Operationalisierung des Lehr- /Lernprozesses im Rahmen der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens bereitzustellen. Dabei geht es vor allem um den Bereich des Spannungsfeldes Alltag–Schule und die in den jeweiligen Bereichen angelegten Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Strukturen der Lerner. Wie den vorausgehenden Kapiteln erläutert, sind vor dem Hintergrund eines kulturökologischen Verständnisses des Mobilen Lernens Überlegungen zu berücksichtigen. ‐ Das Modell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens beschreibt dynamische, sich wechselseitig bedingende Faktoren wie Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken und Strukturen. Als optimal ist dabei ein Gleichgewicht zwischen den einzelnen Komponenten des „Ökosystems“ anzustreben. ‐ Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken sind im großen Rahmen des Mobile Complex angesiedelt und als Ressourcen zu verstehen. Über sie ist es möglich, sich einer Operationalisierung der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens mit Blick auf die Annäherung an eine Didaktik des 216 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Mobilen Lernens zu nähern ‐ Vor dem Hintergrund eines Verständnisses der Dualität von Handlung und Struktur ist es notwendig, Überlegungen anzustellen, die über ein einfaches strukturelles Aufsetzen von Technologien auf Lehr-/Lernprozesse hinausgehen und entsprechend auch Ansätze berücksichtigen, die als „Bottom-up- Ansätze“ bezeichnet werden, die also Ressourcen der am Lernprozess Beteiligten aufgreifen, die nicht nur aus schulischen Lernkontexten stammen. ‐ Lernen als Aneignung ist stark an Bedeutungszuweisung gebunden. Im Prozess der Bedeutungszuweisung spielt die Subjektivität der Lerner eine wesentliche Rolle. Vor ihrem Hintergrund findet Bedeutungszuweisung als subjektiv sinnstiftend statt. Der Umgang mit Ressourcen, und dazu gehören auch Technologien, im Prozess der Aneignung und Bedeutungszuweisung ist entsprechend subjektiv gefärbt und bedarf in formalisierten Kontexten Einordnungsmöglichkeiten und gegebenenfalls Moderation. ‐ Die Frage nach der Mobilität stellt sich in Zusammenhang mit der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens als Mobilität des Lernhabitus. Die Fähigkeit, situativ Contexte herzustellen, die jeweils kulturell situiert sind, steht in Zusammenhang damit. ‐ Neben den theoretischen Überlegungen zum Mobilen Lernen sind für eine kulturökologisch informierte Didaktik des Mobilen Lernens auch Ergebnisse der Praxisforschung mit einzubeziehen (siehe dazu Kapitel 4 und 5). Sie geben Hinweise auf Kompetenzen, Wissen, Interessen, Expertisen und ästhetische Präferenzen der Lerner, vor allem aus deren Alltag, die Lerner bei der Herstellung lernergenerierter Contexte heranziehen und die daraus hervorgehen. Vor diesem Hintergrund sollte eine Didaktik realisiert werden, die über Konzepte von Wissensvermittlung mit mobilen Technologien und deren Verwendung als Lernwerkzeuge hinaus den Alltag der Lerner berücksichtigt. Generell geht es „darum, Situationen anzubieten, in denen Schülerinnen und Schülern die Bedeutung von Sachverhalten und Ereignissen selber entwickeln. Lernen ist so gesehen eine Form des Herstellens von Bedeutung in Situationen“ (Bachmair 2009b, S. 2). 217 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Subjektive Perspektiven und objektive Anforderungen Solch ein Verständnis einer Didaktik, das losgelöst von Vermittlungsprozessen und Technologien als vermittelnden Gegenständen operiert, steht einer „systemisch-konstruktivistischen Didaktik“ (Arnold 2007) nahe, die nicht nur auf selbstgesteuertes und kooperatives Lernen (ebd., S. 45) abzielt, sondern Lernen als „selbst gesteuerte Aktivität […] in vielfältigen Kontexten und nicht in vorgegebenen Curricula und institutionalisierten Abläufen“ (ebd., S. 31) verankert. „Zirkularität“, „Wirkungsoffenheit“, „Selbsttätigkeit“, „Prozesssteuerung“, „Aneignung“ und „Vielfalt“ lösen dabei „Linearität“, „Wirkungssicherheit“, „Führen“, „Inputsteuerung“, „Vermitteln“ und „Standardisierung“ ab (ebd., S. 38). Dabei wird aus dem „Eigensinn“ – Rolf Arnold bezieht sich mit diesem Begriff auf Reinhard Voß (2005) – mit dem Vokabular der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens subjektiv sinnstiftende Bedeutungszuweisung, subjektiv gefärbte Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken der Lerner. Der „Eigensinn“ steht dem „Fremdsinn“ gegenüber. Im Prozess der Wissensvermittlung – wobei Vermittlung als Verbindung begriffen ist (Arnold 2007, S. 43) – gilt es, subjektives, durch Eigensinn geprägtes Wissen auf objektives, durch Fremdsinn geprägtes Wissen zu beziehen (ebd., S. 42 f.). Dies ist vor allem vor dem Hintergrund von gesellschaftlichen Strukturen relevant, die als fragmentiert, instabil, provisorisch und vergänglich gekennzeichnet und von Individualisierung, Erlebnisrationalität, Risiken und Unsicherheiten geprägt sind (siehe dazu auch Einleitung zu Kapitel 3). Mediendidaktik, Medienkultur und Lernkultur Aus der Perspektive einer kulturtheoretisch geprägten Medienpädagogik kann Mobiles Lernen als ein Konzept verstanden werden, um Lehren und Lernen vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher, durch mobile Technologien und deren Nutzung geprägte Phänomene und Veränderungen zu beschreiben und anzupassen. Dies macht Ben 218 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Bachmair mit einer Definition deutlich, die sich für jegliche Art von Lernen öffnet und die Lerner in das Zentrum stellt. „Mobiles Lernen ist die didaktische Antwort auf die veränderte Medien- und Lernkultur vieler Kinder und Jugendlicher” (Bachmair 2009a, S. 1). Dabei verzichtet Ben Bachmair auf die Fokussierung der Technologien, auf die Frage nach der Veränderung des Raum-Zeit-Verständnisses oder nach den Auswirkungen der Mobilkommunikation auf Individuum und Gesellschaft im Sinne einer soziologischen Sichtweise. Er argumentiert vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen wie Individualisierung, Mobilität und Vernetzung von Massenkommunikation, die er als charakteristische und dominante Strukturen unserer mitteleuropäischen Wissensgesellschaft als gegeben voraussetzt und innerhalb derer Kinder und Jugendliche aufgefordert sind, sich aneignend und gestaltend zu orientieren und zu verorten. (Bachmair 2010a) Neben diesen soziokulturellen – und darin inbegriffen technologischen – Entwicklungen ist es die „zunehmende Bedeutung informellen Lernens und abnehmende Reichweite schulischen Lernens“ (Bachmair 2009a, S. 1), auf die Mobiles Lernen eine Reaktion darstellt und auf die Lernen an jedem Ort und zu jeder Zeit – also auch außerhalb der Schule und mit Lernformen, die formalem Lernen nicht entsprechen – eine Antwort darstellen kann. (ebd.) Entsprechend arbeitet er „Strukturmerkmale des mobilen Lernens“ heraus, die auf den Handlungskompetenzen und Expertisen der Lerner auf der einen Seite, den technologisch bedingten Möglichkeiten mobiler Geräte auf der anderen basieren (ebd., S. 2): ‐ „Mit dem Handy informelles Lernen in die Schule integrieren“ ‐ „Mit dem Handy Episoden situierten Lernens schaffen“ ‐ „Mit dem Handy Lern- und Medienkontexte generieren“ ‐ „Mit dem Handy Kommunikationsbrücken schaffen“ ‐ „Mit dem Handy die Schülerinnen und Schüler als Experten ihres Alltagslebens in der Schule individuell aktiv werden lassen“ ‐ „Mit dem Handy sensible Entwicklungs- und Lernkontexte schaffen“ 219 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Diese als didaktische Handlungsanleitungen zu verstehenden Merkmale bilden die Grundlage für konkretes (Medien-)Handeln in Bildungskontexten, die nunmehr jedoch nicht mehr allein an den Lernort Schule gebunden sind. Auch verdeutlichen sie eine Entwicklung der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Disziplin des Mobilen Lernens in Richtung der systematischen Implementierung Mobilen Lernens mittels didaktischer Leitlinien und auf Grundlage eines Strukturmodells der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens (siehe dazu Kapitel 3). Gleichzeitig wird damit die Idee des Lernens auf Grundlage der Handlungskompetenzen der Lerner und weniger als strukturell aufgesetzt oder gar aufgezwungen deutlich (siehe dazu Kapitel 3.1.4). Kontinuität in konvergenten Reflexionsräumen schaffen Die Anbindung des Alltags der Lerner – also ihre Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken, die Ressourcen, die sie nutzen und herstellen, ihr Wissen, Expertisen und Interessen etc. – an Schule und seine Überführung in schulische Strukturen bedarf einer Rahmung. Dies kann in Situationen oder Contexten geschehen, in denen Schüler in ihrem Möglichkeitsrahmen ihren fragmentierten Alltag, Medien, deren Inhalte und deren Modi, Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken und Ressourcen zusammenzubringen, reflexiv in ein Verhältnis zueinander setzen und in kontinuierliche Strukturen überführen können. Solche Räume sollten Orientierungsrahmen bieten, mit und in denen Schüler subjektiv sinnstiftend lernen und interagieren können und die ihnen Reflexion, Verortung, Diskussion, Auseinandersetzung und Partizipation ermöglichen (Seipold et al. 2010, S. 229), wobei als Bezugsrahmen auch ihre Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Ressourcen dienen. In solchen diskursiven und kommunikativen Situationen oder Contexten kann Kontinuität für den Prozess der Bedeutungszuweisung geschaffen werden, gestützt durch die moderierenden und einordnenden Aktivitäten der Lehrer. Die „conversational threads“ (Pachler 2010, S. 165) können weitergeführt werden. Mit der Verwendung mobiler oder anderer digitaler Technologien in diesem Prozess im Sinne des Aufsetzens der Technologien auf 220 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens schulische Strukturen wäre eine Kontinuität bei der Verfügbarkeit von Technologien bereits vorhanden. Mit der Nutzung mobiler Technologien im Unterricht sind jedoch nicht automatisch die kulturellen Ressourcen wie Medieninhalte und -formate, Wissen, Praktiken etc. in schulische Strukturen integriert. Die kulturellen Ressourcen, mit denen die Lerner außerhalb von Schule umgehen, haben ihre Prägung im Alltag, Konsum und Freizeitkontext erhalten, mit all ihren außerschulischen Implikationen und Alltagsfunktionalitäten. Das gilt auch für die Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner, die daran anknüpfen. Zur Schaffung konvergenter Lernräume scheint also weniger die technologische Konvergenz zentral als vielmehr die Ressourcen des Alltags der Lerner wie Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken. Dabei sollten die Räume die reflexive Auseinandersetzung der Lerner mit den diversen Spannungsfeldern ermöglichen. Anknüpfungspunkte herstellen Wie Schule auf die sich verändernde Massenkommunikation reagiert, in der mobile und konvergente Technologien und vernetzte Strukturen dominieren, wird in Kapitel 4 anhand dreier Beispiele sowie in der Darstellung der Handlungspraktiken bei der Konstituierung des Wissenschaftsprozesses in Kapitel 2 dargestellt. Dabei zeigt die bisherige Mobile-Learning-Praxis, dass vor allem Projekte, die mit den mobilen Geräten der Lerner durchgeführt werden, Ansatzpunkte an den Tag bringen, die strukturelle Verbindungen im Sinne von „Kommunikationsbrücken“ (Bachmair 2010a, S. 27) zwischen Schule und Alltag zulassen, ohne dabei weder den Alltag überzudidaktisieren noch die Schule mit inhaltlichen Interessen und Handlungsmustern der Schüler zu konfrontieren, die in der Schule nur schwer aufgefangen, moderiert oder aufgelöst werden können. Gerade an der Stelle, an der kulturelle Ressourcen in andere als ihre ursprünglichen Kontexte eingebracht werden – und mit ihnen spezifische Diskurse, Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken –, entwickeln sich Dynamiken, die Potenzial für Lehren, Lernen und Medienbildung beinhalten. Am Beispiel des Projekts „Handy“ (siehe dazu Kapitel 4.2.2) wird das besonders deutlich: Die Schüler schaffen an der sensiblen Schnittstelle zwischen Schule und Alltag die Verbindung zwischen Strukturen, die als formalisierte und informelle ursprünglich getrennt voneinander stehen und jeweils 221 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens spezifische Handlungskompetenzen, Diskurse und kulturelle Praktiken in sich bergen. Im diskursiven Umgang in und mit den kulturellen Ressourcen und Strukturen der aktuellen Massenkommunikation stellen die Schüler dabei Bedeutungen her, die zum einen stark subjektiv geprägt sind, zum anderen einer breiten Masse zugänglich gemacht und dadurch objektiv verfügbar und diskutierbar werden. Lernen stellt dabei eines von vielen Handlungsmustern dar, ist jedoch gestützt durch subjektive Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken und Wissen aus dem Alltag auf der einen Seite und objektive Richtlinien und Orientierungsrahmen auf der anderen (vgl. auch Seipold et al. 2010). 3.3.1 „Vier Parameter“ (Pachler et al. 2010a, S. 297 ff.) als Modell zur Planung von Unterricht mit mobilen Technologien vor dem Hintergrund der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens Neben Reflexionsräumen als Basis für gemeinsame Bedeutungszuweisung, in denen Schüler Contexte herstellen und in denen sie auch zwischen den alltagsgeprägten Ressourcen und den schulischen Strukturen eigenständig Verbindungen schaffen können, bieten Ben Bachmair (2009a) sowie Norbert Pachler et al. (2010a) konkrete Rahmen für die Planung von Unterricht (siehe dazu auch Seipold, Pachler 28.09.2009). Das Modell der „vier Parameter“ (Pachler et al. 2010a, S. 297 ff; Bachmair et al. 2011) zur Unterrichtsplanung beispielsweise soll einen Ansatz für didaktische Möglichkeiten bieten, die sich zwischen den alltäglichen und subjektiv gefärbten Ressourcen und denen der Institution Schule verorten und die strukturellen Spannungsverhältnisse, die zwischen formellen Kontexten wie Schule und informellen wie dem Alltag entstehen, mit einbeziehen. Ziel dabei ist es, die Lerner mit ihren Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken zentral zu stärken. Ben Bachmair geht nur in zweiter Linie von der Verwendung von Handys (und anderen tragbaren digitalen Technologien) aus. Sein Ansatz verfolgt eher generell die Integration des „Alltag[s] der Kinder und Jugendlichen mit seiner typischen Medienkultur in die Lernformen der Schule“ (Bachmair 2009a, S. 1), um mit „neuen Lernformen“ Schüler an „Lernerfolge“ heranzuführen (ebd.). Dieser Ansatz entspricht dem der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens, 222 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens die sich von einer Technologiezentrierung abwendet und die Ressourcen der Lerner und deren Lernhabitus fokussiert und vor dem Hintergrund des Mobile Complex und der kulturellen Transformation (Pachler et al. 2010a, S. 224) als „mobil“ beschreibt. Die „Parameter“ berücksichtigen dabei auch konkrete soziokulturelle Umstände wie Milieus oder regionale vs. globale Traditionen etc. „The discussion on curricular, ‚didactic’ parameters to assimilate mobile devices into schoolwork refers to other situational features, for example different cultural fames [sic!] in everyday life such as milieus or regional religious traditions versus global entertainment“ (ebd., S. 248). Die vier Parameter spannen sich zwischen den Polen „statisch“ und „flexibel“ auf, fokussieren die Erstellung von Inhalten und Contexten (ebd., S. 297) und sind wie folgt konzipiert (ebd., S. 298): Parameter A benennt das didaktische Setting, Lernräume und Sozialformen beim Lernen und rangiert zwischen den Praktiken der Schule und denen des Alltags. Parameter B mit Fokus auf der Beziehung zum Lerngegenstand bedenkt die Spannweite zwischen mimetischer Reproduktion und individueller Konstruktion. Unter Parameter C sind die curricularen und individuellen gerahmten Expertisen gefasst, und Parameter D umfasst Repräsentationsmodi, die alle Abstufungen zwischen linearen und konvergenten Modi fassen (ebd., S. 297 ff. sowie Bachmair et al. 2011). „- Parameter A: Learning sets Pole: Practice of the school – Pole: Practices of mobile devices - Parameter B: Relationship to the object of learning Pole: Mimetic reproduction – Pole: Personal reconstruction - Parameter C: Institutional emphasis on expertise Pole: School curriculum – Pole: Personal expertise - Parameter D: Modes of representation Pole: Discrete (mono media, mono modal) – Pole: Convergent.” Wie diese Parameter zu Analyse von Mobile-Learning-Praxis eingesetzt werden können, beschreiben Norbert Pachler et al. in ihrem Buch „Mobile Learning“ (Pachler et al. 2010a, S. 297-311). Zur Unterrichtsplanung (ebd., S. 303–310) konkretisieren Norbert Pachler et al. die Parameter am Beispiel von u. a. dem „Conversational Framework“ von Diana Laurillard (2007; siehe dazu Kapitel 2.3.2.2), um die diskursiven Praktiken 223 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens in Parameter A zu rahmen, mit Bezug auf Marlene Scardamalia und Carl Bereiter (1999), um die Konstruktionsleistung bei der Wissensbildung theoretisch zu untermauern, auf Ingo Kollar und Frank Fischer (2008) hinsichtlich der Expertisen der Lerner und auf Bryan Patten et al. (2006), um die Repräsentationsmodi in Parameter D zu umschreiben. Die Contexte, die so hergestellt werden können bzw. deren Herstellung durch die Lerner durch die vier Parameter systematisch gerahmt werden kann, sind dabei als Entwicklungskontexte zu denken. „User-generated mobile and convergent contexts, we argue, should be recognised as responsive contexts for the extension of students’ learning, an extension of naïve – a term clearly not meant pejoratively throughout our discussion – modes of meaning-making in everyday life.“ (Pachler et al. 2010a, S. 311) 3.3.2 Auflösen von Spannungsverhältnissen, die in den Parametern zum Ausdruck kommen Wie das Modell der Vier Parameter deutlich zum Ausdruck bringt, ist die Verwendung kultureller Ressourcen wie beispielsweise des Handys aus dem Alltag der Lerner nicht einfach in den Unterricht zu integrieren. Grund dafür sind die Spannungsverhältnisse, die in unterschiedlichen Aspekten der Nutzung der Mobiltechnologien in formalisierten und informellen Kontexten angelegt sind und die sich auf die Subjektivität, Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Expertisen der Lerner beziehen (Bachmair et al. 2011). Diese Spannungsverhältnisse aufzulösen und miteinander in eine sowohl aus Sicht der Lerner als auch aus Sicht von Schule und institutionalisiertem Lernen sinnstiftende Verbindung zu stellen, verlangt zunächst von den Lehrern als Initiatoren (ebd.), diese Spannungsverhältnisse aufzudecken und in ihren Strukturen aufeinander zu beziehen. Dabei geht es um Grundlagen wie Empathie, sein Gegenüber verstehen zu wollen und sich selbst durchschaubar und für andere nachvollziehbar zu machen. Um Lerner dafür zu sensibilisieren, ist es notwendig, dass Lehrer als Moderatoren tätig werden und die Lerner in deren Lernprozess unterstützen. 224 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Differenz, Anders-Verstehen und Empathie: Grundlagen für gemeinsame Bedeutungszuweisung Medien als kulturelle Ressourcen zu verstehen, ist zum einen zur Gestaltung von Reflexionsräumen und -formen hilfreich, zum anderen für die Schaffung von gemeinsamen Ansatzpunkten für den kommunikativen und diskursiven Umgang der Lehrer und Schüler miteinander. Ben Bachmair (2009c, S. 177) macht das am Beispiel der Bedeutungen deutlich, die kulturelle Ressourcen haben. Sie werden geteilt und gemeinsam hergestellt. „Medien, allgemeiner formuliert, Kulturprodukte sind an gemeinsame Inhalte und Bedeutungen gebunden, die immer etwas Gemeinsames in einer Gesellschaft und Kultur voraussetzen, nämlich gemeinsam geteilten [sic!] Bedeutungen in Kulturpraktiken und Lebenswelten“ (ebd.). Dass gemeinsam hergestellte und geteilte Bedeutungen kulturell situiert sind, wurde in Zusammenhang mit Aneignung und Bedeutungszuweisung (siehe Kapitel 3.1) und der Integration von Alltagstechnologien in den Unterricht (siehe Kapitel 3.1.2) dargestellt. Oft ist es also notwendig, Bedeutungen, die unterschiedliche Personen den Ressourcen geben – z. B. die Lehrer auf der einen und die Schüler auf der anderen Seite – einzuordnen, zu moderieren, in objektive Bedeutungen zu überführen. Zentrales Moment bei dieser Überführung von subjektiv gefärbten Ressourcen in objektiv fassbare ist Orientierung als „eine der wesentlichen Reflexions- und Handlungsformen“ (Bachmair, Seipold 2003). Um Orientierung für schulische Kontexte verfügbar zu machen, bietet Jacques Derrida, einer der bedeutendsten französischen Philosophen der Gegenwart, in Zusammenhang mit seinem Konzept der Dekonstruktion (siehe z. B. Jacques Derrida in Engelmann 1999) hilfreiche Hinweise. Jacques Derrida geht von der grundlegenden Offenheit von Texten und Verweisstrukturen aus, was zur Konsequenz hat, dass ein Text nie vollkommen erschlossen werden kann, man sich seiner Bedeutung aber nähern kann. Solch eine hermeneutische Erschließung von Texten ist nur dann möglich, wenn man in einem 225 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens reflexiven Verhältnis zu sich und seiner Umwelt steht. Er beschreibt diesen Zugang mit „Achtung“: ‐ „[Die Achtung des; J.S.] Rechtes auf Differenz in seinem Verhältnis zu den anderen, aber auch in seinem Verhältnis zu sich“ (Derrida 1988, S. 103); ‐ „[die Achtung; J.S.] des Rechtes auf Irrtum, ja auf Verwirrung“ (ebd.); ‐ „[die Achtung] des Rechtes auf eine Geschichte, auf eine Verwandlung seiner selbst und seines Denkens“ (ebd.) und ‐ „die Achtung dessen, was in jedem Text heterogen bleibt und sich sogar […] zum Thema dieser offenen Heterogenität rechtfertigen kann, indem es uns hilft, sie zu verstehen“ (ebd.). Dekonstruktion beinhaltet also die Ideen der Differenz, des Anders- Verstehens und der Empathie. Diese Stichwörter liefern Ansatzpunkte dafür, worauf Orientierung und Reflexivität gerichtet sein können, um den Schritt von im Alltag begründeten Ressourcen hin zu in formalisierten Kontexten akzeptierten zu begleiten. Die Diskursivität, die in Derridas Konzept angelegt ist, ist eines der wesentlichen Elemente, die sich auch in aktuellen Lerntheorien wie z. B. dem kollaborativen Lernen (Scardamalia, Bereiter 1999) oder dem situierten Lernen (Lave, Wenger 1991) sowie in Diana Laurillards „Conversational Framework“ (Laurillard 2007) und der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens (Pachler et al. 2010a) widerspiegeln. Weiterhin ist es die Idee der Offenheit von Texten, die zum einen auf subjektive Bedeutungszuweisungen hinweist, die es andererseits notwendig erscheinen lässt, sich auf reflexive und diskursive Prozesse einzulassen, um Bedeutungen nachzuvollziehen, die andere den Texten zuweisen. Differenzen und Spannungsverhältnisse sind darin angelegt, und Anders-Verstehen und Empathie sind notwendig, um mit diesen Diskrepanzen konstruktiv umzugehen. Anstatt die Konstruktionsleistung, Bedeutungen zu erschließen, den jeweils anderen zu überlassen, ist es möglich, sich für andere nachvollziehbar und durchschaubar zu machen. Dazu bedarf es Mittel, die sich von subjektiven Erfahrungen abheben, vielmehr für viele objektiv verfügbar sind. Das symbolische Material der Medien, ihre Modi, Genres 226 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens und Inhalte, eignet sich entsprechend gut als Grundlage, um darüber in einen Reflexionsprozess einzutreten, der das Zusammenbringen von subjektiv sinnstiftenden Handlungsmustern und Wissensgrundlagen und objektiven Anforderungen und Strukturen ermöglicht. Differenz, Anders-Verstehen und Empathie dienen dabei als Ansatzpunkte, um subjektiv bedeutsame Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken und Wissen objektiv zu rahmen. Auch können sie Basis für die Schaffung von Situationen und Contexten als Räumen zur Reflexion sein. Moderierende Unterstützung und „stützende Strukturierung“ (scaffolded structuration) im Prozess der Bedeutungszuweisung bieten In konvergenten Reflexionsräumen – oder auch Contexten oder Situationen – können subjektiv sinnstiftende und objektive Bedeutungen gerahmt bzw. subjektive Ressourcen und Strukturen in objektive überführt werden. Solche Prozesse, Verständnis für den anderen und das Andere zu entwickeln oder sich und sein Handeln anderen nachvollziehbar und durchschaubar zu machen, implizieren und bedürfen Hilfestellungen. Dazu müssen Lehrer die Spannungsverhältnisse subjektiv—objektiv, informell—formell, fragmentiert—linear etc. auflösen, was ihnen die Rolle des Moderators nahelegt. Eine Methode, um Hilfestellung in diesem Überführungsprozess der Schüler zu geben, ist „Scaffolding“. Die Diskussion um „Scaffolding“ hat ihren Ursprung in den Arbeiten von David Wood, Jerome Bruner und Gail Ross (1976). In der Mobile-Learning-Diskussion wird darauf nicht explizit Bezug genommen, obwohl das Konzept der „Zone of proximal development“ von Lev Vygotsky, das in der Mobile-Learning-Diskussion großen Zuspruch findet, dem recht nahesteht, was Bruner und Kollegen mit „Scaffolding“ beschreiben. Wesentlicher scheint für die M-Learning-Diskussion das Prinzip zu sein, das dem Scaffolding zugrunde liegt; eine detaillierte Diskussion dieses Themas unter Rückbezug auf originäre Diskurse findet nicht explizit statt. Rosemary Luckin beschreibt Scaffolding als anleitende Unterstützung („Scaffolding is a term used to describe tutorial assistance“; Luckin 2008, 227 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens S. 450), die allerdings nicht linear anleitend, sondern kollaborativ, diskursiv und den Lerner befähigend abläuft (ebd.). Im Sinne von Heinz Moser (2008b, S. 9) ist Scaffolding eine „Form des praktischen Lernens, bei welcher Ausbildnerinnen und Ausbildner die Lernenden durch ein kognitives ‚Gerüst‘ unterstützen“. Die Hilfestellungen, die Lerner erhalten, sollen mit zunehmender Expertise der Lerner „allmählich ausgeblendet werden (‚fading‘)“ (ebd.). Die Metapher des „Gerüsts“ ist insofern treffend, als die vielen Aspekte, die bei der Bedeutungszuweisung relevant werden, und die von Norbert Pachler et al. umfassend als Mobile Complex bezeichnet sind, als kleine Bausteine („bricks“) angesehen werden können, aus denen die Schüler sich ihre Welt zusammenstellen und die sie sich im Prozess der Bedeutungszuweisung aneignen. Vor dem Hintergrund des Modells der Sozio-kulturellen Ökologie bietet sich der Begriff der „scaffolded structuration“ (Seipold, Pachler 2010; unveröffentlicht) an, um den sich gegenseitig bedingenden Zusammenhang zwischen den Strukturen auf der einen und den Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken auf der anderen Seite zu untermauern. „Scaffolded structuration“ bezieht sich entsprechend nicht nur auf die Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner auf der einen Seite und auf die moderierende und einordnende Unterstützung der Lehrer auf der anderen, sondern bedenkt auch mit, dass im Sinne des Verfügbar-Machens der „Gerüstbausteine“ im Rahmen von Reflexionsräumen die „Gerüste“ durch die Lerner selbst erarbeitet werden können. In diesem Sinne könnte bereits das einfache Bereitstellen von Räumen zur Schaffung von nutzergenerierten Inhalten (user-generated contents) und lernergenerierten Contexten (learner-generated Contexts) als „Gerüst“ dienen. Konkret könnte dies sein: ‐ „Strukturen nutzen, mit denen sich SchülerInnen als Individuen im Massenangebot positionieren und verorten können, ‐ Räume und Werkzeuge zur Verfügung stellen, in denen diskursiv und kommunikativ miteinander umgegangen und reflektiert werden kann, ‐ Eigensinn und Differenzen im Umgang mit Medien als bereichernde Praktiken aufgreifen und ‐ sozio-kulturell situiertes Lernen ermöglichen“. (Seipold et al. 2010, S. 232) 228 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens 3.3.3 Stärkung der Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken, auf die die Parameter verweisen Die konkreten Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner aus ihrem Alltag können im Verhältnis zu Schule und formalisiertem Lernen häufig als widersprüchlich bezeichnet werden. Wo Lehrer zunächst stützend, einordnend und moderierend tätig sein müssen, besteht für sie mit Blick auf die Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner die Notwendigkeit der Überführung aus Alltagskontexten in Schulkontexte. „Kommunikationsbrücken“ oder das Adressieren der Lerner als Fans und Experten, welche Regeln beherrschen und Aushandeln, die hinter ihren kulturellen Praktiken stehen sind hier Möglichkeiten, diese Überführung zu realisieren und dabei die Lerner mit ihren Interessen, Kompetenzen, ihrem Wissen und ihren kulturellen Praktiken und Handlungskompetenzen zu fördern. Alltagshandeln und Alltagswissen in Strukturen von Unterricht und Lernen überführen Was geschieht bei der Überführung der informellen Strukturen, Kompetenzen, Wissen in formalisierte Strukturen? Heinz Moser (2008b, S. 16) bietet in Zusammenhang mit Methoden der Praxisforschung mit seiner Übersicht zu den Unterschieden zwischen alltäglichem Handeln und forschungsgestütztem Handeln eine hilfreiche Idee dazu: Abbildung 28: Charakteristika des alltäglichen und des forschungsgestützten Handelns (Moser 2008b, S. 16). 229 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Auch wenn diese Liste (Abbildung 28) aus einem anderen Zusammenhang stammt und als Methode eine andere Ebene beschreibt als die Unterrichtspraxis selbst, bietet sie doch einen Anknüpfungspunkt unter der Vorgabe, dass sich alltägliches Handeln von „formalisiertem“ Handeln durch Dimensionen der Planung und Reflexion unterscheidet. Im Kontext der Überführung informeller Strukturen, Handlungskompetenzen, kultureller Praktiken und Ressourcen in formalisierte sollten also: ‐ naives, auf der Grundlage von Routinen und Konventionen basierendes Handeln einen Rahmen für Reflexion erfahren und begründet und kontextualisiert werden, ‐ praktische Erfahrungen, die sich als situativ hilfreich erwiesen haben, mit schulischen gerahmt werden, ‐ Variablen wie Unsicherheit, Zufall und Überraschungen in Konstanten wie objektive Handlungsmuster überführt werden, die Planbarkeit und Folgenabschätzung im Sinne schulischen Lernens ermöglichen und ‐ spontanes und ungeplantes Alltagshandeln hinterfragt und für schulisches Lernen systematisch verfügbar gemacht werden. Für die Unterrichtspraxis sind beispielsweise die folgenden drei Strategien denkbar, um mit diesem Spannungsverhältnis zwischen informellen Kontexten wie Hobbys und formellen wie Schule, Klassenzimmer und Lehrplan umzugehen und kulturelle Ressourcen unter subjektiven und objektiven Kriterien verfügbar zu machen, zu ordnen und einzuordnen: ‐ „Die SchülerInnen als Fans und Experten ansprechen, um ihre Interessen und Kompetenzen greifbar zu machen, die sie im alltäglichen Umgang vor allem mit Medien gewonnen haben. Den SchülerInnen dabei den Freiraum bieten, ihr Fan- und Expertenwissen mit den Textformen zum Ausdruck zu bringen, die sie selbst als angemessen empfinden. ‐ Sammeln und Tauschen als Handlungsmuster nutzen, um das Expertenwissen der SchülerInnen mit schulischen Kategorien zu ordnen, d.h. kulturelle Ressourcen nach subjektiven Präferenzen und objektiven Wertigkeiten ordnen. ‐ Zusammen mit den SchülerInnen Regeln erarbeiten, die sie als Beteiligte an diesem Aushandlungsprozess nachvollziehen und verstehen können, in die ihre subjektiven Sinnperspektiven mit 230 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens einfließen, die sie auf der einen Seite als bindend und für alle SchülerInnen gleichermaßen gültig erfahren, innerhalb derer sie dennoch Spielraum haben, um situativ Regeln neu auszuhandeln und zu definieren.“ (Seipold et al. 2010, S. 233 f.) Diese Strategien wurden im Rahmen des Projekts Schulmedientauschbörse (www.schulmedientauschbörse.de) erarbeitet und getestet. Sie sind nicht explizit auf Mobiles Lernen bezogen. Dennoch besitzen sie als Methode, um in schulischen Kontexten mit dem Spannungsfeld umzugehen, das zwischen Schule und Alltag existiert, Gültigkeit und können auf die Mobilität des Lernhabitus (siehe dazu Kapitel 2.3.3.2 sowie die Einleitung zu Kapitel 3) bezogen werden. Dabei beziehen sie sich dennoch auf die kulturellen Ressourcen, Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Strukturen der Lerner, die in „Räumen“ innerhalb der Schule eingesetzt werden können. Dabei wird den Schülern die Möglichkeit geboten, Contexte wie Alltag und Schule miteinander zu verbinden und neue Contexte herzustellen. Mit „Kommunikationsbrücken“ (Bachmair 2010a), Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Schüler in Schulkontexten Kontinuität für Lernen schaffen Nur die Technologien als Ressourcen, weil tragbar, in beiden Kontexten Alltag und Schule verfügbar zu machen und so eine technologische Kontinuität zu schaffen, reicht nicht aus. Wie das Beispiel des London Knowledge Lab (Cranmer et al. 2008; siehe Einleitung) zeigt, beinhaltet solch eine einfache Integration von Alltagstechnologien in schulische Kontexte aus Sicht der Schüler eine Problematik, die allzu leicht eben doch als Kontrolle und als Eingriff in den Freiraum der Schüler interpretiert werden kann. Das mag daraus resultieren, dass Schule diese Verfügbarkeit in ihrem Sinne instrumentalisiert, indem sie Medien und Nutzungspräferenzen der Kinder, die diese in ihrem Alltag nutzen und haben, mit ihren eigenen Absichten besetzt, beispielsweise auch während des Computerspielens zu lernen. Ein erster Schritt wäre es, Lernräume so zu gestalten, dass Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken und Ressourcen situativ umgesetzt und eingebracht werden können. Dazu eignen sich strukturelle 231 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Anknüpfungspunkte wie beispielsweise die von Norbert Pachler (2010, S. 165) und Ben Bachmair (2010a, S. 27) vorgeschlagenen „conversational threads“, die als Kommunikationsbrücken (ebd.) oder Kommunikationsanlass (Seipold et al. 2010, S. 234) Verbindungslinien zwischen Alltag und Schule schaffen. „Mit Blick auf Handy und Alltagsleben öffnet sich für die Schule didaktisch die Chance, die vielfältigen Lernprozesse von Kindern und Jugendlichen zu assimilieren. Das ist ein Konzept, das auf den Psychologen Jean Piaget in den 1950er Jahren zurück geht. Piaget betonte die Entwicklungs- und Lernchancen der Assimilation, das heißt, Neues und Unbekanntes in Vertrautes hereinzunehmen. Das ist heute in der individualisierten, mobilen und vernetzten Gesellschaft eine neue Entwicklungsaufgabe für Kinder und Jugendliche. Für die Schule bedeutet das, die Schule nicht als isolierte Lernwelt von den neuen massenmedialen Trends abzukoppeln. So bietet eine assimilative Didaktik der Schule Anschlussmöglichen an informelles Lernen des Alltags. Die Leitlinie dafür ist, mit dem Handy Kommunikationsbrücken zwischen dem Lehrplan der Schule und dem informellen Alltagslernen zu schlagen.