„Arbeitszeiten im holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerk des Landes Hessen: Anforderungen und Rea- lisierungspotentiale von flexiblen/variablen Arbeitszeitsy- stemen unter besonderer Berücksichtigung des Manage- ments von Arbeitszeit“ Dissertation zur Erlangung der Würde eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften der Universität Gesamthochschule Kassel vorgelegt von Dipl.-Oec. Frank Walter Kassel Betreuer: Prof. Dr. iur. Karl Linnenkohl Gutachter Prof. Dr. iur. Karl Linnenkohl Prof. Dr. Otfried Kießler Kassel, Oktober1999 „Die Zeit ist etwas Göttliches, deren wahres Wesen nicht begriffen werden kann.“ Galenus, 129-193 n. Christus Vorwort Die Wissenschaft braucht die Praxis und umgekehrt. In einem entwickelten Wirtschaftsstandort wie Deutschland ist ständige Innovation notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit sicherzustel- len. Heute genügt nicht mehr nur das unternehmerische Fingerspitzengefühl, um zum erfolgrei- chen Ziel zu gelangen. Nur mit wissenschaftlich fundierten Daten und systematischer Unterneh- mensführung, allerdings gepaart mit der emotionalen Intelligenz des Unternehmers bzw. Mana- gers, können Unternehmen heute erfolgreich geführt werden. Dem Handwerk und den mittelständischen Unternehmen stehen Forschungsergebnisse leider oft verspätet zur Verfügung. Dies liegt nicht nur an der Häufigkeit, mit der sich die Forschung mit dem Handwerk beschäftigt, sondern auch an der Chance des handwerklichen Unternehmers, die Zeit zu finden, Studien und Daten zu lesen, zu analysieren und umzusetzen. Oftmals unterschei- det sich die Terminologie völlig von den gewohnten, zumeist technologisch orientierten Vorgän- gen, die der Handwerksunternehmer beherrschen muß. Dieser Fakt motivierte mich, in einem Feld tätig zu werden, dessen "Handwerkszeug" ich in Theorie und Praxis kennenlernen durfte. Mit Herrn Prof. Dr. Karl Linnenkohl (Universität Gesamthochschule Kassel, Fachbereich Wirt- schaftswissenschaften) gingen intensive Gespräche, gekoppelt mit vielfach überarbeiteten Kon- zeptionsphasen, voraus, bis der Forschungsschwerpunkt definiert war. Folgenden Personen bin ich zu Dank verpflichtet: · Dr. Winfried Schipkowski, Geschäftsführer des LIV Hessen des HKH Gießen, stand unvor- eingenommen Pate vor und während der Konzeption der Arbeit und unterstützte in vorbildli- cher Art und Weise die Terminierung mit den Probanden für die Interviews. · Dipl.-Angl. Karin Hoppstädter, und Dr. Regina Schütz vom Lehrstuhl Prof. Dr. Karl Lin- nenkohl, die konzeptionell beratend und quasi als Lektorat immer dann zuverlässig zur Stelle waren, wenn sie gebraucht wurden und darüber hinaus wertvollste konstruktive Tips für den systematischen Arbeitsablauf gegeben haben. · Meine Ehefrau Christiane Walter-Weinhold entwickelte sich im Zeitverlauf zu einem Mo- tivator und Mentor für diese Arbeit, obwohl sie die Hauptlast zu tragen hatte, denn ich war über viele Zeiträume für das Privatleben sozusagen ein Neutrum. · Nicht vergessen möchte ich meine Eltern Erika und Georg Walter, die mir in einer Atmo- sphäre des gelebten Liberalismus von Kindesbeinen an Entwicklungsmöglichkeiten ermög- lichten, die letztendlich der Bereitschaft zu einer solchen Arbeit den Weg ebneten. · Ohne jeden Vergleich ist fraglos die begleitende Tätigkeit von Herrn Prof. Dr. Karl Linnenkohl zu nennen. Die Art und Weise der sachlichen Betreuung ist mir außeror- dentlich positiv in Erinnerung. In der Managementlehre würde man die mir zu Teil ge- wordene Betreuung wohl als "coaching", und dies im vorbildlichsten Sinne, einstufen Ich bin der sicheren Überzeugung, mit Abschluß dieser Dissertation mehr denn je, daß die Flexi- bilisierung der Arbeitszeit eine Chance gerade für die Unternehmen des Schreiner-Handwerks darstellt. Die Penetration des interdisziplinären Ansatzes durch die gesamte Arbeit setzt den stringenten Rahmen. Ein Bild geht mir dabei nicht aus dem Kopf: Ein sich in Wind und Sturm wiegender Grashalm ist trotz seiner kleinen Größer gegenüber der dicken und starken Eiche flexibler und überlebens- fähiger; fällt der Sturm die Eiche, sind vollendete Tatsachen geschaffen. Der Grashalm überlebt diesen Sturm und kann sich weiterentwickeln. Frank Walter Kassel, Oktober 1999 IInhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis.......................................................................................V Abkürzungsverzeichnis.................................................................................... VI A. Einleitung ...................................................................................................9 I. Ziele und definierte Problemkreise aus der Untersuchung.......................................... 12 II. Entwicklung des Systems Arbeitszeit............................................................................ 13 III. Determinanten des Wandels ......................................................................................... 14 IV. Die Generierung von Thesen......................................................................................... 15 B. Wirtschaft - Handwerk - Schreinerhandwerk ........................................18 I. Bedeutung des Schreinerhandwerks in Wirtschaft und Gesellschaft .......................... 18 II. Tendenzen für das Schreinerhandwerk........................................................................ 20 III. Handlungsfelder und Konsequenzen für das Schreinerhandwerk durch veränderte Märkte ........................................................................................................................... 21 C. Arbeitszeit zwischen Standortdebatte und Managementaufgaben........25 I. Wettbewerbsstandort und Arbeitszeit .......................................................................... 26 II. Herausforderung an das Schreinerhandwerk durch Arbeitszeit-Management .......... 31 1. Beispiel zur Differenz zwischen Marktanforderung und betrieblicher Realität ............ 32 2. Handwerkskonjunktur als Promoter für das Arbeitszeitmanagement........................... 34 3. Wettbewerbsfähigkeit des Schreinerhandwerks durch Arbeitszeit-flexibilisierung ...... 36 4. Gegenwärtige Situation .............................................................................................. 39 5. Wirtschaftliche Einordnung des Handwerks: Parameter für das Handwerk ................. 41 III. Auswirkungen der Arbeitszeitflexibilisierung.............................................................. 45 1. Arbeitszeitproblematik – interdisziplinärer Diskussionsansatz.................................... 49 2. Arbeitszeit - Definition der Arbeit .............................................................................. 55 3. Entwicklungsfacetten aus Tarifpolitik und Arbeitszeitproblematik.............................. 60 4. Gefahrpotential Tarifsituation .................................................................................... 65 5. Flexible Arbeitszeit - Ökonomische Sichtweise........................................................... 66 IV. Arbeitszeitflexibilisierung und Anwendung adäquater Führungsmodelle................... 74 1. Gesellschaftlicher Wertewandel und Wechselwirkungen auf die Arbeitswelt .............. 75 2. Chancen für eine neue Arbeitskultur im Schreinerhandwerk ...................................... 81 3. Informationsmanagement/Offene Kommunikationsstrategie....................................... 81 4. Implementierung über Partizipation ........................................................................... 83 5. Total Quality Management (TQM) als Implementierungsprinzip................................ 84 6. „Organizational Health“ als Folge der Arbeitszeitflexibilisierung ............................... 85 II D. Formenkreis Management und Marketing.............................................88 I. Marketingtheoretischer Ansatz .................................................................................... 88 II. Unternehmenspolitik ..................................................................................................... 92 III. Flexibilisierung als Subziel des Marketing ................................................................... 94 IV. Beziehungen zu Marktpartnern.................................................................................... 95 V. Management und Marketing im Schreinerei-Unternehmen........................................ 96 VI. Gedanken und Visionen zur Optimierung der betrieblichen Ausrichtung in einer spezialisierten Branche des Schreinerhandwerks - dem Fensterbau als beispielhaftes Segment........................................................................................................................ 101 E. Juristische Komponente und Flexible Arbeitszeit ................................107 I. Vorbemerkungen......................................................................................................... 107 II. Begriffsbestimmung..................................................................................................... 110 1. Arbeitszeit i.S.v. § 2 I ArbZG................................................................................... 110 2. Betriebszeit .............................................................................................................. 110 3. Flexible Arbeitszeitgestaltung................................................................................... 111 4. Arbeitnehmerbegriff des § 2 II ArbZG...................................................................... 111 III. Rechtsquellen............................................................................................................... 112 1. Tarifvertrag.............................................................................................................. 112 2. Diskussion um die Reform des Flächentarifvertrages................................................ 112 3. Betriebsvereinbarung................................................................................................ 114 4. Individualarbeitsvertrag............................................................................................ 114 IV. Gesetzlicher Spielraum des § 3 ArbZG ...................................................................... 115 1. Werktägliche Arbeitszeit .......................................................................................... 115 2. Verlängerungsmöglichkeiten und -voraussetzungen ................................................. 115 3. Ausgleichszeitraum .................................................................................................. 116 4. Ruhepausen nach § 4 ArbZG.................................................................................... 117 5. Ruhezeit nach § 5 ArbZG......................................................................................... 117 V. Tarifvertragliche Möglichkeiten................................................................................. 117 1. Nach den Manteltarifverträgen vom 01.01.1992 und 01.07.1999.............................. 118 a) Arbeitszeitverteilung ............................................................................................ 118 b) Fehlende Öffnungsklausel ..................................................................................... 119 c) Flexible Arbeitszeit durch Mehrarbeit................................................................... 120 2. Ausblick auf die Möglichkeiten des Manteltarifvertrages.......................................... 120 VI. Ausgenommene Arbeitnehmer.................................................................................... 123 1. Nach dem Mutterschutzgesetz .................................................................................. 123 2. Nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz........................................................................ 123 VII. Modelle der flexiblen Arbeitszeit........................................................................... 124 1. Zeitausgleich............................................................................................................ 124 a) Zeitausgleich durch freie Tage.............................................................................. 125 b) Zeitausgleich in „Lasttälern“................................................................................. 125 c) Verfügungstage .................................................................................................... 125 VIII. Ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit....................................................... 126 III 1. Kurzzyklische Schwankungen .................................................................................. 126 2. Langzyklische Schwankungen.................................................................................. 127 IX. Umsetzung der flexiblen Arbeitszeit im Betrieb......................................................... 128 1. Betriebsvereinbarung................................................................................................ 128 2. Individualarbeitsvertrag............................................................................................ 130 3. Ablauf der Einführung ............................................................................................. 131 X. Lohnfindungsproblematik........................................................................................... 131 F. Fallstudie, Ergebnisse und Perspektiven...............................................134 I. Empirische Sozialforschung als Grundlage der Studie .............................................. 134 II. Projektabgrenzung ...................................................................................................... 136 1. Forschungsdesign..................................................................................................... 136 2. Forschungsverlauf der Fallstudie .............................................................................. 137 3. Untersuchungssteckbrief der Fallstudie..................................................................... 138 III. Empirische Befunde aus der Fallstudie ...................................................................... 139 1. Anzahl der Beschäftigten in den befragten Betrieben................................................ 140 2. Unternehmensklassifizierung ................................................................................... 141 3. Arbeitszeiten ............................................................................................................ 142 4. Flexible Arbeitszeitmodelle ...................................................................................... 144 5. Individuelle Präferenzen für Arbeitszeitmodelle ....................................................... 146 6. Geschlechtsspezifische Präferenzen für Arbeitszeitmodelle....................................... 148 7. Zufriedenheit der Probanden mit ihrem Arbeitsplatz ................................................ 149 8. Zukunftsprognosen................................................................................................... 151 9. Zeitsouveränität........................................................................................................ 152 10. Meinung der Mitarbeiter zu f/vA .......................................................................... 154 11. Bedeutung flexibler Regelungen ........................................................................... 155 12. Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch f/v AZ ............................................. 156 13. Beurteilung der Mitarbeiter/innen (Wertewandel-Diagnostik)............................... 157 14. Faktoren zur Motivation der Mitarbeiter ............................................................... 158 15. Auslastung der Unternehmensführer..................................................................... 159 16. Persönliche Belastung der Probanden und Ursachen ............................................. 161 17. Organisation von Mehrarbeit im Betrieb............................................................... 164 18. Anzahl der Überstunden in den befragten Unternehmen ....................................... 164 19. Demographische Daten......................................................................................... 166 20. Gewerkschaftliches Meinungsbild im Abgleich zu Kernergebnissen ..................... 167 IV. Analyse, Ergebnisse und Perspektiven ....................................................................... 171 1. Matrixmodell zur Einführung innovativer Arbeitszeitsysteme im Schreinerhandwerk172 2. Erkenntnisse für die Umsetzung im Schreinerhandwerk - Positives Szenario für f/v Arbeitszeitsysteme ................................................................................................... 174 a) Gefahrpotential durch Individualisierung............................................................... 174 b) Flexible/variable Arbeitszeit - Konfliktpotential durch eingeschränkte Blickwinkel der Akteure ........................................................................................................... 175 c) Wandel................................................................................................................. 176 d) Öffnungskorridore ................................................................................................. 179 e) Wachstum durch Flexibilisierung ......................................................................... 180 f) Das virtuelle Unternehmen - Faszination und Realisierungspotential für das Schreinerhandwerk durch Telekooperation und Telearbeit ................................... 181 3. Lösungsvorschlag für ein Reformkonzept des Tarifvertrages .................................... 185 a) Prozeß der Konfliktsteuerung und Führungskompetenz ........................................ 187 b) Konstruktive Personalpolitik.................................................................................. 188 4. Arbeitszeitsystem Schreinerhandwerk im exemplarischen Modell ............................ 189 IV 5. Skalierbare Vorteile eines f/v Arbeitszeitsystems ...................................................... 191 6. Das optimale Modelle der Jahresarbeitszeit (JAZ) .................................................... 192 7. Perspektivisches Erfolgspotential für Schreinerei-Unternehmen durch f/v Arbeitszeitsysteme - Zusammenfassung der Ergebnisse............................................. 194 G. Epilog......................................................................................................198 H. Anhang ...................................................................................................199 Anhang 1: Manteltarifverträge ......................................................................................... 200 Anhang 2: Linnenkohl/Rauschenberg: Bewertung der Grundmuster ............................. 235 Anhang 3: Ablaufschema der Einführung ........................................................................ 240 Anhang 4: Fragebogen....................................................................................................... 243 Anhang 5: Muster einer Betriebsvereinbarung aus der Praxis........................................ 253 I. Literaturverzeichnis...............................................................................256 VAbbildungsverzeichnis Abbildung 1: Konstruktive Ebenen/“Zielscheibe“................................................11 Abbildung 2: Zeitverlauf/Entwicklungspfad.........................................................14 Abbildung 3: Determinanten des Wandels ...............................................................15 Abbildung 4: Prozeßkette....................................................................................17 Abbildung 5: Aktionsfelder Flexible Arbeitszeit...................................................48 Abbildung 6: Grundmuster (Arbeitszeitformen)...................................................70 Abbildung 7: Tatsächliche und gewünschte Arbeitszeit........................................71 Abbildung 8: Quantitatives Flexibilisierungspotential (FP) ...................................72 Abbildung 9: Flexible Arbeitszeiten und Informationsmanagement/offene Kommunikationsstrategie................................................................82 Abbildung 10: Unternehmenspolitik Basis für Marketing im Handwerk ...............92 Abbildung 11: Handwerksmanagement entwickelt Arbeitszeitflexibilisierung.......98 Abbildung 12: Marketing Mix - Regionaler Bauzulieferer/Baunebengewerbe (Schreiner) 100 Abbildung 13: Schreinereihandwerk: Einbindung der Flexibilität in das Gesamtspektrum als Anforderungsprofil......................................105 Abbildung 14: Forschungsdesign.......................................................................137 Abbildung 15: Untersuchungssteckbrief ............................................................139 Abbildung 16: Chart 1.......................................................................................140 Abbildung 17: Chart 2.......................................................................................141 Abbildung 18: Chart 3.......................................................................................143 Abbildung 19: Chart 4.......................................................................................145 Abbildung 20: Chart 5.......................................................................................146 Abbildung 21: Chart 6.......................................................................................148 Abbildung 22: Chart 7.......................................................................................149 Abbildung 23: Chart 8.......................................................................................151 Abbildung 24: Chart 9.......................................................................................152 Abbildung 25: Chart 10.....................................................................................154 Abbildung 26: Chart 11.....................................................................................155 Abbildung 27: Chart 11.....................................................................................156 Abbildung 28: Chart 14.....................................................................................158 Abbildung 29: Chart 16.....................................................................................159 Abbildung 30: Chart 17.....................................................................................161 Abbildung 31: Chart 18.....................................................................................163 Abbildung 32: Chart 19.....................................................................................164 Abbildung 33: Chart 20.....................................................................................165 Abbildung 34: Stellung des Probanden im Unternehmen....................................166 Abbildung 35: Alter der Probanden ...................................................................167 Abbildung 36: Matrixmodell zur Einführung innovativer Arbeitszeitsysteme im .174 Abbildung 37: „Anytime/Anyplace-Matrix“.......................................................183 Abbildung 38: Formen von flexibler/variabler Arbeitszeit ..................................190 VI Abkürzungsverzeichnis Abs. AFK AG AG AGV akt. ALK Alt. Anm. AP ArbZG ATG Aufl. AuR Aut. AV Az AZ AZO BAG BB BBU Absatz Arbeitskreise der Wirtschaft für Kommunalfragen in Nordhessen Aktiengesellschaft Arbeitgeber Arbeitgeberverband Metall (Nordhessen) aktuell,e Arbeitskreis Liberale Kommunalpolitik Alternative Anmerkung Arbeitsrechtliche Praxis Arbeitszeitgesetz Altersteilzeitgesetze Auflage Arbeit und Recht Autor Arbeitsvertrag Arbeitszeit Arbeitszeitvolumen Arbeitszeitordnung Bundesarbeitsgericht Betriebs-Berater Betriebsberatungsdienst für Unternehmen der Handwerkskam- mer Kassel Bd. BDA BddW BeschFG BetrVG BGB BHKH Band Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände Blick durch die Wirtschaft Beschäftigungsförderungsgesetz Betriebsverfassungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesverband des holz- und kunststoffverarbeitenden Hand- werks (Wiesbaden) bspw. BT-Drucks. BV BVG BWL BZ bzgl. bzw. ca. CAD d. d.h. DM beispielsweise Bundestags-Drucksache Betriebsvereinbarung Betriebsverfassungsgericht Betriebswirtschaftslehre Bemessungszeitraum bezüglich beziehungsweise zirka Computer Aided Design der, die, das das heißt Deutsche Mark VII Dt. durchges. EKD evt. F.A.Z. FP f/vA GAZ gem. GewO GG ggf. GhK GHK GmbH HAG HandWO HKH HNA HWK i.d.R. i.e.S. i.S.v. IGM inkl. IRWAZ i.S.d. ISDN i.V.m. JAV JAZ KAPOVAZ KG KKV KSchG LIV Deutsche durchgesehene Evangelische Kirche Deutschlands eventuell Frankfurter Allgemeine Zeitung Flexibilisierungspotential flexible/variable Arbeitszeitsysteme Gleitende Arbeitszeit gemäß Gewerbeordnung Grundgesetz gegebenenfalls Gesamthochschule Kassel Gewerkschaft Holz und Metall Gesellschaft mit beschränkter Haftung Heimarbeitsgesetz Handwerksordnung Holz- und Kunststoffverarbeitendes Handwerk Hessische/Niedersächsische Allgemeine Zeitung Handwerkskammer Kassel in der Regel im engeren Sinne im Sinne von IG Metall inklusive Individuelle regelmäßige Wochenarbeitszeit im Sinne des Integrated Services Digital Network in Verbindung mit Jahresarbeitszeitvereinbarung Jahresarbeitszeit Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit Kommanditgesellschaft Komparativer Konkurrenzvorteil Kündigungsschutzgesetz Landesinnungsverband des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks in Hessen (Gießen) lt. M+E MHdArb Min. MTH laut Metall- und Elektroindustrie Münchner Handbuch des Arbeitsrechts Minuten Manteltarifvertrag Hessen des holz- und kunststoffverarbeiten- den Handwerks MTV NN Nr. NZA o.a. o.ä. Manteltarifvertrag nomen nescio (Namen unbekannt) Nummer Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht oben angeführte oder ähnliches VIII o.g. p.a. PAW rd. Rn. s. S. SEP sog. Std. TAZ TarifV TarifVG tw. TZ u.a. überarb. u.U. usw. VFF vgl. VhU VOB oben genannte per anno Pressestelle der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände Nordhes- sen rund Randnummer siehe Seite Strategische Erfolgsposition sogenannt(e) Stunden Tagesarbeitszeit Tarifvertrag Tarifvertragsgesetz teilweise Teilzeit und andere, unter anderem überarbeitete unter Umständen und so weiter Verband Fenster und Fassade (Frankfurt/Main) vergleiche Vereinigung hessischer Unternehmerverbände e.V. Verdingungsordnung für Bauleistungen VW VWL WAZ z.B. ZdH z.Zt. Volkswagenwerk AG Volkswirtschaftslehre Wochenarbeitszeit zum Beispiel Zentralverband des deutschen Handwerks zur Zeit 9A. Einleitung Fixe Arbeitszeiten werden in den Märkten der Zukunft Vergangenheit sein. Auf dem Weg zu einer vom tertiären Sektor geprägten Wirtschaftsgesellschaft können starre Arbeitszeiten dem Drang des Menschen auf Entfaltung in Arbeit und Freizeit einerseits und freiem Konsum andererseits in der Sozialen Marktwirtschaft nur hinderlich sein. Nicht jeder wird dabei Zeitsouveränität besitzen können. Tenden- zen jedoch dürften branchenübergreifend und im Sinne dieser Arbeit vor allem tä- tigkeitsbezogen und raumgreifend zu finden sein. Die vorliegende Forschungsarbeit möchte die Herausforderungen an das Arbeits- zeitmanagement in einem Handwerkszweig mit einem interdisziplinärem Ansatz untersuchen. Die schleichende Entwicklung hin zu Arbeitszeitsystemen, die das Handwerksmanagement überfordern könnten, ist als kontraproduktiv einzustufen. Aktives Arbeitszeitmanagement aber wird in der Lage sein, auf die kasuistischen Anforderungen reagieren zu können. Dafür ist es notwendig, die Situation zu er- forschen. Zeit spielt in der Umgebung des Menschen seit Urzeiten eine bedeutende Rolle. Der Mensch selbst ist ein Produkt biologischen und damit zeitabhängigen Wachs- tums. Dennoch ist die geographische Ordnung der Welt (und Wirtschaftswelt) im Zeitalter der Telekommunikation und „global players“ durch eine chronographische Ordnung verdrängt worden. Die Verdichtung des Ereigniskonsums und die Be- deutung des Kostenfaktors Arbeitszeit hat dazu geführt, daß „Zeit“ eine knappe Ressource geworden ist. Das Arbeitszeitmanagement ist heute ein wichtiges Ele- ment des Managements und Marketings, das den Wettbewerbsvorteil sichern hilft. Seine Umsetzung stellt jedoch hohe Ansprüche an die betriebliche Organisation der Unternehmen. Diese Arbeit zeigt den Status der Arbeitszeit im hessischen Schrei- nerhandwerk auf und erarbeitet auf der Basis empirischer Befunde Wege für das Management von Arbeitszeit im Schreinerhandwerk unter besonderer Berücksich- tigung der juristischen, marketingtheoretischen und soziologischen Felder. 10 Dieses Ziel ist ohne eine interdisziplinäre Ausrichtung der Studie nicht zu realisie- ren, da nur ein gesamtheitlich übergreifender Ansatz aus den genannten Disziplinen dem Thema gerecht wird. Sowohl die wissenschaftliche Analyse und Aufbereitung als auch die praxisgerechte Einführung flexibler Arbeitssysteme in die Unterneh- men des Schreinerhandwerks können nur gelingen, wenn die juristischen, volks- wirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und sozialen Erkenntnisse entsprechend beachtet und aufeinander abgestimmt werden. In der vorliegenden Studie wird dieser Ansatz konsequent verfolgt. Er ist in der bisherigen Literatur so noch nicht diskutiert worden. Bzgl. der besonderen Proble- matik in Mittelstand und Handwerk existieren keine interdisziplinären wissen- schaftlichen Studien zum Kernthema zukünftigen Arbeitszeitmanagements. Handwerk ist Vielfalt. Eine Untersuchung quer durch alle Handwerksbranchen hätte möglicherweise interessante Ergebnisse gebracht, jedoch für die Praxis der einzelnen Branche kaum „taktische“ Ansätze erwarten lassen. Aus diesem Grunde wurde für diese Dissertation die Entscheidung getroffen, eine Branche gezielt aus- zuwählen und hier einen status quo zu definieren. Das Schreinerhandwerk, exakter beschrieben als „holz- und kunststoffver- arbeitendes Handwerk (HKH)“, konnte die Auswahlkriterien, die nachstehend de- finiert sind, erfüllen: · eine Vielzahl von spezialisierten Unternehmen, die Erfahrungen mit normabweichenden Strukturen haben, · ein prosperierendes Handwerk, · Praxiserfahrung des Bearbeiters. Diese Arbeit versucht, Perspektiven für zukünftiges Arbeitszeitmanagement auf- zuzeigen und die Diskussion einer Reorganisation der Arbeit (und damit auch der Arbeitsmarktpolitik) im Schreinerhandwerk anzuregen. Die Gestaltung der Ar- beitszeit ist dabei ein zentraler Parameter. An diesem setzt auch die Fallstudie an. 11 Für das Schreinerhandwerk sollen die gewonnenen Daten und Erkenntnisse den Weg zu erfolgreicherem Wirtschaften unter besonderer Berücksichtigung des ge- sellschaftlichen Wandels, der ökonomischen und juristischen Komponenten in der Zukunft absichern helfen. Daraus ergibt sich folgende Systematik für den Ablauf und die Einordnung der Ebenen der vorliegenden Arbeit: Abbildung 1 Konstruktive Ebenen/“Zielscheibe“ f/v Arbeitszeitsysteme Schreinerei= Zielprodukt Flexi Operationale Ebene: -Führungslehre -Gestaltungsfragen -Lösungsvorschläge Strategieebene: -Management/Marketing -Jura -BWL - Umwelt Meta-Ebene - Politik - Soziologie Marktsituation Konkurrenzsituation (eigene Darstellung/ in Anlehnung an Entwurf Prof. Dr. O. Kießler) 12 I. Ziele und definierte Problemkreise aus der Untersuchung Sich aus der Untersuchung ergebende Ziele sind a): · Künftige Gestaltungsaufgaben für Akteure, Unternehmer, Arbeitnehmer und Organisationen zu definieren. · Die Lebensqualität für Beschäftigte durch zeitgemäße Arbeitsorganisation zu erhöhen. · Die Synchronisation betrieblicher und außerbetrieblicher Ziele aufzuzeigen. · Risiken, Chancen und erwartete Wirkungen flexibler/variabler Arbeitszeiten darzustellen und · Muster für das Schreinerhandwerk zur Diskussion vorzulegen. Für diese Arbeit stellten sich, nach der Analyse in einer vorgeschalteten Pre-Test- Phase, folgende Problemkreise aus der Sicht der betroffenen Branche: b): · Zielfunktionen der Arbeitszeitflexibilisierung für Schreinereiunternehmen sind nicht vorhanden oder transparent. · Die Arbeitszeitpolitik führt zu Zielkonflikten zwischen Gesetz und Praxis, Ar- beitnehmern und Arbeitgebern auf der Makro-, Meso- und Mikroebene. · Integrative Gestaltungsansätze für die Branche fehlen. · Für Bandbreite und Ermittlung betrieblicher Zeitarrangements fehlen Daten. · Branchenspezifische Interessen und Typologien sollen analysiert werden. · Bestimmungen für die Behandlung von Zeitverwendungswünschen und Ar- beitszeitoptionen liegen nicht vor. · Es gibt keine Analyse der Wechselbeziehung zwischen potentiellem Wider- spruch aus berufs- und lebensweltlichen Ansprüchen für die Branche. · Es werden differenzierte Einstellungen zwischen verschiedenen Beschäftigten- und Lebensstilgruppen vermutet. 13 · Ein neues Zeitmuster wird gewünscht. · Die Auswirkungen auf die Qualität der Beschäftigung und die Unternehmens- perspektive soll dargestellt werden. · Problemkreis der sozialen Sicherung: Verhinderung sozialer Asymmetrien (Ar- gumente der Beschäftigten; Gewerkschaft) erscheint wichtig. · Positive Effekte für das Unternehmen sollen aufgezeigt werden. Es war notwendig, die Aufarbeitung der Themenstellung durch eine Kombination von Literaturstudium und Pre-Test-Analyse mit nachfolgenden persönlichen Inten- sivinterviews vorzunehmen, um für die Schreinereiunternehmen aus einer bran- chenweiten Fallstudie Ergebnisse ableiten zu können. Diese Analyse wurde genutzt, um die Fragestellungen für die Interviewphase fest- zulegen. Die Auswertung der Daten zeigt, daß aus der Branche Ergebnisse vorge- legt werden können, die sowohl den Bereich a) als auch den Bereich b) weiträumig abdecken. Auf Grund der gewonnenen Ergebnisse sind für das (hessische) Schrei- nerhandwerk Wege aufgezeigt worden, die eine Neuorientierung bzgl. der Arbeits- zeitmuster in mittelfristiger Zukunft ermöglichen können. II. Entwicklung des Systems Arbeitszeit Die folgende Übersicht zeigt die Entwicklung des Systems Arbeitszeit von der Starrheit zur Flexibilität. Die Übersicht wurde vom Autor entwickelt und zeigt u.a. den Status der gegenwärtigen Situation auf. Das Schaubild verdeutlicht den Ent- wicklungspfad im Zeitverlauf. Die Polarisierung zwischen der Systemstarrheit und einer Amorphität1 symbolisiert gleichsam den notwendigen Energieaufwand für die Wirtschaftsakteure. 1 Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, 3. Auflage, Heidelberg 1996, S. 138. Die Autoren definieren Amorphität als gestaltlose Arbeitszeitform, bei der lediglich das Volumen fixiert wird ohne Lage und Dauer der Arbeitszeit festzulegen. 14 Abbildung 2: Zeitverlauf/Entwicklungspfad E nt w ic kl un gs pf ad Zeitverlauf Vergangenheit -5/10 Jahre derzeit 0 Jahre mittelfristig + 5/10 Jahre Vision Starre Arbeitszeit- Struktur Suche nach innovativen Arbeitszeitmustern ingeniöse Muster individuelle Amorphität Flexible/ Variable Arbeitszeit- systeme (eigene Darstellung) Ein Kernziel dieser Arbeit ist es, Theorie und Praxis aufeinander abzustimmen; dies schließt auch Kooperationspotentiale zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern mit ein. Im Verlauf der Studie wird der Begriff flexible/variable Arbeitszeitsystem (f/v Arbeitszeitsysteme) geprägt und definiert. III. Determinanten des Wandels Als Leitsystem gelten folgende vier Determinanten (siehe auch Abb. 3):2 1. TECHNIK: SIE BESTIMMT, WAS MACHBAR IST 2. ÖKONOMIE: SIE BESTIMMT, WAS NÖTIG IST 3. RECHT: ES BESTIMMT, WAS ZULÄSSIG IST 4. ETHIK: SIE BESTIMMT, WAS VERANTWORTBAR IST BZW. SEIN SOLLTE. 15 Abbildung 3: Determinanten des Wandels Determinanten des Wandels Was ist machbar? Was ist nötig? Was ist zulässig und gewünscht? Was ist ver- antwortbar? R E C H T T E C H N I K Ö K O N O M I E E T H I K Markt Arbeit (eigene Darstellung/ in Anlehnung an die Determinanten von WEIDEMANN) Das komplexe System verdeutlicht die Notwendigkeit des interdisziplinären An- satzes, da ohne Abstimmung der einzelnen Elemente eine Zielführung nicht mög- lich ist. IV. Die Generierung von Thesen Folgende Thesen wurden generiert: 1. Der Faktor Zeit wird zu einem strategischen Wettbewerbsfaktor; die Flexibilität des Unternehmens als Antwort auf die Anforderung des Marktes wird sich er- höhen; die Jahresarbeitszeit wird für die Betriebe des Schreinerhandwerks das bedeutendste Konzept des flexiblen Arbeitszeitmanagements sein. Im wirt- schaftlichen Umfeld wird darüber hinaus die Lebensarbeitszeit sowie die flexible 2 Vgl. Weidemann: „Die Arbeitswelt von Morgen: Determinanten des Wandels“ in: Forum 49 16 Pensionierung an Bedeutung gewinnen. Desweiteren sind sog. Lohn/Zeitoptionen weitere wichtige Varianten, die allerdings für das Schreiner- handwerk weniger greifen. 2. Neue Arbeitszeitregelungen stellen, wie andere Veränderungen im Unter- nehmen auch, immer eine Art Optimierungsprozeß dar. Damit wird deutlich, daß Einführung und Durchführung von f/v Arbeitszeitsystemen ein langfristiger Prozeß ist; der organisatorisch wachsen muß. Flexible Arbeitszeiten als ein Ele- ment in einem komplexen organisatorischen System werden sich ständig an be- triebliche und durch den Markt bedingte Erfordernisse anpassen müssen. Daher ist die Einführung von f/v Arbeitszeitsystemen ohne eine positive Haltung und Unterstützung der Unternehmensführung nicht möglich; denn die Einführung flexibler Arbeitszeiten, d.h. Arbeitszeitmanagement, ist eine klare Management- aufgabe. 3. Arbeitszeitflexibilisierung sichert Wettbewerbsvorteile und strategische Erfolgs- positionen. 4. Zukünftige Personalpolitik wird sich verstärkt am Menschen orientieren, was wiederum Ausdruck einer Unternehmenskultur, eingebunden in das Manage- ment und Marketing von Handwerksunternehmen ist. Arbeitszeitmanagement hat einen betrieblichen und einen mitarbeiterorientierten Pol, die nur durch ein konsensorientiertes Management zu einem betriebsindividuellen System zusam- mengeführt werden können. 5. Mit der Einführung von flexiblen Arbeitszeitsystemen wird der bisher prakti- zierte Führungsstil verändert werden müssen. So wird z.B. ein neues Kontroll- verhalten erforderlich sein; denn ohne ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis kann Zeitsouveränität nicht realisiert werden. 6. Die vorgefundene Organisationsstruktur, vielmehr Organisationsphilosophie, in den Schreinereiunternehmen zeigt, daß diese den Ansprüchen an f/v Arbeitszeit- systeme kaum gerecht werden; die Strukturen sind den vielfältigen Veränderun- gen in Markt und Gesellschaft noch nicht genügend angepaßt. 7. Kleine überschaubare Einheiten sowie flache Hierarchien in den Betrieben des Schreinerhandwerkes kommen einer Einführung von flexiblen Arbeitszeiten ent- gegen. Die informelle Kommunikation und Organisation wird an Bedeutung (1993), Hrsg. Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), Köln, S. 1. 17 gewinnen, wenn f/v Arbeitszeitsysteme erfolgreich implementiert werden sollen; damit wird Kommunikation zu einer zentralen Führungsaufgabe. Die zunehmende Einführung von f/v Arbeitszeitsysteme wird eine gesellschaftliche Verhaltensänderung herbeiführen. Da Arbeit nach wie vor für die meisten Men- schen ein zentraler Lebenswert bleibt, werden sich die Verhaltensmuster in Wirt- schaft und Gesellschaft (Ladenöffnungszeiten, Konsumentenverhalten, Fernsehen, Medienverhalten, E-Commerce, etc.) deutlich verschieben. Diese Arbeit wird aufzeigen, daß es notwendig ist, f/v Arbeitszeitsysteme zu ent- wickeln; die dafür notwendige Kette (siehe Schaubild) wird in den einzelnen Teilen der Arbeit dargestellt. Abbildung 4: Prozeßkette UNTERNEHMENSKULTUR entwickelt ... MANAGEMENT/MARKETING organisiert ... FLEXIBILISIERUNGSMANAGEMENT (F/VA) fördert ... ... MARKTERFOLG / PIONIERSTATUS (eigene Darstellung) 18 B. Wirtschaft - Handwerk - Schreinerhandwerk I. Bedeutung des Schreinerhandwerks in Wirtschaft und Gesellschaft Das gesamte Handwerk3 in der Bundesrepublik umfaßt 563.000 Betriebe mit rund 6,085 Millionen Beschäftigten und erwirtschaftet einen Umsatz von 800 Milliarden DM4. Eine Unterschätzung des ökonomischen Beitrags zur volkswirtschaftlichen Potenz wäre fahrlässig.5 Im Schreinerhandwerk sind zur Zeit 308.000 Mitarbeiter in 44.515 Unternehmen beschäftigt. Die aktuellen Zahlen der Handwerkszählungen führten zu einer stati- stisch relevanten Abweichung gegenüber den bisherigen Annahmen um plus 20%, sowohl bei den im Handwerk Beschäftigten als auch bei dem Handwerksumsatz. Die Handwerkszählung, deren Ergebnis am 1996 vorgelegt wurde, ergab für das gesamte Handwerk Abweichungen in den Größenordnungen von nahezu plus 1 Million Personen und bei den im Handwerk Beschäftigten und plus 138 Milliarden DM beim Umsatz. Für das Schreinerhandwerk werden von der Statistik folgende Zahlen genannt:6 Am 31.03.95, dem Stichtag der Erhebung, waren in der Bundesrepublik in 39.100 Schreinereiunternehmen 308.000 Menschen beschäftigt. Diese erzielten einen Ge- samtumsatz von 42,1 Milliarden DM. 3 Die Handwerksordnung (HandWO) ist das maßgebliche Gesetz für die selbständige Ausführung eines Handwerks. Voraussetzung dafür ist die Eintragung in die Handwerksrolle, die von den Handwerkskammern geführt wird. Der Antragsteller muß die Meisterprüfung oder eine gleich- wertige Ausbildung nachweisen. Die Handwerksordnung ist im Zuge der europäischen Liberali- sierung zunehmend in die Diskussion geraten. Vgl. Drechsler/Hilligen/Neumann: Gesellschaft und Staat, 5. Aufl., Baden-Baden 1979, S. 261 sowie Ederer: Das Erbe der Egoisten, München 1995, S. 316-329. Die Autoren zeigen an zahlreichen Einzelbeispielen die ökonomische Kritik an der Handwerksordnung auf. 4 Statistisches Bundesamt, Handwerkszählung 1994, veröffentl. In: Trends spezial, hrsg. v. Dresdner Bank AG, Frankfurt/M., März 1998, S. 22-24 5 Das Handwerk gehört zum Mittelstand, der in der Bundesrepublik den größten Anteil zum Bruttosozialprodukt beisteuert. Allein 67% der Arbeitsplätze und 60% des Steueraufkommens werden vom Mittelstand der Volkswirtschaft zur Verfügung gestellt. 6 Bundesverband des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks (Hrsg.): Betriebliche Praxis: Jahrbuch 1996 für das deutsche Tischler- und Schreinerhandwerk, Wiesbaden 1996. S. 31. 19 Gemessen an der Zahl der Unternehmen und am Umsatz liegen die Schreiner im Handwerk an vierter Stelle. Bei den Beschäftigten haben die Schreiner einen nahe- zu gleich großen Anteil wie die Bäcker und liegen an der sechsten Gesamtposition. Der Umsatz ist, bezogen auf die Beschäftigtenzahl, mit 136.847 DM je Beschäf- tigten im Mittelfeld anzusiedeln.7 Der durchschnittliche Schreinereibetrieb hat 8 Beschäftigte, wobei mithelfende Familienangehörige berücksichtigt werden. Knapp die Hälfte der Handwerksbe- triebe aller Gewerbe haben durchschnittlich 1-4 Beschäftigte; 27% aller Betriebe haben 5-9 Beschäftigte, Schreinereien sind hier anzusiedeln. Eine wichtige Erkenntnis aus der Handwerkszählung ist, daß rund 30% aller in Handwerksunternehmen Tätigen Frauen sind. Von den insgesamt 452.000 In- habern sind 13% Frauen, von den 75.400 unbezahlt mithelfenden Familien- angehörigen beträgt der Anteil dagegen 80%. Bei den Arbeitnehmern waren 31% weiblichen Geschlechts. Gerade im Hinblick auf die Rolle der Frau in Wirtschaft und Gesellschaft sind f/v Arbeitszeitsysteme daher auch gerade für diese Gruppe von großer Bedeutung. Der Anteil der Frauen an den Beschäftigten insgesamt ist in den einzelnen Gewerben sehr unterschiedlich: so waren im Friseurgewerbe 85% der Beschäftigten Frauen, bei den Schreinern 15% und bei den Maurern nur 7%. Bei der Umsetzung von flexiblen Arbeitszeitsystemen in den Betrieben des hessi- schen Schreinerhandwerks ist davon auszugehen, daß diese auch auf ca. 15% weibliche Beschäftigte zugeschnitten werden müssen. Für die Frau bedeutet Flexibilisierung von Arbeitszeit neue Freiräume für die Zeit in der Familie. Dieser Faktor darf im Handwerk nicht unterschätzt werden. Nach einer Studie über Arbeitzeitpioniere in Deutschland reduzieren und ändern nur 10.000 Väter ihre Arbeitszeit aus familiären Gründen.8 Damit wird deutlich, wel- 7 Der von den gesamten Handwerksunternehmen in Deutschland im Jahr 1994 erzielte Umsatz belief sich auf 800,6 Milliarden DM. Je Beschäftigtem wurden damit in einem Handwerks- unternehmen im Durchschnitt 131.600 DM umgesetzt. 8 Hermani: „Mit flexibler Arbeitszeit macht Mutti Karriere, Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Teil II)“, F.A.Z. Nr. 292 (14.12.1996), Beruf und Chance, S. 49. 20 ches Potential die Rolle der Frau bzgl. der Flexibilisierung bietet, wenn das Hand- werk passende Modelle anbietet. 80% der Mitgliedsbetriebe im Bundesverband HKH beschäftigen weniger als 10 Mitarbeiter. Außerdem gibt es eine beträchtliche Anzahl von - zumeist speziali- sierten - Mittelbetrieben mit teilweise industriell geprägten Strukturen.9 II. Tendenzen für das Schreinerhandwerk Für das Schreinerhandwerk zeigen sich folgende Tendenzen10, die für die Aus- nutzung der wirtschaftlichen Chancen von besonderer Relevanz sind: · Erhalt des hohen technischen Ausrüstungsstandards, · Nachfrage nach kreativer Vielfalt durch Verbraucher, · Nachfrage nach hoher Qualität durch Verbraucher, · Arbeitsgestaltung im Unternehmen, · langfristige Sicherung qualifizierter Arbeitsplätze, · einhergehend mit Rationalisierungs- und Preisdruck. Die Auflistung verdeutlicht die technologischen Herausforderungen gleichermaßen wie die gewachsenen Anforderungen an das Management. Somit ergeben sich neue Bedingungen und Handlung für das positive Abschneiden am Markt: 1. Die Entwicklung im technischen Bereich zwingt das Schreinereiunternehmen, Innovationsmanagement zu betreiben.11 9 Auf einer Tagung der Schreiner-Innung Kassel am 5.11.1996 stellte der Geschäftsführer des hessischen Landesinnungsverbandes DR. W. SCHIPKOWSKI fest, daß die Tendenz zu mitarbeiter- stärkeren Betrieben zunimmt. 