“ (Bachmair 2009b, S. 1 f.) Ausgangspunkt für die Fortführung von „conversational threads“ sind Expertisen und Interessen der Schüler, wie Norbert Pachler (2010, S. 165) ausführt. „Conversational threads, which are determined and initiated by children or young people, are thematic options, which enable the connection of the life-worlds outside of school with curricular-based learning inside the school.” (ebd.) Auch hier wird eine Ebene angesprochen, in der es um Konversation und Interaktion geht, also um Praktiken und Konzepte. Die Technologien sind dabei Ressourcen, mit denen gemeinsames Aushandeln von Bedeutungen stattfindet, Bedeutungen kommuniziert, revidiert und bewertet werden, ihre Relevanz für Schule und Alltag ausdiskutiert werden kann, verschiedene Positionen vertreten und vermittelt werden. An dieser Stelle wird einmal mehr deutlich, dass Mobiles Lernen sich auf Praktiken und Diskurse bezieht und Technologien nicht nur, aber vor allem die greifbarsten Phänomene in der Diskussion um Mobiles Lernen sind. 232 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken fassen – Lerner als Fan und Experte ansprechen Eine der Strategien, um Alltag und Schule über die Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Strukturen der Lerner miteinander zu verbinden, ist es, sie als Fans und Experten anzusprechen. Im Rahmen des Projekts Schulmedientauschbörse (siehe dazu bspw. Seipold et al. 2010; Bachmair 2009c; Rasche 2009; Seipold 25.06.2007; Seipold August 2005; Textor 2005) der Medienpädagogik an der Universität Kassel hat ein Forscher- und Lehrerteam dies getan (siehe dazu auch Seipold et al. 2010), um so „Kommunikationsbrücken“ zu schaffen, über die Schüler ihr im Alltag erworbenes Wissen und ihre Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken in die Schule hereintragen können. Dadurch gelang es nicht nur, „naives“ (Pachler 2010, S. 165) – im Sinne von tendenziell unreflektiert angeeignetes (siehe dazu auch das Konzept der Alltagsmedienkompetenz in Kapitel 3.1.4 als argumentativen Ausgangspunkt) – Wissen, Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken, Strukturen und Ressourcen mit schulischen Anforderungen wie z. B. der Erstellung einer schriftlichen Hausaufgabe in Verbindung zu bringen. Auch wurde den Schülern im Morgenkreis und in Tauschgruppen die Möglichkeit geboten, Contexte herzustellen, in denen sie Ordnungsmechanismen etablierten und Strukturen schufen, die ihre „naiven“ Handlungskompetenzen und ihr Expertenwissen rahmten und sie einer Reflexion überführten. Zu Fans und Experten gibt es aus dem Bereich der soziologischen Forschung Untersuchungen, die sich auf die kulturellen Praktiken und Routinen dieser Gruppierungen konzentrieren und die deren Konstruktionsleistungen mit Blick auf Sozialisation oder den Aufbau von Expertenwissen hervorheben. Auch die medienpädagogische Forschung setzt sich mit solchen Phänomenen z. B. unter dem Aspekt der „Handlungsmuster“ (siehe dazu bspw. Theunert 2010) auseinander. „Diese Muster sind Strategien von Kindern und Jugendlichen, um sich mittels Medienangeboten den neuen und flexiblen Kulturraum der Medienkonvergenz anzueignen. Dabei nutzen Kinder und Jugendliche, je nach Lebensgestaltung, die vernetzte mediale Angebotsfülle als Kulturraum für Spezialisierung, Konsum, Sozialleben, Präsentation eigener Vorlieben, Partizipation oder für mediale Gestaltung.“ (Bachmair 2010a, S. 14) 233 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Dabei ist bedenkenswert, wie Ben Bachmair (ebd.) andeutet, dass zum Expertenmuster in Bezug auf Aneignung und Bedeutungszuweisung nicht notwendigerweise das Verbalisieren im Sinne von Sprechen und Schreiben gehört, sondern vielmehr die Wahl des (angenommenen) angemessenen Repräsentationsmodus an Relevanz gewinnt. Rainer Winter bezeichnet Fans als „aktive, kritisch engagierte Konsumenten, die über differenzierte und kreative Rezeptions- und Aneignungspraktiken verfügen, die sie in Prozessen der Medienbildung erworben haben“ (Winter 2010, S. 161). Die Aneignung geschieht dabei „eigensinnig und trickreich“ (ebd., S. 177). Zur Aneignung gehören auch Dimensionen der Medienproduktion. So engagieren Fans sich häufig auch in „Fanzines, schreiben Filmkritiken oder werden Fankünstler“ (ebd., S. 161), wobei „Werte, moralische und ästhetische Präferenzen ausgedrückt werden“ (ebd., S. 162). Fantum ist als „gewöhnliche, [sic!] kulturelle Praktik“ (ebd.) zu bezeichnen. „Dabei sind Fans in der Regel kompetenter, produktiver oder kreativer im Gebrauch kultureller Objekte“ (ebd.), was sich im Eigensinn im Umgang mit z. B. Medien und deren Formaten ausdrückt (ebd.) und teils zum Ziel hat, einen Expertenstatus zu erreichen (ebd., S. 174). Als „Dimension der Alltagspraxis von Fans“ (Schmidt-Lux 2010, S. 140) führt Thomas Schmidt-Lux „(1) Konsumieren und Informieren, (2) Sammeln, (3) Reisen, (4) Produzieren und (5) Protestieren“ (ebd.) als die seinen Analysen nach zentralen an. Insbesondere Sammeln ist dabei als kulturelle Praktik anzusehen, die, wie im Projekt Schulmedientauschbörse, in schulischen Kontexten Raum zum Tauschen und damit Raum für gemeinsames Aushandeln von Bedeutung ermöglicht. Dazu gehört teilweise auch das „Zur-Schau-Stellen von Gegenständen oder Informationen, die mit dem verehrten Fanobjekt in Beziehung stehen“ (ebd., S. 141) sowie das Tauschen (Fritzsche 2010, S. 239). Im Rahmen des Projekts Schulmedientauschbörse wurden Tauschgruppen ermöglicht, wobei Fanartikel und Fotos von Fanobjekten Anlass für das Verbalisieren, Verschriftlichen und Tauschen sowie Aushandeln gemeinsamer Bedeutungszuweisungen waren (siehe dazu bspw. Seipold et al. 2010). Bezogen auf Letzteres, das gemeinsame Aushandeln von Bedeutungen, kann angenommen werden, dass dies zum einen auf Grundlage der subjektiven Bedeutungen geschieht. Daneben sind aber auch Kriterien mitzubedenken, die objektiv verfügbar sind und in die subjektiven Relevanzkriterien mit einfließen, wie die 234 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Menge an verfügbaren Tauschobjekten, deren Seltenheitswert oder die Vollständigkeit einer Sammlung (Schmidt-Lux 2010, S. 142). Als mögliche Verbindungslinie zwischen Fan- und Experte-Sein dient das Wissen von Fans: „Fans verfügen über ein enormes Faktenwissen und sind immer bereit, es auch zu präsentieren, um ihre Kennerschaft und ihr Expertentum unter Beweis zu stellen.“ (Gebhardt 2010, S. 197) Im Rahmen ihrer Analysen zur „sozialen Distribution von Wissen“ (Bakardjieva 2008) unterscheidet Maria Bakardjieva in Bezug auf Alfred Schütz (1964; 1973) drei Arten von Gruppen, die in bestimmten Beziehungen zu Wissen stehen können: den Experten, den „gut informieren Bürger“ („the well-informed citizen“) und den „Mann von der Straße“ („man on the street“) (Bakardjieva 2008, S. 152). Der Experte hat im Verhältnis zu dem Mann auf der Straße „ein klares und systematisches Verständnis der Phänomene und Relationen in dem entsprechenden Bereich“ (ebd.), in dem er Experte ist. Den „Relevanzsystemen“, die in seiner Community ausgebildet wurden, vertraut er dabei als Bezugs- und Einordnungsrahmen (ebd.). Im krassen Gegensatz zum Experten steht in diesem Modell der „Mann von der Straße“. Er handelt eher auf Situationen bezogen mit den jeweils notwendigen Mitteln, agiert dabei weitaus weniger reflektiert als der Experte und ist von praktischen Interessen getrieben. (ebd.) Der „gut informierte Bürger“ steht zwischen dem Experten und dem „Mann von der Straße“. Er distanziert sich von den affektiven Aneignungsmechanismen des „Mannes von der Straße“ und besitzt auch kein Expertenwissen. Vielmehr hat er Wissen und Kompetenzen, um einschätzen zu können, wer kompetentes Expertenwissen hat, und entscheidet sich, nachdem er mehrere Expertenmeinungen eingeholt hat. In Zusammenhang mit der Schaffung von Verbindungslinien zwischen Schule und Alltag der Lerner können also die Expertisen der Schüler über ihr Fan- und Experte-Sein adressiert werden. Daneben sind es auch Strukturen wie Regeln und Praktiken sowie das Aushandeln von Regeln, die sowohl im Alltag als auch in der Schule ihren Platz haben. Diese Bereiche können angesprochen werden, indem den Schülern z. B. die Möglichkeit gegeben wird, zu tauschen. Regeln können dabei als 235 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens lernergenerierte Contexte verstanden werden, in denen die Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Ressourcen der Lerner als konstituierende Elemente sichtbar werden. Das impliziert zum einen, dass Regeln innerhalb von Strukturen durch die Strukturen mit Bedeutungen versehen sind. Zum anderen kann man vor dem Hintergrund der Dualität von Handlung und Struktur Regeln aber auch immer als aushandelbar begreifen. Zudem sind Regeln nicht nur Teil von Strukturen, sondern konstituieren sie auch mit (Giddens 1997, S. 432). Gerade im Rahmen von Tauschpraktiken von Fans und Experten wird deutlich, dass Tauschen nach bestimmten Regeln funktioniert, dass solche Regeln aber auch teils situativ und flexibel während des Tauschprozesses ausgehandelt werden (siehe dazu auch Seipold et al. 2010; Seipold 2010). Im Projekt Schulmedientauschbörse äußerte sich diese Dynamik im Erproben, Reflektieren und Diskutieren der Schüler: „Was ist wie viel wert als Tauschobjekt? Wer tauscht mit wem? Wer darf mitmachen? Was kann gegen was getauscht werden?“ (Seipold et al. 2010). Zentraler Aspekt ist bei dieser Tauschpraxis, dass „[i]m Spannungsfeld zwischen Alltagsgegenständen und Alltagshandeln, die mit Konsum und Spaß konnotiert sind, und einem Regelwerk, das die SchülerInnen in einem formalisierten Schulkontext gemeinsam ausgehandelt haben, […] sich Handlungsmuster, Wissen und Strukturen [entfalten], die für schulisches Lernen relevant sind. Das prospektive und situative Aushandeln und Vereinbaren von Regeln bietet dabei Handlungsgrundlagen, auf denen subjektive Interessen und objektive Notwendigkeiten in Einklang gebracht werden können. Die gemeinsam ausgehandelten Regeln bieten im Sinne der Medienbildung Freiheit zur Entfaltung und Sicherheit in Bezug auf Orientierung“ (ebd.). Der Hinweis der Schüler in der in der Einleitung erwähnten Studie von Cranmer et al. (2008) zu ihrem Verständnis von ICT-Gebrauch außerhalb der Schule als „Spiel“ sowie ihr Wissen um Regularien und Regeln innerhalb der Schule rückt ebenso wie die Tauschpraxis einen strukturellen Ansatzpunkt für die Verbindung zwischen reguliertem, schulischem Lernen und spielerischen Aktivitäten im Alltag in den Mittelpunkt. In beiden Kontexten, spielerischen Aktivitäten und Schule, sind, wie beim Tauschen, Regeln strukturelle Basis für kulturelle 236 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens Praktiken. Wie Martin Brynskov (2007) ausführt, können spielerische Aktivitäten („playful activities”) als ‐ unstrukturiert (ludic activity) über ‐ in Maßen strukturiert (play) bis hin zu ‐ hochgradig strukturiert (game) beschrieben werden (ebd., S. 9; siehe auch Abbildung 29). Abbildung 29: Unterschiedliche Grade von Strukturierung beim Spiel (unstrukturiert, teilstrukturiert, hochgradig strukturiert) (Brynskov 2007, S. 9). Anstatt diese drei Arten von spielerischen Aktivitäten als stabil zu fassen, bezieht Martin Brynskov sich auf „transformatives soziales Spiel“ („transformative social play”; Salen, Zimmerman 2004 und Sutton-Smith 2001, zitiert nach Brynskov 2007) als dynamischen und diskursiven Prozess, in dem Spielregeln von den Spielern situativ in sozialen Interaktionen ausgehandelt werden. „Play in general can be seen as a fluid activity where children can move back and forth between unstructured playfulness and highly structured games with strict rules“ (Brynskov 2007, S. 8). 237 Die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens 238 Um den Schülern innerhalb schulischer Strukturen die Möglichkeit zu bieten, lernergenerierte Contexte zu schaffen und darin den Brückenschlag zwischen subjektiv sinnstiftendem Wissen und Handeln mit den für sie relevanten kulturellen Ressourcen und Repräsentationsmodi auf der einen und objektiven, schulischen bzw. den subjektiven anderer Schüler zu schaffen, bieten sich Ansätze wie Fan- und Experte-Sein und Tauschen. Durch das Aushandeln von Regeln können Schüler ihr Wissen, ihre Präferenzen und ihre Handlungskompetenzen in Eigenregie erproben, reflektieren und diskutieren, gestützt auf ihre Expertise und ihre Handlungskompetenzen. Kapitel 4 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis: Beschreibung und Analyse von Praxisbeispielen 4. Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis: Beschreibung und Analyse von Praxisbeispielen Ebenso wie die Ausführungen zur Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens in Kapitel 3 stellt auch dieses Kapitel eine punktuelle Vertiefung des Wissenschaftsprozesses zum Mobilen Lernen dar. Die Beschreibung und Analyse von Unterrichtpraxis als punktuelle Vertiefung in einem eigenständigen Kapitel zu bearbeiten, liegt in drei Aspekten begründet: Zum einen spielt die Praxisforschung innerhalb der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Forschung zum Mobilen Lernen von Beginn an eine wichtige Rolle. Denn es wird Praxis auf Grundlage von Theorien und Modellen konzipiert und durchgeführt, ebenso dient die Praxis als Phänomen- und Ideengeber für weiterführende theoretische Überlegungen und die Konstruktion von Planungs- und Analysemodellen. Zum anderen steht die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens eng in Zusammenhang mit diesem Kapitel. Sie wurde mit Blick auf die Praxisbeispiele entwickelt, die die Autorin dieser Arbeit zusammengestellt, beschrieben und analysiert hat. Die Sozio-kulturelle Ökologie ist aber gleichzeitig konzeptionelles und theoretisches Modell, das durch die Autorin dieser Arbeit herangezogen wurde, um ein Modell zur Beschreibung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis zu erarbeiten. Die Ergebnisse – die Zusammenstellung der Praxisbeispiele, das Modell zur Beschreibung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis sowie die Beschreibung und Analyse von Beispielen – finden sich in diesem Kapitel wieder. Im Original, allerdings in englischer Sprache, verkürzt und in abgewandelter Form, findet sich dieses Kapitel in dem Autorenband „Mobile learning: structures, agency, practices“ (Pachler et al. 2010a) von Norbert Pachler, Ben Bachmair und John Cook als Kapitel vier „Cases of Mobile Learning“ wieder, das unter federführender Mitarbeit der Autorin dieser Arbeit entstand. Mit Blick auf die Analyse sollte die Annäherung über die Praxis des Mobilen Lernens zu Erkenntnissen führen, die sich auf Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken und Strukturen beziehen, die Lerner in ihrem alltäglichen Umgang mit Medien – als Ressourcen begriffen – ausbilden. Weiterhin ist es für die Beschreibung des Wissenschaftsprozesses wesentlich, neben den Entwicklungen, die sich auf theoretische und strukturelle Aspekte beziehen, auch die Unterrichtspraxis mit Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis einzubeziehen. Denn Praxis ist ebenso Teil des Wissenschaftsprozesses wie die Theorie. Daneben ist es nur möglich, Perspektiven aufzeigende Schlüsse aus der Analyse des Wissenschaftsprozesses zu ziehen, wenn man die praktische Implementierung von Mobile-Learning-Praxis in ein Verhältnis zu Theorieentwicklung und -anwendung setzt und die Aussagen kritisch hinterfragt, die im Bereich der Theorie mit Blick auf Mobile-Learning-Praxis oder auf die Anforderungen technologiegestützten Lernens formuliert werden. Innerhalb der punktuellen Vertiefung wird auch eine Variation der Methoden vorgenommen, wie in der Einleitung, Kapitel „Methode“, dargestellt ist. In diesem konkreten Fall bedeutet dies, dass, obwohl die gesamte Arbeit als heuristische konzipiert und realisiert ist, die Analyse der Praxisbeispiele methodisch durch die Objektive Hermeneutik (siehe bspw. Garz, Ackermann 2006 sowie Krotz 2005b) dominiert ist. Wie dies konkret umgesetzt wurde, wird in diesem Kapitel beschrieben. Ziel der hermeneutischen Herangehensweise ist es, allgemeine Ergebnisse (Baur, Lamnek 2005, S. 246), reproduzierende Muster (Bergmann 2006, S. 21) sowie kontrastierende Aspekte für weitere Diskussionen und Analysen zu erhalten. Im Folgenden ist die Methode zur Beschreibung und Analyse von Mobile- Learning-Praxis vor dem Hintergrund einer Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens in ihrer Entstehung und Systematik beschrieben (siehe dazu auch Kapitel vier „Cases of Mobile Learning“ in Pachler et al. 2010a). Wie sie sich außerhalb des theoretischen und konzeptionellen Rahmens der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens etabliert, bleibt abzuwarten. Bisher ist nicht bekannt, dass andere Wissenschaftler als die der London Mobile Learning Group das Modell aufgegriffen haben. Mit Blick auf die technologischen Entwicklungen, die sich im Laufe der vergangenen Jahre vollzogen hat, muss festgehalten werden, dass die Analyse sich eben nicht auf die technologischen Aspekte konzentriert, sondern die kulturellen Praktiken und Handlungskompetenzen der Lerner in den Vordergrund stellt. Entsprechend finden sich in dieser Arbeit keine Aussagen zu der Zukunft des Mobilen Lernens, ebenso wenig wie Voraussagen zu technologischen Entwicklungen auf dem Sektor der Mobiltechnologien. Entsprechend sind die hier präsentierten Projekte sind nicht als Best-Practice-Beispiele zu verstehen, auch sind sie nicht repräsentativ für ihren Bereich. 241 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Systematik der Implementierung von Mobile-Learning-Praxis Als die Autorin im Juli und August 2007 eine Recherche zu Mobile- Learning-Projekten im Unterricht in Großbritannien und den deutschsprachigen Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz durchführte, lieferte die Suche für die jeweiligen Länder unterschiedliche Ergebnisse. Während es den Anschein machte, dass in Großbritannien, einer Gesellschaft von „early adopters“16, die Implementierung von Technologie in den Schulunterricht als Ausgangspunkt für und im Zentrum von Unterrichtsgestaltung stand, wurden, wenn überhaupt, in Deutschland, Österreich und der Schweiz mobile Technologien in Form von Handys der Schüler und Lehrer eingesetzt, um kleinere, durch einzelne Lehrer initiierte Projekte zu realisieren. Dominierend waren allerdings Unterrichtseinheiten und Projekte, in denen das Handy als Thema aufgegriffen wurde und überhaupt nicht als Gerät präsent war. Ziel dieser Recherche war nicht, eine repräsentative Übersicht zu erlangen. Vielmehr sollten Beispiele aus der Unterrichtspraxis gefunden werden, die neben dem schulischen Lernen auch einen deutlichen Bezug zum Alltag der Lerner und dem alltäglichen Umgang mit mobilen Technologien haben (siehe dazu und zum Folgenden auch Seipold 2008; Rummler, Seipold 21.09.2007; Seipold 25.06.2007). Der Alltagsansatz wurde deshalb fokussiert, da er in einer Linie mit den Überlegungen zur Sozio-kulturellen Ökologie steht. Außerdem war es Ziel, Beispiele zu finden, die nicht, wie in der Literatur zum Mobilen Lernen in Großbritannien dominierend, auf Unterrichtsstrukturen aufgesetzt sind. Bei einer ersten Begutachtung von M-Learning-Praxis stellte sich Mobiles Lernen in Großbritannien also als Lernen mit mobilen Technologien, in vor allem Deutschland als Lernen über mobile Technologien dar (Pachler et al. 2010a, S. 149). Damit einher ging in Großbritannien die Absicht, institutionelle, finanzielle und infrastrukturelle Unterstützung, professionelles Wissen und neue Technologien in schulische Strukturen hineinzutragen. In Deutschland waren es eher Themen, die rund um das 16 Als „early adopter“ (frühzeitiger Anwender) wird bezeichnet, wer neue Technologie oder andere Produkte erwirbt, sobald sie erscheinen. Der Begriff ist auch in der Marktforschung gängig und wird u. a. in Zusammenhang mit Analysen zur Mediennutzung verwendet (siehe dazu bspw. das Heidelberger Milieu- und Trendforschungsinstitut SINUS Sociovision). 242 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Handy diskutiert wurden, weniger der Einsatz mobiler Technologien in Unterrichtskontexten. Letzteres schien in keiner Weise mit dem finanziellen und infrastrukturellen Aufwand, der in Großbritannien betrieben wurde, vergleichbar. Vielmehr waren es die privaten Geräte der Schüler und Lehrer, die zum Einsatz kamen. Im Kontext Deutschlands ist diese Art des Umgangs mit Mobiltechnologien im Unterricht vor dem Hintergrund der Diskussion um Risiken zu sehen und mit Prävention und Aufklärung verbunden. Geht es um die Verwendung von Mobiltechnologien, unterscheiden sich auch hier die Ansätze der Implementierung von Mobiltechnologien in den Unterricht. Sie sind gleichzeitig Ausdruck für das jeweilige Verständnis, wie das Verhältnis Technologie–Lerner aussehen sollte, und wurden bereits in der Einleitung mit Top-down- und Bottom-up-Ansatz beschrieben. Der Top-down-Ansatz, der lange Zeit in Großbritannien verfolgt wurde, und der Bottom-up-Ansatz (siehe dazu auch Kapitel 2.2.2), der für Deutschland, Österreich und die Schweiz charakteristisch schien, bringen grundlegend verschiedene Annahmen von Lernen und der Relevanz von Alltag für schulische Kontexte mit sich. Während der Alltag der Lerner bei ersterem Ansatz ausgeklammert bleibt, schulisches Lernen vielmehr nun mithilfe digitaler tragbarer Technologien auch jederzeit und an jedem Ort außerhalb der Schule stattfinden soll, impliziert der Bottom-up-Ansatz die Integration von im Alltag erworbenem Wissen, Kompetenzen, Präferenzen etc. im Sinne schulischen Lernens. Letzterer ist es auch, für den die Verwendung der im Alltag verfügbaren Ressourcen – also der Geräte der Schüler und Lehrer (meistens Handys) sowie der Rückgriff auf ihre Erfahrungen im Umgang mit den Geräten, deren Funktionen und Applikationen (siehe dazu Projekt „Handy“ in Kapitel 4.2.2) – charakteristisch ist. Dieser Ansatz des Alltagsbezugs unterschiedet sich von den Projekten, die entweder Strukturen von außen aufsetzen (Top-down; siehe dazu Kapitel 2.3.1.1) oder Blended- Szenarien begünstigen (siehe dazu Kapitel 2.3.2.1), da sie voll auf die im Alltag verfügbaren Ressourcen zurückgreifen. Sicherlich ist der national geprägte Unterschied bei der Systematik der Implementierung vor dem Hintergrund der Phasen und Entwicklungslinien des Mobilen Lernens (siehe dazu Kapitel 2.3) lediglich als Tendenz festzuhalten. Dennoch scheinen es Entwicklungen zu sein, die sich vor unterschiedlichen gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten abspielen, auf unterschiedlichen theoretischen Konzepten aufbauen, Technologien 243 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis auch in Unterrichtskontexten unterschiedliche Stellenwerte beimessen und nicht zuletzt auf einen unterschiedlichen Status des Forschungsfeldes und der Forschungsförderung zurückzuführen sind. Die Unterscheidung zwischen Bottom-up- und Top-down-Ansatz ist analytischer Natur, um zwischen Ansätzen des Mobilen Lernens zu unterscheiden, die einerseits die Strukturen, darin einbezogen sind auch die Technologien (Top-down-Ansatz), und andererseits die Handlungskompetenzen der Lerner (Bottom-up-Ansatz) fokussieren. Ausschlaggebend sind dabei die Planung und das didaktische Konzept, das hinter den jeweiligen Projekten steht. Wie in den Praxisbeispielen in diesem Kapitel aufgezeigt wird, gibt es auch Ansätze, die zwischen den beiden, Top-down und Bottom-up, stehen. Zum Beispiel sind das solche Projekte, die die situative Notwendigkeit des Technologieeinsatzes und die dynamischen und flexiblen Handlungskompetenzen der Lerner mitbedenken: ‐ Nutzung mit Fokus auf Strukturen: Ziel ist die Implementierung der Technologien in den Unterricht, um das Innovationspotenzial auszuloten, das solche Technologien im praktischen Einsatz mit sich bringen, und um technologiegestütztes Lernen und Lehren zu fördern. Der Umgang mit Inhalten und Material – z. B. die Produktion von Fotos, Filmen und die digitale Speicherung sowie Distribution von Material – sowie die technologievermittelte Interaktion stehen im Vordergrund (siehe z. B. Projekt „Mobile Classroom Schultest“ in Kapitel 4.2.1). ‐ Nutzung mit Fokus auf Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner mit Alltagsbezug: Dies sind Projekte, in denen Schüler Ressourcen, Interessen, Expertisen, Wissen, Präferenzen und Kompetenzen etc., die sie im Alltag erworben und ausgebaut haben, in Schule und Unterricht integrieren dürfen, auch dann, wenn sie auf Freizeit, Spaß, soziale Beziehungen und Konsum verweisen (siehe dazu bspw. Projekt „Handy“ in Kapitel 4.2.2). ‐ Nutzung mit Fokus auf Angemessenheit und Pragmatik: In solchen Settings werden Mobiltechnologien nur dann eingesetzt, wenn Lehrer oder Schüler dies als notwendig und sinnvoll erachten. Lehrer legen nicht notwendigerweise fest, wie oder 244 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis wann die Geräte verwendet werden; dies liegt im Ermessen der Lerner und mag entsprechend situativ und von Lerner zu Lerner unterschiedlich sein (siehe z. B. Projekt eBag in Kapitel 4.2.3). Gültigkeit der folgenden Beispiele aus der Unterrichtspraxis und des Analyseschemas Die Beschreibung und Analyse der folgenden drei Projekte aus der Unterrichtspraxis vermag es natürlich nicht, Projekte zum Mobilen Lernen oder die Mobile-Learning-Praxis in all ihren Facetten darzustellen und zu beleuchten. Zudem basieren die in diesem Kapitel aufgeführten Beispiele auf technologischen Entwicklungen, die vor ca. drei bis vier Jahren verfügbar waren. Mittlerweile sind mobile Technologien weitaus ausgereifter, wie Norbert Pachler et al. (2010a, S. 41) darstellen. Besonders hervorzuheben sind drei Bereiche, die den aktuellen technologischen Entwicklungsstand charakterisieren: „Mixed-reality- Lernen“, „kontextsensitives Lernen“ und „Umgebungslernen“ („ambient learning“) (ebd.). Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sind die in diesem Kapitel behandelten Projekte nicht als Best Practice oder als repräsentativ zu verstehen. Dennoch haben die hier diskutierten Beispiele aus der Unterrichtspraxis vor dem Hintergrund der theoretischen Einordnung in eine Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens noch ihre Gültigkeit und sind im Rahmen der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens (siehe Kapitel 3) sowie mit Blick auf die Phasen und Entwicklungslinien Mobilen Lernens (wie in Kapitel 2.3 aufzeigt) nach wie vor erklärungsmächtig. Für die Beschreibung und Analyse der Projekte wurden aus mehreren Gründen Kategorien erarbeitet, die im weiteren Verlauf als leitend für die systematische Erschließung „Mobilen Lernens“ herangezogen wurden. Zunächst war die Autorin nicht selbst an den Projekten beteiligt und konnte somit lediglich auf Informationen zurückgreifen, die freundlicherweise von den Projektverantwortlichen in persönlichen Gesprächen und E-Mail-Konversationen zur Verfügung gestellt wurden, sofern nicht im Internet frei verfügbar. Zur Befragung, aber auch mit dem Ziel einer vereinheitlichten Beschreibung, war es notwendig, einen Rahmen an Kategorien zusammenzustellen, der eine Systematisierung mehrerer unterschiedlicher Projekte erlaubte. Zudem stand zum Zeitpunkt 245 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis der Analyse der Projekte kein geeigneter Analyserahmen zur Verfügung, der es erlaubte, die Beispiele in ihrer Komplexität und mit Blick auf einen theoretischen Rahmen der Sozio-kulturellen Ökologie, der zum damaligen Zeitpunkt noch in der Entwicklung begriffen war, auszuwerten. Weiterhin wurden die Projekte nicht nur für die hier vorliegende Arbeit recherchiert, sondern dienten auch im Rahmen der Mitarbeit der Autorin in der London Mobile Learning Group als Praxisbeispiele für die Theorieentwicklung der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens. Die Analyse von Mobile-Learning-Praxis in Unterrichtskontexten sollte im Verlauf der Arbeit der London Mobile Learning Group als Anhaltspunkt für ein Verständnis des Lernens mit mobilen Technologien dienen und eine Grundlage für die Entwicklung von Aspekten einer Sozio-kulturellen Ökologie des Mobilen Lernens bieten, die den Anspruch erhebt, komplexe, dynamische und generative Prozesse, die sich in unterschiedlichen kulturell geprägten Kontexten und Situationen sowie in Strukturen entfalten, mitzubedenken. Das folgende Kapitel besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil wird die Methode zur Beschreibung und Analyse der Unterrichtspraxis entwickelt. Darin inbegriffen sind die Erläuterung zur Zusammenstellung der Praxisbeispiele sowie die Beschreibung der Methoden, die zur Analyse der Praxisbeispiele herangezogen wurden. Der zweite Teil dieses Kapitels ist die Anwendung des Analyserahmens. Er wird an drei Praxisbeispielen erprobt. Neben der formellen Beschreibung findet sich hier die Analyse der Praxisbeispiele. Theoretisch basiert sie auf Aspekten, die für die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens maßgeblich sind – bzw. zum Zeitpunkt der Entstehung der Analysemethode als zentral erachtet wurden. Entsprechend muss bedacht werden, dass die Komponenten, die die Sozio-kulturelle Ökologie des Mobilen Lernens beschreiben, zum Zeitpunkt der Erstellung des Analyserahmens noch nicht operationalisiert waren und es bis dato noch nicht sind. Dennoch werden agency, structures und cultural practices im Folgenden als grobe Analysekategorien genutzt. Sie dienen dabei nicht als operationalisierte und systematisierte Auswertungsrahmen, sondern sind als rahmende Modelle und Konzepte zu verstehen, die durch die Beschreibung der unterschiedlichen Facetten, die in den einzelnen Projekten zum Tragen kommen, gefüllt und konkretisiert werden sollen. 246 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 4.1 Methode zur Auswahl, Beschreibung und Analyse von Projekten sowie zur Erstellung eines Rahmens für die vergleichende Analyse Mobile-Learning-Praxis zu beschreiben, zu kategorisieren, zu analysieren und zu evaluieren, ist in den vergangenen Jahren bereits vorgenommen worden. Als Analysemodelle stehen beispielsweise die Activity Theory, der Conversational Framework oder das Modell von Mike Sharples et al. zur Verfügung (zur Planung und Analyse siehe bspw. die Beiträge in Pachler et al. 2011; zur Evaluierung von Mobile-Learning-Praxis Vavoula et al. 2009). Eine Publikation, die in den vergangenen Jahren relative Prominenz erlangt hat, ist „Mobile Learning Projects – a Critical Analysis of the State of the Art“ von Dirk Frohberg et al. (2009). In ihr stellen die Autoren dar, wie sie das Analysemodell von Mike Sharples et al. (in der Version von 2006 und 2007) auf 102 Projekte angewandt haben, um es auf seine Gültigkeit zu testen. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Mobiles Lernen an der Schnittstelle zwischen Schule und Alltag und die Frage nach dem Einsatz von mobilen Technologien für Lernen, die sich auf die theoretische Grundlage einer Sozio-kulturellen Ökologie stützt, beziehen sowohl Überlegungen zur pädagogischen schulischen Praxis als auch zum alltäglichen Umgang mit mobilen Technologien ein. Solch eine Herangehensweise erlaubt es, einen konzeptionellen Rahmen für die Analyse der schulischen und außerschulischen Handlungskompetenzen der Lerner zu schaffen, die sich im Umgang mit mobilen Technologien entfalten. Der Umgang mit mobilen Technologien ist dabei als ein interaktiver und handlungsorientierter Prozess zu verstehen, in dem eine subjektive oder auch objektive und gemeinsam geteilte Wissensbasis geschaffen wird und Bedeutungen hergestellt werden. Die Methode ist, wie auch das „Handy“-Projekt, Teil des Buches „Mobile learning: structures, agency, practices“ (Pachler et al. 2010a). Sie entstand durch die Autorin dieser Arbeit im Rahmen ihrer Mitarbeit an dem o. g. Autorenband und findet sich dort als Kapitel „Cases of Mobile Learning“ (ebd., S. 95–153) wieder.17 Um den entwickelten 17 Zu weiteren Vorträgen und Veröffentlichungen zur Methode siehe Seipold, Pachler 2011; 2010; Seipold et al. 2009; Seipold 2009a; Seipold, Pachler 28.09.2009; 27.03.2009; Seipold 27.03.2009. 247 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Analyserahmen in der praktischen Umsetzung auch außerhalb der Arbeiten der London Mobile Learning Group zu erproben, konzipierte die Autorin auf Grundlage der Kategorien zur Beschreibung und Analyse von M-Learning-Projekten „MoLeaP – Die m-learning Projektdatenbank“ (www.moleap.net; Seipold, The London Mobile Learning Group (LMLG) 2008–201118). Diese Online-Datenbank erlaubt es interessierten Nutzern, Projekte, Applikationen und andere Ressourcen in die Datenbank einzutragen oder diese Datenbank nach Projekten und anderen Mobile- Learning-Ressourcen zu durchsuchen. 4.1.1 Relevanz der Praxisbeispiele für die Entwicklung des Modells der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens Das Modell der Sozio-kulturellen Ökologie dient im Rahmen dieser Arbeit zum einen als Analyserahmen, zum anderen wurde die Sozio-kulturelle Ökologie während ihrer Entstehung mit Blick auf die Praxisbeispiele gefüllt. Als Methode ist die Praxisforschung hilfreich, um „einen distanzierten Blick auf die Praxis zu gewinnen und das Handeln zu erklären“ (Moser 2008b, S. 6). Sie soll dazu dienen, das „[im Praxis- und Wissenschaftssystem; J.S.] erarbeitete Wissen gegenseitig anschlussfähig zu machen“ (ebd.), um die Diskrepanz dieser zwei Systeme nicht weiter zu vertiefen. Im Rahmen dieser Arbeit steht dabei im Vordergrund, „wissenschaftliche Einsichten zu einem (alltags- )kulturellen Phänomen zu erlangen“ (ebd., S. 8), es „theoretisch [zu] durchdringen“ (ebd., S. 11) und „neue Erkenntnisse auf der Ebene des wissenschaftlichen Diskurses“ zu erbringen (ebd., S. 9). Theoriegenerierende Forschung, als welche die Sozio-kulturelle Ökologie des Mobilen Lernens bezeichnet werden kann, „interessiert sich […] für menschliche Kommunikations- und Handlungspraktiken und damit verbundenen, kontextuell eingebetteten gedanklichen Repräsentationen, weil die im Alltagsleben handlungsrelevant und damit auch relevant für die Konstitution der Forschungsgegenstände sind“ (Krotz 2005b, S. 102). Die Annäherung über die Praxis des Mobilen Lernens sollte also zu 18 Siehe dazu auch Seipold 2011b; Seipold, Pachler 2010; Seipold 2009a; Seipold 22.03.2011; Seipold, Pachler 05.10.2009; Seipold 27.03.2009. 248 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Erkenntnissen führen, die sich auf Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken und Strukturen beziehen, die Lerner in ihrem alltäglichen Umgang mit Medien – als Ressourcen begriffen – ausbilden. Die Handlungskompetenzen, Praktiken und Strukturen sind eng mit gesellschaftlichen und kulturellen Dynamiken verbunden und als prägend für die Prozesse der Aneignung und Bedeutungszuweisung der Menschen mit Blick auf ihr „In-der-Welt-Sein“ zu begreifen. Dabei dominieren sie über kulturelle Praktiken des schulischen Lernens und sollten, aufgrund ihrer Prägekraft mit Blick auf Medienbildung, Sozialisation, Verortung etc., auch in schulischen Kontexten mitbedacht werden (siehe dazu auch Bachmair 2010b). Um diese Dynamiken des Lernens mit mobilen Technologien verstehen zu lernen, um – in einem weiteren Sinne – „die Ordnungen des Sozialen als Wirklichkeitskonstruktion zu betrachten, die von Akteuren mittels sinngenerierender Praktiken und über symbolisch vermittelte Prozesse erzeugt und perpetuiert werden“ (Bergmann 2006, S. 25 f.), und um „diese Mechanismen und Prozesse in ihrer inneren Logik und Funktionsweise zu bestimmen“ (ebd., S. 26), ist es notwendig, die Praxisbeispiele als Grundlage des Erkenntnisgewinns heranzuziehen. Damit solle erreicht werden, das „Handeln [der beobachteten Akteure; J.S.] verstehen und erklären zu können“ (ebd., S. 23). Hierzu ist es notwendig, „die von den Akteuren verwendeten Konzepte und Unterscheidungen zu berücksichtigen“ (ebd.), ebenso wie ihre „Bezeichnungen und Begriffe (ebd.). Da Handeln immer situativ und kontextualisiert geschieht (ebd., S. 26), kann man „diese[n] Mechanismen und Prozesse[n] […] [nur] über Einzelfallanalysen näher kommen [sic!]“ (ebd.). 4.1.2 Methodische Grundlagen, Auswahl und Beschreibung von Projekten und Erstellung eines Rahmens für die vergleichende Analyse Um in der Lage zu sein, die Schnittstelle zwischen den unterschiedlichen Bereichen, die Teil der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens sind – vor allem die zwischen formellen Kontexten wie Schule und informellen wie dem Alltag der Lerner –, analytisch zu beleuchten, ist ein Methodenmix notwendig, mit dem es möglich ist, „die Dichte der 249 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Beschreibung [zu] erhöhen“ (Moser 2008b, S. 25). Damit sollen die Lernkontexte, Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken, Aneignungsmechanismen, Bedeutungszuweisungen und Strukturen erfasst und angemessen beschrieben werden, die sich in der Dynamik des Spannungsfeldes zwischen schulischem Lernen und alltäglichem Umgang mit mobilen Technologien entfalten und sich manifestieren. Konkret soll solch ein Methodenmix es ermöglichen, ‐ die Beziehung zwischen Strukturen, Handlungskompetenzen der Lerner und deren kulturellen Praktiken, die sich beim Lernen und der Mediennutzung entfalten, zu analysieren, ‐ Medien als kulturelle Ressourcen zu untersuchen, ‐ die produktive und sinnstiftende Teilhabe der Lerner an Lernen, Gesellschaft und der Produktion von kulturellen Ressourcen zu diskutieren, ‐ Lernen außerhalb schulischer Einrichtungen und Strukturen, unreflektierte und subjektiv sinnstiftende Expertise von Lernern sowie den Lernhabitus in unterschiedlichen soziokulturellen Milieus zu assimilieren. Neben diesen auf die Phänomene der Verwendung mobiler Technologien gerichteten Aspekten soll der methodische Rahmen dazu dienen, theoretische Konzepte zu entwickeln, die in der Lage sind, Phänomene der digitalen Massenkommunikation zu erfassen. Vor allem soll er herangezogen werden können, um ‐ Aspekte der Sozio-kulturellen Ökologie in Zusammenhang mit Mobilem Lernen zu identifizieren, ‐ ein Verständnis von den Dynamiken rund um das Lernen mit mobilen Technologien vor dem Hintergrund der konfligierenden Ansprüche der Komponenten von soziokulturellen Lernpraktiken zu erlangen, ‐ zu identifizieren, wie diese Praktiken durch Bildungseinrichtungen konturiert sind und welcher Art die Verbindungen zwischen Alltagspraktiken der Lerner sind, die Relevanz für Lernen in informellen Kontexten haben. Der hier vorgeschlagene Analyserahmen greift also auf unterschiedliche Methoden zurück, die in zeitgenössischer qualitativer Medienforschung mit ihren „kontextbezogenen und kontextberücksichtigenden Verfahren“ 250 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis (Krotz 2005b, S. 13) verwendet werden und die auch im Bereich der Cultural Studies anerkannt sind (siehe dazu bspw. Winter 2006; im Kontext dieser Arbeit spielen jedoch weniger Macht und Differenz, sondern vielmehr „Handlungsmächtigkeit“ (ebd., S. 423) eine Rolle). Die verwendeten Methoden scheinen angemessen zu sein, um folgende Aspekte analytisch zu hinterfragen: ‐ die Aktivitäten der Lerner im Kontext von Alltag und Schule; ‐ die Ressourcen, die Lerner verwenden und auf die sie im Sinne von handlungsorientierten (agentive) und sinnstiftenden Aktivitäten zurückgreifen; ‐ das Potenzial, das in diesen Ressourcen und Aktivitäten angelegt ist. Eine systematische Annäherung an diese Bereiche des Mobilen Lernens wird vor allem deshalb als wesentlich erachtet, da Forschung und das konzeptionelle Verständnis dazu noch relativ gering sind. Hierzu wurde ein qualitatives Analyseverfahren gewählt, da es Ziel der Analyse ist, (soziale) Phänomene „in ihrer nicht-zählbaren Eigenart, Vielschichtigkeit, Widersprüchlichkeit und Dynamik“ (Bergmann 2006, S. 17) und „in ihrer kontextuellen Einbettung und Bedeutung zu erfassen und zu analysieren“ (ebd., S. 19). Die grundlegende Herangehensweise bei der Zusammenstellung von Praxisbeispielen aus dem Bereich des Mobilen Lernens waren Exploration (ebd.) und in Ansätzen auch die Grounded Theory (Strauss, Corbin 1990), die im Verlauf der Erstellung des Analyserahmens durch weitere Methoden ergänzt wurden. Entsprechend ist das Forschungsdesign eine Triangulation in Bezug auf Methoden und (interdisziplinäre) Theorien (Treumann 2005, S. 210 f.). Bezogen auf die Theorien sind es Aktivitätstheorien (z. B. Conversational Framework; Laurillard 2007), soziologische Theorien (z. B. soziale Interaktion, Theorien zur Identitätskonstruktion, soziale Segmentierung) und Systemtheorien (Sozio-kulturelle Ökologie). Konkret war der Forschungsprozess geleitet durch die folgenden Methoden: ‐ Eine explorative Herangehensweise erschien als angemessen, da die Beispiele bei der Entwicklung einer Sozio-kulturellen Ökologie des Mobilen Lernens (Pachler et al. 2010a) eine unterstützende Funktion bei der Theoriegenerierung (Bergmann 251 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 2006, S. 19 f.; Krotz 2005b) einnehmen sollten. Die Praxisbeispiele wurden zunächst zwar nach Kategorien, die aus aktueller Literatur zum Mobilen Lernen gewonnen wurden, ausgewertet (siehe 4.1.2.1); dieses Vorgehen erwies sich für den Prozess des Erkenntnisgewinns letztlich jedoch nicht als angemessen, da es lediglich in einer Quantifizierung der Projekte resultierte. ‐ Für die Zusammenstellung und Auswahl des Projektpools wurde die Grounded Theory herangezogen; dies allerdings lediglich mit Blick auf die ersten Schritte „Datenerhebung“ und „Datenauswertung“ und die wiederholte Auswahl der Projekte nach erster Kategorisierung und Zusammenfassung. ‐ Die Methoden wurden auf der Grundlage ihrer Relevanz für den zu erstellenden Analyserahmen ausgewählt, waren letztlich jedoch lediglich für eine erste Auswahl von Projekten und erste Analysen leitend. Entsprechend ist der Analyserahmen offen für weitere Konzepte, Theorien und Methoden. ‐ Die Analyse fokussiert zunächst einzelne Projekte: Ausgewählte Projekte wurden als augenscheinlich „typische“ Beispiele für Mobiles Lernen, auch mit konvergenten Medien wie z. B. Internetplattformen, in formellen Kontexten herangezogen. Für den alltäglichen Umgang mit mobilen Technologien wurde ein Beispiel (das Beispiel „Cyrill“; es wird in dieser Arbeit nicht verwendet, für eine ausführliche Beschreibung und Analyse siehe Bachmair 2009c sowie Pachler et al. 2010a, S. 134 ff.) ausgewählt, das – im Verhältnis zum Lernen in der Schule – ein kontrastierendes und einmaliges Beispiel darstellt (Baur, Lamnek 2005, S. 245). Dies geschah mit der Absicht, Lernen in formalisierten Kontexten mit einem Verständnis von Lernen als handlungsorientierter Mediennutzung im Alltag sowie einem Verständnis von Lernen als Partizipation und Aneignung zu kontrastieren. ‐ Die Mobile-Learning-Beispiele aus der Schule wurden im weiteren Sinne diskursanalytisch untersucht (siehe dazu Foucault 1972). Referenzmodell war der Conversational Framework (siehe Laurillard 2007) als diskursives Modell, das die Beziehung zwischen und Aktivitäten von Lehrern und 252 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Lernern im Prozess der Bedeutungszuweisung beschreibt. Dieser Zugang erlaubt den Zugriff auf subjektive Perspektiven, Situationen, Rollen und Identitäten (Krotz 2005a, S. 46) sowie auf soziale Interaktionen und die kommunikative, diskursive und partizipierende Rolle der Lerner im Prozess der Bedeutungszuweisung und der Wissensgenerierung. ‐ Eines der Beispiele (Cyrill; siehe Anmerkung oben) ist aus dem Alltagsleben und hat keinerlei Schulbezug. Es wird unter dem Aspekt des handlungsorientierten Gebrauchs von (mobilen) Technologien in einem spezifischen Alltagskontext unter der Verwendung der Methode der interpretativen Ethnografie (Winter 2005, S. 553) diskutiert. Götz Bachmann und Andreas Wittel (2006) bezeichnen diese Herangehensweise als „Medienethnografie“, also „die Ethnografie über Menschen, die Medien nutzen, konsumieren, distribuieren oder produzieren“ (ebd., S. 183). Dazu gehört der Blick auf die Integration der Medien in den Alltag und ihre „Einbettung in soziokulturelle Welten“ (ebd., S. 187). Medienethnografie argumentiert also mit Bezug auf bestimmte lebensweltliche (soziale) Situationen und Kontexte. Die (teilnehmende) Beobachtung erfolgte jedoch nicht direkt. Vielmehr wurde eine Internetrecherche durchgeführt und auf Material zugegriffen, das frei zugänglich im Internet verfügbar war. Das Vorgehen könnte also als „virtuelle Ethnografie“ (ebd., S. 191) bezeichnet werden, da sich die Aktivität auf das Bewegen im Internet konzentriert und nicht auf den „körperlichen Raum“ (ebd.). Ein reflexiver Ansatz wurde insofern verfolgt, als dieses Beispiel aus dem Alltag im Spannungsverhältnis zu den Beispielen aus formalisierten Lernkontexten und „erfolgreichen” Lernens steht und als ein repräsentatives Beispiel für „Risikolerner” (siehe dazu Pachler et al. 2010a sowie Rummler 2010) anzusehen ist. ‐ Der letzte Schritt ist eine vergleichende Analyse. Die Ergebnisse der Analyse der Einzelbeispiele wurden miteinander in Zusammenhang gestellt, um sich einem Verständnis der Sozio- kulturellen Ökologie über einen hermeneutischen Prozess (Bergmann 2006, S. 23) zu nähern, d. h., sowohl allgemeine 253 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Ergebnisse (Baur, Lamnek 2005, S. 246) und reproduzierende Muster (Bergmann 2006, S. 21) als auch kontrastierende Aspekte für weitere Diskussionen und Analysen zu erhalten. Für die Einzelfallanalyse sowie die vergleichende Analyse wurde ein Set von Kriterien entwickelt, das auf dem theoretischen Rahmen der Sozio- kulturellen Ökologie basiert. Im Folgenden ist der Prozess der Generierung der Kategorien beschrieben. 4.1.2.1 Zusammenstellung der Fallbeispiele Zunächst wurde versucht, einen Überblick über Projekte zum Mobilen Lernen zu gewinnen. Die Anzahl an Mobile-Learning-Projekten, die innerhalb und außerhalb der Schule realisiert werden und Relevanz sowohl für schulisches Lernen als auch für den Freizeitbereich haben, ist jedoch enorm hoch. Zudem sind Projekte zum Mobilen Lernen nicht systematisch verfügbar, wie etwa in einer Datenbank oder vergleichbaren Formaten. Dennoch fanden sich einige Ressourcen und zentrale Literatur für die initiale Recherche: Die Kaleidoscope special interest group m- learning (Kaleidoscope m-learning SIG; jetzt: The International Association for Mobile Learning – IAMLearn; http://mlearning.noe- kaleidoscope.org/), auf deren Webseiten sich eine umfangreiche Liste mit Links zu und kurze Beschreibungen von Mobile-Learning-Projekten aus aller Welt finden (http://mlearning.noe-kaleidoscope.org/projects/), war ein hilfreicher Ausgangspunkt für die Projektrecherche. Weiterhin als nützlich für einen ersten Zugang zu der Thematik Mobile-Learning-Projekte erwiesen sich die Futurelab-Literaturübersichten und -Handbücher, die Mobiles Lernen als Schwerpunktthema behandeln (http://www.futurelab.org.uk/what-we-do/resources). Auch stellten Abstracts und Tagungsbände der wichtigsten Konferenzen im Bereich des Mobile Learning (mLearn, Handheld Learning und IADIS) eine wichtige Ressource dar. Bei der Durchsicht der Literatur wurde deutlich, dass Mobile-Learning- Projekte in Großbritannien verhältnismäßig gut dokumentiert und analysiert sind, solch eine relativ systematische Erfassung jedoch in Deutschland, Österreich und der Schweiz nicht stattfand. Deshalb wurde für ein weiteres, zielgerichtetes Sampling (siehe dazu Moser 2008b, S. 254 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 47 ff.) eine Internetrecherche mit intuitiven Suchstrings19 durchgeführt, in der Hoffnung, Projekte zu finden, die in alltagsnahen Settings angesiedelt sind und die, im Kontrast zu den damals verfügbaren Projekten aus Großbritannien, nicht durch externe Quellen finanziert und infrastrukturell unterstützt wurden. Die externe Unterstützung wurde dabei als für den damaligen Zeitpunkt charakteristisch für Projekte aus Großbritannien identifiziert. Fokussiert wurde als Gerät das Handy. Grund hierfür ist zum einen, dass laut Nutzerstudien (siehe dazu bspw. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) 2009a) das Handy im Gegensatz zu anderen tragbaren digitalen Geräten in nahezu 100 % der Haushalte verfügbar ist. Zudem war anzunehmen, dass Handys aufgrund ihrer multimedialen Funktionen universell einsetzbar und sowohl untereinander als auch mit anderen digitalen Technologien vernetzbar seien. Grundlagen für die Kategorisierung der Praxisbeispiele Als erstes Ergebnis entstand eine Liste mit 49 Projekten und mobilen Applikationen, die Relevanz für Lernen haben. Der Fokus lag dabei auf Projekten, die mit Schülern durchgeführt wurden (also nicht auf Projekten mit Studenten, Auszubildenden, Erwachsenen oder Senioren und nicht auf Projekten, die in Arbeits- und Ausbildungskontexten als Teil der Ausbildung implementiert sind; zu Letzterem siehe bspw. Pachler et al. 2011). Die Projekte, die letztlich zur weiteren Analyse ausgewählt wurden, stellen selbstverständlich nur eine geringe Auswahl an dem dar, was tatsächlich in der schulischen Mobile-Learning-Praxis realisiert wird. Eine Kategorisierung von Projekten mit dem Ziel der systematischen und in Teilen theoriegeleiteten Annäherung an die Mobile-Learning-Praxis setzt eine Basis voraus, die relevante Bezüge zu schulischem Lernen herzustellen erlaubt und die zudem einen ersten Schritt in Richtung eines konzeptionellen Rahmens für Mobiles Lernen darstellen soll. Die theoretische Einordnung von Projekten beispielsweise in den Reports von 19 Diese waren: Einsatzmöglichkeiten Handy Unterricht; Handy didaktisches Hilfsmittel Unterricht; Handy Unterricht; m-learning Schule; m-learning-Projekte; Projekt Handy im Unterricht; Projekt Handy Schule; Studie Handy Unterricht; Unterrichtsprojekt Handy; „lernen mit dem handy“. 255 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Futurelab ebenso wie Schlüsselwerke von u. a. Faux et al. (2006), Kukulska-Hulme et al. (2005), Laurillard (2002; 2007), Metcalf (2006) und Naismith et al. (2004) waren wesentliche Grundlagen für eine erste Kategorisierung. Aus ihnen ging hervor, dass die zum damaligen Zeitpunkt verfügbaren Projektbeschreibungen und -analysen sich kritisch mit den zu dieser Zeit aktuellen theoretischen Grundlagen Mobilen Lernens auseinandersetzten (siehe dazu die Übersicht zu Phasen und Entwicklungslinien in Kapitel 2). Zentrale Fragestellung dabei war, was Mobilität bedeutet – sowohl generell als auch spezifisch für Lernen. Ebenso relevant für die Praxisanalyse waren „traditionelle” Lerntheorien wie beispielsweise behavioristisches, konstruktivistisches, situiertes, kollaboratives, informelles und lebenslanges Lernen (Patten et al. 2006, S. 296). Auch wenn umfangreiche Projektanalysen und theoretische Rahmen verfügbar waren und entsprechend eine taxonomische und quantifizierende Klassifikation von Projekten möglich war, wurde deutlich, dass einzelne Projekte jeweils mehreren der anfänglichen Analysekategorien zuordenbar waren. Aufgrund dessen und auf Grundlage des theoretischen Rahmens einer Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens, die sich nicht auf einzelne Lerntheorien beschränkt, sondern neben dem Subjekt auch Contexte, Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken und Strukturen als zentrale konstituierende Elemente bei der Bedeutungszuweisung bedenkt, wurde es als notwendig erachtet, einen Analyserahmen zu schaffen, der unterschiedliche Konnotationen von Mobilität und Lerntheorien mitberücksichtigt, der jedoch auf ein Verständnis von kulturell determiniertem, situiertem und dynamischem Lernen aufbaut und Lernen im Kontext von kulturellen Ressourcen sieht und es als Bedeutungszuweisung und lernergeneriert, dynamisch, diskursiv, vereinbart und situiert begreift. Schrittweises Vorgehen bei der Kategorisierung der Praxisbeispiele In einem ersten Schritt wurden die Projekte den Kategorien „innerhalb der Schule” und „außerhalb der Schule” zugeordnet. Diese Kategorien wurden im Anschluss in Unterkategorien ausdifferenziert: 256 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis ‐ Projekte innerhalb der Schule: Handy als Thema; Handy im Gebrauch; Handy als Thema und im Gebrauch; Handy zur Administration. ‐ Projekte außerhalb der Schule: Ortsabhängigkeit (location awareness), Software/Applikationen mit interaktiven Funktionen; Sound-Applikationen ohne interaktive Funktion (Audio-Dateien); Infrastruktur. In einem zweiten Schritt wurden die Projekte entsprechend ihres Schwerpunktes folgenden Bereichen zugeordnet, die zum Teil formale Kriterien zur Beschreibung der Projekte einbeziehen, zum Teil ein Modell zur Kategorisierung von Mobile-Learning-Applikationen (Patten et al. 2006; siehe dazu auch Kapitel 2.3.1) heranziehen: ‐ Fokus auf Lehrer, Lerner, Inhalt. ‐ Schulfach (die Projekte fanden im Rahmen folgender Fächer statt: interdisziplinär, Kunst, Biologie, Business-IT, Wirtschaft, Ethik, Sachunterricht, Geografie, Journalismus, Englisch als Fremdsprache, Französisch als Fremdsprache, Deutsch als Muttersprache, Mathematik, Musik, Physik, Politik, Sozialkunde, Technologie). ‐ Funktioneller Rahmen (functional framework: administration, referential, interactive, microworld, data collection, location aware, collaborative; siehe Patten et al. 2006). ‐ Pädagogische Untermauerung (pedagogical underpinnings: little pedagogy, instructional, behaviourist, constructionist, contextual, reflective, constructivist, collaborative; siehe ebd.). Die Quantifizierung der Projekte innerhalb der einzelnen Kategorien und Subkategorien, die in einem dritten Schritt unternommen wurde, gibt einen Überblick über die Handynutzung in Lernkontexten, der nicht repräsentativ ist, der jedoch Tendenzen aufzeigt und Annahmen zulässt: ‐ Handys werden eher als Gerät verwendet, weniger als Thema im Unterricht behandelt. ‐ Unterricht mit und über Handys ist für Schüler, weniger für Lehrer konzipiert. 257 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis ‐ Der Schwerpunkt liegt auf Schulfächern, dem Unterricht und der Schule als Lernraum, weniger auf der alltäglichen Nutzung von Handys. ‐ Beim Mobilen Lernen liegt der Schwerpunkt auf der Auseinandersetzung mit einer vorgegebenen Aufgabe oder einer Problemstellung. ‐ Mobiles Lernen findet überwiegend in naturwissenschaftlichen Fächern und beim Sprachenlernen statt. ‐ Interdisziplinäre Projekte sind unterrepräsentiert. ‐ Handys werden für interaktive Zwecke und die Zulieferung von Informationen verwendet. ‐ Bei Lehren und Lernen mit dem Handy dominieren Instruktionsansätze im Verhältnis zu beispielsweise diskursiven, kollaborativen und konstruktivistischen Ansätzen. In einem vierten Schritt wurden aus diesen 49 Projekten drei ausgewählt, um im Rahmen der Publikation von Norbert Pachler et al. (2010a) Mobiles Lernen mit Bezug zu dem theoretischen Rahmen der Sozio- kulturellen Ökologie Mobilen Lernens zu diskutieren. Dazu wurden die Projekte herangezogen, deren Lehrfokus in einem aufgabenzentrierten Ausgangspunkt lag und die, sofern möglich, Bezug zu sowohl Schule und Curriculum als auch zum Alltag haben. Die Aktivitäten und kollaborativen Lern- und Aktivitätsformen der Lerner, die Verwendung der mobilen Geräte als Lerngeräte und der Ort des Projektes, innerhalb oder außerhalb der Schule, waren dabei maßgeblich für die Auswahl. Jedes der Beispiele, die für das Buch „Mobile learning: structures, agency, practices“ (ebd.) ausgewählt wurden, steht für eine spezifische Kombination aus Kontexten im Sinne von Lernorten (d. h. innerhalb der Schule, außerhalb der Schule oder in der Freizeit) und Aktivität (activity patterns; d. h. instrumenteller, diskursiver oder experimenteller Umgang mit den Geräten). Im Rahmen dieser Arbeit ist es die Kategorisierung „Bottom-up“, „Top-down“ und die Nutzung entsprechend den Anforderungen, wie einleitend zu diesem Kapitel dargestellt. 258 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Projekt Stichwörter/Abdeckung (1) Handy (2) Schweiz (3) Deutsch, Französisch, Mathematik; Sekundarstufe (4) Klassenzimmer Erstellung multimodaler Inhalte (transformativ; Wissensgenerierung); Microlearning; m-maturity/ Technikkompetenz; Archiv; Nachhaltigkeit; Peer-Teaching; Sprachen; Mathematik; Alltag; Expertenmuster; Genre (1) Learning Lab (2) Indien (3) Naturwissenschaften; Sekundarstufe (4) Exkursion; Klassenzimmer Informeller Kontext (außerhalb der Schule); Ortsabhängigkeit (location awareness)/GPS; Datensammeln; Lebenswelt (Reflexion); Visualisierung und Wissensgenerierung; Naturwissenschaften; Bilder; Medienkonvergenz; Medienkompetenz; Kombination aus digitalen und analogen Medien (1) Cyrill (2) Deutschland (3) - (4) Freizeit/Stadt, ohne Bezug zu Schule „Risikolerner”; Lebenswelt; Alltag; kulturelle Praktiken; YouTube als konvergente Medienplattform; informelles Lernen; Literalität/Kompetenz; Repräsentationsmodi und Design; kritische Reflexion; Identität Tabelle 1: Grobe Kategorisierung nach offensichtlichen Merkmalen der in Norbert Pachler et al. (2010a) verwendeten Beispiele zum Mobilen Lernen. Da die ausgewählten Projekte jeweils mehrere der in Schritt eins bis vier zugrunde gelegten Kategorien abdeckten und keine Anhaltspunkte boten, nach denen die Projekte voneinander unterscheidbar waren, wurde in einem fünften Schritt der jeweils offensichtliche und dominierende Aspekt herausgegriffen und beschrieben. Die Liste in Tabelle 1, die das Ergebnis der ersten Beschreibung der offensichtlich charakteristischen Merkmale 259 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis des jeweiligen Projektes darstellt, gibt einen ersten Überblick über die konzeptionellen Schwerpunkte beim Lehren und Lernen mit mobilen Technologien im jeweiligen Projekt. In der rechten Spalte sind diese Merkmale mit Stichwörtern beschrieben, die absteigend nach ihrer angenommenen Relevanz sortiert sind. Die linke Spalte beinhaltet (1) den Namen des Projekts, (2) das Land, in dem das Projekt durchgeführt wurde, (3) das Schulfach und die Schulstufe und (4) den Ort (z. B. Klassenzimmer, Exkursion, Freizeit). Bei der Beschreibung wurde, sofern verfügbar, auf Projektbeschreibungen zurückgegriffen. Zum Teil wurde die Beschreibung und Einordnung durch die Autorin nach Durchsicht der Projekte getroffen. 4.1.2.2 Methode und Erstellung der Struktur zur Beschreibung und Analyse der Praxisbeispiele Im Rahmen der Projektrecherche, die im Jahr 2007 durchgeführt wurde, wurde deutlich, dass eine einheitliche Systematik für die Beschreibung und Analyse von Projekten zum Mobilen Lernen nicht verfügbar ist. In einzelnen Fällen ist eine Struktur wie die folgende zur Beschreibung eingeführt (Faux et al. 2006): ‐ Rahmendaten:  Art des Geräts  Konnektivität  Gerätebesitz  Anzahl der Lerner ‐ Beschreibung:  Einleitung und Kontext  Hauptziele des Projekt  Was ist geschehen?  Wurden im Projekt die gesetzten Ziele erreicht?  Weitere Informationen. Für eine erste Annäherung an die Beschreibung und Analyse ist diese Kategorisierung hilfreich, da sie zum einen eine Übersicht über die verwendeten Ressourcen gibt, zum anderen den Rahmen für eine erläuternde Beschreibung der Projektdurchführung sowie der 260 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Einschätzung der Ergebnisse – mit Blick auf die anvisierten Erfolge – erlaubt. Eine Einordnung in Theorien und die Bezugnahme auf einen theoretischen Rahmen bleiben jedoch außen vor. Ähnlich sind auch andere Projektbeschreibungen strukturiert. Beispiele für die Praxis des Mobilen Lernens, die von einschlägigen Autoren (siehe z. B. Kukulska- Hulme et al. 2005) und Einrichtungen (Futurelab, Kaleidoscope, Becta) aus Großbritannien verfügbar gemacht wurden, beziehen sich in den meisten Fällen auf die Projektziele, die technische Ausstattung, didaktische Herangehensweisen (z. B. konstruktivistisch, offen, situiert), Lerntheorien (z. B. konstruktivistisch, konstruktionistisch, kommunikativ) und einen Bericht der Ergebnisse. Sozial-heuristische und objektiv-hermeneutische Methode Da sich solche Projektbeschreibungen, wie in der Mobile-Learning- Literatur verfügbar, für den Zugang der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens letztlich jedoch nicht als zielführend erwiesen, wurde unter Bezugnahme auf eine Forschungstradition, die sich auf die Phänomenologie, Heuristik und Hermeneutik stützt, ein Analyserahmen entwickelt, der grundlegend durch zwei Ebenen beschrieben ist: 1. offensichtliche und sofort erschließbare Aspekte, 2. latente, nicht sofort ersichtliche Aspekte. Diese objektiv-hermeneutische Herangehensweise basiert auf folgenden Überlegungen: 1. Ebene 1: Offensichtliche und sofort erschließbare Aspekte. Die Frage ist, was sofort greifbar ist und was im Zentrum des Mobile- Learning-Beispiels steht. Auf dieser Ebene sind Überlegungen, Konzepte und Denklinien angesiedelt, die Lerner als erfahrene und kulturell intelligente Teilnehmer an Schule, Massenkommunikation und anderen relevanten kulturellen Bereichen verstehen. Sich diesen Aspekten anzunähern, ist über zwei zentrale forschungsleitende Fragen möglich:  Forschungsleitende Frage 1: Was ist offensichtlich, zugänglich und lesbar auf der „Oberfläche“ des Analysematerials?  Forschungsleitende Frage 2: Was liegt (thematisch) im Zentrum des Beispiels, welche Aspekte stehen Im Mittelpunkt? 261 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 2. Ebene 2: Latente, nicht sofort ersichtliche Aspekte. Damit sind die wesentlichen Strukturen des Beispiels gemeint, die durch eine theoriegeleitete Analyse extrahiert werden müssen. Auf dieser Ebene kommt der theoretische Rahmen zum Tragen, in diesem Fall das Modell einer Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens. Ziel ist es, die aktuellen kulturellen Transformationen zu analysieren, die sich in der Gesellschaft, den Medien, in Schule und im Alltag vollziehen. Die hier angesetzten forschungsleitenden Fragen sind:  Forschungsleitende Frage 1: Was liegt unter der „Oberfläche“, ist verborgen und nicht offensichtlich erschließbar für die Beschreibung und Analyse?  Forschungsleitende Frage 2: Inwiefern unterscheidet sich das Beispiel in Bezug auf den allgemein gängigen Gebrauch mobiler Geräte? Das Vorgehen der Auswahl der Praxisbeispiele, ihre Beschreibung und ihre Analyse können als „objektive Hermeneutik“ beschrieben werden (Garz, Ackermann 2006). In der „objektiven Hermeneutik“ werden Theorie und Methode verstanden „als Elemente, die in der Vertikalen wechselseitig im Prozess der Ausarbeitung der Konzeption auseinander hervorgegangen sind“ (ebd., S. 324). Ziel ist es, „die Sinnstrukturiertheit von Welt [zu rekonstruieren]“ (ebd., S. 330) oder, wie Krotz es ausdrückt, „die sozial bedingte individuelle Konstitution von Sinn zu rekonstruieren“ (Krotz 2005b, S. 54), wobei man „aus der Sache selbst heraus methodisch angeleitet [theoretisiert]“ (Garz, Ackermann 2006, S. 341). Grundlegend dafür ist, dass „genau diejenigen Regeln, die Praxis erzeugen, […] auch zu ihrer Entschlüsselung“ (ebd., S. 330) dienen. Dabei arbeitet die objektive Hermeneutik mit einem Verständnis von Text, das neben dem geschriebenen oder gesprochenen Text auch alle anderen Arten von symbolischen Repräsentationen umfasst, also auch statische und bewegte Bilder etc. (ebd., S. 332). Zur Rekonstruktion solcher Texte werden Kontexte und Situationen mitbedacht, ebenso die subjektive Bedeutung der Texte und ihre Anbindung an objektive oder intersubjektive Kontexte (ebd., S. 334 f.). Um bei der Erschließung und Interpretation der Bedeutung eines Textes für das produzierende Subjekt sowie die potenziellen „Leser“ nicht zu spekulativ vorzugehen, ist eine möglichst dichte Beschreibung des Phänomens und seiner Beziehungsgefüge wie z. B. Kontext, situative Begebenheiten, subjektive 262 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Hintergründe etc. wichtig, also das „Kontextwissen“ (ebd., S. 337), das möglichst exakte Rückschlüsse erlaubt. Auf diese hier beschriebenen und im Folgenden angewandten Methoden wird dennoch letztlich in dem Wissen Bezug genommen, dass eine umfassende und vollständige Analyse nicht möglich ist und auch „das Wesen“ des Mobile Learning so nicht erfasst werden kann. Es ist lediglich eine Annäherung an das möglich, was in den Beispielen angelegt ist. Obwohl eine Verfeinerung des Analyserahmens und eine tiefer gehende vergleichende Analyse notwendig ist, scheint dieses Vorgehen dennoch geeignet, zentrale Bereiche der in dieser Arbeit entfalteten Auffassung von Mobilität, Kontext, Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Ansätzen von Lehren und Lernen herauszustellen und sich ihnen vor dem Hintergrund der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens anzunähern. Zudem ist das Analyseraster ein übertragbarer Rahmen für die Beschreibung und Analyse von Praxisbeispielen, der unabhängig von den hier beschriebenen Projekten verwendet werden kann (siehe dazu bspw. MoLeaP – Die m-learning Projektdatenbank; www.moleap.net). 4.1.2.3 Analyserahmen Der Analyserahmen, der auf den oben beschriebenen Erkenntnissen und Methoden basiert, besteht aus zwei Teilen: den Kategorien zur Beschreibung (I) und zur Analyse (II) von M-Learning-Praxis. Die Kategorien zur Beschreibung decken den formalen Rahmen eines Projektes ab, der als relevant erachtet wird, um Personen, die nicht in das Projekt involviert waren, mit den Rahmendaten zu versorgen, die für eine vergleichende Einordnung notwendig sind. Die Analysekategorien basieren auf den drei zentralen Kategorien der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens und sind ein Angebot für die systematische Analyse von Projekten vor dem Hintergrund der soziokulturellen und technologischen Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die hier und im Buch „Mobile learning: structures, agency, practices“ (Pachler et al. 2010a) verwendeten Praxisbeispiele. 263 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis (I) Projektbeschreibung Die Projektbeschreibung umfasst Informationen, die aus Projektberichten oder PowerPoint-Präsentationen aus dem Internet stammen. In einigen Fällen wurden die Projektkoordinatoren und Projektleiter befragt, um zusätzliche und präzisierende Informationen zu den jeweiligen Projekten zu erhalten. Dies war der Fall für die Projekte „Mobile Classroom Schultest“, „Handy“, „eBag“ und das „Learning Lab“-Projekt. Um über die unterschiedlichen Projekte hinweg einen kohärenten Rahmen zur Beschreibung zu gewährleisten, wurde das folgende Schema entwickelt und auf alle vorliegenden Projekte angewandt: 1. Kontext/Grundlagen: Hintergrundinformationen wie Anzahl der am Projekt beteiligten Personen, Schulart, Dauer, verwendete Geräte, technische Unterstützung, Lehr-/Lernziele, erwarteter Einsatz der Technologien. 