10 Bundesverband des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks (HKH) (Hrsg.), Betriebliche Praxis 1992, Das Jahrbuch für alle HKH-Tischler-/Schreinerbetriebe, Wiesbaden 1992, S. 24. 11 Staudt: Das Management von Innovationen, Frankfurt/Main 1986, S. 601. 21 2. Der Übergang vom „supplier's“ zum „buyer's market“ stellt den Schreinereiun- ternehmer vor die Aufgabe, Marketing zu betreiben.12 3. Für diese Arbeit von besonderer Relevanz wird die Frage der Arbeitsgestaltung und langfristigen Sicherung der Qualifikation sein. Damit wird dem Arbeits- zeitmanagement13 und der Frage der Arbeitsbeziehungen im Blickfeld sich wan- delnder Anforderungsprofile durch den Arbeitnehmer an das Unternehmen eine strategische Frage für die gesamte Branche und den Einzelunternehmer. Dieser Problemkreis wird zu einer eigenständigen Managementaufgabe werden.14 III. Handlungsfelder und Konsequenzen für das Schreinerhandwerk durch veränderte Märkte Die Handlungsfelder und Konsequenzen für das Schreinerhandwerk sind zu be- schreiben als Konglomerat aus folgenden Bereichen: TECHNOLOGIE / NEUE TECHNIKEN MARKETING / KONFIGURATION DES ANGEBOTES MANAGEMENT / ORGANISATION. Der BHKH hält dazu fest: „Die Tarifpolitik unterliegt gegenwärtig erheblichen Umbrüchen. Das klassische Schema der Tarifverhandlungen früherer Jahre ist durchbrochen. Gegenwärtig werden auf Grund dramatischer internationaler Wett- bewerbsverschlechterungen sozialpolitische Besitzstände nachhaltig hinterfragt und zum Gegenstand von Tarifverhandlungen gemacht. In dieser Situation kommt der koordinierenden Funktion des BHKH besondere Bedeutung zu. Diese muß kurzfri- stig deutlich gestärkt werden. Darüber hinaus muß die Tarifpolitik geeignete Maß- 12 Die Entwicklung vom Angebots- zum Nachfragemarkt bedeutet eine strikte Orientierung zum Marketing. 13 Siehe dazu auch die Thematik in einem speziellen Bereich: Linnenkohl/Linnenkohl: „Betriebs- verfassungsrechtlicher Schutz des Persönlichkeitsrechts bei der Einführung von Kommunikation- stechnologien“, Betriebs-Berater (BB) (1992), S. 770. 14 Opaschowski: „Von der Pflichterfüllung zur Lebenserfüllung, Auf dem Weg zur Arbeitskultur von morgen“, Vortragsveranstaltung des Shell High Quality Club, Hamburg 1991, veröffentlicht als Manuskript zur o.g. Veranstaltung. 22 nahmen ergreifen, um die viel zu hohe Belastung an Lohnzusatzkosten abzubauen und notwendige Flexibilisierungen bei der Arbeitszeit erreichen zu können.“15 Die Verbände müssen daher Strategien entwickeln, um der drohenden Verbände- flucht zu begegnen. In einer Zeit des Überganges in eine neue Phase der ökonomi- schen und technischen Zukunftserwartungen muß das Handwerk seine Chance im Wandel suchen. a) Problemfelder für das Handwerk · Zunahme an Freizeit; Arbeitszeitverkürzungen, · Drang zur selbstbestimmten Arbeitsausführung (Heimwerken), · Steigende Personalkosten; steigende Staatsquote, · oftmals schwerfällige Organisationsmuster; mangelhaftes Führungsverhalten, · Kundenbetreuung und Service wird anspruchsvoller, · Marktfelder in Zeiten der Hochkonjunktur werden vernachlässigt, · Handwerksordnung gegenüber EU anpassen, · Steuerpolitik und staatliche Regulierungsmechanismen, · Erkennen von Marktveränderungen und Verbraucherverhalten, · Technologischer Wandel, · Wünsche der Auftraggeber (analysieren), Marketingtypologie erstellen · Fehlen von bedarfsgerechten Bildungseinrichtungen für das Handwerk, die an zukünftige Marktentwicklungen gekoppelt sind, · Angenehmes Arbeitsklima in den Betrieben fehlt. b) Die zentralen Fragestellungen lauten daher resultierend: · Reicht die Qualifikation der Handwerksunternehmer in den Bereichen Techno- logie und Unternehmensführung aus, um den Herausforderungen zu begegnen? 15 Bundesverband des holz- u. kunststoffverarbeitenden Handwerks: Betriebliche Praxis, Jahrbuch 1996, S. 23. 23 · Ist die Handwerksordnung noch flexibel genug, um die veränderten Marktbe- dingungen aufzufangen (Diskussion um Wert des „Großen Befähigungsnach- weises“)? · Ist das Handwerk ausreichend gerüstet, um abgewanderte Marktsegmente zu- rückzugewinnen und neue zukunftsträchtige Marktfelder zu erschließen? · Gehören Management und Marketing zu den realisierten Aufgabenspektren des Handwerksunternehmers bzw. seiner beratenden Verbände? · Sind vor diesen Hintergründen Themen wie Arbeitszeitmanagement zumindest in einem zunächst theoretischen Konstrukt Bestandteil handwerklicher Zu- kunftsstrategie? Diese Herausforderungen sind vom Schreinerei-Unternehmen zu analysieren, zu bewerten und in Konsequenzen für den Betrieb umzusetzen. c) Bestehende ausbaufähige Vorteile des Handwerks: Die ursächliche, „natürliche“ Flexibilität eines Handwerksbetriebes kann für die Installation eines Arbeitszeitmanagements gewonnen werden. Wichtig ist es, diese „natürliche“ Flexibilität in Organisationsformen zu erfassen. Im geographischen Untersuchungsraum Hessen (Stand: 1991) lebten 5.620.800 Menschen auf einer Fläche von 21.112 km². Dies entspricht einer Einwohnerdichte von 266 Personen pro km².16 In Hessen (Stand: 2. Halbjahr 1991) wurden 3.842 Schreinerbetriebe registriert. Dies entspricht einer Kennziffer von 6,89 Betrieben je 10.000 Einwohnern oder von 1.451 Einwohnern je Betrieb. Im Bundesvergleich gehört das hessische Schreinerhandwerk damit zu den Landesverbänden mit besonders dichter Konkur- renzstruktur und ausgeprägtem Wettbewerb. Nur Rheinland-Pfalz und Bayern be- sitzen noch etwas höhere Dichten und damit ungünstigere Strukturen. 16 Statistisches Bundesamt, 1991. 24 Im Bereich des Regierungspräsidiums Kassel sind im Januar 1997 25% der Ar- beitsplätze in Handwerksbetrieben vorzufinden.17 Diese Zahl unterstreicht die Stellung des Handwerks sowohl als Wirtschaftsfaktor als auch als politische Macht. 17 So Regierungspräsident HILGEN am 5.2.1997, Kurhessischer Handwerkstag, Messe Kassel. 25 C. Arbeitszeit zwischen Standortdebatte und Managementauf- gaben Die Bedeutung der gegebenen Rahmenrichtlinien und Eckwerte, die für die Volks- wirtschaft vorgegeben sind, waren Bestandteil einer Studie von PORTER18, wie ein Auszug aus seiner Analyse für Deutschland, die vor der deutschen Vereinigung veröffentlicht wurde, zeigt: ... gibt es erste Anzeichen für eine Verschiebung der Ziele. Die Arbeitszeit wird kürzer, andere Lebensbereiche treten in den Vordergrund. ... Außerdem geht der anhaltende Wohlstand nicht spurlos am Verhalten der Gewerkschaften vorbei. Die Gewerkschaften beschäftigen sich zunehmend damit, den Status quo zu wahren ... und Barrieren zu er- richten gegen Veränderungen. Daneben steht der Entscheidungsprozeß in den deutschen Chefetagen vor wachsenden Schwierigkeiten, da der Konsens zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zerfällt. ... Die deutschen Arbeiter votieren für die kürzeste Arbeitszeit al- ler Länder, was zwar ein Wohlstandszeichen ist, aber auch ein Angriff auf das zukünftige Produktivitätswachstum.19 Das Gutachten von PORTER strahlt in die Probleme des Schreinereiunternehmens hinein. Letztlich benötigt das Handwerksunternehmen den prosperierenden Kon- zern in der Region, da dieser Kaufkraft schafft und bindet, die dem Handwer- kerumsatz unmittelbar zugute kommt. Man kann sicher davon ausgehen, daß die ökonomischen Vorteile der flexiblen Arbeitszeitgestaltung mithelfen werden, den Status einer „entwickelten, humanen Ökonomie“ erreichen zu können. Dazu notwendig sind Strukturreformen, die eben Lohnflexibilität zuläßt und nicht mit dem Instrument hoher Arbeitslosenzahlen, die 18 Vgl.: Nationale Wettbewerbsvorteile, München 1991 - Der Harvard-Professor MICHAEL E. PORTER zeigt auf, welche Faktoren über den wirtschaftlichen Erfolg eines Landes entscheiden. Vier Jahre lang hat Porter mit über 30 Mitarbeitern Daten von 100 Branchen in 10 Nationen analysiert. Er kommt in dem Werk zur Überzeugung, daß für den Erfolg oder Mißerfolg eines Unternehmens das nationale Umfeld eine zentrale Rolle spielt. Diese Sichtweise bestätigt DUFNER: „Man beobachtet als Diplomat ja nicht nur sein Gastland, sondern sieht bei den Besu- chen in der Heimat auch das eigene Land mit kritischen Augen. Und da fällt einem so allerlei auf, was man wohl getrost als Fehlentwicklung bezeichnen kann. Wir scheinen auf dem besten Wege, auf unseren wohlerworbenen Wohlstandslorbeeren einzuschlafen, und können uns nicht einmal dazu aufraffen, der in jedem Lebensbereich anzutreffenden Reglementierungswut des Staates Zügel anzulegen. Der Unterschied zu der ungeheuren Aufbruchsstimmung und dem sich mächtig entwickelnden Selbstbewußtsein Staaten in den Staaten Südostasiens könnt größer nicht sein.“ Dufner: An der Straße von Malakka, Ein Botschafter erlebt Singapur, Brunei und Malay- sia, Frankfurt/M. 1996, S. 257.. 19 Porter, a.a.O., S. 736/37. 26 durch strategische Tarifverhandlungsziele aufgebaut werden können, agiert. Eine Art „politische Ökonomie“ wird zur endogenen Erstarkung der Wirtschaftsordnung beitragen, deren Erneuerungskraft derzeit stark angezweifelt wird. 20 I. Wettbewerbsstandort und Arbeitszeit Zur Unterstützung der vorgenannten These von PORTER kann die Stellungnahme des Wirtschaftswissenschaftlers DORNBUSCH vom Massachusetts Institute of Tech- nology (MIT) zu den Aussichten der deutschen Wirtschaft herangezogen werden. DORNBUSCH ist der Ansicht, daß in Deutschland die Löhne zu hoch, die Arbeits- zeiten zu kurz und das Verhältnis zwischen Management und Gewerkschaften zu inflexibel sei. Die Einführung der 4-Tage-Woche beschere neue Kosten und zu- sätzliche Wettbewerbsnachteile.21 Wirtschaftsnobelpreisträger FOGEL sieht dazu im Vergleich die Perspektiven der Arbeitszeit wie folgt: "Schon in wenigen Jahrzehn- ten werden Amerikaner nur noch 1600 Stunden jährlich arbeiten. Die Arbeitszeiten werden immer flexibler. Der Wunsch nach der 4-Tage-Woche ist auch bei uns sehr verbreitet.“22 Die Tarifvereinbarung23 zwischen der Volkswagen AG und der IG Metall (Bezirksleitung Hannover) vom 15.12.1993, aktualisiert in der Fassung vom 12.9.1995, dokumentiert, daß der strukturelle Wandel neue Wege der Tarifparteien erfordert, um gesellschaftlichen, sozialen und ökonomischen Anforderungen ge- recht zu werden. Aus der Sicht der Unternehmensberatung Arthur D. Little schneidet Deutschland als Investitionsstandort im internationalen Vergleich ungünstig ab.24 Eine Be- fragung von Entscheidungsträgern internationaler Großunternehmen in Europa, 20 Ehren: „Deutschland steht erst am Anfang seines Abschwungs“, F.A.Z. (16.11.1993). 21 Anmerkung: Die 4-Tage-Woche ist gemäß der Definition von "flexibler Arbeitszeit" im wis- senschaftlichen Sinne lediglich eine neuartige, starre Form der Arbeit; erst in Ergänzung mit Flexibilisierungsmodellen wird daraus u.U. eine "flexible Arbeit" 22 Wiegers: „Der Preis ist heiß“, Die Woche (10.2.1994), S. 14. Interview mit Robert Fogel, No- belpreisträger Wirtschaft 1994, S. 14. 23 Abgedruckt u.a. in: Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, S. 183 ff.. Vgl. auch: Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, Taschenkommentar, Baden-Baden 1996, § 1, Rn. 6, S. 71, 72. 24 Deutschland nicht mehr attraktiv, Managerumfrage, Handelsblatt Nr. 76, 17.04.1996. 27 Asien, Australien, Nord- und Südamerika ergab, daß nur noch 36% der Manager einen Standort in Deutschland als vorteilhaft ansehen. Dagegen sind 46 % der An- sicht, daß die Nachteile, die der Standort Deutschland mit sich bringt, so ausge- prägt sind, daß sie die Vorteile überwiegen. 18% sind unentschieden. Unter den Asiaten beträgt die Ablehnungsquote 50%, bei den europäischen Nachbarn sogar 56%. Bedeutender für diese Studie sind aber die wesentlichsten Negativfaktoren. Dies sind die Personalkosten (93%), das strenge und inflexible Arbeitsrecht (67%), das hohe Steuerniveau (52%) und die Macht der Gewerkschaften (44 %). Als In- vestitionshindernisse werden die bürokratischen Hürden bei der Eröffnung einer Betriebsstätte (38%) und die kurzen Arbeitszeiten (34 %) empfunden. Umwelt- schutzanforderungen (23 %) stellen dagegen kein so hohes Hindernis dar. Als wesentliche Information für zukünftige Strategien, sowohl seitens der Unter- nehmen als auch der gesamten Volkswirtschaft bleibt festzuhalten, daß mit flexible- ren Arbeitszeiten - möglicherweise auch mit einer Verlängerung der Arbeitszeit - der Investitionsstandort Deutschland international an Attraktivität gewinnen wird. Wenn auch das Schreinerhandwerk nicht international agiert, ist es doch von den Strukturen des globalen Marktes indirekt abhängig. (Wenn die führenden Indu- striebetriebe einer Region, wie z.B. der Staßenfahrzeugbau und die entsprechende Zulieferindustrie in Nordhessen, in einer rezessiven Wirtschaftsphase agieren müs- sen, trifft dies die Betriebe des Handwerks sekundär. Wenn dort Einbußen an Um- satz und Gewinn hinzunehmen sind, schlägt dies gleichsam auf die Betriebe des Handwerks oder der Dienstleistung - auch auf den Einzelhandel - durch, da ent- sprechendes Auftrags- bzw. Kaufkraftvolumen für diese Wirtschaftszweige nicht oder nicht mehr ausreichend vorhanden ist.) Zu konstatieren ist, daß Deutschland zu einem Negativbeispiel für eine Konstel- lation geworden, die zeigt, daß stabile Gesellschaften im Laufe der Zeit zu er- starren drohen und auf diese Weise an Beweglichkeit und Wachstumsdynamik ver- lieren.25 Man spricht von einer „Sklerotisierung“.26 25 Vgl. Müller-Vogg: Deutschland Deine Stärken, Nation zwischen Wohl und Wehe, Köln 1994, S. 72-76. MÜLLER-VOGG charakterisiert die Situation auf zynische Weise auf der Basis von stati- stischem Datenmaterial. 28 Flexibilität hilft, das Phänomen der Arbeitslosigkeit in Deutschland zu bekämpfen. Dazu bedarf es neben der Infragestellung des Flächentarifes auch einer verstärkten Flexibilität des Arbeitnehmers, der sich abseits von sozialen Sicherungssystemen den Anforderungen des Arbeitsmarktes anpassen muß. VON WEIZSÄCKER fordert z.B. dazu rigide den "Umbau des Sozialstaates und die Beschneidung der Ver- handlungsmacht der Arbeitnehmer".27 Er kritisiert die Inflexibilität der deutschen Arbeitnehmer im Vergleich zu den Amerikanern. Kulturelle Mentalitäten (Erzie- hung zur Sicherheit hier, Drang zu Freiheit und Selbstbestimmung dort) kommen bei dieser Analyse allerdings sicherlich zu kurz, wenngleich die wirtschaftswissen- schaftliche Analyse schlüssig ist, wonach Inflexibilität, Arbeitszeitverkürzungen, Frühverrentungen und Tarifabschlüsse - des Arbeitsfriedens willen bei hohen Aus- lastungsgraden - die Arbeitskosten langfristig verteuern. HÖHLER28 geht mit ihrer Forderung noch einen Schritt weiter. Nach Meinung der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) ist die Einführung flexibler Arbeitszeitformen mit langen Ausgleichszeiträumen im Baubereich ein erfolgversprechender Weg, die Zukunft des Handwerks zu sichern.29 Ein Synonym ist der Begriff der „neudeutschen Verzagtheit“. KIEßLER sieht als Grund einen Mangel an Selbständigkeit, gleichwohl bei den Unternehmen und den 26 „Die Schwierigkeiten des Wandels zeigen sich auch in der Finanz- und Tarifpolitik. Die damit verbundene Abgabenlast und die Arbeitskostenbelastung sind zugleich die Hauptproblemfelder, die Klein- und Mittelbetriebe in Befragungen immer wieder hervorheben.“ Vgl. Jeske: „Unsere Zukunft liegt im Standort Deutschland“, Standort Deutschland - Standort Europa?, Hrsg. Ver- band Fenster und Fassade e.V. (Jahresbericht), Frankfurt/M 1996, S. 41. Der Bundespräsident ROMAN HERZOG formuliert in seiner „Berliner Rede“ die Herausforderung im Kern wie folgt: „Durch Deutschland muß ein Ruck gehen. Wir müssen Abschied nehmen von liebgewonnenen Besitzständen. Alle müssen Opfer bringen.“ Die Chancen, die Arbeitswelt kreativ zu verändern wurden kontrovers diskutiert, u.a. in Bissinger: Stimmen gegen den Stillstand, Herzogs Berliner Rede und 33 Antworten, Hamburg 1997. 27 Prof. Christian v. Weizsäcker zum Thema "Der erfolgreiche Kampf gegen Arbeitslosigkeit in den USA. Ein Modell für Deutschland?", Vortrag im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Reuter- Forum" am 13.12.1996 in der Halle der Stadtsparkasse Kassel 28 Höhler: „Schlanker oder magerer Staat?“, Mobil 3 (1997), Berlin 1997, S. 9: „Flexibilität für jeden, Freiheit für alle, mehr Zeit für mehr Lebensqualität, die endlich nicht mehr erdrückend materiell definiert wäre. In Wahrheit winken lauter Zugewinne - aber nur dann, wenn die revo- lutionäre Aufgabe eine ganz neue Arbeitswelt zu schaffen, begriffen und erfüllt wird. 29 Strohm, Th. et. al., Kirchenamt der EKD, Kammer für Soziale Ordnung (Hrsg.): Handwerk als Chance, Eine Denkschrift, Möglichkeiten einer gemeinwohlorientierten sozialen und ökologi- schen Marktwirtschaft am Beispiel Handwerk, Gütersloh 1996, S. 96. 29 Arbeitenden.30 Die Sozialisation sei daran schuld. KIEßLER nennt das Beispiel, daß man heutzutage nicht mehr die Erfahrungsräume habe, produktiv denken zu kön- nen, weil Kinder in konsumorientierten Marktstrukturen groß werden. Das Denken in produktiven Kategorien, budgetbezogen und wachstumsorientiert, ist verwaist. Unterstützt wird die These von der Reformbedürftigkeit des Flächentarifes von einer Umfrage bei 2334 Inhabern, Geschäftsführern und leitenden Angestellten mittelständischer Betriebe.31 Demnach beklagen zwei Drittel der Befragten die durch Flächentarife eingeschränkte unternehmerische Flexibilität und die dadurch entstehenden Wettbewerbsnachteile. 76% fordern eine Reform der Flächentarife. Sie möchten vor allem eine flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit, stärkere Berück- sichtungsmöglichkeiten der Ertragslage bei Tarifabschlüssen sowie Öffnungs- klauseln für notleidende Unternehmen.32 JESKE betont an anderer Stelle, daß es "schmerzhafte Eingriffe in Besitzstände33" geben wird, ehe sich am Arbeitsmarkt wieder etwas in positiver Weise34 bewegt. Diese These kann für das Schreinerhandwerk so nicht stehen gelassen werden. Im Grunde bewegt sich das Schreinerhandwerk konjunkturell auf einem hohen Niveau, während allerdings die Spitzenniveaus der jüngsten Vergangenheit - so wie pro- gnostiziert - nicht gehalten werden konnten. Daher geht es für das Schreinerhand- 30 Kießler: Professor für BWL an der Universität Gh Kassel in einem Impulsreferat auf den Kas- seler Milleniumtagen 1997, „New Work - Die Zukunft der Arbeit“, Hypothesen vorab veröffent- licht in „Gegen die neudeutsche Verzagtheit“, HNA Nr. 201 (1997), Kassel, S. 4. 31Mittelstandsumfrage der DG-Bank, Deutsche Genossenschaftsbank, veröffentlicht in: "Die Unzufriedenheit im Mittelstand wächst", F.A.Z. (5.12.1996). 32Ein Indikator für eine Stimmung des notwendigen und bevorstehenden Umbruchs in Deutsch- land war die EMNID-Umfrage zum Jahreswechsel. Befragt wurden 50 Abgeordnete (MdB, MdL), 82 leitende Regierungsbeamte, 75 Chefredakteure oder Ressortleiter sowie 49 Berater aus Unternehmen und Verbänden, jedoch keine Unternehmer. Die Befragten beurteilten die Qualität der deutschen Unternehmensmanager mit 87% als negativ (65% = "etwas zu wenig Qualität"; 22% = "viel zu wenig Qualität"). Die Befragten sind der "classe politique", also den öffentlichen Meinungsbildnern, zuzuordnen, so daß das Ergebnis bezüglich der Einschätzung der Leistungs- und Innovationsfähigkeit deutscher Unternehmer bedenklich machen muß; o.V.: Umfrage in Politik, Wirtschaft und Medien, „Mit besserer Stimmung ins neue Jahr, Umfrage des EMNID- Institutes“, Schleswig-Holsteinische Landeszeitung, Nr. 1 (2.1.1997), S. 1. 33 Bzgl. der Lohnpolitik, Anm. des Autors. 34 Positiv soll dabei heißen: Das volkswirtschaftliche Ziel in Zeiten der Rezession, der Diskonti- nuitäten und des Wandels muß die Formel „Mehr Arbeit und mehr Arbeitsplätze statt mehr Lohn“ sein. Dies bedeutet, daß Arbeit für alle wichtiger ist als hoher bzw. höherer Lohn für die Arbeitsplatzbesitzer. Hier kann die Flexibilisierung die Arbeitswelt zentral unterstützen. Wäh- rend der individuelle materielle Wohlstand dabei möglicherweise leidet, steigt die Wohlfahrts- 30 werk primär um Anpassungsmechanismen an den Markt, die durch flexible Ar- beitszeitsysteme unterstützt werden können. Es geht eben nicht um den Entzug sozialer Besitzstände, sondern um Öffnungen und Flexibilisierungen, die dem Un- ternehmen ein schnelleres Agieren ermöglicht. THEN fordert eine intelligente und innovative Personalpolitik. „Es geht um flexible Arbeitszeiten, bewegliche und in- novative Lohnsysteme mit Gewinnlohnkomponenten, und es geht um das Aller- wichtigste: bewegliche Betriebszeiten je nach Auftragssituation.“35 Das Schreiner- handwerk muß nicht "mehr Arbeit für gleichen Lohn" oder ähnliche Konzepte rea- lisieren, sondern den Wandel durch eine Innovation der Arbeitszeit bestehen - da- mit sind f/v Arbeitszeitsysteme besonders für dieses Handwerk ein Schritt in die Zukunft und nicht nur Thema sozialpolitischer Auseinandersetzungen. Flexible Arbeitszeit - richtig angewandt - kann für die Unternehmen des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks ein Mittel einer konsensorientierten Unter- nehmensführung sein. Bei Konzeptbewährung kann der vermeintliche soziale Be- sitzstand gehalten werden. Jedoch sind beinahe statische geordnete Abläufe in Fra- ge zu stellen: ADOMEIT sah frühzeitig die Notwendigkeit einer Verabschiedung der Wirtschaftsrealität von geltenden Arbeitsrechtsnormen voraus, um Arbeits- marktimpulse zu implizieren; diese These hat die Diskussion stark angeregt.36 Manchmal meint man, Deutschland gehorche einem heimlichen Gesellschaftsver- trag, der festgelegt hat, daß sich nichts ändern dürfe. Es scheint beinahe Verfas- sungsrecht, daß nicht der Bürger oder Stellungssuchende sich bewegt, sondern das Füllhorn des Staates. Und wenn sich dann etwas zu wandeln beginnt, wird eine Art Entschädigungsvorbehalt herangezogen, der diejenigen entschädigt, die ver- meintlich zu den Verlierern des Wandels gezählt werden wollen - damit wird die innovative Entwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft ad absurdum geführt.37 quote der Gesellschaft an sich an. Dieses Instrument eines „Humanen Kapitalismus“ entwickelt gesellschaftlichen Konsens und fördert die wirtschaftliche Entwicklung. 35 Then: „Arbeitslos-Auswege in Sicht?“, KKV 2 (1997), Bonn 1997, S. 17 (über AGP-Infodienst Kassel) 36 Adomeit: Das Arbeitsrecht und unsere wirtschaftspolitische Zukunft, Berlin 1995. 37 Vgl. hierzu: Joffe: „Was wir von Amerika lernen können“, New World 4 (1997), München 1997, S. 82 sowie Klös/Kroker: „Arbeitszeitperformance und Arbeitszeitverfassung“, IW-Trends 2 (1996), Köln 1996, S. 1-23. 31 II. Herausforderung an das Schreinerhandwerk durch Arbeitszeit- Management Die Unternehmen werden umdenken müssen. Insbesondere den mittelständisch geprägten und geführten Betrieben des holz- und kunststoffverarbeitenden Hand- werks muß deutlich gemacht werden, daß sie ein Arbeitszeitmanagement benöti- gen, um sich den Anforderungen des Marktes stellen zu können.38 Daß die mentale Innovation immer in Verbindung mit den Ansprüchen der Betrof- fenen abgeglichen werden muß, sei hier noch einmal erwähnt. Nur ein situativ- kooperativer Führungsstil kann es schaffen, dauerhaft Lösungen im Sinne des Un- ternehmens zu implementieren.39 Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, aufzuzeigen, daß im Gegensatz zu vielen Führungsstilkonzepten eine „offene Kommunikations- strategie“ für das dargestellte Schreinerhandwerk erfolgsversprechendere Perspek- tiven bietet. Kritisch ist anzumerken, daß gerade viele dieser Führungskonzepte Eingang in die Unternehmenstrategien finden, obwohl ihre Wirkungsweise umstritten ist. Total Quality Management (TQM), Business Reengineering oder Just-in-time Produkti- on bieten wichtige Erkenntnisse für die Praxis , im Bezug auf das Arbeitszeitmana- gement dürfen sie aber nicht isoliert betrachtetet werden, sondern es ein ganzheit- liches Konzept entwickelt werden.40 Im Rahmen dieser Arbeit geschieht dies auf der sogenannten strategischen Ebene durch die Verknüpfung von Manage- ment/Marketing und Arbeitszeitmanagement mit dem Ziel der Einführung von fle- xibler Arbeitszeit und einer „offene Kommunikationsstrategie“.41 38„Wir brauchen mentale Innovationen; wir brauchen in unserer Gesellschaft die Fähigkeit und Bereitschaft, sich in den Vorstellungen und Ansprüchen auf die neuen Gegebenheiten einzustel- len. Hier stehen wir erst am Anfang. Noch immer klafft bei uns eine deutliche Lücke zwischen Ansprüchen und ökonomischen Realitäten.“ Murmann „Kosten-Arbeitslosigkeit-Spirale auf- brechen“, Arbeitgeber (1/1995), S. 13. 39 Vgl. hierzu auch Fiedler-Winter: Flexible Arbeitszeiten, Beispiele aus der Praxis, Landsberg 1995. 40 Zur Frage der Implementierung vgl. Kapitel C.V.1ff. 41 Zur Einordnung siehe Kapitel D.I. 32 Auf der operationalen Ebene wird die Verknüpfung und ihre Folgen durch das „Matrix-Modell“42 dargestellt. Auf kollektivrechtlicher Ebene (ArbG - Betriebsrat) können die vorgenannten Verknüpfungen ihren Niederschlag in einer Betriebsver- einbarung finden.43 Anzumerken sei an dieser Stelle, daß im Prinzip die Industrie die Strukturen des Handwerks übernommen und weiterentwickelt hat. Unter der Leitlinie „small is beautiful“ sind große industrielle Einheiten in kleinere Zellen zerlegt oder in soge- nannte profit-center ausgegliedert worden (größere Überschaubarkeit = größere Effiziens). Handwerk und Industrie können auf dieser Basis kooperieren und Netzwerke aufbauen. 1. Beispiel zur Differenz zwischen Marktanforderung und betrieblicher Realität Eine Untersuchung des Instituts für Fenstertechnik in Rosenheim 1996 bei den mittelständischen fensterproduzierenden Unternehmen44 in Deutschland hat ge- zeigt, daß es im Jahresverlauf sehr unterschiedliche Produktionsauslastungen gibt. So haben beispielsweise im Juli 14,5% der befragten Unternehmen urlaubsbedingte Produktionspausen angezeigt. Dies bedeutet also, daß in einer nachfragestarken Zeit erhebliche Produktionskapazitäten stillgelegt worden sind. Trotzdem darf es in Deutschland, dessen Firmen den europäischen Fenstermarkt beherrschen, eigentlich aus ökonomischen Gründen diese Produktionspausen nicht geben. Jahresarbeits- zeitmodelle können dies vermeiden bzw. die Nachteile lindern. Mittelfristig entstehen für die deutsche Wirtschaft Wettbewerbsnachteile durch verkürzte Arbeitszeiten in starren Mustern. Auf den ersten Blick sind es lediglich die Produktionszeiten und -kapazitäten, die durch die Arbeitszeiten eingeengt wer- den. Aber noch gravierender dürften z.B. die angestrebten verkürzten Arbeitszeiten für die Planung und Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen sein. Dabei 42 Siehe Abb. 37. 43 Siehe dazu Anhang 5 der eine Muster-Betriebsvereinbarung enthält 44 Diese spezialisierte Branche ist dem holz- und kunststoffverarbeitenden Gewerbe zuzurechnen. 33 erzwingt der internationale Wettbewerb immer kürzere Entwicklungszyklen, die mit verkürzten Arbeitszeiten nicht zu realisieren sind. Generell geht es nicht darum, im Sinne einer historisch überholten Arbeit- gebermentalität, die Arbeitszeiten soweit wie möglich auszuweiten. Arbeitszeit- flexibilisierung hat vielmehr die primäre Zielsetzung, Arbeitszeit nicht zu ver- schwenden, d.h. Lage und Verteilung der Arbeitszeit sollte kurzfristigen Schwan- kungen von Arbeitsanfall und Personalverfügbarkeit sowie kurzfristigen individu- ellen Freizeitbedürfnissen bestmöglich angepaßt werden. Dieser Denkansatz ist für die Praxis außerordentlich wichtig. Ergebnisorientierung sollte oberste Priorität haben; denn Zeitorientierung allein schiebt die Modelle allzu oft an den betriebli- chen Belangen vorbei.45 Zukünftige Herausforderungen sind:46 · Neue Formen der Arbeitszeitorganisation wie z.B. flexible Arbeitszeit- modelle. Dies wird eine Öffnung der Tarifverträge notwendig machen. Die Ziel- setzung muß dabei lauten „Maximale Entwicklungskorridore für das Unterneh- men bei Wahrung und Weiterentwicklung des Sozialniveaus der Mitarbeiter“. · Neue Formen der Entlohnung: Es muß den Betrieben einfacher gemacht wer- den, sog. Einstiegslöhne mit akzeptablen Ausstiegsklauseln vereinbaren zu dür- 45 Vgl. Weidinger: „Abschied von der Zeitverbrauchs-Kultur: Konsequenzen für Führung und Organisation“, Konzept der Arbeitszeitberatung Dr. Hoff, Weidinger und Partner, Berlin 1995, S. 1-19. WEIDINGER erläutert in diesem Artikel seine praktischen Erfahrungen bei der Einführung Flexibler Arbeitszeitsysteme. Eine zentrale Bedeutung bei diesen Systemen ist der Verzicht auf die sog. Kommt-Geht-Erfassung („Positiverfassung“). Im Sinne der Ergebnisorientierung wie auch einer möglichst unaufwendigen Handhabung und Administration wird deshalb in Standard- Arbeitszeit-Systemen, so wie sie WEIDINGER eingeführt hat, die Zeiterfassung auf das erforderli- che Mindestmaß beschränkt. Erfaßt werden nur Abweichungen von den jeweiligen Standardvor- gaben. Ein unscharfer Bereich wird damit von Beginn an toleriert; eine Minutenmentalität, die dem Arbeitsklima nicht dienlich ist, wird auf Grund der Erfahrungen von Weidinger vermieden. Selbst wenn dieses Modell aus theoretischer und praktischer Sicht viele Vorteile aufweist, sind aufgrund der psychologischen Grundhaltung von mittelständischen Unternehmern, in diesem Fall handwerklichen Unternehmern, starke Vorbehalte zu erwarten, da gewisse Kontrollfunktio- nen außer Kraft gesetzt werden. Im Rahmen dieser Studie muß festgehalten werden, daß der Verzicht auf eine Kommt-Geht-Erfassung sehr wahrscheinlich in einer „zweiten Welle“ zu er- warten ist. 46 Vgl. Schreiner-Innung Kassel, Freisprechung 1996, Handwerksforum Kassel, 29.8.1996. 34 fen. Gleichsam muß das derzeit starre Lohnkorsett überdurchschnittliche Lei- stungen belohnen. Es kann nicht sein, daß z.B. ein Geselle nach kurzer Lebens- arbeitszeit bereits den Spitzenlohn erhält und sich nicht mehr steigern kann. Gewerkschaften und Arbeitgeber müssen hier einsehen, daß die Branche vor ei- ner „Wende“ der Einstellung gegenüber der Arbeit steht. Leistung muß sich lohnen. Hier sind die Tarifvertragsparteien zum Handeln aufgefordert. · Neue Besteuerungssysteme: Die Staatsquote und Abgabenlast hemmt die Entwicklung der mittelständischen Wirtschaft. Das Ziel sollte ein festge- schriebener Spitzensteuersatz sein, der Leistung belohnt und durch den die Marktteilnehmer zu einem innovativen Verhalten angeregt werden, das die Volkswirtschaft positiv beeinflußt. 2. Handwerkskonjunktur als Promoter für das Arbeitszeitmanagement Die Forderung nach einem neuen Arbeitszeitmanagement geht analog mit der konjunkturellen Entwicklung einher. Es ist festzustellen, daß sich die Hand- werkskonjunktur in Hessen nach der leichten Erholung im Jahr 1994 im Jahre 1995/96 deutlich abgeschwächt hat. Dies belegt die vierteljährlich von der Arbeits- gemeinschaft hessischer Handwerkskammern durchgeführte repräsentative Wirt- schaftsbefragung. Hiernach hat sich die Geschäftslage der befragten hessischen Handwerksbetriebe im Jahresverlauf kontinuierlich nach unten entwickelt. Der Ge- schäftsklima-Index sank von 78,9% im Jahr 1994 auf 75,4% ab. Die deutlichste Abschwächung brachte das vierte Quartal 1995. In diesem Befragungszeitraum waren nur noch gut 72% der befragten Unternehmen mit ihrer Geschäftslage zu- frieden. Damit wurde ein absoluter Tiefstand erreicht. Besonders bedenklich ist dabei, daß nur noch jeder fünfte Betrieb seine Geschäftslage als „gut“ bewertet, umgekehrt aber nahezu 28% ihre Geschäftslage als „schlecht“ bezeichnen. Im Bau- handwerk stürzte die Konjunktur im letzten Quartal 1995 regelrecht ab, nur noch rund 56% der Betriebe waren mit Ihrer Geschäftssituation zufrieden.47 Dies setzte sich bis 1997 fort. Im Zusammenhang mit der hier vorliegenden Untersuchung wird 47 Arbeitsgemeinschaft der hessischen Handwerkskammern (Hrsg.), Handwerks-Info Nr. 4, Wiesbaden, Januar 1996. 35 deutlich, daß gerade in Zeiten konjuktureller Schieflagen der Bedarf an Strategie, Organisation und Management zunehmende Bedeutung erlangt. Es zeigt sich, daß Arbeitszeitmanagement in Verbindung mit dem Gewinn an Fle- xibilität für Unternehmen (und damit deren Kunden) ein wichtiges Element im Marketing-Mix des handwerklichen Managements sein wird, wie folgendes Bei- spiel aus der Praxis zeigt: In einer Fabrik, die dem holz- und kunststoffver- arbeitenden Handwerk angehört, werden pro Tag rund 1000 Schubladen gefertigt, und ein Umsatz von 15 Millionen Mark pro Jahr erwirtschaftet. In diesem Betrieb fielen noch 1994 4.500 Überstunden an. Die Zeit wurde im darauffolgenden Jahr „abgebummelt“ und zwei neue Mitarbeiter konnten eingestellt werden. Auch 1995 kamen bei dieser Firma wieder mehrere tausend Überstunden zusammen, so daß in diesem Jahr wieder 3 zusätzliche Mitarbeiterplätze entstanden. Seit der Einführung eines Arbeitszeitmodells hat diese Firma ihre Belegschaft von 27 auf 80 Mitarbeiter erhöht. Das sogenannte „Hasenkopf-Modell“48 wird im Handwerk als leistungsfä- higes Beispiel genannt. Die Möglichkeiten einer Arbeitszeitgestaltung wie im o.g. Modell sind schon jetzt in vielen Tarifbereichen möglich.49 Die Verknüpfung des „Hasenkopf-Modells“ aus dem Handwerk mit den Darstel- lungen der Analyse des DGB/WSI zeigt den Bedarf, auch in den klein- und mittel- ständischen Betrieben des Schreinerhandwerks in Hessen, Modelle individuell den Betriebsformen entsprechend einzuführen. Bestehende Freiräume sind zu nutzen und bei Fehlen derselben tarifpolitisch zu fordern. 48 Benannt nach dem Schubladenfabrikanten Didymos Hasenkopf, der in seinem Unternehmen Überstunden konsequent „abfeiern“ läßt und Zusatzaufträge bzw. Mehrarbeit über Neueinstellun- gen abwickelt. Dieses Modell kann allerdings nur als Grundmodell für ein wirklich umfassendes Arbeitszeitmanagement gelten. Es bietet sich für kleinere und mittlere Unternehmen möglicher- weise aber als Einstiegsmodell durchaus an. 49 “Freizeit statt Überstunden“, Stern (13/96), S. 188, gleichfalls veröffentlicht in der F.A.Z Nr. 46, (23.2.1996), S. 17. (Quelle: WSI/Tarifarchiv 1996) In der F.A.Z wird erläutert: „ Ein starres tarifliches Zwangskorsett für die Arbeitszeit, wie von den Arbeitgebern behauptet, gibt es nach Auffassung des Deutschen Gewerkschaftbundes (DGB) nicht. Die Entkopplung von individuellen Arbeitszeiten sei vielmehr stark fortgeschritten, sagte DGB-Bundesvorstandsmitglied GEUENICH in Bonn. GEUENICH stützt seine Aussage auf eine Analyse von Arbeitszeitregelungen in 68 Tarif- bereichen mit 10 Millionen Beschäftigten, die das gewerkschaftsnahe wirtschafts- und sozial- wissenschaftliche Institut (WSI) erstellt hat. Das WSI kommt zu dem Ergebnis, daß die Tarif- 36 Die Ziele zwischen Gewerkschaft und Unternehmern müssen nicht unüberbrückbar weit auseinander liegen. DAG-Chef ISSEN akzeptierte, daß „im Notfall, unter Ein- beziehung der Arbeitnehmervertretung betriebsindividuelle Kürzungen möglich sein müssen“. Aus der Sicht des Unternehmens betont GREIFFENBERGER, daß fle- xible Arbeitszeitmodelle sich als um so hilfreicher erwiesen, je flexibler50 sie sich nutzen ließen, und zwar nicht allein mit legitimierten Plus- und Minus- Arbeitszeit- konten, sondern mit Hilfe weitgehend wählbarer Vereinbarungen, wie sie in der Regel nur Arbeitszeitverträge über ein oder zwei Jahre ermöglichen. GREIFFENBERGER: „Wir müssen unsere gewohnten Systeme zerbrechen. Es muß eine andere Form der Zusammenarbeit zwischen Betrieben, Verbänden und Ge- werkschaften geben.“51 3. Wettbewerbsfähigkeit des Schreinerhandwerks durch Arbeitszeit- flexibilisierung In der Wissenschaft gibt es mittlerweile die Forderung nach einem „neuen Dialog über die Arbeit“, die u.a. Forderungen enthalten, die von einer „neuen Philosophie“ der Arbeit bis hin zu einer „Revolution der Arbeit“ reichen. An der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis zeigt sich - so die Hypothe- se des Autors dieser Studie -, daß neue Wege im Betrieb nur theoretisch konstru- iert und praktisch durchgeführt werden können, wenn in den Köpfen der ausfüh- verträge in den vergangenen 10 Jahren eine Fülle von unterschiedlichen Möglichkeiten der Ar- beitszeitflexibilisierung bereits eröffnet haben.“ 50 Arbeitnehmerrechte sind dabei schutzbedürftig, wie die Entwicklung bei der Telearbeit zeigt. Telearbeit birgt beispielsweise die Gefahr, daß Arbeitnehmer in die Scheinselbständigkeit ohne tarifliche Schutzmechanismen entlassen werden. Dennoch wird dieses Phänomen eine Facette der Entwicklung zur flexiblen Arbeitswelt darstellen. In Deutschland gibt es 1997 150.000 Telear- beiter, das sind 0,4% aller Erwerbstätigen. Das Potential in Deutschland wird auf 2,5 Millionen geschätzt. Vgl. Weyerer: „Telearbeit - feine Arbeit?“, Die Zeit Nr. 28 (4.7.1997), Hamburg 1997, S. 57. So kann Arbeitszeitflexibilisierung bzgl. positiver Arbeitsmarkteffekte auch eine sehr gute Alternative gegenüber dem nicht unumstrittenen und mit juristischen Auflagen verbundenen Outsourcing sein. Während das Outsourcing in eine risikobehaftete Selbständigkeit, teilweise sogar in eine sogenannte Scheinselbständigkeit, entläßt, bietet Arbeitszeitflexibilisierung die Chance, Arbeit im Unternehmen selbst neu zu strukturieren, und zwar im Sinne einer Stabilisie- rung der Arbeitsplatzsicherheit. Eine Emigration aus dem Arbeitsrecht durch Statusveränderung, die Arbeitszeitflexibilisierung eben nicht anstrebt, kommt den Zielen der Arbeitnehmerschaft durch Outsourcing aus Zwangssituationen nicht entgegen. Die Erkenntnis stammt aus einem Vortrag von PROF. DR. LINNENKOHL zum Thema „Outsourcing und Arbeitsmarkt“ am 3.6.1997 an der Universität GhKassel als Beitrag zur GhK-Reihe Wissenstransfer „Von der Uni zum Entrepreneur“. 37 renden Organe, in diesem Falle Unternehmer und Arbeitnehmer, ein Umdenken stattfindet. Nur die sinnvolle Verknüpfung von wirtschaftlichen Notwendigkeiten und psychologischen Elementen wird es ermöglichen, Unternehmen in eine sichere Zukunft zu steuern. Nicht nur Märkte und Produkte wandeln sich diskontinuierlich, sondern auch die Einstellung der Menschen zur Arbeit. Eine Flexibilisierung der Arbeitszeit und Arbeitsorganisation erhöht nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens, sondern ermöglicht auch innovative und attraktive Formen der Entlohnung. Flexible Arbeitszeitmodelle erlauben durch die Entkopplung von Arbeits- und Betriebszeiten eine Anpassung der Produktions- kapazitäten an Nachfrageschwankungen. In diesem Zusammenhang prägte WILDEMANN den Begriff der „atmenden Fabrik“.52 Seine Ausführungen zeigen analog zu der hier vorliegenden Studie, daß Arbeits- und Betriebszeitgestaltung den Unternehmen neben Chancen der Kostensenkung Möglichkeiten eröffnen, sich durch positive Beeinflussung von Flexibilität, Innovationgeschwindigkeit, Termin- treue und Servicebereitschaft positiv von den Wettbewerbern zu unterscheiden. Damit zeigt sich, daß Arbeitszeitmanagement ein integrierter Bestandteil des Mar- ketingmanagement sein sollte. Ein konzeptionell ausgearbeitetes und akzeptiertes Entgeltsystem wirkt motivationsstärkend. Zur Unterstützung der Teamorientierung kann ein Entlohnungssystem die Möglichkeit eröffnen, das Verhalten der Mitar- beiter durch Honorierung vereinbarter Ziele so zu beeinflussen, daß sie sich gegen- seitig unterstützen und gegebenenfalls vereinbarte Gruppenziele oder Etappenziele erreichen. Diese Theorie wurde in einem Betrieb des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks begleitend zu dieser Studie in der Praxis getestet und beobachtet. Mit den Mitarbeitern einer Gruppe der Produktion („Arbeitsteam“) wurde ein be- stimmtes Produktionsziel innerhalb eines bestimmtes Zeitintervalls vereinbart, wo- bei die Mitarbeiter in einem f/v Arbeitszeitsystem, dessen Beginn und Ende sie 51 Ebenda. 52 Wildemann: „Produktivere Gruppenarbeit, Entlohnungssysteme, Veränderungen durch Flexibi- lisierung der Arbeitszeit“, Blick durch die Wirtschaft (05.03.1996), S. 1. 38 weitgehend selbst bestimmen konnten, geregelt war. Außerdem erhielten diese Mitarbeiter bei Erreichen des Zieles eine besondere Prämie. Das Ergebnis dieses Versuchs ermuntert, strukturierte Maßnahmenpakete „Arbeitszeit- Zielvereinbarung-Entgeltsystem“ in die Betriebe des holz- und kunststoffverarbei- tenden Handwerks einzuführen.53 Es zeigt sich, das eigenverantwortlich agierende „Arbeitsteams“ im Rahmen f/v Arbeitszeitsysteme eine vielversprechende Alterna- tive zu herkömmlichen Arbeitsgruppen darstellen können. Zusammenfassend läßt sich folgendes feststellen: · Flexible Arbeits- und Betriebszeiten stärken die Wettbewerbsfähigkeit der Un- ternehmen und tragen den Bedürfnissen der Mitarbeiter verstärkt Rechnung. · Gruppenorganisation und flexible Arbeits- und Betriebszeiten sind Konzepte, die den Anforderungen zur Nutzung der Problemlösungskapazität der Mitar- beiter als Erfolgsfaktor im Wettbewerb Rechnung tragen. · Arbeitszeitmanagement führt zu einer Stärkung der Wettbewerbsposition der Unternehmen, zu einer höheren Motivation und einem besseren Wohlbefinden der Mitarbeiter am Arbeitsplatz. Für die Unternehmen bedeutet dies die Er- schließung zusätzlicher Produktionsreserven. · Ständige Verbesserung erfordert eine Aktivierung und Umsetzung der Kreati- vität aller Mitarbeiter; hierzu ist eine positive Motivation der Mitarbeiter Vor- aussetzung. Um der erhöhten Selbstverantwortung der Mitarbeiter gerecht zu werden und deren Problemlösungskapazität zu aktivieren, ist neben veränderten Organisations- und Führungsstrukturen auch eine Anpassung des Entlohnungs- systems erforderlich. · Die Beschäftigungskurve sollte möglichst deckungsgleich zur Nachfragekurve sein. 53 Das vereinbarte Ergebnis wurde innerhalb des festgelegten Zeitraumes erreicht, wobei sich zeigte, daß die Gruppe begann, sich selbst zu organisieren. Der Name des Unternehmens und das procedere sind dokumentiert; auf Wunsch des Unternehmens soll eine Veröffentlichung nicht erfolgen. 39 4. Gegenwärtige Situation Zur Zeit stimmen weder die rechtlichen noch wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, noch scheinen Unternehmen und Gewerkschaften bereit, umzudenken, geschweige denn, kompromißfähig zu sein. Aus dem Sachverständigenrat wird immer ein- dringlicher empfohlen, die Unternehmensbesteuerung zu senken, Lohnerhöhungen moderat zu gestalten und die Tarifverträge zu flexibilisieren. ADOMEIT stellt fest, daß Tarifverträge nicht mehr eingehalten werden und Unter- nehmen aus den Verbänden austreten.54 Es weichen immer mehr Betriebe von Ta- rifverträgen ab, um Existenz- und Beschäftigungssicherung zu betreiben. Dies kann ordnungspolitisch auf Dauer nicht akzeptabel sein. Die wichtigste Ursache ist die Kostenersparnis, die sich Unternehmen durch ihren Austritt versprechen. BERGER analysierte, daß tarifvertraglich vereinbarte und tatsächliche Arbeitszeit zwei verschiedene Dinge sind.55 Bei der „normal geleisteten Arbeitszeit“, wie sie vom statistischen Bundesamt ermittelt wird, werden Mehr- und Teilzeitarbeit mit- gezählt. Während die durchschnittliche tarifliche Arbeitszeit in Westdeutschland 1994 bei 37,7 Stunden und in Ostdeutschland bei 39,7 Stunden lag, arbeiteten 1/3 der Arbeitnehmer bereits 40 Stunden und mehr pro Woche. Von einem solchen Wochenpensum sind die Selbständigen weit entfernt. 81% von ihnen verbringen über 40 Stunden mit Arbeit, allein 40% sind dabei 55 Stunden und mehr an ihrem Arbeitsplatz. Bei den Arbeitnehmern sind 36% über 40 Stunden beschäftigt.56 Gemäß BERGERS Ausführungen gibt es sowohl eine „offene als auch eine verdeckte Beschäftigungskrise“. Er hat berechnet, daß es in Deutschland 6,97 Millionen „Totalarbeitslose/Kurzarbeiter“ gibt. Zu den statistisch registrierten Arbeitslosen rechnet BERGER Kurzarbeiter, ABM-Kräfte, Umschulungen und eine stille Reserve 54 Adomeit: Regelung von Arbeitsbedingungen und ökonomische Notwendigkeiten, München/ Landsberg 1996, S. 17. 55 Berger: „Zur Zukunft der Arbeit in Deutschland“, Vortrag anläßlich des CDU-Landes- parteitages, 15.06.1996, Stadthalle Kassel (Roland Berger ist Geschäftsführer der Roland Berger & Partner GmbH - International Management Consultants). 40 hinzu. Von 1960 bis 1994 ist die Zahl der gesamtwirtschaftlich geleisteten Arbeits- stunden um 19,6% von 56,1 Milliarden auf 46,1 Milliarden Stunden gesunken. Dabei hat sich die Produktivität und der Wohlstand verdreifacht. Die Bevölkerung ist um 18% gestiegen, die Zahl der Arbeitsplätze um 10%, aber die Arbeitszeit je Beschäftigtem ist um 27% gesunken. Das Ergebnis ist mehr Wohlstand und mehr Freizeit für einzelne, aber allgemein steigende Arbeitslosigkeit und deshalb weniger nationaler Wohlstand und damit eine Überbeanspruchung des sozialen Systems. Die Senkung der Arbeitslosenquote ist eine der dringenden Herausforderungen für das System der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland. Gleichsam sind die Aus- gaben für die Sozialhilfe ein Indikator für die Lebensfähigkeit des Systems. Seit Mitte der achtziger Jahre haben sich die Ausgaben für die Sozialhilfe auf 50 Millio- nen DM mehr als verdoppelt.57 In ihrem Monatsbericht warnt die Bundesbank da- vor, daß sich, trotz der Reformbemühungen der Regierungen, die Sozialhilfeausga- ben weiter erhöhen werden. Hauptgrund für die starke Beanspruchung des sozialen Auffangnetzes ist u.a. die hartnäckige Beschäftigungsrise. Nur eine deutliche Ver- besserung der Arbeitsmarktlage mit weniger Langzeitarbeitslosen kann die Ausga- benlawine bremsen. Wenn auch die Einführung flexibler Arbeitszeitsysteme dieses Problem nicht allein lösen kann, wird es jedoch durch zusätzliche Beschäftigungs- verhältnisse abgemildert werden. Damit ist die Einführung von f/v Arbeitszeitsy- stemen auch ein volkswirtschaftliches Instrumentarium; denn die für die klein- und mittelständischen Betriebe zusätzlich gewonnene Flexibilität am Markt kann sich zusätzlich stimulierend auf die Aktivität und Prosperität der Unternehmen am Markt und damit auf die gesamtwirtschaftliche Beschäftigungsquote auswirken. Die deutschen Erwerbstätigen haben ihr Pro-Kopf-Angebot an geleisteten Arbeits- stunden über die Jahre stark vermindert, wie die o.g. Zahlen zeigen. Eine eigene Recherche des Autors in der Industriebranche der Metall- und Elektroindustrie konnte 1992 lediglich eine Arbeitszeit von 1680 Stunden pro Jahr ermitteln.58 56 Statistisches Bundesamt, Die Welt (01.06.1996), Seite 21. 57 Deutsche Bundesbank (Hrsg.): Entwicklung der Ausgaben für Sozialhilfe, Frankfurt/Main, April 1996. 58 Blitzumfrage bei Unternehmen der nordhessischen Metall- und Elektroindustrie, in Koopera- tion mit der Pressestelle des Arbeitgeberverbandes Metall, Kassel 1992. 41 Es ist festzustellen, daß der preistreibende Parameter am Arbeitsmarkt die man- gelnde Flexibilisierung des Faktors Arbeit in zeitlicher, inhaltlicher, vertraglicher und regionaler Hinsicht ist. Sie verteuert die Stückkosten - auch für das Schreiner- handwerk - in Deutschland.59 5. Wirtschaftliche Einordnung des Handwerks: Parameter für das Handwerk Erfolgreiche Unternehmen heben sich von der Konkurrenz u.a. durch „bessere Mitarbeiter“ ab, so auch im Schreinerhandwerk. Die Einbeziehung in Ent- scheidungen, die Erläuterung der Vorgänge im Betrieb können zusammen mit an- deren Faktoren zu einem steigendem Motivationsgrad führen. Das Arbeitszeitmanagement hat folgende Parameter zu berücksichtigen: a) Neue Führungsstrukturen: · Qualifikationen verändern sich, · Hierarchien „brechen auf“, · Teamarbeit wird notwendiger, · Planungsaufgaben nehmen zu, · Ideen „von unten“ werden gesucht und · Arbeitszeitsysteme werden zum Wettbewerbsfaktor. b) Parallele Personal- und Qualifikationsplanung · Der Einsatz neuer Systeme oder Arbeitsmethoden sowie Arbeitszeitmethoden kann nur durch gleichzeitige Personalplanung und -weiterbildung zu Akzeptanz führen, · langfristige Planung ist ebenso notwendig wie · die Einbeziehung der Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse. 59 Vgl. Flassbeck: „Und die Spielregeln für die Lohnpolitik in einer Währungsunion?“, Frank- furter Rundschau Nr. 253 (31.10.1997), S. 12; FLASSBECK, Wirtschaftsforscher beim DIW untersucht die Entwicklung der Lohnstückkosten im internationalen Vergleich. 42 c) Markt für Kreativität im Betrieb · Eigenverantwortung und Kreativität werden bei der Leistungserstellung zuneh- men, · Die Technik ermöglicht es, Ideen schneller in die Realität umzusetzen. Flexible Arbeitszeit fördert Kreativität. d) Neue Qualifikationsmethoden (für Unternehmer und Arbeitnehmer) · Neue Technologien und Managementmethoden sind kaum in Schnellkursen be- greifbar zu machen, · Es sind branchenübergreifende Kenntnisse nötig, · Handlungskompetenz für Mitarbeiter- und Unternehmensführung muß ver- mittelt werden. Wichtig wird es sein, die dargestellten Möglichkeiten im Interesse des Betriebes zu ergreifen. Dies bedeutet, daß eine Überprüfung des Bedarfes und des eingetretenen Nutzens erforderlich ist. Die gestiegenen Anforderungen an das Unternehmen beschreibt auch TÖPFER, der feststellt, daß Unternehmen, die auch zukünftig ihren Fortbestand und Erfolg si- chern wollen, sich den Anforderungen, die aus diesen technologischen Ver- änderungen resultieren, stellen müssen.60 Die Anforderungen im Handwerk ändern sich laufend und in immer kürzeren Zeit- abständen. Bereits 1982 hatte das Deutsche Handwerksinstitut in München in ei- nem Seminar für Handwerkswesen an der Universität Göttingen aktuelle Daten zur Veränderung der handwerklichen Berufswelt zusammengefaßt:61 · Die Zahl der ungelernten Tätigkeiten nimmt ab. · Die Zahl der angelernten Tätigkeiten nimmt zu, wobei sich die Qualifikations- anforderungen wandeln. 60 Töpfer, A., „Marketing im Unternehmen und am Markt“, Blick durch die Wirtschaft (24.10.1985), S. 1. 61 Gerth (Hrsg.):, Auseinandersetzung mit der Zukunft, Göttingen 1982, S. 122ff. 43 · Die traditionellen handwerklichen, vorwiegend auf die Produktion von Kon- sumgütern gerichteten Lehrberufe verlieren stark an Bedeutung, die Zahl der Auszubildenden geht zurück. · Der Anteil der in der Fertigung gebundenen Arbeitskräfte wird geringer. · Der Anteil von Beschäftigten in Forschung, Entwicklung, Erprobung, Installati- on, Wartung und Reparatur steigt. · Die Vielfalt der Tätigkeiten nimmt zu. In diesem Zusammenhang spricht man von „Beruflicher Polyvalenz“. Diese Po- lyvalenz62 ist eine Aufforderung an die Berufstätigen, sich möglichst schnell und ohne großen Arbeitsaufwand auf neue Erfordernisse umzustellen. Dazu gehört auch eine veränderte (flexible) Arbeitszeit. ZEIDLER diagnostiziert, daß es um die Sicherung der Rentabilität und die Vorbereitung der Mitarbeiter auf veränderte Anforderungen geht. Die Unternehmen seien es gewohnt, im Wettbewerb mit neu- en Produkten und Verfahren zu bestehen. Aus seiner Sicht wird dabei die Qualifi- kation der Mitarbeiter immer wichtiger.63 Auch die Qualifikation der Unternehmer hinsichtlich ihrer Entwicklungsfähigkeit wird entscheidende Wirkung haben. Dies setzt Signale im eigenen Unternehmen und in den verantwortlichen Verbänden. Der Typus des „dynamischen“ Unternehmers nach SCHUMPETER wird darüber ent- scheiden, ob im Schreinerhandwerk f/v Arbeitszeitsysteme Fuß fassen können und für die Entwicklung des Handwerks Bedeutung erlangen. Nach SCHUMPETER ist dies der Unternehmer, der in einem Prozeß schöpferischer Zerstörung durch Inno- vationen Gewinne und Konjunkturaufschwünge herbeiführt. Ein interessanter Aspekt in der Diskussion um flexible Arbeitszeit ist die These von SCHUMPETER, die besagt, daß der Kapitalismus trotz - oder wegen - seiner Erfolge untergehen wird; der Sozialismus sei unvermeidbar und praktikabel. Natürlich be- streitet heute niemand, daß SCHUMPETER hier Unrecht hatte. Es gibt aber selbstzer- 62 griech. Vielwertigkeit, Vielseitigkeit. 44 störerische Tendenzen im modernen Kapitalismus, die kontraproduktiv wirken können. So könnte bei einer falsch gelenkten Tarifpolitik, die sich nicht an den Maßstäben des globalen Wettbewerbes anlehnt oder außerhalb sozialer Siche- rungssysteme operiert, durch die „schöpferische Zerstörung“ ein Wandel einstellen, der strukturelle Nachteile und Risiken für die Beschäftigten und den Wettbewerb in sich birgt. Das Ziel einer ausgewogenen Tarifpolitik mit abgestimmten flexiblen Arbeitszeitsystemen muß daher für das Handwerk von Anfang an auf dessen Agenda an erster Stelle stehen. „Die unzureichend kontrollierte Expansion des Sozialstaats und eine redistributiv und interventionistisch orientierte Tarifpolitik führen zu Fehlentwicklungen, die eine schleichende Diskreditierung der sozialen Marktwirtschaft bewirken“, be- schreibt ZOHLNHÖFER. Er mahnt u.a., daß kurze und starre Arbeitszeiten den Wirt- schaftsstandort Deutschland inzwischen unattraktiv gemacht haben.64 Der Autor spricht sich außerdem für dezentrale Tarifverhandlungen aus.65 Die Diskussion zeigt, wie wichtig das Verständnis für die Interdisziplinarität des Themas ist. Schreinereiunternehmer werden die flexible Arbeitszeit nur dann er- folgreich in ihren Unternehmensprozeß einfiltern können, wenn sie das Gesamtsy- stem überblicken können. Dabei wird es nicht nötig sein, daß der Schreinereiunter- nehmer das theoretische Konstrukt der flexiblen Arbeitszeit im Detail selbst be- herrschten, sondern er muß bereit sein, Sachverstand beratend in Anspruch zu nehmen. Neben wirtschaftswissenschaftlichen und juristischen Erkenntnissen gehö- ren hierzu auch Bereiche wie z.B. Wirtschaftsmoral und Soziologie, die Berück- sichtigung finden sollten. Ein Ergebnis dieser Arbeit ist, daß flexible bzw. neue Arbeitszeiten die Gesellschaft verändern werden. Für die „vordenkenden“ Verbän- 63 Zeidler: „Weiterbildung intensiver planen“, Blick durch die Wirtschaft (19.11. 1987), S. 1. 64 Heidelberger Club für Wirtschaft und Kultur e.V. (Hrsg.), Sozialfall Sozialstaat. Wie sicher ist unsere soziale Sicherung?, Münster/Hamburg 1996. ZOHLNHÖFER ist Ordinarius für Wirtschafts- politik an der Universität Mainz. 65 Zohlnhöfer (Hrsg.): “Die Tarifautonomie auf dem Prüfstand“, Schriften des Vereins für Social- politik, Bd. 244, Berlin 1996. 45 de66 als Interessengruppen wird es daher wichtig sein, auch Fragen eines neuen Gesellschaftsmosaiks aufzugreifen.67 III. Problemfelder und Auswirkungen der Arbeitszeitflexibilisierung Flexible Arbeitzeitsysteme könnten in wenigen Jahren eine volkswirtschaftliche, in wesentlichen Elementen auch gesellschaftspolitische Komponente, zur Sicherung des Standortes Deutschland sein. KISSEL spricht vom „Standortfaktor Arbeits- recht“. Dabei ist es wichtig, das Handwerk mit seiner wirtschaftlichen Potenz auf diese Aufgabe vorzubereiten. Die Entwicklung in Deutschland ist dadurch geprägt, daß die Nachfrage nach Arbeitskräften sinkt und gleichzeitig die Zahl derer zunimmt, die arbeiten wollen. Die wachsende Bereitschaft der Frauen, erwerbstätig zu wer- den oder zu bleiben, ist bei der gesamten Diskussion zu berücksichtigen. Wie an anderer Stelle erläutert, sind z.B. im Schreinerhandwerk 15% der Beschäftigten Frauen. Die Folge dieser gesamten Fehlentwicklung am Arbeitsmarkt sind entweder hohe Arbeitslosenquoten bei weitgehend stagnierenden Einkommen wie in Deutschland (aber auch im übrigen Europa) oder deutlich sinkende Einkommen bei mäßiger Arbeitslosigkeit wie in den Vereinigten Staaten. Drastisch ist auch die prognosti- zierte Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit, die neben einem langfristig zu er- wartenden Rückgang der Qualifikation (Wettbewerbsfähigkeit) auch soziale Pro- bleme erwarten läßt. Für 1997 werden 200.000 fehlende Lehrstellen erwartet.68 66 Hierzu zählen Bundesverband, Landesfachverband, Regionale Innungen, Kreishandwerker- schaft und Handwerkskammern. 67 Die Tagungsreihe „Kasseler Millenium“ befaßte sich 1996 mit dem Thema „Comeback der Werte?“ und prägte den Begriff des Gesellschaftsmosaiks. Tendenzen und Visionen zur Moral und Ethik im 21. Jahrhundert wurden von Experten vorgetragen und zur Diskussion gestellt. Der Umgang mit Flexiblen Arbeitszeitsystemen setzt voraus, daß sich Experten mit diesem Thema auseinandersetzen, um den Handwerksunternehmen Hilfe zur Selbsthilfe geben zu können. Das „Gesellschaftsmosaik“ ist das Ergebnis gesellschaftlichen Wandels und prägt gleichsam die Ver- haltensweisen von gesellschaftlichen Gruppen. 68 Vgl. hierzu: o.V.: „Hoffen auf das große Wunder“; Der Spiegel 26/1997, Hamburg 1997, S. 23. 46 Die prekäre Situation ist wie folgt zu beschreiben: In Deutschland sind rund 42% der Bevölkerung erwerbstätig. Das ist der niedrigste Anteil seit der Gründung der Bundesrepublik. Gleichzeitig haben etwa 10% der Bevölkerung keine Arbeit, was gleichfalls ein Höchststand ist.69 Es ist daher dringend erforderlich, daß sich die Arbeitsbedingungen in Deutschland verändern müssen. Schon jetzt werden Voll- zeit-Arbeitsplätze zunehmend durch Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigungen oder gar Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ersetzt. 1980 hatten von fünf Arbeitneh- mern vier dauerhafte Vollzeitarbeitsplätze. Jetzt sind es von drei Arbeitnehmern nur noch zwei. Die Tendenz ist deutlich - schon in wenigen Jahren könnte das Ver- hältnis bei 1:1 liegen. Dies hätte weitreichende Auswirkungen auf die Verteilung von Erwerbseinkommen sowie künftigen Rentenansprüchen. Ein leistungsfähiges und leistungsbereites Wirtschaften in Kombination mit dem notwendigen sozialpo- litischen Konsens wird nur möglich sein, wenn sich die Unternehmen verstärkt dem Thema flexible Arbeitszeit widmen.70 Die veränderte Arbeitszeit und ihr wechsel- seitiger Einfluß auf soziale Veränderungen (Zeitverhalten, Einstellungen) bzw. der Einfluß zur Sicherung von Arbeitsplätzen ist zu diesem Zeitpunkt kaum zu quanti- fizieren. Es ist davon auszugehen, daß in einer Art Schneeballeffekt durch die Ein- führung von flexiblen Arbeitszeiten das gewohnte Zeitraster der gesamten Gesell- schaft verändert wird. Es ist die große Masse der Verbraucher, die sich in Deutschland als Arbeitnehmer in ihren jeweiligen Branchen selbst auf neue und flexible Arbeitszeiten umstellen muß, die das Geld in den Konsum fließen läßt und damit Arbeitsplätze im Handel sichern hilft.71 Damit wird mit der Nachfragemacht des Konsumenten automatisch Druck ausgeübt auf die Innenorganisation der Un- 69 O.V.: „Die Arbeitslosigkeit ist kaum zu halbieren, Veränderte Arbeitsbedingungen“, F.A.Z. Nr. 244 (19.10.1996), S. 14. 70 In diesem Zusammenhang sind die Ausführungen zu den gesellschaftspolitischen Auswirkun- gen einer veränderten Arbeitsgesellschaft interessant, u.a. nachzulesen in: Martin/Schumann: Die Globalisierungsfalle, Hamburg 1996. In diesem Buch wird davor gewarnt, daß eine sog. „Ein- Fünftel-Gesellschaft“ die Entwicklung steuert. Der Club of Rome setzt sich mit diesen Thesen, die aus dem oben angeführten Buch stammen, auseinander. 71 Dies wird zu einem Beschäftigungseffekt im Einzelhandel führen; das Problem der Laden- öffnungszeiten ist bereits gelöst; seit dem 1. November 1996 dürfen die Geschäfte werktags bis 20.00 Uhr und Samstags bis 16.00 geöffnet haben. Die FDP hat errechnet, daß durch eine Libe- ralisierung der Öffnungszeiten im Einzelhandel ca. 50.000 zusätzliche Teilzeitkräfte Arbeit fin- den. Vgl. Freese, G., „Klassenkampf paradox“, Die Zeit Nr. 19 (03.05.1996), S. 17. 47 ternehmen. Diese haben es jetzt in der Hand die Chance des Wandels zu steuern und zu optimieren. Der Autor stellt die These auf, daß nicht nur die Zeitraster in der Gesellschaft neu strukturiert werden, sondern daß auch die Lebensqualität des einzelnen durch Ein- führung flexibler Arbeitszeiten steigen wird. Eine bisher in Literatur und Praxis stark vernachlässigte Komponente ist die Verzahnung des Gesamtsystems: Flexible Arbeitszeit wird nur dann dauerhaft akzeptiert werden, wenn die Menschen, die flexibel arbeiten, ihre dadurch gewonnene Souveränität auch wieder flexibel einset- zen können. Dies bedeutet u.a. „flexibel“ einkaufen zu können, „flexibel“ am kultu- rellen Leben teilnehmen zu können, „flexibel“ Weiterbildungsmaßnahmen in An- spruch nehmen zu können oder „flexibel“ Sport treiben zu können. Mit der Einfüh- rung f/v Arbeitszeitsysteme steht man in Deutschland vor einer „Zeitenwende“, die den Lebensrhythmus neu definieren, dem einzelnen größere Freiheit garantiert und der Wirtschaft aussichtsreiche Wege in die Zukunft weisen wird. Flexible Arbeits- zeit kann und darf nur im Zusammenhang mit den vier von einander abhängigen Aktionsfeldern gesehen werden.72 Die Auswirkungen auf die Gesellschaft insgesamt werden erst nach einer oder mehrerer Dekaden von den Sozialwissenschaftlern zu beurteilen sein. Es kann und darf zukünftig nicht mehr sein wie bisher, daß die ökonomische und soziale Ver- nunft in Deutschland scheinbar zwei Jahrzehnte benötigt, um sich durchzusetzen. Die Verwandlung der Arbeits- und Freitzeitgesellschaft durch flexible Arbeitszeiten ist einem „Jetstream“-Effekt73 vergleichbar und wird voraussichtlich zu einer revo- lutionären Umwälzung führen, die man mit dem Begriff des Wertewandels kaum beschreiben kann. 72 Siehe dazu Abb. 4. 73 Die Verdichtung von Luftmassen führt nach dem Austritt aus einer verengten Öffnung zu einem katapultartigen Vortrieb. Der Begriff soll in diesem Zusammenhang ausdrücken, daß nach einem lang andauernden Prozeß der Einführung der Fortschritt (Vortrieb) deutlich höher als erwartet stattfinden wird. 48 Die job-study der OECD rät für Deutschland, die überdurchschnittlich hohe sog. strukturelle Arbeitslosigkeit (1998 = 8,3 %) durch eine Flexibilisierung des Ar- beitsmarktes deutlich zu senken. Abbildung 5: Aktionsfelder Flexible Arbeitszeit Flexible Arbeitszeit Unternehmen Markt/Verbraucher Arbeitnehmer Soziales Umfeld (eigene Darstellung) Der flexiblere Umgang mit der Zeit kann auch noch in anderer Hinsicht mehr Ar- beitsplätze bringen. Etwa 2,5 Millionen Beschäftigte würden gerne einen Teil ihrer Arbeitszeit abgeben bei entsprechender gesetzlicher Absicherung. In Zukunft ist damit zu rechnen, daß die Zahl derjenigen, die weniger arbeiten wollen, weiter an- steigen wird. Dafür spricht neben der finanziellen Situation der „Erbengeneration“ und einem allgemeinen Wertewandel auch der Trend, daß sich die starre Dreitei- lung des Lebens - lernen, arbeiten, Ruhestand - auflöst.74 Demgegenüber spricht allerdings die demoskopische Entwicklung in Deutschland eher für verlängerte Lebensarbeitszeiten, wenn die Diskussion um die Bezahlbarkeit des Rentensystems als Leitsatz aufgestellt wird. 74 Gourgé: „Wenig Arbeit, viel zu tun: Beschäftigungskrise in Deutschland“, Finanzspektrum 4/96 (1996), Hrsg. Dresdner Bank, Frankfurt/Main, S. 4. 49 Die Dramatik der Situation zeigt sich ebenfalls in der Gegenüberstellung von Kennziffern75, die zeigen, wie wichtig der flexible Umgang mit der Zeit zukünftig sein wird, um arbeitsmarktpolitisch und gesellschaftlich eine konsensfähige Ant- wort auf den Problemkreis „Arbeitsangebot“ zu erhalten. Auch die soziologische Komponente darf nicht vernachlässigt werden. Man könnte sagen: Wer seinen Ar- beitsplatz verliert, büßt damit nicht nur Einkommen, sondern auch seine gesell- schaftliche und soziale Anerkennung ein und verliert häufig seine Selbstachtung. 1. Arbeitszeitproblematik – interdisziplinärer Diskussionsansatz Die Arbeitszeit ist ein fundamentaler ökonomischer Faktor. Der Mensch, der im Rahmen dieser Arbeitszeit tätig wird, ist das „lebendige Kapital!“, um die zur Verfügung stehende Zeit auszunutzen. „Jeder soziale Fortschritt muß finanzierbar bleiben, soll er nicht gegenteilige Folgen, also Kontraeffekte auslösen.“76 Für jedes Unternehmen ist die optimale Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Be- triebszeiten eine ökonomische Basisaufgabe. Für das Schreinerhandwerk bedeutet dies, daß gerade der kleine Betrieb weniger Optionen hat, durch den Einsatz von vorhandenem Personal schnell Lücken zu füllen. Im allgemeinen kann das kleine Unternehmen den ausfallenden Spezialisten nicht aus dem vorhandenem Pool er- setzen. Das Flexibilisierungspotential fehlt. Diese strategische Lücke stellt für den Handwerksunternehmer einen Wettbe- werbsnachteil dar. Die Forderung nach f/v Arbeitszeitsysteme gerade für das kleine und mittlere Unternehmen gewinnt an Gewicht. Die oft zitierte und auch empirisch überprüfte Flexibilität des Handwerksunternehmens erleidet durch starre Arbeits- zeitreglementierungen Schaden. 75 Kennziffern: Arbeitslose in Deutschland (1965: 0,2 Millionen) (1995: 3,75 Millionen), Quelle: Dresdner Bank 1996. Dazu kommt, daß die Umsatzrendite als Maßzahl für Standortqualität in der Bundesrepublik in vielen Branchen im Zeitverlauf stark gesunken ist. Nach Angaben des Verbandes der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer ist die durchschnittliche Umsatzrendite von gut 4% in 1965 auf knapp 1% in 1993 gefallen. 76 Linnenkohl/Rauschenberg, Arbeitszeitflexibilisierung, S. 15. 50 Es stellt sich daher zwangsläufig die Frage, ob und inwieweit es überhaupt zulässig ist, Arbeitszeiten mittels einzelarbeitsvertraglicher Abrede über die tariflich festge- legte Arbeitszeit hinaus zu verlängern. Es ist für das Schreinerhandwerk diagnosti- ziert, daß der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften nicht durch die gleichzeitigen Arbeitszeitverkürzungen aufgefangen werden kann. Die bestehenden Beschäfti- gungsfreiräume lassen sich arbeitsmarkttechnisch nicht füllen und geben wirt- schaftliche Potenz frei. Die Facharbeiterlücke wird zum Engpaßfaktor, der nicht nur eine Änderung im Umgang mit den Mitarbeitern, sondern auch ein bewußtes Managements der Arbeitszeit erfordert. Gerade für das Schreinerhandwerk mit Angeboten, die vielfach den personalintensiven „Produkten der Anmut“ und Dienstleistungskategorien zuzuordnen sind, muß das Arbeitszeitmanagement grei- fen. Gesamtwirtschaftlich betrachtet, sind Arbeitszeitverkürzungen eine künstliche Ver- knappung menschlicher Arbeitskraft und schränken damit zentrale unternehmeri- sche Entscheidungen ein. Sie erhöhen die ohnehin ganz erheblichen Arbeits- und Investitionskosten, schaffen zusätzliche interne Organisationsprobleme, schränken das betriebliche Arbeitszeitvolumen ein und stehen den marktwirtschaftlich defi- nierten Zielen der Kostensenkung, strukturellen Anpassungen und Ausrichtung der Unternehmenspolitik als Maßstäben der Rentabilität direkt entgegen. Diese von externen Faktoren herangetragene endogene Schwächung trifft in allen dargelegten Punkten das Schreinerhandwerk stark. Die Diskussion um die verfassungsmäßige Rechtmäßigkeit von Eingriffen in die Berufsausübungsfreiheit des Arbeitgebers soll an dieser Stelle nicht geführt wer- den. Deutlich werden soll aber die Notwendigkeit liberal zu fixierender Arbeitszei- ten im Eckrahmen eines von Starrheit befreiten, sozial abgesicherten gesetzlichen Rahmens. Idealiter bedeutet dies, ohne Verzicht auf soziale Komponenten, Vorteile für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Konträre Standpunkte zwischen den Tarifver- tragsparteien verhärten sich schwerpunktmäßig bei der Fragestellung flexibler Ar- beitszeitsysteme, obwohl diese aus der Sicht des Autors besondere Chancen für alle Beteiligten bieten. Eine Ideologisierung ist zu vermeiden. 51 Es bleibt für die Diskussion festzuhalten, das Art. 12 Abs. 1 GG für den Arbeit- nehmer das Recht auf eine eigenpersönliche und selbstbestimmte Lebensgestaltung gewährleistet. Die Einführung zwingender tariflicher Höchstarbeitszeiten und ge- gebenenfalls einer quotenmäßigen Begrenzung übertariflicher Arbeitszeit- regelungen sowie der damit verbundenen Festlegung zwingender Einkommens- obergrenzen engt dieses Freiheitsrecht ein. Danach darf der einzelne Arbeitnehmer nicht mehr frei bestimmen, so lange zu arbeiten und so viel zu verdienen, wie er es für richtig hält. Artikel 31 der Hessischen Verfassung sieht folgende Regelung vor (ohne dabei einen Lösungsansatz zu beinhalten): „Der Achtstundentag ist die ge- setzliche Regel. Sonntag und gesetzliche Feiertage sind arbeitsfrei. Ausnahmen können durch Gesetz oder Gesamtvereinbarung zugelassen werden, wenn sie der Allgemeinheit dienen“. Die Diskussion der Öffentlichkeit um flexible Arbeitszeiten und Servicebereitschaft der Unternehmen führt oftmals einen Schritt zu weit. In der Diskussion um eine Verbesserung der Dienstleistungsorientierung (dies betrifft das Schreinerhandwerk vor allem in seinem Bereichen der Kundendienst-Angebote), fordern manche Dis- kussionsführer eine sogenannte „24-Stunden-Verfügbarkeit“. Vor dieser Verallge- meinerung muß gewarnt werden. Schichtdienststrukturen oder die ganztägige Verfügbarkeit des einzelnen für die Arbeit bedeuten eine Mißachtung biologisch gegebener circadianer Rhythmen und können zu physischen und psychischen Ge- sundheitsbeeinträchtigungen führen. Die Folgekosten für die Gesellschaft scheinen höher zu sein als eine Zielführung zur „24-Stunden-Verfügbarkeit“. Die Diskussion wäre unrealistisch, würde an dieser Stelle nicht auf eine soziale Komponente der Arbeitszeitregelungen hingewiesen, die gerade in kleineren Be- trieben bei höheren Freiheitsgraden zu einer negativen Rückkopplung für den ab- hängig beschäftigten Arbeitnehmer werden könnte. Tarifliche Vereinbarungen stellen nicht umsonst eine Art Mindestschutz dar. Nicht alle Arbeitnehmer wären in der Lage, ihre Arbeitszeiten selbst zu bestimmen. Hier birgt gerade der kleine Be- trieb die Gefahr des Ausnutzens des Arbeitnehmers durch freizügige, individuali- sierte Arbeitszeitregelungen. Dies würde wiederum volkswirtschaftlichen Schaden präjudizieren, weil der Wettbewerb in weiten Teilen ausgeschaltet würde. Es zeigt 52 sich, daß die Schnittstelle zwischen restriktiven Ordnungsmustern und liberal - flexiblen Idealvorstellungen in der Praxis schwer zu ziehen ist. Daher bedeutet ein offenes Arbeitszeitsystem im definierten Rahmen eine rechtliche Absicherung, die einerseits einen Mindestschutz für den Arbeitnehmer und andererseits genügend Gestaltungsfreiraum für die betrieblichen Arbeitsparteien - in Abstimmung mit den Tarifvertragsparteien - gewährleistet. Formaljuristisch betrachtet braucht der Arbeitnehmer Restriktionen bzgl. seiner Arbeitszeitwahl durch Tarifvertäge außer bei der Tarifbindung nicht hinnehmen. Diese Argumentation wird allerdings heftig und kontrovers diskutiert. Weiter- führende Gesetze regeln wichtige Schutzelemente für den Arbeitnehmer. Das ArbZG definiert unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes die arbeitszeit- rechtlichen Grenzen unisono. Trotz aller sozialen Vorbehalte stellen die tariflichen Arbeitszeitgrenzen aus rein verfassungsrechtlicher Sicht keine allgemeinen Grenzen für einzelvertragliche Ab- reden, die eine längere oder flexiblere Arbeitszeit beinhalten, im Falle fehlender Tarifbindung dar. besteht. Arbeitszeiten müssen aus der Sicht des Autors kasui- stisch, also durch die individuellen Bedürfnisse des Unternehmens und/oder der Branche definiert werden, soweit dies a) der Markt erfordert, b) die gesetzliche Regelung nicht entgegen steht und dies c) sozial realisierbar ist. Aufgrund dieser Tatsache wird es dem handwerklich strukturierten Schreinerei- Unternehmen möglich sein, sich auf diskontinuierlich entwickelnden Märkten zu behaupten. Nach § 4 Abs. 3 TVG sind vom Tarifvertrag abweichende Abmachungen nur zu- lässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder sie eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten (Günstigkeitsprinzip). Indivi- duelle Abreden über längere Arbeitszeiten genügen regelmäßig diesen Vorausset- 53 zungen aus Sicht der Arbeitgeberverbände unter dem Gesichtspunkt des Günstig- keitsprinzips und gelten als zulässig77, was naturgemäß konträr zu den politischen Zielrichtungen der Gewerkschaften steht. Der Interessenkonflikt zwischen den Tarifparteien hat das Thema um Arbeitszeiten zu einer Entscheidung mit jeweils „politischer Kategorie“78 eskalieren lassen. Es entsteht in der Praxis sehr häufig der Eindruck, daß Arbeitszeitflexibilisierung le- diglich den Vorteil für das Unternehmen sucht. Die Abwägung bzw. Diskussion, ob längere und/oder flexiblere Arbeitszeiten für den Arbeitnehmer „günstiger“ oder „ungünstiger“ sind, stellen eine diskussions- würdige Facette dar. Es ist durchaus mit dem verfassungsrechtlichen Verständnis der Arbeitsleistung als Verwirklichung der persönlichen Freiheit im beruflichen Bereich nicht zu vereinbaren, eine übertarifliche Arbeitszeit von vornherein als für den Arbeitnehmer ungünstiger zu beurteilen. Aus Unternehmersicht ist gerade im Schreinerhandwerk mit kleinen überschaubaren Betriebseinheiten und dem oft mit- arbeitenden Inhaber aus wirtschaftlichen Gründen durchaus ein berechtigtes Inter- esse an der Erbringung einer Arbeitsleistung von flexibler Dauer individuell oder saisonal notwendig. Hierbei ist branchenbezogen auch an die Integration neuer Technologien (z.B. CAD-Systeme oder Telearbeit) zu denken, die andere Ar- beitsrhythmen ermöglichen und erfordern sowie für das wirtschaftliche Überleben79 des Schreinerei-Unternehmens von Bedeutung sind.80 Die persönlichen Ansprüche des Arbeitnehmers werden zukünftig an Bedeutung gewinnen; daher steigert sich - dies ist im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls empirisch überprüft worden - auch das Anspruchsverhalten an das Unternehmen. Stichworte wie „Cafeteria-Arbeitszeiten“ 77 Diese Rechtsauffassung gilt als umstritten und juristisch wenig abgesichert, wird jedoch von den Arbeitgeberverbänden als Verhandlungsbasis regelmäßig ins Feld geführt. Vgl. Nordmetall Hannover (Hrsg): Jahresbericht 1992, S. 66. 78 „Politische Kategorie“ bedeutet, daß Entscheidungen und Verhandlungsergebnisse zwischen Tarifpartnern häufig auf Grund des Streitpotentials nicht selten mit Klassenkampf-Argumenten zustande kommen, die dazu führen, daß die sinnvollste ökonomische Entscheidung u.U. nicht getroffen wird. Eine Innovation der demokratischen Streitkultur erscheint notwendig. 79 Bundesverband HKH (Hrsg.): Tischlerhandwerk Aktuell, Die wirtschaftliche Lage, Wiesbaden 1995, S. 30. 80 Schreiner-Innung Kassel Stadt und Land (Hrsg.), Wandel eines Handwerks, Gudensberg 1995, S. 42-45. 54 etc. zeugen von diesem Wandel. An dieser Stelle sind zum besseren Verständnis die erarbeiteten Parameter für das Handwerk zu reflektieren. Generell ist der o.g. Günstigkeitsvergleich tarifpolitisch und juristisch nicht ab- schließend geklärt. Für die Praxis der Handwerksunternehmen, in der Regel ohne eine Personalabteilung agierend, sollte als Maßstab das Wahlrecht des Arbeitneh- mers ausschlaggebend sein. Entscheidet sich der Arbeitnehmer in Ausübung seines Wahlrechtes für ein längeres bzw. tarifvertraglich anders geregeltes Arbeitszeitvo- lumen und erhält dafür entsprechendes Entgelt, ist diese Abrede für ihn als „günsti- ger“ zu werten. Die Entlohnung kann für ihn höher ausfallen. Eine günstigenfalls zu erreichende bessere Wettbewerbssituation des Unternehmens führt zu höherer Arbeitsplatzsicherheit. Die Rechtsbeziehung zum Arbeitgeber würde auf eine neue rein einzelvertragliche Grundlage im Rahmen der Vertragsfreiheit gestellt. Beide Vertragspartner agieren dann unabhängig von tariflichen Vorgaben. Wichtig sind eindeutige vertragliche Absprachen. Für diesen neuen Vertrag stehen vor allem Instrumente der einver- nehmlichen Vertragsänderung und der Änderungskündigung zur Verfügung. Aus der Sicht des Autors ist es für den Handwerksbereich zwingend notwendig, ent- sprechende vertragliche Muster zu erarbeiten und in die Praxis einzuführen.81 Für die Praxis ist zu empfehlen, daß sich der Arbeitnehmer eine Option in Form einer Teilkündigung oder eines Widerrufsrecht einräumen läßt, um sich später eventuell wieder für eine andere Arbeitsform zu entscheiden. Natürlich stellt dies eine erhöhte Anforderung an das betriebliche Arbeitszeitmanagement, z.B. durch einen erhöhten Organisationsaufwand, dar. Im Rahmen eines auf „Human Rela- tions“ ausgerichteten Unternehmenskonzeptes wird dies jedoch langfristig für das Schreinerei-Unternehmen zum Standard werden müssen.82 Abgesehen von der juristischen Komponente darf die ökonomische Seite - bei aller notwendigen Relativierung der Einsatzfähigkeit souveräner Arbeitszeiten in unter- 81 Vgl. hierzu das Arbeitszeitmodell Viessmann, Fußnote 290. 55 schiedlichen Hierarchien - nicht vernachlässigt werden. Bei Hewlett-Packard ist Arbeitszeit die „Zeit des Arbeitenden“, trotz aller Dynamik im Betrieb. Das Hewlett-Packard-Arbeitszeitmodell83 bringt die unternehmerischen Erfordernisse mit den individuellen Zeitwünschen der Mitarbeiter optimal in Einklang. Der Mit- arbeiter ist als verantwortlicher Zeitsouverän wichtiger Produktivfaktor und somit entscheidend für das Erreichen der Unternehmensziele."84 Dieses Modell zeichnet sich durch eine freie Zeitwahl der Mitarbeiter aus; das Arbeitsergebins steht im Vordergrund. Die Mitarbeiter von Hewlett-Packard besitzen zum einen einen sogenannten indivi- duellen Zeitwohlstand, d.h. sie haben eigene Zeitpräferenzen über ihre Zeitkonten im Rahmen einer 40-Stunden-Woche, wobei 2,5 Stunden gutgeschrieben werden (trotz tarifvertraglicher Regelarbeitszeit von 37 Stunden). Darüber hinaus wird im Unternehmen Swing-time und flexible Jahresarbeitszeit praktiziert. Swing-time bedeutet für die Mitarbeiter die Möglichkeit, Freizeit „anzusparen“ mit der Über- tragung und Ausgleichsmöglichkeit auf Monats-, Jahres- und Lebensarbeitszeit- Basis. 2. Arbeitszeit - Definition der Arbeit Dieser Arbeit liegt folgende Kernthese zu Grunde: Die ökonomische Analyse legt es nahe, daß der Staat wirtschaftlich weniger kontrolliert und eingreift. Er muß es aber gleichzeitig schaffen, soziale Konfliktfelder abzufedern, um die Probleme der Schwachen nicht unlösbar erscheinen zu lassen 85. Eine Arbeitszeitverkürzung ohne Ausgleichsmaßnahmen zugunsten der Produktivität wäre wirtschaftspolitisch nicht sinnvoll, weil sie die Probleme von Branchen bestenfalls zeitlich verzögern86. Die volkswirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten der Zusammenhänge zwischen Lohn- 82 Diese Empfehlung wurde in einer Muster-Betriebsvereinbarung aufgenommen; siehe dazu Anhang 5. 83 Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, S. 139. 84 Hewlett-Packard, Geschäftsbericht 1991, S. 16. Das Hewlett-Packard-Modell wird auch mit der Terminologie „Individueller Zeitwohlstand“ umschrieben. 85 Vgl. hierzu Röpke: Jenseits von Angebot und Nachfrage, 5. Aufl., Bern, S. 232-236. 86 Vgl. hierzu Erhard: Wohlstand für Alle, akt. Neuausgabe, Düsseldorf 1990, S. 30 und S. 208. 56 quoten, Produktivität, Preisniveau und Kaufkraft sind nicht aufzuhalten. Das Zeit- alter der Flexibilität fordert eine daher Neuorientierung der Arbeitswelt. Eine spontane Fragestellung bei der Zielgruppe „junge Handwerksunternehmer“ (diverse Branchen) ergab das folgende Meinungsbild, welches die o.g. These von einer Neuorientierung der (handwerklichen) Arbeitswelt deutlich unterstreicht: Auf die Frage „... was glauben Sie - wenn Sie jetzt kurz nachdenken und spon- tan mit einem Schlagwort antworten sollen - sind die größten Herausforderun- gen an das Handwerk in der Zukunft?“ antworteten 18 befragte Nachwuchs- kräfte für die Unternehmensführung wie folgt (Rangfolge):87 1. Mitarbeiterführung (8) 2. Möglichkeiten der Arbeitszeitflexibilisierung (6/30%) 3. Unternehmensfinanzierung (4) Die bedeutende Rolle der Arbeitszeitflexibilisierung und die aus ihr resultierenden Anforderungen an ein entsprechendes Management werden durch die Antworten unterstrichen. „Ein Unternehmer ist Erfinder von Arbeit - in Zeiten von Arbeitsverknappung eine Begabung, die sich besonderer Wertschätzung erfreut“.88 Diese Aussage des mittelständischen Unternehmers BRICKENSTEIN zeigt die Wertigkeit der Arbeit und gleichsam die Perspektive auf, die durch Arbeit in der Sozialen Marktwirtschaft aufgebaut werden kann. Arbeit zu schaffen, ist demnach innovatives Handeln. In der griechischen Philosophie war Aristoteles der erste, der verschiedene Formen menschlicher Tätigkeiten in eine Rangordnung gebracht hat. Er differenzierte zwi- schen dem praktischen Leben, der vita activa und dem theoretischen Leben, der vita contemplativa. Körperliche Tätigkeiten hatten einen wichtigen Rang. Die 87 Anläßlich einer Veranstaltung der „HandwerksJunioren“ der Handwerkskammer Kassel/ Nordhessen am 9.11.1994 im Kurhessensaal der Handwerkskammer Kassel. 88 Brickenstein: „Menschen-Leben-Aktionen“, Profil mit Profilen, Hrsg. Brügmann/Mitarbeiter, Papenburg/Ems 1993, S. 105. 57 Unterscheidung zeigt die Grenzen zwischen „Handwerk“ und „Politik“. Für Ari- stoteles war die o.g. Differenzierung gleichsam auch eine soziale Klassenordnung. Der im heutigen Sprachgebrauch verwandte Begriff „Arbeit“ faßt zwei ursprüng- lich getrennte Begriffe zusammen: das althochdeutsche „arabeit“, daß Mühsal und Not ausdrückt89 und das Ergebnis einer Tätigkeit, das Produkt, früher als Werk oder Tagewerk ausgedrückt. Diese gleichsam subjekt- und objektorientierte Sicht- weise findet sich in vielen Sprachen wieder. 90 Eine wichtige Unterscheidung muß zwischen der Arbeit als „Erwerbsarbeit“ und den sog. „unbezahlten Arbeitsformen“ getroffen werden. Die Erwerbsarbeit definiert sich dadurch, daß „durch Arbeit nicht nur die ideelle und materielle Umwelt des Arbeitenden eine Veränderung, sondern auch der Arbeitende selbst“ erfährt.91 Die Formen der unbezahlten Arbeit sind schwer zu fassen, wie bspw. Arbeit im eigenen Haushalt oder Nachbarschafts- hilfe. Grenzfälle sind sicherlich Tätigkeiten wie Börsenspekulation oder Profisport. Eine hinreichende Trennschärfe des Begriffs Arbeit ist schwer zu geben, auch wenn man an die vielfältigen Formen ehrenamtlicher Tätigkeiten denkt. Arbeit wird in der vorliegenden Dissertation verstanden als: zielgerichtete, freiwillige, durch finanzielle Mittel oder Zusatznutzen entlohnte Tätigkeit des Individuums, die dem Arbeitenden und das ihn umgebende Sozialsy- stem durch die Sicherung des Lebensunterhaltes erlaubt, seine immateriellen und materiellen Bedürfnisse im gesellschaftlichen System zu planen und zu realisieren. Bei dieser Definition zeigt sich prägnant der Wert der flexiblen Arbeitszeit durch die Einbeziehung des Faktors „Zusatznutzen“ (z.B. freie Zeitgestaltung, Zeitge- winn, Sabbatical), der vor allem der Befriedigung immaterieller Bedürfnisse dient. Arbeitszeitflexibilisierung läßt sich also ergänzend wie folgt definieren: Die Ar- beitszeitflexibilisierung ist eine Herausforderung und Chance an das mittelständi- sche und handwerkliche Management. Trotz tariflicher Arbeitszeitverkürzungen 89 Wahrig (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch, München 1986. 90 Hilf: Systematik der Arbeitswissenschaft. Arbeit und Leistung 26, 1972, S.49-54 (Teil 1), S. 85-90 (Teil 2) 58 kann das betrieblich notwendige (also ausgelöst durch Aktivitäten des Unterneh- mens am Markt und als Folge davon als vom Markt an das Unternehmen heran- getragene Nachfrage) Arbeitsvolumen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (z.B. den Liefertermin) durch eine Umverteilung der gesetzlich zur Verfügung stehen- den Arbeitszeit erreicht werden. Somit werden strategisch anvisierte Wettbewerb- spositionen realisiert bzw. erhalten. Diese Interaktion zwischen dem System der Marktwirtschaft, den Nachfragern von Arbeit (Unternehmungen) sowie den Anbietern von Arbeit (Arbeitnehmern) grenzt den Arbeitsbegriff gegenüber allgemeinen Aspekten aus. Arbeiter im Sinne dieser Definition ist demnach auch der Angestellte (überwiegend nicht-körperliche Ar- beit) und Unternehmer (überwiegend selbstbestimmte körperliche und/ oder nicht- körperliche Arbeit). Die menschliche Leistung der Arbeit läßt sich in die Elemente Konstitutions-, Dis- positions-, Qualifikations- und Anpassungsmerkmale untergliedern92. Diese Ele- mente sind bei der Einführung f/v Arbeitszeitsysteme entsprechend zu beachten und haben u.a. Relevanz bei der Bildung sog. Arbeitsteams. Als Arbeitszeit bezeichnet GROTMANN-HÖFLING die Zeitspanne, während der Ar- beitskraft durch den Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt wird, also die Zeit von Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen. Demnach beginnt die Arbeits- zeit grundsätzlich mit Betreten und Verlassen des Betriebes, wobei es auf die rechtliche Vereinbarung oder die betriebliche Übung ankommt, wie dies im einzel- nen geregelt ist. Auch die Definition des Begriffes „Arbeitsstelle“ (Telearbeit) spielt hier eine Rolle bzgl. deren Lokalisierung.93 Flexible/Variable Arbeitszeitsysteme (f/vA) ist ein Zentralbegriff dieser Studie. Während der Begriff Arbeitszeitflexibilisierung eingeführt ist, jedoch zu oft von den Anwendern falsch interpretiert ist, wurde hier die zusätzliche deskriptive Form 91 Luczak (Hrsg.): Arbeitswissenschaft, Berlin 1993, S.2. 92 Luczak: Arbeitswissenschaft, S. 33. 93 Vgl. Grotmann-Höfling: Arbeitsfreie Zeiten, Mainz 1990, S. 19/20. 59 der Variabilität hinzugezogen, die deutlich macht, daß nicht nur Flexibilität ge- genüber den starren Systemen das Ziel sein muß, sondern daß sich die Arbeitszeit auch in einem Korridor ständigen Wandels bewegen muß. Der Begriffsteil System soll ausdrücken, daß Arbeitszeit organisatorisch-systematisch in das Unternehmen einzubinden ist. Das System kann dabei von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich charakterisiert sein. Die Bundesregierung führte inzwischen den Begriff Mobilzeit ein: „Mobilzeit steht für eine Tages-, Wochen- und Jahresarbeitszeit, die nach individuellen Wünschen und Möglichkeiten vereinbart wird.“ Der Begriff steht nicht in Konkurrenz zu wis- senschaftlichen Terminologien, sondern ist im Grunde deckungsgleich. Er steht für einen wissenschaftlichen Modellversuch, der 100 Betriebe in Deutschland bei der Einführung von Modellen unterstützen soll. Die Bundesregierung initiierte dazu eine wissenschaftliche Begleitforschung, deren Ergebnisse veröffentlicht werden sollen. Leider lagen bei Abschluß der Dissertation noch keine Zwischen- bzw. Endergebnisse vor. Wie ausgeführt ist das Zusammenwirken der Tarifpartner von besonderer Bedeu- tung. Der historische Rechtsgrundsatz „audiatur et altera pars“ („Auch die andere Seite soll man hören.“) muß zwischen den Verhandlungspartnern greifen. Die Ten- denz „kürzere Arbeitszeit“ begegnet diametral dem deutlichen Trend nach höheren Serviceanforderungen an das Schreiner-Handwerk durch den Verbraucher. Die Unternehmen begegnen sich zunehmend in einem harten Qualitätswettbewerb um einen umfassenden marketingorientierten Servicebegriff.94 Festgehalten werden muß, daß sich Produktqualität bei gleichartigen Produkten zukünftig stärker über die Servicekomponente profilieren wird. Der Innovationsforscher STAUDT faßt zusammen, daß diese Wirkungen die tradi- tionellen Rationalisierungsgrenzen verschieben werden. Sie werden zu Änderungen 94Parallelen zeigen sich vor allem im Kfz.-Handwerk, dessen Strukturen tiefer erforscht sind als andere Handwerkszweige. Die Rolle des Qualitätswettbewerbs und die daraus resultierenden Anforderungen an die Arbeitnehmerschaft sind in einer Studie des europäischen FORCE- Programmes (Rauner/Spöttl/Olesen/Clematide: Beschäftigung, Arbeit und Weiterbildung im europäischen Kfz-Handwerk, Brüssel 1993) dargestellt. 60 in der Arbeitsteilung führen und vor allem auf Grund der Korrekturen der Wirt- schaftlichkeit erhebliche Folgen für die Umgestaltung von Arbeitsorganisationen, Betrieben und ganzen Branchenstrukturen haben. 95 In einem anderen Werk führt STAUDT aus, daß es neben einer breiteren Palette von Gestaltungsinhalten mindestens ebenso wichtig sei, sich von der heute üblichen Form der Tarifverträge abzuwenden, da ihre allgemeinverbindlichen Regelungen zu sehr ins Detail gehen und somit den Möglichkeiten der weiteren technischen und ökonomischen Entwicklung nicht mehr entsprechen. 96 3. Entwicklungsfacetten aus Tarifpolitik und Arbeitszeitproblematik Einen Wendepunkt in der Tarifpolitik stellte bereits 1984 der sogenannte „Leber- kompromiß“ in der Metallindustrie dar. Er löste das starre Arbeitszeitdenken auf in die Optionen zu individuelleren, familienfreundlicheren Gestaltungsformen der Ar- beitszeit. Kernpunkt war dabei die Entkopplung von Arbeitszeit und Maschinen- laufzeit. Sieht man den „Leberkompromiß“ als „ersten Übergang“ zu einem neuen Arbeits- zeitdenken, so wird die wirtschaftliche Situation auf regionalen, nationalen, euro- päischen und internationalen Märkten für deutsche Unternehmungen in mittelfristi- gen Zeithorizonten einen „zweiten Übergang“ notwendig machen. Der „Leber- kompromiß“ ist damit wegweisend für alle folgenden Arbeitszeitmodelle gewor- den. In diesem Zusammenhang kann auch die aktuelle Diskussion um „Beschäftigungs- modelle“ bei der Volkswagenwerk AG (VW) angeführt werden. VW- 95Staudt: „Eine neue Dimension der Rationalisierung“, in Den Unternehmenserfolg sichern, Hrsg. Blick durch die Wirtschaft, Frankfurt/M. 1983, S. 76 96Staudt: Das Management von Innovationen S. 430. Die Kommission Zukunftsperspektiven gesellschaftlicher Entwicklungen - auf die sich STAUDT bezieht - der baden-württembergischen Landesregierung fordert dann auch „mehr Flexibilität in der Arbeitsgestaltung, insbesondere der Arbeitszeitgestaltung.“ 61 Personalvorstand HARTZ97 verteidigt die 4-Tage-Woche als ein Instrument, das die Entlassung von 30.000 Mitarbeitern verhindere. Das Ziel des „In-Arbeit-Haltens“ sei es, Demoralisierungen ganzer automobilgeprägter Monostrukturen zu verhin- dern. HARTZ bewertet sein Instrument als deutliche Kostensenkung. Dagegen be- wertet JAGODA, Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, das Modell wie folgt: „Die 4-Tage-Woche bei VW stellt keine Arbeitszeitschablone für die deutsche Volks- wirtschaft dar, sondern eine vorübergehende Lösung. Eine Notlösung, ... , für Volkswagen.“98 Die flexible Arbeitszeit ist nicht ein Paradigma enger Tarifverträge, sondern eine Planungs-, eine Managementfrage. Letztendlich wird über den Erfolg oder Mißer- folg die Frage entscheiden, wie man mit seinen Mitarbeitern umgeht, ob diese sich für die gemeinsame Sache begeistern und durch ihre Arbeit und das Entlohnungs- system zufriedengestellt werden können und zwar zufriedener wie in den starren Systemen. Leider beschäftigt sich der Mittelstand noch zu wenig mit dieser The- matik. Dies gilt insbesondere für Betriebe mit überdurchschnittlichem Flexibilisie- rungsdefizit, was sich durch einen Mangel an Know-how begründen läßt.99 Der notwendige juristische Rahmen wird in Kapitel E, mögliche Veränderungsszenarien in Kapitel F.IV. aufgezeigt. Flexible Arbeitszeiten und flexible Entlohnung sind ein wirtschaftspolitisches In- strument. In Krisenregionen wird Wettbewerbsfähigkeit zurückgewonnen, wenn entsprechend der Wirtschaftslage oder der Kostenstruktur flexibel und mit vom Flächentarif entkoppelten Löhnen gearbeitet wird.100 97Hartz: Jeder Arbeitsplatz hat ein Gesicht, Frankfurt/M. 1994, zusammenfassend dargestellt in: Hartz: „Hast Du noch Arbeit?“ in: Die Woche (10.2.1994), Hamburg 1994, S. 12 und n-tv- Wirtschaftsnachrichten (1.1.1997). Hartz stellt dort sein weiterführendes Modell sogenannter „Zeit-Wert-Papiere“ vor, das es dem Arbeitnehmer ermöglicht, geleistete Mehrarbeit für einen Vorruhestand zu nutzen. 98 Reif, A., „Die Situation ist explosiv“, Die Woche (10.2.1994), S. 7, Hamburg 1994, Interview mit Bernhard Jagoda, Präsident der Bundesanstalt für Arbeit. 99 So eine empirische Studie in 13 Betrieben in Thüringen, durchgeführt von Prof. Dr. Linnen- kohl (Univ. Kassel und TU Ilmenau), tw. veröffentlicht im Tagungsband 3. Ilmenauer Wirt- schaftsforum, Arbeitszeitflexibilisierung, Ilmenau 1994, S. 60-67. 100 Vgl. Siebert: „Standpunkte, Die Währungsunion ist kein Beschäftigungsautomat“, F.A.Z. Nr. 20 (24.1.1997), S. 16. 