2. Herangehensweise an Lehren und Lernen: Wie wurden die Geräte eingesetzt, zentrale Aktivitäten, zentrale Aufgabenstellungen, zentrale pädagogische und didaktische Fragestellungen. 3. Technologien und Voraussetzungen: Interoperabilität, Speicherung, Verwendung. 4. Projektergebnisse. 5. Welche Erfahrungen wurden gesammelt / welche Fragen kamen auf: Replizierbarkeit und Übertragbarkeit. 6. Empfehlungen und zukünftige Möglichkeiten. 7. Allgemeine Projektdaten: Name des Projekts, URL, Land, Jahr, Kontakt, Arten der mobilen Geräte, weitere Medien, Anzahl der Personen, Dauer, Ort, Art der Bildungseinrichtung, Ausbildungsphase, Fächerbezug, Lehr- /Lernfokus, Stichwörter. Mit diesem Katalog ist angestrebt, „eine möglichst dichte Beschreibung des Forschungsgegenstandes zu erhalten“ (Moser 2008b, S. 23). Allerdings muss einschränkend erwähnt sein, dass diese „dichte Beschreibung“ den Ansprüchen einer „thick description“ (Geertz 1973, zitiert nach Moser 2008b, S. 23) nicht Genüge leisten kann. Sie umfasst 264 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis zwar „Details“ und „Kontext“, blendet jedoch „Emotionen und das Netz von sozialen Beziehungen“ (Denzin 1989, zitiert nach Moser 2008b, S. 23) aus. Letzteres liegt begründet in der Tatsache, dass die angeführten Projekte von Dritten stammen, also nicht von der Autorin durchgeführt wurden, und eine teilnehmende Beobachtung der Aktivitäten der Lerner im Lernprozess nicht im Zentrum der Projekte lag. Die durch die Projektleiter oder Mitarbeiter verfügbar gemachten Informationen und Details sind entsprechend auf spezifische, meist didaktische oder technologische Aspekte ausgerichtet. (II) Projektanalyse Die Kriterien für die Analyse beziehen sich auf die zentralen Konzepte der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens. Während des Analyseprozesses wurde das Schema im Verhältnis zum Anfangsstadium erweitert und verfeinert und resultierte in den folgenden fünf Kategorien: A Handlungskompetenzen (agency), Strukturen (structure), kulturelle Praktiken (cultural practices): Neuer Lernhabitus und soziale Segmentierung; „Risikolerner”; „alte” vs. „neue” Literalität; Verständnis von Medien als kulturelle Ressourcen; Teilhabe an kulturellen Praktiken / Partizipation. B Herangehensweisen an Lehren und Lernen (Didaktik): Formelles/informelles/situiertes/kollaboratives/problemorientiertes Lernen; Bricolage; Wissensbildung (knowledge building); Bedeutungszuweisung (meaning-making). C Auffassungen von Mobilität: Mobile Geräte als Werkzeuge; mobile Geräte und ihr Bezug zu Bedeutungen (meanings); Mobilität in und zwischen Kontexten (Ort, Zeit, Konzepte, soziale Konstellationen, Aktivitäten, Curriculum, kulturelle Ressourcen, Bedeutungen). D Nutzergenerierte Inhalte und Contexte (User-generated Contents and Contexts): Transformation von Massenkommunikation; Mobilität; Lernen als Bedeutungszuweisung in Contexten; Allgegenwärtigkeit (ubiquity); Auswahl; Aneignung; Verschränkung von Contexten (context crossing). 265 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis E Replizierbarkeit und Übertragbarkeit: Replizierbarkeit und Übertragbarkeit des didaktischen Skripts, seine Verwendung in neuen Contexten; Skalierbarkeit Nicht alle der hier unter den Kategorien A bis E aufgelisteten Aspekte wurden zur Analyse herangezogen. Sie sollten vielmehr als Ideengeber und mögliche inhaltliche Konkretisierung der Kategorien dienen. In der praktischen Umsetzung, also der Analyse anhand der fünf Kategorien, wurden in einem ersten Versuch Redundanzen innerhalb der fünf Analysebereiche deutlich. Deshalb wurden die Kategorien wo notwendig in einer dem jeweiligen Beispiel angemessenen Form zusammengeführt. Die zentralen Fragestellungen für jedes einzelne Beispiel ergaben sich dabei aus den jeweiligen Schwerpunkten, wie sie in Tabelle 1 beschrieben sind. Als Anhaltspunkte für die theoretische Fundierung dienten die unter den Kategorien A bis E festgehaltenen Bereiche. Die folgende stichwortartige Liste beispielsweise entstand im Rahmen der Analyse des indischen „Learning Lab“-Projekts (Center for Knowledge Societies (CKS) 2005b; 2005a; für eine ausführliche Beschreibung und Analyse des Beispiels siehe Pachler et al. 2010a): C Auffassungen von Mobilität / D Nutzergenerierte Inhalte und Contexte: mobile Endgeräte werden entsprechend Ihrer „affordances” genutzt; Basis für Mobilität von Contexten; Mobilität findet statt in und zwischen Kontexten (Ort, Zeit, Konzepte, soziale Konstellationen, Aktivitäten, Curriculum, kulturelle Ressourcen, Bedeutungen); sie machen Lerner mobil; physische Mobilität: innerhalb der Schule, außerhalb der Schule; GPS und Anwendungen zum Sammeln von Daten (Fotografieren, Datenerfassung); bringen Mobilität in das Curriculum; Verschränkung von Schule und Alltagsleben; Mobilität steht in enger Verbindung mit Konvergenz, Geräte sind konvergente Werkzeuge; Interoperabilität, Speicherung, Benutzerfreundlichkeit; Problemlösung zwischen unterschiedlichen Contexten; konzeptionelle Mobilität: Übertragung konkreter Formen in mathematische Konstrukte; Teilen von sozialen Situationen mit Peers; mobile Endgeräte werden in Zusammenhang mit 266 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis bestimmten Bedeutungen verwendet: der Akt des Fotografierens ist Handlungskompetenz; Bedeutungszuweisung entsteht im Prozess des Transfers von z. B. Formen in Formeln. A Handlungskompetenzen (agency), Strukturen (structure), kulturelle Praktiken (cultural practice) / B Herangehensweisen an Lehren und Lernen (Didaktik): Kollaboration: neue digitale Literalität: Fotos werden verwendet, um den selektiven Blick auf die Welt zu repräsentieren; kulturelle Praktiken: die Fotos, die die Schüler gemacht haben, geben Einblick in unterschiedliche soziale Kontexte (z. B. Fotos von Familienmitgliedern); Transformation von Handlungskompetenzen und subjektiven Perspektiven in gemeinsame Bedeutungen und kollaborative Wissensbildung (collaborative knowledge building); gegenseitiges und geteiltes Verständnis der jeweiligen sozialen Kontexte und Weltsichten; situierte und aktive Bedeutungszuweisungen, Aushandeln und Übereinkommen von Bedeutungen und im Prozess der Bedeutungszuweisung; Ortsabhängigkeit (location awareness): situiertes Lernen; Aneignung; sozialer Status der Schüler / soziale Inklusion; Verständnis von Kommunikation; globale und regionale Kulturen. E Replizierbarkeit und Übertragbarkeit. In Anbetracht der oben beschriebenen Einschränkungen kann der Analyserahmen wohl am ehesten als eine Liste von richtungweisenden Elementen mit Relevanz für das Lernen mit mobilen Technologien beschrieben werden, die im Kontext einer bestimmten Auffassung einer Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens entstanden sind und unter Meta-Kategorien, weniger einem starren Analyseschema, organisiert sind. Replizierbarkeit und Übertragbarkeit der Systematik Der Analyserahmen scheint weitreichender generalisierbar zu sein, d. h., er ist nicht beschränkt auf Mobile-Learning-Projekte, die von den hier beschriebenen strukturell und inhaltlich nicht wesentlich abweichen. Für den Praxistest wurden die Kategorien in einer Online-Datenbank für Mobile-Learning-Projekte verfügbar gemacht. MoLeaP – Die m-learning 267 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Projektdatenbank (Seipold, The London Mobile Learning Group (LMLG) 2008–2011) ist unter http://www.moleap.net erreichbar und wurde durch die Autorin im Rahmen ihres Projekts „And don't forget to bring your mobile – Informing educational target groups about mobile learning opportunities“, das sie als Projekthalterin am Centre for Excellence in Work-Based Learning for Education Professionals (WLE Centre) am Institute of Education (IoE), University of London zwischen 2008 und 2010 realisiert hat, konzipiert und umgesetzt (siehe dazu auch WLE Centre, Institute of Education, University of London 2010). MoLeaP ist als Ressource und Werkzeug für Personen konzipiert, die sich professionell im Bereich der (Medien-)Pädagogik, (Medien-)Didaktik und Erziehungswissenschaft bewegen und sich für das Thema Mobiles Lernen in Theorie und Praxis interessieren, ihre Erfahrungen und Projekte mit anderen teilen oder von bereits realisierten Projekten lernen möchten. Mit der Datenbank soll die Möglichkeit eröffnet werden, systematisch auf Mobile-Learning-Praxis zuzugreifen, mit dem Ziel, ‐ Erfahrungen, die bei Konzeption und Durchführung von Mobile- Learning-Projekten gemacht wurden, ebenso wie die Praxis selbst, nachhaltig verfügbar zu machen, ‐ die systematische Erfassung der Mobile-Learning-Praxis zu unterstützen, ‐ Synergien zu ermöglichen, ‐ zur Nachhaltigkeit von Innovationen in Lehre, Lernen und Forschung beizutragen und ‐ die Replizierbarkeit von Mobile-Learning-Projekten zu ermöglichen. Die Beschreibung von Praxisbeispielen ist, wie die praktische Erprobung mit der MoLeaP-Datenbank zeigt, übertragbar. Allerdings handelt es sich dabei lediglich um formale Kriterien. Inwiefern das vorgeschlagene Analyseschema übertragbar ist, kann auf Grundlage der Erfahrungen mit MoLeaP nicht beantwortet werden, da bisher keiner der externen Nutzer eine Analyse seiner Projekte auf Grundlage des hier vorgestellten Schemas bereitgestellt hat. 268 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 4.2 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis: Drei Projekte Im Folgenden finden sich drei Projekte zur Unterrichtspraxis des Mobilen Lernens, die schwerpunktmäßig im Jahr 2007 durchgeführt wurden. Die Projekte haben den Einsatz mobiler Technologien in Unterrichtskontexten gemeinsam. Allerdings unterscheiden sie sich zum einen in ihrer jeweiligen Zielsetzung voneinander, zum anderen sind durch ihr didaktisches Design jeweils unterschiedlich weit für Lern- und Sozialformen und ortsgebundene Kontexte geöffnet (siehe dazu auch Fazit): Während das Projekt „Mobile Classroom Schultest“ sich im Klassenzimmer abspielt und die Aktivitäten der Lerner sich im Rahmen eines instrumentellen Umgangs mit der Technologie innerhalb eines Instruktionsdesigns bewegen, bedenkt das Projekt „Handy“ auch den Alltag der Lerner und Orte außerhalb des Klassenzimmers mit, und das Projekt „eBag“ ist in erster Linie konzipiert für kollaborative Mechanismen bei Lernen innerhalb und außerhalb des Klassenzimmers.20 Die Projekte, die ausgewählt wurden, orientieren sich also an den in Kapitel 2.2.2 und zu Beginn dieses Kapitel 4 beschriebenen Ansätzen „Top-down“ (Fokus auf Strukturen), „Bottom-up“ (Fokus auf Handlungskompetenzen) und Nutzung den Anforderungen entsprechend. Die Beschreibung und Analyse des Projekts „Handy“ findet sich in ähnlicher Form in Kapitel 4 des Autorenbandes „Mobile learning: structures, agency, practices“ (Pachler et al. 2010a) wieder. Die anderen beiden Projekte, „Mobile Classroom Schultest“ und „eBag“ wurden unabhängig von den Untersuchungen der LMLG ausgearbeitet. Für das o. g. Buch dienten die Praxisbeispiele zum einen dazu, die SKÖ zu entwickeln. Zum anderen sollte die SKÖ Grundlagen bereitstellen, um sich aktuellen Phänomenen der digitalen und mobilen Massenkommunikation, und dazu gehört auch Mobiles Lernen, anzunähern. Wie einleitend zu diesem Kapitel erläutert, sind die Methode zur 20 Zu weiteren Vorträgen und Veröffentlichungen zur Analyse siehe Pachler et al. 2010a; Seipold 2010; Seipold, Pachler 2010; Seipold et al. 2009; Seipold 2009a; 2008; Seipold, Pachler 05.10.2009; 28.09.2009; 27.03.2009; Seipold 27.03.2009; 19.06.2008; 12.06.2008; 10.03.2008; Rummler, Seipold 21.09.2007; Seipold 25.06.2007. 269 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Beschreibung und Analyse sowie die Ausführung im Rahmen dieser Arbeit als punktuelle Vertiefung innerhalb des Wissenschaftsprozesses des Mobile Learning zu verstehen. Sie dienen insbesondere dazu, Mobile-Learning-Praxis im Verhältnis zu bisherigen theoretischen Überlegungen einzuordnen. Zudem sollen Aspekte herausgearbeitet werden, die Innovationspotenzial bei der Handynutzung zum Lernen aufzeigen. Dies alles geschieht vor dem theoretischen und konzeptionellen Modell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens wie in Kapitel 3 dargestellt. 4.2.1 Projekt „Mobile Classroom Schultest“21 Das Projekt „Mobile Classroom Schultest“ wurde im Rahmen der Projektrecherche im Jahr 2007 ausfindig gemacht. Die Informationen, die im Internet frei zugänglich verfügbar waren, wurden für die Beschreibung herangezogen. Um Detailfragen zu klären, nahm die Autorin mit dem Projektverantwortlichen Eduard Schittelkopf Kontakt auf. Auf diesem Weg wurden auch die „I did IT“-Videos zur Verfügung gestellt. Zudem muss angemerkt werden, dass der Inhalt des Kurses, der auf einer Moodle-Lernplattform verfügbar war, zwischen dem ersten Zugriff im August 2007 und April 2008 reduziert wurde. Entsprechend sind nicht mehr alle Materialien, auf die sich die Autorin hier bezieht, verfügbar. Um jedoch eine gewisse Nachvollziehbarkeit zu garantieren, liegen große Teile als heruntergeladene Bild- und Textdateien vor. Sie finden sich, sofern sie als Material zur Beschreibung herangezogen wurden, als Bilder im folgenden Text. 21 Beschreibungen und Analysen des Projekts „Mobile Classroom Schultest“ durch die Autorin wurden im Rahmen folgender Vorträge und Publikationen veröffentlicht: Seipold 2010; Seipold, Pachler 2010; Seipold, Pachler 05.10.2009; Rummler, Seipold 21.09.2007. 270 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 4.2.1.1 Projektbeschreibung 4.2.1.1.1 Allgemeine Projektdaten Projektname Mobile Classroom Schultest URL http://moodle.mobileclassroom.at/moodle18/ Land Österreich Jahr Sommerhalbjahr 2007; Februar 2008 Kontakt Eduard Schittelkopf Arten der mobilen Geräte Nokia N71 Weitere Medien Moodle-Plattform; digitale Videokamera Anzahl der Personen 25 Schüler in 2007; ca. 24 Schüler 2008 Dauer 2007: ein Halbjahr; 2008: fünf Tage Ort Schule/Klassenzimmer Art der Bildungseinrichtung Hauptschule Ausbildungsphase 2007: 4. Jahr Hauptschule; 2008: 1. Jahr Hauptschule Fächerbezug Physik Lehr-/Lernfokus Leistungsbeurteilung; Verbalisieren; mündliches Berichten; Förderung der Schreibkompetenzen Stichwörter Physik; Leistungsbeurteilung; Audio–Video; Archivierung; Nachhaltigkeit; Literalität (Sprechen, Schreiben, Filmen, Fotografieren); Konnektivität; Konvergenz; gemeinsame Benutzung; kollaboratives Lernen Tabelle 2: Allgemeine Projektdaten des Projekts „Mobile Classroom Schultest“ 271 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 4.2.1.1.2 Kontext/Grundlagen Die hier beschriebenen Teilprojekte, die im Rahmen des „Mobile Classroom Schultest“ (FH Joanneum 2008) angesiedelt waren, wurden von Eduard Schittelkopf während des Sommerhalbjahres 2007 (Teil 1) sowie im Februar 2008 (Teil 2) realisiert. Eduard Schittelkopf ist als Praxisberater und Lehrer für Physik und Chemie in der Hauptschullehrerausbildung an der Praxishauptschule der Pädagogischen Hochschule Steiermark in Graz, Österreich (siehe http://phs.phst.at), tätig und unterrichtet dort auch als Lehrer (Strohmaier 2010). Ziel des „Mobile Classroom Schultest“ (siehe Unbekannt o. J.) ist die Evaluierung der Nutzung von Mobiltelefonen in Schul- und Unterrichtssettings. Die Mobiltelefone werden genutzt zur Erstellung von Lerninhalten, um Audio- und Videoaufnahmen von Physikexperimenten zu machen, für die Hausaufgabenerstellung und -betreuung und für die Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern (FH Joanneum 2008). Durch Eduard Schittelkopf wurden zwei Teilprojekte realisiert: Teil 1 des wurde während des Sommerhalbjahres 2007 im Fach Physik mit Schülern einer vierten Hauptschulklasse (8. Klasse, Alter der Schüler ca. 14 Jahre) durchgeführt. (Unbekannt o. J.) Dieser Teil wird von Eduard Schittelkopf als Testphase beschrieben, um die Technologie, d. h. die Konnektivität und den Datei-Upload zwischen den Mobiltelefonen (Nokia N71) und der Moodle-Lernplattform, zu evaluieren (Seipold 06.02.2008). Die elf verwendeten Mobiltelefone wurden von Nokia ausgeliehen, da die finanzielle Ausstattung eine Anschaffung der Geräte nicht erlaubte. Am Ende des Projekts mussten die Mobiltelefone zurückgegeben werden. (ebd.) Weitere technische Unterstützung wurde in Form der Java- basierten Mobil-Applikation „Mobile Learning Engine“ (MLE) und der Moodle-Integrationslösung MOMO (Mobile Moodle) zur Verfügung gestellt, die auf Java-fähigen Handys oder Smartphones installiert werden können. Die Kosten für die Hardware, den technischen Support und die entstandenen Online-Kosten wurden von dem Informationsmanagement der Fachhochschule Joanneum übernommen. (Unbekannt o. J.) Teil 2 wurde im Februar 2008 innerhalb von fünf Schultagen (dreieinhalb Stunden täglich) an einer ersten Hauptschulklasse (5. Klasse, Alter der Schüler ca. 10 Jahre) realisiert und bezog sich auf die 272 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Leistungserhebung. Die dem Projekt zugrunde liegende Annahme ist, dass die Art, wie Prüfungen konzipiert und durchgeführt werden, ein bestimmender Faktor für das Memorieren von Lerninhalten durch die Schüler ist (Schittelkopf 17.01.2008). Eine Gruppe von Lehramtsstudierenden unterstütze diese Phase durch die Betreuung der Schüler bei deren Physikexperimenten und der Verwendung der Mobiltelefone (Schittelkopf 20.02.2008). 4.2.1.1.3 Herangehensweise an Lehren und Lernen Die Mobiltelefone wurden in Teil 1 für Videoaufzeichnungen und zum Fotografieren der Physikexperimente verwendet. Die Moodle-Plattform wurde als Archiv genutzt, um die Aufzeichnungen der Schüler abzuspeichern und Filme und Fotos so für den späteren Zugriff, für Abruf und Diskussion der Ergebnisse verfügbar zu machen. In Teil 2 des Teilprojekts fanden die Geräte Einsatz bei Audio- und AV- Aufzeichnungen, um die Lernleistung der Schüler zu erfassen. Ziel war es, die Schüler dabei zu unterstützen, strukturiert zu sprechen (Berichte über ihre Physikexperimente zu verfassen), und ihre Schreibkompetenzen zu fördern (ebd.). 4.2.1.1.4 Technologien und Voraussetzungen Teilprojekt 1: Test der Mobiltechnologie und der Moodle-Plattform Auf technologischer Ebene basierte das Projekt in seiner ersten Phase auf der „Mobile Learning Engine“ für Java-fähige mobile Geräte sowie auf einer Integrationslösung für die Moodle-Lernplattform MOMO („mobile Moodle“). Die beiden Komponenten MLE und MOMO sind als Open- Source-Software auf der Plattform sourceforge.net kostenlos verfügbar (siehe http://sourceforge.net/projects/mobilemoodle und http://sourceforge.net/projects/mle/). Für die Dauer des Projektes standen den Schülern Nokia N71-Mobiltelefone zur Verfügung. Diese Geräte waren u. a. mit Kamera, Mikrofon und der MLE-Software ausgestattet. Im Zusammenspiel ermöglichte diese Lösung den Schülern, ihre Daten direkt und über eine drahtlose Netzwerkverbindung kostenlos auf die Moodle-Plattform zu laden. (Unbekannt o. J.) Abbildung 30 gibt eine Übersicht über die Funktionsweise zwischen den Mobiltelefonen und der 273 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Lernplattform und beschreibt, wie die von den Schülern gesammelten Daten von den Mobiltelefonen aus auf die Moodle-Plattform geladen und so anderen Nutzern zugänglich gemacht werden. Abbildung 30: Projektkonzeption der „Mobile Classroom Schultest“- Einheit von Eduard Schittelkopf (Schittelkopf 2007a). Eines der zahlreichen Experiment, das die Schüler im Physikunterricht durchführten, war die „leuchtende Kartoffel“. Die Schüler sollten im Rahmen der Unterrichtseinheit „Spannung und Stromstärke“ ausprobieren und lernen, wie Volt und Ampere gesetzt werden müssen, um unterschiedliche Arten und Stärken von Draht – sowie eine Kartoffel – zum Glühen zu bringen. Das Material zu jedem der Experimente war auf der Moodle-Plattform verfügbar und bestand aus einem Schaltplan, einem Video des Experiments, Arbeitsblättern, den Lösungen und Stichwörtern. Dies wurde im Vorfeld vom Lehrer zur Verfügung gestellt (siehe Abbildung 31). 274 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Abbildung 31: Unterrichtseinheit „Spannung und Stromstärke“: Unterrichtsmaterialien zum Versuch „Die leuchtende Kartoffel“ (Schittelkopf 2007b).22 Nachdem die Schüler die Versuchsanordnung aufgebaut hatten, fotografierten und filmten sie ihre Physikexperimente (siehe Abbildung 32). Die Bilder und Videos luden die Schüler von ihren Mobiltelefonen aus direkt auf ein speziell eingerichtetes Forum auf der Moodle-Plattform. Die Ergebnisse konnten so später weiterverwertet werden. Abbildung 33 zeigt, wie die Inhalte nach dem Upload angeordnet waren: Zu den einzelnen Versuchen wurden Videodateien und knappe ergänzende Informationen in dem Moodle-Forum aufgelistet. 22 Die Grafik wurde am 24. August 2007 unter der mittlerweile nicht mehr verfügbaren URL http://www.mobileclassroom.at/moodle/course/view.php?id=23 heruntergeladen. 275 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Abbildung 32: Unterrichtseinheit „Spannung und Stromstärke“: Die Schüler filmen ein Experiment mit den Mobiltelefonen (Nischelwitzer 2007). Der didaktische Mehrwert dieser auf Evaluierung der Technologie ausgerichteten Phase wurde von Eduard Schittelkopf als die Möglichkeit der Speicherung der Beobachtungen beschrieben. So konnten Experimente, die für gewöhnlich sehr kurz und schnell vergänglich, dabei jedoch komplex sind, nachhaltig und langfristig verfügbar gemacht werden. Durch die Materialsammlung auf der Moodle-Plattform waren die Schüler auch nach Durchführung der Experimente in der Lage, sich den Verlauf mittels Fotos, Videos und Audiodateien nochmals aufzurufen und weiter zu bearbeiten. (Nischelwitzer 2007) 276 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Abbildung 33: Unterrichtseinheit „Spannung und Stromstärke“: Forumsbeiträge der Schüler zu ihren Beobachtungen (Schittelkopf 2007c). Teilprojekt 2: Evaluierung des Lernfortschritts durch kurze Video- Berichte Projektteil 2 wurde mit dem Ziel ausgerichtet, neue Möglichkeiten der Leistungserhebung zu finden, technisch unterstützt durch Mobiltelefone. Dazu konzipierte Eduard Schittelkopf eine Lerneinheit in Physik, in der die Schüler zu bestimmten Zeitpunkten im Projektverlauf darüber berichten sollten, was sie gelernt haben. Dazu durften sie zum einen lediglich eine begrenzte Anzahl an Sätzen formulieren, zum anderen mussten sie eine Präsentation erstellen, die folgenden Maßgaben genügen sollte: Die Schüler waren zunächst aufgefordert, sogenannte „I did IT“-Videos zu erstellen. Diese Videos wurden durch jeden Schüler einzeln mit der 277 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Kamerafunktion der Mobiltelefone produziert, indem sich die Schüler mit den Handys selbst filmten (siehe Abbildung 34). Die „I did IT“-Videos waren nicht, wie beim ersten Teil des Projekts, Aufzeichnungen von Experimenten, sondern Aufzeichnungen dessen, was die Schüler über das Experiment berichteten: In nicht mehr als sieben Sätzen sollten sie beschreiben, was benötigt wird, um das Experiment „Schallkanone“ durchzuführen, und welche Aussagekraft dieses Experiment hat. Abbildung 34: Die Schüler nehmen „I-did-IT“-Videos mit den Handys auf (Schittelkopf 2008a). Für den Lehrer stellten die Videos Dokumentationen über die individuellen Lernleistungen der einzelnen Schüler zu dieser spezifischen Lerneinheit dar (siehe Abbildung 35). Abbildung 35: Ein „I did IT“-Video aus Sicht des Lehrers (Schittelkopf 2008b). Am Ende der Lerneinheit, bzw. sobald der Lehrer sah, dass ein Schüler die nötigen Kompetenzen und das nötige Wissen mit Blick auf die 278 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Lerneinheit erlangt hat, nahm der Lehrer sogenannte „Peer-Movies” auf (siehe Abbildung 36). In den Peer-Movies sollten Schüler den Aufbau des Experiments erläutern und es währenddessen selbst durchführen. Dazu verwendete der Lehrer eine digitale Videokamera. Abbildung 36: Ein „Peer-Movie“ (Schittelkopf 2008c). 4.2.1.1.5 Projektergebnisse Die Lernergebnisse bezogen sich auf Verstehen und Verbalisieren. Die Schüler mussten sich auf sieben Sätze beschränken, um das Experiment zu erklären (e-media 2008). Das Verbalisieren mittels einer begrenzten Anzahl von Sätzen helfe den Schülern dabei, ihr Wissen zu strukturieren und ihre Schreibkompetenzen zu verbessern. Letzteres bezieht er auf ein Ungleichgewicht, das im Unterricht zwischen der Möglichkeit zum Verbalisieren und der Forderung, in geschriebener Sprache zu berichten, besteht. (Schittelkopf 20.02.2008) Am Ende der Projektwoche lagen dem Lehrer mehr als 400 „I did IT“- Videos vor, die ihm als Grundlage für weitere Forschung zum Thema Leistungserhebung dienen sollten. Jedes der Videos hatte eine Länge von 30 bis 90 Sekunden und eine Dateigröße von ca. 1 MB. Dem Lehrer zufolge war die Tonqualität ausreichend, um als Lehrer damit arbeiten zu können. (ebd.) 4.2.1.1.6 Gesammelte Erfahrungen/Fragen Die anvisierten Ziele – das Aufzeichnen von Experimenten, der Upload auf eine Lernplattform sowie das Aufzeichnen von Videos für die 279 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Bewertung von Lernleistungen – wurden erreicht und boten eine gute Grundlage für weitere Forschung und Praxis in diesen Bereichen (ebd.). Als ausbaufähig beschreibt Schittelkopf die Verfügbarkeit der erforderlichen Technologien, besonders die Ausstattung mit einer angemessenen Anzahl an Mobiltelefonen oder ähnlichen mobilen Geräten, die die Anforderungen des Projekts erfüllen. Dabei sollte in künftigen Projekten auch ein besonderer Wert auf die Qualität der Kamerafunktion und der Linsen gelegt werden, um die Physikexperimente detailliert und ohne Störungen aufzeichnen zu können (ebd.). 4.2.1.1.7 Empfehlungen und zukünftige Möglichkeiten Technologische Verbesserungen beziehen sich auf die Qualität der Kameras und Linsen – Ziel sei es, auch Glasgeräte zu fotografieren (Seipold 06.02.2008). Die Möglichkeiten der Konnektivität der Geräte untereinander sowie zwischen Handys und anderen Technologien wie beispielweise PCs könnten mit kommenden Gerätegenerationen optimiert werden. Vor allem sollte die Konnektivität für die Schüler und Lehrer keine Kosten verursachen. Lernern die Möglichkeit zu geben, ihre Lernleistungen digital aufzuzeichnen, als Video- oder Sounddatei, und ihnen so den Zugriff auf Material so oft wie notwendig und bei Bedarf zu ermöglichen, kann als eine der zentralen Errungenschaften des Projekts bewertet werden. Die digitale Erstellung kleiner Lerneinheiten förderte die Schüler im Verbalisieren und Strukturieren des Gelernten. Durch die Option, die Videos mehrmals aufnehmen zu können, bevor der Lehrer sie erhielt, ist es den Lernen möglich, ihre Sprechfähigkeiten zu trainieren, ohne Gefahr zu laufen, die Erwartungen des Lehrers oder die Anforderungen für eine Leistungserhebung nicht zu erfüllen, nur weil vielleicht der erste Versuch misslang. Dies könnte vor allem für Schüler relevant werden, denen es in öffentlichen Prüfungssituationen an Selbstvertrauen mangelt. 280 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 4.2.1.2 Projektanalyse 4.2.1.2.1 Herangehensweisen an Lehren und Lernen Den zwei Teilen des Projekts liegen unterschiedliche Konzepte zugrunde: Teil 1 hat das Ziel, eine Infrastruktur für Lernen zur Verfügung zu stellen, die durch die Verwendung konvergenter Medien – Handy und Lernplattform – eine gemeinsame und von allen Projektbeteiligten zugängliche Basis zur Speicherung, zur Verteilung und zum zeitunabhängigen Zugriff von Daten bietet. Im zweiten Teil wird die Videoaufzeichnungsfunktion der Mobiltelefone verwendet, um neue Formen des E-Assessments, der elektronischen Leistungserhebung, zu erproben und zu entwickeln. Daneben spielt auch die Förderung der Kompetenzen der Lerner beim mündlichen Berichten und Schreiben eine Rolle. Konnektivität und Konvergenz Das Handy in Kombination mit einer Lernplattform verwendet, ist ein Phänomen, das im Rahmen dieser Arbeit als technologische Konvergenz beschrieben wird. Die Verwendung der Mobiltechnologien ist zwar ein wesentlicher Teil des Projekts, sie scheint dennoch nicht im Zentrum zu stehen. Die Handys erscheinen als Geräte, die die Schüler in Aktivitäten unterstützen, die auch mit anderen Medien realisiert werden könnten, z. B. mit Foto- und Videokameras und Audiorekordern. Ein Vorteil der Mobiltelefone ist allerdings, dass sie multifunktional sind, in diesem Fall also mehrere Programme und Funktionen in sich vereinen. Somit wird der logistische Aufwand reduziert, der in der Bereitstellung von mehreren Geräten pro Schüler bestehen würde. Zudem sind viele Schüler mit den Funktionalitäten solcher Geräte aus dem Alltag vertraut. Die Verwendung der Kamerafunktion beispielsweise ist Routine für die meisten Schüler. Ob das auch für Plattformen wie die in diesem Projekt verwendete Moodle-Plattform der Fall ist, ist fraglich. 281 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Kollaboratives Lernen Lernen innerhalb dieses Projekts kann als individualisiert und formalisiert, weniger als kollaborativ und informell beschrieben werden. Zwar scheint, bezogen auf Abbildung 32, die eine Gruppe von Schülern zeigt, die ein Experiment filmen, kollaboratives Lernen in Projektteil 1 beabsichtigt zu sein. Jedoch findet sich kein Anhaltspunkt, der Rückschlüsse auf das gemeinsame Lernen oder Erarbeiten einer Wissensbasis erlaubt. Vielmehr setzt sich jeder Schüler der Gruppe zunächst alleine mit dem Experiment auseinander. Dennoch legen die Lerner, wie auch im ersten Projektteil, den Grundstein für kollaboratives Lernen: Der Upload der Materialien auf eine Plattform, auf die alle Schüler der Klasse zugreifen können, kann als Basis für die gemeinsame Diskussion der Ergebnisse dienen. Dies würde dann zu einem späteren Zeitpunkt geschehen, nachdem die Experimente gefilmt und alle Materialien auf der Plattform verfügbar gemacht wurden. Durch die Vielfalt der Experimente und Aufzeichnungen kann eine vergleichende Diskussion der Ergebnisse stattfinden, die nicht möglich gewesen wäre, würde jeder Schüler sich nur auf die Ergebnisse eines Experiments beziehen können. Auch im zweiten Projektteil geht es um den einzelnen Lerner, nicht um Kollaborationsformen, die mobile Technologien und Online-Plattformen nahelegen. Die in dieser Unterrichtseinheit entstandenen Materialien sollten dem Lehrer zur Leistungsbemessung dienen. Sie könnten aber auch, und dies wäre ein Schritt in Richtung kollaboratives Lernen und Peer-Teaching, durch Mitschüler evaluiert werden. Literalität Die Verwendung von Video- und Bildmaterial zur Berichterstattung anstelle von geschriebenem Text resultierte in kleinen, multimedialen Lerneinheiten. Die Möglichkeit, Fotos und Filme aufnehmen zu können, anstatt mit Worten die Ergebnisse beschreiben zu müssen, reduziert dabei das Einfließen der subjektiven Wahrnehmung der Lerner in die Berichte und die Interpretation des Gesehenen auf ein Minimum. Die anderen Schüler sind nicht auf „gefilterte“ Berichte angewiesen, sondern können sich im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild der jeweiligen Experimente machen. Dadurch wird die Notwendigkeit moderierender Aktivitäten durch den Lehrer zunächst reduziert. Er muss nicht subjektive 282 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Sichtweisen in objektive überführen, sondern kann sich auf eine „objektive“ Materialgrundlage stützen, da die Bilder dokumentarischen Charakter haben. Die Frage nach der Literalität stellt sich in Projektteil eins entsprechend mit Blick auf andere Modi als die des geschriebenen oder gesprochenen Wortes, z. B. mit Blick auf Textfragmente, die in der Diskussion und dem gemeinsamen Erarbeiten der Ergebnisse zusammengeführt werden können. Verbalisieren kommt im zweiten Teil des Projektes zum Tragen: Die Schüler müssen ihre Beobachtungen und die gelernten Prozeduren zur Durchführung eines Experiments reflektieren und in schulischen Kategorien berichtend wiedergeben, was als Grundlage für ihre Leistungsbeurteilung dient. Dabei ist Verständnis der Materie gefordert, die Schüler sind als Experten zu einem bestimmten Wissensgebiet gefragt. 4.2.1.2.2 Handlungskompetenzen, Strukturen, kulturelle Praktiken; nutzergenerierte Inhalte und Contexte Handlungskompetenzen Die Handlungskompetenzen der Lerner, die Bezug zum Alltag der Schüler, ihren Aneignungsmustern und/oder ihrer subjektiv begründeten Bedeutungszuweisung haben, sind im Rahmen des Projekts nicht offensichtlich bzw. reichen nicht über die einfache Handhabung einiger Gerätefunktionen wie z. B. der Kamerafunktion hinaus. Auch könnten, würden detailliertere Daten vorliegen, bezogen auf die Aufzeichnung der Experimente und Erstellung der „I did IT“-Videos und der „Peer-Movies“ möglicherweise Rückschlüsse zu dem Wissen der Schüler zu Dokumentationsformaten und -genres, beispielweise aus dem Bereich des Fernsehens, gezogen werden. An dieser Stelle könnte dann das Expertenwissen der Schüler, das sie in ihrer Freizeit im Umgang mit Dokumentationsformaten aus dem Fernsehen erworben haben, einen Ansatzpunkt bieten, um den Schülern einen vertrauten Bezugsrahmen für „Berichterstattung“ zu bieten, der nicht in erster Linie mit schulischen Leistungsanforderungen konnotiert ist. Dieser Aspekt wäre eng mit der Medienkompetenz der Schüler verbunden, in diesem Fall bezogen auf das Wissen um und den Umgang mit verschiedenen Genres und Formaten und auf die Erstellung von Medienprodukten und -inhalten. Solche strukturellen Anbindungen an den Alltag der Lerner und an ihnen vertraute 283 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Medienformate und -inhalte könnten Lerner unterstützen, die Affinitäten zu populären, weniger formellen Repräsentationsmodi haben und die sich möglicherweise mit schulischen Formen der Leistungsmessung schwertun. Strukturen Die Verwendung von Fotos und Videos markiert auch die Einführung von Fotos und Videos als Modus, der den geschriebenen Text ablösen kann, insbesondere dann, wenn es um die Dokumentation und Beschreibung von entweder Situationen oder Abläufen geht. Dadurch könnte vermieden werden, Dingen durch Satzkonstruktion, den Zeitpunkt der Nennung oder unangemessene Beschreibung anderer Dinge Prioritäten einzuräumen, also die „falschen“ Worte oder den „falschen“ Platz zu verwenden. Es werden möglichst objektive Informationen verfügbar gemacht. Zudem wurden die Bilder und Filme der Physikexperimente aus dem ersten Projektteil auf einer Plattform abgespeichert, zu der alle Schüler Zugang hatten. Damit wurde die Grundlage für eine gemeinsame Wissensbasis und das gemeinsame Aushandeln von Bedeutungen geschaffen. Alle Lerner hatten die gleichen „objektiven“ Materialien zum Lernen verfügbar, kein Schüler war benachteiligt, weil z. B. sein Experiment nicht funktioniert hat und er oder sie somit kein Material zum Weiterarbeiten hatte. Kulturelle Praktiken Während Bild und Film im Kontext dieses Projekts als Beleg und als Dokumentation von Situationen gelten, ist gesprochener Text ein Mittel, um Wissen zu strukturieren und selbstgemachte Beobachtungen in objektiv prüfbares und für andere verstehbares Wissen zu überführen. Im Sinne von Überprüfung des Gelernten reicht das einfache Verfügbarmachen von Beobachtungen als Video oder Foto auf den ersten Blick nicht aus. Selbst die Perspektive und der Fokus, mit dem gefilmt oder fotografiert wurde, gibt dem Lehrer in diesen Beispielen keine Hinweise auf das, was der Schüler gelernt hat. Dennoch kann der Reflexionsprozess objektiv nachvollziehbar gemacht werden, indem wie im zweiten Projektteil die Videofunktion zum Aufzeichnen des Verbalisierens verwendet wird. Allerdings ist es das gesprochene Wort, 284 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis das gefilmt wird und so dokumentiert, was die Lerner verstanden haben. Eine vom Lehrer gegebene Voraussetzung ist die Verwendung einer begrenzten Anzahl von Wörtern. Auf diese Weise sollen die Schüler ihr Wissen strukturieren. An dieser Stelle ist die Videofunktion nicht länger als Werkzeug gedacht, eine gemeinsame und für alle Schüler zugängliche Wissensbasis zu schaffen, sondern dem Lehrer den eigenen Lernerfolg zu dokumentieren und nachzuweisen. Die Begrenzung auf sieben Sätze ist für alle Schüler gleichermaßen vorgegeben, sie ist also die gemeinsame Aktivitätsbasis. 4.2.1.2.3 Auffassungen von Mobilität Mobilität im Sinne körperlicher Mobilität scheint im Rahmen des Projekts eine untergeordnete Rolle zu spielen. Ebenso sind Aspekte wie Unmittelbarkeit und Kurzfristigkeit – beides sind zentrale Charakteristika Mobilen Lernens – ausgeschlossen zugunsten der Übertragung und Speicherung von Inhalten auf einer Plattform als konvergentem Medium. Andererseits werden die Geräte genutzt, um Unmittelbarkeit im Sinne der Kurzlebigkeit der Physikexperimente zu erfassen und Vergänglichkeit durch die Dokumentation des Prozesses zu kompensieren. Zeitliche Mobilität: Die Möglichkeit des Abrufs gespeicherter Daten zu jedem beliebigen Zeitpunkt nach Ablauf der Experimente beinhaltet einen Aspekt von Mobilität, der sich auf die Verschiebung des zeitlich begrenzten Zugriffs auf Informationen – damit ist hier das Experiment gemeint – bezieht. Die Lernpattform als Ablageort für Daten erlaubt einen zeitlich versetzten Zugriff auf Lernmaterialien. Damit bietet die Lernplattform einen Rahmen für allen Lernern verfügbare Materialien. Auf dieser gemeinsamen Grundlage können sich Schüler in kollaborativen und diskursiven Lernprozessen Fragestellungen und Aufgaben zuwenden. Vorteil dabei ist, dass die Schüler relativ objektive, gefilmte und fotografierte Ressourcen verfügbar haben, die nicht interpretiert sind durch den Versuch, die Experimente mit eigenen Worten zu beschreiben. Kollaboration findet im Sinne von Verfügbarmachen von Lernmaterial und dadurch statt, dass jeder Schüler dazu beiträgt. Mobilität im Assessment (vom Lehrer-Experten zum Schüler-Experten): Der Rückgriff auf die aufgezeichneten „I did IT“-Videos der Schüler aus dem zweiten Projektteil würde es Laien erlauben, Experten in der 285 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Evaluierung von Lernleistungen zu werden. Die Angemessenheit der Erläuterungen der Schüler kann durch den Lehrer auf der Basis seines Expertenwissens evaluiert werden. Jedoch könnten auch Schüler, die keine Experten auf diesem Gebiet sind, ebenfalls auf die Aufzeichnungen zurückgreifen und anhand der zur Verfügung stehenden Aufzeichnungen der Experimente sehen, ob die Erläuterungen ihrer Mitschüler mit dem Prozessablauf und den Charakteristika des Experiments übereinstimmen. Dies könnte eine Neuerung in der Evaluierung (Peer-Evaluation; Beurteilung der Leistungen durch Mitschüler) in Zusammenhang mit der Verwendung von digitalen Technologien und Online-Speichern sein. Mobilität von Modi: Wie bereits angedeutet, könnte Mobilität hier auch die Mobilität von Repräsentationsmodi bedeuten: Geschriebener oder gesprochener Text, der zum Ziel hat, Prozesse zu beschreiben, könnte ersetzt werden durch visuelle sequenzielle Modi wie beispielsweise Filme oder Fotostrecken. Ein Vorteil dabei könnte die relative Objektivität des dokumentierten Materials sein. 4.2.1.2.4 Replizierbarkeit und Übertragbarkeit Das Projektdesign ist relativ einfach übertragbar. Die Software zur Verbindung der Mobiltelefone mit der Moodle-Plattform ist, ebenso wie die Moodle-Software selbst, kostenlos verfügbar. Die technische Ausstattung, sei es die Bereitstellung von mobilen Geräten oder eines Servers, auf dem die Plattform installiert ist, erfordert allerdings finanzielle Investitionen, die möglicherweise nicht ohne weiteres zu bewältigen sind. Die Idee des Lehrers, die Geräte direkt beim Hersteller zu leihen, funktioniert möglicherweise nur begrenzt. Auch ist zu bedenken, dass technischer Support, also Expertenwissen, bei der Einrichtung der Software und gegebenenfalls bei der weiteren Wartung der Technik notwendig ist. 286 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 4.2.2 Projekt „Handy“23 Das Projekt „Handy“ wurde, wie auch die „Mobile Classroom Schultest“- Teilprojekte von Eduard Schittelkopf, im Rahmen der Projektrecherche im Jahr 2007 ausfindig gemacht. Die meisten der hier verwendeten Informationen waren im Internet frei zugänglich verfügbar. Details wie z. B. die Klassenstärke, die Dauer, Erwartungen des Lehrers, auch mit Blick auf die Ergebnisse, wurden in persönlicher Korrespondenz zwischen der Autorin und dem Projektverantwortlichen Rolf Deubelbeiss erfragt. 4.2.2.1 Projektbeschreibung 4.2.2.1.1 Allgemeine Projektdaten Projektname Handy URL http://metaportfolio-phsg.kaywa.ch Land Schweiz Jahr 2007 Kontakt Rolf Deubelbeiss, ehemals Nationale Elitesportschule Thurgau und Pädagogische Hochschule Zürich Arten der mobilen Geräte Handy Weitere Medien Weblog Anzahl der Personen 61 (60 Schüler, 1 Lehrer) Dauer 3 Wochen + Ort Schule/Klassenzimmer Art der Bildungseinrichtung Sekundarstufe: Realschule und Gymnasium 23 Das Projekt „Handy“ wurde von der Autorin bisher im Rahmen folgender Vorträge und Publikationen verwendet und/oder veröffentlicht: Pachler et al. 2010a; Seipold 2010; 2008; Seipold, Pachler 28.09.2009; Seipold 19.06.2008; 12.06.2008; 10.03.2008; 25.06.2007. 287 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Ausbildungsphase Klasse 7 bis 9; 11-/12- bis 16-/17-jährige Schüler Fächerbezug Deutsch, Französisch, Mathematik; interdisziplinär Lehr-/Lernfokus Lernen mit mobilen Technologien unterstützen; Nutzungsgewohnheiten und Etikette reflektieren Stichwörter Multimodale Inhalte erstellen (transformativ; Wissenserwerb); Microlearning; technologische Literalität; Archiv; Nachhaltigkeit; Peer- Teaching; Sprachen; Mathematik; Alltagsleben; Expertenmuster; Genres Tabelle 3: Allgemeine Projektdaten des Projekts „Handy“ 4.2.2.1.2 Kontext/Grundlagen Das Projekt „Handy” wurde im Jahr 2007 von Rolf Deubelbeiss, Lehrer an einer privaten Schweizer Sekundarschule (Realschule und Gymnasium) konzipiert und realisiert. Die Schule ist als nationale Sportschule spezialisiert auf die professionelle Sportausbildung von Kindern und Jugendlichen (Nationale Elitesportschule Thurgau). Insgesamt waren 60 Schüler und ein Lehrer in das Projekt involviert (Deubelbeiss 06.01.2009). Die geplante Projektdauer von drei Wochen konnte nicht eingehalten werden, da der Lehrer durch die Vielfalt der Handys der Schüler mit fehlender technologischer Kompatibilität konfrontiert war. Die verwendeten Handys waren Privatbesitz der Schüler und des Lehrers. Dem Lehrer stand keine technische Unterstützung zur Verfügung. Er installierte den Weblog, auf dem die Lerneinheiten der Schüler verfügbar gemacht wurden, eigenständig und übernahm die Kosten für den Upload der von den Schülern erstellten Lerneinheiten. (Seipold 2009b; Seipold 29.01.2008) 288 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 4.2.2.1.3 Herangehensweise an Lehren und Lernen Das Handy wurde im Rahmen des Projekts sowohl als Lernwerkzeug genutzt und auch zum Thema gemacht. Ziele des Projekts waren, die Relevanz von Handys für schulisches Lernen aufzuzeigen und gleichzeitig die Schüler über die Nutzung der Geräte aufzuklären und sie bei der Verwendung zu unterstützen. Entsprechend wollte der Lehrer die Schüler auf die Kosten aufmerksam machen, die bei der Nutzung der Geräte entstehen können, ihnen zeigen, wie Handys zum Lernen verwendet werden können, und ihre Kompetenzen in der formalen Konversationsführung fördern (z. B. mit Blick auf Bewerbungen und Gespräche mit späteren Arbeitgebern). Zudem beabsichtigte der Lehrer, die von der Schule aufgestellten Regeln zur Nutzung der Geräte zu erweitern. Zum Zeitpunkt der Projektdurchführung waren Handys auf dem Schulgelände nicht gestattet. (ebd.) Das Handy als Thema Ziele der Unterrichtseinheiten zum Handy waren (Deubelbeiss 2007e): ‐ „Handy-Knigge: Gebote, Verbote und Gesetzeslage in der Schweiz, ‐ Handy als Schuldenfalle, ‐ Handy als Lernhilfe und Lifestyle, ‐ Handy-Technik und Entwicklung der Kommunikationsformen” (ebd.). Vor Beginn des Projektes informierte der Lehrer die Eltern mittels eines Infobriefs über die zu behandelnden Themen. Für die unterschiedlichen Unterrichtseinheiten verwendete der Lehrer neben eigenen Materialien öffentlich zugängliche Ressourcen wie das „Dossier Handy” zum Thema Schuldenfalle, Strahlung, Generation SMS und Kommunikation des Schweizer Schulfernsehens (Schweizer Fernsehen (SF) 2003) sowie Informationen zu Gewalt und Pornografie auf dem Handy, die von der Züricher Kantonpolizei zur Verfügung gestellt wurden (Kanton Zürich 2004). Zudem nutzte er ein Webquest (Vadas et al. 2007), um Fragen zu dem „Dossier Handy” zu stellen und so das Wissen der Schüler abzufragen, nachdem sie den Film auf der Website des Schweizer Schulfernsehens angesehen hatten. 289 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Das Handy als Lernwerkzeug Für den Praxisteil des Projekts nutzten die Schüler und der Lehrer ihre eigenen Handys, da keine finanzielle Unterstützung für die Anschaffung von Geräten zur Verfügung stand (Seipold 29.01.2008). Die Schüler wurden dazu aufgefordert, im Rahmen eines der Fächer Deutsch als Muttersprache, Französisch als Fremdsprache oder Mathematik „Microcontent“ (Deubelbeiss 2007f) zu erstellen (Seipold 2009b). Dabei konnten die Schüler sowohl das Fach als auch das Medienformat (Film, Bilder, Ton oder Text) frei wählen (Seipold 29.01.2008). Die „Microcontents“, also die kleinen Lerneinheiten, wurden als Entwürfe im MMS-Format (Multimedia Messaging Service) gespeichert und via Bluetooth auf das Handy des Lehrers übertragen (Deubelbeiss 2007f). Der Lehrer korrigierte teilweise Sprache und Rechtschreibung und lud die Lerneinheiten über sein Handy per USB- Anschluss (Universal Serial Bus) auf einen PC, um sie dann auf einem öffentlich zugänglichen Weblog unter http://metaportfolio-phsg.kaywa.ch zu veröffentlichen (Seipold 2009b). Dem Lehrer zufolge waren einige der Fotos, die die Schüler verwendeten, bereits auf ihren Handys abgespeichert und nicht extra für die Unterrichtseinheit erstellt. Andere Bilder wie z. B. das Weg-Zeit- Diagramm wurden aus dem Mathematikbuch abfotografiert. Der Lehrer wies darauf hin, dass er in einigen Fällen die Schüler dazu bei der Erstellung der Lerneinheiten anleiten musste. So entstand beispielsweise das Weg-Zeit-Diagramm auf Vorschlag des Lehrers. (Seipold 29.01.2008) 4.2.2.1.4 Technologien und Voraussetzungen Der Weblog, auf dem die selbst erstellten Lerneinheiten der Schüler abgespeichert wurden, wurde durch den Lehrer installiert und verwaltet (ebd.). Nach Beendigung des Projekts waren die Schüler so in der Lage, über den Weblog auf das Material zuzugreifen, das sie selbst und ihre Mitschüler erstellt hatten, es herunterzuladen und es als Lerneinheiten zu verwenden. Die Schüler erstellten mehr als die auf dem Weblog verfügbaren Materialien. Der Weblog enthält, wie der Lehrer betonte, nur die „best practice”-Beispiele. In der Tendenz wollten die guten und erfolgreichen Schüler ihre Ergebnisse öffentlich präsentieren, wohingegen weniger gute 290 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Schüler kein Interesse daran hatten, ihre Produkte auf dem Weblog veröffentlicht zu sehen. (ebd.) Aufgrund der damals noch relativ hohen Kosten für Moblogging (Erstellen von Weblog-Inhalten über mobile Geräte) war der Lehrer die einzige Person, die die Ergebnisse der Schüler online stellte. So entstanden den Schülern keine Kosten. (Deubelbeiss 2007f) 4.2.2.1.5 Projektergebnisse Die folgenden Beispiele wurden durch die Schüler in den Fächern Mathematik, Deutsch und Französisch erstellt. Diese vier sind lediglich eine Auswahl aus den auf dem Weblog verfügbaren Beispielen. Erläuterungen zu den anderen Beispielen finden sich in Pachler et al. (2010a). Weitere Ergebnisse, die sich auf andere Einheiten des Projekts beziehen, z. B. die eingangs erwähnte Thematisierung des Handys oder Tests, die in Zusammenhang mit dem „Dossier Handy“ und den Lerneinheiten der Kantonpolizei Zürich entstanden, finden keinen Eingang in die Arbeit, da sie Gegenstand von Leistungsmessung und Bewertung der Schüler waren und vom Projektleiter aus diesem Grund keine weiteren Auskünfte erteilt wurden. Mathematik: Weg-Zeit-Diagramm Der erste Teil dieser Lerneinheit (siehe Abbildung 37), erstellt von einem Schüler einer 3. Sekundarschulklasse, setzt sich aus einem Foto eines Diagramms, das eine aufsteigende Kurve zeigt, und einem Textteil darunter, der aus einer Fragestellung mit Bezug auf das Diagramm und der Lösung besteht, zusammen. Die Frage lautet: „Was kannst du aus dem Diagramm über Marias Schulweg alles herauslesen?“ (Deubelbeiss 2007d). Als Lösung wird angegeben: „Der Schulweg ist 10 km lang und Maria benötigt dafür 24 min Für die erstem 3 km braucht Maria 12 min, es geht wahrscheinlich bergauf, dann macht sie 2 min Pause, die restlichen 7 km legt sie in 10 min zurück. Steile Kurve bedeuted schnelle Fahrt. Flache kurve bedeuted langsame Fahrt. [sic!]“ (ebd.) 291 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Abbildung 37: Weg-Zeit-Diagramm (Deubelbeiss 2007d). Deutsch: Limerick Die Lerneinheit „Elfchen“ (siehe Abbildung 38) wurde von einer Schülerin einer 1. Sekundarschulklasse erstellt. Am Anfang finden sich zwei Fotos: ein größeres, das ein Schild mit der Aufschrift „prince www.princetennis.ch“ zeigt und an einem Maschendrahtzaun angebracht ist; ein kleineres Foto darunter zeigt den wahrscheinlich selbstgemalten Schriftzug „LIMERICKS“. Im Anschluss folgen zwei Textteile: ein kurzes Gedicht und darunter die Regeln zur Erstellung eines Limericks. 292 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Abbildung 38: Elfchen (Deubelbeiss 2007a). Der erste Text lautet: „Ich bin der Prince, man glaubt es kaum, bin auch schön anzuschaun. Viele Schläge aufgelber Ball. Ich heisse Prince, man glaubt es kaum. [sic!]“ (Deubelbeiss 2007a) Der zweite Text lautet: „Limerick Regeln: - Limerick ist ein Gedicht, das aus fünf Zeilen besteht. Die Zeilen 1, 2 und 5 sind gleich lang und reimen sich. Die Zeilen 3 und 4 sind kürzer und reimen sich auch. Kuryformel: a-a-b-b-a - Der Inhalt ist weniger wichtig als die Form; er darf widersinnig und sicher nicht bierernst gemeint sein. Hauptsache, die Form stimmt! [sic!]“ (ebd.) 293 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Deutsch: Satzglieder Der erste Teil der Lerneinheit „Satzglieder“ (siehe Abbildung 39), die von einem Schüler einer 3. Sekundarschulklasse erstellt wurde, besteht aus einem Foto, das einen essenden Jungen auf einem Bahnhof zeigt. Darunter findet sich als Text die Beschreibung des Fotos sowie die Anforderung, die Satzglieder des darauffolgenden Satzes zu bestimmen. Als vierter und abschließender Textteil wird die Lösung zu der Aufgabe gegeben. Abbildung 39: Satzglieder (Deubelbeiss 2007c). 294 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Der Text lautet: „Hier mein Bild von Fabian :-) und hier ein Satz dazu, bei dem du die Satzglieder bestimmen musst: Kannst du die Satzglieder bestimmen? 1. Fabian 2. isst 3. einen Hamburger 4. am Bahnhof. Lösung: 1. Subjekt 2. Verb 3. Objekt 4. Präpositionalobjekt” (Deubelbeiss 2007c). Französisch: Passé Composé Das Handyvideo zum Passé Composé (siehe Abbildung 40) wurde von zwei Schülern einer 2. Klasse Sekundarstufe und der 2. Klasse Realschule erstellt. Der Film beginnt mit einem Bild, vermutlich aus dem Französischbuch, und der darübergelegten Frage „Wie bildet man das passé composé?“. Dieser Sequenz folgt ein selbstgemalter Titel, der den Schriftzug „Le passé composé“ zeigt. Weiter folgt ein Textteil mit der schriftlichen Erläuterung „Das passé composé bildet man mit avoir oder étre [sic!]“. Das nächste Bild ergänzt: „Und danach das Participe 2“. In der Folge ist der Text „Beispiel“ eingeblendet. Im Anschluss daran zeigt der Film ein Blatt Papier und eine Hand, die einen Stift hält. Eine männliche Stimme ist zu hören, die auf Schweizerdeutsch die virtuellen Zuschauer begrüßt. Der Schüler teilt mit, dass er nun das Passé Composé erklären wird. Dann beginnt er damit, einen Beispielsatz aufzuschreiben und dazu die jeweiligen grammatikalischen Begriffe und Zusammenhänge der Satzkonstruktion zu erläutern. Am Ende bedankt er sich bei seinem Publikum fürs Zuhören, womit der Film schließt. (Deubelbeiss 2007b) 295 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Abbildung 40: Passé Composé (Deubelbeiss 2007b). 296 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 4.2.2.1.6 Gesammelte Erfahrungen/Fragen Die ursprünglich geplante Projektdauer von drei Wochen musste verlängert werden, im Wesentlichen aufgrund der folgenden drei Gründe, wie der Projektleiter angab (Seipold 2009b): Zum einen war es schwieriger als angenommen, mit den unterschiedlichen Modellen der Schülerhandys zu arbeiten, da die fehlende Kompatibilität der Geräte und die unterschiedlichen zur Verfügung stehenden Gerätefunktionen die Unterstützung des Lehrers beispielsweise beim Transfer der selbsterstellten Lerneinheiten notwendig machte. Einige der Schüler verfügten über aktuelle Gerätemodelle mit einer umfangreichen Funktionsausstattung der Geräte, andere Schüler hatten lediglich die alten Handys ihrer Eltern zur Verfügung und konnten damit nur Textnachrichten (SMS) erstellen. Zweitens unterlag der Lehrer einer Fehleinschätzung, was die Kompetenzen der Schüler im Umgang mit den benötigten Handyfunktionen anging, z. B. bei der Erstellung einer MMS oder im Umgang mit der Bluetooth-Funktion. Drittens wurde das Projekt in einer Schule realisiert, in der Handys eigentlich aus den Klassenzimmern und vom Schulgelände verbannt wurden. Entsprechend mussten Schüler, die ihr Kleinprojekt während der Unterrichtsstunden anderer Lehrer durchführen wollten, im Vorfeld oder gar während des Unterrichts um die Genehmigung zur Nutzung der Handys bitten. Nach Aussage des Projektleiters war dies auch deswegen schwierig, da die Schüler damit den Unterrichtsablauf unterbrachen. Auch kam es vor, dass sich die Schüler so sehr in die Erstellung ihrer Lerneinheiten vertieften, dass der dadurch ansteigende Lärmpegel den Unterricht störte. 4.2.2.1.7 Empfehlungen und zukünftige Möglichkeiten Die Akzeptanz mobiler Technologien im Unterricht zu Lernzwecken könnten durch Projekte wie das Projekt „Handy“, das sich mit dem Gerät als Thema und als Lernwerkzeug auseinandersetzt, gefördert werden. Der Lehrer initiierte nicht nur die kritische Reflexion der Nutzungsgewohnheiten der Schüler und diskutierte Aspekte, die mit Risiken für die Schüler verbunden sind (z. B. die Schuldenfalle, Pornografie und Gewaltdarstellungen auf dem Handy), sondern zeigte 297 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis auf, wie Handys zum Lernen eingesetzt werden können. Mit seiner Idee, die Schüler „Microcontents“ erstellen zu lassen, realisierte der Lehrer das Konzept der Erstellung nutzergenerierter Inhalte. Mit der Zunahme der Verfügbarkeit von mobilen Technologien und geringeren Kosten für mobilen Internetzugang oder den Versand von Multimedia-Nachrichten (MMS) werden die technologische Interoperabilität und die Konvergenz steigen. Dies kann für Lehrer und Lerner, die jetzt noch mit hohen Kosten und komplizierten Verteilungswegen konfrontiert sind, künftig eine deutliche Erleichterung bedeuten. Dennoch: Solche technologischen Entwicklungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass neue Technologien zum Zeitpunkt ihres Erscheinens immer nur für eine kleine Gruppe von Nutzern, die „early adopters“, verfügbar sind, die durchaus Geld investieren, um die neueste Technologie zeitnah zu ihrem Erscheinen zu erwerben. Entsprechend wird es in solchen Konstellationen wie einer im Sinne sozialer Milieus und Gruppierungen heterogen zusammengesetzten Schulklasse immer Schüler geben, denen die aktuelle Technologie nicht zur Verfügung steht und die mit alten Geräten, eventuell sogar mit denen ihrer Eltern oder Geschwister, arbeiten müssen. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit solcher Projekte scheint das Verfügbarmachen von selbsterstellten Lernmaterialien eine naheliegende Lösung zu sein. Durch den Upload der Materialien auf einen frei zugänglichen Weblog machte der Lehrer Lerneinheiten für andere zugänglich, die kostenlos und frei zugänglich von Dritten zum Lernen verwendet werden können. Mit dem Austausch der Lerneinheiten zwischen den Schülern per Bluetooth wurde so auch eine Form des Peer- Teaching realisiert. 4.2.2.2 Projektanalyse 4.2.2.2.1 Herangehensweisen an Lehren und Lernen Auf den ersten Blick ist die Produktorientierung des Projektteils auffällig, der die Nutzung des Handys im Unterricht fokussiert. Der Lehrer stellte die Produktion von kleinen Lerneinheiten als Aufgabe. Dazu mussten die Schüler nicht nur Wissen reproduzieren, sondern auch rahmende Informationen sammeln, Inhalte reflektieren und einen angemessenen 298 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Repräsentationsmodus finden. Nur so konnten Lerneinheiten entstehen, mit denen auch andere Schüler lernen können. Die Idee, Microcontents zu erstellen, basiert auf dem Konzept des Microlearning (siehe bspw. Hug et al. 2006a; 2006b; Hug 2007). Microlearning kann mit Blick auf Lehren als die Miniaturisierung, Fragmentierung und Elementarisierung von Lernmaterial beschreiben werden, mit Blick auf Lernen als kurzfristige Lernaktivität (siehe dazu auch Kapitel 2.3.1.3). Die Form des durch die Lerner zu erstellenden Materials wurde im Vorfeld durch den Lehrer vorgegeben. Durch dieses Projektdesign und die Aufgabenstellung konstruierte der Lehrer ein Umfeld, in dem die Schüler ihre individuellen Erfahrungen im Umgang mit Lernmaterialien, Technologien und Medien einbringen konnten. Aber auch Elemente aus dem Alltag der Lerner wurden mit Bedeutungen versehen, die für schulisches Lernen relevant sind und die als Grundlage für gemeinsame und objektivierte Prozesse der Bedeutungszuweisung dienen können. Als Beiprodukt findet in einem weiteren Sinne Peer-Teaching statt: Schüler erstellen Lernmaterial für Schüler. Weiterhin könnte der Lehrer seine Schüler als Experten eines bestimmten Schulfachs adressiert haben, oder aber die Schüler haben sich selbst als Experten für ein bestimmtes Fach verstanden und darin ihre Lerneinheiten produziert. Auch wenn dies nicht explizit der Fall gewesen sein sollte, so ist die Tatsache, dass die Schüler Lernmaterial erstellt haben, mit dem andere lernen können sollen und das entsprechend verständlich und nahvollziehbar sein muss, Grundlage für die Annahme, dass die Schüler in ihren spezifischen Fächern Expertenwissen erworben haben und dies anderen auch entsprechend vermitteln können. 4.2.2.2.2 Handlungskompetenzen, Strukturen, kulturelle Praktiken; Auffassungen von Mobilität; nutzergenerierte Inhalte und Contexte Mobilität zwischen Konzepten und Contexten Mobilität in diesem Beispiel bezieht sich weniger auf Mobilität zwischen Orten – die Schüler verwenden ihre Handys lediglich im Klassenzimmer bzw. auf dem Schulgelände –, sondern vielmehr als Mobilität zwischen Kontexten, in diesem Fall zwischen Alltag und Schule. Dabei gelang es den Schülern, bei der Erstellung nicht nur unterschiedliche Modi wie 299 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Fotos, Filme und geschriebenen Text zu verbinden, sondern eben auch verschiedene Contexte ihrer Lebenswelt sowie die Bedeutungen, die damit verbunden sind. Ein weiterer Aspekt der Mobilität bezieht sich auf die Veröffentlichung von Lernmaterialien auf einer Internetplattform, in diesem Fall auf einem Weblog. Wie auch beim Projekt „Mobile Classroom Schultest“ sorgt solch eine Art der Archivierung für Nachhaltigkeit und beschränkt das Projekt nicht nur auf den Zeitpunkt seiner Durchführung. Gleichzeitig wird eine Informationsbasis geschaffen, die allen gleichermaßen zugänglich ist und für gemeinsames Aushandeln und Zuweisen von Bedeutungen dienen kann. Bedeutungszuweisung und Reflexivität Indem die Schüler unterschiedliche Arten von Texten, die ursprünglich diskontinuierlich im Verhältnis zueinander stehen, kombinieren, verbinden sie unterschiedliche Bedeutungen miteinander (z. B. Schule und Alltag, Konsum und Lernen), strukturieren ihr Wissen und setzen es in ein kohärentes Produkt um. Dieses Produkt muss eine Reihe von Vorgaben erfüllen, da es als Lerneinheit konzipiert ist, mit der andere arbeiten können müssen. Die Schüler scheinen versiert in der Erstellung von Lernmaterial zu sein, ebenso in der Erstellung diskontinuierlicher und multimodaler Texte und im Umgang mit unterschiedlichen Genres. Sie zeigen, dass sie Wissen nicht nur reproduzieren, sondern auch produzieren können und dazu Wissen reflektieren, einen Lehrmodus und Repräsentationsmodus wählen, der ihnen angemessen oder typisch für spezifische Lehr- und Lernzwecke und -kontexte erscheint oder der bestimmte Anforderungen erfüllt. Der Transformationsprozess, den die Schüler dabei vollbringen – Informationen sammeln und Wissen reflektieren mit dem Ziel, Informationen und Wissen zur Verfügung zu stellen –, kommt dabei deutlich zum Ausdruck und wird in den Beispielen offensichtlich. Auch rekonfigurieren die Schüler ihr im Alltag erworbenes Wissen entsprechend den vorgegebenen konzeptionellen Rahmen, die Relevanz für schulisches Lernen haben. 300 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Literalität als Handlungskompetenz zur Strukturierung und Orientierung Dabei kommen ihre Handlungskompetenzen zum Tragen, die in Zusammenhang mit ihren präferierten Medien und Genres aus Schule und Alltag stehen. In diesem Gestaltungsprozess komplexer, multimodaler Produkte kommt als Ausprägung der Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken die Literalität der Schüler zum Tragen. Literalität ist in diesem Fall nicht nur die Fähigkeit, lineare und geschriebene Texte zu produzieren oder Technologien zu handhaben. Die Schüler verwenden Genres und Repräsentationsmodi, die sowohl aus Schulbüchern (siehe Weg-Zeit-Diagramm) oder Frontalunterricht bekannt sind (siehe den Teil des Passé-Composé- Beispiels, in dem der Schüler die Satzkonstruktion aufschreibt und erläutert). Die klassischen Modi Text und Sprache, mit denen Schule arbeitet, ergänzen die Schüler durch Bilder und Filme. Keine der erstellten Lerneinheiten enthält dabei redundante Teile. Vielmehr sind alle Informationen, die in den Beispielen gegeben werden, notwendig, um die Inhalte vollständig zu erfassen und um sie zu kontextualisieren. Dadurch werden auch die Absichten, die die Schüler hatten, für andere nachvollziehbar. Indem die Schüler also standardisierte Repräsentationsmodi wie Text und Bilder in Kombination verwenden, strukturieren sie assoziative Elemente und Wissen. Damit werden Bruchstücke und Fragmente nachvollziehbar für andere und teilbar mit anderen, sie bieten in gewisser Weise Orientierung. Dies bezieht sich vor allem auf die „Satzglieder“- und „Elfchen“-Beispiele. Das „Weg-Zeit- Diagramm“ hingegen folgt klassischen schulischen Konventionen. Affektive Elemente in formellen Lernkontexten Die Fotos der „prince“-Werbung und des Schülers am Bahnhof sind Alltagssituationen entnommen. Alltagssituationen werden dabei zum Bezugsrahmen für schulisches Lernen, indem sie mit Fragestellungen aus dem Unterricht verbunden und Teil einer Lerneinheit werden. Neben der Verbindung zu sozialen Situationen und Werbung findet eine andere „informelle“ Dimension durch die Wortwahl im „Satzglieder“- und im „Elfchen“-Beispiel Einzug: Spaß. Die Marker dafür sind das Wort „bierernst”, das Alltagssprache mit schulischen Konventionen kontrastiert. 301 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Auch unterstreicht das Emoticon im „Satzglieder“-Beispiel die Idee der Schüler, dass Schule nicht notwendigerweise ernst sein muss, damit man im schulischen Sinne erfolgreich arbeiten kann. Vor diesem Hintergrund wird also der Alltag der Schüler assoziativer und ausschlaggebender Ausgangspunkt für subjektiv und objektiv sinnstiftende Bedeutungszuweisungen und Reflexionsprozesse. Schulisches Lernen verliert dabei dennoch nicht an Ernsthaftigkeit. Schüler als Experten und Lehrer – In Alltag und Schule Schüler als Nutzer von Mobiltechnologien und als Experten sind in diesem Beispiel erfolgreich darin, die typischen Repräsentationsmodi aus Schule und Alltag miteinander in Verbindung zu bringen und sie für schulisches Lernen zu nutzen. Dabei machen sie deutlich, welche Idee sie von Lehrmethoden haben und dass sie in der Lage sind, die Anforderungen zu erfüllen, die Schule an sie stellt. Inhaltliche Aspekte wie Konsum und soziale Beziehung sind Ausgangspunkt für schulisches Lernen, treten aber zugunsten der schulisch geforderten Strukturen in den Hintergrund. Indem Lehrer also mobile Technologien im Unterricht zulassen und ihren Gebrauch an schulische Anforderungen angliedern, wie das im Projekt „Handy“ geschehen ist, lassen sie gleichzeitig nutzergenerierte Inhalte und Contexte zu. Diese mögen auf individuellen und vielleicht weniger formalen Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken beruhen und Repräsentationsmodi beinhalten, die nicht ursprünglich aus schulischen Kontexten bekannt und für schulisches Lernen anerkannt sind. Aus dieser Perspektive scheint das „Handy“-Projekt ein gutes Beispiel dafür zu sein, wie Schüler als Experten anerkannt und unterstützt werden können und wie ihre Expertise und Interessen – und das umfasst auch vermeintlich banale und irrelevante Dinge – bedeutsame Ausgangspunkte für schulisches Lernen sein können. 4.2.2.2.3 Replizierbarkeit und Übertragbarkeit Das didaktische Setting und die technologischen Anforderungen des Projekts erlauben es anderen, die Unterrichtseinheiten des Projekts „Handy“ zu reproduzieren und auf ihre eigenen Anforderungen zu übertragen. Material, das der Lehrer für die Lerneinheiten „über“ das Handy verwendet hat, ist im Internet frei verfügbar. 302 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 4.2.3 Projekt „eBag“24 Das „eBag“-Projekt wurde der Autorin im Rahmen eines Besuchs an der Universität Aarhus im Herbst 2007 von einem damaligen Projektmitarbeiter vorgestellt. Die hier verwendeten Informationen sind teils im Internet frei zugänglich verfügbar, teils stammen sie aus Materialien, die von einem damaligen Projektmitarbeiter zur Verfügung gestellt wurden. In der Zwischenzeit wurde der Prototyp der eBag-Software durch die dänische IT-Firma KMD für die Verwendung in öffentlichen Schulen erworben (Christensen 2010; siehe Interactive Spaces 2005; 2006; 2010). Die hier verwendeten unveröffentlichten Materialien wurden durch den damaligen Mitarbeiter Jonas Fritsch zugänglich gemacht. 4.2.3.1 Projektbeschreibung 4.2.3.1.1 Allgemeine Projektdaten Projektname eBag – an electronic schoolbag URL http://www.interactivespaces.net/projects/projec t.php?projectId=8&mode=prototypes Land Dänemark Jahr Kontakt InteractiveSpaces research center, Universität Aarhus, Dänemark Art der mobilen Geräte Handys, hier: Nokia 7650, 3650 und 6600 Weitere Medien Computer mit Bluetooth-Sensoren (hier: BlipNodes), interaktives Whiteboard Anzahl der Personen Beliebig Dauer Unbegrenzt Ort Begrenzt durch technische Reichweite der Bluetooth-Übertragung Art der Bildungseinrichtung Unabhängig; sowohl innerhalb als auch außerhalb der Schule und Lernkontexte 24 Das Projekt „eBag“ wurde von der Autorin im Rahmen folgender Vorträge und Publikationen verwendet und/oder veröffentlicht: Seipold 10.03.2008. 