62 LINNENKOHL führt als Gründe für die fehlende Arbeitszeitflexibilisierung im Mittel- stand instrumentelle Gründe ("3"), verbandspolitische Gründe, ("1"), inhaltlich- sachliche Gründe, ("2") sowie psychologische Gründe, ("2") an:101 Die Ziffern in Klammern definieren die Relevanz für das untersuchte hessische Schreinerhandwerk, wobei 1 bedeutet „keine Relevanz/nicht vorhanden“, 2 „durchaus relevant“ und 3 „große Relevanz/entscheidender Faktor“. Als Resultat muß festgehalten werden, daß für den Bereich „instrumentelle Gründe“ (kein Ar- beitszeitmanagement, kein mittelständisch orientiertes Beratungsangebot, fehlende Beratung durch Kammern/Verbände) Ansätze gefunden werden müssen, dem Schreinerhandwerk notwendige Innovationsimpulse bereitzustellen. Die Barrieren erscheinen mittelfristig als überwindbar und damit als Wettbewerbschance. Derzeit allerdings gibt es seitens der handwerklichen Verbände oder der Handwerkskam- mern keine spezialisierte Arbeitszeitberatung. Es erscheint notwendig, daß profes- sionelles Arbeitszeit-Know-how aus der Unternehmensberatungspraxis Zugang findet in die Beratungsangebote für das Handwerk. Eine Allianz aus spezialisierten und institutionalisiertem Know-how ist ein Lösungsansatz. Die Phasen Bedarfs- analyse und Evaluation erweisen sich als dringend notwendig, um ein System handwerklicher Beratung („Hilfe zur Selbsthilfe“) erfolgreich durchführen zu kön- nen. Die Ergebnisse der Studie zeigen in einigen Problembereichen deutliche Überein- stimmungen zwischen den Einstellungen von Arbeitgeberorganisation und Ge- werkschaft, aber es zeigen sich auch deutliche Diskrepanzen. Vor allem in der Grundeinstellung zu mehr Liberalisierung der Arbeitszeit gibt es Überein- stimmungen. RIESTER hält es für notwendig, daß über Innovationen intensiv nach- gedacht werden müßte. Dies gilt insbesondere für eine sozialverträgliche Arbeits- und Zeitorganisation. Neue Formen sollten sowohl veränderten Marktbedingungen 101 Linnenkohl: „Arbeitszeitflexibilisierung und rechtliche Umsetzungsmöglichkeiten für mittel- ständische Unternehmen“, 3. Ilmenauer Wirtschaftsforum, Arbeitszeitflexibilisierung, Tagungs- band, Ilmenau 19.4.1994, S. 3-22. 63 als auch den sich ändernden individuellen Wünschen der Menschen Rechnung tra- gen. 102 Ohne Annäherung der Tarifpartner an ein realistisches Miteinander der beiden Faktoren zugunsten mehr unternehmerischer Wahlmöglichkeiten (Öffnung der Ta- rifverträge) und Optionsmöglichkeiten für Arbeitnehmer ohne Sozialabbau werden allerdings die Chancen vertan. RIESTER meint, daß auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein steigendes Interesse daran haben, die Arbeitszeit beweglich ein- zuteilen, um sie so an unterschiedliche Bedürfnisse während ihrer verschiedenen Lebenslagen anpassen zu können. Das bedeutet, daß in den geltenden Tarifverträ- gen regulierte Möglichkeiten geschaffen werden sollten, die dann zwischen den Betriebsparteien individuell und konkret gestaltet werden können. 103 SCHMOLDT104 spricht sich dafür aus, den eingeschlagenen Weg seiner Gewerk- schaft bzgl. neuer Einstiegstarife und Arbeitszeitkorridore fortzuführen, um die Standortqualitäten zu fördern. Die Grundeinstellung der Arbeitgeber ist deutlich. REITZLE glaubt, daß Flexibilität in Zukunft für alle Parteien ein Schlüsselfaktor sein wird. Tarifliche Vereinbarun- gen sollten und werden sich in Zukunft in zunehmendem Maße darauf beschränken, Mindeststandards zu definieren und Rahmenvereinbarungen zu treffen, die Spiel- raum für betriebliche Lösungen lassen. 105 Zwischen den „regulierten Möglichkei- ten“ und den „Mindeststandards“ bricht eine Barriere auf, die ausgeräumt werden muß. Das placet RIESTERS106 für „regulierte Möglichkeiten“ in Tarifverträgen stellt einen sehr wichtigen Punkt dar. Anderenfalls kann es gerade in den klein- und mittleren 102 Riester: „Die Zukunft der Arbeit - Die neue Rolle der Gewerkschaften“, Arbeit der Zukunft - Zukunft der Arbeit, Hrsg. Herrhausen-Gesellschaft, Frankfurt/M. 1994, S. 186. 103 Ebenda., S. 186. 104So der designierte IG-Chemie Vorsitzende in einem F.A.Z.-Gespräch, o.V.: „Gewerkschaften wollen sich stärker um Standortqualität kümmern“, F.A.Z. (10.7.1995). 105Dr. Wolfgang Reitzle ist Mitglied des Vorstandes der BMW AG, München 106Walter Riester ist stellvertretender Vorsitzender der IG Metall, Frankfurt am Main 64 Betrieben des Schreinerhandwerks zu den von LINNENKOHL107 aufgezeigten „inge- niösen Nichtanwendungen“ von Arbeitsrecht kommen. Dieser Effekt wirkt - ähn- lich einer Tarifflucht - sozial destabilisierend108 bis hin zu Gefährdungen des sozia- len Friedens und damit der Tarifautonomie sowie letztendlich auch wettbewerbs- widrig. Die fixe Regulierung der Möglichkeiten ist den Mindeststandards, von de- nen REITZLE spricht, zumindest in der ersten Phase im Schreinerhandwerk vorzu- ziehen; bei allem Drang zu f/v Arbeitszeitsystemen erscheint gerade für das Hand- werk eine Liberalisierungsoption innerhalb eines fixen Regulativs wünschenswert. Die M+E-Industrie setzt auf hoch qualifizierte Mitarbeiter, um die Wettbe- werbsfähigkeit am Standort Deutschland zu verbessern. In einer Wirtschaftsum- frage109 stufen die Befragten vor allem die 35-Stunden-Woche als beeinträchtigen- den Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit ein, der durch eine verstärkte Flexibili- sierung der Arbeitszeit zumindest teilweise kompensiert werden soll. Ein besonderes Beispiel ist die Tarifpolitik. Gerade weil Unternehmer ihren Spit- zenfunktionären offenbar nicht allzuviel Innovationen zutrauen, setzen immer mehr Unternehmen und Betriebsräte auf die eigene Kreativität.110 Den Königsweg für das Schreinerhandwerk kann es nicht geben. Um einen großen Abdeckungsgrad an Zufriedenheit zu erreichen, ist es insbesondere notwendig, die Barrieren- und Widerstandssysteme111 zu kennen, die eine Realisierung erschwe- ren. 107Linnenkohl: „Lean law - die ingeniöse Nichtanwendung von Arbeitsrecht“, BB 30 (1994), S.2077-2083. 108 Vgl. Dunsch: „Das Unternehmergespräch, Der Metall-Abschluß in Niedersachsen kam zu schnell“, F.A.Z. Nr. 299 (23.12.1996), S. 15. Der Präsident der ITT Automotive Europe, Dr.-Ing. Klaus G. Lederer, sieht in einem stillschweigenden Bruch von Tarifverträgen eine Gefahr der Verwilderung von Sitten, in diesem Fall des Rechtsgrundsatzes „pacta sunt servanda“. 109 ‘Chefumfrage“ des M+E-Verbandes Nordhessen, veröffentlicht in: AGV-Metall Nordhessen (Hrsg.), „Stagnation auf hohem Niveau“, Blitzlicht, Aktuelles zur öffentlichen Diskussion, 7. Jhrg. 12/96, Kassel 1996. 110 Daniels: „Jeder kämpft für sich allein“, Die Zeit Nr. 23 (31.5.1996), Seite 22. 111Vgl. hierzu auch o.V., "Abschied von der Leistung", F.A.Z. (4.7.1995). 65 4. Gefahrpotential Tarifsituation Im Unternehmerlager gibt es Stimmen, die das Ende der deutschen Konsenspolitik bzgl. tariflicher Regelungen im Rahmen von Branchen- bzw. Flächenabschlüssen fordern. Die Befürworter dieser Strategie setzen auf eine starke Unternehmerlobby, die marktwirtschaftliche Prinzipien künftig besser durchsetzen soll. Die Macht des Staates bzw. der Tarifverbände, wird dabei auf eine Art Moderatorenrolle zurück- gedrängt. Das Tarifsystem darf nicht gesprengt werden. Dringend notwendig sind aber Öffnungsklauseln in den geltenden Verträgen. Auf dynamischen Märkten werden die Anpassungsprozesse der Unternehmen durch starre Lohnstrukturen gehemmt. Viele mittelständische Unternehmer haben das bereits erkannt und mit Zustimmung der Belegschaft tarifautonome Vereinbarungen getroffen. GREIFFENBERGER fordert in seinem Plädoyer die Zahlung flexibler Löhne. „Doch wenn wir uns unsere Bewegungsfreiheit nehmen lassen, drohen wir in eine Lei- chenstarre zu fallen.“112 Dies soll allerdings, diese Meinung ist in der gewerblichen Wirtschaft weit verbreitet, möglichst einzelvertraglich oder einzelbetrieblich erfol- gen. Aufgrund der heterogenen Unternehmensstrukturen im Schreinerhandwerk muß bezweifelt werden, daß eine ähnliche Vorgehensweise für das Handwerk empfehlenswert ist. Auf die Gefahren, die das „lean law“ nach LINNENKOHL mit sich bringt, ist hier hinzuweisen.113 Diese Tendenz zeigt sich auch in einer Umfrage der Arbeitsgemeinschaft selb- stständiger Unternehmer (ASU). Von 950 befragten mittelständischen Unter- nehmen waren 56 % Mitglied in einem Arbeitgeberverband. Nur 45 % der Be- fragten halten dabei nach eigenen Angaben die allgemeinverbindlichen Tarifver- träge voll ein. Dies zeigt, daß es in der Praxis bereits jetzt eine Vielzahl von ab- weichenden Regelungen beim Lohntarifvertrag, bei der Arbeitszeit oder bei Son- derzahlungen gibt. Die Studie zeigt weiter, daß es die größten Abweichungen zwi- 112 Greiffenberger: „Wider die Diktatur der Verbände“, Markt und Mittelstand 5 (1996), Seite 36. 113 Linnenkohl: „Lean Law - die „ingeniöse“ Nichtanwendung von Arbeitsrecht, S. 2077-2083. 66 schen Tarifvertrag und Praxis im Bereich der Arbeitszeitregelungen gibt.114 Eine Systematisierung und Legalisierung innerhalb neuer Rahmendaten ist notwendig. 5. Flexible Arbeitszeit - Ökonomische Sichtweisen Betriebswirtschaftlich ist Arbeit Mittel zum Zweck. Die Ziele des Unternehmens werden durch den wirtschaftlichen Nutzen der Arbeit realisiert.115 Die Wirt- schaftlichkeit der Leistungserstellung, die Rentabilität des Kapitaleinsatzes und das Erreichen von Absatzzielen und Marktanteilen stellen die Erfolgskriterien dar. Ob hier Gewinnziele, wie in der klassischen Betriebswirtschaftslehre oder durch das Marketing geprägte Ziele wie optimale Versorgung aus der Sicht des Verbrauchers an erster Stelle stehen, bleibt dabei sekundär.116 In der BWL ist die Arbeit ein Pro- duktionsfaktor. Die VWL dagegen betrachtet die Arbeit eher auf einer abstrakten Ebene als elementaren Produktionsfaktor.117 Für das Unternehmen ist die „effekti- ve Arbeitszeit“ von Bedeutung, die gegenüber der juristischen Definition (Anwe- senheit) abweicht! Die betriebswirtschaftlichen Gestaltungsfelder, die hier elemen- tar in einer von Diskontinuitäten geprägten Unternehmensumwelt dargestellt wer- den können, zeigen die enge Verknüpfung zum Thema dieser Studie: 118 · Schaffung leistungsfördernder Arbeitsbedingungen wie z.B. Arbeitszeiten, Be- triebsklima und Arbeitsplatzgestaltung, · Arbeitsbewertung und Entlohnung, · Organisation und Motivationsförderung und · Marketingforschung und strategische, operative, taktische Realisationen. 114 ASU: „Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband und die Regelung lohn- und tarifpolitischer Fragen“ in: Markt und Mittelstand 5/96, Seite 10. 115 Vgl. Bronner: „Zielbildung“, Neske/Wiener (Hrsg.), Management-Lexikon, Gernsbach 1985, S. 1678. 116 Vgl. zu dieser Thematik die Ausführungen von Dichtl: Der Weg zum Käufer, München 1987, S. 88-90, der die praktisch-normative BWL mit ihrer Zieldefinition kritisiert und sie durch die Sichtweise des Marketing erweitert. 117 Harbusch: Wohlfahrtsstaat, Frankfurt 1975, S. 120. 118 Töpfer/Wieselhuber (Hrsg.): Handbuch Strategisches Marketing, Landsberg 1986, S. 1-13, 49- 66, 391-407. 67 Die Betrachtung der Problematik „f/v Arbeitszeitsysteme“ ist sowohl theoretisch als auch praktisch mit der BWL und Arbeitswissenschaft als übergeordnetes wis- senschaftliches System verknüpft. Einzelaspekte, Lösungen und Analysen, die die Umsetzung in die Praxis forcieren können, werden eher durch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Disziplinen · Ökonomie (Kapitalverwertung), · Politik (Wirtschaftssystem; Tarifautonomie), · Rechtswissenschaften (rechtlicher Rahmen; Fürsorgepflicht des Arbeitgebers) sowie · Soziologie (Wertnormen; Akzeptanzen) konkret. In dieser Arbeit bestimmen vor allem die Bereiche Ökonomie und Rechtswissen- schaften die für das Schreinerhandwerk wichtigen Strukturen. Die Ergebnisse der Umfrage verdeutlichen die hohe Relevanz des Themas für den zukünftigen Erfolg der mittelständischen Wirtschaft, insbesondere des Handwerksunternehmens. Die Interdisziplinarität der Wissenschaften allein kann letztendlich ein System für die Praxis anbieten, da sowohl politische als auch soziologische Komponenten durch- gehend behandelt werden. Der Arbeit liegt somit keine monotheoretische Perspek- tive, sondern die bewußte Verknüpfung des interdisziplinären Ansatzes zugrunde. Die Rechtswissenschaft „betrachtet Arbeit als Gegenstand rechtlicher Regelungen auf zwei Ebenen. Einerseits als Institution innerhalb der Gesellschaft mit Kollektiv- verträgen, Arbeitsverbänden, Arbeitskampfrecht, Betriebsverfassungsgesetz usw., andererseits als Aufeinandertreffen von Individualsphären, die von ihren Machtver- hältnissen her nicht gleichrangig sind.“119 Sozialwissenschaftlich setzt sich DAHRENDORF bereits 1983 mit der Problematik der „Tätigkeitsgesellschaft“ auseinander. DAHRENDORF stellt fest: „Wir müssen künftig weder mehr arbeiten noch nur weniger arbeiten, sondern anders arbei- ten“.120 An anderer Stelle zu möglichen neuen Arbeitsformen, auch Flexibilität der 119 Luczak: Arbeitswissenschaft, S. 354 120 Dahrendorf: Die Chancen der Krise, Stuttgart 1983, S. 88 68 Arbeitszeit, führt er aus: „Tätigkeitsgesellschaft heißt sodann, daß der Versuch vieler Menschen, ihr eigenes Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten, Unterstützung verdient.“121 Die Flexibilisierung der Arbeitszeit ist nach LINNENKOHL eine „Option zu humaner und wirtschaftlicher Gestaltung der Arbeit“.122 Diese Aussage ist von besonderer Tragweite für Unternehmen, Tarifpartner und die Volkswirtschaft in Zeiten eines neuartigen, sich globalisierenden Wettbewerbs und zeigt, daß Arbeitszeitflexibili- sierung eine Chance darstellt, Wettbewerbspositionen entscheidend besser zu be- setzen als die Konkurrenz.123 Aufbauend auf dieser Aussage wird in den folgenden Kapiteln der Zusammenhang zwischen der Arbeitszeitflexibilisierung und dem Formenkreis Management und Marketing sowie der regionalen, nationalen und internationalen Konkurrenzsituation herausgearbeitet, um zu belegen, daß die Arbeitszeitsituation in Deutschland - und dies trifft auf mittelständische Hand- werksunternehmen in besonderer Weise zu- ein Wettbewerbsfaktor ist. Die Be- deutung der Arbeitszeitproblematik für das Handwerk wird unterstrichen durch die Forderung des Zentralverbandes des deutschen Handwerks an die Bundesregie- rung, wodurch die betriebsindividuelle Arbeitszeitgestaltung im Vordergrund ste- hen und eine kollektive Arbeitszeitverkürzung abgelehnt wird.124 Diese Forderung des Handwerks unterstützt die in dieser Arbeit grundlegend auf- gestellte These, daß „Arbeitszeit“ betriebsindividuell betrachtet werden muß und dies in den gesetzlichen bzw. tariflichen Rahmenbedingungen auch möglich sein 121 Ebenda., S. 95-96 122 Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, S. 15. 123 So auch Prof. Dr. Backhaus (Institut für Marketing der Westf. Wilhelmsuniversität Münster und Rektor der privaten Handelshochschule Leipzig) anläßlich eines Unternehmerforums des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie (M+E) Nordhessen in Rotenburg/F. im Februar 1991, der u.a. mit der Arbeitszeitflexibilisierung einen entscheidenden Zusammenhang zur Er- reichung des Komparativen Konkurrenzvorteils (KKV) von Unternehmen verbindet. 124 Die Bedingungen und Möglichkeiten zur Ausgestaltung der Arbeitszeit sind in den einzelnen Unternehmen in Abhängigkeit von den Funktionen am Markt, den Produktionsbedingungen und insbesondere der Unternehmensgröße in unterschiedlicher Form vorgegeben. Soweit einzelbe- triebliche Handlungsmöglichkeiten zur Flexibilisierung der Arbeitszeit bestehen, wie etwa im Bereich der Teilzeitarbeit, sollten sie ausgeschöpft werden. Im vollen Gegensatz zu den Möglich- keiten und Erfordernissen im Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen, das dort vorhandene zusätzliche Beschäftigungspotential zu aktivieren, würde eine kollektive Arbeitszeitverkürzung stehen. Vgl. Zentralverband des deutschen Handwerks (ZdH) (Hrsg.): Handwerkspolitische Wün- sche und Forderungen zum XI. Deutschen Bundestag, Bonn 1986, S. 54. 69 muß. Um dabei strukturelle Unterlegenheiten auszuschließen ist ein Minderheiten- schutz durch die Fixierung von Standards und ggf. die Installierung einer Ethik- kommission vorzusehen. An dieser Stelle soll noch einmal verdeutlicht werden, daß es unkorrekt ist, wenn bei Arbeitszeitmodellen und der Diskussion darüber die sog. Industriearbeitsplätze im Zentrum der Diskussion stehen. Nur für ein knappes Fünftel aller Arbeitsplätze ist dies noch kennzeichnend; diese Quote wird zukünftig noch weiter abnehmen. Die Auseinandersetzung mit dem Phänomen wird zukünftig verstärkt durch mit anderen Arbeitsplatzsituationen stattfinden müssen. Hnadwerk, Mittelstand und Dienstleister (auch Existenzgründer) werden zur „Job-Maschine“. Ein Beispiel für die Nutzung flexibler Arbeitszeitmodelle: In einem untersuchten Betrieb des Schreinerhandwerks (45 Mitarbeiter) konnte man nicht weniger als 9 verschiedene Arbeitszeiten ermitteln: 1. Büro/Verwaltung (Job Sharing + Teilzeitarbeit; eigene Arbeitszeit), 2. Produktion (Wechselschicht mit Flexibilitätspotential; u.a. Zeitkonto), 3. Montage (Zeitkonto), 4. Kundendienstabteilung (Jahresarbeitszeit), 5. Logistik/Entsorgung (Teilzeitarbeit), 6. Arbeitsvorbereitung (Wechselschicht), 7. Außendienst (KAPOVAZ), teilweise Telearbeit, 8. Rechnungswesen (freie Zeiteinteilung bei vorgegebenen wöchentlichen Stun- denrahmen 9. Reinigungspersonal (Teilzeitarbeit). „Arbeitszeitflexibilisierung“ bedeutet eine strenge Analyse von Faktoren, die die Arbeitszeit bestimmen. Die Arbeitszeit wird durch ihre zeitliche Lage, den „chro- nometrischen Faktor“ und ihre Dauer, den „chronologischen Faktor“ bestimmt. Auf dieser Basis definiert LINNENKOHL die „flexible Arbeitszeit“: „Ist mindestens einer dieser beiden Faktoren, also entweder die zeitliche Lage oder die Zeitdauer permanent veränderbar, so liegt eine flexible Arbeitszeit vor, wobei die Verän- 70 derbarkeit einseitig durch Arbeitgeber oder Arbeitnehmer oder durch beide Seiten möglich sein muß.“125 Hierbei ist die „chronometrische Flexibilisierung“ eine Variation der Dauer. Die „chronologische Flexibilisierung“ ist eine solche der Lage der Arbeitszeit. Ex definitione ist es wichtig, daß es sich nicht um starre, sondern um sog. „offene Systeme“ handelt. So stellt bspw. die „kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit“ (KAPOVAZ) ein flexibles System für den Arbeitgeber, die „Gleitzeit“ (GAZ) ein ebensolches für den Arbeitnehmer dar. Man kann insoweit von unternehmens- bzw. arbeitnehmerorientierten Arbeitszeitformen sprechen. Hiervon abzugrenzen sind „halboffene Systeme“, die beschränkt flexibel die permanente Veränderbarkeit per definitione auszuschließen. Durch Nutzung des Flexibilisierungspotentials werden zwar zunächst Veränderungen erreicht, die jedoch weitere Variationen ausschlie- ßen und so wieder zu einem neuen, starren System heranreifen und in dieses über- führt werden. Einen Überblick über Unterscheidungsmuster gibt die folgende Ta- belle von LINNENKOHL126: Abbildung 6: Grundmuster (Arbeitszeitformen) Arbeitszeit Beschränkt flexible Arbeitszeit Flexible Arbeitszeit Lage Dauer Lage +Dauer Selbst- bestimmte Arbeitszeit - Teilzeit (A.) - Überarbeit/ Mehrarbeit (B.) - Schichtarbeit i.V.m. Flexi 2 u. 1) (C.) - Freischicht (Flexi 3) (D.) - Gleitzeit (einfache) (E.) - Flexible Altersgrenze (F.) - Gleitzeit (qualifizier- te) (G.) - KAPOVAZ (H.) - Job Sharing (I.) - „Amorphe“ Arbeitszeit (J.) Bei Trennung von Betriebs- u. Arbeits- stätte - Heimarbeit - Telearbeit - Heimarbeits- platz (K.) Es muß festgehalten werden, daß generell das Flexibilisierungspotential mit zu- nehmender Arbeitszeitverkürzung wächst. Diese Feststellung unterstreicht die 125 Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, S. 18-19 sowie Linnenkohl: Arbeits- zeitgesetz, § 1 Rn. 4-6, S. 58ff.. 71 überdimensionale Relevanz der Thematik. Untersuchungen zeigen, daß mittel- ständische Unternehmen dann erfolgreicher am Markt als die Konkurrenz, auch gegenüber großen Unternehmungen, sind, wenn sie ihren Wettbewerbsfaktor „Fle- xibilität“ nutzen.127 Die Flexibilisierung der Arbeitszeit - die meist von größeren Unternehmen als strategisch definiertes Instrument genutzt wird - hilft den größe- ren Unternehmungen, auf diesem Feld aufzuholen. Daher gehört die kasuistisch abgestimmte Arbeitszeitflexibilisierung auch in die Unternehmenspolitik der mittel- ständischen Unternehmen, um nicht positiv besetzte Felder aufgeben zu müssen. Schließlich gelten „günstige Arbeitsbedingungen“ in einer "Wohlstandsbilanz" als hohe Präferenz 128. Die Notwendigkeit einer Umorientierung gültiger Arbeitszeitmodelle zeigt eine Untersuchung bei erwerbstätigen Männern die „tatsächliche“ und „gewünschte“ Arbeitszeiten pro Woche gegenüberstellt: Abbildung 7: Tatsächliche und gewünschte Arbeitszeit Arbeitszeit in Stunden Männer (%) "tatsächlich" bis 20 4 21-35 2 36 und mehr 95 "gewünscht" bis 20 3 21-35 27 36 und mehr 70 Es zeigt sich, daß es ein Potential in Richtung der Arbeitszeitdauer von „21-35“ Stunden gibt, wobei ein großer Teil weiterhin die Arbeitszeit von „36 und mehr“ präferiert.129 Eine Auflockerung der Arbeitszeitstatik kann nur durch flexible Ar- beitszeitmodelle geschafft werden, da die tatsächliche Arbeitszeit in der Realität 126 Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, S. 19. 127 Erfahrungswert des renommierten Schmidt-Colleges, Bayreuth, Institut für moderne Zeit- und Lebensplanung; vgl. auch: Schmidt/Wollner: Zeitsouveränität, 3. überarb. Auflage, Bayreuth 1988, S. 23. 128 Nieschlag/Dichtl/Hörschgen: Marketing, Berlin 1983, S. 518. 72 über den tariflich geforderten Arbeitszeiten liegt. Möglicherweise korrespondiert die gewünschte Arbeitszeit mit dem Ziel weitestgehender Flexibilität. Versteht man bspw. Teilzeitarbeit als Indikator für die Bereitschaft, „neue“ Ar- beitsformen zu präferieren, steht die Bundesrepublik Deutschland im Bereich der männlichen Beschäftigten (2% Teilzeitarbeiter) bspw. gegenüber den Niederlanden (16%), Dänemark (11%) und Schweden (8%) am Ende dieser Liste. Lediglich in Spanien und Luxemburg (1%) gibt es weniger teilzeitbeschäftigte Männer.130 Einen Überblick über das quantitative Flexibilisierungspotential zeigen die folgen- den Beispiele von LINNENKOHL.131 unter Berücksichtigung der geltenden Formel "Bemessungszeitraum - Arbeitszeit = Flexibilisierungspotential". Abbildung 8: Quantitatives Flexibilisierungspotential (FP) BZ Stunden AZ FP TAZ WAZ JAZ 8 48 2.4.96 6 36 1.872 2 12 624 AZ = Arbeitszeit Formel: BZ - AZ = FP BZ = Bemessungszeitraum JAZ = Jahresarbeitszeit TAZ = Tagesarbeitszeit WAZ = Wochenarbeitszeit Bei genauerer Analyse muß beachtet werden, daß nicht automatisch alle vom tra- ditionellen Arbeitszeitbegriff abweichenden Arbeitsformen automatisch „flexible Modelle“ sind. So ist die Teilzeitarbeit zwar eine von der starren Form ab- weichende, jedoch noch keine flexible Arbeitszeit; sie signalisiert eine Alternative zur starren Vollzeit. 129 Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA), Sozialökonomisches Panel, Mann- heim 1993. 130 Eurostat: Atlas der Teilzeitarbeit, 1994 73 Die Flexibilisierung der Arbeitszeit kann sich auf die: - Lebensarbeitszeit - Jahresarbeitszeit - Monats- / Wochenarbeitszeit - Tagesarbeitszeit erstrecken.132: In Kombination mit den zuvor genannten Strukturelementen der Arbeitszeit, dem „chronometrischen“ und dem „chronologischen“ Faktor, können folgende Stan- dardmodelle unterschieden werden: · Gleitende Arbeitszeit (chronologisch auf der Basis der Tagesarbeitszeit), · Schichtmodelle (chronologisch auf der Basis der Wochenarbeitszeit), · Teilzeitarbeit/Job-Sharing (chronometrisch auf der Basis der Wochenarbeits- zeit), · Jahresarbeitszeitvereinbarungen (chronologisch auf der Basis der Jahresarbeits- zeit, chronometrisch auf der Basis von Arbeitszeiträumen unterhalb der JAZ), · Sabbaticals133 oder gleitender Ruhestand (chronometrisch/chronologisch auf der Basis der Lebensarbeitszeit). Durch die Zugrundelegung der oben aufgeführten Standard-Arbeitszeitmodelle ermittelte LINNENKOHL in seiner empirischen Untersuchungen 140 voneinander differierende angewandte Arbeitszeitmodelle.134 131 Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, S. 20. 132 Klimecki/Probst/Gmür: „Flexibilisierungsmanagement“, Die Orientierung, Bd. 102, Bern 1993, S. 62. 133 Sabbatical ist ein eingeführter Fachbegriff (auch ‘sabbatical leave’), der einen Zeitraum für Arbeitspausen oder auch ein frühzeitiges Ausscheiden aufgrund angesammelter Zeitpolster be- deutet. 134 Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, a.a.O. 74 IV. Arbeitszeitflexibilisierung und Anwendung adäquater Führungsmodelle Das Verhalten der Führungskräfte hat einen eindeutigen Einfluß auf die Um- setzungschancen von flexiblen Arbeitszeitmodellen in die Praxis. Angelehnt an die Erkenntnisse der Ohio-Schule gelten im Rahmen der Erkenntnisse dieser hier vor- liegenden Dissertation die Elemente einer INITIATING STRUCTURE, also Auto- nomie, Dominanz, Lenkung, Aktivität und CONSIDERATION, d.h. Wertschät- zung, Wärme, Liebe, Zuneigung als besonders geeignet, flexible Arbeitszeitmodelle unter Hinzuziehung der modernen Managementlehre positiv einzuführen.135 Die Paarung der „praktischen Besorgtheit“ für den Mitarbeiter im Feld der CONSIDERATION mit der „Aufgaben- und Leistungsorientierung“ im Feld der INITIATING STRUCTURE machen ebenfalls deutlich, wie sensibel in der Einfüh- rungsphase vorgegangen werden muß. Gerade im Handwerk ist die Führungsdi- mension CONSIDERATION nicht ausgeprägt. Neben den oben aufgeführten Determinaten ist auch der Altersfaktor von entschei- dender Bedeutung. Ältere Mitarbeiter legen für ihre Entscheidungen andere Werte zugrunde als jüngere. Für die erstgenannte Gruppe stehen an erster Stelle traditio- nelle Symbole und Autorität. Dagegen präferieren jüngere Mitarbeiter eine eher demokratische Legitimation von Autorität.136 Für den Erfolg der Einführung ist allein das Management verantwortlich. Nicht unbeachtet bleibt jedoch die Einstellung bzw. die kontroverse Diskussion zur The- matik an sich. Führt - in dem engeren Bereich dieser Arbeit - das Handwerks- management die flexible Arbeitszeit in den Betriebsablauf ein, kommt es unwillkür- lich zur Diskussion, die latent-versteckt oder offen geführt wird. Während die eine Seite (zumeist Arbeitnehmer) unter flexibler Arbeitszeit eine sozialpolitische Inno- vation versteht, weil aus ihrer Sicht Arbeitszeiten unterhalb der tariflich fixierten Normalarbeitszeit festgeschrieben werden können, versucht die andere Seite (zu- meist Arbeitgeber) die starren Modelle aufzulösen, die betrieblich notwendigen 135 Rosenstiel/v. Regnet/Domsch, Führung von Mitarbeitern, Schriften für Führungskräfte, Bd. 20, Stuttgart 1991, Seite 11. 136 Eurobarometer, Data and Social Values, Brüssel, 1998. 75 Arbeitsrhythmen dem Markt anzupassen und spricht möglicherweise von einer Zu- nahme der unternehmerischen Wettbewerbskraft. Diesen Zugewinn unter dem Stichwort lean production / lean management zu diskutieren, soll hier ausgeklam- mert bleiben. Gerade im Schreinerhandwerk sollte diese theoretisch dargestellte Diskussion nicht vernachlässigt werden. Es konnte festgestellt werden, daß in der Vergangenheit die Anpassung der betriebsindividuellen Arbeitszeit zumeist zu einer Arbeits- zeitverdichtung in Form von Überstunden in Phasen überdurchschnittlicher Auf- tragsabwicklung geführt hat.137 Genau diese Diskrepanz entspricht nicht dem An- spruch weiter Arbeitnehmerkreise: Die Unzufriedenheit steigt, die positive Erwar- tungshaltung gegenüber flexiblen Arbeitszeitmodellen muß zwangsläufig sinken. Eine Regelung, die der Flexibilität ausdrücklich Priorität einräumt, kann der einzige Ausweg sein. Das Abwägen der Arbeitnehmerinteressen und Arbeitgeberforderun- gen kann nur über einen Interessenausgleich erfolgen, der für beide Seiten Vorteile bringen kann. 1. Gesellschaftlicher Wertewandel und Wechselwirkungen auf die Ar- beitswelt In allen westlichen Industriegesellschaften hat es eine stille Revolution („silent re- volution“) gegeben.138 Die Einstellung der Menschen zur Arbeitswelt hat sich im Zeitverlauf verändert. Die „silent revolution“ kann definiert werden als „Wandel von der Überbetonung des materiellen Sicherheitsdenkens in Richtung einer Hö- herbewertung immaterieller Aspekte des Lebens.“139 Die nach dem 2. Weltkrieg geborene Generation ist in einer Zeit noch nie dagewesenen Wohlstands aufge- wachsen und hat im Gegensatz zu ihren Eltern und Großeltern kaum Hunger und materielle Not erfahren. Man spricht marketingtheoretisch von der Zielgruppe „Er- bengeneration“. 137 Siehe Kapitel Empirische Befunde. 138 Inglehart in: Rosenstiel/v. Regnet/Domsch: Führung von Mitarbeitern, S. 557, 559. 139 Opaschowski: „Von der Pflichterfüllung zur Lebenserfüllung“, S. 3, sowie Rempe: Neue Wege der Selbstmotivation, 3. Aufl., Stuttgart 1996, S. 28. 76 Es ist davon auszugehen, daß bei geringem Qualifikationsniveau und der dadurch bedingten niedrigen Position im Betrieb der Drang nach materiellen Werten ausge- prägter ist. So tendenziell OPASCHOWSKI, der bei 64% der befragten Arbeiter „hö- heren Lohn als größten Anreiz festgestellt hat“. Diese Erkenntnis deckt sich nicht mit den Ergebnissen der sog. „Eurobarometer“-Umfragen, die für Deutschland (West) und Dänemark ein höheres Interesse nach Arbeitszeitverkürzungen statt höherem Einkommen festhalten. Flexibilität wird zu einem flankierenden Erfolgsfaktor.140 Bei stärker werdender Konkurrenz zur Industrie wird es unerläßlich sein, die dort praktizierten fort- schrittlichen Maßnahmen und Inhalte der Mitarbeiterführung und Arbeitszeitorga- nisation in das Handwerk zu übernehmen. Im Handwerk wird man in Zukunft überlegen müssen, ob und wie man auf veränderte Arbeitszeitregelungen in ande- ren Wirtschaftsbereichen reagieren will, wobei sich durch neue Formen der Wo- chen- und Jahresarbeitszeit auch neue Chancen bieten würden. 141 Die Auflösung starrer Arbeitszeitstrukturen kann es schaffen, die Arbeit interes- santer, attraktiver und sinnvoller zu gestalten. Wenn dies nicht nur kostensteigernd, sondern vor allem kostenminimierend - durch höhere Motivation - auswirkt, kann Arbeitszeitflexibilisierung zur Stabilität der Unternehmen entscheidend beitragen.142 Die oben zitierte B.A.T.-Studie geht noch einen Schritt weiter. Sie projiziert das Bild eines „Arbeitsmenschen 2000“ als Soll-Größe: „Selbständigkeit heißt die wichtigste Arbeitstugend im Jahr 2000. ... Der neue Selbständige schafft sich sein Arbeitsfeld weitgehend selbst und gestaltet es nach eigenen Vorstellungen.“143 140 Meffert: Strategische Unternehmensführung, Wiesbaden 1989, S. 402. 141 Gewerbeförderungsausschuß der HWK (Hrsg.), Gewerbeförderungskonzept für die 90er Jahre, Kassel 1988, S. 79. Mittlerweile ist der Gewerbeförderungsausschuß der HWK in neuer perso- neller Zusammensetzung tätig, um die Erkenntnisse des Konzeptes von 1988 zu überprüfen und fortzuschreiben. Ergebnisse bzw. Publikationen lagen mit Abschluß dieser Arbeit noch nicht vor. 142 Vgl. Hromodka: „Weniger Arbeit - mehr Arbeitstage, Der Wertewandel der Gesellschaft stellt das Arbeitsrecht vor neue Anforderungen“ in: BddW, Zeit-Management (14), Nr. 159 (20.8.1991), S. 7. 143 Vgl. auch: Menzler/Späth: Sind die Deutschen noch zu retten?, Von der Krise in den Auf- bruch, München 1993, S. 71-72. 77 Ein Arbeitssystem der „Zeitarbeit“ gewinnt an Bedeutung. Es läßt sich eine Be- wußtseinsveränderung feststellen. Herrschte während der 50er bis zu den 80er Jah- ren in den alten Bundesländern eine Phase der „Geldkultur“, so werden die späten 90er Jahre zu einer Phase der „Zeitkultur“. OPASCHOWSKI stellt fest, daß der Ar- beitnehmer von morgen mit Zeitoptionen leben will - „mit der Flexibilisierung der Arbeitszeiten ebenso wie mit der Flexibilisierung der Öffnungszeiten von Läden, Behörden und Praxen, von Freizeit-, Kultur- und Bildungseinrichtungen“.144 Als ein „strategic window“145 kann das branchenübergreifende Untersuchungs- ergebnis gelten, daß 21% der Arbeitnehmer flexiblere Arbeitszeiten wünschen. Eine Verkürzung wird auch mit einer Einkommenseinbuße akzeptiert.146 Trotzdem bleibt für die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten (Arbeiter und Angestellte) nach wie vor ein höherer Lohn der größte Anreiz zu besonderen Leistungen. Für das Schreinerhandwerk darf die sog. Facharbeiterlücke nicht unterschätzt wer- den; ob neue Arbeitszeitsysteme allein die Attraktivität des Lehrberufes steigern können, darf bezweifelt werden. Das Schreinerhandwerk befindet sich auf dem Arbeitsmarkt in direkter Konkurrenz zu Handwerk, Handel und Industrie. Es wird sich durch intelligentes Personalmarketing in Form von zeitadäquaten Arbeitsplatz- konstellationen am zukünftigen Arbeitsmarkt behaupten müssen. Die Wirtschaftsjunioren Deutschland (WJD) sind der Auffassung, daß sich mit den 1,9 Milliarden Überstunden, die statistisch in Deutschland 1996 angesammelt ha- ben, rund 1,2 Millionen Arbeitsplätze schaffen lassen, die derzeit noch durch starre Vetragsverhältnisse verloren gehen.147 Diese Meinung ist zwar bezüglich der Auf- rechenbarkeit des Arbeitsplatzeffektes umstritten, trifft jedoch zumindest tendenzi- ell die beschäftigungspolitisch positiven Effekte der flexiblen/variablen Arbeitszeit. 144 Vgl. Opaschowski: Von der Pflichterfüllung zur Lebenserfüllung, 1991, S.15. 145 Ein „strategic window“ (Strategisches Fenster) eröffnet dem Unternehmen für die Erstellung des Marketing-Plans neue Sichtweisen, die dazu führen, Strategiealternativen aufzubauen, anstatt der Neigung zur Tunnelsicht zu folgen. Vgl. Kotler: Marketing-Management, 4. völlig überarb. Aufl., Stuttgart 1982, S. 260. 146Opaschowski: Von der Pflichterfüllung zur Lebenserfüllung, 1991, S.15. 78 Vorliegende Untersuchungen zur Arbeitspsychologie zeigen, daß die eigentlichen Motivatoren für Arbeitsleistungen und Arbeitszufriedenheit immer weniger durch Status oder Aufstiegsmöglichkeiten bestimmt werden. 148 "Infolgedessen wird eine qualifizierte Tarifpolitik eine immer größere Bedeutung bekommen, bei der es - neben Geld - auch um Zeit, Spaß, Sinn und Status geht.“149 Der Satuierungsgrad der Beschäftigten in Deutschland, also die psychologische Grundeinstellung zum Wert der Arbeit hat wegen der veränderten ökonomischen Daten einen Tiefpunkt erreicht, der kurzfristig in einen neuen Leistungswillen um- gewandelt werden muß. Ein Kernpunkt: Leistung „lohnt“ sich nicht mehr. OPASCHOWSKI stellte fest, daß Arbeitnehmer immer höhere Ansprüche an ihre Tä- tigkeit stellen. Der Wunsch, nach einem sinnvollen persönlich befriedigerenden Arbeitsleben ist Ausdruck des wachsenden Bedürfnisses nach Selbstverwirkli- chung. „Je mehr Lust, desto mehr Leistung.“ Diese Erkenntnisse von OPASCHOWSKI zeigen, daß prinzipiell ein anderes Führungskonzept in der Wirt- schaft gefragt ist. Trotz deutlicher Verkürzung der Arbeitszeit in den letzten 20 Jahren ist das subjektive Gefühl, über zuwenig freie Zeit zu verfügen, gewachsen. 53 % der Berufstätigen klagen nach Feststellung des Trendforschers über zu wenig Freizeit. Dies zeigt, daß in den Unternehmungen das Flexibilisierungsmanagement zukünftig hohen Ansprüchen gerecht werden muß. Die persönliche Erfüllung so- wohl im Privatleben als auch am Arbeitsplatz wird in Zukunft eine Schlüsselpositi- on für die Leistungsfähigkeit des „Produktionsfaktors“ Mensch in den Betrieben einnehmen. Bei allem Drang in Richtung privater Selbstverwirklichung haben die Arbeitnehmer die Sensibilität für die Belange des Marktes nicht verloren. Auf die Frage, mit wel- chen Maßnahmen deutsche Arbeitsplätze am besten zu sichern wären, wird von den befragten Arbeitnehmern eine bessere Maschinenauslastung durch flexible Ar- 147Bergdolt: „Flexibel auf die Anforderungen des Marktes reagieren, Neue Arbeitszeitmodelle“, Deutsche Handwerkszeitung (DHZ) Nr. 22 (22.11.1996), Seite 16. 148 Hegner/Bittelmeyer et al., Betriebliche Zeitgestaltung für die Zukunft, Köln 1992, S. 6. 149 In dieser Feststellung sei wegen der herausragenden Aussagekraft auf den Epilog verwiesen. 79 beitszeiten zu 45 % empfohlen.150 Diese Umfrage hat auch gezeigt, daß für die Erhaltung ihres Arbeitsplatzes die Deutschen auch zu „persönlichen Opfern“ bereit sind. Der Übergang bspw. zur 7-Tage-Woche bei wechselnden Schichten darf auf öffentliche Sympathie hoffen. Die Gegner einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten, auch bspw. unter Einbeziehung des Samstages in die Produktion oder handwerkli- che Montage, können sich damit immer weniger auf die sogenannte „Kulturtheo- rie“151 zurückziehen. Diese Theorie besagt, daß Samstage sowohl als Errungen- schaft vergangener Tarifauseinandersetzungen, die allerdings schon Jahrzehnte zurückliegen, als auch als Vorboten für weitere Öffnungen in Richtung beispiels- weise des Sonntages, unantastbar bleiben müssen. Dagegen läßt weder der Freiheitsgewinn durch einen individuellen Arbeitsrhythmus zwingend demonstrieren, noch läßt sich Arbeitsplatzgewinn durch Verzicht auf die Zulagen am Samstag beweisen. Die Gewerkschaften, wie die Erfahrung lehrt, nei- gen dazu, im Zweifel auf die Einhaltung bereits vereinbarter kollektiver Regeln zu bestehen.152 Die Darstellung von HANK zeigt die Gegensätze zwischen dem Ge- winn von individueller Freiheit auf der einen Seite und der Loslösung von starren Zeitsystemen auf der anderen Seite. Gerade für die Lebensumstände der betroffe- nen Mitarbeiter beinhaltet dieser Gegensatz ein Umdenken, welches aufgrund aner- zogener und durchlebter Strukturen nicht in jedem Fall einfach ist. Die Atmosphäre in einem handwerklichen Unternehmen, die von teilweise recht starker persönlicher Nähe zueinander geprägt ist, muß gerade beim Thema der Arbeitszeiten von Achtung, Glaubwürdigkeit und Vertrauen geprägt sein. In den größeren Unternehmen, auch im Handwerk, spielt bei den Festlegungen der Ar- beitszeiten immer auch das Thema betrieblicher Konsenspolitik eine wichtige Rolle. Die Abstimmung der Unternehmensziele mit dem Management der Arbeitszeiten und den Formen der Mitbestimmung gehört zu den herausragenden Aufgaben des 150 Laut des Emnid-Instituts. Auftraggeber war der Bundesarbeitgeber-Verband Chemie, Wiesba- den, 1995. Befragt wurden 3100 Mitarbeiter. 151 Kulturtheorie bedeutet den hohen Rang, den Gewerkschaften bestimmten sozialen Errungen- schaften einräumen. Dieses Kulturgut kann kaum aufgegeben werden. 152Hank: „Kampf um den Samstag“, F.A.Z. (21.08.1995), S. 1. 80 Arbeitszeitmanagements. PRIESZ stellt fest, daß das Beschreiten neuer Wege im Betrieb von Umsicht, Kreativität, Ehrlichkeit, Phantasie und hohem Verant- wortungsbewußtsein begleitet werden muß. Will man schnell und sicher voran- kommen, müssen Kolleginnen und Kollegen miteingebunden werden. Ihre Bereit- schaft, selbständig und eigenverantwortlich zu handeln ist unerläßlich. Reine Orga- nisations- und Strukturänderungen bewirken nichts, wenn jene Menschen, die da- von betroffen sind, im Abseits stehen. 153 MURMANN ist der Meinung, daß es sinnvoll wäre, Vereinbarungen über Arbeits- zeitkorridore zutreffen, die genügend Spielraum für betriebsindividuelle Lösungen ermöglichen.154 Arbeitszeitkorridore dürften demnach eine Lösungsmöglichkeit für den handwerklichen Mittelstand sein, um betriebsindividuelle Konzepte erarbeiten zu können. Dies hat gemeinsam mit den „begünstigten“ bzw. „betroffenen“ Mitar- beitern zu erfolgen, da ein Konfrontationsmodell weder tarifvertraglich noch unter- nehmensindividuell positiv für die ökonomische Zielsetzung ist.155 153Priesz: „Die Arbeit des Betriebsrats- Eine Gratwanderung?“, Arbeit und Arbeitsrecht 5 (1995), S.153. 154Murmann: „Eine Wende in der Tarifpolitik“, Arbeitgeber 1/46 (1994). 155 Volkswirtschaftlich ist festzuhalten, daß in Ländern, in denen ein hohes Maß an Lohnflexibi- lität und Differenzierung gegeben ist, das Problem der strukturellen Arbeitslosigkeit anscheinend weit weniger gravierend ist, als bei uns in Europa, wie das Modell in den Vereinigten Staaten von Amerika zeigt, wo über den Dienstleistungssektor Arbeitsplätze geschaffen worden sind (vgl. Lambrecht: „Europa auf Jobsuche“ in: Die Woche Nr. 26 (20.6.1997), Hamburg 1997, S. 11. Der Autor stellt in Frage, ob mit europäischen Konzepten überhaupt neue Arbeitsplätze zu schaffen sind). Bei dieser Beachtung wird allerdings die Sozialkomponente in den Hintergrund gerückt. Dies muß bei der Bewertung beachtet werden. Im Zeitraum 1974-1994 stieg die Beschäftigung in den USA um 54 %, während wir in Westdeutschland im gleichen Zeitraum nur eine Steigerung um 7,5 % verzeichnen konnten(Rexrodt: „Verantwortung für die Zukunft-Flexibilisierung der Arbeitswelt und Umbau der Sozial-Systeme für mehr Beschäftigung am Standort Deutschland“, Vortrag auf dem Symposium Flexibilisierung der Arbeitszeiten, Göttingen, 31.08.1995.) Ele- mentar bedeutsam ist, daß flexible/variable Arbeitszeitsysteme (f/vA) keine sozialen Kosten ver- ursachen dürfen (Wie ausgeführt ist das Zusammenwirken der Tarifpartner von besonderer Be- deutung.) Vielmehr dürften sie einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit dienen, was wiederum einer Bekämpfung der Arbeitslosenquote zugute können. 81 2. Chancen für eine neue Arbeitskultur im Schreinerhandwerk Die Arbeitskultur von Morgen ist für das Schreinerhandwerk ein Wettbewerbs- faktor. Innerhalb des Branchenwettbewerbes um qualifizierte Arbeitskräfte ist dies ein unumstrittener komparativer Konkurrenzvorteil (KKV).156 Die Schlüsselfrage des Schreinergesellen von morgen bei Einstellungsgesprächen wird nicht mehr allein lauten: „Was kann ich verdienen?“, sondern gleichzeitig „Wie sieht meine Arbeit („Job“) aus?“157 Für das Schreinerhandwerk stellen sich vor allem für die dort Beschäftigten die Fragen nach den Entfaltungsmöglichkeiten und den Gestaltungs- und Handlungs- spielräume im Unternehmen. Darin inbegriffen ist auch die Frage, inwieweit das Unternehmen Freiräume für die Ausübung einer selbständigen und eigenverant- wortlichen Tätigkeit, bis hin zur freien und flexiblen Regelung der Arbeits-, Frei- und Urlaubszeiten gewährt. 3. Informationsmanagement/Offene Kommunikationsstrategie Das im folgenden beschriebene System eines Informationsmanagements/Offene Kommunikationsstrategie ist eine zentrale Funktion, um Arbeitszeitmanagement zu praktizieren. Es ist die Basis (Kernforderung) für die Implementation von flexibler Arbeitszeit im Schreinerei-Unternehmen und wird zur zentralen Erkenntnis dieser Arbeit. HENTZE158 sieht drei Widerstandsebenen, die bei der betrieblichen Umsetzung aus- geschaltet werden müssen. Im Zusammenspiel dieser wirkenden Kräfte liegt die 156 Backhaus: „Erfolgreich am Markt“, Vortragsveranstaltung des „Unternehmerforums“ des AGV Metall Nordhessen, veröffentlicht in: AGV (Hrsg.), Jahresbericht 1991, Kassel 1992, S. 11 und eigene Mitschrift des Vortrags. Prof. Dr. Klaus Backhaus, Universität Münster, beschäftigt sich primär mit dem Marketing von Investitionsgütern. 157 Opaschowski: Von der Pflichterfüllung zur Lebenserfüllung, S. 26. Der Begriff „Job“ galt als ein Synonym für schlichtes „money making“. Mittlerweile drückt der Begriff einen Um- denkungsprozeß hin zur Flexibilität aus, vor allem bei Dienstleistungsangeboten. 158 Hentze: „Akzeptanzprobleme bei der Implementierung von Planungssystemen“, Das Wirt- schaftsstudium 128 (1987), S. 24. 82 positive Überwindung, wie ERGENZINGER159 zeigt. Als erfolgversprechende Kern- strategie für die Implementierung f/v Arbeitszeitsysteme zeigt sich das systemati- sches Informationsmanagement160. GAUGLER161 empfiehlt eine offene Informati- onspolitik gegenüber den Mitarbeitern. Nur Partizipation im Sinne aktiver Beteili- gung wird es ermöglichen, Konsens und Akzeptanz zu erreichen.162 Den Effekt des Informationsmanagements zeigt folgendes Schaubild. Abbildung 9: Flexible Arbeitszeiten und Informationsmanagement/offene Kommu- nikationsstrategie163 Gespräche, Beteiligung an Entscheidungen, Mitteilung etc. INFORMATION KENNTNISSE MEINUNG VERTRAUEN ÜBEREINSTIMMUNG schafft Motivation für Mitarbeiter erreicht Bereitschaft Flexible Arbeitszeitsysteme für das Schreinerhandwerk ...vermittelt ...bilden ...schafft ...erzielt 159 Ergenzinger: Arbeitszeitflexibilisierung - Konsequenzen für das Management, Bern 1993, S. 271. 160 Zur Rolle des informierten und qualifizierten Mitarbeiters als sog. Strategische Ressource: Staudt: Personalentwicklung für die neue Fabrik, Opladen 1993, S. 199 - 226. 161 Gaugler: „Widerstände gegen Innovationen“, Personal 38 (1986), S. 221. 162 Dieser Meinung schließt sich auch CAPRANO an. Der Vorsitzende des Beirats Nordhessen der Vereinigung der Hessischen Unternehmerverbände (VhU) fordert von den Tarifpartnern ein Miteinander anstatt eines Gegeneinander. Fronten müssen abgebaut und Vertrauen durch bessere Kommunikation aufgebaut werden, um hohe soziale Kosten und inflexible Regelungen in Tarif- verträgen abbauen zu können. Vgl. AGV Metall Nordhessen (Hrsg.): „Wettbewerbsfähigkeit schafft Arbeitsplätze“, Blitzlicht, Aktuelles zur öffentlichen Diskussion, 7. Jhrg. 12/96, Kassel 1996. 83 Die Durchsetzung neuer Arbeitszeitstrukturen wird das Schreinerhandwerk nur über ein solches offenes Informationsmanagement164 erreichen können. In diesem Feld liegt allerdings eine „endogene Widerstandsbarriere“ bei den Arbeitgebern der untersuchten Betriebsstrukturen, die nicht zu unterschätzen ist.165 Dieser auch als „Mittelstandsyndrom“ bekannte Effekt wirkt entwicklungshemmend166 bzgl. neuer Organisationsstrukturen, die das Arbeitszeitmanagement benötigt.167 Ein Grund ist sicherlich die technisch orientierte Ausbildung gerade im Handwerksbereich, die in der Qualifikation zum „Meister“, dem Befähigungsnachweis zur Führung eines Betriebes, das Personalmanagement168 eher vernachlässigt.169 4. Implementierung über Partizipation Die Festlegung des Implementierungsstiles ist von entscheidener Bedeutung für den Erfolg der Einführung von f/v Arbeitszeitsystemen. Wie im vorangegangenen 163 Eigene Darstellung. 164Interessante Ansätze für die Erneuerung im Unternehmen liefert bspw. Mutius: Die Kunst der Erneuerung, Frankfurt/M. 1995. Hier steht der Arbeitnehmer als humanes Kapital im Vorder- grund, welches es zu entwickeln gilt, um zu Eigenverantwortung und Selbststeuerung zu gelan- gen. Einen eher organisationstheoretischen Ansatz liefern dagegen Nippa/Picot (Hrsg.): Prozeß- management und Reengineering, Frankfurt/M. 1995. 165 Nachweislich positive Erfahrungen mit offenen Arbeitszeitsystemen hat die Daimler-Benz AG gemacht. Vgl. Heller: „Da hat eine Revolution stattgefunden, Die Daimler-Beschäftigten und ihr Selbstverständnis heute“, F.A.Z. Nr. 274 (23.11.1995), S. 15. 166 Es sei darauf hingewiesen, daß Konzepte wie das TQM (Total Quality Management) oder Qualitätssicherungssysteme wie die ISO-EN-Reihen 9001ff. zukünftig verstärkt vom Markt bei leistungsfähigen Handwerks- und Schreinerei-Unternehmen nachgefragt werden; deren Um- setzung ist ebenfalls ohne offene Informationssysteme kaum möglich. Außerdem sind Kongruen- zen zur parallelen Umgestaltung der Arbeitszeitsysteme notwendig. 