303 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Ausbildungsphase Unabhängig Fächerbezug Unabhängig Lehr-/Lernfokus Unabhängig Stichwörter Kollaboration; Lernumgebung; Lerngruppen; Archiv Tabelle 4: Allgemeine Projektdaten des Projekts „eBag”. 4.2.3.1.2 Kontext/Grundlagen „eBag“, entwickelt an der Universität Aarhus in Dänemark, bedeutet so viel wie „digitaler Schulranzen“ (Electronic Schoolbag). Das Handy wird dabei zum „digitalen Stift“ (digital pencil; Fritsch 2007, S. 16). Einer der Grundgedanken des Projekts ist es, die Materialien, die die Schüler zum Lernen benötigen, als Dateien zur Verfügung zu stellen und ihnen damit einen unkomplizierten Materialaustausch zu erlauben. Auch sollen sie dabei unterstützt werden, Material zu sammeln, zu tauschen und schnell auf bereits Vorhandenes zugreifen zu können (Brodersen et al. 2005, S. 299). „eBag is every pupils digital answer to the physical schoolbag: a personal, digital bag for the students to store pictures, video, music, documents and other material that can be used in projects and presentations in school. The eBags can be used on large displays, mobile phones and PC’s and provides quick access to digital material and the possibility to share pictures, links and documents with each other.” (InteractiveSpaces o. J.) Damit möchte eBag „nomadisches” Lernen unterstützen, also Lernen, das von Orten unabhängig ist, und projektorientiertes Lernen ermöglichen (Brodersen et al. 2005, S. 298). eBag ist eine Lernumgebung, die aus den Handys der Schüler, einem Computer mit einer Lernplattform und einem angeschlossenen interaktiven Whiteboard besteht. Die Technologie ist nicht an schulische Lernumgebungen gebunden, sondern kann an jedem beliebigen Ort installiert werden, also auch beispielsweise in Jugendhäusern. Die Software ist den Schülern auch von anderen Orten aus zugänglich. 304 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Abbildung 41: Über die eBag-Technologie werden Lernorte miteinander verbunden (Fritsch 2007, S. 5). So können sie beispielsweise von zu Hause aus über Computer oder von unterwegs aus mit Notebooks auf ihren eBag-Ordner und ihr Profil zugreifen und Vor- und Nachbereitungen für den Unterricht treffen. eBag soll unterschiedliche Lernorte und Lernkontexte miteinander verbinden und dabei helfen, die jeweiligen Orte und Kontexte durch den Einsatz von digitalen und mobilen Technologien flexibler zu gestalten (ebd., S. 5 ff.; siehe auch Abbildung 41): ‐ In der Schule soll die Lernumgebung Informationstechnologien handhabbarer machen, als Plattform für Kollaboration und Distribution von Inhalten, die Verwendung digitaler Technologien ermöglichen und die Erstellung von digitalen Portfolios sowie neue pädagogische Praktiken unterstützen (ebd., S. 9). ‐ Zu Hause soll eBag über die PCs oder Notebooks der Schüler verfügbar sein, Zugriffsmöglichkeiten auf ihre Hausaufgaben bieten und das digitale Einreichen der erledigten Aufgaben ermöglichen, als digitales Portfolio für die Arbeiten der Schüler 305 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis dienen, ihnen den Zugriff auf Lernmaterial vereinfachen und als „Gedächtnisstütze“ bereitstehen, da die Schüler keine Aufgaben und Materialien in der Schule oder zu Hause vergessen können (ebd., S. 10). ‐ Unterwegs bietet eBag über Handys oder Notebooks Kommunikationsmöglichkeiten, erleichtert den Austausch von Material wie Bilder, Tondokumente und Filme, und Hausaufgaben können den Schülern auch auf Exkursionen zugeschickt werden (ebd., S. 11). ‐ In formalisierten Lernumgebungen wie Museen können Erfahrungen, die die Schüler vor Ort machen, direkt auf dem Handy abgespeichert werden und das Material kann anschließend z. B. den Eltern oder Lehrern gezeigt werden (ebd., S. 12). ‐ Unterschiedliche Medien können im eBag gesammelt werden. Über den Online-Zugang vergrößern sich Kommunikation- und Aktivitätsradius und der Zugriff auf Ressourcen (ebd., S. 13). ‐ In Freizeitkontexten kann die Technologie in Büchereien, Jugendclubs oder vergleichbaren Einrichtungen installiert werden. Damit kann Lernmaterial überall verfügbar gemacht werden, Inhalte und Daten aus formellen und informellen Kontexten finden zusammen. 4.2.3.1.3 Herangehensweise an Lehren und Lernen eBag wurde in unterschiedlichen dänischen Schulen getestet (Brodersen et al. 2004; 2005). Aus diesem Kontext stammen auch die hier aufgegriffenen Informationen. Abbildung 42 zeigt eine typische Situation von Frontalunterricht: Die Lehrerin steht an einem interaktiven Whiteboard, die Schüler sitzen an ihren Tischen und verfolgen die Aktivitäten der Lehrerin. Solche klassischen Lernszenarien gehören ebenso zu dem Konzept von eBag wie offenes, selbstorganisiertes und kollaboratives Lernen und Arbeiten (siehe Abbildung 43 und Abbildung 44). Generell scheint im Kontext des eBag-Projekts Lernen als eine kollaborative, dennoch individualisierbare und mobile Aktivität verstanden zu werden. Die Lehrer nehmen dabei die Rolle der Vermittler von Wissen 306 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis und Informationen ein, stehen aber in Situationen von Gruppenarbeiten oder Exkursionen als Berater zur Verfügung, die die Schüler dann unterstützen, wenn es notwendig ist. Abbildung 42: Die Arbeit mit eBag im Klassenzimmer: Szenario Frontalunterricht am Interactive Whiteboard (Fritsch 2007, S. 6). Wie die Projektmitarbeiter betonen, ist auch bei Unterrichtsdesigns, die Frontalunterricht vorsehen, die individuelle Förderung von solchen Schülern möglich, die vom durchschnittlichen Leistungsniveau abweichen. Dazu kann der Lehrer beispielsweise zusätzliches Material an lernschwache Schüler vergeben und stärkere Schüler durch andere Lernstrategien unterstützen (Brodersen et al. 2004, S. 301). Die Verbindung zwischen mobilen Technologien und einer Lernplattform ermöglicht es den Lernern nicht nur, ortsunabhängig auf Material zuzugreifen und es zu erstellen. Auch spielt bei dem Design von eBag die Möglichkeit einer einfachen Gruppenbildung für kollaboratives Lernen eine zentrale Rolle. Darin inbegriffen ist nicht nur die längerfristig geplante Kollaboration zwischen Lernern. 307 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Abbildung 43: Die Arbeit mit eBag in der Schule: Szenario Gruppenarbeit mit Notebooks (Fritsch 2007, S. 10). Denn es besteht die Möglichkeit, durch das Zusammenziehen von Profilbildern auf der eBag-Plattform situativ „ad hoc“ Gruppen zu formen (siehe Abbildung 44), je nach Verfügbarkeit anderer am System angemeldeter Lerner. Abbildung 44: Eine softwarebasierte Lerngruppe (Brodersen et al. 2005, S. 303). 308 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Beim Bilden von Gruppen erstellt die Software automatisch einen Gruppenordner, auf den alle Mitglieder dieser Gruppe zugreifen und per „drag and drop“ Material austauschen können (ebd., S. 302). Abbildung 45 zeigt dies auf der eBag-Oberfläche. Auf der linken Seite sind die am System angemeldeten und eingeloggten Nutzer zu sehen. In der Mitte und rechts befinden sich die geöffneten eBags zweier Nutzer. Wie durch die Pfeile dargestellt werden soll, lassen sich Dateien durch Ziehen auf Ordner anderer Nutzer oder Gruppen leicht verteilen. Abbildung 45: Teilnehmer, Einzelprofil und Dateiaustausch in der eBag-Software (Fritsch 2007, S. 8). Lernszenarios, die außerhalb des Klassenzimmers sowohl individualisiertes als auch vernetztes Lernen berücksichtigen, wurden im Rahmen des eBag- Projekts mittels Exkursionen geschaffen (Brodersen et al. 2005). Auf Exkursionen waren die Schüler mit ihren Handys unterwegs, um, wie in diesem Beispiel (siehe Abbildung 46), zur Geschichte der Stadt Aarhus zu recherchieren. Dazu gingen sie in die Stadt und interviewten Personen. Die Interviews wurden direkt mit den Handys aufgezeichnet und in den eBags der Schüler abgespeichert, von wo aus sie weiterverteilt wurden. (ebd.) 309 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Abbildung 46: Projektarbeit im Feld unter Verwendung von Handys (ebd., S. 299). Während der ersten Testläufe stellte die Projektgruppe fest, dass es notwendig ist, Funktionen in die Software zu integrieren, die es den Schülern ermöglichen, neben ihren Namen und Profilbildern auch Informationen zu ihren Hobbys und Freunden zu zeigen und kurze Nachrichten zu posten, z. B. auf Exkursionen (ebd., S. 303). Mit dieser Form der Personalisierbarkeit sollten Sozialstrukturen der Lerner unterstützt werden (Brodersen et al. 2004, S. 304). Abbildung 47: Der eBag einer Schülerin (Fritsch 2007, S. 7). 310 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Abbildung 47 zeigt einen eBag, der neben den Standardfunktionen wie Posteingang („Indbakke“), gemeinsame Dokumente („Fælles“) und eigene Dateien („Privat“) auch personalisierbare Felder beinhaltet, die hier mit dem Text „Willkommen in meiner Schultasche Das ist mein Pony Beauty“ und dem Bild des eigenen Ponys sowie einem Merkzettel („Merken. Essensgeld“) zeigt. 4.2.3.1.4 Technologien und Voraussetzungen Neben einem Bluetooth-fähigen mobilen Gerät, in diesem Fall Handys, besteht das eBag-System aus einem Computer, auf dem die Software aufgespielt ist, sowie aus Bluetooth-Sensoren und einem interaktiven Whiteboard, das ebenfalls an die Software angeschlossen ist (dazu und zur genauen Softwarearchitektur siehe Brodersen et al. 2004; 2005). Die Bluetooth-ID, eine eindeutige Identifikation, wird verwendet, um die Handys der Schüler automatisch am System anzumelden, sobald sie sich dem Bluetooth-Sensor nähern (ebd., S. 300 f.). Die ID ist mit dem eBag- Profil des jeweiligen Schülers verbunden und ermöglicht den sofortigen Zugriff auf die in den verfügbaren Ordnern vorhandenen Materialien (ebd.). Gleichzeitig erscheint das Profil-Icon des jeweiligen Schülers auf dem Computer, der als Plattform an das System angeschlossen ist (Brodersen et al. 2004; 2005, S. 302; siehe dazu Abbildung 45 links). 4.2.3.1.5 Projektergebnisse Die Projektergebnisse, die durch die Forschergruppe verfügbar gemacht wurden, beziehen sich im Wesentlichen auf die Evaluierung des Produkts eBag. Die Arbeiten und Lernprozesse der Schüler fanden dabei keine explizite Berücksichtigung, vermutlich weil die Forschergruppe im Wesentlichen aus Entwicklern und Programmieren besteht, die wenig expliziten Bezug zu medienpädagogischer und erziehungswissenschaftlicher Theorie und Praxis haben. 311 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 4.2.3.1.6 Gesammelte Erfahrungen/Fragen Ergebnisse der Evaluierung der Testläufe an unterschiedlichen Schulen (siehe dazu Brodersen et al. 2004; 2005) sind eher allgemein formuliert (Fritsch 2007, S. 17): Sie rangieren von „Schüler werden ernst genommen“ (ebd.) bis „die Technologie macht sie selbstsicherer in der Präsentation und Arbeit von und mit schulbezogenen Arbeiten“ (ebd.), sie beinhalten die Feststellung, dass multimediale Inhalte nicht nur zur Unterhaltung, sondern auch zum Lernen verwendet werden, digitales Material leicht organisiert werden kann und dass der Zugriff schnell und unkompliziert funktioniert. Auch wurde festgestellt, dass die Welt nicht durch die Technologie erfahren wird, sondern die Schüler Technologie verwenden, um die Welt auf eine neue Weise zu erfahren und zu erleben, und dass mit der Software die Lernräume Schule und Zuhause miteinander verbunden werden. (ebd.) Generell sind einige der Ergebnisse mit Blick auf die britische Mobile-Learning-Diskussion als bereits bekannt einzustufen – z. B. wären das die Aspekte zur Verbindung von unterschiedlichen Orten wie Schule und Zuhause. Dennoch wird deutlich, dass das Modell eBag die Lerner in das Zentrum des Lernprozesses stellt. Zum Beispiel stärkt die Expertise der Lerner im Umgang mit Digitaltechnologien sie bei kulturellen Praktiken wie der Präsentation von Aufgaben. 4.2.3.1.7 Empfehlungen und zukünftige Möglichkeiten Als künftige Herausforderungen formulieren die am Projekt beteiligten Forscher u. a. technologische Herausforderung wie beispielsweise die Infrastruktur an Schulen und pädagogische Aspekte wie die Umsetzung in der Unterrichtspraxis und eventuelle Veränderungen in der pädagogischen Praxis (ebd., S. 18). Als künftige Entwicklung werden neben der Monetarisierung des Produkts eBag u. a. die vermehrte Nutzung von Handys, die Integration von Weblogs in das System und Möglichkeiten der Anbindung an andere (Lern-)Plattformen und das Web anvisiert (ebd., S. 19). 312 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 4.2.3.2 Projektanalyse 4.2.3.2.1 Handlungskompetenzen, Strukturen, kulturelle Praktiken; Auffassungen von Mobilität; nutzergenerierte Inhalte und Contexte Strukturell determinierte und situativ hergestellte Lerncontexte Das Konzept „eBag“ bietet über die konvergente Infrastruktur eine deutliche Ausweitung von Lernorten und zudem die Verfügbarkeit aller Materialien an jedem beliebigen Ort – die Netzwerkausstattung der Technologien vorausgesetzt. Die Lerner sind dadurch mobil bezogen auf physische Orte, mobil in den Sozialformen beim Lernen, mobil in Bezug auf den Austausch von Informationen, Lernmaterialien und Konversation. Solch eine Lernumgebung eröffnet auch die situative Zusammensetzung von Lerngruppen, die in der Anzahl nicht begrenzt ist und die unterschiedliche Ausgangspunkte haben kann: So kann die Zusammensetzung nach Vorgabe der Lehrer geschehen, sich nach der ortsbezogenen oder virtuellen Nähe der Lerner richten oder gar nach ihren Interessen, die über die knappen personalisierten Profile der Lerner ersichtlich sind. Die kulturellen Praktiken, die dabei zum Tragen kommen, sind maßgeblich an die Technologien gebunden. Durch die Handlungskompetenzen, die in Zusammenhang mit der Nutzung der Funktionen der Technologien stehen, scheinen die Schüler relativ frei in der Handhabung der Technologien zu sein, sofern das gestellte Lernziel erreicht wird. Sicherlich spielt die Pragmatik und die Situationsangemessenheit dabei eine Rolle: Beispielsweise nehmen die Schüler auf der Exkursion durch die Stadt Aarhus Interviews mit ihren Handys auf. Denkbar wäre auch ein MP3-Rekorder oder gar ein Kassettenrekorder gewesen. Da jedoch die Infrastruktur von eBag die direkte Übertragung der Tondateien vom Handy auf die eBag-Plattform ermöglicht, ist dieser Weg der praktikablere. Zudem sind die Dateien dann ohne weitere Bearbeitung und sofort von allen anderen Schülern abrufbar. Alltagsästhetisch homogene Lerngruppen Eine Verbindungslinie zwischen Alltag und Schule könnte vor dem Hintergrund der eBag-Plattform und der dort personalisierten Bereiche durch Alltagsästhetik und Erlebnisorientierung hergestellt werden – zwei 313 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis Bereiche, die im Rahmen von Schule häufig keinen Platz finden oder aber auf das Zur-Schau-Stellen des eigenen Fantums auf Mäppchen und Schulranzen beschränkt bleiben (siehe dazu auch bspw. Seipold et al. 2010). Wie die Bilder des Pferds in einem der Schülerprofile (siehe Abbildung 47) nahelegen, könnten sich über solche Informationen Lerngruppen zusammenfinden, die nicht nach Leistungs-, Gender- oder sonstigen durch den Lehrer oder institutionelle Strukturen vorgegebenen Aspekten zusammengesetzt sind. Das Hobby könnte so Ausgangspunkt für „alltagsästhetisch homogene“ Lerngruppen werden oder aber Gruppen von Schülern gezielt zusammenführen, die sich gerade in diesen Aspekten der Alltagsästhetik und Erlebnisorientierung mit ihren jeweils spezifischen Aneignungsmechanismen und kulturellen Praktiken unterscheiden. Wie sehr alltagsästhetische Präferenzen unter dem Mantel von Fantum und Experte-Sein zu lernergenerierten Contexten führen können, ist in Ansätzen in Kapitel 3.3 angeführt und findet sich auch erläutert in Seipold et al. (2010). 4.2.3.2.2 Herangehensweisen an Lehren und Lernen (Didaktik) Die Lernformen, die eBag begünstigt, sind vielfältig. Die Möglichkeiten reichen von lehrerzentrierten Designs bis hin zu offenen und vernetzten Kollaborationsformen. Zudem vermischen sich durch die Verfügbarkeit von Lernmaterialien unabhängig von Lernorten die traditionell voneinander getrennten Räume Schule und Freizeit. Durch die Plattformlösung steht den Lernern ein Archiv zur Verfügung, das in Kollaboration gefüllt wird. Die Schüler haben somit das gleiche Material verfügbar und können darauf für die eigenständige Erledigung von Aufgaben oder die gemeinsame Erarbeitung in Prozessen der gemeinsamen Bedeutungszuweisung zurückgreifen. Die Rolle der Lehrer reicht von der des „Wissensvermittlers“ hin zu dem Lehrer als Moderator, als Unterstützer im Lernprozess oder als Wegweiser zu Lernressourcen. 314 Mobiles Lernen in der Unterrichtspraxis 315 4.2.3.2.3 Replizierbarkeit und Übertragbarkeit Das Projekt eBag dürfte nicht all zu leicht replizierbar sein, da es eine relativ komplexe und kostspielige Infrastruktur voraussetzt. Zudem wird davon ausgegangen, dass nicht nur die Schüler Bluetooth-fähige Handys besitzen, sondern auch, dass Lehrer und Schüler ihre Materialien in digitaler Form verfügbar haben und machen und dass sie auch außerhalb der Schule auf eine Netzinfrastruktur zurückgreifen können, die es ihnen ermöglicht, ortsunabhängig auf Lernmaterialien zuzugreifen und die eBag-Funktionen zu nutzen. Die didaktischen Implikationen jedoch sind auch ohne die Technologien realisierbar: kollaboratives Lernen, individualisiertes und personalisiertes Lernen, Ad-hoc-Lerngruppen, Lernen auch in informellen Kontexten und außerhalb der Schule. Kapitel 5 Fazit: Systematisierungen, Forderungen und Ausblicke 5. Fazit: Systematisierungen, Forderungen und Ausblicke Die Fazits an die bisherigen Ausführungen anzubinden – oder besser: aus den bisherigen Ausführungen Fazits zu ziehen – ist nicht nur einer der letzten Schritte bei der Fertigstellung der Arbeit. Auch deckt er Bereiche auf, in denen Unstimmigkeiten deutlich werden, in denen das bisherige Vorgehen in einigen Bereichen infrage gestellt wird und in denen Aussagen zu Ergebnissen relativiert werden müssen. Dies ist allerdings als Chance zu verstehen, da es nun möglich wird, beispielsweise Analyserahmen zu verfeinern, Entwicklungslinien zu ergänzen und die Phasen des Wissenschaftsprozesses zu präzisieren. Entsprechend sind die hier formulierten Ergebnisse als vorläufig und als Tendenzen zu verstehen. Sie können keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, da sie aus dem spezifischen wissenschaftlichen Kontext der Autorin heraus entstanden sind. Dennoch ist es so, dass die Fazits Gültigkeit in Bezug auf diese Arbeit besitzen und die Schlüsse entsprechend stimmig sind. In der Perspektive der sich ständig weiterentwickelnden Mobile-Learning-Diskussion sind sie sicherlich als pointiert und überspitzt formuliert zu sehen – findet doch faktisch auch in den Bereichen Mobile-Learning-Forschung statt, die es bisher nicht auf die Agenda der Community geschafft haben und als Nischenforschung betrieben werden. Gerade diese Bereiche könnten es sein, die das, was hier als Forderungen und Defizite formuliert ist, kompensieren. Die Fazits, die hier gezogen werden, beziehen sich auf zwei Bereiche: zum einen auf die Struktur des Wissenschaftsprozesses und die Diskussion zum Mobilen Lernen, die in Kapitel 2 erarbeitet wurden und Ergebnis einer heuristischen Analyse sind; zum anderen beziehen sie sich auf die hermeneutische Analyse der Projekte zum Mobilen Lernen aus der Unterrichtspraxis aus Kapitel 4. Gemeinsam ist diesen beiden Bereichen, dass sie sowohl auf der Grundlage unklarer und widersprüchlicher Phänomene wie z. B. gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und der Diskrepanz zwischen Alltag und Schule argumentieren und handeln, zum anderen dabei aber auch widersprüchliche Ergebnisse und Phänomene hervorbringen, z. B. ein unklares Verständnis von Mobilität und sich verändernde Fazit Funktionalitäten von Medien und Modi. Generell gesehen beziehen sich die Ergebnisse auf die Dialektik der Erkenntnisse, Aussagen über Schwerpunkte und Aussagen über Bedarfe (siehe dazu auch die Einleitung). Die Mobile-Learning-Diskussion wird von bildungspolitischen Forderungen, Widersprüchen und Innovationen begleitet. So geht es bei der Diskussion um Mobiles Lernen nicht nur um Lernen – mit oder ohne Mobiltechnologien –, sondern generell um bildungspolitische Forderungen und die Notwendigkeit, das Schulsystem, Lernen und die Rolle der Lehrer und Lerner vor dem Hintergrund aktueller Veränderungen in der Massenkommunikation und der Gesellschaft zu verstehen. Dabei ist die Tendenz nicht von der Hand zu weisen, dass die Mobile- Learning-Diskussion oftmals den Anschein hervorruft, mobile Technologien würden das Lernen revolutionieren und Strukturen und Sozialformen hervorbringen und ermöglichen, die bisher so nicht möglich waren. Dies hat in weiten Bereichen seine Berechtigung, vor allem dort, wo mobile Technologien Konvergenz, affektive Nutzung und situiertes Handeln etc. begünstigen. Mit Blick auf die oben aufgeführten Theorien und Modelle ist diese Verkürzung jedoch nicht haltbar. Möglicherweise liegt dies darin begründet, dass viele der Untersuchungen zum Mobilen Lernen – und dies ist ein weiterer augenscheinlich auffälliger Punkt – mit Theorien und Modellen als Schlagworten hantieren, ohne entsprechende theoretische Rahmen mitzuliefern oder ihre Argumentation theoretisch zu fundieren. Der Blick auf die Mobile-Learning-Praxis verrät, dass viele Bereiche im Gegensatz dazu stehen, was die Theorie nahelegt. Entsprechend findet eine Menge an „Pseudo“-Öffnungen in Richtung der Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Strukturen des Alltags der Lerner statt. Dies bezieht sich vor allem auf die Funktionen der Geräte und die Möglichkeiten, die sie eröffnen, z. B. den Ad-hoc-Zugriff auf und die schnelle Verteilung von Inhalten und Informationen, auf das didaktische Design, das die Aktivitäten der Lerner auf behavioristisches Lernen reduzieren kann, anstatt konstruktivistisches Lernen zu fördern, oder es kann sich auf situiertes Lernen beziehen, das zu dem Sammeln von Informationen werden kann, die auf konvergenten Technologien wie Plattformen abgespeichert werden. 319 Fazit Daneben, und das ist Teil der Dialektik des Mobilen Lernens, sind echte Innovationen bei der Verwendung von Mobiltechnologien zu beobachten. Sie sind oftmals Errungenschaften der Lerner – unabhängig von den Intentionen der Lehrer und dem didaktischen Design – oder aber eben in Aspekten der „Pseudo“-Öffnung angelegt. Letztere sind als Strukturen einzustufen, die gleichberechtigten Zugriff auf Informationen und Ressourcen ermöglichen und so gleichberechtigtes und diskursives Engagement in gemeinsamen Lernprozessen ermöglichen. Ersteres bezieht sich auf die Repräsentationsmodi der Lerner und deren Aktivitäten im Lernprozess. Beispielsweise revidieren Lerner bei der Herstellung von Learner-generated Contexts existierende Strukturen, verbinden sie miteinander und etablieren neue. Das Fazit umfasst drei Kernbereiche: Teil eins erläutert die Systematik des Wissenschaftsprozesses mit Blick auf eine mögliche Operationalisierung zum Zweck der Verwendung als Methode zur Planung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis. Teil zwei formuliert einige Fazits, die bei der Bearbeitung des Wissenschaftsprozesses gezogen werden konnten. Teil drei fokussiert die Mobile-Learning-Praxis und beschreibt Ergebnisse, die im Verhältnis zu den Forderungen des Wissenschaftsprozesses und dem theoretischen Rahmen der Sozio- kulturellen Ökologie Mobilen Lernens zu sehen sind. Fazit und Arbeit schließen mit einem knappen Ausblick auf mögliche künftige Schwerpunktsetzungen in der Mobile-Learning-Forschung. Sie sind als Konsequenzen für den Wissenschaftsprozess zu verstehen, die auf der kritischen Auseinandersetzung mit dem Wissenschaftsprozess –sowohl mit Blick auf seine Phasen und Entwicklungslinien als auch auf die Mobile-Learning-Praxis – basieren. 320 Fazit 5.1 Systematik des Wissenschaftsprozess und ihre Relevanz für die kritische Diskussion theoretischer und praktischer Aspekte der Mobile Learning-Forschung Die Struktur des Wissenschaftsprozesses der vergangenen zehn Jahre der medienpädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Mobile- Learning-Forschung, die in Kapitel 2 dargestellt ist, ist selbst Teil der Ergebnisse dieser Arbeit. Um aus der Mobile-Learning-Diskussion eine Struktur herauszuarbeiten, die Aussagen über bisherige und aktuelle Themenschwerpunkte, Argumentationslinien und auch künftige Schritte und Bedarfe erlaubt, wurde als Methode eine Variante der qualitativen Heuristik verwendet (siehe dazu die Ausführungen zur Methode in der Einleitung dieser Arbeit). Die Struktur des Wissenschaftsprozesses, so wurde deutlich, kann in Phasen und Entwicklungslinien abgebildet werden. Die Phasen strukturieren den Wissenschaftsprozess dabei zeitlich (horizontale Strukturierung), die Entwicklungslinien strukturieren ihn thematisch (vertikale Strukturierung). Die Entwicklungslinien sind dabei als zeitlich unabhängig anzusehen. Allerdings charakterisieren sie die jeweiligen Phasen bzw. prägen sie durch dominierende Themenschwerpunkte. Phasen und Entwicklungslinien bilden die Struktur des Wissenschaftsprozesses ab Im Wesentlichen können die bisherigen drei Phasen des Wissenschaftsprozesses knapp mit den Überschriften „Exploration“ (Phase 1), „Anwendung“ (Phase 2) und „Entwicklung“ (Phase 3) benannt werden (siehe Abbildung 48). Sie fanden innerhalb der vergangenen zehn Jahre statt und können zeitlich auf jeweils ca. fünf Jahre eingegrenzt werden. 2000 2005 2010 FUTUREPAST Phase 2: Anwendung Phase 1: Exploration Phase 3: Entwicklung Abbildung 48: Zeitliche Einordnung der Phasen der erziehungswissenschaftlichen und medienpädagogischen Mobile- Learning-Forschung (eigene Darstellung). 321 Fazit Phase 1 bezog sich maßgeblich auf Aspekte der Implementierung von Mobiltechnologien in Lehr-/Lernkontexte. Ausgangspunkte waren dabei Fragestellungen mit Blick auf Technologie (Technologiezentrierung), die Lerner (Lernerzentrierung) und Lerninhalte (Inhaltezentrierung). Phase 2 ist durch die Öffnung hin zu Modellen gekennzeichnet, die kollaboratives und situiertes Lernen fokussieren. Dabei wurden im Wesentlichen drei Transformationsmodelle berücksichtigt: die Activity Theory, der Conversational Framework und das Analysemodell von Mike Sharples et al. Mike Sharples‘ Modell kennzeichnet bereits den Übergang zur Phase 3, der Theorieentwicklung. Zum einen ist das Modell auf die Adaption bisheriger „Erfolgsmodelle“ bei der Planung und Analyse Mobilen Lernens ausgerichtet, zum anderen beinhaltet es Aspekte, die für Phase 3 charakteristisch sind. Die Phase 3 zieht den Alltag der Lerner in Betracht und favorisiert ein Strukturmodell, das Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken der Lerner und gesellschaftliche Strukturen in Einklang sehen möchte. In dieser Phase beginnt auch das Modell der Learner-generated Contexts erklärungsmächtig für Planung und Analyse von Lernpraxis zu werden. Eine Anbindung an das Modell der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens wird versucht. Elemente des Wissenschaftsprozesses als argumentative Bezugsrahmen in der Mobile-Learning-Diskussion Die Phasen und Entwicklungslinien sind inhaltlich auf Bereiche ausgerichtet, die bezugnehmend auf die Hermeneutik als Methode als „Elemente“ des Wissenschaftsprozesses bezeichnet werden können. Bisher wurden die Elemente des Wissenschaftsprozesses im Methodenteil dieser Arbeit erwähnt, bei der Darstellung des Wissenschaftsprozesses allerdings nicht weiter berücksichtigt, um Komplexität aus der Erläuterung zu nehmen. Welche Ebene konkret als „Elemente“ zu bezeichnen ist, ist zudem nicht eindeutig festzustellen. In der Retrospektive würde es Sinn machen, die Aspekte als Elemente zu bezeichnen, auf die argumentativ Bezug genommen wird. Dies wären, das legen die Ausführungen zu den Phasen und Entwicklungslinien in Kapitel 2.3 nahe, die Lerner, der Lernprozess, die Technologien, das Schulsystem und die Gesellschaft. In Kapitel 2.2.2 wurden sie als 322 Fazit „Schwerpunktsetzungen und Kontextualisierungen der Forschungsaktivitäten innerhalb der Mobile-Learning-Diskussion“ bezeichnet (siehe dazu auch Abbildung 9 auf Seite 103). Die Elemente und ihre Beziehung zueinander machen innerhalb des Wissenschaftsprozesses Teile der Struktur aus. Im Rahmen dieser Arbeit wäre das die vertikale Strukturierung, also die Entwicklungslinien. Der Fokus auf jeweils eines der Elemente oder aber eine Kombination aus ihnen würde dann die jeweiligen Phasen charakterisieren. Abbildung 49: Schwerpunktsetzungen und Kontextualisierungen der Forschungsaktivitäten innerhalb der Mobile-Learning- Diskussion (Seipold 21.03.2011). 323 Fazit Forderungen aus dem Wissenschaftsprozess adressieren Lerner, Lernprozess, Technologien, Schulsystem und Gesellschaft Der Wissenschaftsprozess beinhaltet Forderungen danach, was Mobiles Lernens sein oder bewirken sollte. Solche Forderungen sind mal mehr, mal weniger explizit artikuliert und resultieren aus der Auseinandersetzung mit bestimmten Aspekten innerhalb der Mobile- Learning-Diskussion, die gerade mit „Elementen“ benannt wurden und sich innerhalb der Entwicklungslinien manifestieren. Als Forderungen kristallisierten sich in Kapitel 2 folgende heraus (siehe Abbildung 49): ‐ Lerner sollen sein: selbstverantwortlich, kreativ, gestaltend, kompetent, vernetzend, nachhaltig, mobil, Handlungskompetenzen haben, kulturelle Praktiken beherrschen; ‐ Lernprozess soll sein: diskursiv, kommunikativ, gleichberechtigt, situiert, partizipativ, aktivitätenzentriert, konversationsgeprägt, kontextualisiert, lernerzentriert ‐ Technologien sollen sein: Infrastruktur, Ressource, Ermöglicher, Werkzeug, Gleichberechtigung, personalisierbar, miniaturisiert, sich nahtlos einfügen und mittels Top-down-Ansatz, Bottom-up-Ansatz oder bedarfsorientiert implementiert werden; ‐ Schulsystem soll sein: offen, kritisch, Reflexion fördernd, einordnend, protektionistisch ‐ Gesellschaft: Lernen und Aneignung soll als kulturell situiert verstanden werden. 324 Fazit Abbildung 50: M-Learning ist … (Seipold 21.03.2011). Diese Liste lässt es erahnen: Hier sind nur einige der Forderungen zusammengefasst, die tatsächlich existieren. Weitere umfasst Abbildung 50, die anhand eines knappen Literaturberichts (siehe dazu die Auflistung in Kapitel 2.2.2) erstellt wurde. 325 Fazit Forderungen nach Innovation, Demokratisierung und Emanzipation Die Implikationen dieser Forderungen sind, auf einer Meta-Ebene, bildungspolitische, bei denen es um Veränderungen im Bildungssystem geht. Konkret sind das Innovation, Demokratisierung und Emanzipation des Lernens, des Bildungssystems, des Lernprozesses. „Emanzipation“ bezieht sich dabei nicht auf etwaige Diskussionen, die bereits zu früheren Zeiten in der Pädagogik zum Stichwort Emanzipation geführt wurden; vielmehr soll die Anbindung an Konzepte wie die der Ermächtigung der Lerner (siehe bspw. Luckin et al. 2010) oder der diskursiven Beteiligung am Lernprozess (siehe bspw. Laurillard 2007) gelingen und eine Diskussion angestoßen werden, die die Dialektik dieser neugewonnenen Freiheit kritisch hinterfragt. ‐ Innovation bezieht sich auf den Fokuswechsel weg von Lernen mit Mobiltechnologien hin zu dem Versuch, zu fassen, was Lernen unter den aktuellen soziokulturellen Vorzeichen ist. ‐ Demokratisierung bezieht sich auf das Bildungssystem und den Lernprozess, der den aktuellen gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen ebenso wie den Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken, die Lerner entwickeln, angepasst werden muss. ‐ Emanzipation bezieht sich auf die Rolle der Lerner im Lernprozess und auf deren Mitspracherecht im Lernprozess. Dies umfasst sowohl die Frage nach der Auswahl der Ressourcen, die als relevant für Lernen erachtet werden, als auch nach Lernformen. Letztere sind, gerade vor dem Hintergrund der Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner, zunehmend weniger an Zulieferung und Wissensvermittlung als vielmehr an kollaborative und partizipative Formen der Aneignung ausgerichtet. Die Technologien und die Gesellschaft, die als „Elemente“ des Wissenschaftsprozesses Bezugspunkte für Forderungen sind, bleiben an dieser Stelle Bezugs- und Referenzpunkte und argumentative Grundlage. An Technologien sind Forderungen geknüpft, die sich auf die Rolle der Technologien bei Lernen und die Art der Implementierung in Lehr- /Lernkontexte beziehen. Gesellschaftliche Entwicklungen hingegen liefern die Gründe für Forderungen nach Veränderungen. 326 Fazit Forderungen als Anhaltspunkte für Planung und Analyse von Mobile-Learning-Praxis Wie sich bei der Strukturierung des Fazit-Kapitels herausstellte, bilden die „Elemente“ des Wissenschaftsprozesses zusammen mit den Forderungen, die an sie anknüpfen, eine mögliche Grundlage für die Analyse und Planung von Mobile-Learning-Praxis. Anhand dieser könnte Mobile-Learning-Praxis zudem den Forderungen, die sich aus der theoretischen Auseinandersetzung mit dem Mobilen Lernen ergeben, kritisch gegenübergestellt werden. Da sich diese Systematik, die eine ansatzweise Operationalisierung der Mobile-Learning-Diskussion für methodologische Zwecke ist, erst am Ende der Bearbeitung ergeben hat, kann sie an dieser Stelle lediglich als Ausblick stehen. Für den Moment dienen sie lediglich als Anhaltspunkte, um erste Ergebnisse zu formulieren, die sich auf den Wissenschaftsprozess beziehen, und einige der Forderungen, die aus ihm hervorgehen, zu erläutern und mit der Praxis zum Mobilen Lernen zu kontrastieren. Analyse von Mobile-Learning-Praxis auf Grundlage der Sozio- kulturellen Ökologie Mobilen Lernens Die Kategorien, die tatsächlich zur Analyse der Praxisbeispiele herangezogen wurden (siehe dazu Kapitel 4.1), stammen aus dem Kontext der Entstehung des Strukturmodells der „Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens“ der London Mobile Learning Group (LMLG). Sie beziehen sich auf Bereiche, die zum damaligen Zeitpunkt als geeignet erachtet wurden, um Mobile-Learning-Praxis in Schulkontexten vor dem Hintergrund von Kategorien zu analysieren, die einem kulturökologischen Verständnis von Lernen nahestehen: ‐ Handlungskompetenzen (agency), Strukturen (structure), kulturelle Praktiken (cultural practices), ‐ Herangehensweisen an Lehren und Lernen (für den deutschsprachigen Raum: „Didaktik“), ‐ Auffassungen von Mobilität, ‐ Lerner- oder nutzergenerierte Inhalte und Contexte, ‐ Replizierbarkeit und Übertragbarkeit. Diese Stichpunkte waren für eine objektiv-hermeneutische Analyse leitend. 