167 Vgl. Hinterhuber: „Vom Machen zum Dienen“, IBM-Nachrichten 41 (1991), Heft 306, Stutt- gart 1991, S. 11. HINTERHUBER spricht von einem Paradigma des Dienens, welches notwendig sein wird, um am Markt bestehen zu können. Hierfür ist die offene Kommunikation ein beson- deres Kennzeichen. Ähnliche Ansätze werden durch die Terminologie „atmende Fabrik“ (Wilde- mann, Universität München) oder „lernende Organisation“ (Serge: Die fünfte Disziplin, Kunst und Praxis der lernenden Organisation, Stuttgart 1996) ausgedrückt. Der REFA-Verband spricht von der „vitalen Fabrik“. 168 „Bei einigen Unternehmern muß vielleicht die Einsicht wachsen, daß Personalentwicklungs- maßnahmen nicht nur Kosten verursachen, sondern Investitionen für Produkt- und Unter- nehmensentwicklung bedeuten. Die kooperativen Qualitäten der Mitarbeiter sind für das Unter- nehmen so wichtig wie Maschine.“........... „Zeit und Geld sind in mittelständischen Betrieben ein Engpaßfaktor. Allerdings wird der Nutzen eingesparter Zeit und investierter Personalentwicklung zu wenig gesehen. Modernes Personalmanagement setzt den Inhaber und die Führungskraft für strategische Aufgaben frei.“ Kießler, O.: Experten unter sich, Interview in Wirtschaft Nordhessen 5/98, Seite 20, . 84 Kapitel bereits erläutert, ist das Informationsmanagement als offenes Kommunkati- onsmodell zentraler Ausgangspunkt der Führungsstildiskussion. An dieser Stelle ist zu ergänzen, daß der sogenannte partizipative Implementie- rungsstil, „der bei der Entscheidung die Ideen, Sachkenntnisse und Erfahrungen der Betroffenen weitgehend einzubeziehen versucht“, den Implementierungsprozeß optimal begleiten kann.170 Der Führungsstil steht in engem Zusammenhang mit den individuellen Fähigkeiten des Handwerksunternehmers. Qualifikation und Persönlichkeit tragen daher erheb- lich zum Gelingen des Implementierungsprozesses bei. Ein besonderer Wert wird auf die Interaktionsfähigkeit und organisatorische Fähigkeiten zu legen sein. 5. Total Quality Management (TQM) als Implementierungsprinzip Bei TQM handelt es sich um eine Unternehmensführungphilosophie, die, ausge- hend von den Kundenbedürfnissen, ein von allen Mitarbeitern akzeptiertes und umgesetztes Qualitätsdenken ermöglicht. Somit eignet sich dieses Konzept auch für die Einführung der f/v Arbeitszeit im Handwerksunternehmen. Qualität wird als unternehmensweite Aufgabe verstanden; dazu gehört auch die Qualität der Prozes- se und die Qualität der Aussenbeziehungen. Genau diese Qualität soll f/v Arbeits- zeit verbessern helfen. Der Weg dorthin wird als Change Management umschrie- ben. Beim TQM gehört eine explizite Berücksichtigung des Verhaltens und der Pro- blemlösungsfähigkeiten der Mitarbeiter zu den Grundprinzipien. Dem einzelnen Mitarbeiter wird möglichst viel Verantwortung übertragen, während der Vorge- setzte eher unterstützende und moderierende Funktionen übernimmt. 169 Vgl. Walter: „Marketing für das Schreinerhandwerk“ in: Bündnisse für Arbeit, AGP- Tagungsband, Kassel, 1997. Der Autor fordert vor dem dargestellten Problemkreis dieser Dis- sertation eine Novellierung und Öffnung der Handwerksordnung. 170 Meffert, H.: Marketing, 8.Auflage, Wiesbaden 1998, Seite 1028 85 Genau diese Prinzipien entsprechen den in Punkt 3 und 4 genannten kommunikati- ven und partizipativen Führungsmodellen.171 6. „Organizational Health“ als Folge der Arbeitszeitflexibilisierung Veränderte Werte und Determinanten („diskontinuierlicher Wandel“) fordern eine innovative Umgestaltung der Unternehmensorganisation. So wird für den Schreine- reiunternehmer mittel- oder langfristig ein „Relaunch“172 der Organisationstruktur notwendig werden. Planung und Entwicklung der Organisation sind eng mit der Fragestellung des Arbeitszeitmanagements verzahnt. THOM stellt fest, daß die Entwicklung einer Organisation das Ziel individueller Änderungen hat, die von einem Wandel in der Unternehmenskultur begleitet wird. „Der Prozeß beruht auf dem Lernen aller Betroffenen durch direkte Mitwirkung und praktische Erfahrung. Sein Ziel besteht in der gleichzeitigen Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Organisation (Effektivität) und der Qualität des Arbeitsle- bens (Humanität).“173 Die Organisationsentwicklung hat eine doppelte Zielsetzung, die in der Literatur häufig in einem Oberziel zusammengefaßt werden, nämlich der sog. Organisationsgesundheit (Organizational Health). Die Bedeutung der „Orga- nizational Health“174 hat zwei wesentliche Ziele: a) Ziele der erhöhten Leistungsfähigkeit (Flexibilität, Veränderungs- und Innovationsfähigkeit, Kooperationsbereitschaft) einer Unternehmung und b) Ziele der Humanisierung (Demokratisierung, Persönlichkeitsentfaltung, 171 Klinkenberg, U.: Organisatorische Implikationen des Total Quality Management, in: Die Betriebswirtschaft, 55. Jahrgang, Nr. 5, Seiten 599-614 172In Anlehnung an die Managementliteratur bedeutet Relaunch die Einleitung des ökonomisch notwendigen Veränderungsprozesses. 173 Trebesch: „Organisatoren und Organisationsentwicklung“ Zeitschrift Führung + Organisation (zfo) 2 (1983), S. 85. 174 Eine gute metapherähnliche Übersetzung des Begriffes findet sich, gerade auch in Bezug auf eine flexible Zeitgestaltung, in: Bode: Nimm zuerst ein kleines Boot, München 1997, S. 175. „Hier herrschte eine freie, zwanglose Atmosphäre; die Beschäftigten wußten, was sie zu tun hat- ten, und sie taten es, ohne daß ihr Chef sie ständig sanft antreiben mußte. Es gab keine Stechuh- ren.“ 86 Selbstverwirklichung, Arbeitszufriedenheit).175 Weitgehend meßbar ist eine Organisationsgesundheit176 u. a. durch die Fehlzeiten- rate im Betrieb.177 Entsprechende Barometer werden von weitsichtig agierenden Verbänden erstellt, analysiert und in Beratungsangebote umgesetzt.178 Organizatio- nal Health kann ein Ergebnis der Einführung f/v Arbeitszeitsysteme sein und lässt sich ausschließlich in einer offenen Kommunikationsstruktur realisieren. Es entsteht eine positive Wechselwirkung. Organizational Health fördert auch die Bildung von Arbeitsteams. Die Installierung leistungsfähiger Arbeitsteams, die in Eigenverantwortung Aufträge bzw. Projekte selbständig durchführen ist nur parallel mit der Integration eines flexiblen Arbeits- zeitmanagements möglich. Die Leistungsfähigkeit des Schreinereibetriebes ergibt sich aus dem, was sein Per- sonalkörper zu leisten vermag. Über die Zusammenarbeit im Betrieb bilden der Inhaber, Angestellte, Meister, Gesellen, Auszubildende, mitarbeitende Familienmit- glieder und alle weiteren Mitarbeiter eine soziale Einheit, den Personalkörper. Die Leistungsfähigkeit ist maßgeblich abhängig von der Fähigkeit der einzelnen Men- schen, zu kooperieren und somit ihre Einzelqualifikationen zu leistungsfähigen Teams zu ergänzen. Flexible Arbeitszeit in Schreinereibetrieb hilft, diesen Perso- nalkörper weiterzuentwickeln. Dabei ist die zentrale Rolle der Arbeitsteams eine Möglichkeit, den Betrieb auf die individuelle Erfüllung von Kundenwünschen aus- zurichten. Die Delegation von Verantwortung vom Meister/Inhaber auf die Ar- beitsteams spiegelt den hohen Entwicklungsstand in einem Schreinereibetrieb wie- der. Wichtig ist es also, den erfolgreichen Schreinereibetrieb so zu organisieren, 175 Vgl. Thom: Innovationsmanagement, S. 51 176 Am Institut für Arbeitswissenschaft (IfA) der Universität Gesamthochschule Kassel läuft ein u.a. von der Europäischen Union gefördertes Forschungsprogramm zum Thema „Flexible Unter- nehmen und ihr Beitrag zur Entwicklung von Mitarbeiterkompetenzen.“ Der Abschlußbericht wird für 12/1999 erwartet, so daß Ergebnisse im Rahmen dieser Dissertation nicht analysiert werden konnten. Der Forschungsansatz, der Flexibilität in der Korrelation mit Mitarbeiterstruk- turen sieht, findet sich als These in der vorliegenden Dissertation wieder. 177 Trebesch, Fehlzeiten in Betrieb und Verwaltung, Bern 1979, S. 51ff. 178 Der AGV Metall/Chemie Nordhessen bietet z.B. Beratungen vorbildlich als Instrument in der beratenden Personalarbeit ein. Dort ist sie in Form von zwei zielgruppenspezifischen Personal- 87 daß viele Aufgaben an die Mitarbeiter oder Arbeitsteams zu delegieren sind, der Personalkörper mit modernster Technologie ausgestattet ist, die Freiheiten hat, aktiv zu sein und mitdenken zu können- dabei aber auch eigene Entscheidungen treffen zu dürfen.179 „Organizational Health“ ist eine Resultierende aus den dargestellten Führungsmo- dellen wie TQM oder Offene Kommunikationsstrategie. leiter-Arbeitskreisen institutionalisiert und werden mit Bildungsangeboten eines Bildungswerkes (VSB) gekoppelt. Veröffentlichungen finden sich u.a. in den Jahresberichten. 179 Weiterführende und wegweisende Informationen zur Zukunft des Handwerks wird das „Handwerksförderungskonzept der Handwerkskammer Kassel“ vermitteln. Das in Kooperation zwischen Handwerkskammer Kassel und dem Lehrstuhl Prof. Dr. O. Kießler (Gesamthochschule Universität Kassel) erarbeitete Handwerksförderungskonzept wird im Herbst 1998 der Öffent- lichkeit vorgestellt werden; Auszüge der Arbeit wurden freundlicherweise für diese Arbeit vom Lehrstuhl zur Verfügung gestellt. 88 D. Formenkreis Management und Marketing I. Marketingtheoretischer Ansatz Um dem interdisziplinären Forschungsansatz gerecht zu werden, vor allem im Hin- blick auf Umsetzungsmöglichkeiten für die Praxis, ist die Analyse des Zusammen- hangs zwischen Management und Marketing notwendig, wobei die Berührungs- punkte zur Arbeitszeitproblematik herausgestellt werden sollen. Die Marketingphilosophie wird hier verstanden als marktorientierte Unterneh- mensführung180, wobei Marketing: · Leitbild des Management ist; · Führungsfunktion hat, · als Maxime für das Management handelt. Wichtig erscheint, daß der Dominanzanspruch des Marketing keine Konkurrenz zu den betriebswirtschaftlichen Methoden darstellt; Marketing ist vielmehr ein inte- grierter Faktor, der immer dann an Dominanz gewinnt, wenn der Absatzbereich einen zentralen Engpaß der Unternehmenstätigkeit darstellt, so wie es im Schrei- nerhandwerk und in vielen weiteren Handwerksbranchen zu diagnostizieren ist. Für das einzelne Schreinereiunternehmen muß gelten, eine Strategie zur Marktfüh- rerschaft zu finden, um den Kundenanforderungen von morgen gerecht zu werden. In den vergangen Jahren wurden die Wettbewerbsnachteile der Schreinereiunter- nehmen vorwiegend der ungünstigen Kostensituation angelastet. Nach einer Phase des Abspeckens („lean“) wird deutlich, daß die Unternehmen zwar schlanker aber nicht erfolgreicher geworden sind. Bei Kostensenkungsmaßnahmen wurde allzu oft übersehen, daß der bloße Abbau auch zu einer Senkung des Niveaus führen kann, während der Markt eher eine Steigerung des Niveaus bzgl. Service- und Kun- denorientierung verlangt. Längerfristige Erfolge sind aus der Sicht dieser Arbeit nur zu erreichen, wenn kommunikative Instrumente zur Personalführung eingesetzt 89 werden, die parallel mit einem Arbeitszeitmanagement, welches flexible Arbeitszeit einführt, voran getrieben wird.181 Um es ganz deutlich zu machen: Ausgangspunkt für das Arbeitszeitmanagement mit dem Ziel, ein f/v Arbeitszeitsystem zu installieren, ist in dieser Arbeit der Fak- tor Motivation und Kommunikation. Der Mitarbeiter leitet sein Handeln aus seiner sozialen Umgebung, seiner Herkunft, seiner Bildung ab. Seine Leistungsbereit- schaft entsteht auf der Grundlage seiner Lebensplanung, seiner emotionalen Ein- stellung, schließlich seiner individuellen Ziele, die primär keineswegs mit denen des Unternehmens übereinstimmen müssen.“182 Vor diesem Hintergrund bedeutet Führen für den Schreinereiunternehmer nicht nur das Ausarbeiten von Konzepten und die buchhaltungsmäßige Abwicklung seines Unternehmens, sondern vor allem die Vermittlung von Zielen, Inhalten, Werten sowie Idealen. Gerade die Berücksichtigung der individuellen Ziele des einzelnen Arbeitnehmers ist eine Chance für das Unternehmen, die durch ein f/v Arbeitszeit- system unterstützt wird. Die Leistungsbereitschaft des Einzelnen steigt durch die gewonnene Freiheit (und auch Freizeit) sowie durch das Verständnis einzelner Elemente im Unternehmensablauf, die durch die offene Kommunikationsstruktur erreicht wird. Gerade die Marketingorientierung des Schreinereiunternehmens stellt einen we- sentlichen Faktor für den Unternehmenserfolg da. Um eine betriebsindividuelle Marketingstrategie zu erarbeiten, bedarf es zunächst der Analyse des Unterneh- mens. Hierzu legt KIEßLER erstmalig eine Unternehmenstypologie von Handwerks- betrieben in Form eines Portofolio vor. Dieses Portofolio ermöglicht dem Schreine- reiunternehmer sich einzuordnen und daraus eine Strategie abzuleiten.183 180 Vgl. Meffert, H.: Marketing, 8. vollst. neub. u. erw. Aufl., Wiesbaden, 1998, S. 4 181 Wildemann, H.: Strategien zur Marktführerschaft, Frankfurt/M. 1998, S. 5 182 Grassmann, P.: Motivation: Schlüssel zu erfolgreicher Unternehmenssanierung, in: Wilde- mann, H., Strategien zur Marktführerschaft, a.a.O., 1998, S.179 183 Die Veröffentlichung ist vorgesehen für das 4.Quartal 1998 im „Handwerksförderungskonzept der Handwerkskammer Kassel“; Dem Verfasser dieser Studie wurde freundlicherweise vom Lehrstuhl Prof. Dr. O. Kießler, Gesamthochschule Universität Kassel , ein Vorabdruck zur Ver- fügung gestellt. 90 Die aktuelle Management- und Marketingliteratur beschäftigt sich bisher nur am Rande mit dem Problem der notwendigen Umorganisation der starren Arbeitszeiten und dem Zusammenhang mit dem Marketing. Dies muß als Kritik festgehalten werden. Die Marketingliteratur stellt sozusagen die notwendige flexible Arbeit als gegeben voraus. Dabei ist es in Zeiten diskontinuierlicher Marktentwicklungen von entscheidender Bedeutung, Unternehmen so zu führen, daß sie schnell handeln können.184 Aus der Sicht des Autors ist es absolut notwendig, daß Schreinerei- Unternehmen (synonym Handwerksunternehmen; mittelständische Unternehmen) nach den Prinzipien des Marketing geführt werden müssen185 - die exakte Bestim- mung des Zusammenhanges von „Management“ und „Marketing“ wird im folgen- den dargestellt.186 Strategisches Marketing ist der wesentliche Bestandteil eines strategischen Managements.187 Der Autor dieser Arbeit definiert die wechselseitige Abhängigkeit des Management vom Marketing wie folgt: Zentrales Ziel eines Unternehmens ist es, Disharmonien zwischen Markt und Un- ternehmen heute und zukünftig zu lösen, um damit durch eine auf den Bedarf und die Bedürfnisse der Nachfrager - auf allen Unternehmensbereichen durch sachli- che, räumliche und zeitliche Planung organisatorisch vorbereitet - zugeschnittene Angebotspalette, Produkte und Dienstleistungen erfolgreich vermarkten zu kön- nen. Diese Philosophie des Marketing als grundsätzliche unternehmenspolitische 184 Vgl. Kilz/Reh: Innovative Arbeitszeitsysteme nach dem neuen Arbeitszeitrecht, Ein Handbuch für die Praxis, Berlin 1996 und Kilz/Reh: Die Neugestaltung der Arbeitszeit als Gegenstand des betrieblichen Innovationsmanagements, Baden-Baden 1996. Die Autoren erarbeiten die in der Praxis vorkommenden Gestaltungsansätze und beleuchten erstmals den Zusammenhang zwi- schen der Rechtswissenschaft und der Ökonomie einerseits und den Mechanismen des Innovati- onsprozesses andererseits. Die Arbeitszeit wird als Gegenstand eines komplexen Innovationsma- nagement dargestellt. Vgl. dazu auch Sieloff: „Arbeitszeitflexibilisierung, Ein Lernprozeß, der niemals endet“, HNA Nr. 297 (1996), S. 21. Die vorliegende Arbeit geht noch einen Schritt wei- ter. Sie zeigt die Integration des Themenkreises flexible Arbeitszeit in das Management und Marketing. In diesem Themenkomplex stellt der Innovationsprozeß ein wesentliches Teilelement dar. Die Vorteile eines auf Informationsfluß konzentrierten Managementkonzeptes zeigen eben- falls auf: Polzer/Koczisky: Innovation der Information, Remseck 1996; Wilmes: Wege zum ler- nenden Unternehmen, Strategien und Werkzeuge, Kassel 1997 (zgl. Dissertation Uni.Gh Kassel 1996). 185So werden die Zukunftsanforderungen auch im „Handwerksförderungskonzept für die 90er Jahre“, herausgegeben vom Arbeitskreis Gewerbeförderung der Handwerkskammer Kassel, Kas- sel 1988, dargestellt. Die Thesen gelten aktuell weiter. 186 Als Marketingdefinition wurde eine Version gewählt, die die menschliche Komponente be- sonders berücksichtigt: „Das Marketing ist eine menschliche Tätigkeit, die darauf abzielt, durch Austauschprozesse Bedürfnisse und Wünsche zu befriedigen bzw. zu erfüllen.“ Vgl. Kotler: Mar- keting-Management, S. 19. 91 Richtungsvorgabe muß durch das Management als Adapterfunktion realisiert werden. Das Marketing als überragende Funktion dient dazu, die unternehmeri- schen Ziele zu erreichen, liefert die entscheidungsrelevanten Daten und entwickelt die strategischen Konzepte, die das Management realisiert. Eine Diskussion um das Marketing und seine Zielhierarchien188 soll hier nicht ge- führt werden, weil es nicht Thema dieser Untersuchung ist. Festgehalten werden muß, daß die oben definierte unternehmerische Grundsatzhaltung im Schreiner- handwerk nach wie vor ebenso fehlt, wie die Umsetzung der Praktiken von Mar- keting und Management für das Handwerksunternehmen. Terminologische Unge- nauigkeiten zwischen den Begriffswelten „Strategisches Marketing“, „Strategisches Management“, „Strategische Führung“ und „Unternehmenspolitik“ lassen sich durch die o.g Definition lösen und sind der Ansatz für ein mittelständisch orien- tiertes Konzept zur Unternehmensführung, wie die folgende Graphik (siehe Abb. 10) verdeutlichen soll. Eine wirksame Planung, die das Schreinereimanagement praktikabel selbst durchführen kann, stellt die Weichen für erfolgreiches Agieren am Markt und gegenüber den Mitarbeitern. 189 187Töpfer/Wieselhuber, Handbuch Strategisches Marketing, S. 7, 13. 188Zur Darstellung der Zielhierarchie eines privatwirtschaftlichen Unternehmens vgl. Berndt: „Marketing“, Bd. 2, Marketing-Politik, Berlin 1990, S. 5 189Bott/Peterson/Whatley: Lernbuch Marketing, München 1981, S. 34 - Hier wird die Bedeutung einer wirksamen Planung dargestellt. Das dort dargestellte handwerksnahe Beispiel spiegelt ex- akt auch die vorherrschende Philosophie im Schreinerhandwerk, bzw. im Handwerk allgemein wieder. 92 Abbildung 10: Unternehmenspolitik Basis für Marketing im Handwerk - H a n d e l s m a r k e t i n g , E l e m e n t e - I n v e s t i t i o n s m a r k e t i n g , E l e m e n t e - K o n s u m m a r k e t i n g , E l e m e n t e H a n d w e r k l i c h e U n t e r n e h m e n s p o l i t i M a r k e t i n g - p h i l o s o p h i e b e t r i e b s i n d i v i d u e l l e s H a n d w e r k s m a r k e t i n g H a n d w e r k s - M a n a g e m e n t (eigene Darstellung) II. Unternehmenspolitik ULRICH hat mit seinen Arbeiten zur Unternehmenspolitik 190 eine weitreichende und aus der Sicht des Autors vor allem auch realitätsnahe Erklärung der Not- wendigkeit einer Unternehmenspolitik vorgelegt. Ein besonderer Wert besteht darin, daß die Verknüpfung zu den Bereichen „Strategische Führung“ deutlich wird. Seine Ausführungen schließen die Lücke zwischen den notwendigen Füh- rungsprozessen und den vom Markt auf das Unternehmen treffenden Signalen als Informationspotential. Nur die Verknüpfung von beiden Elementen kann vom Ma- nagement organisiert und aufbereitet wiederum Marketingentscheidungen ermögli- chen. Für die klein- und mittelständischen Unternehmen des Schreinerhandwerks wird deutlich, wie extrem der Unternehmenserfolg auch von den Zielen und Idea- len der das Unternehmen leitenden Persönlichkeiten abhängen kann. Parallel geht in den Unternehmen, die Marketing erfolgreich praktizieren, gleich- sam ein Wandel des Führungsverhaltens vor sich. Aus der Sicht des Verfassers ist es notwendig, den Pfad der patriarchalischen Hierarchie zu verlassen und den Weg zu einem situativ-integrativen Führungssystem einzuschlagen, sich wegzubewegen 190Ulrich, H., Unternehmenspolitik, 2. Aufl., Bern 1987, S. 236. Die Motivierung der Mitarbeiter steht im Vordergrund, um Ziele erreichen zu können. 93 von der Autorität ex officio und hinzubewegen zur Autorität ex persona.191 TÖPFER spricht in diesem Zusammenhang von „Sozialen Innovationen“192 Innovationsbarrieren liegen allerdings im Beharrungsvermögen, die durch das Leit- bild einer (bisher) erfolgreichen handwerklichen Erwerbssituation geprägt sind. DIECKHOFF verwendet dafür den Begriff des Zeitkonservatismus.193 (Historischer Exkurs: „... der allgemeine Wohlstand, die Erosion von Glaube und Sitte im tradi- tionellen Verständnis haben bei den Westdeutschen zu Individualismus, Hedonis- mus und in mancher Hinsicht auch zum Autismus geführt. Sie haben sich in ihrem Egozentrismus eingerichtet und schreien Protest, sobald ihre erworbenen Rechte und Besitzstände angetastet werden könnten.“ 194) Für die notwendigen Innovatio- nen im Bereich der Tarifpartnerschaften können sich die handelnden Partner aus Wirtschaft, Politik und Tarifverbänden an Mechanismen aus der Wirtschaft orien- tieren. 195 191 Das vom Verfasser preferierte System der offenen Kommunikationsstrategie wird in Kapitel C.V.7. beschrieben. 192 Töpfer: „Innovationsmarketing“, Staudt, E. (Hrsg.): Das Management von Innovationen, Frankfurt/M. 1986, S. 546, vgl. hierzu auch Ammelburg: Die Unternehmenszukunft, Freiburg 1987 - AMMELBURG bespricht u.a., daß für die Unternehmen selbst eine Art Wertewandel bzgl. ihrer Führungskompetenz nötig ist, auch Öffnungen gegenüber Ideen und Idealen der Gewerk- schaft, was sicherlich einen nicht unerheblichen Einfluß auf zukünftige Arbeitszeitorganisation hat. 193 Dieckhoff: „Flexibilisierung der Arbeitszeit“, Wirtschaft und Produktivität, Nr. 7/8 (1997), Eschborn 1997, S. 3. 194 Rovan: Geschichte der Deutschen, Frankfurt 1995, S. 805. 195 Schymanietz: Leitkonzepte als integraler Ansatz zur Beschleunigung der Innovationsprozesse, Stuttgart 1997, S. 8. 94 III. Flexibilisierung als Subziel des Marketing Flexibilität von Unternehmen - das Flexibilisierungspotential der Arbeit gehört als elementares Ziel dazu - ist keine Strategie per se. Sie gehört als Subziel des Mar- keting in das Strategiemix hinein. MEFFERT macht deutlich: „Unzureichende Un- ternehmensflexibilität kann in dynamischen Märkten mit erheblichen Wettbe- werbsnachteilen verbunden sein; sie verursacht Opportunitätskosten durch Gewin- nentgang“.196 An anderer Stelle wird die Dominanz einer Forderung nach Flexibi- lität weiter deutlich: „Die dynamischen Umweltveränderungen machen den Flexibi- litätsbedarf von Unternehmungen offenkundig. Die Sicherung bzw. Steigerung der Unternehmensflexibilität wird, neben Kosten- und Qualitätsvorteilen, zu einem wichtigen flankierenden Erfolgsfaktor“.197 MEFFERT´S Begriff von der „Aktionsfle- xibilität“ beschreibt wissenschaftlich einen Vorgang, den Handwerksunternehmen folgendermaßen ausdrücken: „Nicht die Großen schlagen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen.“198 Für die Handwerkspraxis ist folgende These von Relevanz, die auch die psycho- logischen Probleme im (Schreiner-)Handwerk verdeutlicht: „Marketing einzu- setzen, bedeutet meist ein gravierendes Umdenken in bezug auf frühere Gewohn- heiten.“199 So bewertet auch BECKER die „menschliche Komponente“ als „zentralen Erfolgsfaktor“200. Es kann dem Schreinerhandwerk nur empfohlen werden, diese urtypisch vorhandenen Strukturen zu nutzen. Synergetische Effekte, z.B. bei der Einführung von neuen Arbeitszeitstrukturen, erhöhen den Wirkungsgrad.201 Leider dauert die Realisierung von als wichtig erkannten Wegen häufig sehr lange. KERNIG geht davon aus, daß ein time-lag von 15 Jahren zwischen Problemerken- 196Ebenda, 370. 197Ebenda., S. 402. 198Der Referatsleiter des Betriebsberatungsdienstes (BBU) der Handwerkskammer Kassel, DIPL.- BETRW. HANSJÖRG WINTERSTEIN, anläßlich einer Vortragsveranstaltung, Kassel 1988; die These ist Bestandteil einer Vorlage für die Erarbeitung eines betriebsindividuellen Marketingmixes für Handwerksbetriebe. 199Chmielewski: Marketing für Handwerksbetriebe, Bad Wörishofen 1986, S. 47. 200Becker: Marketing-Konzeption, München 1992, S. 651. 95 nung und Relaisierung der Instrumente bzw. Maßnahmen zur Gegensteuerung zu erkennen ist.202 Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Einführung von f/v Arbeitszeit ein Pro- jekt des Marketing sein muß. Die Erkenntnis der Notwendigkeit ist durch die Un- ternehmenspolitik vorgegeben, die das Marketing als „Seismograph“ nutzt. Dieser Seismograph meldet die marktbedingte Forderung nach der Flexibilisierung; die Umsetzung erfolgt durch das Management auf der operationalen Ebene im Schrei- nereibetrieb. IV. Beziehungen zu Marktpartnern Die zentrale Herausforderung für die Unternehmen besteht in der grundlegenden Analyse des status quo zu den Marktpartnern, zu den eigenen Mitarbeitern und zur Gesellschaft insgesamt. Dafür ist der Begriff „Business Transformation“ (also in etwa der „Inbegriff eines tiefgreifenden Wandels“) eingeführt worden.203 GOUILLART und KELLY definieren Business Transformation als die aufeinander abgestimmte Umgestaltung der „genetischen Architektur eines Unternehmens“. Die Dimension des Wandels beschreiben sie mit den Begriffen · reframing (Definition neuer Visionen und Ziele), · restructuring (Restrukturierung der Prozesse und der Infrastruktur), · revitalizing (Revitalisierung der Märkte und Produkte) und · renewing204 (neue Anreize für die Mitarbeiter, Lernprozesse und Organisa- · tionsentwicklung). 201Jaspert: Marketing, München 1988, S. 17. 202 Kernig: „Welttrend 2000, Politische, ökonomische und ökologische Zukunftsperspektiven“, Rosenheimer Fenstertage 1996, Tagungsband, Rosenheim 1996, S. 7. 203Gouillart/Kelly: Business Transformation, Wien 1995, S. 21. 204Gerade der Punkt des „renewing“ wird von der gewerkschaftlichen Seite angeführt. Während die Arbeitgeberseite dies eher als Anreizsystem für besondere Leistungen versteht, möchten die Gewerkschaften dies eher als Kompensation für die Umgestaltung verstanden wissen. Eine Kon- sensfindung erscheint möglich und plausibel. 96 Dieser Ansatz aus der Managementliteratur zeigt, daß zukünftiger Erfolg durch eine Organisationsentwicklung hinsichtlich der Einbeziehung der Mitarbeiter in die Entscheidungsprozesse kombiniert mit neuen Anreizsystemen erfolgversprechende Linien aufzeigt. In der aktuellen wirtschaftlichen Situation und in langfristiger, strategischer Hinsicht stellt die Einführung f/v Arbeitszeitsysteme auf der Basis eines professionellen Arbeitszeitmanagements eine erfolgversprechende Lösung dar. Das Schreinerhandwerk darf sich diesen Entwicklungen nicht verschließen und aufgrund des Marktdruckes aus der Industrie abgeleitete Systeme übernehmen, sondern muß sich selbst an die Spitze der Bewegung stellen und aufgrund seiner traditionellen flexiblen Reaktionsfähigkeit eigene Arbeitszeitsysteme, betriebsindi- viduell abgestimmt, einführen. Insgesamt gilt, daß auch zu den Marktpartnern auf horizontaler und vertikaler Ebene Beziehungen definiert und aufgebaut werden müssen. Es sei hier an den Netzwerk-Kooperationsgedanken erinnert. V. Management und Marketing im Schreinerei-Unternehmen Der Handwerksunternehmer ist heute Planer, Gestalter, Produzent, Dienstleister und Unternehmer in einer Person. Das Bild der Öffentlichkeit vom „gemütlichen“ Schreinereibetrieb mit seinem Geruch nach Spänen und Leim muß wenigstens in den Köpfen mancher Kundenkreise („Image“) bewahrt werden. Das Ergebnis aber sind moderne Produkte in einer ansprechenden Designvielfalt, erdacht und gefertigt von kreativen Köpfen in modernen Betrieben des holz- und kunststoffverarbeiten- den Handwerks. Gleichsam fordert der Markt mit Strenge ein stetiges Agieren, das ein - bisher nicht definiertes - „Schreinereimanagement“205 notwendig macht. Die Trennung zwi- 205 Der Versuch einer Definition wurde erstmals vom Autor vorgenommen, wobei die Situation der Schreinerei-Unternehmen ebenfalls aufgearbeitet wurde, um die Diskussion führen zu kön- nen. Vgl. Walter: „Management in Schreinerei-Unternehmen“ in o.V., Wandel eines Handwerks, Gudensberg, Kassel 1995, S. 42-43. 97 schen Handwerkswerkstatt und Handwerksbüro, zwischen Technik und Markt ist fließend geworden. Je nach Betriebsstruktur wird die Schnittstelle zu finden sein, wie intensiv die bei- den Teilstücke „Technik“ und „Markt“ bearbeitet werden müssen, um zum Ziel zu gelangen, nämlich den Anforderungen des Kunden gerecht zu werden, ihm eine Problemlösung angeboten zu haben, die er akzeptiert. Die Meßlatte allen unter- nehmerischen Handelns ist die Akzeptanz am Markt. Dafür bedarf es schneller Lieferbereitschaft, organisatorischer Vorbereitung sowie Vorhaltung und Training motivierter und engagierter Mitarbeiter. Die Schnittstellen „Technik“ und „Markt“ sind nicht getrennt zu sehen, sondern brauchen eine enge Abstimmung bzw. Ver- zahnung. Das Marketingziel, also respektive das Managementziel des Schreinerei-Unter- nehmens, ist damit definiert: der Kunde steht im Mittelpunkt aller Entscheidungen, die zu treffen sind; er ist das Maß aller Dinge. Um dieses Ziel langfristig zu errei- chen, bedarf es bei allen natürlichen Unschärfen der strategischen Planungen tat- sächlich eines „Schreinereimanagements“.206 Das Schreinerei-Unternehmen wird keinen Stab für diese Aufgaben unterhalten können.207 206Es ist dabei notwendig, den Zusammenhang mit Qualität und Produktivität nicht zu vergessen, der theoretisch von Management- und Marketingwissenschaft vorausgesetzt wird, um Unter- nehmenserfolg zu erreichen. Vgl. Wildemann (Hrsg.): Qualität und Produktivität, Erfolgsfakto- ren im Wettbewerb, Frankfurt/M. 1994, S. 15-21. 207 In einer übersichtlichen Form wird der Weg zur Strategieformierung wissenschaftlich fundiert und praxisgerecht aufgearbeitet dargestellt in Hörschgen/Kirsch/Käßer-Pawelka/Grenz: Marke- ting-Strategien, Konzepte zur Strategiebildung im Marketing, Ludwigsburg 1993. 98 Abbildung 11: Handwerksmanagement entwickelt Arbeitszeitflexibilisierung E i n b i n d u n g A r b e i t s z e i t f l e x i b i l i s i e r u n g i n H a n d w e r k s m a n a g e m e n t Arbei tszei t f lex ibi l is ierung A n g e b o t -Mark t -K o n g r u e n z e n Stragegie -Adapt io n Ind iv idua lkonzepte "Werks ta t t " M a r k t a n f o r d e r u n g Resul ta te : "Organ isa t ion" Heraus forderung /Prob lem " B ü r o " S c h r e i n e r h a n d w e r k : H a n d w e r k s m a n a g e m e n t (eigene Darstellung) In diesem Zusammenhang wird sich die Handwerksordnung in mittelfristiger Zu- kunft in Frage stellen lassen müssen, wie praxisgerecht die Anforderungen und Einschränkungen an das Berufsbild für einen Unternehmensführer überhaupt noch sind. Ein praktisches Beispiel möge dies verdeutlichen: der handwerkliche Fenster- bau vereint heute in sich die Berufsbilder Schreiner, Glaser, Rolladenbauer und Schlosser, ohne daß es ein entsprechendes Berufsbild gibt. Das wichtigste Element eines „Schreinereimanagements“ sind nicht die wissen- schaftlichen Lehrwerke, oder das große Budget für die Werbung. Vielmehr ist es die Marketingphilosophie, die ehrliche und aktive Einstellung, den Kunden mit seinen Wünschen ernstzunehmen. Diese Einstellung muß für den Kunden spürbar sein. Diese Einstellung verspricht bessere Renditechancen. Marketing ist keine Frage der Größe oder des Budgets eines Unternehmens, sondern allein des Geistes. 99 Das Ziel der Leistungserstellung für den Kunden forciert die Notwendigkeit des flexiblen Arbeiters.208 So weist beispielsweise. LINNENKOHL209 darauf hin, wie bedeutend f/v Arbeitszeit- systeme für die Unternehmen und ihre Beschäftigten zukünftig sein werden. In diesem Feld werden Schreinerei-Unternehmen und die betroffenen Verbände glei- chermaßen gefordert sein. Ein weiteres Beispiel sind Qualitätssicherungssysteme. Deutlich wird, wie viele theoretische Bausteine die Praxis des „Schreinereimana- gements“ beeinflussen. Eine betriebsindividuelle Auswahl zu treffen, ist wichtig, um zu einer eigenen Strategie zu gelangen und um sich vom Wettbewerb zu unter- scheiden. Zusammenfassend sind damit die Kernherausforderungen an das moderne Schrei- nerei-Unternehmen genannt: Marketing gilt als oberstes Managementziel, Flexibi- lität ist ein Wettbewerbsvorteil, der Wandel des Verbraucherbewußtseins muß be- obachtet werden, Werkstatt und Büro im Mix sind gleichberechtigte Unternehmen- steile, die Mitarbeiterführung muß als Chance verstanden werden. Daraus resul- tiert, daß flexible/variable Arbeitszeitsysteme den veränderten Abnehmer- und Ar- beitnehmergewohnheiten Rechnung tragen können. 208 Vgl. Hinterhuber: „Strategische Unternehmensführung“, Strategisches Denken, Bd. I, 5. Aufl., Berlin 1992, S. 102. HINTERHUBER versteht die Erhöhung der Flexibilität als Teil des Un- ternehmerziels, welches in die Strategieformierung aufgenommen werden muß. 209 Vortrag zum Thema „Outsourcing und Arbeitsmarkt“, Reihe GhK-Wissenstransfer, Universi- tät Gesamthochschule Kassel 3.6.1997. 100 Abbildung 12: Marketing Mix - Regionaler Bauzulieferer/Baunebengewerbe (Schreiner) An ge bo tsc lea rin g Ni sc he ns tra te gie Lie fe rte rm ine /-t re ue - ku rze T er m ine Qu ali ty M an ag em en t Preis-Richtlinien F/V Arbeitszeitsystem KontinuitätControlling Image Design Werbung Erreichbarkeit Bauherr direkt Architekt/Bauträger Kooperation/Joint Venture H andel Logistik Altbau Rhytmus- Kunde Auftritts- Kunde Neubau M a r k t s e g m e n t Pr e Sa le /A fte r S al e An w en du ng or ie nt ie rte N ut zu ng In st an dh al tu ng Se le kt iv e Pe rs on al au sw ah l Sp ee d M an ag em en t P r o d u k t i m i x K o n t r a h i e r u n g s m i x D i s t r i b u t i o n s m i xS e r v i c e m ix K o m m u n i k a t i o n s m ix (eigene Darstellung) Ein Ergebnis dieser vorangegangenen Ausführungen ist die Entwicklung des Schreinereimanagements in Form eines „Marketing-Mixes“ für das moderne Schreinerunternehmen. So kann sichergestellt werden, daß die neuen Herausforde- rungen · Fragmentierung der Märkte · Verkürzung der Produktlebenszyklen · Anstieg der Komplexitätskosten · Aufbau strategischer Allianzen/Netzwerke 101 durch das Marketing konsequent zum Wohle des Schreinerei- Unternehmens be- wältigt werden können. Das Themenspektrum „f/v Arbeitszeitsysteme“ wurde dem Submix „Kontrahie- rung“ zugeordnet, welches die Wettbewerbsrelevanz unterstreicht. Bestandteil des Marketing-Mix ist demnach die vom Management eingeführte und bereitgestellte f/v Arbeitszeit zur Bearbeitung der Marktanforderungen. VI. Gedanken und Visionen zur Optimierung der betrieblichen Ausrichtung in einer spezialisierten Branche des Schreinerhandwerks - dem Fenster- bau als beispielhaftes Segment Ein vielversprechendes Ziel für die Branche des Fenster- und Fassadenbaus als spezialisierter Teil des Schreinerhandwerks ist die Durchsetzung einer bewußten und gewollten Qualitätspolitik, die Flexibilität ursächlich einschließt. Die Fenster- und Fassadenbranche befindet sich derzeit in einem raschen Wandel. Das Ergebnis sind steigende Fixkosten und eine sinkende Umsatzrentabilität. Mit dem prognostizierten Rückgang der Bautätigkeit stellt dies eine gefährliche Kon- stellation dar.210 GEERMANN hat erläutert, wie umfassend der Qualitätsbegriff daher heute zu ver- stehen ist, wie verzahnt er in alle Unternehmensbereiche eingreift.211 Faktisch nachvollziehbare Qualitäten wie „RAL“ oder die „ISO-Normen“ sind im Fenster- bau zu finden.212 Die „andere Qualität“, also Unternehmenskultur, Flexibilität, Um- gang mit Kunden, Servicephilosophie usw. hat einen Erfolgsanteil von mindestens 210 Regionale Prognosen des PESTEL-INSTITUTS, Hannover, vorgestellt am 14.11.1996 in Kassel, Foyer der Stadtsparkasse Kassel, Studie im Auftrag der Landesbausparkasse Hessen (LBS); Studien mit gleichlautenden Ergebnissen liegen dem Verband Fenster und Fassade, Frankfurt/M. vor. 211 Vgl. Geermann: Festrede zur 25-Jahrfeier Gütegemeinschaften Fenster + Haustüren, Frank- furt/M., 22.2.1994. 212 RAL definiert durch interne und externe Qualitätskontrollen sowie der Definition eines Quali- tätsstandards die Konfiguration des Produktes Fenster; ISO stellt eine Qualitätsmanagementsy- 102 50%, wenn Qualität verkauft werden soll. Diese sog. weichen Faktoren sind nicht zu unterschätzen. Sie bestimmen die Qualität der einzelnen Unternehmen und hel- fen, Alleinstellungsmerkmale am Markt zu positionieren. Das Ziel ist, eine positive Eigenschaft der Dienstverrichtung zu erreichen.213 Die vielen kleinen Schritte zur Perfektion sind ohne den Einsatz von f/v Arbeits- zeitsystemen kaum mehr zu erreichen. Qualitätspolitik in transparenteren Unter- nehmen wird zunächst zu einem. Die Umsetzung am Markt benötigt Schnelligkeit, die nur das flexibel ausgerichtete, d.h. das anpassungsbereite und -fähige Unter- nehmen erreichen kann; deshalb erfolgt die Integration in den Marketing-Mix. Durch die starke Auslastungsschwankung im Jahresverlauf und die projekt- bzw. objektgebundenen Auftragssituationen stellt die f/v Arbeitszeit im Rahmen der Marketingausrichtung ein primäres Unternehmensziel dar. LOSCH stellt fest, daß flexible Arbeitszeitmodelle benötigt werden, die sich nach der Nachfrage richten und nicht nach dem Tarifvertrag, auch wenn dies letztendlich bedeuten würde, daß mehr Mitarbeiter dafür eingesetzt werden können. Lieferzeiten, die z.B. im Herbst mehr als 6 Wochen betragen, seien heute nicht mehr akzeptabel. 214 Die Qualität eines Produktes, so wie es aus Kundensicht gewünscht und definiert wird, wird über den Qualitätsstandard des Unternehmens erreicht. Das bedeutet und so erklärt sich auch der Begriff Paradigmenwechsel, daß nicht nur Produk- tionstechnik und -ablauf, sondern auch die Organisations- und Führungsstruktur zur Debatte steht. Um Qualität wirklich zu erreichen, ist es notwendig, ein kom- plexes Zielbündel zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit anzustreben, nämlich Kosteneffizienz, Innovationskraft, Kundennähe, Produktstandard und vor allem Flexibilität und Schnelligkeit. Zu erreichen ist dies nicht „top down“, also nach Anweisung, sondern auf Grund einer zielgerichteten und gewachsenen Führungsphilosophie, die auf Effekte zielt, stem dar, das international nach gleichen Richtlinien vorgeht. Unternehmer können sich von akkreditierten Stelle zertifizieren lassen. 213 Scheuch: Dienstleistungsmarketing, München 1982, S. 35. 214 O.V., „Schöne neue Mobilität“, Bauelemente Bau 6-7 (1996), S. 61. Das Zitat stammt aus einem Vortrag von ERICH LOSCH, Geschäftsführer der Hocoplast-Bauelemente GmbH. 103 die von unten nach oben, also „bottom up“, wachsen. Dabei kommt man ohne ein Management des Wandels, welches Mitarbeiter in die Verantwortung mitein- bezieht, nicht aus.215 Bei dem heute gültigen Managementdenken muß auch die Überlegung erlaubt sein, ob das Streben nach „Marktanteilen“ allein ausreicht.216und nicht die zu erwarten- den „Anteile an Zukunftschancen“ viel wichtiger erscheinen?217 Dies ist eine ele- mentare Frage an die handwerklichen Unternehmer. Zukunftschancen lassen sich nur realisieren, wenn die zukünftige Arbeitszeitsituation berücksichtigt wird.218 Das Anforderungsprofil läßt sich an diesem spezialisierten Bereich des Schreiner- handwerks wiederum deutlich darstellen: die zunehmenden Ansprüche der Archi- tekten und Bauherren an die Ästhetik von Fenstern erzeugen die unterschiedlich- sten Fenstertypen und -formen. Dazu kommt einen hohe Varianz aufgrund der Farbenvielfalt und der großen Bandbreite an Profilsystemen, Zusatzprofilen und verschiedenen Sicherheitsanforderungen. Auf diese Anforderungen muß die Ferti- gung des Schreinereibetriebes ausgerichtet sein. Diese Flexibilität macht ihren Erfolg aus. Im Fensterbau ist die kurze Lieferzeit ein entscheidendes Merkmal zur Sicherung von Aufträgen (und Arbeitsplätzen). Schnelligkeit erfordert die Verkürzung der betrieblichen Durchlaufzeiten. Dies wiederum ist eine personalwirtschaftliche Her- 215 Vgl. Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, S. 47, 48, Ausführungen zur Arbeitszeitpolitik. 216 Vgl. Messner: Berge versetzen, München 1993, S. 133. Er legt in diesem Buch einen interes- santen Denkansatz vor, der außerhalb der etablierten Managementliteratur liegt und zum Reflek- tieren anregt. 217 Wenn man beobachtet, wie sich Industriekoriphäen von einst entwickelt haben, fragt man sich, ob die Ehrfurcht vor den Erfolgen des Managements in der Vergangenheit berechtigt war. Mitten in der Krise wird der Ausweg gesucht, z.B. durch „lean management“, „downsizing“ oder „Arbeitszeit-Flexi“ unter dem Pseudonym der 4-Tage-Woche bei VW. Natürlich ist man ex ante und in der Theorie besser orientiert als vorher. Doch zeigt sich, daß Managementinstrumente wie das „downsizing“ schonungslos die Fehler der Vergangenheit hinsichtlich langfristiger, strate- gischer Planungen aufdecken. Die Märkte der Zukunft werden durch ein Unternehmen, das sich einer Schlankheitskur unterzieht, nicht bestimmt. Man ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt und verliert durch diese fragwürdige Diät auch lebenswichtige Substanz. Es ist aus meiner Sicht lediglich ein legitimes und notwendiges Unterfangen, um mittelfristig zu überleben. Die hier vor- liegende Studie zeigt, daß sich das Handwerk nicht schillernder (en vogue) Management- philosophien zu bedienen braucht, sondern eine Fokussierung zugunsten der Flexibilität anstre- ben muß. 218 Meffert: Strategische Unternehmensführung, Wiesbaden 1988, S. 399-403. Vgl. auch: Wie- selhuber/Töpfer, Handbuch Strategisches Marketing, S. 319ff. 104 ausforderung, die durch das Arbeitszeitmanagement mit dem Ziel einer betriebsin- dividuellen Arbeitszeitstruktur erreicht werden kann. Der Fensterbau unterliegt gleichzeitig starken saisonalen Schwankungen. Dafür muß die Personalplanung und der Maschinenpark ausgerichtet sein. Können die saisonalen Spitzen nicht mehr durch die Verlagerung von Arbeitsschritten abgefe- dert werden, lohnt es sich über f/v Arbeitszeitsysteme und Automatisierungen nachzudenken. Denn die Effizienz einer Fertigung ist abhängig von der optimalen Nutzung ihrer Ressourcen. Nur eine effiziente Fertigung im Schreinerhandwerk sichert den wirtschaftlichen Erfolg. Die Verknüpfung mit den Komponenten Flexibilität und Schnelligkeit bildet die Grundlage, so daß sich der wirtschaftliche Erfolg langfristig einstellen kann. Die nachstehende Abbildung stellt eine Weiterentwicklung von Schaubild 10 dar und dokumentiert die notwendige Verzahnung. Die Anforderungen an den Fensterbau an sich und das Schreinerhandwerk im Gan- zen werden dabei wieder kongruent. 105 Abbildung 13 Schreinereihandwerk: Einbindung der Flexibilität in das Ge- samtspektrum als Anforderungsprofil Flexibilität Schnelligkeit Effizienz Mensch Material Techik/Maschine I + K Techni / i / I + K (eigene Darstellung)219 Das Schreinerhandwerk benötigt in dieser Weiterentwicklung Leitbilder, um die Fähigkeit zur Marktorientierung durchzusetzen. Die Veränderungen der Rahmen- bedingungen und die hohe Bedeutung eines Strukturwandels bedingen dies. Die vorstehende Abbildung zeigt, daß es „Formen der Vernetzung“ geben muß: näm- lich die Fähigkeit zur Kooperation nach innen und nach außen. Diese Vernetzung setzt sich aus zwei wichtigen Komponenten zusammen: a) Organisationsformen zur schnellen und permanenten Marktorientierung (hier insbesondere : f/v Arbeitszeitsysteme) b) Formen der Personalführung zur Entwicklung und Ausschöpfung der Mitarbeiterpotentiale( hier vor allem: offene Kommunikationsstrukturen, Marketingphilosophie) Diese Leitbilder aus a) und b) führen zu der o.g. Vernetzung. 106 Für die Führungskraft im Schreinereiunternehmen ist es wichtig, ein direktes, un- mittelbares Kommunizieren in neuen Formen der Arbeitsorganisationen und Ar- beitszeitorganisationen zwischen allen Beteiligten des Wertschöpfungsprozesses- herbeizuführen. Dafür wird ein neues Rollenverständnis von Führungskräften und Mitarbeitern des Schreinerhandwerks in hierarchiearmen Organisationen vorausge- setzt. Die Fähigkeit zur Kooperation nach innen und außen setzt technische und nicht- technische Formen der Vernetzung voraus (siehe Abbildung). 219 In Anlehnung an Diskussion mit Prof. Dr. O. Kießler. 107 E. Juristische Komponente und Flexible Arbeitszeit I. Vorbemerkungen Die Zulässigkeit und die Dauer der Arbeitszeit regeln das Arbeitszeitgesetz220 und andere Gesetze mit Arbeitszeitvorschriften, wie z.B. das Jugendarbeitsschutz- gesetz,, das Mutterschutzgesetz und das Ladenschlußgesetz. Innerhalb des von diesen Arbeitszeitschutzvorschriften gezogenen Rahmens bestimmen der Tarif- vertrag, die Betriebsvereinbarung und der Einzelvertrag die Dauer und Gestaltung der Arbeitszeiten. Der sachliche Geltungsbereich des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG)221 umfaßt Betriebe und Verwaltungen aller Art. Die vielfältigen Ausnahmen werden in § 18 ArbZG sowie §§ 19, 20, 21 ArbZG definiert. Das ArbZG gilt für alle Arbeitsverhältnisse im Bereich der Bundesrepublik Deutschland ohne Rücksicht auf die Staatsangehö- rigkeit von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Nicht erfaßt werden aber deutsche Ar- beitnehmer, die im Ausland tätig sindt, auch wenn die Firma ihren Sitz in Deutsch- land hat. Von Relevanz für das Untersuchungsobjekt ist die Definition der Arbeitszeit schlechthin. „Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. ... Es genügt, daß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber im Betrieb zur Arbeitsleistung zur Verfügung steht.“222 220 Das neue Arbeitszeitgesetz (verabschiedet vom Bundesrat am 29.4.1994) stellt die Flexibili- sierung in den Vordergrund. Einige wichtige Änderungen kommen den Forderungen der Wirt- schaft entgegen. Die Arbeitszeitordnung von 1938, die Vorschriften zur Sonn- und Feiertagsruhe in der Gewerbeordnung sowie weitere 26 Nebengesetze werden aufgehoben; veröffentlicht in Bundesanzeiger-Verlagsgesellschaft (Hrsg.), Bundestagsdrucksache Az-12/5888, Bonn 1994. 221 Linnenkohl begrüßt im Kern das Vorhaben des Gesetzgebers, die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern. Gleichsam spart er nicht an Kritik des neuen ArbZG. Er führt eine Anzahl von kritischen Anmerkungen an, die insbesondere die zahlreichen Ausnahme- regelungen betreffen. Er vermißt normative Klarheit und die eigentlich gewollte gesetzliche (und wohl auch soziale) Steuerungsfunktion und befürchtet eine Zersetzung („Chaotisierung“) der Arbeitszeitnormensysteme. Vgl. Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, S. 55-56. 222 Halbach/Mertens/Schwedes/Woltzke, Das Recht der Arbeit, 3. Auflage, Bonn 1989, S. 395f. 108 Arbeitszeitverkürzungen stellen einerseits eine erhebliche ökonomische Belastung für das Handwerk dar, forcieren andererseits die Chancen für neue Formen von Arbeitszeiten, die branchenbezogen ausgerichtet sein können. Die flexible Ar- beitszeit ist ein Ausweg aus der „Sandwich-Position“223 der Unternehmen, die zwi- schen retardierenden Arbeitszeiten und steigenden Kosten versuchen müssen, ihre Marktpräsenz zu erhöhen. Das Stichwort von der „Umverteilung der Arbeit“224 bzgl. Entscheidungen über Produktionsstandorte zur Bekämpfung der Kostenkrise und/oder der Lohn- Produktivitätskosten umschreibt das zuvor Dargestellte. Eine Reihe von Gesetzen ordnen den Arbeitsschutz und damit auch die Möglich- keiten der freien Festlegung von betriebsindividuellen Arbeitzeitmodellen. Bereits das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) übernimmt eine gewisse Fürsorgepflicht in § 618 in Bezug auf die Prophylaxe des Unternehmers gegen Gefahren für Leben und Gesundheit . Ähnlich, etwas deutlicher als das BGB allerdings, führt das Handels- gesetzbuch (HGB) entsprechende Arbeitgeberfürsorge in § 62 Abs. 1 aus. Der „Prinzipal“ eines Handelsbetriebes ist verpflichtet, „Geschäftsräume und den Be- trieb mit allen Vorrichtungen so zu unterhalten, daß Gesundheit und Erhalt der guten Sitten gesichert sind“. Weiter detailliert sind die Vorschriften der Gewerbeordnung (GewO) in § 120 a-f. Kernpunkte sind die „Einhaltung der Betriebssicherheit“, die „Erhaltung einer er- träglichen Arbeitsumgebung“ sowie andere, für das Thema dieser Studie weniger wichtige Vorschriften. Am 01.07.1994 wurde die aus dem Jahre 1938 stammende Arbeitszeitordnung (AZO) durch das neue Arbeitszeitgesetz (ArbZG) abgelöst. Darin wird zum einen der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer wirksamer und praktischer gestaltet, an- 223 Der Begriff Sandwich-Position soll anschaulich beschreiben, daß der Unternehmer zwischen unterschiedlichen, polarisierenden Elementen eingekeilt ist. 109 dererseits aber die Rahmenbedingungen für flexible und individuelle Arbeitszeit- modelle geschaffen. Während das frühere Arbeitszeitrecht nur starre Arbeitszeiten kannte, die als betriebliche Arbeitszeiten zugleich die Arbeitszeit für den einzelnen Arbeitnehmer darstellten, soll nach neuem Recht die Betriebslaufzeit ohne Rück- sicht auf die Arbeitszeit des Arbeitnehmers erhöht werden können bei gleichzeiti- ger individueller Gestaltungsmöglichkeit der Arbeitszeit des einzelnen Arbeitneh- mers.225 Das ArbZG soll ausdrücklich die Rahmenbedingungen für flexible Arbeits- zeiten (§ 1) verbessern. Damit hängt die Meßlatte sehr hoch. Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) schützt werdendes Leben bzgl. der Arbeits- zeitorganisation vor allem durch § 2 (Vorschriften über Arbeitsplatzgestaltung), § 3 (Beschäftigungsverbote), § 7 (Regelung der Stillzeiten) und vor allem durch § 8 (Beschränkungen der Mehr-, Nacht- und Sonntagsarbeit).226 Bei Verstößen gegen das ArbZG ist der Arbeitgeber bußgeldbedroht oder begeht gar strafbare Handlun- gen gemäß §§ 22, 23 ArbZG. Für leitende Angestellte, also beispielsweise den an- gestellten geschäftsführenden Inhaber einer GmbH im Handwerk oder das Mana- gement größerer mittelständischer Betriebe gilt, das ArbZG nicht. Aus diesem Grunde können Angestelltenverträge die Arbeitszeitproblematik de facto außer acht lassen. Zur Regelung der Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen sei auf die Vor- schriften der §§ 9, 10 ArbZG verwiesen.227 224 Messe Hannover, Deutsche Messe AG (Hrsg.): „Impulse für eine Nachfragebelebung....,“, Presseinformation 24/94 zur Hannover Messe 1994, S. 2. 225 Neumann/Biebl: Arbeitszeitgesetz - Kommentar, 12. Aufl., 1995, § 1 Rn. 4. 226 Am Rande sei erwähnt, daß in der Arbeitsstättenverordnung durch § 31 spezielle Liegeräume für werdende und stillende Mütter gefordert sind. 227 Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, § 10 Rn. 10, S. 140, zu den Leitgedanken eines Ausnahmeka- talogs. 110 II. Begriffsbestimmung 1. Arbeitszeit i.S.v. § 2 I ArbZG Zunächst erfolgt in § 2 I ArbZG eine Definition des Begriffes der Arbeitszeit. Die- ser ist nahezu der gleiche, wie nach § 2 I AZO und bezeichnet die Zeitspanne, wäh- rend der ein Arbeitnehmer seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung stel- len muß. Von daher gilt als Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Ar- beit ohne Ruhepausen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Dauer der Arbeits- zeit als chronometrischem Faktor und der Verteilung der Arbeitszeit als chronolo- gischem Faktor. Die Dauer der Arbeitszeit ist das vertraglich festgelegte Volumen, in dem der Arbeitnehmer dem Betrieb zur Verfügung zu stehen hat.228 Sie ergibt sich für das holz- und kunststoffverarbeitende Handwerk aus § 3 Nr. 1 Mantelta- rifvertrag für Hessen (MTH). Demgegenüber entscheidet die Verteilung der Ar- beitszeit darüber, wie das vertraglich festgelegte Volumen der Arbeitszeitdauer auf die einzelnen Werktage verteilt wird.229 Ab dem 1.7.1999 gilt für einen Teil der Arbeitnehmer ein mit einem neuen Tarifpartner ausgehandelter MTH. Dieser lässt in § 4 einen neuen Status zu. Ein Arbeitszeitkorridor von 32-45 Stunden ist mög- lich. Der maximale Ausgleichszeitraum beträgt 18 Monate. Das Modell lässt eine JAZ nicht ohne weiteres zu und krankt außerdem an einer Zuschlagsverpflichtung von 25 % für die sog. Plusstunden. Zwischen den Tarifvertragsparteien herrscht außerdem Uneinigkeit über den Geltungsbereich des MTH. Er muß aber als erster Schritt in die richtige Richtung bezeichnet werden. 2. Betriebszeit Die Betriebszeit (auch Anlagen- oder Betriebsnutzungszeit) ist hingegen betriebs- wirtschaftlich die Zeit, in der die betrieblichen Anlagen und Einrichtungen genutzt werden. Die Festsetzung der Betriebszeit ist eine wirtschaftliche Entscheidung, die allein dem Arbeitgeber obliegt. Demnach ist die Entscheidung über die Dauer der 228 MHdArb-Blomeyer § 46 Rn. 101. 111 Betriebszeit mitbestimmungsfrei und unterliegt grundsätzlich keinen sonstigen ge- setzlichen oder tariflichen Beschränkungen. 3. Flexible Arbeitszeitgestaltung Eine flexible Arbeitszeitgestaltung bewirkt die gezielte Anpassung der Arbeitszeit an den Arbeitsanfall bzw. den betrieblichen Bedarf an Betriebsnutzungszeit. Da- durch sollen Differenzen zwischen Arbeitsanfall und Arbeitszeit vermieden oder zumindest abgemildert werden. Von daher muß vor der Suche nach dem geeigne- ten Modell der Bedarf an der Betriebszeit ermittelt werden. Die Auswahl und Verwirklichung der entsprechenden Arbeitszeitmodelle, mit dem die gewünschte Betriebszeit realisiert werden kann, ist sodann der zweite Schritt. 4. Arbeitnehmerbegriff des § 2 II ArbZG Damit jedoch das Arbeitszeitgesetz zur Anwendung gelangen kann, muß es sich um Arbeitnehmer i.S.v. § 2 II ArbZG handeln. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages (Arbeitsvertrag) im Dienste eines anderen (Ar- beitgebers) zur Leistung fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit ver- pflichtet ist. Entscheidendes Kriterium ist die persönliche Abhängigkeit. Sie liegt vor, wenn der Dienstverpflichtete hinsichtlich der Zeit, Dauer und Ort der geschul- deten Arbeit weisungsgebunden ist, notwendigerweise in ständigem engen Kontakt zu anderen Arbeitnehmern steht und sich Vorgesetzten unterordnen muß.230 Von daher bereitet der Anwendungsbereich im allgemeinen keine Schwierigkeiten, da Arbeiter, Angestellte und zur Berufsbildung Beschäftigte entsprechend angestellt werden und solche Verträge haben.231 229 MHdArb-Blomeyer § 46 Rn. 127. 230 Vgl. BAG v. 28.02.1962 AP Nr. 1 zu § 611 (Abhängigkeit). 231 Neumann/Biebl: Arbeitszeitgesetz, § 2 Rn. 21. 112 III. Rechtsquellen Bestimmungen über die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers finden sich in unter- schiedlichen Rechtsquellen. Neben den Vorgaben der staatlichen Arbeitszeitvor- schriften enthalten insbesondere Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Ein- zelarbeitsverträge weitere Arbeitszeitregelungen. 1. Tarifvertrag Der Tarifvertrag zielt in erster Linie auf die Arbeitsvertragsbedingungen. Dement- sprechend beinhaltet der Tarifvertrag alle Normen über Inhalt, Abschluß und Be- endigung von Arbeitsverhältnissen. Diese entfalten nach § 4 I 1 TVG eine unmit- telbare und zwingende Wirkung für Arbeitsverhältnisse, bei denen beide Partner tarifgebunden sind.232 Nicht organisierte Arbeitnehmer werden durch einzelver- tragliche Bezugnahme in den Regelungsbereich des Tarifvertrages einbezogen.233 Allerdings ist nach § 77 III, 1 BetrVG die Regelung der Arbeitszeitdauer der Be- triebsvereinbarung grundsätzlich nicht zugänglich, wenn die Arbeitszeit tariflich üblicherweise geregelt wurde. Von dieser Sperrwirkung werden jedoch nicht die sog. Öffnungsklauseln erfaßt. Danach kann eine vom Tarifvertrag bereits geregelte Materie dann durch Betriebsvereinbarung geändert werden, wenn dies der Tarif- vertrag ausdrücklich vorsieht bzw. zuläßt. 2. Diskussion um die Reform des Flächentarifvertrages Der Flächentarifvertrag könnte daher reformiert werden, wie die aktuelle Diskussi- on vorschlägt. Die Tendenzen im Einzelnen: Die Verantwortung des Gesetzgebers für die Flexibilität der tariflichen Ordnung ist unbestritten. Die hohe Zahl von Er- werbslosen hat u.a. ihre Gründe im strukturellen Ungleichgewicht von Wettbe- werbsrealität und Innovationskraft der Arbeitszeitproblematik. 232 Vgl. BAG AZ 4 AZR 129/96. Tarifverträge sind Dauerverträge und aus sichtlichem Grunde kündbar, wenn ihre Fortsetzung für eine Vertragspartei (Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) unzu- mutbar ist. 113 Art. 9 Abs. 3 GG verleiht den Tarifvertragsparteien ein sog. „Normsetzungsrecht“, aber kein „Normsetzungsmonopol“ im Rahmen der Mechanismen der Tarifauto- nomie. Dieser vom BVG am 24.4.1996 definierte wichtige Unterschied läßt für die Zukunft hoffen, daß folgende Parameter juristischer Komponenten Zugang zum Arbeitszeitmanagement in den Schreinereiunternehmen finden: a) Lohnöffnungsklauseln nicht nur als Härteklauseln zuzulassen, da dies unprak- tisch ist, weil sich mittelständische Unternehmen scheuen, Notlagen öffentlich zu bekunden (siehe auch d). b) § 77 Abs. 3 BetrVG sollte sinngemäß so geändert werden, daß zwischen Ge- schäftsleitung und Belegschaftsvertretung Öffnungsklauseln ausgehandelt wer- den dürfen, z.B. als Betriebsvereinbarung, die vom Tarifvertrag abweichen kön- nen. Eventuell kann eine mehrheitliche Zustimmung der Belegschaft als Begrün- dung herangezogen werden. Dies ist juristisch umstritten. c) § 5 TarifVG sollte die Möglichkeit offen lassen, Ausnahmen bei der Allge- meinverbindlichkeit von Löhnen zuzulassen. Unterhalb der tariflichen Lohn- schwelle entsteht so aus ökonomischer Sicht ein Markt für arbeitswillige Ar- beitnehmer, die sich über Leistungszulagen qualifizieren können. d) § 4 Abs. 3 TarifVG sollte eine zeitadäquate Definition des Günstigkeitsprinzips zulassen. Nicht nur höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten sind für den Ar- beitnehmer „günstiger“, in der Einzelfallbewertung kann auch der Lohnan- teilsverzicht in der Unternehmenskrise o.ä. „günstiger“ sein, da ansonsten ein Arbeitsplatzverlust und somit volkswirtschaftliche Nachteile entstehen. Die juristische und tarifvertragliche Regelung muß der sozialen Realität folgen, um ökonomisch positive Effekte zu unterstützen. Ein solches Verständnis wirt- schaftlicher Abläufe entspricht der bewährten Tradition liberal orientierter Wirt- schaftsordnungen. 233 Vgl. Däubler/Kittner/Klebe: Betriebsverfassungsgesetz, 5. Aufl., Köln 1996, § 77 Rn. 42. 114 3. Betriebsvereinbarung Eine Betriebsvereinbarung ist nach § 77 II BetrVG nur zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber möglich. Der Inhalt der Betriebsvereinbarung gilt gem. § 77 IV BetrVG unmittelbar und zwingend für die Arbeitsverhältnisse der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer.234 Allerdings ist nach § 77 III BetrVG die Regelung der Arbeitszeitdauer der Betriebsvereinbarung grundsätzlich nicht zugänglich, wenn die Arbeitszeit tariflich geregelt wurde. Von dieser Sperrwirkung werden jedoch nicht die sog. Öffnungsklauseln erfaßt. Danach kann eine vom Tarifvertrag bereits geregelte Materie dann durch Betriebsvereinbarung geändert werden, wenn dies der Tarifvertrag ausdrücklich genehmigt.235 4. Individualarbeitsvertrag Darüber hinaus gilt bei der Festlegung von Arbeitszeitbedingungen der Grundsatz der Vertragsfreiheit, der seine Einschränkung nur in zwingenden gesetzlichen Vor- schriften findet.236 So sind gem. § 4 III TVG tarifvertragliche Normen einseitig zwingend. Daraus folgt, daß bei sich widersprechenden Vereinbarungen im Ar- beitsverhältnis und Tarifvertrag die für den Arbeitnehmer günstigere Abmachung gilt (sog. Günstigkeitsprinzip).237 Hierbei ist vor allem problematisch, sichere Maß- stäbe für einen Günstigkeitsvergleich zu finden. Dabei wird bei einer Gegenüber- stellung auf einen objektiven Maßstab abgestellt, der sich aus der Sicht eines ver- ständigen Arbeitnehmers ergibt.238 Nach herrschender Rechtsauffassung gilt im Verhältnis zwischen Betriebsvereinbarung (BV) und Tarifvertrag (TarifV) das Günstigkeitsprinzip nicht. 234 Vgl. Däubler/Kittner/Klebe: § 77 Rn. 42. 235 Vgl. Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, Rn. 38, 53, 72. 236 Dobberahn: Das neue Arbeitszeitgesetz, München 1994, Rn. 4. 237 MHdArb- Löwisch § 265 Rn. 1ff. 238 MHdArb- Löwisch § 265 Rn. 45 sowie Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, § 7 Rn. 18, S. 121. Linnenkohl befaßt sich mit der umstrittenen rechtlichen und faktischen Aufwertung der betriebli- chen Ebene. 115 IV. Gesetzlicher Spielraum des § 3 ArbZG Das Arbeitszeitgesetz regelt in § 3 lediglich die gesetzlich zulässige Höchst- arbeitszeit, d.h. die Dauer der Arbeitszeit, bis zu der ein Arbeitgeber einen Arbeit- nehmer über 18 Jahre straflos beschäftigen darf. Durch das Arbeitszeitgesetz wird jedoch nicht eine privatrechtliche Verpflichtung des Arbeitnehmers begründet, während der zulässigen Höchstarbeitszeit Arbeit zu leisten.239 Die Regelung des zeitlichen Umfangs der Verpflichtung des Arbeitnehmers ergibt sich viel mehr aus dem jeweils gültigen Tarifvertrag.240 1. Werktägliche Arbeitszeit Die werktägliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers darf nach § 3 ArbZG 8 Stunden nicht überschreiten. Werktage sind alle Tage, die weder Sonntag noch ein gesetz- licher Feiertag sind. Als Werktag in diesem Sinne ist aber nicht der Kalendertag von 0 bis 24 Uhr, sondern der 24stündige Arbeitstag des einzelnen Arbeitnehmers zu verstehen, der vom Beginn der Arbeitszeit des Arbeitnehmers i.S.v. § 2 ArbZG ab gezählt wird und 24 Stunden später endet.241 2. Verlängerungsmöglichkeiten und -voraussetzungen Diese gesetzlich zulässige werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden kann kraft Ge- setzes (§ 3.2 ArbZG) von jedem Betrieb aus jedem Grund oder Anlaß auf bis zu 10 Stunden verlängert werden.242Dabei nennt das Gesetz als Voraussetzungen ledig- lich die 10-Stunden-Obergrenze für einen Werktag und den Ausgleich der verlän- 239 Vgl. Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz § 3 Rn. 2, 3, S. 87, § 3 Rn. 6, S. 88 sowie Zmarzlik: „Das neue Arbeitszeitgesetz“, DB (1994), S. 1082, 1083. 240 Hier: § 3 Nr. 1 MTH. 241 Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, § 3 Rn. 1-40, S. 87ff., Roggendorff: Arbeitszeitgesetz, Mün- chen 1994, § 3 Rn. 5 und Zmarzlik/Anzinger: Kommentar zum Arbeitszeitgesetz, Heidelberg 1995, § 3 Rn. 19. 242 Zmarzlik/Anzinger: Kommentar zum Arbeitszeitgesetz § 3 ArbZG Rn. 7, Roggendorff: Ar- beitszeitgesetz, § 3 Rn. 19. 116 gerten Arbeitszeit auf einen 8-Stunden-Durchschnitt im vom Arbeitszeitgesetz be- stimmten Ausgleichszeitraum.243 3. Ausgleichszeitraum Für den Ausgleich der Verlängerung der Arbeitszeit durch eine entsprechende Verkürzung stellt § 3.2 ArbZG zwei Ausgleichszeiträume zur Wahl: sechs Kalen- dermonate oder 24 Wochen. Dem Betrieb stehen diese beiden Ausgleichszeiträume jederzeit alternativ zur Verfügung, d.h., er ist an eine einmal getroffene Entschei- dung nicht gebunden. Dabei ist ein Kalendermonat im Ausgleichszeitraum einer der 12 Monate des jeweiligen Kalenderjahres. Er beginnt mit dem 1. und endet mit dem letzten Tag des betreffenden Monats; der Betrieb ist jedoch nicht an das Ka- lenderjahr gebunden.244 Eine Woche braucht hingegen nicht mit der Kalenderwo- che identisch zu sein. Als Woche kann jeder Zeitraum von 7 aufeinanderfolgenden Tagen gewählt werden. Zu beachten ist ferner, daß die Kalendermonate bzw. - wochen des Ausgleichszeitraumes unmittelbar aufeinanderfolgende sein müssen. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des Gesetzes („innerhalb“), zum an- deren aus dem Arbeitszweck der Vorschrift. Die sechs Kalendermonate bzw. 24 Wochen sind der längste in § 3 ArbZG zuge- lassene Ausgleichszeitraum. Der Betrieb kann einen kürzeren Zeitraum für den Arbeitsausgleich wählen. Ein längerer Ausgleichszeitraum ist durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung gem. § 7 I Nr. 1 b) zulässig.245 Für die Wahl des Aus- gleichszeitraumes ist es gleichgültig, ob die Tage mit längerer oder kürzerer Ar- beitszeit am Anfang, am Ende oder in der Mitte des Ausgleichszeitraumes liegen. Im einen Falle wird vor-, im anderen wird nachgearbeitet.246 Bei der Wahl und Än- derung des Ausgleichszeitraumes hat der Betriebsrat nach § 87 I Nr. 2 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht. Ist kein Betriebsrat vorhanden, kann der Arbeitgeber den Ausgleichszeitraum aufgrund seiner Weisungsbefugnis wählen. Das Themenspek- 243 Erasmy: „Ausgewählte Rechtsfragen zum neuen Arbeitszeitrecht“, NZA (1994), 1105, 1106. 244 Zmarzlik/Anzinger: Kommentar zum Arbeitszeitgesetz, § 3 ArbZG Rn.. 21. 245 Vgl. Linnenkohl, K.; Arbeitszeitgesetz, Taschenkommentar, § 3 Rn. 24, S. 91. 246 Zmarzlik/Anzinger, Kommentar zum Arbeitszeitgesetz, § 3 Rn. 23, Neumann/ Biebl: Arbeits- zeitgesetz-Kommentar, § 3 Rn. 9. 117 trum Verlängerung des Arbeits- und Ausgleichszeitraums hat LINNENKOHL aufge- arbeitet.247 4. Ruhepausen nach § 4 ArbZG In § 4 ArbZG wird die Unterbrechung der Arbeitszeit durch Ruhepausen geregelt. Ihre Dauer beträgt nach § 4.1 ArbZG bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden mindestens 30 Minuten und erhöht sich auf 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden, wobei § 4.3 ArbZG beachtet werden muß, der besagt, daß Arbeitnehmer nicht länger als 6 Stunden hintereinander ohne Ruhepausen be- schäftigt werden dürfen. Durch die Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes gibt es nun keine unterschiedliche Pausenregelung für Frauen und Männer mehr. 5. Ruhezeit nach § 5 ArbZG Im Anschluß daran regelt § 5 ArbZG die Ruhezeiten der Arbeitnehmer. Als Ruhe- zeit wird die Zeit zwischen Beendigung einer Arbeitsschicht und die Wiederauf- nahme der Arbeit am gleichen oder am nächsten Tag bezeichnet.248 Sie muß gem. § 5 I ArbZG nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit gewährt werden. Ferner muß sie einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens 11 Stunden umfassen und darf nicht in Zeitabschnitte aufgeteilt werden.249 V. Tarifvertragliche Möglichkeiten Durch den Tarifvertrag wird nach § 1 TVG u. a. der Inhalt des Arbeitsverhältnisses geregelt. Dabei geht es in erster Linie um die Hauptleistungspflichten der Arbeits- vertragsparteien.250 Zu der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers gehört Dauer und 247 Vgl. Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, Taschenkommentar, § 3 Satz 2 Rn. 11-40, S. 89-94. 248 Vgl. BAG vom 23.11.1960 AP Nr. 6 zu § 12 AZO. 249 Roggendorff: Arbeitszeitgesetz, § 5 Rn. 12 ff. 250 Löwisch/Rieble: Tarifvertragsgesetz, München 1992, § 1 Rn. 41. 118 Lage der regelmäßigen Arbeitszeit.251 Dadurch kommt es zu einer Kollision von gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen. Ziel der Praxis muß es sein, einen gemeinsamen Bezugsrahmen zu finden und zu definieren, der analog zum ArbZG in keinem betrieblichen Konsensmodell mündet. Ökonomisches und soziales Inter- esse ist abzugleichen. Jedoch handelt es sich bei § 3 ArbZG um einen Mindest- schutz des Arbeitnehmers, welcher durch Tarifvertrag lediglich nicht verschlechtert werden kann. Dies ergibt jedenfalls eine Zusammenschau der §§ 1, 3 und 7 ArbZG. So läßt § 7 I Nr. 1 ArbZG ausdrücklich eine Abweichung durch Tarifvertrag zu und auch die Formulierung „nicht überschreiten“ in § 3 ArbZG252 sowie der Zweck dieses Gesetzes, der nach § 1 Nr. 1 ArbZG in der Verbesserung der Rahmenbedin- gungen für flexible Arbeitszeit liegt, führen dazu, daß eine tarifliche Regelung dem Arbeitszeitgesetz vorausgeht, solange sie sich in dessen Grenzen bewegt. 1. Nach den Manteltarifverträgen vom 01.01.1992 und 01.07.1999 Der Manteltarifvertrag für das holz- und kunststoffverarbeitende Handwerk in Hessen vom 01.01.1992 regelt in den §§ 3 bis 5 MTH die Arbeitszeit der Arbeit- nehmers.253 Ein neuer MTH, der jedoch nur für neue oder geänderte Arbeitsverträ- ge gilt (seit 1.1.1999), regelt die Arbeitszeit in § 4. a) Arbeitszeitverteilung Zunächst wird die wöchentliche Arbeitszeit nach § 3 Nr. 1 MTH auf 38 Stunden begrenzt. Ferner begrenzt § 3 Nr. 2 MTH die tägliche Arbeitszeit auf maximal 8 Stunden. Der „neue“ MTH lässt eien Korridorregelung zu. 251 MHdArb-Löwisch § 253 Rn. 2, Wiedemann/Stumpf: Tarifvertragsgesetz, 5. Aufl., München 1977, § 1 Rn. 152. 252 Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, § 1 Rn. 1, S. 57. 253 Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, § 3 Rn. 17, S. 91. 119 b) Fehlende Öffnungsklausel Jedoch sieht § 4 III 1 Alt. TVG vor, daß die Tarifvertragsparteien von ihren Tarif- normen abweichende Abmachungen gestatten können.254 Man spricht hierbei von Öffnungsklauseln255, die auch Abweichungen zuungunsten des Arbeitnehmers er- möglichen.256 Abweichende Abmachungen können dabei vor allem Betriebs- vereinbarungen oder Individualarbeitsverträge sein. Der Tarifvertrag muß aber einen konkreten Anlaß für die Annahme einer Öffnungsklausel bieten. Eine still- schweigende257 Öffnungsklausel kann er nicht enthalten.258 Im Manteltarifvertrag beinhaltet weder § 3 Nr. 1 noch Nr. 2 eine Öffnungsklausel, die eine Einführung der flexiblen Arbeitszeit gestatten würde. Die Möglichkeit ei- ner Betriebsvereinbarung nach § 3 Nr. 2 dient lediglich der Umsetzung der 38- Stunden-Woche im konkreten Betrieb. Aber selbst bei dieser Möglichkeit besteht die Vorgabe des Manteltarifvertrages hinsichtlich der Höchstgrenze der täglichen Arbeitszeit. Von daher beinhaltet der Manteltarifvertrag keine Öffnungsklausel, die eine abweichende Regelung der Arbeitszeit ermöglicht. Dieses Defizit ist zu dia- gnostizieren.259 Der „neue“ MTH lockert dieses Defizit in § 4 auf; jedoch sind die betriebsindividuellen Möglichkeiten weiterhin eingeschränkt. Eine Öffnungsklausel fehlt ; lediglich eine Möglichkeit der Verländerung (Verkürzung) via Zeitkonto wird optioniert. 254 MHdArb-Löwisch § 264 Rn. 1. 255 Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, § 1 Rn. 38, S. 65. 256 Dütz: Arbeitsrecht, 2. Aufl., München 1994, Rn. 546. 257 Das individuelle angewandte Bestimmungsrecht der Arbeitszeit führt immer wieder zu Kon- flikten. Während ein vereinbartes f/v Arbeitszeitsystem auch Änderungen der Lage und Dauer von Arbeitszeiten, gerade in Spitzen, gegebenenfalls auch kurzfristig, regelt, führt das Direkti- onsrecht des Arbeitgebers immer dann zu Problemen, wenn die Anordnung als nicht zwingend erscheint - hier vor allem mit dem Argument der Vereinbarkeit mit dem privaten Bereich - und von den Arbeitnehmern nicht akzeptiert wird. Bis zur Beendigung des arbeitsrechtlichen Streites kann u.U. die Notwendigkeit der Direktion bereits wieder erloschen sein. Vgl. ArbG Hamburg 4.12.1995 - 21 Ca 290/95=BB 1996, 1668 (Berufung eingelegt; LAG Hamburg - 3 Sa 43/96); Bei der Bestimmung der Arbeitszeit darf der AG im Rahmen des Direktionsrechtes keine betrieblich nicht zwingenden Anordnungen treffen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf behindern. 258 Löwisch/Rieble, Tarifvertragsgesetz, § 4 Rn. 133. 259 Vgl. Anhang 1. 120 c) Flexible Arbeitszeit durch Mehrarbeit Gleichwohl könnte es trotz dieser fehlenden Öffnungsklausel möglich sein, über den 8-Stunden-Tag hinaus eine Beschäftigung der Arbeitnehmer aus dem Tarif- vertrag heraus vorzunehmen. Nach § 4 MTH besteht die Möglichkeit der Mehrar- beit. Diese geleistete Mehrarbeit ist durch Freizeit oder Abgeltung auszugleichen. Für die Mehrarbeitsvergütung gilt § 5 Nr. 1a MTH, wonach bis zu 2 Stunden täg- lich mit 25% Zuschlag berechnet werden und sich der Zuschlag ab der 3. Stunde täglicher Mehrarbeit auf 50% beläuft. Soll allein ein Freizeitausgleich stattfinden, so ist § 4 Nr. 5 MTH zu beachten. Da- nach ist der Freizeitausgleich innerhalb von 4 Monaten durchzuführen. Dies gilt aber nur für eine Höchstgrenze von 20 Stunden im Monat. Darüber hinaus gehende Mehrarbeit ist stets pekuniär abzugelten. Somit wird eine zuschlagsfreie Wochen- arbeitszeit von 43 Stunden erreicht, die innerhalb eines Zeitraumes von 4 Monaten ausgeglichen werden muß.260 Problematisch ist, daß die Kosten für Zuschläge und Angaben der befragten Unternehmen am Markt nicht umzusetzen sind. Der „neue“ MTH konkretisiert diese Möglichkeit in einer Zeitkorridor-Variante. 2. Ausblick auf die Möglichkeiten des Manteltarifvertrages Da der derzeit gültige Manteltarifvertrag ausläuft261, soll kurz darauf eingegangen werden, welche Möglichkeiten ein neuer Tarifvertrag bieten kann, der die Ge- setzesänderung aus dem Jahre 1994 berücksichtigt. Der derzeit gültige Tarifvertrag geht von der 38-Stunden-Woche aus. Die Möglichkeit der Flexibilisierung wird nicht ausdrücklich genannt und kann bestenfalls als Ausnahmeregelung durch § 4 Nr. 5 MTH im begrenzten Rahmen erreicht werden. 260 Dieses Ergebnis läßt sich allerdings nicht auf Betriebe übertragen, in denen dem Arbeitneh- mer ein Wahlrecht hinsichtlich der Behandlung der Mehrarbeit zusteht. Aufgrund von § 4 Nr. 5 MTH müßte eine Betriebsvereinbarung über den Ausgleich und seine Behandlung geschlossen werden. Ist dies nicht geschehen, und steht dem Arbeitnehmer ein Wahlrecht zu, so kann ihm dies nach dem Grundsatz der betrieblichen Übung meist nicht mehr beschnitten werden. 121 Hier könnte ein neuer Manteltarifvertrag Änderungen mit sich bringen, indem er die flexible Arbeitszeit zur Regel werden läßt bzw. die Verteilung der wöchentli- chen Arbeitszeit dem Arbeitgeber und Betriebsrat überläßt. Zu diesem Zweck müßte der Manteltarifvertrag auch eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit vorsehen. Wenn auch nicht die maximal zulässige Arbeitszeit von 50 Stunden in der Woche262, so könnte dennoch der Rahmen deutlich erweitert werden. Neben der Möglichkeit, daß eine wöchentliche Höchstarbeitszeitgrenze eingeführt wird, kann auch eine Mindestarbeitszeit pro Woche vorgesehen werden. Im Extremfall könnte diese sogar bis auf 0 Stunden hinunter gehen. Eher wird sie wohl aber 25 bis 30 Stunden als Mindestarbeit vorsehen. Inwiefern ein Ausgleichszeitraum durch die Tarifparteien festgelegt wird, bleibt abzuwarten. Da nach § 7 I Nr. 1b ArbZG ein anderer Ausgleichszeitraum als der unter B I 3 dargestellte vereinbart werden kann, ist auch ein längerer Zeitraum als 6 Monate möglich. In der Regel wird er 12 Monate betragen. Allerdings wurde in einem Tarifvertrag auch schon ein Ausgleichszeitraum von 5 Jahren vereinbart.263 Ebenfalls denkbar ist eine Regelung, daß „Zeit durch Zeit“ ausgeglichen werden soll. So könnte eventuell die Abgeltung von Zeitguthaben nur eingeschränkt mög- lich sein, z.B. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, bei Tod des Arbeitnehmers oder bei einem Zeitguthaben am Ende des Ausgleichszeitraumes. Alles in allem wird nach einem neuen Manteltarifvertrag die Einführung einer flexiblen Arbeits- zeit besser ausgestaltet sein müssen, als dies derzeit der Fall ist. Die vorliegende Dissertation empfiehlt den Tarifvertragsparteien einen Arbeits- zeitkorridor zu vereinbaren. Die Rahmenbedingungen sind vor allem bzgl. der Be- messungszeiträume zu fixieren.264 261 Der Manteltarifvertrag wurde vom LIV HKH Hessen zum 31.12.1996 gekündigt mit dem Ziel, neue Verhandlungsstandpunkte einfließen zu lassen. Der Stand der Verhandlungen bzw. Ergeb- nisse konnten wegen des Abschlusses dieser Arbeit nicht berücksichtigt werden. 262 Bei einer 5-Tage-Woche kann nach § 3 Satz 2 ArbZG täglich 10 Stunden gearbeitet werden. 263 Vgl. Andritzky: „Neuer Manteltarifvertrag in der Süßwarenindustrie“, NZA (1994), S. 1069, 1070 (mit auszugsweisen Abdruck des Tarifvertrages auf S. 1071); längere Ausgleichszeiträume sind auch in der Chemie - sowie M+E-Industrie vereinbart worden. Vgl. hierzu Linnenkohl/ Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, S. 183-222. Auf diesen Seiten findet sich eine exem- plarische Darstellung von MTV verschiedener Branchen. 264 Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, § 1 Rn. 36, 37, S. 65. 122 Der 15. Gewerkschaftstag der Gewerkschaft Holz und Kunststoff (GHK) hat die Kooperation und Integration in die IG-Metall beschlossen. Ziel ist der Zusammen- schluß beider Gewerkschaften durch Integration der GHK in die IG-Metall zum 31.12.1999. Mit Ablauf des Jahres 1999 wird damit die Gewerkschaft Holz und Kunststoff, der bisherige Tarif- und Sozialpartner des Schreinerhandwerks, in der IG-Metall auf- gehen und als künftiger Partner wegfallen. Nach dem Willen der GHK soll die IG- Metall nach dieser Verschmelzung in allen Bereichen der Tarif- und Sozialpartner- schaft die Aufgaben und Funktionen der heutigen GHK übernehmen. Diese Absicht wird z.B. durch die von der GHK gefordeten Überleitungstarifverträge deutlich. Ein solcher Schritt hat für das Tischlerhandwerk gravierende Auswirkungen, zu- nächst in der Tarifpolitik, aber auch bspw. in der Berufsgenossenschaft, in der be- ruflichen Bildung, sowie in allen wirtschaftlichen und sozialen Fragen, die sozial- partnerschaftlich orientiert sind. Die Mitgliederversammlung des Bundesverbandes des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks (BHKH) sieht angesichts einer mangelnden Branchenorientierung der IG-Metall, die wenig Bezug zum Tischler- handwerk hat, typische Interesse und Belange des Tischlerhandwerks in Gefahr. In diesem Zusammenhang bekennt sich der BHKH ausdrücklich zum Flächentarif- vertrag als wichtigstem Ordnungsfaktor für Unternehmen und Arbeitnehmer, sowie zum Prinzip der Sozialpartnerschaft, das gerade im Handwerk eine lange Tradition hat. Im Tariffindungsprozeß um eine konsensorientierte Regelung bzgl. flexibler Ar- beitszeitmodelle darf gehofft werden, daß der Umstrukturierungsprozeß auf Seiten der Gewerkschaft nicht zu unnötigen Zeitverschiebungen führt; ebenfalls muß von der Arbeitgeberseite (BHKH) gefordert werden, daß sie sich auf die neuen Ver- handlungspartner einstellt und ihrerseits keine Eskalationen erlaubt. 123 Ab dem 1.7.1999 kann alternativ ein MTH herangezogen werden, der mit der „Christlichen Gewerkschaft Deutschlnads“ und dem „Deutschen Handels- und In- dustrieangestellten-Verband“ geschlossen wurde. VI. Ausgenommene Arbeitnehmer Allerdings werden einige Arbeitnehmergruppen durch besondere Schutzvor- schriften erfaßt.265 Diese Spezialvorschriften des öffentlichen Rechts gehen den Regelungen der Arbeitsverträge vor und unterliegen nicht kollektiven bzw. indivi- dualrechtlichen Bedingungen.266 1. Nach dem Mutterschutzgesetz So gilt für werdende und stillende Mütter die Arbeitszeitregelung des § 8 MuSchG Danach darf die tägliche Arbeitszeit 8,5 Stunden oder 90 Stunden in der Doppel- woche267 nicht übersteigen. Ein Verstoß gegen § 8 MuSchG liegt bereits dann vor, wenn nur eine der Alternativen erfüllt ist. Allerdings ist der Begriff „Mehrarbeit“ des § 8 I MuSchG eigenständig auszulegen. Nur die Zeiten dieses Gesetzes sind ausschlaggebend. Sieht der Tarifvertrag eine kürzere Arbeitszeit vor, so handelt es sich nicht um Mehrarbeit, wenn Überstunden bis zur oben genannten Grenze gelei- stet werden.268 2. Nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz Ebenfalls eine eigenständige Arbeitszeitregelung enthält das Jugendarbeitsschutz- gesetz für Arbeitnehmer, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 2 265 Anderenfalls gibt es eine Reihe von Ausnahmevorschriften, die zur Kritik am Gesetzeswerk führen. Vgl. Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, § 7 Rn. 18-20, S. 121-123, § 10, Rn. 4, S. 139, § 13, Rn. 13, S. 160. 266 Meisel/Sowka: Mutterschutz und Erziehungsurlaub, 4. Aufl., München 1995, § 8 Rn. 4 sowie Zmarzlik/Anzinger, § 8 JArbSchG Rn. 46. 267 Der Begriff Doppelwoche ist im Gesetz nicht definiert. Eine dem Sinn und Zweck der Vor- schrift folgende Auslegung ergibt, daß hier ein Zeitraum von zwei aufeinanderfolgenden Kalen- derwochen gemeint ist. 124 JArbSchG). Die Arbeitszeit beträgt nach § 8 I JArbSchG grundsätzlich 8 Stunden täglich. Wie bei § 3 ArbZG handelt es sich um eine gesetzlich zulässige Arbeitszeit, nicht um die tatsächliche Arbeitszeit. Sie erhöht sich nach § 8 II a JArbSchG auf 8½ Stunden täglich, wenn die Arbeitszeit an einzelnen Werktagen in der Woche verkürzt ist.269 Zu beachten ist, daß die wöchentliche Arbeitszeit in jedem Fall die 40 Stunden nicht überschreiten darf. Die Grenzen der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sind nebeneinander einzuhalten.270 Ferner wird auch die Lage der Ar- beitszeit durch das Jugendarbeitsschutzgesetz geregelt. Demnach dürfen Jugendli- che nach § 14 I JArbSchG nur in einer Zeit von 6 bis 20 Uhr beschäftigt werden und gem. §§ 16 I, 17 I JArbSchG nur von Montag bis Freitag. VII. Modelle der flexiblen Arbeitszeit Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, die sich bietenden Chancen der flexiblen Arbeitszeit im Betrieb umzusetzen.271 Sie reichen von der Gleitzeit über die Teil- zeitarbeit bis hin zu verschiedenen Schichtmodellen. Nachstehend soll jedoch die Auswirkung von Modellen betrachtet werden, die zum einen mehr einen Indivi- dualbezug, zum anderen eine Gesamtbetriebsbetrachtung aufweisen. Beide Modelle weisen auf Basis der Untersuchungsergebnisse einen hohen Grad an Realisierungs- potential auf. 1. Zeitausgleich Dabei bietet sich zunächst die individuelle Lösung der flexiblen Arbeitszeit durch freie Tage des Arbeitnehmers an. Ein Zeitausgleich durch freie Tage ist prinzipiell bei allen Methoden der flexiblen Arbeitszeitgestaltung möglich. Im engeren Sinne bezeichnet man mit diesem Modell den Fall, daß eine Betriebszeit von 40 Stunden pro Woche oder mehr, gleichmäßig verteilt auf 5 Werktage zu 8 Stunden oder 268 Meisel/Sowka, Mutterschutz und Erziehungsurlaub, § 8 Rn. 10. 269 Wenn also zu. B. Freitags nur 5 Stunden gearbeitet wird. 270 Zmarzlik/Anzinger: Jugendarbeitsschutzgesetz, § 8 Rn. 6. 271 Vgl. Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, dieses Grundlagenwerk dokumen- tiert 11 Grundmuster als Arbeitszeitformen und ordnet Individualausprägungen entsprechend zu. 125 mehr, trotz tariflicher Arbeitszeitverkürzung aufrechterhalten wird. Dabei findet der Zeitausgleich für die im Verhältnis zur tariflichen Arbeitszeit „zu viel“ ge- leistete Arbeit durch freie Tage statt. Entsprechend kann hier auch ein Freischicht- modell greifen.272 a) Zeitausgleich durch freie Tage Um eine dauerhafte Aufrechterhaltung der Betriebszeit zu gewährleisten, können die freien Tage nach einem rollierenden System organisatorisch so festgesetzt wer- den, daß stets eine möglichst gleichmäßige Anwesenheit der Arbeitnehmer ge- währleistet ist. Dies hat jedoch unzweifelhaft eine „Ausdünnung“ der Belegschaft zur Folge, so daß ähnlich wie bei Urlaubszeiten nicht immer alle Arbeitsplätze be- setzt sind. b) Zeitausgleich in „Lasttälern“ Um dies zu vermeiden, können auch die arbeitsfreien Ausgleichstage angesammelt und gebündelt in eine Zeit gelegt werden, in der der Betrieb nicht voll ausgelastet ist. Diese Methode hat allerdings den Nachteil, daß durch die Ausgleichstage Be- triebszeit unwiederbringlich verloren geht. c) Verfügungstage Ferner besteht die Möglichkeit, die freien Tage als „Verfügungstage“ zu behandeln. Hierbei können diese von den Arbeitnehmern, ähnlich wie einzelne Urlaubstage nach Absprache mit dem Arbeitgeber genommen werden. Diese Methode ist vor allem bei Arbeitnehmern beliebt, hat aber den Nachteil, daß sie eine bedarfsge- rechte Ausnutzung der Betriebszeit erschwert. Es wird eine Konzentration auf die sog. „Brückentage“ (z.B. den Freitag nach Christi Himmelfahrt) oder in Verbin- dung mit dem Urlaub geben, also Zeiten, in denen bereits eine ausreichende Beset- 272 Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, § 7 Rn. 36, S. 126. 126 zung der Abteilungen problematisch ist. Die Grenze der organisatorischen Hand- habbarkeit wäre etwa bei einer 37 WAZ erreicht.273 VIII. Ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit Durch eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit ist es möglich, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit den Auslastungsschwankungen anzupassen. Auf diese Weise wird vermieden, daß Arbeitnehmer in „Lastspitzen“ zuschlagspflichtige Mehrarbeit leisten müssen, während sie in den „Lasttälern“ nicht ausgelastet sind. Bei diesem Grundmuster274 handelt es sich um die kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit (KAPOVAZ). Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird entspre- chend der betrieblichen Erfordernisse abgefordert. Die insgesamt geschuldete Ar- beitszeit des Arbeitnehmers wird im voraus festgelegt. Als Bezugszeitraum kann die Woche, der Monat oder auch das Jahr vereinbart werden. Die Anpassung der Arbeitszeit erfolgt dann durch das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Ar- beitgebers. Gerade das Jahresarbeitszeitmodell275 dürfte sich für die Betriebe des holz- und kunststoffverarbeitenden Gewerbes anbieten, um zyklische Schwankun- gen auffangen zu können. Grundsätzlich ist eine Vereinbarung zur KAPOVAZ im Einzelarbeitsvertrag zu treffen, um Rechtssicherheit zu schaffen. Betriebswirt- schaftlich stellt die KAPOVAZ aus Unternehmenssicht die optimalste Arbeitsform dar. Aus Arbeitnehmersicht gelten Vorbehalte. Für das Schreinerhandwerk gilt die Empfehlung, bei KAPOVAZ das Arbeitszeitmanagement so einzurichten, daß die Arbeitnehmer rechtzeitig über die Arbeitszeiten informiert werden können und vor allem ein Mitspracherecht bzgl. der Struktur der Arbeitszeiten bekommen. 1. Kurzzyklische Schwankungen Kommt es in einzelnen Abteilungen regelmäßig zu Schwankungen der wöchent- lichen Arbeitszeit, so sollte die Arbeitszeit dort entsprechend dem Lastprofil ver- 273 Vgl. Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, S. 17. 274 Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, S. 21, 22, S. 121-125. 275 Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, § 7 Abs. 1 Nr. 1b, Abs. 3 Satz 1, § 1 Rn. 31, 37, S. 64, 65. 127 teilt werden, d.h., es sollte eine Vereinbarung getroffen werden, die eine von Wo- che zu Woche unterschiedliche Arbeitszeit vorsieht. Ein solches Modell bietet sich in Abteilungen an, die z.B. zur Monatsmitte einen geringen Arbeitsanfall haben, während zum Ultimo der Arbeitsanfall ungleich höher ausfällt. 2. Langzyklische Schwankungen Bei Betrieben mit saisonbedingten Auftragsschwankungen kommt schließlich eine langzyklische Betrachtung in Frage. Hierbei wird die wöchentliche Arbeitszeit im voraus für mehrere Monate festgelegt. Dabei sind die verschiedensten Kombina- tionen möglich. So könnte z.B. bei einer tariflichen Arbeitszeit von 38 Stunden pro Woche in der ersten Jahreshälfte durchgehend eine Arbeitszeit von 34 Stunden pro Woche und für die zweite Jahreshälfte eine Arbeitszeit von 42 Stunden pro Woche festgelegt werden.276 Kann hingegen in bestimmten Zeiten (z.B. zwischen Weihnachten und Anfang Ja- nuar) eine befriedigende Kapazitätsausnutzung ohnehin nicht erreicht werden, so könnte ein Zeitausgleich durch freie Tage für alle Arbeitnehmer in dieser Zeit er- folgen. Der Unterschied zu dem unter C.I vorgestellten Modell besteht darin, daß nicht grundsätzlich eine höhere wöchentliche Arbeitszeit vereinbart ist, sondern daß hierbei die Arbeitszeit aufgrund des Arbeitsanfalls erhöht wurde. Diese Erhö- hung der Arbeitszeit wird nun durch eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 0 Stun- den pro Woche ausgeglichen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, daß der Tarifver- trag eine solche Verkürzung auch zuläßt. Dies ist nicht der Fall, wenn er eine wö- chentliche Mindestarbeitszeit vorsieht. Schließlich ist es auch möglich, infolge eines eng terminierten Großauftrags kurz- fristig die Betriebszeit einen Monat lang deutlich zu erhöhen, um dann in den rest- 276 Dabei ist es gleich, ob ein Ausgleichszeitraum von 6 Monaten oder ein tariflicher Aus- gleichszeitraum von z.B. einem Jahr festgelegt ist. Bei einer derartigen Gestaltung durch den Tarifvertrag ergibt der Jahresdurchschnitt die wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden. Nach der gesetzlichen Regelung des § 3.2. ArbZG müssen zwei Ausgleichszeiträume zugrunde gelegt werden. In dem 1. Ausgleichszeitraum liegt die höhere Arbeitsleistung am Anfang, während sie in dem 2. Ausgleichszeitraum am Ende liegt. In dem einen Fall wird vor- in dem anderen nach- gearbeitet. 128 lichen Monaten des Ausgleichszeitraumes den Zeitausgleich gleichmäßig zu ver- teilen. Dies ist aber nur möglich, wenn ein möglichst langer Ausgleichszeitraum vereinbart wurde. Dieses Modell hat den Vorteil, daß trotz einer drastischen Erhö- hung der Arbeitszeit, innerhalb des Ausgleichszeitraumes nahezu die wöchentliche Arbeitszeit erreicht werden kann.277 Bei allen Methoden muß der jeweilige Aus- gleichszeitraum des Manteltarifvertrages beachtet werden, der z.Zt. mit 4 Monaten sehr eng bemessen ist. Eine Ausweitung erscheint jedoch wünschenswert i.S. von mehr Flexibilität und einer damit einhergehenden Verbesserung der ökonomischen Position. Der ab dem 1.7.1999 teilweise geltende MTH gewährt einen Ausgleich- zeitraum von 18 Monaten. IX. Umsetzung der flexiblen Arbeitszeit im Betrieb Entscheidend beim Verfahren für die Einführung der flexiblen Arbeitszeit ist die Frage, ob in dem jeweiligen Betrieb ein Betriebsrat vorhanden ist oder nicht. Gene- rell kann der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit kraft seines Weisungsrechtes bestimmen. Er hat dabei aber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 I Nr. 2, 3 BetrVG zu beachten. 1. Betriebsvereinbarung Mitbestimmungspflichtig278 ist nach § 87 I Nr. 2 BetrVG zunächst die Verteilung des vorgegebenen Arbeitszeitvolumens auf die einzelnen Wochentage.279 Dabei kommt es erst zur endgültigen Konkretisierung der Arbeitszeit, die durch die Dau- er im Tarifvertrag nur umfangmäßig bestimmt ist.280 Zu beachten ist weiterhin, 277 Beträgt die tarifliche Arbeitszeit 38 Stunden in der Woche bei einem 12monatigen Aus- gleichszeitraum, so könnte in einem Monat die Arbeitszeit auf 49 Stunden pro Woche erhöht werden. Der Ausgleich könnte nun dadurch erfolgen, daß 11 Monate lang mit einer Arbeitszeit von 37 Stunden pro Woche gearbeitet würde. 278 Vgl. Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, der rechtliche Entscheidungs- rahmen zu den Grundmustern der Arbeitszeitflexibilisierung wird auf den Seiten 41, 47, 71, 94, 118, 145, 191 aufgearbeitet; siehe hierzu auch §§ 77, 87 BetrVG, Heidelberg 1996, S. 181-182. 279 Däubler/Kittner/Klebe: Betriebsverfassungsgesetz, § 87 Rn. 78. 280 MHdArb- Blomeyer § 46 Rn. 127. 129 welche Vorgaben der Tarifvertrag macht.281 Mitbestimmungspflichtig ist ferner die Festlegung von Beginn und Ende der auf den einzelnen Werktag fallenden Arbeits- zeit. Die Grenzen der Mitbestimmung wurden bereits in den Teilen B.I und III dar- gelegt. Schließlich ergibt sich die Mitbestimmung des Betriebsrates aus § 87 I Nr. 3 BetrVG. Demnach wird auch eine vorübergehende Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit von ihr erfaßt. So wird durch eine Verlegung der Arbeitszeit eines oder mehrerer Tage auf die Tage einer anderen Woche die Arbeitszeit der einen Woche dadurch verkürzt, die der anderen verlängert. Es muß sich aber um eine vorübergehende Kürzung oder Verlängerung handeln, d.h., sie muß einen über- schaubaren Zeitraum betreffen und darf nicht auf Dauer erfolgen.282 Trifft der Ar- beitgeber die über eine o.g. mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten einseitig eine Regelung, so ist diese dem Arbeitnehmer gegenüber unwirksam. Der Arbeit- nehmer braucht sie nicht zu befolgen. Tut er dies dennoch, ist die dadurch angefal- lene Arbeitszeit nach § 615 BGB zu vergüten.283 Das Mitbestimmungsrecht wird in der Regel durch Betriebsvereinbarungen ausge- übt. Die Betriebsvereinbarung ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebs- rat, den diese im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben schließen.284 Nach § 77 II BetrVG sind Betriebsvereinbarungen von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Erforderlich sind daher übereinstim- mende Willenserklärungen hinsichtlich des gesamten Inhalts der abzuschließenden Betriebsvereinbarung.285 Eine Betriebsvereinbarung gilt nach § 77 IV BetrVG un- mittelbar und zwingend. Dies hat zur Folge, daß diese zum einen wie Gesetze und Tarifverträge von außen auf das Arbeitsverhältnis einwirken, zum anderen, daß die 281 Ist dort z.B. vereinbart, daß die Arbeitszeit auf 5 Werktage zu verteilen ist, so scheidet eine 6- Tage-Woche von vornherein aus. 282 Däubler/Kittner/Klebe, Betriebsverfassungsgesetz, § 87 Rn. 88 283 MHdArb-Matthes § 327 Rn. 49. 284 MHdArb-Matthes § 319 Rn. 1. 