327 Fazit „Innovation“ und „pseudo“ als Referenzpunkte anstelle von Ja-nein- Kategorisierungen Um nun eine simple Ja-nein-Abfrage der Kategorien zu vermeiden, ist es notwendig, Mobile-Learning-Praxis zu beschreiben und zu hinterfragen. Die Forderungen bleiben zunächst ausgeklammert. Erst in einem letzten Schritt werden die Ergebnisse dann mit den Forderungen aus dem Wissenschaftsprozess kontrastiert, um eine argumentative Anbindung der Praxis an die theoriegeleitete Diskussion herzustellen. Die Ergebnisse, die daraus resultieren, sind neben der interpretativen Beschreibung der Praxisbeispiele Gegensätze. Herauskristallisiert haben sich bei der Bearbeitung und Analyse der Mobile-Learning-Projekte zum Beispiel folgende Gegensätze: ‐ subjektiv vs. objektiv, ‐ ad hoc / affektive / intuitive Nutzung vs. Nachhaltigkeit, ‐ didaktisches Design vs. Technologien vs. Lerner, ‐ vorgegebene Bedeutungen vs. gemeinsam ausgehandelte Bedeutungen, ‐ Vergänglichkeit vs. Nachhaltigkeit, ‐ monomodal vs. multimodal, ‐ formell vs. informell, ‐ affektiv vs. kontrolliert, ‐ Alltag vs. Institution, ‐ Instruktion vs. Dekonstruktion. Diese Aspekte sind weiter unten im Fazit ausgeführt (siehe Kapitel 5.3). Systematisierung der Ergebnisse aus der Praxisforschung als Beitrag für die Weiterentwicklung des Mobilen Lernens So, wie die Struktur des Wissenschaftsprozesses Ergebnisse hervorbringt, die für die Analyse von Mobile-Learning-Praxis hilfreich sind, so kann die Systematisierung der Ergebnisse aus der Mobile-Learning-Praxis einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Wissenschaftsprozesses leisten. Auch hier hat sich eine Systematik erst in der Endphase der Arbeit ergeben und konnte nicht mehr weiterführend bearbeitet werden. Dennoch ist es für die argumentative Unterfütterung künftiger Mobile- Learning-Forschung relevant, herauszustellen, dass die Fazits aus der 328 Fazit Praxisanalyse (zur Praxisforschung siehe Kapitel 4 sowie Kapitel 2.1.2) folgende Bereiche umfassen: Implementierung, Didaktik, Funktionen und Funktionalitäten der Technologien, konvergente Technologien, Multimodalität, Handlung verändert Struktur. ‐ Implementierung: Die Implementierung mobiler Technologien geschieht aus Gründen, die sich entweder in erster Linie auf die Technologien beziehen oder in erster Linie auf die Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner. Daneben existieren Projekte, die Mobiletechnologien dann einsetzen, wenn es im Lernprozess notwendig erscheint. ‐ Didaktik: Trotz aller Potenziale, die Mobiltechnologien für Lernen bieten, ist es letztlich der Lehrer, der mit seinem didaktischen Design entscheidet, wie sehr der Unterricht geöffnet und damit von Instruktion und behavioristischem Lernen abweicht. ‐ Funktionen und Funktionalitäten der Technologien: Technologien werden im Unterricht oftmals „rekontextualisiert“ und ihre Funktionalitäten dabei durch den Lehrer uminterpretiert. Das heißt, Geräte werden im Unterricht nicht immer so genutzt, wie sie im Alltag verwendet würden. Subjektivität, Affektivität oder Unmittelbarkeit werden zugunsten von Objektivität, Kontrolle und Nachhaltigkeit zurückgestellt. ‐ Konvergente Technologien: Konvergente Technologien befördern in Unterrichtskontexten oftmals ähnliche Situationen wie die Rekontextualisierung der Geräte. Dabei werden die originären Funktionen und Funktionalitäten und die daran angebundenen Aktivitäten ausgeklammert. Brüche entstehen, die ursprünglich durch die Verwendung von Mobiltechnologien aus dem Alltag in der Schule vermieden werden sollten. ‐ Multimodalität: Bei der Analyse der Produkte – Objektivationen oder Kulturprodukte –, die durch die Lerner entstehen, wird deutlich, welche Einstellung und Beziehung sie beispielsweise zum Lernen, zu Lernrelevantem, zum Verhältnis Alltag–Schule etc. haben. Dies alles teilen die Lerner zwar implizit, aber dennoch mit. Diese Informationen müssen nur entschlüsselt werden. 329 Fazit ‐ Handlung verändert Struktur: Dass Handlung Struktur verändert, ist einer der zentralen Ausgangspunkte in der Argumentation der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens. In der Praxis müsste dies ein wenig abgeschwächt werden, denn wieder sind es Lehrer und didaktisches Design, die diese Veränderungen zulassen oder eben verwehren. Dennoch wird mit Blick auf die Aktivitäten der Lerner in einigen der in Kapitel 4 angeführten Beispiele deutlich, dass die viel geforderten „Learner-generated Contexts“ durch die Lerner entstehen – und dies teils auf solch selbstverständliche Weise, dass es erstaunt. Lerner schaffen die „nahtlosen Übergänge“ auf Grundlage ihrer Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Alltagsressourcen dort, wo Schule dazu neigt, trotz der Verwendung von Mobiltechnologien Brüche zu erzeugen. Diese Kategorisierung erhebt ebenso wie die Zusammenstellung der „Elemente“ des Wissenschaftsprozesses weiter oben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dennoch dient diese Kategorisierung ebenso wie die Elemente als Beitrag zur Operationalisierung des Wissenschaftsprozesses mit Blick auf eine Methode zur Planung und Analyse von Mobilem Lernen. An dieser Stelle sollte deutlich werden, dass die Kategorien Aspekte umfassen, die im bisherigen Wissenschaftsprozess nicht derart prägend waren, dass aus ihnen Entwicklungslinien hervorgingen. Dies mag nicht unmittelbar auf die Bereiche Implementierung und Didaktik zutreffen. Die Funktionen und Funktionalitäten, Konvergenz, Multimodalität und Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken allerdings – sie sind aktuell lediglich unter der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens und in Teilen auch in dem Analysemodell von Mike Sharples et al. gefasst – gehören bisher nicht zu den prominenten Bereichen der Mobile-Learning- Forschung. Hermeneutischer Wissenschaftsprozess und Aussichten Dass die Praxis anhand der Theorie hinterfragt wird, liegt an der Systematik dieser Arbeit. Sicherlich ist auch denkbar, Theorie anhand von Mobile-Learning-Praxis zu unterfüttern und den 330 Fazit Wissenschaftsprozess in der nächsten Phase auf die Analyse von Aktivitäten, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner zu lenken. Dies geschieht letztlich im abschließenden Absatz 5.4. Hier wird ein knapper Ausblick gegeben, der vor dem Hintergrund der hier erarbeiteten Ergebnisse die nächsten Schritte im Wissenschaftsprozess andeuten könnte. Gesellschaft [Phase 3] Lernprozess [Phase 2] Technik [Phase 1] Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken Kulturelle Produkte Abbildung 51: Aktuelle Phasen des Mobile-Learning- Wissenschaftsprozesses (links) und Ausblick auf mögliche kommende Phasen (rechts) (eigene Darstellung). Denn möglicherweise, und diese Frage stellt sich mit Blick auf die Phasen und Entwicklungslinien, befindet sich die Mobile-Learning-Forschung zurzeit an einem Punkt, an dem sie sich, als hermeneutischer Prozess begriffen, vom Spezifischen hin zum Allgemeinen bewegt hat, also von der Frage nach einzelnen Phänomenen wie Mobilem und Mobilität hin zu eher strukturellen Aspekten wie Gesellschaft, Bildungssystem, Handlungspraktiken innerhalb dieser Strukturen etc. In weiteren Phasen wäre also wieder eine stärkere Fokussierung auf die Phänomene gefragt, dann unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Forschung, die die letzten Phasen hervorgebracht haben (siehe Abbildung 51). 331 Fazit 5.2 Fazits mit Blick auf den Wissenschaftsprozess der Mobile- Learning-Diskussion Bei der Auseinandersetzung mit der Mobile-Learning-Diskussion gibt es einige Bereiche, die ins Auge fallen, da sie entweder sehr dominant oder eher ungewöhnlich sind. Dazu gehören beispielsweise die lauten Stimmen der Befürworter des Mobilen Lernens, die teils inflationäre Verwendung bestimmter Modelle und theoretischer Rahmen oder die Verwendung von Metaphern bei der Rahmung aktueller Phänomene der Mobile-Learning-Diskussion. Auch stellt sich mit Blick vor allem auf Phase zwei und drei der Mobile-Learning-Forschung die Frage, ob es denn tatsächlich noch um Mobiles Lernen geht oder nicht eher um Lernen allgemein und um die Veränderung des Bildungssystems. Einige dieser Aspekte sind in die Systematik des Wissenschaftsprozesses eingeflossen, wie im vorausgehenden Kapitel 5.1 dargestellt. Andere sind aus der aktuellen Perspektive schwer systematisierbar, sollten hier dennoch Erwähnung finden, da sie bei dem Erkenntnisprozess eine – wenn auch eher implizite – Rolle spielten. Metaphern und noch zu etablierende theoretische Bezugsrahmen In der Mobile-Learning-Diskussion wird häufig mit Metaphern gearbeitet. Dazu gehört auch, dass Nutzer zu Lernern und Lernen zu Aneignung und Bedeutungszuweisung werden und nutzergenerierte Contexte bis dato austauschbar mit lernergenerierten Contexten Verwendung finden. Hinter der Verwendung eines Vokabulars, das sich an das bisherige anlehnt, steht die deutliche Absicht, die subjektiv sinnstiftende alltägliche Mediennutzung und den Prozess der Bedeutungszuweisung an schulische Kategorien wie Lernen oder Wissen anzubinden und für schulisches Lernen verfügbar zu machen sowie strukturelle Anknüpfungspunkte aufzuzeigen. Dieses Vorgehen der Verwendung von Metaphern ist möglicherweise dem Umstand zu zollen, dass die Entwicklung einer theoretischen Grundlage zurzeit noch Anleihen aus den Disziplinen macht, die als Bezugsdisziplinen gelten (siehe Kapitel 2.1). Solch ein Vorgehen bietet Anschlussmöglichkeiten an bereits etablierte Disziplinen, ermöglicht interdisziplinäres Arbeiten und lässt die Mobile-Learning-Forschung nicht isoliert stehen. Gleichzeitig jedoch kommt die Vermutung auf, dass 332 Fazit Diskussionen, die als zentral im Bereich des Mobile Learning angesehen werden, zum Teil bereits vor Jahrzehnten geführt wurden, z. B. die um kollaboratives oder situiertes Lernen (siehe dazu Kapitel 2.3.2.1), die Activity Theory (siehe dazu Kapitel 2.3.2) oder die Öffnung des Unterrichts zum Alltag der Lerner (siehe dazu Kapitel 2.3.3). Gerade die Activity Theory ist ein Rahmen, der mit Blick auf gesellschaftliche und kulturelle Dynamiken und die Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner sowie auf bereits etablierte Lern- oder didaktische Theorien und Modelle defizitär bleibt (siehe dazu Pachler et al. 2010a, S. 156). Mobiles Lernen zwischen Revolution und Evolution Eine relativ junge Forschungsdisziplin systematisch zu fassen und dabei ohne einen konkreten definitorischen Rahmen zu arbeiten, birgt Chancen in sich. Im Fall des Mobilen Lernens ist es die Chance, potenzielle Veränderungen in der Tendenz radikal zu denken, was einige der an der Diskussion Beteiligten auch tun (siehe Abbildung 52). Die zentrale Veränderung, die dabei angestrebt ist, ist als bildungspolitische zu verstehen. Sie möchte zur Diskussion um das zukünftige Schulwesen beitragen und Notwendigkeiten und Möglichkeiten des Lehrens und Lernens aufzeigen. Abbildung 52: Aussagen von Befürwortern der Mobile-Learning- Diskussion (Seipold 21.03.2011). Auch wenn einige Forderungen als tendenziell revolutionierend erscheinen mögen, so versteht sich die Mobile-Learning-Diskussion doch 333 Fazit eher als Komponente der Evolution, die Lehren, Lernen und Bildungseinrichtungen vollziehen (siehe auch Pachler et al. 2010a, S. 274). Dennoch: Die Öffnung des Unterrichts hin zum Alltag der Lerner, zu den Diskursen, die Lerner in ihrem Alltag mit und mittels Medien führen, zu den kulturellen Ressourcen, ebenso die moderierende und einordnende Rolle der Lehrer, die sich in diesem Evolutionsprozess verändert bleibt eine Forderung, der Bildungseinrichtungen nachkommen können, jedoch nicht nachkommen müssen. Eine der Konsequenzen, die sich aus der Möglichkeit der Personalisierbarkeit ergibt, ist bezogen auf institutionelle Aspekte des Lernens: Wie Forscher des Futurelab anführen, geht es bei der Personalisierung nicht nur um die Zentrierung des Lernprozesses auf den Lerner, sondern eben auch um die strukturelle Änderung des Bildungssystems. Es sei dazu aufgefordert, die individuellen und unterschiedlichen Stärken, Interessen, Möglichkeiten und Bedürfnisse der Lerner anzuerkennen und Lerner zu engagierten und unabhängigen Lernern zu machen, die in der Lage sind, ihr volles Potenzial zu entwickeln (Green et al. 2005). Die Demokratisierung des Bildungssystems und des Lernprozesses und die Emanzipation der Lerner vor allem vom System der Wissensvermittlung ist dabei eine der wesentlichen Forderungen. Die Ermächtigung der Lerner, die Rolle von Lehrern einzunehmen, gehört ebenso dazu wie Lehrer, die sich von ihren Schülern unterrichten lassen. (Luckin et al. 2010) Ein Faktor, der als wesentlich für die Notwendigkeit der Anpassung des Schulsystems angesehen wird, ist die Fragmentierung von Wissen und von Einrichtungen, innerhalb derer Wissensaneignung stattfindet. Damit einher geht die Frage nach Quellen und Relevanz von Informationen und der „Autorität“ über Wissen, seiner Verwaltung und seiner Organisation. Sie stellt sich vor allem vor dem Hintergrund der Ressourcen, die in der Regel im Alltag der Lerner und außerhalb von Schule angesiedelt sind und auch genährt werden. Parallelen zu Diskussionen um „Neues“ Lernen sind überdeutlich. Während die reine Verfügbarkeit von Mobiltechnologien unter dem Aspekt der sozialen Benachteiligung diskutiert wird und die hohe Abdeckung mit mobilen Geräten in der Gesellschaft eine infrastrukturelle Gleichberechtigung nahelegt (siehe Kapitel 2.2.2), sind die Arten von mobil verfügbaren Inhalten in Bezug auf ihre Relevanz für schulisches Lernen allerdings nach wie vor fraglich (Luckin et al. 2010; siehe dazu auch Kapitel 2.3.3.1). 334 Fazit Vom Lernen mit mobilen Technologien zum Mobilen Lernen und einem neuen Verständnis von Lernen Innerhalb der vergangenen zehn Jahre, in denen sich die Mobile- Learning-Forschung etabliert hat, ist ein Perspektivwechsel zu beobachten. Bei der Diskussion um Mobiles Lernen geht es nicht ausnahmslos und zunehmend weniger um die Frage nach der Mobilität der Technologien oder nach physischer Mobilität, die durch mobile Technologien ermöglicht ist. Auch geht es nicht nur darum, für Schule und schulisches Lernen immer und überall erreichbar zu sein oder um die Effektivität von Lernen. Vielmehr ist die „seamless transition“, der nahtlose Übergang beim Mobilen Lernen, als strukturelles Merkmal bei der Suche nach Verbindungslinien zwischen Schule und Alltag relevant, wobei es jedoch darum geht, Aspekte alltäglichen Medienhandelns in Schule zu integrieren – nicht die Schule in den Alltag der Lerner. Der Blick richtete sich also im Laufe des Wissenschaftsprozesses weg von der Technologie und hin zum Lernprozess und schließlich bildete sich ein kulturökologisches Verständnis heraus, das alle Komponenten mitbedenkt, sie jedoch in einem Gleichgewicht zueinander sehen möchte. So liegt der Fokus zunehmend weniger auf Mobilität als Mobilität zwischen Orten als vielmehr auf einem Verständnis von Mobilität als Mobilität des Lernhabitus, zwischen Konzepten und von und mit Ressourcen. Diese Erweiterung des Feldes des technologiegestützten Lernens (siehe dazu Kapitel 2.3.1) erfasst entsprechend mittlerweile auch deutlich Aspekte der Medienerziehung (siehe dazu Kapitel 2.3.3.1) und der Medienbildung (siehe dazu Kapitel 3). Im Zentrum stehen nicht mehr die Technologien als Ermöglicher, sondern die Subjekte im Prozess der Aneignung vor dem Hintergrund gesellschaftlich und kulturell instabiler und subjektiv wie objektiv gerahmter Strukturen, Kontexte und Bedeutungen. Technologien sind dabei Ressourcen, die im Prozess der Aneignung und der Bedeutungszuweisung an Relevanz gewinnen (siehe dazu Kapitel 3). Die Frage danach, was denn nun Mobiles Lernen sei, ist entsprechend nicht eindeutig zu beantworten und deutlich gefärbt vom jeweiligen Forschungsfeld und theoretischen Bezugsrahmen. Die Mobile-Learning- Diskussion hat, wie John Traxler anmerkt, dazu beigetragen, dass sich – zumindest in Großbritannien – das Verständnis von Lernen verändert hat (Traxler 2009b, S. 1). So, wie Mobilität und die Nutzung mobiler 335 Fazit Technologien geeignet ist, sich Veränderungen der aktuellen Massenkommunikation zu nähern und sie zu fassen und die darin angelegten Potenziale auch für Lernen zu nutzen und fruchtbar zu machen, so ist Mobiles Lernen also auch zum Indikator für ein sich veränderndes Verständnis von Lernen geworden. Dies ist möglich vor dem Hintergrund sich verändernder struktureller Rahmenbedingungen wie technologischen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen, der Verfügbarkeit von Ressourcen und dem Zugriff auf Informationen. Die als Flexibilisierung zu verstehende Rekonfigurierung und Relativierung von bisher als teils statisch begriffenen Faktoren ist eine der wesentlichen strukturellen Gegebenheiten, die Konsequenzen für eine Anpassung von Lernen mit neuen Technologien hat (siehe dazu Kapitel 3). Rollen, Verhältnisse, Verantwortungen und Risiken verändern und verlagern sich In der Dynamik des Mobile Complex, vor dem Hintergrund der im Alltag ausgebildeten Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Expertisen der Schüler und Struktur der Rahmenbedingungen wie der Verfügbarkeit und Verteilung von Ressourcen durch mobile und konvergente Technologien zeichnen sich auch Annahmen über Veränderungen von Rollen im Lehr-/Lernprozess (siehe dazu auch Seipold 2008) ab, die als paradigmatische Verschiebung der Verantwortlichkeiten und Steuerungsprozesse von Lernen verstanden werden können. Dies betrifft die Rolle der Lerner, denen mehr Verantwortung an ihrem Lernen zugeschrieben wird und die vor die Notwendigkeit gestellt sind, ihre subjektiv geprägten Erfahrungen, Bedeutungen, Wissensbestände objektiv zu rahmen. Die Rolle der Lehrer, die von Vermittlern von Wissen zu Providern von Informationen und Moderatoren im Prozess der Aneignung und Bedeutungszuweisung werden, ist adressiert. Die Lerninhalte und Lernkontexte sind zu bedenken, die situativ abhängig selbst hergestellt werden können und müssen. Eine der zentralen Aufgaben wird entsprechend die Anbindung von im alltäglichen Umgang mit Medien und deren Inhalten erworbenem Wissen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken an Unterricht und schulisches Lernen. Schule wird dabei zu einem Ort, an dem Lehrende 336 Fazit ihre Schüler durch die moderierende Einordnung und „stützende Strukturierung“ (siehe Kapitel 3) zur reflexiven Handlungsbefähigung, reflexiven Aneignung und reflexiven Verortung anleiten mit dem Ziel, informelle Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken, Strukturen und Ressourcen in objektiv nachvollziehbare zu überführen und für schulisches Lernen als gemeinsame Wissensbasis verfügbar zu machen (siehe Kapitel 3.3). Durch Verwendung mobiler Geräte und die damit einhergehende Möglichkeit des Zugriffs auf Informationen, die beispielweise im Internet verfügbar und ursprünglich nicht mit Lehren und Lernen konnotiert sind, ergibt sich zum einen die Ort- und Zeitunabhängigkeit, die eines der zentralen Charakteristika mobiler Technologien ist, zum anderen weitet sich der Handlungsspielraum mit Blick auf Zugang zu und Erstellung von Ressourcen aus. Da sich der Zugriff auf Informationen ändert – die Zulieferung von Informationen nicht länger nur Aufgabe des Lehrers ist (Traxler 2008, S. 11) –, werden die Lerner in der Recherche und der Beurteilung von Relevanz von Informationen potenziell zunehmend autarker. Die Annahmen über die Veränderung von Rollen der an Lernprozessen Beteiligten resultiert nicht nur allein aus der Verfügbarkeit von Ressourcen und der Art des Zugriffs auf sie. Während die Verfügbarkeit von Ressourcen als strukturelles Merkmal anzusehen ist, ist der Zugriff auf und die Produktion von Informationen den Handlungskompetenzen der Nutzer zuzuschreiben. Sie schaffen in kommunikativen Akten eine gemeinsame Informationsbasis und gemeinsame und geteilte Bedeutungen und Wissen. Die Unmittelbarkeit der Verfügbarkeit von Informationen und das teilweise Ad-hoc-Aushandeln von gemeinsamen Bedeutungen (Jacucci et al. 2007) ist in Lernkontexten eine Grundlage kollaborativen Lernens, die Informationserstellung, -beschaffung und - verteilung ist die Grundlage partizipativen und gleichberechtigten Lernens. Zudem ist die Veränderung des Rollenverständnisses auch an ein Verständnis von Lehren und Lernen als Konversation gebunden, wie von Diana Laurillard mit ihrem „Conversational Framework“ (siehe Kapitel 2.3.2.2) beschrieben. Auch beispielsweise Norbert Pachler et al. (2010a), die den Lerner beim Prozess der Bedeutungszuweisung in das Verhältnis 337 Fazit von Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken eingebunden sehen, argumentieren mit Bezug zu dynamischen, diskursiven und aushandelnden Aktivitäten. So werden Lerner zu gleichberechtigten Partnern im Lernprozess. Als gleichberechtigter Partner im Lernprozess geht auch Verantwortung auf den Lerner über. Wo bislang die Lehrer für den „Filterprozess“ in Bezug auf den Lerninhalt maßgeblich verantwortlich waren, sind nun die Lerner mit der Auswahl und Einschätzung der Relevanz von Lerninhalten konfrontiert, da sie nicht mehr nur Empfänger von Informationen sind. Die strukturellen Veränderungen der Massenkommunikation ungefiltert auf Schule zu übertragen – z. B. die Zusammenstellung der Inhalte durch die Nutzer anstelle der Zulieferung redaktionell verantworteter Inhalte –, bringt Risiken mit sich: beispielsweise falsche Informationen auszuwählen, nicht auf Relevanzkriterien oder Einordnungsmechanismen zurückgreifen zu können oder – bezogen auf die Ebene der Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken – nicht die für Schule und schulisches Lernen angemessenen zu finden. Für Schule bedeutet das, die Verteilung von Wissen oder aber auch die Definition über die Relevanz von Inhalten aus der alleinigen Verantwortung der Lehrer herauszunehmen. Die Konsequenzen, die sich für Lehrer aus diesen durch die Dynamik der Massenkommunikation geprägten Aspekte ergeben, beziehen sich maßgeblich auf die Verlagerung von Risiken, die vormals von Institutionen aufgefangen wurden, nun jedoch in der Verantwortlichkeit der Individuen liegen. Bezogen auf die Auswahl von Informationen, die als relevante Lerninhalte dienen sollen, wäre es Aufgabe des Lehrers, Relevanzkriterien verfügbar zu machen und somit die Lerner bei Auswahl und Beurteilung von Informationen zu unterstützen. Generell gestaltet sich, wie in Kapitel 3.3 erläutert, die Rolle der Lehrer dabei als Berater, Begleiter und Moderator. Lehrer stehen dabei den Schülern als Ansprechpartner zur Verfügung, um ihnen soweit möglich maximalen Freiraum für Austausch, Diskussion und Auseinandersetzung in lernergenerierten Contexten zu lassen ebenso wie für das Einordnen, Reflektieren und gestaltende Entäußern. 338 Fazit Bildungspolitische Implikationen Vor allem bedingen technologische Veränderungen und Möglichkeiten Veränderungen in den tradierten Rollen der Lehrer und Lerner. Dabei verändern sich jedoch nicht nur Möglichkeiten, sondern auch Verantwortlichkeiten. Für bildungspolitische Forderung sollten allerdings nicht nur technologische Veränderungen die argumentative Grundlage bilden. Dies würde einen Technozentrismus fördern, der für die erste Phase der Mobile-Learning-Diskussion charakteristisch war. Vielmehr sind Aspekte mitzubedenken, die sich in der zweiten Phase (kollaboratives, situiertes, konversationsbasiertes Lernen) angedeutet haben und in der dritten Phase mit der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens untermauert werden möchten: der Alltag der Lerner, ihre Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken, ihre Expertisen und ihr Wissen. 339 Fazit 5.3 Fazits mit Blick auf die Analyse der Mobile-Learning-Praxis Die Wissenschaftsgemeinde stellt hohe Anforderungen an Mobiles Lernen, denen es bisher nur in Teilen gerecht werden kann. Wie diese Forderungen aussehen, ist in Kapitel 5.1 zusammengefasst und lässt sich im Detail in Kapitel 2 nachlesen. Dass Mobiles Lernen sowohl als Konzept als auch in der Praxis allerdings noch brüchig und widersprüchlich ist, legt nicht nur der theoriegeleitete Teil des Wissenschaftsprozesses nahe. In der Unterrichtspraxis erscheint diese Brüchigkeit als tatsachliche und als Pseudo-Öffnung des Unterrichts in Richtung Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken, kulturelle Ressourcen und Expertisen der Lerner. Mobile-Learning-Praxis ist dialektisch, uneindeutig und vorgetäuschte Innovation und nicht immer das, was die Theorie vom Mobilen Lernen fordert. Die hier getroffenen Aussagen können als pointiert aufgefasst werden. Die folgenden Ausführungen fußen auf objektiv-hermeneutischen Analysen, die Interpretation implizieren und keine Validierungsmechanismen anlegen. Dennoch sind die Ergebnisse zumindest vor dem Hintergrund der hier diskutierten Beispiele gültig und bieten eine Grundlage für konkretere Schritte bei der Implementierung mobiler Technologien und der Ausarbeitung didaktischer Konzepte. Die in Kapitel 4 vorgestellten und unter Aspekten der Sozio-kulturellen Ökologie diskutierten Projekte bieten, wie erwähnt, lediglich einen kleinen Ausschnitt aus der Praxis des Lernens mit mobilen Technologien in Unterrichtskontexten. Auch ist die Analyse der jeweiligen Projekte als sehr punktuell zu betrachten und stützt sich auf die jeweils eher offensichtlichen Aspekte. Die folgenden Ergebnisse fassen beispielübergreifend die zentralen Ergebnisse zusammen (Überarbeitung der Analyse aus Pachler et al. 2010a, S. 95-153) und versuchen, Fazits zu ziehen, die sich auf die Nutzung von mobilen und konvergenten Technologien für schulisches Lernen ergeben. Die Fazits sind dabei als Tendenzen und Möglichkeiten zu sehen, da die Beispiele aus der Unterrichtspraxis nicht als repräsentativ zu verstehen sind. Sie sind provokativ und als kritisch einzuordnen und haben zum Ziel, Mobile- Learning-Praxis kritisch zu hinterfragen. Wem soll mit der Implementierung von Mobiltechnologien in Lehr-/Lernkontexten gedient 340 Fazit werden? Werden tragbare Geräte nur deshalb eingesetzt, weil man es kann – oder geht es darum, „Kommunikationsbrücken“ zu schlagen und unterschiedliche Kontexte zusammenzuführen und zu gestalten? Starke Verankerung der Praxisforschung Mit Blick auf die in Kapitel 2 erläuterten Definitionen, Theorien, Bezugsdisziplinen, Phasen und Entwicklungslinien der Mobile-Learning- Diskussion lässt sich als eine der zentralen Entwicklungen die Implementierung mobiler Technologien in Unterrichtskontexte ausmachen. Dies geschieht unter Bezugnahme auf Lerntheorien und Modelle, die zum einen praktische didaktische Aspekte fokussieren, zum anderen versuchen, die Dynamiken zu fassen, die mobile Technologien ermöglichen und die der Umgang mit ihnen bedingt. Die Implementierung geschieht dabei mehr oder weniger kritisch, d. h. mehr oder weniger reflektiert, vor dem Hintergrund tatsächlicher gesellschaftlicher und kultureller Rahmenbedingungen oder unter Berücksichtigung der Dynamiken der Massenkommunikation. Entsprechend finden die Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken, Ressourcen und Expertisen der Lerner, die in ihrem Alltag angesiedelt sind, nur bedingt Platz im Lernraum Schule. Hingegen scheint die Besetzung des außerschulischen Alltags der Lerner mit Lernen Anklang zu finden, wobei in dieser Beziehung Aspekte wie Effizienz im Sinne der Ausnutzung von „Leerräumen“ im alltäglichen Tagesablauf zum Lernen zum Vorschein kommen. Dass diese Diskussion auch eine in der Tendenz politische ist, ist nicht von der Hand zu weisen – Forderungen zur Anpassung des Schulsystems mit Blick auf den Alltag der Lerner und ihren Lernhabitus werden dabei mehr oder weniger laut oder explizit formuliert. Auch wenn solche Forderungen mitschwingen, liegt der aktuelle Schwerpunkt der Diskussion neben der praktischen Umsetzung von Mobile-Learning- Praxis in dem Unterfangen, Theorien zu formulieren und Modelle zu erarbeiten, die den Dynamiken des Mobile Complex gerecht werden, die Rolle der Lerner in den Vordergrund stellen und in der Lage sind, Veränderungen in der Massenkommunikation analytisch zu fassen und für schulisches Lernen aus Sicht der Lerner verfügbar zu machen. 