285 Die Willenserklärung auf Seiten des Betriebsrates erfordert einen ordnungsgemäßen Beschluß des Betriebsrates, der in einer Betriebsratssitzung zu fassen ist. 130 Normen der Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht abgedungen werden können.286 2. Individualarbeitsvertrag Die Vorschriften über Mitbestimmungspflicht des Betriebsrates nach dem Be- triebsverfassungsgesetz gelangen nicht zur Anwendung, wenn in dem Betrieb kein Betriebsrat vorhanden ist. Dies gilt auch, wenn der Betriebsrat betriebsratsfähig ist, d.h., wenn die nach § 1 BetrVG nötige Zahl der Beschäftigten erreicht ist. Die Um- setzung der flexiblen Arbeitszeit kann daher in diesem Falle auch nicht durch eine Betriebsvereinbarung vollzogen werden, da diese zwingend nur zwischen dem Ar- beitgeber und dem Betriebsrat erfolgen kann. Dies ist aber auch nicht nötig, da der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit gem. § 611 BGB kraft seiner Weisungsbefug- nis bestimmen kann. Die Einführung der flexiblen Arbeitszeit im Betrieb, das kon- krete Modell und die sich daraus ergebenden Arbeitszeiten des Arbeitnehmers können daher durch einen einfachen Aushang am „Schwarzen Brett“ erfolgen. Es bedarf dazu nicht der Änderung der Individualarbeitsverträge, es sei denn, in den Arbeitsverträgen wurden Vereinbarungen getroffen, wann die tägliche Arbeits- zeit beginnt und endet oder wie sie auf die einzelnen Wochentage zu verteilen ist. In diesen seltenen Fällen ist nach Scheitern einer einzelvertraglichen Regelung der Weg der Änderungskündigung zu wählen. Als Generallinie darf folgendes gelten: In betriebsratlosen Betrieben dürfen Arbeit- geber und Arbeitnehmer durch schriftliche Vereinbarung die „Direktübernahme“ vorsehen. 287 Das Erfordernis der Schriftlichkeit ist eine rechtsbegründende (kon- stitutive) Wirksamkeitsvoraussetzung; mündliche Abreden sind dabei nichtig (gem. § 125 BGB). Abgesehen davon erleichtert die Schriftlichkeit die behördliche Überwachungsfunktion (§ 17 Abs. 1 ArbZG). 286 MHdArb-Matthes § 319 Rn. 26. 287 Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, § 7 Rn. 22, S. 123. 131 3. Ablauf der Einführung288 Orientiert an den Untersuchungsergebnissen und der Erfahrung aus den münd- lichen Interviews ist im Rahmen dieser Dissertation ein Modell zum Ablauf der Einführung f/v Arbeitszeitsysteme vom Autor entwickelt worden. Dieses Ablauf- schema (siehe Anhang 3) gliedert sich wie folgt auf: a) Analyse der Ausgangslage (Analysephase) b) Ermittlung der bedarfsgerechten Arbeitszeitregelung (Statusphase) c) Einführung der geplanten Regelung im Betrieb (Implementierungsphase) d) Flankierende Maßnahmen (Statikphase).289 X. Lohnfindungsproblematik In der Praxis zeigt sich die Schwierigkeit bei der betrieblichen Lohnfindung vor allen Dingen im Zusammenhang mit der Einführung von f/v Arbeitszeitsystemen. Die Diskussion um den Flächentarif bzw. branchen- oder gar unternehmensbezo- gener Öffnungsklauseln offenbart die Problematik des Tarifsystems in der Bundes- republik auf. In der Praxis scheitert betriebliche Lohnfindung sehr häufig an scheinbar banalen Dingen wie ängstlichen Betriebsräten, konfliktscheuen Unter- nehmern oder scheinsolidarischen Bündnissen beider, durch welche das Problem externalisiert wird (Arbeitsplatzabbau, der als sozialverträglich definiert wird).290 Während SEITEL die klassische kollektive Regelung befürwortet, propagieren Ar- beitgeberorganisationen eine Arbeitszeitpolitik, die es ermöglicht völlig individuali- stische, mithin einzelvertragliche Vereinbarungen zwischen Mitarbeitern und ihren 288 Vgl. Wolter: Das neue Arbeitszeitrecht, Planegg 1995, S. 83ff.; Bellgardt, Flexible Arbeits- zeitsysteme, Heidelberg 1987, S. 73 und vor allem Linnenkohl/ Rauschenberg: Arbeitszeitflexi- bilisierung, S. 24. Die Autoren stellen eine praxisorientierte „Sechs-Phasen-Methode“ vor. 289 Wird aufgrund des besseren Gesamtverständnisses bereits hier aufgezeigt; eine intensive Er- läuterung findet sich in Anhang 3 290 Seitel: Öffnungsklauseln in Tarifverträgen, Eine ökonomische Analyse für Löhne und Ar- beitszeiten, Hrsg. Forschungsinstitut für Wirtschaftspolitik, Universität Mainz, Bd. 51, Berlin 1995. Der Autor untersuchte, ob Tarifs- und Verbandsflucht ein Beweis dafür sind, daß Betriebe ihre Arbeitsbedingungen selbst regeln wollen, weil ihre Interessenvertretungen sie allein gelassen 132 Arbeitgebern zu ermöglichen. Dies setzt relativ weiche und gestaltbare Öffnungs- klauseln voraus. Praktisches Beispiel für solch seine einzelvertragliche Regelungs- mechanik ist, allerdings ohne entsprechende Öffnungsklauseln, die Vereinbarung des nordhessischen Heizkesselfabrikanten Viessmann (1996)291(Mehrarbeit ohne Lohnausgleich). Diese Regelung führte zu heftigen Auseinandersetzungen zwi- schen Gewerkschaft und Firmenbetriebsrat; sie zeigt gleichsam die gesamte Pro- blematik eines individualisierten Arbeitszeitmanagements auf. Die Diskussion um Öffnungsklauseln in Tarifverträgen waren noch Anfang der 90er Jahre eine über- wiegend akademische Erörterung, die jedoch jetzt aktuell praktischen Auseinan- dersetzungen gewichen ist. Es ist denkbar, daß aufgrund der wirtschaftlichen Re- zession und der in raschen Tempo vorzufindenden globalen Öffnung der Märkte nach einer Übergangsphase das individualisierte Arbeitszeitmanagement forciert praktiziert werden wird. Die Erfahrungen eines kasuistischen Arbeitszeitmanage- ments können dann zu neuen Regelungspunkten einer kollektiven Tarifpolitik füh- ren.292 Dieses System in Deutschland stellt eine außerordentlich tragfähige Basis haben. Dabei entwickelt der Autor eine große Sympathie für das überkommene System der Tarif- autonomie und auch des Flächentarifs. 291 Die im zuständigen Arbeitgeberverband organisierte Firma Viessmann beabsichtigte aus Ko- sten- und Wettbewerbsgründen die Fertigung ihrer neuen Gastherme „Pendola“ in Myto/ Tsche- chien aufzunehmen. Kurz vor Baubeginn des neuen Werkes fanden im Frühjahr 1996 Ver- handlungen zwischen dem Betriebsrat bzw. dem Betriebsratvorsitzenden und der Arbeitgeberin statt mit dem Ziel, die Fertigung dieses Zukunftsproduktes durch Kostensenkungen am Standort Allendorf/Eder anzusiedeln. Nach diversen Verhandlungen stimmte der Betriebsrat nicht durch Betriebsvereinbarung, sondern in Form einer bloßen Regelungsabsprache, auf die § 77 IV, 1 BetrVG keine Anwendung findet, mit den Stimmen der nicht organisierten Betriebsräte gegen den Widerstand der in der IG-Metall organisierten Betriebsräte im wesentlichen folgenden Ver- handlungsergebnissen zu: Erweiterung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 38 Stunden ohne Lohn- ausgleich ab dem 1. April 1996 bis 30. April 1999 und dem Ausschluß von betriebsbedingten Kündigungen für diesen Zeitraum. Die Einigung stand unter dem Vorbehalt einzelvertraglicher Annahme einer breiten Mehrheit der Arbeitnehmer. 96,4% der Arbeitnehmer erklärten ihr schriftliches Einverständnis. Darauf wurde die neue Regelung umgesetzt. In Unternehmen der M+E-Industrie sind laut Mitteilungen der IGM ca. 10% der Arbeitnehmer gewerkschaftlich or- ganisiert. Für die restlichen Arbeitnehmer gelten die einschlägigen Tarifverträge kraft vertragli- cher Vereinbarung. Die Betriebsräte und die Firma Viessmann beriefen sich auf die Notwendig- keit des Erhalts von Arbeitsplätzen. Außerdem sei die vertragliche Neuregelung der Arbeitsver- hältnisse nach dem Günstigkeitsprinzip rechtlich unbedenklich gewesen. Das Arbeitsgericht hat die Regelung bei Viessmann für dieses besondere Einzelbeispiel als rechtlich zulässig eingestuft, jedoch keinen Modellcharakter erklärt. Vgl. hierzu die Beschlüsse des Arbeitsgerichtes vom 07.08.1996 - IBV 6/96, 07.08.1996 - 1 BV 10/96, Pressemitteilung Arbeitsgericht Marburg vom 07.08.1996, Daniels: „Tarifverträge im Härtetest“, Die Zeit 34 (1996), Seite 15. 292 Das Meinungsbild und praktische Ausgestaltungen der Arbeitergeberorganisationen zeigen sich exemplarisch in folgenden Veröffentlichungen: Hegner/Wittelmeyer/et al.: Betriebliche Zeitgestaltung für die Zukunft, Köln 1992, Hegner/Kleibs: Rationelle Zeitgestaltung im Betrieb, Köln 1995, Hegner/Wittelmeyer/et al.: Erfolgsfaktor Zeit, Köln 1995 (Alle Veröffentlichungen werden vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall e.V. herausgegeben). Kernaussage dieser Veröf- 133 zur Integration f/v Arbeitszeitsysteme zur Verfügung. Das dichte Netz von Kon- fliktlösungsmechanismen („demokratische Streitkultur“) führt dazu, daß eine bisher relativ geringe Klagehäufigkeit festzustellen ist.293 fentlichungen ist, im Gegensatz zur teilweise vorherrschenden Gewerkschaftsvereinbarung, das Bedürfnis der Betriebe, durch Zeitgestaltung auch unvorhersehbar schwankenden Arbeitsanfall kostengünstig zu bewältigen, also Leerlauf ebenso zu vermeiden wie teure Mehrarbeit. Dabei diagnostiziert der Arbeitgeberverband als besondere Schwierigkeit für alle im Betrieb ver- antwortlichen und beteiligten die Vorgehensweise bei der Entwicklung und Einführung betriebs- individueller Arbeitszeitgestaltungen. Der Arbeitgeberverband betont, daß es konkrete Modelle zum Kopieren nicht gibt. Damit zeigt sich, daß es in einer Unternehmensstrategie unverzichtbar ist, Betriebs- und Arbeitszeitgestaltung gemeinsam mit der Produktions- und Investitionsplanung auf mittel- und langfristige Ziele auszurichten. Zeitmanagement ist also nicht isoliert, sondern muß mit der Bewältigung des gesamten Managementpaketes im Unternehmen gesehen werden. 293 Vgl. Grotmann-Höfling: „Strukturanalyse des arbeitsgerichtlichen Rechtsschutzes“, Euro- päische Hochschulschriften, Reihe II, Rechtswissenschaften Bd. 1827, Frankfurt/M. 1995, S. 169. 134 F. Fallstudie, Ergebnisse und Perspektiven I. Empirische Sozialforschung als Grundlage der Studie Zur Absicherung und Verifizierung der erarbeiteten Thesen wurde eine Fallstudie durchgeführt Handwerksunternehmer bzw. Führungskräfte im Handwerk wurden nach ihren Einstellungen und Erfahrungen befragt. Daten zur realen und zur perspektivischen Arbeitszeitsituation im hessischen Schreinerhandwerk liegen nicht vor. Um diese zu erheben, war methodisch vorzu- gehen. Die zu gewinnenden Daten sollten auch dazu dienen, zukünftige Informa- tionsgewinnung294 für chronologische Vergleichsstudien oder für andere Regionen und/oder Handwerksbranchen zu ermöglichen. Die Methoden der empirischen Sozialforschung wurden als einzige Quelle der wis- senschaftlichen Theoriebildung anerkannt. Sie untermauern die zuvor gewonnene Erkenntnis aus der „unmittelbaren Sinneserfahrung.“295 Handwerksbetriebe werden 294 Nach einem halben Jahrhundert Demoskopie in Deutschland gewinnen langfristige Trendbe- obachtungen immer mehr an Bedeutung für gesellschaftliche Analysen. Zum erstenmal in der Geschichte können heute Veränderungen in den Meinungen, Verhaltensweisen, Einstellungen und Grundwerten der Bevölkerung in repräsentativen, statistischen Daten über Jahrzehnte hin- weg verfolgt werden. Durch exaktes Festhalten am Frageschema, durch Korrelationsanalysen etc. werden diese Daten über diesen langen Zeitraum hinweg vergleichbar. Um im Vergleich zu den Ergebnissen dieser Studie und auch zu den von OPASCHOWSKI gestellten Thesen die Einstellung der westdeutschen Bevölkerung zur Arbeit in einem Gesamtzusammenhang sehen zu können, ist folgendes Gesamtergebnis einer seit Jahrzehnten immer wieder gestellten Testfrage von beson- derer Bedeutung. Vgl. hierzu: Allensbacher Archiv IFD-Umfragen Nr. 253 (August 1962), Nr. 2029 (Juni 1967), Nr. 3018 (August/September 1975), Nr. 3056 (April 1978), Nr. 4051 (Dezem- ber 1984), Nr. 4085/II (Januar 1987), Nr. 5032 (März 1992) sowie Nr. 5094 (April/Mai 1994). Folgende Tendenz ist erkennbar: Tendenz: Während 1962 noch 58% der Befragten angaben, Arbeit und Freizeit gleich zu mögen, waren dies 1994 noch 43% der Bevölkerung. Im Um- kehrschluß wird die Frage sogar noch deutlicher beantwortet. Während 1962 noch 33% der Be- fragten angaben, Freizeit zu bevorzugen, waren dies 1994 schon 52% der Befragten. Weiterhin wurde festgestellt, daß zur Zeit jede neue Generation mit weniger Freude ins Berufsleben ein- steigt und damit der Anstieg der Arbeitsfreude bei den über 30jährigen in jedem Jahrzehnt von einem niedrigeren Niveau ausgeht. Vgl. Nölle-Neumann/Petersen: Alle, nicht jeder, München 1996, S. 489. 295 Koschnick: Standard-Lexikon für Marketing, 1. Aufl., München 1987, S. 195. 135 heute ohne verläßliche Daten, sondern eher aufgrund dieser Sinneserfahrung in die Zukunft geführt. Die Grundlage jeder empirischen, d.h. letztlich auf Erfahrungen rückführbaren Wissenschaft, sind Sachverhalte, die mit natürlichen (biologisch angeboren) oder künstlichen (apparativen) „Rezeptoren“ erfaßt werden können.296 Eines der Haupt- probleme der empirischen Sozialforschung ist nach wie vor das Verhältnis von so- zialwissenschaftlicher Theorie und methodischer Forschungspraxis.297 Aus dieser Problematik ergibt sich auch die Forderung, daß zu Beginn einer Untersuchung eine möglichst genaue „inhaltliche Spezifikation“ der grundlegenden Forschungs- fragen steht.298 Dies ist für diese Studie geschehen. Der Interviewleitfaden stellt bis zu seiner Fixierung in der durchgeführten Form (Anlage) einen regelrechten Ent- wicklungspfad in Wechselwirkung mit Thesenbildungen und Theorieentwicklungen dar.299 296 Kerber/Schmieder (Hrsg.): Handbuch Soziologie, Hamburg 1984, S. 101. 297 Vgl. Kriz: Methodenkritik empirischer Sozialforschung, Stuttgart, 1983. 298 Siehe hierzu: Atteslander: Methoden der empirischen Sozialforschung, Berlin, 1984. 299Der Konstruktion des Fragebogens wurde große Aufmerksamkeit gewidmet, weil die Phase der Fragebogenentwicklung einen Kernpunkt darstellt, der über Erfolg bzw. Mißerfolg der Unter- suchung bestimmt. Von entscheidender Bedeutung ist die Zusammenstellung einer Folge von gut aufeinander abgestimmten Fragen sowie die Formulierung der einzelnen Fragen. Bei der Kon- struktion ist zwischen der „Makroplanung“ und der „Mikroplanung“ zu unterscheiden. Bei der Makroplanung geht es um eine bewußte Gestaltung bzw. Nutzung der Kenntnisse über den Ver- lauf der Spannungskurve (Sie ist weitgehend aus der Literatur und den Theaterwissenschaften bekannt und ähnelt der Gauß’schen Normalverteilung. Ihr Verlauf ist an Anfang und Ende flach, der Höhepunkt liegt in der Mitte und das Abwägen der dem Interviewer und dem Befragten zu- mutbaren Interviewdauer (Vgl. hierzu Koschnick: Standard-Lexikon für Marketing, S. 254). In Beachtung der Spannungskurve wurde das Interview mit einer interessanten, aber weniger wich- tigen Frage („Eisbrecherfrage“) und demographischen Fragen am Ende des Fragebogens plaziert, da für deren Beantwortung nur eine geringe Motivation des Probanden nötig ist. Die wichtigsten Fragen wurden im mittleren Drittel des Interviews eingebaut - dies immer mit dem Versuch, etwaige uninteressantere Fragen mit interessanteren Themenstellungen für den Befragten zu mischen. Durch zusätzliche Mischung von a) offenen Fragen und b) geschlossenen Fragen wurde das Interview abwechslungsreicher gestaltet. Es war ferner wichtig, eine der „Zielgruppe ad- äquate Sprache zu verwenden.“ Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, Marketing, 13. Aufl. Berlin 1983, S. 119. Dabei sind im Sinne einer Klarheit der Fragestellung vor allem Homonyme und Syno- nyme zu vermeiden (lt. Duden versteht man unter Hononymen die gleiche Bezeichnung für un- terschiedliche Gegenstände, während Synonyme verschiedene Bezeichungen für den gleichen Gegenstand darstellen). In der Mikroplanung des Fragebogens ging es um (Vgl. Koschnik: Stan- dard-Lexikon für Marketing.., S. 416.). Die Vermeidung von sog. Ausstrahlungseffekten (auch „Halo-Effekten“), die sich ergeben, wenn eine Frage einen zu starken Bezugsrahmen für die Antworten der folgenden Frage(n) leistet. Themenkomplexe sollten sich somit recht schnell ab- wechseln.) sowie die Gestaltung der Reihenfolge der Fragen oder Fragegruppen (Vgl. zu diesem Themenkomplex auch: Kotler: Marketing-Management, S. 642. Kotler unterscheidet: - Art der gestellten Fragen, - Form und Formulierung, - Reihenfolge.). Mit Hilfe der „Meta-Plan-Technik“ 136 Eine wissenschaftliche Vorgehensweise wird als empirisch bezeichnet, wenn sie versucht, „Tatbestände durch systematische Erfahrungsprozesse zu erforschen.“ Dabei reicht es jedoch nicht aus, daß „diese Erfahrungen subjektiv-individueller Art sind; vielmehr müssen sie dem Kriterium der intersubjektiven Nachprüfbarkeit ihres Zustandekommens genügen. Aus diesen Gründen muß empirische Forschung ei- nem System methodischer Regeln folgen.“300 II. Projektabgrenzung Innerhalb der Marktforschung - heute eher als Marketingforschung definiert - un- terscheidet man zwischen der ökoskopischen Marktforschung und der demo- skopischen Marktforschung. Die hier vorliegende Studie ist dem Bereich der Marketingforschung zuzuordnen, da Analysen Erkenntnisse und Ergebnisse aus der Empirie Relevanz für das Marketing und Management der Branche und ihrer Un- ternehmen haben werden. Im folgenden wird die Charakteristik der vorliegenden Studie dargestellt. 1. Forschungsdesign Vor Beginn der Untersuchung wurde ein Forschungsdesign entwickelt, auf dessen Basis der Ablauf des Forschungsprojektes festgelegt und durchgeführt wurde. wurde der Bogen immer wieder neu strukturiert, um ein Optimum zu erhalten. In Pre-Tests mit Mitarbeitern des Instituts und mit Handwerkern wurde der Entwurf endgültig entwickelt. 300 Schäfer: Grundbegriffe der Soziologie, Opladen 1986, S. 66. 137 Abbildung 14: Forschungsdesign Forschungsdesign Untersuchungszielgruppe Handwerksunternehmungen Meister/Führungskräfte Verbände/Gewerkschaft Methode Literatur-Recherche Interviewleitfaden Totalerhebung Flexible Arbeitszeiten Schreinerhandwerk EMPIRIE PRAXIS Literatur Marktanforderungen Arbeitsbeziehungen Arbeitszeitstrukturen Management und Marketing Juristischer Rahmen Ergebnisdarstellung Dateninterpretation Datenauswertung A bleitung G rundm odelle B ranchenm odelle E inführung R ealisierungspotential Interdisziplinarität H yp ot he se ng en er ie ru ng A rb ei ts ze its tu di en A rb ei ts ze itp rä fe re nz en (S O LL ) DATEN (eigene Darstellung) 2. Forschungsverlauf der Fallstudie Das Vorgehen wurde aus dem Forschungsdesign abgeleitet und stellte den Hand- lungsleitfaden speziell für die aufwendige Befragungsphase dar. Wie bei jedem Forschungsobjekt gibt es auch in der empirischen Sozialforschung ein logisches System der Vorgehensweise. Dies kann sich abhängig von den ver- wandten Methoden und Objekten ändern. Folgende Schritte können jedoch als beispielhaft dargestellt werden und gelten für das Projekt: Ablauf der Fallstudie: 1. Entwicklung der Problemstellung, 2. Auflösung der Fragestellung, 138 3. Festlegung der Methode, 4. Konstruktion der Erhebungsinstrumente, 5. Tests und endgültige Festlegung der Erhebungsinstrumente, 6. Vorbereitung und Planung der Erhebung, 7. Stichprobenkonstruktion301, 8. Durchführung der Erhebung302, 9. Aufbereitung und Auswertung des erhobenen Datenmaterials und 10. Resultierende Empfehlungen. 3. Untersuchungssteckbrief der Fallstudie Er definiert sowohl Art und Umfang der Untersuchung als auch die Auswahl der Stichprobe. Die Grundgesamtheit303 beträgt 162 Betriebe. Eine Repräsentativität ist durch die Heterogenität der Betriebe nicht gegeben. Die qualitativ hochwertigen Aussagen der Probanden lassen jedoch eindeutige tendenzielle, teilweise signifikante Aussa- gen zu. Die Darstellung der Tendenz ist Ziel der Fallstudie. Die Auswahl der be- triebe erfolgte per Schichtungsverfahren. 301Als Voraussetzung der Stichprobe galten folgende Parameter (Vgl. Koschnik: Standard Lexi- kon für Marketing, S. 796 sowie Lohmeier: Grundzüge der Marktforschung, Stuttgart 1979, S. 68: Die Stichprobe muß ein verkleinertes Bild der Grundgesamtheit hinsichtlich der Heterogeni- tät der Elemente und hinsichtlich der Repräsentativität der für die Hypothesenprüfung relevanten Variablen sein. Die Einheiten oder Elemente der Stichprobe müssen definiert sein. Die Grundge- samtheit sollte angehbar und empirisch definierbar sein. Das Auswahlverfahren muß angehbar sein. 302 Das Interview: „Befragung bedeutet Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Personen. Durch verbale Stimuli (Fragen) werden verbale Reaktionen (Antworten) hervorgerufen. Dies ge- schieht in bestimmten Situationen und wird geprägt durch gegenseitige Erwartungen. Die Ant- worten beziehen sich auf erlebte und erinnerte soziale Ereignisse, stellen Meinungen und Be- wertungen dar.“ Der Unterschied besteht zwischen einer „alltäglichen Befragung“, die wir alle täglich durchführen, um ein Problem lösen zu können, und der „wissenschaftlichen Befragung“ mit dem methodischen Vorgehen und den erarbeiteten Zielsetzungen im Rahmen eines For- schungsprojektes. Atteslander unterscheidet zwischen systematischer Vorbereitung und Ziel- gerichtetheit. (Vgl. Atteslander: Methoden der empirischen Sozialforschung, 13. Aufl., Opladen 1985,S. 86.) 303 Ca.-Wert statistisch ermittelt, da die Verbände nicht die Mitarbeiterzahl, sondern die Lohn- summe erfassen. 139 Zur Methodik ist außerdem anzumerken, dass nicht jeder Proband auf jede Frage eine verwertbare bzw. eindeutig zuordnungsbare Antwort geben konnte oder wollte. In diesen Fällen wurde die Antwort ihrer Tendenz entsprechend gemittelt zugeordnet. Die Auswertung der umfangreichen Fragebögen erfolgte mittels Stri- chelmethodik auf Grund der relativ geringen Fallzahl. Abbildung 15: Untersuchungssteckbrief Methoden Daten Unternehmen Hessisches Schreinerhandwerk Anzahl n = 16 Auswahlverfahren Unternehmenstyp Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeitern/ HKH-Mitglieder oder VFF-Mitglieder Auswahlverfahren (Personen) Inhaber, Geschäftsführer, führende leitende Personen Befragungsart mündliches, vorstrukturiertes Interview (persönliches Interview) Zeitlicher Rahmen Mai 1994 bis Feb. 1996 Ziel Indikatoren für notwendige Veränderungen der Arbeitszeit-problematik feststellen, Erfahrungen u. Einstellungen analysieren III. Empirische Befunde aus der Fallstudie Um die Konsequenzen für das Management im Schreinerei-Unternehmen durch die Arbeitszeitflexibilisierung resultierend aus den zuvor theoretisch erarbeiteten und dargestellten Parametern abschließend zu erforschen, war es notwendig, die Unter- nehmen zu befragen. Die Ergebnisse der Befragung werden im folgenden detailliert dargestellt. Nach der jeweiligen Fragestellung folgt ein Schaubild mit den Ergeb- nissen sowie einer ausführlichen schriftlichen Darlegung der Ergebnisse. In Über- einstimmung mit dem erarbeiteten Forschungsdesign sollten zukünftige Hand- lungsfelder für das hessische Schreinerhandwerk beschrieben und Empfehlungen für erfolgversprechendes Handeln herausgearbeitet werden. Die sich aus der Ana- lyse des Umfeldes und der Forschung ergebenden indizierten Vorgehensweisen werden nach der Vorstellung der Forschungsergebnisse in übersichtlicher Form als Zusammenfassung und Folgerung festgehalten. 140 Ein Kernergebnis ist, daß die Arbeitszeitflexibilisierung für das hessische Schrei- nerhandwerk eine soziale Innovation darstellt, die den Unternehmen und ihren Mit- arbeitern zugute kommen kann. Gesellschaftliche, verhaltensorientierte, wirtschaft- liche, soziale und ethische Gesichtspunkte sind in der gesamten Untersuchung als übergeordnete Aspekte beachtet worden. 1. Anzahl der Beschäftigten in den befragten Betrieben Abbildung 16: Chart 1 (1) Könnten Sie uns bitte sagen, wieviel Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen beschäftigt sind? (n = 16) 24,3 5,1 im gewerblich- technischen Bereich im kaufmännischen Bereich 0 5 10 15 20 25 30 Anzahl der dort beschäftigten Personen Die Anzahl der befragten Betriebe/Personen wurde in zwei Gruppen aufgegliedert. Dabei zeigte sich, daß im gewerblich-technischen Bereich im Durchschnitt 24,3 Mitarbeiter und im kaufmännischen Bereich 5,1 Mitarbeiter in den Betrieben be- schäftigt sind. Auch das Verhältnis zwischen gewerblich-technischen und kaufmän- nischen Mitarbeitern entspricht der Durchschnittsquote. Befragt wurden insgesamt 16 Betriebe. Eine nähere Auflistung der befragten Personen nach soziodemogra- phischen Daten erfolgt in Abbildung 35 und 36. 141 2. Unternehmensklassifizierung Abbildung 17: Chart 2 (2) „Kann man Ihr Unternehmen in eine der folgenden Rubriken einordnen?“ Art der Unter- nehmen Schreinerei mit klassischem Angebot/ Allrounder Möbel- schreinerei Bau- schreinerei Speziali- siert auf Unter- nehmen mit 2. Standbein Anzahl der Unter- nehmen 1 2 3 11 3 (siehe Auflistung) (diversifiziert) Die Befragung gab fünf unterschiedliche Unternehmensklassifizierungen vor. In diese Klassifizierungen konnten sich die befragten Personen/Unternehmen einord- nen. Mehrfachnennungen waren möglich. Die Mehrzahl der befragten Betriebe, nämlich 11 Nennungen, haben sich spezialisiert auf bestimmte Produk- tionsprozesse, Produkte oder Dienstleistungen. Nur noch ein Betrieb der befragten 16 Unternehmen stufte sich als klassischen „Allrounder“ ein. Das Ergebnis zeigt, daß sich die größeren Betriebe des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks deutlich auf bestimmte Marktsegmente festgelegt haben. Dies entspricht der allge- meinen Tendenz im produzierenden Bereich. Beispiele für die Spezialisierung waren: · Möbelbau für Objekte (Büromodule), 142 · Fensterbau (hier noch weiter spezialisiert z.B. auf Kunststoffensterbau oder Holzfensterbau), · Messebau, · Ladenbau (hier z.B. weitere Spezialisierung auf Ladenbau für Buchhandlungen, Ladenbau für Textildiscounter, Bankeinrichtungen), · Haustürproduktion. 3. Arbeitszeiten Als Ergebnis sei zunächst vorweggenommen, daß in den größeren Unternehmen des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks ein großes Flexibilisierungs- potential vorhanden ist. Neben „völlig regelmäßigen Arbeitszeiten“ (so wie es der Tarifvertrag vorgibt) existieren in der Praxis bereits eine Vielzahl von weiteren Arbeitszeitstrukturen.304 75 % der befragten Unternehmungen geben an, daß in ihren Betrieben zu einigermaßen geregelten Arbeitszeiten gearbeitet wird. Im Um- kehrschluß bedeutet dies, daß in 25% der Unternehmen überhaupt keine regel- mäßige Arbeitszeit mehr vorhanden ist. Dies unterstreicht die These, daß in den Betrieben des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks die Flexibilisierung bereits Einzug gehalten hat. Die weiteren Ergebnisse dieser Frage machen deutlich, daß es zukünftig weiteres Flexibilisierungspotential geben wird. In 62,5 % der Unternehmungen werden sogenannte Subunternehmer oder Kooperationspartner eingesetzt. 304 Das Mittelstandsinstitut Hannover hat die Regierung aufgefordert, als Antwort auf die Diskus- sion um Arbeitszeiten grundsätzlich die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen nicht mehr zu genehmigen. Aus der Sicht des Mittelstandes ist Allgemeinverbindlichkeit in einer Markt- wirtschaft systemfremd. „Die traditionelle Arbeit in festen Beschäftigungsverhältnissen wird ver- klärt wie die Romantisierung des Landlebens im Rokoko.“ Fischer: „Hochverrat an der sozialen Marktwirtschaft“, Markt + Mittelstand 11 (1996), S. 20. Zudem schädige die Allgemeinverbind- lichkeit von Flächentarifverträgen die Randzonen und Schwachräume und vor allem die kleinen mittelständischen Betriebe, welche für sich mit ihren Mitgliedern günstigere Arbeitsorga- nisationen, z.B. Jahresarbeitszeiten und günstigere Entlohnungsbedingungen vereinbaren könn- ten. Vgl. hierzu: Hamer: „Die Allgemeinverbindlichkeit muß auf dem Prüfstand“, F.A.Z. Nr. 234 (08.10.1996), S. 19. Der Autor des Beitrags ist Leiter des Mittelstandsinstituts in Hannover und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit mittelständischen Fragen, insbesondere aus dem Hand- werk. HAMER geht davon aus, daß Allgemeinverbindlichkeitsverabredungen in Tarifverträgen dazu führen, höhere statt geringere Lohnnebenkosten herbeizuführen. 143 Abbildung 18: Chart 3 (3) „Wir würden nun gern wissen, ob es in Ihrem Unternehmen eine der folgenden groben Arbeitszeit-Strukturen gibt?“ (n =16) Mehrfachnennungen 75% 62,5% 50% 50% 18,75% 12,5% 6,25% 6,25% 6,25% völlig regelmäßige Arbeitszeiten Sub-Unternehmer werden eingesetzt schwache saisonale Schwankungen Überstunden sind eher die Regel starke saisonale Schwankungen Wochenend-Arbeitszeiten völlig unregelmäßige Arbeitszeiten Saisonarbeiter werden eingesetzt Schichtbetrieb 0% 20% 40% 60% 80% 100% Dieser hohe Prozentsatz ist ein Indikator dafür, daß für eine kostengerechte, termi- norientierte Produktions- oder Montageleistung das Flexibilisierungsmanagement besonderes Gewicht erhält. Ein weiterer Indikator sind die Überstunden. In 50% der gefragten Betriebe sind Überstunden eher die Regel. In immerhin 18,75% der Unternehmen sind starke saisonale Schwankungen zu verzeichnen. 12,5% der Un- ternehmen nutzen das Wochenende bei Bedarf, um die Wochenarbeitszeit auszu- weiten. Als Begründung wurde zumeist angeführt: „Fertigstellung von Terminvor- gaben“. In 6,25% der befragten Unternehmen sind völlig unregelmäßige Arbeits- zeiten im Jahresverlauf bereits schon jetzt Alltag für die Mitarbeiter. In ebenfalls 6,25% der Unternehmen werden Saisonarbeiter eingesetzt; dies ergänzt die Analy- se zum Thema des Einsatzes von Subunternehmern/Kooperationspartnern. Ebenso unterstützen die Saisonarbeiter die Durchführung der völlig unregelmäßigen Ar- beitszeiten, die sich nicht immer mit den gesetzlichen oder tariflichen Vorgaben decken. 144 Engpaßfaktor in den Betrieben ist zumeist ein schwankender Auslastungsgrad, der in Zeiten hohen Termindrucks zudem mit engen Terminvorgaben korreliert. Damit signalisiert sich ein Trend zur KAPOVAZ in Kombination mit einer JAV. Die un- regelmäßigen Arbeitszeiten sind ein Indikator für die Notwendigkeit, systemati- sierte f/v Arbeitszeitsysteme einzuführen. 4. Flexible Arbeitszeitmodelle Der Großteil der befragten Unternehmen, nämlich 59 %, verneinten die Frage, ob ein flexibles Arbeitszeitmodell bereits vorhanden sei. Dies läßt darauf schließen, daß in diesen Betrieben entweder rein nach den Vorgaben des Tarifvertrages gear- beitet wird oder das dort Arbeitszeiten so gewählt werden, wie sie in den betriebli- chen Ablauf passen. Es stellte sich heraus, daß die in den Betrieben praktizierten Arbeitszeitregelungen in den seltensten Fällen den systematischen Arbeitszeitmo- dellen305 entsprechen. Diese These wird durch ein weiteres Ergebnis dieser Frage unterstützt: 23% konnten auf die Frage keine Antwort geben oder wollten diese Frage nicht beantworten. Als Ergebnis muß festgehalten werden, daß ein sehr ho- her Informationsbedarf bei diesen befragten Unternehmen besteht.306 Eine Grenze zwischen den 59% die mit "Nein" und den 23%, die "keine Antwort" geben konn- ten, ist schwer zu ziehen. Es ist weiterhin festzuhalten, daß es bei mindestens 23% der Probanden einen hohen Informationsbedarf zum Thema Arbeitszeitmanage- ment gibt. Immerhin 18% der befragten Unternehmen glauben, in ihren Betrieben ein Arbeitszeitmodell eingeführt zu haben. Bei näherem Hinterfragen zeigte es sich jedoch, daß dieses Arbeitszeitmodell als „ingeniöses Modell“307 Einführung in die Praxis gefunden hat. In nur 2 von 16 befragten Handwerksbetriebe gab es aus der Sicht der Befragten, systematische Arbeitszeitmodelle.308 In einem Fall handelte es sich um ein Jahresarbeitszeitmodell, in dem anderen Fall war es eine Kombination 305 Vgl. Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, S. 23. Die Grundmuster von LINNENKOHL/RAUSCHENBERG gelten als Basis. Das Grundmustertableau befindet sich im An- hang. 306 Dieser Eindruck entstand auch während der mündlichen Interviews. 307 Nach LINNENKOHL unter primärer Berücksichtigung spezifischer betrieblicher Belange und Umgehung tarifvertraglicher und/oder gesetzlicher Regelungen. Vgl. Linnenkohl:„ Lean Law - die „ingeniöse“ Nichtanwendung von Arbeitsrecht“, S. 2077-2083. 308 Obwohl die notwendige Öffnungsklausel im MTH noch fehlt; vgl. hierzu Linnenkohl, Ar- beitszeitgesetz, § 25 ArbZG, S. 186. 145 aus einem Wechselschichtmodell in Spitzenzeiten und der Ausnutzung des Arbeits- zeitgesetzes zum Abbau von Überstunden in einem vereinbarten Zeitraum, also ein KAPOVAZ-Modell. Abbildung 19: Chart 4 (4) „Gibt es in Ihrem Betrieb ein Arbeitszeitmodell, welches Sie flexibel auf Ihren betriebli- chen Bedarf zugeschnitten haben?“ ja nein keine Antwort 18,0% 59,0% 23,0% In den Unternehmen des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks besteht ein hoher Informationsbedarf bzgl. der Analyse, Einführung und Kontrolle von Ar- beitszeitmodellen. „Ingeniöse Arbeitszeitmodelle“ haben Eingang in die Praxis ge- funden; dies kann mittelfristig sowohl für die Unternehmensleitungen, insbesondere jedoch für die betroffenen Mitarbeiter, keine Lösung sein. Die heterogene Betriebs- struktur im hessischen Schreinerhandwerk empfiehlt handhabbare und betriebsbe- zogene Regelungen. Somit sind Öffnungsklauseln notwendig, um kasuistischen Modellen genügend Raum zu lassen. 146 5. Individuelle Präferenzen für Arbeitszeitmodelle Abbildung 20: Chart 5 (5) „Wir würden gerne wissen, welches der folgenden Arbeitszeitmodelle für Ihren Betrieb interessant sein könnte?“ (n = 16) 4 3 3 3,5 4,5 4,5 3 1,5 4 3,5 5 2,5 3,5 5 3,5 3 3,5 3 2 3 3,5 4,5 Teilzeitarbeit Überarbeit/Mehrarbeit Schichtarbeit Freischichten;Freizeit für Mehrarbeit einfache Gleitzeit; Dauer liegt täglich fest qualifizierte Gleitzeit; täglich flexibel flexible Altersgrenzen Anpassung an den Arbeitsanfall duch Betrieb Job Sharing; Arbeitsplatz teilen amorphe Arbeitszeit; Monats-/Jahresarbeitszeit selbstbestimmt außerhalb des Betriebes 0 1 2 3 4 5 6 Büro Technik/Produktion absolut interessant................................... völlig uninteressant In Anlehnung an die Arbeitszeitmodelle von LINNENKOHL/RAUSCHENBERG wurden den Probanden Modelle zur Auswahl und Diskussion vorgestellt, die sich in der Pre-Interviewphase als praxisgerecht erwiesen hatten. Die Befragung wurde au- ßerdem unterteilt in die Unternehmensbereiche „Technik/Produktion“ und „Büro“. Als Hypothese war davon auszugehen, daß im handwerklichen Unternehmen die beiden Kernunternehmensbereiche unterschiedliche Anforderungen an Arbeitszeit- modelle haben werden. Dies wurde auch bestätigt. Die Probanden bewerteten die zur Verfügung gestellten Arbeitszeitmodelle auf einer Werteskala von „absolut interessant“ bis „völlig uninteressant“. Für den Be- reich Technik/ Produktion zeigte sich deutlich, daß einem Arbeitszeitmodell, wel- ches sich dem tatsächlichen Arbeitsanfall im Betrieb flexibel anpaßt, seitens der Unternehmensführung höchste Priorität eingeräumt wurde. Ein solches System 147 kommt natürlich der Unternehmensführung entgegen, weil a.) die Flexibilität gesi- chert und b.) aus der Sicht des Unternehmens ein schnelles Reagieren ohne beson- dere Rücksichtnahme auf die betroffenen Arbeitnehmer möglich ist.309 Eine Präfe- renz besteht demnach für die KAPOVAZ. Für den Bereich des Büros/Sekretariat/Organisation zeigte sich, daß entsprechend der Betriebsstrukturen auch hier von den Unternehmensführern eine flexible An- passung an den tatsächlichen Arbeitsanfall präferiert wurde. Es muß festgehalten werden, daß dies sowohl Mitarbeiter im Unternehmen als auch, vor allem in den kleineren Betrieben, mitarbeitende Familienmitglieder betraf. Der Wert war für den Bereich des Büros mit (2) allerdings schwächer ausgeprägt wie im Bereich der Produktion/ Technik. Dies entspricht der wohl betrieblichen Praxis. Entsprechend der Fragestellung, die herausfinden wollte, welche Vorstellung die Unternehmensführung von einem optimalen Arbeitszeitmodell hat, fiel die Antwort zugunsten der Flexibilität aus. Für den Bereich des Büros zeigte sich ein kleiner Unterschied. Hier gewann die Teilzeitarbeit, die ex definitione kein flexibles Modell an sich darstellt (jedoch im gesamten betrieblichen System Flexibilisierung signali- siert) mit einem Wert von 2,5 an Bedeutung. Dies erscheint bei der Betrachtung in der Praxis sinnvoll und realistisch. Teilzeitarbeit wird in einer Vielzahl von Hand- werksbetrieben im Bereich des Büros/Organisation bereits durchgeführt. Festzu- halten bleibt, daß auch im Bereich des Büros ein starker Drang zur Flexibilisierung der Arbeitszeit besteht. Völlig unbedeutend wurde eine selbstbestimmte Arbeitszeit außerhalb des Betriebes für den Bereich der Büros festgehalten; es zeigt sich hier, daß im Handwerksbetrieb, auch durch vielfältige Kontakte mit Kunden tagsüber, eine Anwesenheitspflicht im Büro notwendig ist. Das Thema Heimarbeitsplatz dürfte auch bei weiteren Fortschritten der Telekommunikation für den Handwerks- betrieb zunächst ohne Bedeutung bleiben. Gleiches gilt für die qualifizierte Gleit- zeit.310 309 Vgl. Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, S. 126. Die Autoren stellen Vor- und Nachteile der Anpassung der Arbeitsform an den Arbeitsanfall gegenüber. 310 Zu diesem Themenbereich siehe Kapitel F.IV.6 Das virtuelle Unternehmen. 148 6. Geschlechtsspezifische Präferenzen für Arbeitszeitmodelle Abbildung 21: Chart 6 (offene Frage) „Gibt es Ihrer Meinung/Erfahrung nach deutliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen, der Einstellung von Flexiblen Arbeitsplatzsystemen gegenüber in Ihrer Branche? Wenn ja, wel- che?“ nein ja, positive deutliche 82,0% 18,0% Unterschiede zwischen Mann/Frau (n = 16) Ergänzend wurde gefragt, ob es aus der Sicht der Probanden deutliche Unter- schiede zwischen Männern und Frauen in Bezug auf die Einstellung gegenüber f/v Arbeitszeitsystemen im Schreinerhandwerk gibt. Es zeigte sich, daß die überwie- gende Mehrheit (82%) diese Frage verneint. Da strukturbedingt der Bereich der Technik/Produktion eine „Männerdomäne“ darstellt und daß das Büro eher eine „Frauendomäne“ ist, ist festzuhalten, daß die Arbeitszeitmodelle entsprechend den beiden Betriebssektoren an die besonderen Belange der Mitarbeiter angepaßt wer- den müssen. Es fällt auf, daß die Anzahl der Probanden, die diese Frage bejaht (18%), mit dem Frauenanteil im Schreinerhandwerk fast übereinstimmt. Der inhalt- liche Unterschied resultiert aus einer tatsächlich vorhandenen Rollenteilung im Handwerk. Während Frauen eher dem organisatorischen Betriebsteil zugeordnet sind, arbeiten Männer meist im gewerblich-technischen Bereich. So hat jede Grup- pe ihre eigenen Ansprüche - als Ergebnis aus der Tätigkeitsform - an ein f/v Ar- beitszeitsystem. 149 7. Zufriedenheit der Probanden mit ihrem Arbeitsplatz Abbildung 22:Chart 7 (6) „Können Sie uns bitte sagen, wie zufrieden bzw. unzufrieden Sie mit den folgenden Be- reichen sind?“ zufrieden (1-2) befriedigend (3) unzufrieden (4-5) Arbeitszeitregelungen allgemein 18,75% 50% 31,25% Möglichkeiten Samstagsarbeit 25% 50% 25% Möglichkeiten Überstunden 43,75% 31,25% 25% Bestimmungen Freizeitausgleich 31,25% 37,5% 31,25% Nachtarbeit311 18,75% 18,75% 62,5% Zuschlagswesen Mehrarbeit312 31,25% 43,75% 25% Dauer des Jahresurlaubs 6,25% 62,5% 31,25% Arbeitszeiten individuell abstimmen 12,5% 43,75% 43,75% Möglichkeit Jahresarbeitszeit313 12,5% 25% 62,5% Tarifvertragsregelung314 12,5% 50% 37,5% Durch diese Frage sollten zukünftige Ansatzpunkte herausgearbeitet werden, um die Betriebe leistungsfähiger bzgl. der Anpassungsfähigkeit an den Markt zu ma- chen. Das Ziel war, herauszufinden, wie auf der horizontalen Ebene, die einzelnen Faktoren bewertet werden. Der jeweils höchste Prozentwert stellt die Einstellung des Schreinerhandwerks zu den einzelnen Faktoren dar. Es ergibt sich folgendes Ergebnis: die Hälfte der Befragten war mit den „Arbeits- zeitregelungen allgemein“ , den „Möglichkeiten der Samstagsarbeit“ und den „Ta- rifvertragsregelungen“ zufrieden und bewerteten sie mit „befriedigend“. Bei den 311 tw. keine Antworten, ggbf. wg. Informationsdefizit. 312 tw. keine Antworten, ggbf. wg. Informationsdefizit. 313 tw. keine Antworten, ggbf. wg. Informationsdefizit. 314 tw. keine Antworten, ggbf. wg. Informationsdefizit. 150 beiden Feldern „Arbeitszeitregelungen“ und „Samstagsarbeit“ blieb das Meinungs- bild indifferent. Recht auffällig ist die Einschätzung der Probanden bzgl. der „Mög- lichkeiten von Überstunden“. Hier zeigten sich immerhin 43,75 % mit den beste- henden Regelungen „zufrieden“.315 Die Abfrage der Zufriedenheit mit den „Bestimmungen Freizeitausgleich“ bleibt indifferent. Hier kann keine spezielle Tendenz abgeleitet werden. Es bleibt der Un- sicherheitsfaktor, ob die Befragten tatsächlich die Bestimmungen des Freitzeit- ausgleiches aus ihren Tarifverträgen kennen oder dies „ingeniös“ von Fall zu Fall lösen, was zwar im Sinne einer betrieblichen Flexibilisierung liegt, aber mög- licherweise der Rechtslage widerspricht. Immerhin 31,25% zeigen sich mit den Regelungen „Zuschlagwesen für Mehr- arbeit“ zufrieden; 43,75% bewerten dies mit „befriedigend“. Dies bedeutet in der Praxis, daß die befragten Unternehmensführer in der Mehrheit Befürworter für Zuschläge bei Mehrarbeit sind. Ob dies der ökonomischen Lage entspricht oder einen Gewohnheitseffekt widerspiegelt, bleibt offen. Der Objektivität halber sei an dieser Stelle noch einmal an die Zielgruppe der Be- fragten erinnert, die der Unternehmensführung zuzuordnen ist. Gehaltvoll im Rahmen dieser Fallstudie ist die Einschätzung der Unternehmensfüh- rer in Bezug auf die Möglichkeiten, „Arbeitszeiten individuell abzustimmen“. Zu- frieden sind in diesem Bereich lediglich 12,5 % der Befragten. Der Rest teilt sich auf die Grade „befriedigend“ und „unzufrieden“ auf. Es kann hier festgehalten wer- den, daß es Defizite aus der Sicht der Handwerksunternehmer gibt bzgl. der Mög- lichkeiten einer individuellen Abstimmung von Arbeitszeiten. Unterstützt wird dies bei der Abfrage der „Möglichkeiten der Umsetzung von Jahresarbeitszeiten“. Es wird signifikant deutlich, daß die Mehrzahl (62,5 %) der Befragten mit den Möglichkeiten einer Umsetzung von Jahresarbeitszeiten unzufrieden sind. Dies 315 Vermutet wird, daß notwendige Regelungen gem. TV oder situationsspezifisch getroffen wer- den. 151 birgt Chancen und Risiken für zukünftige Tarifvertragspolitik. Unterstützt wird dieses Ergebnis durch die Abfrage der Zufriedenheit mit „Tarifvertragsregelungen“. 87,5 % der Befragten beurteilen dies mit den Skalen „befriedigend“ bis „unzufrie- den“; 12,5 % sind mit Tarifvertragsregelungen „zufrieden“. 8. Zukunftsprognosen Abbildung 23: Chart 8 (7) „Wagen Sie nun bitte eine Prognose. Glauben Sie, daß zukünftig die Arbeitszeiten von starren Regelungen entkoppelt werden, um den Markt besser bedienen zu können ?“ (n = 16) JA, unbedingt NEIN, nicht nötig 82,0% 18,0% Ziel dieser Fragestellung war es, die aus der Vorabfrage gewonnen Erkenntnisse zu verdeutlichen und abzusichern. Die in Frage 6 herausgearbeitete Tendenz wird deutlich untermauert. 82% der Handwerksunternehmer beantworteten diese Frage mit „Ja, unbedingt“, demgegenüber antworteten 18% mit „Nein, nicht nötig“. Damit zeigt sich signifikant deutlich, daß die Unternehmen des holz- und kunst- stoffverabeitenden Handwerks (HKH) eine Lösung präferieren, die zukünftig weg von starren Regelungen und hin zu mehr Flexibilität geht. 152 Die vorliegende Studie zeigt aus den Erfahrungen der mündlichen Interviews, daß der Weg zu flexiblen Regelungen einerseits durch die tarifliche Vorgabe behindert, andererseits durch den Kenntnisstand der Unternehmer unsicher ist. Die Tarifpoli- tik muß den Anforderungen der Unternehmen, resultierend aus den Ergebnissen dieser Studie und den Herausforderungen des Marktes gerecht werden und Rah- mendaten schaffen, die es dem Unternehmer ermöglichen, für seinen Betrieb Lö- sungen zu finden, die auch Rechtssicherheit gewähren. Unternehmens- und Rechtsberatungen erscheinen unerläßlich. 9. Zeitsouveränität Abbildung 24: Chart 9 (8) „Eine weitere Prognose: Wie werden Ihre Mitarbeiter/innen reagieren, wenn flexiblere Arbeitszeiten in den Betrieben eingeführt werden und dabei - das ist wichtig - die Arbeit- nehmer einen gewissen Teil an „Zeitsouveränität“ erhalten?“ (n = 16) allgemein positive indifferente, allgemein negative 28,0% 55,0% 17,0% Einstellung unentschiedene Einstellung Einstellung 55% der Befragten schätzen die Meinung der Mitarbeiter/innen zu diesen Thema eher unentschieden ein. Diese Skepsis der verantwortlichen Unternehmensführer dokumentiert den Meinungsstand gegenüber der Zeitsouveränität. Während die Unternehmer sozusagen Flexibilisierung an sich beinahe uneingeschränkt fordern und forcieren, wird die daraus entstehende Zeitsouveränität der Mitarbeiter zu- rückhaltend bewertet. Hier zeigt sich die Barriere zwischen notwendiger und be- fürworteter Flexibilität und damit verbundener Öffnung unternehmerischer Dispo- sitionsfreiheit zugunsten zeitlicher Freiräume für die Mitarbeiter. Damit ist wohl 153 nicht erkannt (seitens der Unternehmensführung), daß Zeitsouveränität ein Moti- vationsfaktor sein kann. Die Notwendigkeit der Einführung moderner Führungs- kultur zeigt sich erneut aus der Fragestellung heraus. 28% der Unternehmer glau- ben, daß Ihre Mitarbeiter/innen einer flexiblen Arbeitszeit eher positiv gegenüber stehen. 17 % setzten eine negative Einstellung voraus.316 Ein ganz ernst zunehmendes Problem für die Verbände ist das Thema Verbands- flucht. Die Beratung steckt in dem Zwiespalt zwischen engen Möglichkeiten im ArbZG und MTH sowie ökonomisch notwendiger individueller Konzepte, deren reine Befürwortung eben zu der genannten Verbandsflucht im Arbeitgeberbereich führen könnte. Teiweise gründen schon jetzt traditionelle Arbeitgeberverbände sog. regionale Unternehmerverbände (ohne Tarifhoheit) als Auffangbecken. 316 Nach Abschluß der Interviewphase wurde in einem der Betriebe der Versuch gestartet, ein Modell analog („4-Tage-Woche“) mit dem TV zwischen VW und IGM einzuführen. Die betrof- fenen Mitarbeiter/-innen stimmten auf Anraten des BR gegen diese Lösung, da Einkommens- einbußen durch Weihnachtsgeldverzicht nicht akzeptiert wurden. Die Betriebsleitung hatte zuge- sagt, Kündigungen damit vermeiden zu können. Bis zum Abschluß dieser Dissertation konnte keine Einigung erzielt werden. 154 10. Meinung der Mitarbeiter zu f/vA Abbildung 25: Chart 10 (9) „Welche Ihre Beschäftigten, glauben Sie, stehen flexiblen Arbeitszeiten eher positiv, bzw. eher negativ gegenüber?