341 Fazit Erstes zentrales Ergebnis bei der Analyse der Mobile-Learning- Praxis: Drei Arten der Implementierung Vorab ist festzuhalten, dass es grundlegend unterschiedliche Herangehensweisen bezüglich der Integration mobiler Technologien in Unterrichtskontexte gibt. Demnach findet Implementierung mit Zentrierung auf Technologien, Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken oder die situative Angemessenheit („affordance“) statt. Beim Top-down-Ansatz (siehe Kapitel 2.3.1.1) werden Strukturen und Ressourcen auf bereits vorhandene Strukturen aufgesetzt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Technologien. Teils werden dazu Hard- und Software entwickelt, um die Anpassung der Geräte an den Unterricht oder aber die Anpassung des Unterrichts an die Technologien zu gewährleisten. Beim Bottom-up-Ansatz (siehe Kapitel 2.3.3.1) werden die Strukturen und Ressourcen genutzt, die als Besitz, Verfügbarkeit oder Handlungskompetenzen bereits verfügbar sind. Mit Blick auf die hier dargestellten Projekte finden sich beide Ansätze wieder: Das Projekt „Mobile Classroom Schultest“ (siehe Kapitel 4.2.1) implementiert Infrastruktur in den Unterricht und richtet die weiteren Aktivitäten der Lerner daran aus. Das Projekt „Handy“ (siehe Kapitel 4.2.2) greift auf kostenlos verfügbare Ressourcen zurück und öffnet den Unterricht für den Alltag der Lerner, deren Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken. Diese beiden Ansätze werden ergänzt durch einen dritten: Das Projekt „eBag“ (siehe Kapitel 4.2.3) kann als „blended“-Szenario angesehen werden – es arbeitet sowohl mit Bottom-up- als auch mit Top- down-Ansätzen und stellt sich in der Praxis dabei als hochgradig konvergent, flexibel und offen dar. Hier ist die situative Angemessenheit maßgeblich für die Verwendung von Mobiltechnologien beim Lernen. Alle drei Ansätze, die jeweils ihre didaktische Berechtigung im jeweiligen Lernkontext haben, können dennoch nicht in aller Konsequenz als angemessene Reaktionen der Schule auf die sich verändernde Massenkommunikation und den sich ändernden Lernhabitus bezeichnet werden, da sie auch eine „unkritische“ Integration in Unterrichtsstrukturen begünstigen. „Unkritisch“ deshalb, da, wie im Folgenden dargestellt, mobile Technologien nicht mit ihren originären Funktionen eingesetzt werden, sondern sich eine Verschiebung der Funktionalitäten bei der Verwendung mit mobilen Technologien in Unterrichtskontexten abzeichnet, was Konsequenzen für die Berücksichtigung der 342 Fazit alltagsbezogenen Expertisen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner hat. Schule fängt Lernen mit mobilen Technologien also mit Mustern und Strukturen auf, die zwar in institutionell feste Strukturen eingebettet sind, im Verhältnis zur Alltagsnutzung allerdings als willkürlich und somit instabil erscheinen. Die Dialektik des Mobilen Lernens In der praktischen Umsetzung findet eine „Pseudo“-Öffnung des Unterrichts statt, der aber faktisch häufig ohne Bezug zu den Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken, kulturellen Ressourcen und Expertisen der Lerner bleibt. Dies gilt insbesondere mit Bezug auf das didaktische Setting. Die von dem Lehrer vorgegebene Unterrichtsplanung gibt den „Grad“ der Öffnung des Unterrichts vor, nicht die Technologie oder die Lerner. Die Funktionen, die mobile Technologien mit am zentralsten ausmachen – z. B. die Unmittelbarkeit der und Affektivität bei der Nutzung – bleiben häufig ausgeblendet zugunsten der Nutzung von Plattformen und Online- Archiven wie z. B. Weblogs. Dennoch, und dies ist einer der Aspekte, die die Dialektik des Mobilen Lernens ausmachen: Durch die Nachhaltigkeit, die die Verwendung von Plattformen nahelegt, wird situiertes und situatives Lernen ausgeblendet, dafür wird durch die Speicherung von Materialien eine Basis für kollaboratives Lernen und das gemeinsame Aushandeln von Bedeutungen geschaffen. Generell bedeutet die Verwendung von Mobiltechnologien aus dem Alltag in Unterrichtskontexten eine Rekontextualisierung der Geräte und ihrer Funktionen, also eine Rekontextualisierung des „Mobilen“. Dies verlangt Flexibilität von den Lernern, die letztlich ihre kulturellen Praktiken, die im Umgang mit den Mobiltechnologien im Alltag angesiedelt und geprägt sind, in den Hintergrund stellen müssen. Dafür müssen sie die Geräte auf die Weise nutzen, die Lehrer und Schule vorgeben. Aspekte der Subjektivität werden durch Aspekte der Objektivität dominiert. Auf der anderen Seite sind auch Beispiele bekannt, in denen echte Innovation stattfindet und in denen Lerner Contexte generieren und damit den Schritt vollziehen, der in der Theorie häufig gefordert ist: Gegensätze zusammenzubringen. Nicht nur, dass Schule und Alltag in den durch die Lerner entstandenen Kulturprodukten zusammenfinden. Auch finden 343 Fazit multimodale Produkte wie MMS Einzug in den Unterricht, und neben geschriebenem und gesprochenem Text sind es auch Foto, Video und Bilder, mit denen Lerner sich im Schulunterricht ausdrücken dürfen. Mobile Technologien in Unterrichtskontexten ermöglichen es den Schülern also, existierende Strukturen zu revidieren und mittels ihrer Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken zu verändern, neue Strukturen zu schaffen und so ihre eigenen konvergenten Lernräume zu schaffen. Didaktisches Design befördert Innovation – oder verhindert sie Nicht die Technologien, sondern der Lehrer und das didaktische Design geben den Weg vor, wie Mobiles Lernen im Unterricht realisiert wird. Dabei findet Mobiles Lernen zwischen fokussierter und lehrergeleiteter Nutzung und konstruktivistischen und offenen Settings statt. Die Nutzung mobiler Technologien begünstigt also nicht automatisch „spontanes, personalisiertes, informelles, kontextuelles, tragbares, überall verfügbares und unauffälliges“ (Kukulska-Hulme 2005, S. 2) Lernen, ebenso wenig „hochgradig situiertes, personalisiertes, kollaboratives oder längerfristiges, lernerzentriertes Lernen“ (Naismith et al. 2004). Ausschlaggebend für den Grad der Öffnung des Unterrichts in Richtung der Strukturen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner ist das didaktische Design (siehe Abbildung 53). Mobiles Lernen kann also auch Lernen mit mobilen Technologien bedeuten, ohne dabei die Funktionen zu nutzen, die mobile Technologien zurzeit charakterisieren – z. B. die Telefon- oder Textnachrichtenfunktionen, Internetzugang, die Vernetzung über soziale Netzwerke, die Verbindung mit konvergenten Technologien oder gar die Möglichkeiten, die Technologien für Lernen zwischen Kontexten zu verwenden. Wie beispielsweise Norbert Pachler et al. deutlich machen, knüpfen auch Projekte „außerhalb des Klassenzimmers“ (Pachler et al. 2010a, S. 30 ff.), also räumlich im Alltag der Lerner angesiedelte, an den Vermittlungsgedanken von Wissen und Inhalten an, indem beispielsweise Schülern per SMS Lerninhalte auf ihre Handys geschickt werden. An dieser Stelle werden Unterschiede im konzeptionellen Verständnis von dem, was Mobiles Lernen ist oder sein kann, deutlich: Während Projekte wie das „Handy“-Projekt (siehe Kapitel 4.2.2) Alltagsphänomene und - 344 Fazit situationen an schulisches Lernen anbinden möchten, bringen einige SMS-Projekte schulischen Lernstoff in den Alltag der Schüler und besetzen damit Freiräume mit Lernen („push“-Lernen). mobile classroom schultest project handy eBag C U LT U R A L P R A C TI C E S IN D IV ID U A LI SE D IN S TI TU TI O N A LI S E D INSTITUTION EVERYDAY-LIFE PHYSICAL LOCATION Abbildung 53: Didaktisches Design mit Blick auf kulturelle Praktiken und Ort (Seipold 21.03.2011). In den drei in Kapitel 4 besprochenen Projekten werden mobile Technologien jeweils für die Bearbeitung einer durch den Lehrer vorgegebenen Aufgabenstellung verwendet. Dabei sind die Schüler unterschiedlich frei in der Wahl ihrer Aktivitäten, und die Handlungsmöglichkeiten decken zusammengenommen zahlreiche Lernformen und Ansätze ab: Behavioristisches Lernen und Instruktion sind ebenso zu finden wie Ansätze des offenen Unterrichts, experimentelles und spielerisches Lernen oder konstruktivistische Ansätze und Anleitung der Schüler durch die Lehrer mit Blick auf den 345 Fazit Lernprozess; Ansätze von Wissensvermittlung stehen neben solchen, die die Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner berücksichtigen und die situiertes und kontextualisiertes Lernen ebenso begünstigen wie die situativ angemessene Nutzung der mobilen Technologien. Die Ausweitung des Handlungsspielraums bedingt dabei allerdings nicht zwingend offenen und alltagsbezogenen Umgang mit Technologien und Inhalten oder die Herstellung lernergenerierte Contexte. Wie im Vergleich des Weg-Zeit-Diagramms und des Passé Composé mit dem „Elfchen“- und dem „Satzglieder“-Beispiel auffällt (siehe dazu Kapitel 4.2.2), scheinen die Schüler die Aufforderung zum „kreativen“ Umgang mit der Aufgabenstellung des Lehrers nur bedingt anzunehmen. Entsprechend ist das Weg-Zeit-Diagramm nicht mehr als die digitale Reproduktion der aus dem Schulbuch entnommenen Aufgabenstellung. Die Passé-Composé-Lerneinheit ahmt, übertragen auf ein digitales Format, Frontalunterricht nach. Erfolge des Mobilen Lernens Dass Mobiles Lernen in Großbritannien erfolgreich ist, zeigen mehrere Aspekte: die Förderung von Projekten durch die Europäische Kommission, die Etablierung von Konferenzen, Zeitschriften, Professuren und einzelnen Keyplayern oder die Ergebnisse der Grundlagenforschung, die mittlerweile „common sense“ in der Mobile-Learning-Community sind. Auch die Aspekte, über die sich Mobiles Lernen legitimiert hat – lerntheoretische, ressourcenorientierte und kulturökologisch ausgerichtete Begründungen wurden dazu in Kapitel 2.2 angeführt –, gehören mittlerweile zu den Standardargumentationen bei der Frage um die Implementierung Mobilen Lernens in die Unterrichtspraxis. Einige Erfolge allerdings verzeichnet Mobiles Lernen im Verborgenen. Die Entwicklungslinien des Wissenschaftsprozesses legen nahe, dass Bereiche, die mit der Herstellung von Inhalten durch die Lerner in Verbindung stehen, bisher wenig beachtet sind. Dies trifft möglicherweise nicht auf Aspekte der Evaluierung von Lernleistung zu, gilt allerdings für die Analyse unter Aspekten von Multimodalität und sozialsemiotischen Aspekten. Hier geht es maßgeblich um Rekontextualisierung der Geräte und ihrer Funktionen und Funktionalitäten, um die 346 Fazit Handlungskompetenzen der Lerner, die Strukturen verändern und um multimodale Textproduktion als Novum im Lehr-/Lernprozess. Wie angedeutet, sind es die Lerner, die mit ihren Aktivitäten innerhalb des Lernprozesses die Leistungen erbringen, die in der theoretischen Diskussion immer wieder gefordert werden. Dazu gehört beispielsweise, formelle und informelle Kontexte miteinander in Verbindung zu setzen. Am Beispiel des „Handy“-Projekts in einer Schweizer Schule wurde aufgezeigt, dass in den kleinen Einheiten, die die Schüler produzieren, viele Aspekte durchscheinen, die Anhaltspunkte dafür liefern, wie sich Lernen und Schule verändern könnten, damit die Lerner mit ihren Kompetenzen, Interessen und ihrem Wissen ernst genommen werden. Dazu gehört nicht nur der instrumentelle Umgang mit Technologien. Vielmehr lassen sich anhand der Produkte, die die Schüler hergestellt haben, Aussagen über ihr Verständnis von Lernen der Relevanz von Alltagsressourcen, Alltagshandeln und alltäglichen Situationen für Schule und schulisches Lernen sowie über ihre präferierten Lehr-/Lernformen usw. treffen. „Pseudo“-Innovation und Gegensätze werden offensichtlich Die Analyse der Praxisbeispiele macht, mehr noch als der Wissenschaftsprozess mit Blick auf theoretische Entwicklungen dies vermag, Gegensätze deutlich, die Mobiles Lernen begleiten – und im aktuellen Status auch prägen. Zu diesen Gegensätzen gehören – basierend auf den Analysen aus Kapitel 4 – beispielsweise: ‐ subjektiv vs. objektiv, ‐ ad hoc / affektive / intuitive Nutzung vs. Nachhaltigkeit, ‐ didaktisches Design vs. Technologien vs. Lerner, ‐ vorgegebene Bedeutungen vs. gemeinsam ausgehandelte Bedeutungen, ‐ Vergänglichkeit vs. Nachhaltigkeit, ‐ monomodal vs. multimodal, ‐ formell vs. informell, ‐ affektiv vs. kontrolliert, ‐ Alltag vs. Institution, ‐ Instruktion vs. Dekonstruktion. 347 Fazit Dazu kommt, dass bei einigen dieser Aspekte die Gegensätze zeitgleich vertreten sind und so Dialektiken provozieren, die Mobiles Lernen in Unterrichtskontexten einerseits ad absurdum führen, aber andererseits auch Chancen eröffnen. Dies macht es sowohl den enthusiastischen Befürwortern als auch den Gegnern des Mobilen Lernens schwer, die jeweils eigene Position als die ultimative zu verteidigen bzw. die Gegenposition zu negieren. Für den Wissenschaftsprozess bedeutet es, dass bislang recht starke Diskrepanzen zwischen Theorie und Praxis bestehen und es noch einiger Anstrengungen bedarf, um die aus der Theorie heraus formulierten Forderungen in die Praxis umzusetzen. Auch wird deutlich, dass die theoretisch informierte Praxisforschung zur Weiterentwicklung des Wissenschaftsprozesses beitragen kann. Verwendung konvergenter Technologien bei Mobilen Lernen: ad hoc / affektive / intuitive Nutzung vs. Nachhaltigkeit Wie in Kapitel 2 dargestellt, geschieht die Nutzung mobiler und konvergenter Technologien im Unterricht oft unter den Prämissen von Schule. Im Augenblick ist das bevorzugt der Einsatz von Handys zur Dokumentation und die Ausklammerung „affektiver“ Aspekte und der „Unmittelbarkeit“, die mobile Technologien im Alltag begünstigen oder die Aussparung der Konversationsfunktionen zugunsten einer Archivierung von Informationen auf Lernplattformen oder Weblogs für den zeitlich versetzten Zugriff auf diese Daten. Plattformen und Online-Archive blenden die Ad-hoc-Nutzung mobiler Technologien zugunsten der zeitlich verzögerten Nutzbarkeit aus. Möglichkeiten für situatives Herstellen von Contexten werden zu nachhaltigen Ressourcen für Reflexion und gemeinsam hergestellte Bedeutungen. Die Verbindung der mobilen Geräte zu angegliederten Plattformen unterschiedlicher Art (z. B. Lernplattformen, Weblogs, PCs und mit Blick auf die in Norbert Pachler et al. 2010a vorgestellten Projekte auch Online- Plattformen, Foren und Medienarchive) ist eine der größten Auffälligkeiten, die in den Beispielen aus Kapitel 4 deutlich werden. Diese Anbindung ist nicht per se ungewöhnlich, sind mobile Technologien doch Konvergenzmedien. In allen drei Projekten werden solche Plattformen als Archive genutzt, um Material abzulegen und um Material zu einem 348 Fazit späteren Zeitpunkt und ortsunabhängig abrufen zu können. Auch falls nicht intendiert, besteht hier ein Bezug zu den Alltagspraktiken der Lerner, die sich in ihrer Freizeit häufig mit dem Lesen und Schreiben von Beiträgen auf Weblogs oder dem Hoch- und Herunterladen von Medien auseinandersetzen (siehe dazu auch die Einleitung). Während die Alltagsfunktionalität im Bereich der Informationsbeschaffung und - distribution liegt und ein Informations- und Unterhaltungswert zu dominieren scheint, ist die Nutzung in Unterrichtskontexten gedacht zur Gewährleistung von Nachhaltigkeit und späterem Abruf. Dabei wird das situative Herstellen von Contexten, das im Alltag u. a. durch das affektive Erfassen und Beschreiben von Situationen charakterisiert ist (z. B. über das Handy Statusmeldungen in Twitter schreiben, Fotos machen und direkt auf Facebook laden etc.), abgelöst durch das Abbilden von Situationen mit dem Zweck, dieses quasi-dokumentarische Material zu einem späteren Zeitpunkt unter objektiven Bedingungen zu reflektieren, zu diskutieren und zu bewerten. Vor dem Hintergrund der Verwendung von Plattformen zum Speichern von Material scheint Bedeutungszuweisung also aus der Unmittelbarkeit einer Situation „ausgegliedert“ zu sein. Auf der anderen Seite ist gerade mit Blick auf die Nachhaltigkeit von Informationen und die Ausblendung von Kurzfristigkeit und Vergänglichkeit die Dimension von Plattformen als Materialarchiv in Zusammenhang mit mobilen Technologien wesentlich, um Gleichberechtigung in Bezug auf die Verfügbarkeit von Lernmaterialien zu gewährleisten: Allen Schülern stehen die gleichen Informationen orts- und zeitunabhängig zur Verfügung. Auf diese Weise werden nicht nur situativ verfügbare und kontextbezogene oder vergängliche Ressourcen nachhaltig verfügbar gemacht, sondern sie dienen gleichzeitig als Ressourcen, um gemeinsam unter schulisch gerahmten Vorgaben Bedeutungen herzustellen, was auch in kollaborativen Sozialformen stattfinden kann. Inwiefern der Alltag der Lerner, deren Handlungskompetenzen und kulturelle Praktiken dabei relevant werden, hängt wiederum vom didaktischen Design und der Eröffnung von Lern- und Reflexionsräumen ab. Unter Berücksichtigung dieser Vorzeichen zeichnet sich ab, dass über mobile Technologien tatsächlich nur eine bedingte Öffnung der Schule in Richtung Alltag der Lerner, deren Ressourcen, Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken stattfindet und Schule sich nach wie vor die 349 Fazit Steuerung der Verwendung der Technologien und die Bestimmung von Funktionalitäten vorbehält, wobei originäre Funktionalitäten mobiler Technologien und ihrer Nutzung in der Tendenz ausgeblendet bleiben. Dies ist vor dem Hintergrund der drei Beispiele aus Kapitel 4 maßgeblich bedingt durch die Zwischenschaltung von Plattformen, was letztlich als zwiespältig zu sehen ist: Ressourcen und Strukturen sorgen für Gleichberechtigung mit Blick auf Verfügbarkeit und Zugriff und bieten eine Grundlage für gemeinsames Aushandeln von Bedeutungen; dabei können auch die den Mobile Complex nährenden Aspekte nivelliert und strukturelle Benachteiligungen tendenziell ausgeblendet werden. Andererseits negiert die Betonung der Struktur die Ausklammerung affektiver Aneignungsmechanismen, Expertisen, Handlungskompetenzen, kultureller Praktiken und des Lernhabitus der Schüler ebenso wie gesellschaftliche und kulturelle Rahmenbedingungen. Konvergente Lernumgebungen wie im Projekt „eBag“ könnten hingegen Lösungen bieten, die kollaborative Lernformen, Konversation, Austausch und die situative Erstellung von Ressourcen ebenso wie den orts- und zeitunabhängigen Zugriff darauf erlaubt. Auch ist Flexibilität in Bezug auf Lehr-/Lernformen – von Lehrerzentrierung und Formen des Frontalunterrichts bis hin zu kollaborativem und personalisiertem selbstgesteuerten Lernen – möglich. Brüche statt nahtloser Übergänge: Rekontextualisierung und Uminterpretation von Gerätefunktionen und Funktionalitäten Ein Blick auf die Funktionalitäten, d. h. auf die „Anforderungen“ („affordances“), die bei der Verwendung bestimmter Gerätefunktionen zu erfüllen beabsichtigt sind, macht einen Bruch in der Verwendung der Geräte in Schul- und Freizeitkontexten deutlich: Die Rekontextualisierung von Gerätefunktionen und die Uminterpretation ihrer Funktionalitäten vernachlässigen situatives Aushandeln von Bedeutungen und situiertes kollaboratives Lernen und fordern die Anpassungsfähigkeit von Schülern. Das Handy ist im Alltag (noch) ein Gerät für Konversationsführung und (multimediale) Kommunikation; im Rahmen der schulischen Verwendung wird es rekontextualisiert und so zu einem Gerät für die Dokumentation beispielsweise von Physikexperimenten, Interviews und Lerneinheiten oder für Lernleistungsmessung. Tatsächlich spielen Konversation und 350 Fazit spontane Vernetzung in den drei in Kapitel 4 dargestellten Projekten eine deutlich untergeordnete Rolle. Kollaboratives Lernen und das situierte Herstellen und Aushandeln von Bedeutungen, begünstigt durch die Konversations- und Vernetzungsfunktionen, findet nicht in dem Umfang statt, wie es anzunehmen wäre. Dies alles markiert einen Bruch in der Verwendung mobiler Technologien zwischen Schule und Alltag und bringt, anstatt den „nahtlosen Übergang“ („seamless transition“; Arnedillo- Sánchez 2008, S. 77) zu ermöglichen, eine Art von Diskontinuität, die auf die Verbindungslinie zwischen Schule und Alltag bezogen ist. Vor diesem Hintergrund wäre die Verwendung mobiler Technologien nichts anderes als die Nutzung von Aufzeichnungsfunktionen oder von Funktionen zur Erstellung von Lerneinheiten mit digitalen anstelle von analogen Technologien. Das, was den Mobile Complex und die Eckpunkte der Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens charakterisiert, bliebe ausgeklammert: Die Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Strukturen der Lerner, die ihren „neuen“ Lernhabitus kennzeichnen. Möglicherweise ist diese Uminterpretation der Funktionalitäten im Prozess der Verwendung zwischen Lehrern und Schülern ausgehandelt oder in stillschweigendem Einvernehmen akzeptiert. Möglicherweise ist es aber auch die „affordance“ des Kontexts Schule, auf die sich die Schüler als Experten des „Genres“ Schule einlassen und die Funktionalitäten in Eigenregie dem Kontext Schule und seinen Anforderungen entsprechend ausrichten. Damit würde einhergehen, dass die durch die Lerner internalisierten Regeln und Regularien der Schule und schulischen Lernens die Schüler dazu veranlassen, sich selbst die Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken des alltäglichen Umgangs mit mobilen und konvergenten Technologien zu verwehren, die mit Spaß, Konversation, Vernetzung und Affektivität konnotiert sind (siehe dazu auch die Schülerstimmen zur Verwendung von ICT im Unterricht in der Einleitung). Mit multimodalen Produkten gängige Repräsentationsformen von Wissen erweitern Entsprechend der Vielfalt der Möglichkeiten, die mobile Technologien als multimediale Taschencomputer und konvergente Technologien mit sich bringen, und da Lernen und Bedeutungszuweisung an kommunikative 351 Fazit Prozesse gebunden sind, die sich nicht nur auf Sprache und Schrift beschränken, steht im Unterricht mehr als nur die Schriftform von Texten zur Verfügung, um die Schüler bei Reflexionsprozessen zu fördern und anzuleiten. Entsprechend verwenden die Schüler insbesondere im Projekt „Handy“ neben Text auch Bilder, Filme und Sprachaufzeichnungen (zu Letzterem siehe Pachler et al. 2010a, S. 105 ff.), um die ihnen gestellten Aufgaben zu erledigen. Die Relevanz des Verbalisierens als einer der in schulischen Kontexten dominierenden Repräsentationsmodi von Wissen scheint sich vor dem Hintergrund der Verwendung mobiler Technologien zu relativieren. Verbalisieren wird (abgesehen vom Projektteil 2 des „Mobile Classroom Schultest“; siehe dazu Kapitel 4.2.1) in den hier diskutierten Projekten in der Tendenz zugunsten der Erstellung multimodaler Produkte verworfen bzw. durch die Verwendung von Plattformen als Archive auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, der auch ganz ohne Technologien auskommen kann. Auch markiert die Verwendung von Fotos und Filmen möglicherweise die Ablösung des gesprochenen und geschriebenen Wortes, das im Rahmen von Schule als Modus zur Reflexion und Strukturierung dient und z. B. Beobachtungen in objektives und für andere verstehbares und nachvollziehbares Wissen überführen soll. Fotografieren und Filmen blenden dabei zunächst die Risiken aus, die beim Verbalisieren gegeben sind, nämlich durch Satzbau oder Betonung etc. den Fokus gegebenenfalls auf unwesentliche Dinge zu lenken. Zudem reduziert die Verwendung von Fotos und Filmen im Sinne von Dokumentationsmedien das Einbringen subjektiver Sichtweisen in beispielsweise Beschreibungen von Experimenten, wobei die Neutralität der Ressourcen eine wichtige Grundlage für den Prozess der gemeinsamen Bedeutungszuweisung beim Lernen darstellt. Eine Rahmung subjektiver Wahrnehmungen oder aber ihre Überführung in objektive Strukturen und Bedeutungen durch den Lehrer ist dabei zunächst nicht notwendig. In jedem Fall aber finden Bild, Film und multimodale Produkte ihren Platz neben Schreiben und Verbalisieren als traditionellen Formen der Repräsentation von Wissen und passen Lernformen so an die im Alltag ausgeprägten Handlungskompetenzen und kulturellen Praktiken der Lerner an. 352 Fazit Handlung bedingt Struktur: Lerner revidieren und konstruieren Kontexte Die Landschaft des Web 2.0 ist derzeit geprägt durch „Webapplikation“, „Empfehlungen/Filtern“, „Social Networks“ und „Teilen von Inhalten“, durch „Anhäufung/Rekombination“, „kollaboratives Filtern“, „Bewerten/Taggen“ und „Widgets/Komponenten“ (Future Exploration Network 2007, S. 3). Bei vielen der Teilnahmemöglichkeiten des Web 2.0 geht es dabei um Bewertungen von z. B. Bildern, Videos oder Texten; auch durch die Neuzusammenstellung von Informationen aus der Masse an bereits verfügbaren wird ausgewählt, dabei gefiltert und die Relevanz von Informationen und ihren Quellen bewertet usw. Informationen, die ursprünglich nicht miteinander in Verbindung stehen, werden rekontextualisiert und damit in neue Bedeutungszusammenhänge gesetzt. Im Rahmen des Projekts „Handy“ geschieht dies auf kleinerer Ebene. Dabei greifen die Schüler auf die Medien, Modi und Funktionen zurück, die ihnen angemessen erscheinen, um Bedeutungen herzustellen und ihr Verständnis dessen, was sie für Lernen und lernrelevant halten, anderen verfügbar zu machen – insbesondere dem Lehrer, der die Ergebnisse der Schüler gegebenenfalls und in schulischen Kategorien zu bewerten hat. Die Schüler erweisen sich dabei als Experten in Bezug auf Repräsentationsmodi, die in der Lage sind, sie situationsangemessen zu konstruieren und zu verwenden: Durch die Kombination mehrerer Modi in den Lerneinheiten „Elfchen“ und „Satzbau“ kombinieren die Schüler auch Contexte und Situationen und führen sie in einer multimedialen Repräsentationsform, hier einer MMS, zusammen. Dieses Zusammenführen geschieht „nahtlos“. Die Zusammenstellung der unterschiedlichen Elemente umfasst dabei Foto und Text, Fragestellung und Erläuterung. Bilder möchten eine Situation schaffen, auf deren Grundlage oder in deren Bezug im Sinne von Reflexionsanlass eine konkrete Aufgabenstellung angebunden ist. Modi aus Alltag – die Fotos, die auch für Freizeitaktivitäten, Expertise, soziale Kontakte, Spaß und Konsum stehen – und Schule – geschriebener Text, Fragestellung, Antwort – werden verbunden. So werden in kleinen Lerneinheiten wie denen aus dem „Handy“-Projekt lernergenerierte Inhalte sichtbar, aber auch lernergenerierte Contexte evident, in denen Schule und eine in schulischen Kontexten gestellte Aufgabe für die Schüler Ausgangspunkt 353 Fazit sein kann, um Alltag und Schule mit ihren Modi, Inhalten, Personen und Eigenheiten in Zusammenhang zu bringen und daraus neue Lerncontexte zu schaffen. Daneben ist die Einbindung der Schüler in die Erstellung von Lernmaterialien – seien es Fotos, Filme oder multimediale Lerneinheiten – ein Schritt in die Einbeziehung der Lerner in die Evaluierung von Lernergebnissen. Da die Schüler im Projekt „Handy“ Lerneinheiten produzieren, müssen sie Wissen und Formate in solch einem Grad reflektiert haben, dass die Ergebnisse, die sie produzieren, auch von anderen zum Lernen genutzt werden können. Ob dies der Fall ist, beurteilen andere Lerner, wobei beispielsweise die Menge der Nutzung der Lerneinheiten durch Dritte Indikator für den Lernerfolg der Schüler sein könnte, die die Lerneinheiten erstellt haben (sicherlich ist dies lediglich ein oberflächlicher Indikator, da quantitativ messbare Zugriffe auf Lernmaterialien eine qualitative Bewertung ablösen würden, was letztlich argumentativ nicht haltbar ist). Im Fall des „Mobile Classroom Schultest“ könnten die „I-did-IT“-Videos durch ihre leichte Verfügbarkeit auch von anderen Schülern im Sinne von Peer-Teaching evaluiert werden. Was den Schülern gelingen kann, ist, mit mobilen Technologien, konvergenten Technologien und multimodalen Formaten bestehende Strukturen zu revidieren und neue zu etablieren, um ihre eigenen konvergenten Lernräume, Contexte und Revisionsrahmen zu schaffen. 354 Fazit 5.4 Implikationen für den Wissenschaftsprozess – Abschließende Bemerkungen Mobiles Lernen ist eine junge Disziplin, und es wird sich in den kommenden Jahren zeigen, wie sehr sie als eigenständige Disziplin überlebensfähig ist. Wie sich bereits jetzt andeutet, umfasst die medienpädagogische und erziehungswissenschaftliche Forschung zum Mobilen Lernen Technologien, die Lerner, den Lernprozess und die Theorieentwicklung. Für die deutschsprachige Medienpädagogik wäre dies an Mediendidaktik und technologiegestütztes Lernen, Medienerziehung und Medienbildung anbindbar: Während die Technologiezentrierung in der Mobile-Learning-Diskussion der Mediendidaktik und dem technologiegestützten Lernen zugeschrieben werden kann und die kritische Auseinandersetzung der alltäglichen Nutzung mobiler Technologien in schulischen und anderen pädagogischen Kontexten im Bereich der Medienerziehung rangiert, so kann die Sozio-kulturelle Ökologie Mobilen Lernens für den Komplex der Medienbildung stehen. In Unterrichtskontexten gestaltet sich Mobiles Lernen als vielfältig realisiert. Dabei werden digitale Technologien sowohl als Ersatz für analoge verwendet, durch die Nutzung unterschiedlicher Gerätefunktionen werden Lernern Handlungsspielräume eröffnet, die situative Verwendung der Geräte und ihrer Funktionen erlaubt die Erstellung lernergenerierter Contexte usw. Dabei ist allerdings vor allem die Verwendung von angegliederten Plattformen kritisch zu hinterfragen: Geht es bei der Verwendung mobiler Technologien um die Nutzung ihrer originären Funktionalitäten, die eben spontane, situierte und kollaborative Aneignung und Bedeutungszuweisung unterstützen, oder dienen sie als Mittel zur dokumentarischen Erfassung von Situationen und zur Abspeicherung von Inhalten auf Plattformen, womit affektive Aneignung ausgeblendet und zeitversetzte Reflexionsräume eröffnet werden? Letzteres könnte auch ohne mobile Technologien auskommen. Sicherlich wird die Forschung zum Mobilen Lernen noch eine Zeit lang von Unklarheiten und Widersprüchen begleitet werden, was – bezogen auf die Phänomene der Massenkommunikation – sicherlich maßgeblich in der Dualität von Handlung und Struktur begründet liegt und vor dem 355 Fazit Hintergrund der Dynamiken des Mobile Complex einzuordnen ist. Ihre Verwendung und ihre Phänomene sind dialektisch geprägt. Dort, wo Chancen liegen, verbergen sich auch Risiken, wo Innovation gegeben scheint, herrscht naive Umsetzung. Dennoch scheint es, als seien die Lerner auf Grundlage ihrer Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Expertisen in der Lage, Strukturen zu schaffen, die Stabilität ermöglichen und als Reflexionsräume und Contexte eine Basis für Reflexion, Bedeutungszuweisung, Einordnung, Verortung – sowohl im Sinne schulischer als auch subjektiv sinnstiftender Kategorien – bieten. Sofern diese Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Expertisen ihren Weg in Schule und Unterricht finden, würde eine Verkürzung dieser Eigenschaften durch die unreflektierte und naive Verwendung den Leistungen und Kompetenzen der Lerner nicht gerecht, die sie in Alltagszusammenhängen ausgebaut haben, die sie jedoch als Experten sowohl für ihren Alltag als auch für die Anforderungen und Regularien von Schule an Schule und Lernen anbinden können. Dazu gehört nicht nur die Schaffung von Reflexionsräumen durch Lehrer oder Schule, sondern auch die Integration der Alltagsmedien, ihrer Inhalte und ihrer Genres. Denn die Repräsentationen von Welt der Lerner sind nicht linear und nur als Text verfügbar, sondern fragmentiert, modular, konsum- und spaßorientiert, multimedial und multimodal. Bezogen auf die Entstehung dieser Arbeit – womit sie nun schließen soll – stellt sich die bisherige Mobile-Learning-Diskussion als in Großbritannien engagiert geführt heraus, in Deutschland jedoch nur zögerlich akzeptiert. Unabhängig von kulturellen Kontexten ist Mobiles Lernen durch die teils unreflektierte Integration in den Schulunterricht in einigen Bereichen in der Tendenz ad absurdum geführt. Hier allerdings liegen auch Chancen, z. B. hinsichtlich der Betrachtung aus Richtung Gleichberechtigung und sozialer Benachteiligung, ebenso wie mit Blick auf die Schaffung einer gemeinsamen Wissensbasis zur gemeinsamen Bedeutungszuweisung. Allerdings werden sie den mobilen Technologien und ihrer Alltagsnutzung als solchen nicht gerecht. Möglicherweise liegt einer der Schlüssel für die weitere Auseinandersetzung mit der Mobile-Learning-Thematik, die nicht zentral auf technologiegestütztes Lernen ausgerichtet ist, sondern sich im Bereich der Medienbildung verortet, in der qualitativen Analyse des 356 Fazit 357 tatsächlichen Umgangs mit mobilen und konvergenten Technologien, den subjektiv geprägten Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken und Expertisen der Lerner in Unterrichtskontexten, den multimedialen Produkten, die Lerner in der Lage sind, zu produzieren, sowie den sich dabei entfaltenden Transformationsprozessen. Denn es ist deutlich, dass die Schüler in der Lage sind, Verbindungslinien zwischen Schule und Alltag herzustellen, die keinem dieser Bereiche in Lernkontexten die Daseinsberechtigung absprechen. Eine entsprechende Praxisforschung könnte sich entsprechend an den Handlungskompetenzen, kulturellen Praktiken, Strukturen und Ressourcen orientieren und den Schwerpunkt auf die Objektivationen und „Kulturprodukte“ legen, die durch die Lerner entstehen. Daran anknüpfen könnten Fragen nach Alltagsästhetik und ästhetischen Präferenzen, Lernformen, Lerninhalten, Lernorten, Identität, Subjektivität etc., um sich so den Lebenswelten der Lerner zu nähern, aber auch Lernräume zu eröffnen, die als zentralen Ausgangspunkt ästhetische Präferenzen und daran anschließende Handlungskompetenzen, kulturelle Praktiken und Expertisen haben, und um Aspekte einer Sozio-kulturellen Ökologie Mobilen Lernens in den Bereichen zu operationalisieren, die für eine kulturökologisch informierte Didaktik Mobilen Lernens anschlussfähig sind. Referenzen Referenzen Literaturverzeichnis Alfred-Teves-Schule (2008): Schulwebseiten der Grund- und Hauptschule Alfred- Teves-Schule, Gifhorn. 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Dies bezieht sich vornehmlich auf die Systematik der Kategorien zu Projektbeschreibung und -analyse (Kapitel 4.1) sowie die Beschreibung und Analyse der Praxisbeispiele (insbesondere Kapitel 4.2), in Ansätzen auch auf didaktische Aspekte (insbesondere Kapitel 3.3), die Nutzungsanalyse (insbesondere in Kapitel 2.1.5) sowie strukturelle Ansätze der Implementierung von mobilen Technologien in Unterrichtskontexte (insbesondere Kapitel 2.2.2, 2.3.1.1, 4.2 und 5.3). Auch die Methode und Struktur der beinahe fertigen Arbeit (siehe Einleitung sowie Kapitel 2) wurden präsentiert und in groben Zügen veröffentlicht. Die entsprechenden Verweise sind in der Arbeit durch die Angabe von Referenzen gesetzt. Herausgeberschaft Sammelbände und Zeitschriftennummern Pachler, Norbert; Pimmer, Christoph; Seipold, Judith (Hrsg.) (2011): Work-based mobile learning: concepts and cases, Oxford, Bern, Berlin, Bruxelles, Frankfurt am Main, New York, Wien: Peter Lang. 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Book of abstracts (Occasional Papers in Work-based Learning), S. 31-34. Rummler, Klaus; Seipold, Judith; Lübcke, Eileen; Pachler, Norbert; Attwell, Graham (2011): Editorial. In: Rummler, Klaus; Seipold, Judith; Lübcke, Eileen; Pachler, Norbert; Attwell, Graham (Hrsg.): Mobile learning: Crossing boundaries in convergent environments. 21-22 März 2011, Bremen. Book of abstracts (Occasional Papers in Work-based Learning), S. 11-12. Pachler, Norbert; Pimmer, Christoph; Seipold, Judith (2011): Work-based mobile learning: an overview. In: Pachler, Norbert; Pimmer, Christoph; Seipold, Judith (Hrsg.): Work-based mobile learning: concepts and cases. Oxford, Bern, Berlin, Bruxelles, Frankfurt am Main, New York, Wien: Peter Lang, S. 3-25. Seipold, Judith (2010): Kan brugen af mobiletelefoner i undervisningen styrke elev- centrerede læreprocesser? (Englischer Titel: Providing continuity for learner centred learning with mobile phones in schools). 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Seipold, Judith; Pachler, Norbert (2009): Towards a methodology of researching mobile learning. 3rd WLE Mobile Learning Symposium: Mobile Learning Cultures across Education, Work and Leisure, 27. März 2009, WLE Centre, Institute of Education, University of London, London. 391 Referenzen 392 Seipold, Judith (2009): Mo-LeaP - The mobile learning projects database. 3rd WLE Mobile Learning Symposium: Mobile Learning Cultures across Education, Work and Leisure, 27. März 2009, WLE Centre, Institute of Education, University of London, London. Seipold, Judith (2008): Mobile learning at the interface between formal and informal learning. Discourses and didactic implementations of applications for mobile phones and their relevance for formal learning in school. International Conference on multimodality and learning: New Perspectives on Knowledge, Representation and Communication, 19.-20. Juni 2008, Institute of Education, University of London, London. Seipold, Judith (2008): Multimedia and multimodal convergence and consequences for transformative context generation with mobile phones. 3rd Symposium Cultural Transformation and Learning, 12.-14. Juni 2008, Universität Kassel, Kassel. Seipold, Judith (2008): Mobile learning at the interface between formal and informal learning. Harnessing mobile phones and their modes of representation for curricular learning. Seminar Mobile Media, 10. März 2008, Aarhus Universitet, Centre for IT & Learning, Aarhus. Rummler, Klaus; Seipold, Judith (2007): "And don't forget to bring your mobile". At-risk groups, mobile learning projects and opportunities for learners. CoMundus Induction Days, 21.-22. September 2007, Université Stendhal Grenoble 3, Grenoble. Seipold, Judith (2007): Unterrichtsbeispiele zum m-learning aus Großbritannien und dem deutschsprachigen Raum. Rechercheergebnisse, Alltagsmedienkompetenz, Praxisbeispiel. Internationale Tagung Medien – Wissen – Bildung: Explorationen neuer Räume, Relationen und Dynamiken in digitalisierten Medienökologien, 25.- 26. Juni 2007, Universität Innsbruck, Innsbruck. Internetressourcen „MoLeaP – Die m-learning Projektdatenbank“ (www.moleap.net) ist auf Grundlage der Kategorien und Systematik, aufgebaut, die die Autorin im Rahmen der Erstellung der Methode zur Beschreibung und Analyse von Mobile Learning-Praxisbeispielen entwickelt hat (siehe Kapitel 4.1). Referenz: Seipold, Judith; The London Mobile Learning Group (LMLG) (2008-2012): MoLeaP – The mobile learning project database/ MoLeaP – Die m-learning Projektdatenbank. Unter Mitarbeit von Klaus Rummler. Edited by The London Mobile Learning Group (LMLG). The London Mobile Learning Group (LMLG). Online: http://www.moleap.net. (Zuletzt geprüft: 08.01.2010).