“ (n = 16) 80% 79% 73% 53% 20% 21% 27% 47% Vorarbeiter/Meister Leitender Angestellter Mittlerer Angestellter Facharbeiter/Geselle 0% 20% 40% 60% 80% 100% eher positiv gleichgültig/eher negativ Es zeigt sich, daß Vorarbeiter/Meister und leitende Angestellten flexiblen Arbeits- zeiten eher positiv gegenüber stehen. Das Meinungsbild verändert sich geringfügig bei mittleren Angestellten. Hier sehen die Unternehmer 27 % der jeweilige Berufs- gruppe mit einer gleichgültigen, bzw. negativen Einstellung. Für die Facharbei- ter/Gesellen schätzen die befragten Unternehmer die Situation fast pari ein. Aus ihrer Sicht sind 53% eher positiv, 47% eher negativ gestimmt. Die Skepsis seitens der Handwerksunternehmer bzgl. der Einführung von flexiblen Arbeitszeiten und den Auswirkungen auf die betroffenen Arbeitnehmer ist somit bei der „klassischen Arbeitnehmerschaft“, also den Gesellen, als recht hoch zu be- werten. Während man bei den Meistern oder leitenden Angestellten eher die unter- nehmerische Sichtweise sieht, ist der Grad der Skepsis bei den Gesellen mit 47% als recht hoch einzustufen. 155 11. Bedeutung flexibler Regelungen Hier gab es eine interessante und deutliche Bewertungsrangfolge. Die Unternehmer wurden befragt, zu welchen möglichen Arbeitszeitpunkten eine flexible Regelung besondere Bedeutung im positiven Sinne für das Unternehmen hat bzw. zu welchen Zeitpunkten das Unternehmen zukünftig die flexible Regelung besonders benötigt, um mehr bzw. anders zu arbeiten. Der Nachmittag würde mit 71 % der Nennungen als höchste Priorität bewertet. Hier macht sich die Arbeitszeitverkürzung der Ver- gangenheit bemerkbar. Falls Zeitkorridore für zusätzlichen Arbeitseinsatz genutzt werden sollen, scheint die Bereitschaft der Arbeitnehmer aus der Sicht der Befrag- ten besonders an den Nachmittagen am größten zu sein. Durch die tarifliche Ver- kürzung der Normalarbeitszeit ist hier ein Vakuum entstanden, welches im Be- darfsfall primär ausgefüllt werden kann. Auch die Bereitschaft, abends (47%) oder samstags (41%) zu arbeiten, wird mit relativ hohen Werten belegt.317 Abbildung 26: Chart 11 (10) „Wann haben flexible Regelungen besondere Bedeutung und sind für das Unternehmen zu dieser genannten Zeit besonders wertvoll?“ (n =16, Mehrfachnennungen möglich) 71% 47% 41% 35% 24% 12% Nachmittags Abends Samstags Vormittags Nachts Sonntags 0% 20% 40% 60% 80% 317 Gegenüber Frage 6 wird deutlich, daß die Nachtarbeit, so wie in Frage 6 interpretiert, für das Handwerk kaum Bedeutung hat. Nur in Ausnahmesituationen (bspw. Messebau) muß Nachtarbeit möglich sein. Vgl. Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, § 14 Abs. 2 Nr. 2, Rn. 18, 19, S. 165. 156 12. Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch f/v AZ Wie das Chart zeigt, glauben 66 % der befragten Handwerksunternehmer, daß der eigene Betrieb durch eine Öffnung der Arbeitszeitstrukturen Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz erarbeiten könnte. Dieses Meinungsbild unterstreicht die Dimension des Themas für zukünftige Entfaltungsmöglichkeiten des hessischen Schreinerhandwerks. Jeweils 53 % meinen, daß auch die Branche höhere Renditen erwirtschaften könnte. Diese Fragestellung und Antwort sollte die Einstellung zum Problemkreis noch einmal überprüfen und die deutliche Einstellung untermauern. Abbildung 27: Chart 11 (11) „Uns interessiert folgendes: Glauben Sie, daß durch eine Flexibilisierung starrer Ar- beitszeitstrukturen.....?“ ( 1 1 ) U n s i n t e r e s s i e r t f o l g e n d e s : G l a u b e n S i e , d a ß d u r c h e i n e F l e x i b i l i s i e r u n g s t a r r e r A r b e i t s z e i t s t r u k t u r e n . . . ( n =16 , Mehr fachnennungen mög l i ch ) 76% 53% 53% . .der e igene Betr ieb Wet tbewerbsvor te i le . .d ie Branche höhere Rendi ten . .d ie Zufr iedenhei t der Arbe i tnehmer 0% 20% 40% 60% 80% 100% gegenüber der Konkur renz e ra rbe i ten könnte? erwir tschaf ten könnte ges te iger t würde? Die Antwortkonstellation macht deutlich, daß sich Unternehmer von der Kopplung der Ziele „Wettbewerbsvorteil“ und „Zeitsouveränität“ der Mitarbeiter Vorteile versprechen. Für die zukünftige Arbeitszeitregelungen bzw. tarifvertraglichen Re- gelungen ist dies ein positiver Ansatz. Für die Tarifparteien bedeutet Öffnung zu- gunsten der Betriebszeiten und Einführung flexibler Regelungen damit gleicherma- ßen die Möglichkeit, die Souveränität der Mitarbeiter zu regeln. 157 13. Beurteilung der Mitarbeiter/innen (Wertewandel-Diagnostik) Die Fragestellung sollte herausfinden, wie die Unternehmer des holz- und kunst- stoffverarbeitenden Handwerks (HKH) die Stimmung in ihrem Unternehmen ein- schätzen, wobei ein Ergebnis bzgl. der Leistungsbereitschaft gewonnen werden sollte. Als Resultat kann festgehalten werden, daß sich die Einschätzung der Un- ternehmer im Schreinerhandwerk nicht von den allgemeinen Trends (Wertewandel) in der Wirtschaft trennen läßt, sondern daß die Schnittstellen zwischen Freizeit und Arbeit die gleiche gesellschaftliche Relevanz hat. Die Fragestellungen, die auf Veränderungen der Arbeitswelt hinzielten, zeigen, daß erhebliche Gestaltungsräume für eine Veränderung der Arbeitswelt, hier im beson- deren der Arbeitszeitsysteme, gegeben sind: Für über 50% der Handwerksunter- nehmer steht fest, daß Geld als Leistungsanreiz allein nicht mehr ausreicht. Sie bewerteten diese These mit der höchsten Bewertungsstufe als „richtig“. Ähnlich deutlich ist die Einschätzung der Arbeitgeber, daß starre Arbeitszeiten den Drang nach Individualität der Arbeitnehmer heutzutage entgegenstehen. Über 40% be- werteten dies jeweils in den Rastern „eher richtig“ und „richtig“. Über 60% der Befragten sind der Ansicht, daß Arbeit „anders“ gestaltet werden kann, also pla- stisch ausgedrückt mehr „Fun“ statt „Fron“ bieten soll. Dieser hohe Wert wurde im Bewertungsraster „eher richtig“ erreicht; auch in der höchsten Stufe der Bewer- tungsskala „richtig“ wird dies noch mit 25% hoch bewertet. Aus der Sicht der Probanden sind 30% der Arbeitnehmer mit den bisherigen Ar- beitszeitregelungen unzufrieden. Hier entsteht aus deren Sicht Regelungspotential. 158 14. Faktoren zur Motivation der Mitarbeiter Abbildung 28: Chart 14 (13) „Was glauben Sie, welcher der 5 Faktoren für die Motivation Ihrer Mitarbeiter zukünftig am bedeutendsten ist?“ ( 1 3 ) W a s g l a u b e n S i e , w e l c h e r d e r f ü n f F a k t o r e n f ü r d i e M o t i v a t i o n i h r e r M i t a r b e i t e r z u k ü n f t i g a m b e d e u t e n s t e n i s t ? (n = 16) 1 2 3 4 5 0 1 2 3 4 5 6 Höheres A n s e h e n Zei t f re ier e inte i len /F lex ib i l i tä t M e h r S i n n geben W e n i g e r arbe i ten M e h r Ge ld Aus der Sicht der befragten Unternehmer hat der Faktor „mehr Geld“ für die Ar- beitnehmer im holz- und kunststoffverarbeitenden Betrieben höchste Priorität, ge- folgt von „weniger arbeiten“, „mehr Sinn geben“, „Zeit freier einteilen/Flexibilität“ und letztendlich „höheres Ansehen“. Dieses Ergebnis weicht deutlich von den wis- senschaftlich erarbeiteten und in der Praxis anerkannten Motivationsfaktoren ab.318 Das bedeutet, daß es einen „time-lag“, also einen Zeitverzug, zwischen den Ein- stellungsmustern der Handwerksunternehmer und den Anforderungen an das Ma- nagement im allgemeinen gibt. Hier baut sich, wie das Umfrageergebnis zeigt, ein sehr wichtiges Handlungsfeld für die Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, Handwerkskammern, Innungen, Landes- und Bundesfachverbände auf.319 318 Z.b. Wildemann: Qualität und Produktivität, Erfolgsfaktoren im Wettbewerb, Frankfurt/M., 1994, S. 99-113. 319 Die Einführung von fortgeschrittenen und intelligenten, im Sinne eines Coaching- Management einstufbaren Arbeitszeitmodellen scheint, jedenfalls in einer Vielzahl von Betrieben des Schreinerhandwerks und darüber hinaus wahrscheinlich des gesamten Handwerks, nicht so schnell realisierbar. Bei allem erfolgreichen Agieren am Markt der durch die Unternehmens- Kunden-Beziehung zumeist voll eingebundenen Handwerksunternehmer muß zumindest in Frage gestellt bleiben, ob der Wissenstand dieser Unternehmensführer bzgl. den neuesten Erkenntnis- sen der Betriebswirtschaftslehre, und hier insbesondere der modernen Managementlehre, schritt- gehalten hat. Gerade die Beschäftigung mit den vielen, zumeist auch technischen Problemen des 159 15. Auslastung der Unternehmensführer Definiert war die verstärkte Zeitinvestition für Organisationsaufwand auf einer Skala von „problemlos“ bis „belastend“. Dies bedeutet, daß verstärkte Zeitinvesti- tionen unter Umständen als „belastend“ eingestuft werden, obwohl diese in der betrieblichen Managementpraxis sozusagen als positive Zeitinvestitionen320 gelten könnten. Abbildung 29: Chart 16 (15) „In welchen Feldern müssen Sie derzeit als Unternehmensleiter verstärkt Zeit für Organisation investieren?“ (n = 16, Mehrfachnennungen möglich) 4 3 2,5 3,5 3,5 3 3 3,5 Motivation der Mitarbeiter Begründungsbedarf Fort- u. Weiterbildung Kundenberatungen Reklamationen Mitarbeiter akquirieren Personalarbeit allgemein Organisation allgemein 0 1 2 3 4 5 problemlos.................................................................belastend Neben den beinahe klassischen handwerklichen Belastungsgründen „Kundenbe- ratungen“ und „Reklamationen“, beide mit einem Wert von 3,5, zeigt sich, daß der Zeitbedarf der Unternehmensleiter für die „Motivation der Mitarbeiter“ gestiegen Alltagsgeschäftes könnte das Resultat dafür sein, daß Wissen und Praxis bzgl. aktueller Mana- gementtechniken, und hier vor allem bzgl. des Arbeitszeitmanagement auf der Strecke bleiben. Die „Erosion durch das Tagesgeschäft“ wird damit zu einer Barriere für Entwicklungschancen im Schreinerhandwerk. Die Beschäftigung mit Managementtechniken, insbesondere Arbeitszeit- management, findet kaum statt. 320 Die Investition von Zeit in die „Human Resources“ gilt in der Managementlehre allgemein als erfolgsfördernder Faktor, da sich Motivation, z.B. in der Leistungserbringung, durch Identifikati- 160 ist. Es wurde ein Wert von 4,0 erreicht. Dieser Wert entspricht einer relativ starken zeitlichen Beanspruchung des Unternehmensleiters im Schreinerhandwerk. Die Motivation der Mitarbeiter bezieht sich dabei auf folgende genannte Parame- ter321: · vorgegebenen Qualitätsanspruch erreichen, · Fertigstellung des Produktes im vorgegebenen, kalkulierten Zeitrahmen des Betriebes und · Fertigstellung/ gegebenenfalls Montage des Produktes zum vom Kunden vorge- gebenen Termin. Unternehmensleiter im Handwerk werden immer wieder mit dem Problem kon- frontiert, daß sie nicht wissen, ob sie den für einen Auftrag festgesetzten Termin überhaupt einhalten können. Im Moment der Annahme des Auftrages ist nicht defi- nitiv geklärt, ob dieser Auftrag überhaupt in das Zeitgefüge der derzeitigen Auf- tragslage paßt und damit zum vorgegebenen Zeitpunkt fertiggestellt werden kann. Vor allem im Bereich der Bauzulieferung ist dieses Problem akut, da zusätzliche Terminverschiebungen, bspw. durch Witterungseinflüsse, seitens des Auftragge- bers eine exakte Zeitplanung sehr schwierig erscheinen läßt. Die Lösung wäre ein professionelles Projektmanagement. Als Fazit ist festzuhalten, daß die Betriebe des Schreinerhandwerks auf eine flexi- ble Zeitgestaltung angewiesen sind, um Aufträge einer immer anspruchsvoller wer- denden Klientel und komplexer werdenden Termingestaltung zu erfüllen. Damit stellt eine flexible Auftragsbearbeitung ein Wettbewerbsinstrument ersten Ranges dar. Dieses Wettbewerbsinstrument kann aber nur dann eingesetzt werden, wenn organisatorische Bedingungen in den Betrieben herrschen, die eine flexible Termin- gestaltung ermöglichen. Die „Motivation der Mitarbeiter“, die in den Betrieben des Schreinerhandwerkes mehr Zeit benötigt, zeigt, daß diese Bedingungen nicht so on mit dem Unternehmen positiv niederschlägt. Vgl. Hamel/Prohalad: Wettlauf um die Zukunft, Wien 1995, S. 211 321 Das Ergebnis aus den Interviews durch offene Fragen. 161 optimal vorhanden sind, wie dies wünschenswert zu sein scheint, sondern daß von Fall zu Fall monetäre Anreize eingesetzt werden müssen. In einem Fall erläuterte der Unternehmensführer, daß bei Terminaufträgen von Auftrag zu Auftrag sog. Sonderprämien vereinbart werden, die zusätzlich zu den Tariflöhnen und in diesem Betrieb existierenden Prämiensystemen ausgelobt werden, um die Aufträge abzu- wickeln. Dies kann langfristig aus Kostengründen nicht durchgehalten werden und deshalb nur eine Übergangslösung darstellen. Es erscheint vielmehr wichtiger, daß die Arbeitnehmer aufgrund flexibler Arbeitszeitsysteme ihrerseits Planungssicher- heit hinsichtlich ihrer Arbeitszeiten und Entlohnungen gewinnen. Ist ein solches System eingeführt, dürfte der Zeitaufwand für die „Motivation der Mitarbeiter“ in diesem Bereich stark sinken und dieses Feld unproduktiver Arbeitszeitinvestition seitens der Unternehmensleitung wird frei für andere Tätigkeiten, wie z.B. für die Akquisition. 16. Persönliche Belastung der Probanden und Ursachen Abbildung 30: Chart 17 (16) „Uns interessiert, wie es um Sie persönlich bestellt ist .Sind Sie der Meinung, daß Ihre persönliche Belastung durch die Arbeit.....?“ (n =16) gleichgeblieben ist zugenommen hat 12,0% 88,0% Diagnostiziert werden sollte, wie es um die Belastung der Handwerksunternehmer bestellt ist. Es war davon auszugehen, daß in Zeiten wirtschaftlicher Rezession die 162 Belastung für den Unternehmer eher zugenommen hat. Dies kann auf lange Sicht für den Erfolg eines Handwerksunternehmens problematisch sein, da eine ständig hohe Belastung eine strategische Planung und Ausrichtung des Unternehmens ei- gentlich ausschließt.322 Es zeigte sich, daß lediglich für 12,5 % der befragten Schreinereiunternehmer die persönliche Belastung durch die Arbeit „gleichgeblieben“ ist. Bei 87,5% der Pro- banden hat die Belastung „zugenommen“. Dies ist ein exorbitant deutlicher Wert, der noch einmal unterstreicht, in welchem Umbruch sich das Handwerks- management befindet. Es bleibt zu befürchten, daß sich ein Handwerksunternehmer mit einem komplexen Thema wie dem Arbeitszeitmanagement aufgrund seiner überdurchschnittlichen Belastung kaum theoretisch auseinandersetzen kann. Als Ergebnis dieser Fragestellung muß daher gelten, daß die Organisationen des Handwerks aufgefordert sind, Beratungshilfe zu leisten. Die Betriebs- beratungsstellen der Handwerkskammern und die betriebswirtschaftlichen Berater der Innungsverbände müssen zukünftig theoretisches Wissen gespeichert haben, das es ermöglicht, die betriebsindividuellen Arbeitszeitkonzepte in die Praxis ein- zuführen. Nach einer Ermittlung des Autors gibt es derzeit außer allgemeinen Hil- festellungen keine Handlungsraster für die konkrete Einführungshilfe von Arbeits- zeitmodellen in die betriebliche Praxis323, zumal eine parallele Rechtsberatung oft- mals neben der ökonomischen Beratung notwendig ist. Diese Doppelfunktion ist schwer zu leisten. Während die Arbeitszeit in den Betrieben für die Mitarbeiter eher gesunken ist, ist die Belastung für die Unternehmensleitung höher geworden, weil bspw. arbeits- intensive Felder wie die Betreuung von Kunden aufgrund kurzfristiger Termine etc. oder die Bearbeitung von umfangreichen Angeboten in gleichen oder sogar in kür- zeren Zeitintervallen fertiggestellt werden müssen. Arbeitszeitverkürzungen in der 322 Vgl. auch: Kiam: Unternehmergeist, Die Quelle dauerhaften Erfolges, Landsberg 1987, S. 18- 19. Der Autor behauptet, daß Zeit eine unternehmerische Investition ist. Reguläre Arbeitszeiten sind für Unternehmer tabu. Die Arbeits- und Zeitgewohnheiten der Kunden werden zur Chance für die Aktivitäten des Unternehmens. Diese Sichtweise ist unter marketingorientierter Aus- richtung korrekt, führt jedoch für den mehrfach belasteten Handwerksunternehmer zu großen Problemen , z.B. Überlastung. 163 Arbeitnehmerschaft führen zu spürbar höheren Belastungen der Handwerks- unternehmer, da Umsatzziele (Gewinnziele)324 mit einer Reduzierung der Arbeits- zeit nicht nach unten korrigiert werden können, sondern theoretisch eher sogar nach oben. Dies bedeutet, daß durch Rationalisierungseffekte und durch Erhöhung des Organisationsgrades sowie durch Erhöhung des Arbeitseinsatzes der Unter- nehmensführung diese Arbeitszeitkorrekturen für die Arbeitnehmerschaft aufge- fangen werden müssen. Abbildung 31: Chart 18 (offene Frage) Gründe, warum die Belastung zugenommen hat: (16a) Gründe, warum die Belastung zugenommen hat: (n = 16, Mehrfachnennungen möglich) 51% 32% 13% 9% 4% Die Arbeitszeit der AN ist weniger, aber die Belastung für die Unternehmensleitung ist dadurch höher Belastung Die Kundenbetreuung ist aufwendiger Kurzfristige Termine Formularwesen und Anforderungen Hohe Kosten und Steuern 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% vom Staat, Finanzamt etc. Die Flexibilisierung der Arbeitszeit kann auch für diesen Zielkonflikt eine Lösung darstellen. Wie die Abbildung 31 zeigt, bindet die Organisation von Mehrarbeit nicht nur Zeit, sondern die Argumentationslage der Unternehmer und Akzeptanz der Arbeitnehmer kristallisiert sich auf den Punkt einer „zwingenden Lage. Für die reibungslose Funktion eines Unternehmens ist es aber wichtig, wenn diese „zwin- gende Situation“ (Mehrarbeit notwendig) im Verlauf einer definierten Wirtschafts- periode als saisonale Schwankung akzeptiert wird. Ist dies allgemein bekannt und 323 Analyse der Informationsdienste des LIV und BHKH, KH Kassel, Innung Kassel, BBU der HWK Kassel (Stand 6/97). 324 bei sinkenden Nettoerträgen lt. Bundesbetriebsvergleich 1996. 164 akzeptiert, sinkt der notwendige Organisationsaufwand und steigt die Akzeptanz zugunsten saisonaler Mehrarbeit. 17. Organisation von Mehrarbeit im Betrieb Ein Effekt eines installierten f/v Arbeitszeitsystems ist die schnelle und reibungslose Anpassungsmöglichkeit der Unternehmen an wirtschaftlich schwache Auslastungs- phasen, die ohne jeweils neue organisatorische Maßnahmen ( Kurzarbeit, Urlaub- sanordnungen, etc.) erreicht werden! Auch dies ist ein Rationalisierungseffekt per se. Abbildung 32: Chart 19 (17) Die Organisation von Mehrarbeit in Betrieb „Welche Erfahrungen haben Sie mit Ihren Mitarbeitern gemacht?“ (n = 16, Mehrfachnennungen möglich) 11% 11% 16% 18% 13% 22% 9% eher unproblematisch eher problematisch zunehmend problematischer der Zusatzverdienst lockt der Freizeitausgleich lockt die zwingende Lage der Firma motiviert die Lage der Firma ist ziemlich egal 0% 5% 10% 15% 20% 25% 18. Anzahl der Überstunden in den befragten Unternehmen Es sollte aufgezeigt werden, daß auch aufgrund deutlich gestiegener Mehrarbeits- quoten die Einführung f/v Arbeitszeitsysteme notwendig ist. Es zeigt sich, daß in 44% der Betriebe der Mehrarbeitsbedarf tatsächlich gestiegen ist. In 42% der Be- triebe ist Mehrarbeit/Überstunden vorhanden gewesen, der Bedarf ist im Ver- 165 gleichszeitraum etwa gleich geblieben. Man muß festhalten, daß auf dem hohen Niveau von 42% die Mehrarbeit/Überstunden in 44% der Betriebe deutlich gestie- gen ist. In 80% der Betriebe ist Mehrarbeit zumindest vorhanden und gleich- geblieben. In nur 14% der Betriebe ist das Mehrarbeitsniveau gesunken, aber den- noch vorhanden. Abbildung 33: Chart 20 (18) „Ist die Zahl der Mehrarbeit/ Überstunden in Ihrem Unternehmen gegenüber 1985...?“ (n = 16) gestiegen etwa gleich geblieben zurückgegangen 44,0% 42,0% 14,0% Es ist festzuhalten, daß es ein deutliches Potential in den Betrieben des Schreiner- handwerks notwendig ist, diese „Mehrarbeit- Inflation“ zu organisieren. Die wirt- schaftliche Kraft der Unternehmen wird sinken, wenn diese Mehrarbeit zu einer Belastung für Unternehmer und Arbeitnehmer wird. Sie wird steigen, wenn es ei- nen gemeinsamen Zielnenner gibt, der vorgibt, daß vom Kunden vorgegebene Ar- beitsspektren so abgewickelt werden, daß die Unternehmen einerseits termintreu anbieten können und die Arbeitnehmer andererseits ihren Zeit- und Arbeitseinsatz in festgelegten Rahmendaten (Zeiten, Entlohnungen) vereinbarungsgemäß erhalten. So würde die Arbeit in den Betrieben kein gegensätzlicher Zielkonflikt mehr sein, sondern in Abstimmung beider Seiten zu einer neuen Leistungsfähigkeit der Betrie- 166 be und zu einer neuen sozialen Dimension wachsen können.325 Das Unternehmen gewinnt an Marktpräsenz, während der Arbeitnehmer einen Gewinn an Zeitsouve- ränität verbuchen kann. 19. Demographische Daten Die Abbildungen 34 und 35 dokumentieren die Struktur der Probanden hinsichtlich ihrer Stellung im Unternehmen und ihrem Alter. Abbildung 34: Stellung des Probanden im Unternehmen Sind Sie....: Sind Sie (n = 16) Inhaber der Firma? in der Geschäfts- in anderer Funktion 63,0% 25,0% 12,0% führung tätig beschäftigt 325 Die Erkenntnis aus einer weiteren Fragestellung ist, daß 31,25% der Befragten die „Arbeits- zeit allgemein“ als einen Faktor einstufen, der nicht zur unproblematischen Abwicklung eines Unternehmens beiträgt. In über einem Drittel der befragten Unternehmen ist das Problem der „Arbeitszeit“ als ein Thema festzuhalten, das organisatorisch gehandhabt werden muß. Dies unterstützt die These, daß bzgl. des Arbeitszeitmanagements im Schreinerhandwerk Entwick- lungsbedarf besteht. Auf weitere Ergebnisse dieser Fragestellung braucht hinsichtlich der Zielset- zung des Forschungsprojektes nicht eingegangen zu werden. 167 Abbildung 35: Alter der Probanden (n = 16) bis 25 Jahre 26-35 Jahre 36-45 Jahre über 55 Jahre 24,7%19,6% 19,6% 36,1% 20. Gewerkschaftliches Meinungsbild im Abgleich zu Kernergebnissen Der Fragebogen wurde parallel zur Interviewphase der zuständigen Gewerkschaft Holz und Kunststoff (GHK) vorgelegt.326 Das Ergebnis wird im folgenden unter der Prämisse auffälliger Differenzen zum Meinungsbild der Stichprobe dokumen- tiert. Deckungsgleiche oder ähnliche Meinungsbilder, die für den empirischen Ge- halt nicht wertvoll sind, werden hier nicht wiederholend dargestellt. Der Frage- bogen wurde in verkürzter Variante vorgelegt, da bestimmte Fragestellungen zu typischen betriebsinternen Fakten nicht abgefragt werden konnten. Das Ergebnis sichert die gewonnenen Daten aus der Literatur ab und untermauert die aufge- arbeiteten Konfliktpunkte in der Diskussion zwischen den Verhandlungsparteien.327 Es werden auch Übereinstimmungen aufgezeigt. 326GHK/Gewerkschaft Holz und Kunststoff, Hauptvorstand, Abteilung HAIII-Tarif, Düsseldorf (Gewerkschaft im DGB) 327Anm. d. Aut.: Leider dokumentiert oftmals schon die Wortwahl "Verhandlungspartei" oder "Verhandlungspartner" gewisse Zielvorgaben 168 a) Arbeitszeiten/Chart 3 Die GHK stellt ebenfalls fest, daß „Überstunden eher die Regel“ sind. b) Flexible Arbeitszeitmodelle/Chart 4 Das sog. Freischichtmodell, welches der MTH zuläßt, wird als ein Arbeitszeit- modell mit flexiblem Charakter genannt. Als Beispiel (offene Frage) wird eine Ar- beitszeit von 40 Stunden bei einer Regelarbeitszeit von 39 Stunden genannt, die zu sechs bezahlten freien Tagen (Freischicht) führe.328 Kritisch angemerkt werden muß hier, daß dieses Modell sicherlich akzeptabel ist, jedoch das zukünftige Spektrum im Hinblick auf innovative Arbeitszeitsysteme allein nicht abdecken kann. c) Individuelle Präferenzen für Arbeitszeitmodelle/Chart 5 Aus der Fragenbatterie (22 Möglichkeiten/11 Modelle) mit den Grundmustern329 der Arbeitszeitmodelle, gesplittet in die Bereiche „Technik“ und „Büro“, wurden von der GHK vier Möglichkeiten aus drei Modellen als „interessant“ ausgewählt: Bereich Technik - Freischichtmodell Bereich Büro - Teilzeitarbeit - Freischichtmodell - einfache Gleitzeit Alle anderen Optionen wurden abgelehnt. Lediglich „Mehrarbeit“ (Überstunden) ist mit einem Mittelwert als akzeptabel bzw. realistisch belegt, weil dies in der Pra- xis vorkommt. Es handelt sich jedoch hierbei keinesfalls um ein Modell. 328vgl. MTV Hessen des HKH Gießen (MTH), § 3 Nr. 3a, 3b (Arbeitszeit), S. 6+7. 329nach Linnenkohl/Rauschenberg: Arbeitszeitflexibilisierung, S. 23 169 c) Zufriedenheit der Probanden mit ihrem Arbeitsplatz/Chart 7 Hier ist ein Ergebnis herauszugreifen: Die GHK stuft den Zufriedenheitsgrad für die Möglichkeit, Jahresarbeitszeitmodelle zu implementieren mit einer „2“, also „gut“ ein. Da es diese Variante lt. MTH aber gar nicht gibt, kann dies als Argument greifen, daß dieses Modell eben nicht primär gewünscht („Beharrungsverhalten“) bzw. empfohlen wird. Die JAV hat sich aus der Befragung als wünschenswertes Modell herauskristallisiert. d) Zukunftsprognosen/Chart 8 Es ist nach GHK-Meinung „nicht nötig“, daß zukünftig Arbeitszeiten aus ihrer Starrheit herausgeführt werden müssen, um den Markt besser zu bedienen. Die Studie an sich zeigte mit 82% ein diametral entgegengesetztes Ergebnis. e) Meinung der Mitarbeiter zu f/v Arbeitszeitsystemen/Chart 10 Als durchgängig „eher positiv“ sieht die GHK die Einstellung der Beschäftigten gegenüber flexiblen Arbeitszeiten, und zwar durch alle Mitarbeitergruppen ohne Differenzierung. Als Anmerkung bzw. Eingrenzung wird auf das Freischichtmodell verwiesen, welches positiv beurteilt werde. Trotz der Einschränkung ist dieses Meinungsbild als positives Fundament für die Entwicklung zukünftiger Arbeits- zeitmodelle anzusehen. f) Verbesserung der Arbeitsbedingungen durch f/v Arbeitszeitsysteme/ Chart 11 Studienergebnis und Gewerkschaftseinschätzung zu den Feldern „f/v Arbeitszeitsy- stem erhöht Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz“ und „f/v Arbeitszeit- system erhöht Renditechancen für die Branche“ zeigen als positive Parameter ein 170 kongruentes Bild. In der Einschätzung der „Zufriedenheit der Arbeitnehmer“ wird ein signifikanter Unterschied deutlich. Während das Umfrageergebnis hier mit 53% einen recht deutlichen und hohen Wert erreicht, nennt die GHK diesen Faktor nicht. Allerdings wird auch nicht abgeschätzt, daß „keine Auswirkungen auf den Zufriedenheitsgrad der Mitarbeiter“ zu erwarten sind. Die gewerkschaftliche Einstufung kann interpretiert werden als pauschales Mei- nungsbild, daß f/v Arbeitszeitsysteme zunächst Unternehmens- und Wettbe- werbsvorteile bringen und die Auswirkungen auf die Belegschaft wenn nicht nega- tiv, so zumindest indifferent, erscheinen. Im positiven Spektrum könnte interpre- tiert werden, daß vorteilhafte Effekte durch die Flexibilisierung auch von Gewerk- schaftsseite nicht dementiert werden.330 g) Beurteilung der Mitarbeiter/-innen (Wertewandel-Diagnostik)/Frage 13 Einen deutlichen Unterschied gibt es hinsichtlich der These „Man kann sich leichter in der Freizeit als am Arbeitsplatz verwirklichen“. Diese wurde seitens der GHK mit „richtig“ quantifiziert. Hier scheint es deutliche Differenzen bezüglich der Wertigkeit von Arbeitsplatz und Freizeit zu geben. h) Persönliche Belastung der Probanden/Chart 17 Im Ergebnis zeigt sich kein Unterschied: Sowohl empirisches Resultat als auch Gewerkschaftsbild nennen den Wert „zugenommen“ bei der Einschätzung des per- sönlichen Belastungsgrades durch die Arbeit. Die Begründung (offene Frage) diffe- riert dann jedoch beinahe erwartungsgemäß. Während Unternehmensleitungen kri- tisieren, daß „die sinkende Arbeitszeit zu höheren Belastungen“ geführt hat, nennt die GHK als Diagnostik „verschiedenste Rationalisierungsformen".331 330 Der Veränderungsdruck auf die Gewerkschaften wird deutlich in: Promberger, M., Was wird aus der Arbeitszeit?, München 1993. 331 Raehlmann, I. et. Al., Flexible Arbeitszeiten, Wechselwirkungen zwischen betrieblicher und außerbetrieblicher Lebenswelt, Studien zur Sozialwissenschaft, Bd. 123, Opladen 1993, S. 240. 171 IV. Analyse, Ergebnisse und Perspektiven Dieser Teil faßt die wesentlichen Erkenntnisse des bearbeiteten Themenkreises aus der Deskription und Empirie in Analyse, Ergebnis und Perspektive zusammen. Dafür werden einzelne Elemente herausgearbeitet und zur Diskussion gestellt. Wichtig erschien dem Verfasser, jeweils branchenrelevante Erkenntnisse als Stimuli herauszuarbeiten. Es kommt dabei im besonderen darauf an, elementare Bausteine für die Installation eines f/v Arbeitszeitsystems zur Diskussion zu stellen. Deutlich soll in diesem Schlußteil vor allem auch die Bedeutung der unterschied- lichen Wissenschaftsgebiete werden. Die Kernthesen · Arbeitszeitmanagement ist Teil der Folge Unternehmensphilosophie- Management-Marketing-Innovationsstrategie, · f/v Arbeitszeitsysteme sind ohne Arbeitszeitmanagement nicht inte- grierbar, · Arbeitszeitmanagement bringt Wettbewerbsvorteile, · Arbeitszeitmanagement braucht Konsenspolitik zwischen den Tarif- partnern (extern) sowie zwischen Unternehmensleitung und Mit- arbeiten (intern) werden besonders berücksichtigt und erläutert, da diese für die Einführung in die Praxis signifikante Bedeutung erlangen dürften. Die Ergebnisse im folgenden: 1)Matrixmodell Dieses Modell wurde aus den theoretischen Erkenntnissen heraus für die Praxis generiert und dient als Handlungsstrang für die interessierte Praxis. 2)Erkenntnisse für die Umsetzung im Schreinerhandwerk. An Hand von Oberthemen (z.B. „Öffnungskorridore“) werden relevante Module für die flexible/variable Arbeitszeit aufgearbeitet und dargelegt. 172 3)Arbeitszeitsysteme Schreinerhandwerk Entwickelt wurde exemplarisch ein Arbeitszeitsystem für das Schreiner- handwerk, dessen einzelne Elemente individuell ausgestaltet werden können. Die juristischen Rahmenbedingungen aus der Analyse fließen ein. Anwendung. 1. Matrixmodell zur Einführung innovativer Arbeitszeitsysteme im Schreinerhandwerk Für das betriebliche Arbeitszeitmanagement empfiehlt sich das Vorgehen an Hand der folgenden Konstruktion. Das Modell ist aus den Erfahrungen der Studie heraus für das handwerkliche Unternehmen entwickelt worden.332 Es ermöglicht durch die Matrixform eine Sektionierung in die vertikalen Ebenen strategischer Plan, betrieb- sindividuelles Vorgehen und operativer Plan. Diese grundsätzliche Aufteilung ermöglicht es, die im Bereich des Handwerks be- währte Betriebsberatung durch Kammern bzw. Innungsverbände zu integrieren, die auf dem Konzept der „Hilfe zur Selbsthilfe“ modulartig die handwerkliche Unter- nehmensführung unterstützt. Die Transparenz des Vorgehens wird gewahrt durch die parallel-vertikalen Tren- nungen, zu denen auch die Prüfung des rechtlichen Rahmens gehört. Die Kernarbeit im Bereich b) wird durch ein horizontales Stufenmodell dargestellt. Die einzelnen Elemente werden nacheinander abgearbeitet, so daß es für das Handwerksunternehmen zu einer sinnvollen Reihung kommt. Wichtig erscheint die Darstellung, daß es sich um ein Kreislaufmodell handelt. Fle- xibilität kann nur dann die Schlagkräftigkeit erhöhen, wenn das System ständig für Verbesserungen offen bleibt. Dies ist auch der Kritikpunkt an den meisten in der 332Dabei wurden sowohl das „6-Phasen-Modell“ von LINNENKOHL, als auch die Hinweise auf die „Implementation flexibler Arbeitszeitsysteme“, in: Bellgardt: Flexible Arbeitszeitsysteme, S. 73 ff, Heidelberg 1987 herangezogen. 173 Literatur zu findenden Systemen, denen quasi das „programmierte Rückflußventil“ fehlt. Zwischen der Ebene a) und der Ebene c) gibt es für die Praxis einen entscheiden- den Unterschied in Ablauf und Wirkungsweise dieser Rückmeldungen. Während beim Strategischen Plan (a) sowohl zwischen den Elementen als auch zwischen der Evaluierungshase zu allen anderen Phasen ein Austausch stattfinden kann und muß, wird dies beim Operationalen Plan (c) aus Effizienzgründen verändert. Das Con- trolling als ausführendes Organ des Managements wird diesem direkt zugeordnet. So können Korrekturmeldungen über das Controlling sofort als Entscheidungsbedarf gemeldet werden bzw. Managemententscheidungen werden sofort dem Controlling zugeleitet. Die Studie hat gezeigt, daß dem Handwerksunternehmen die Zusammenarbeit mit externer Beratung333 (vom Markt oder aus der eigenen Handwerksorganisation) zu empfehlen ist, um die Realisierung strukturell aufbereitet zu realisieren. Zwischen der Forderung nach f/v Arbeitszeitsystemen und der vom Autor interpretierten unterdurchschnittlich bekannten Chancen, die Flexibilität und Zeitsouveränität (so- ziale Innovation) bringen können, besteht eine Lücke, die durch Vermittlung des entsprechenden Managementwissens geschlossen werden kann. Ziel für das Schreinereimanagement in Modell und Praxis wird die Stärkung der „Humanen Effizienz“334 sein müssen. Das vom Autor entwickelte Matrixmodell verdeutlicht die notwendigen Abläufe und dient zur Orientierung bei der zu planenden Einfüh- rung. Der Teil b) wird noch einmal im Anhang („Ablaufschema“) etwas ausführlicher dargestellt. 333 Der Autor war zwischen 1989 und 1994 Dozent für Management und Marketing in der Reihe „Betriebswirte des Handwerks“ für die HWK Kassel tätig und konnte dort im Konsens mit den Studierenden feststellen, daß die traditionelle Handwerksausbildung („Meister“) modernen Tech- niken der Unternehmensführung keinen ausreichenden Raum zur Verfügung stellt. 334So erläutert LINNENKOHL am 7.7.1995 bei einer Vortragsveranstaltung, „Wohin geht die Zeit- reise der Arbeit?“ vor den „HandwerksJunioren Nordhessen“, Kurhessensaal der Handwerks- kammer Kassel. LINNENKOHL definierte die "Humane Effizienz" als einen der wichtigsten hand- werklichen Produktionsfaktoren, die durch Faktoren wie Arbeitszeitflexibilität und dem Wunsch des Arbeitnehmers nach Zeitsouveränität weiter unterstützt werden kann. 174 Abbildung 36:Matrixmodell zur Einführung innovativer Arbeitszeitsysteme im Schreinerhandwerk a) Strategischer Plan b) Betriebsindividuelles Vorgehen * Engpaßanalyse * Flexibilitätsbedarf * Flexibiliätspotential * Konzept * Realisierbarkeitsprüfung - rechtlicher Rahmen - Kosten-Nutzen-Relation - Personalverfügbarkeit -+- Akzeptanz * Realisierung Ablaufplan * Zieldaten* Erfahrungsauswertung * Korrektur (fein); System, Arbeitsplatz * Effizienzmessung * Korrektur (groß); Fehlentwicklungenc) Operationaler Plan Zieldefinition Management- entscheidung Korrektur/InnovationControlling EvaluationBetriebUmsetzungAnalyse (eigene Darstellung) 2. Erkenntnisse für die Umsetzung im Schreinerhandwerk - Positives Szenario für f/v Arbeitszeitsysteme F/v Arbeitszeitsysteme lassen sich nicht beliebig kopieren. Jedes Unternehmen be- nötigt einen individuellen Ansatz, um durch f/v Arbeitszeitsysteme erfolgreicher am Markt agieren zu können. Die folgenden Kapitel arbeiten das Gesamtsystem und die zukünftigen Herausforderungen auf. a) Gefahrpotential durch Individualisierung Tarifverträge bzw. Flächentarife ermöglichen bisher kaum ausgeprägte individuelle Organisationsformen, so auch in der untersuchten Branche. Wenn auch die Indivi- dualabrede zunächst die naheliegende und erstrebenswerteste Variante zu sein scheint, ist es langfristig wichtiger, innerhalb eines Tarifvertrages einen Öffnungs- 175 spielraum festzulegen, um für die Arbeitnehmer eine soziale Absicherung zu errei- chen. Da es in den zumeist kleinen Betrieben des Schreinerhandwerks keine Ar- beiternehmervertretungen gibt, kann nur durch Festlegung der Rahmenbedingun- gen eine akzeptable Regelung fixiert werden. Ansonsten laufen die Mitarbeiter der kleinen Betriebe Gefahr, zum Spielball der jeweiligen Wettbewerbssituation zu werden. Die Folge wären ansonsten nicht nur regional sondern auch von Betrieb zu Betrieb unterschiedliche Entlohnungssysteme.335 Eine „Chaotisierung“ (LINNENKOHL) muß vermieden werden. b) Flexible/variable Arbeitszeit - Konfliktpotential durch eingeschränkte Blickwinkel der Akteure Theoretisch und in der wissenschaftlichen Analyse läßt sich das System der f/v Ar- beitszeit komplett darstellen, so daß die Lösung als unternehmerische Herausforde- rung lediglich eine logische Folge zu sein scheint. In der Praxis jedoch zeigen sich die Schwierigkeiten sowohl beim Verstehen wie auch beim Umsetzen des komple- xen Systems. Der Grund dafür sind die jeweils eingeschränkten Sichtweisen der Akteure von denen jeder einzelne kaum einen Gesamtüberblick hat. Das Resultat aus diesem Phänomen kann nur sein, daß Informationsdefizite abgebaut werden müssen, um den Akteuren die Konsensfindung zu erleichtern. Erst wenn diese Gespräche scheitern, müssen die Unternehmen selbst die Pilot- funktion übernehmen und aktiv werden. Wenn gleich dies dann zu ingeniösen Lö- sungen führen wird, würde dies der einzige Weg sein, der letztendlich zum Ziel führt. Das Ziel sollte heißen: Konsenslösung im Tarifvertrag, die sowohl dem Wettbewerb als auch dem Arbeitnehmerinteresse gerecht wird. Für das holz- und kunststoffverarbeitende Handwerk ergibt sich aus der jetzigen Ist-Situation die Möglichkeit eine Vorbildfunktion zu übernehmen, bevor es zu diffusen Insel- 335 Die allgemeine Lage kann mit dem Begriff einer „Bewußten Unübersichtlichkeit“ umschrie- ben werden. In dieser befindet sich die Regulation der Arbeitszeit im Schreinerhandwerk. In einem Feld zwischen sozialer Sicherheit und sozialer Unsicherheit entwickelt aus der Situation am Markt, muß sich ein neues „System der Übersichtlichkeit“ etablieren, um das Sozialstaatmo- dell generell zu fundamentieren. „Bis vor kurzem konnte der Sozialstaat die Regeln des Marktes korrigieren, jetzt regelt der globale Markt die Korrekturmöglichkeiten des Staates.“ Vgl. hierzu 176 lösungen kommt, die für die heterogene Struktur dieser Branche nicht wünschens- wert ist. Es ist auch unbedingt zu vermeiden, daß im Laufe der Zeit ein, wie LINNENKOHL336 am ArbZG kritisiert, kompliziertes und unübersichtliches Regelwerk entsteht, aus dem die Praxis ständig nach Auswegen sucht. c) Wandel Um den Wandel337 zu bewältigen, werden sich die Meister ändern müssen. Eine Entwicklung hin zum Prozeßmanager, der wichtige Aufgaben professionell um- setzt, erscheint wichtig. In einer Übergangsphase kann es vorteilhafter sein, wenn Verbände bzw. Organisationen dieses Prozeßmanagement in der Einführungsphase übernehmen.338 Diese müssen Beratungsangebote zur Verfügung stellen. Zur Begutachtung stehen demnach für das Schreinerhandwerk eine Vielzahl von Modellen in verschiedenen Varianten und Differenzierungen. Diese Vielfalt macht deutlich, daß nicht nur auf der Nachfrageseite (Mitarbeiter, Gesellschaft) ein Be- dürfnis nach flexiblen Modellen bzw. eine teilweise Abkehr von starren Arbeitszei- ten besteht, sondern auch die Handwerksunternehmer (Angebotseite) lernen, daß diese Tendenzen nicht aufzuhalten sind. Zukunftsorientierte Hand- werksunternehmer haben erkannt, daß es nicht um das Aufhalten von Tendenzen geht, sondern daß Arbeitszeitflexibilisierung ein strategischer Erfolgsfaktor339 für Zielcke: „Der neue Doppelgänger, Die Wandlung des Arbeitnehmers zum Unternehmer“, F.A.Z. (20.07.1996), S. B1. 336 Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, S. 55. 337 JAGODA bestätigt diese zukünftige Situation: „Unsere Arbeits- und Berufswelt wird sich er- heblich verändern. Als Folge davon werden Mitarbeiter mehr Verantwortung tragen, aber auch ihre Arbeitszeit mehr beeinflussen können, als es jetzt der Fall ist. Mittelständische Unterneh- men, aber auch freie Berufe und andere Formen der Selbständigkeit, insbesondere bei Dienstlei- stungen und Handwerk, werden zunehmen.“ Vgl. Jagoda: „Arbeits- und Berufswelt im Umbruch, Sieben Megatrends zur Zukunft des Arbeitsmarktes“, F.A.Z. Nr. 26 (16.11.1996), S. B1. 338Vgl. Stadler/Venema (Hrsg.), Flexible Teilzeitarbeit, Hinweise für die betriebliche Praxis, Schriftenreihe VhU 5/88, Frankfurt/M. 1989, S. 7-10 339 Arbeitszeitflexibilisierung, also das Management von Arbeitszeit, wird als strategischer Er- folgsfaktor zu einem bedeutenden Unternehmensziel für die Betriebe des Schreinerhandwerks werden. Einer der Hauptgründe dafür ist, daß Flexibilität und damit Wettbewerbsfähigkeit künf- tig nicht mehr so sehr vom Kapital (Stichwort technische Innovation, Automatisierung) abhängt, sondern von den Menschen. Qualifizierte und engagierte Mitarbeiter mit geistigen und physi- 177 das Unternehmen geworden ist. Wie in dieser Arbeit dargestellt ist, kann und muß die flexible Gestaltung der Arbeitszeit als Innovation betrachtet werden. Mit Inno- vationen will man gegenüber der Konkurrenz einen Wettbewerbsvorsprung erzie- len. Das Schreinerhandwerk wird in mittelfristiger Zukunft zwangsläufig erkennen, daß diese Innovation als soziale Innovation, gleichbedeutend mit den technischen betriebswirtschaftlichen Innovationen gesehen werden muß. Ein Arbeitszeitmanagement sichert dem Schreinerei- und Handwerksunternehmen eine dominante Stellung auch auf dem Arbeitsmarkt. Damit ist eine weitere Posi- tionierung im Marketingmix angesprochen. PÜMPIN/GEILINGER fügen an, daß es für Unternehmen wichtig ist, in einem, aus der Sicht des Marktes, relevanten Aktivi- tätsfeld gegenüber ihren Konkurrenten überlegene Fähigkeiten zu entwickeln. Die- se werden von den beiden Autoren als strategische Erfolgspositionen (SEP) be- zeichnet. 340 Daraus folgt: Gelingt es einer Unternehmung aus der Sicht der Mitarbeiter (gegen- wärtige und potentielle) eine auf dem Arbeitsmarkt überlegene Position bzgl. flexi- bler Arbeitszeitgestaltung einzunehmen, so ist diese Arbeitszeitflexibilisierung als strategische Erfolgsposition zu bezeichnen. Damit kann die Unternehmung langfri- stig eine Basis erreichen, die ihr die Chance bietet, auf dem Arbeitsmarkt leichter qualifizierte Mitarbeiter zu finden, oder die qualifizierten Mitarbeiter an das eigene Unternehmen zu binden.341 Flexible Arbeitszeit/Management von Arbeitszeit be- einflußt folgende Erfolgsfaktoren: - Qualität der Human Ressources, - Stärkung der Kundennähe, schen Flexibilitätsmerkmalen sind heute zu einem Engpaßfaktor in den Unternehmen geworden. Wenn das Arbeitszeitmanagementkonzept in einem Schreinereiunternehmen schlüssig abge- stimmt ist, kann es zur Humanisierung der Arbeit beitragen. Der Erfolg stellt sich ein, wenn Kundenbedürfnisse und Mitarbeiterbedürfnisse besser befriedigt werden. 340 Pümpin/Geilinger: „Strategische Führung“, Die Orientierung Nr. 76 (1988), S. 11. 341 Es wird zukünftig zu vermitteln sein, daß strategische Erfolgspositionen nicht nur das Ziel haben, dem Kunden einen echten Vorteil zu bieten, sondern daß es neben dieser Außensicht auch eine ebenso wichtige Innensicht für das Unternehmen gibt, d.h. Ziele zu setzen und Faktoren heranzubilden, die für Mitarbeiter einen Nutzen darstellen. Wie oben bereits dargestellt, ist damit gegenüber der Konkurrenz eine Profilierung möglich. Sie stärkt die eigene Wettbewerbsposition und stabilisiert Zukunftschancen. 178 - Steigerung der Innovationsfähigkeit durch qualifizierte, motivierte Mitarbeiter, - Produkt- und Angebotsqualität des Schreinereiunternehmens, - Akzeptiertes Führungssystem und - Stärkung von Informationssystem und Organisationsstruktur durch offener gestaltete Informationskultur. ERGENZINGER weist darauf hin, daß in der betriebswirtschaftlichen Literatur auf die Dualität der Ziele (wirtschaftliche und soziale) hingewiesen wird, die in einem Konflikt zueinander stehen. Dies zeigt sich, wenn ökonomische Ziele den Er- wartungen und Wünschen der Mitarbeiter diametral entgegen stehen. Die Ein- führung flexibler Arbeitszeit dient aber dazu, einen Teil der kontroversen Interes- senlagen abzubauen, damit beide Seiten einen Nutzen erfahren. Für die Unter- nehmung ergibt sich eine flexible Anpassung an Kapazitätsschwankungen, indem die Betriebszeiten ausgeweitet werden können. Die Mitarbeiter (soziale Ebene) erreichen durch mehr Zeitsouveränität ebenfalls Vorteile (Zufriedenstellung, Moti- vation, Humanisierung der Arbeit). Voraussetzung aber ist, daß ein Konsens zwi- schen den Parteien hergestellt werden kann.342 Die Arbeitszeitflexibilisierung wird über das System des Arbeitszeitmanagements realisiert. Dieses ist ein wichtiger Bestandteil der Zielhierarchie des Schreinerei- Unternehmens, die durch das Marketing und Management definiert wird. Damit wird deutlich, daß Arbeitszeitflexibilisierung, die systematisch und strategisch ein- gebunden ist, die Unternehmenskultur prägt. Nach SCHOLZ wird Arbeitszeit- management zum Kulturträger und Kulturvermittler im Unternehmen.343 342 Ergenzinger: Arbeitszeitflexibilisierung - Konsequenzen für das Management, Bern 1993, S. 469. 343 Scholz: „Personalwirtschaft im Spannungsfeld zwischen Verhaltens- und Informations- orientierung“, Zeitschrift für Personalforschung (1990), S. 46. 179 d) Öffnungskorridore Eine einzig und allein auf kollektivvertraglichen Regelungen344 basierende Be- stimmung der Arbeitszeiten kann zukünftig zu einer weiteren Erstarrung der Löhne führen. Die Quintessenz aus dieser ökonomischen Situation muß die Freiheit sein, Arbeitszeiten betriebsindividuell im Rahmen der gesetzlichen bzw. tarifvertragli- chen Regelungsmechanismen festlegen zu dürfen. Dabei müssen soziale Aspekte berücksichtigt werden, um eine neue Arbeitszeitkultur nicht zu gefährden. Gerade in den kleinen und mittleren Betrieben des Schreinerhandwerks muß Alleingängen außerhalb der Normen Einhalt geboten werden. Regelwerke dazu fehlen derzeit für 344 „Die staatliche Wirtschaftspolitik sowie die Tarifparteien müssen gemeinsam daran arbeiten, die Randbedingungen zur Existenz einer gesunden und arbeitsplatzschaffenden Industrie günstig zu gestalten. Im einzelnen sind dies die Einführung einer vernünftigen Unternehmensteuerre- form, die Begrenzung des Arbeitskostenanstiegs durch Minderung des Pflegekostensatzes, die Reduktion der Sozialversicherung, die Erhöhung der Betriebsnutzungszeiten und die Flexibilisie- rung der Arbeitszeiten, um nur einige Beispiele zu nennen. Die Unternehmen müssen sich um eine flexible Arbeitszeitgestaltung bemühen, um weitere Absatzschwankungen besser abfangen zu können.“ Diese Aussage charakterisiert auch die Situation im Schreinerhandwerk. Vgl. Huf- nagl: „Ein gravierender Umbruch hat begonnen - Stirbt Deutschlands Industrie“, Referate zur Gesellschafterversammlung, Heft Nr. 1, Hrsg. PLANINVEST, Kassel 1996, S. 21. (Dr. Hufnagl ist Direktor des Produktbereiches Flughafentechnik von Thyssen Henschel). Zu starre Regelun- gen bzgl. der Flexibilität in Deutschland werden im Ausland kritisiert. Es ist nicht zu verstehen, „weshalb sich die Deutschen nicht auf ihre Stärken besinnen und die gute Ausbildung und Men- talität der Mitarbeiter nutzen, um auf den Weltmärkten zu bestehen. Statt dessen wird an infle- xiblen Einstellungsregeln festgehalten.“ Vgl. Goldschmeding: „Die Einstellungsregeln in Deutschland sind zu starr“, F.A.Z. (03.06.1996), S. 17. Goldschmeding ist Vorstandsvorsitzender der niederländischen „Randstad NV“, einem Zeitarbeitsunternehmen. „Deshalb muß jetzt ein neuer Realismus Regie führen. Wenn wir wirkliche Arbeitsplätze in unserem Land halten und gar neue schaffen wollen ..., dann müssen wir ... die gesamte Volkswirtschaft auf dieses Ziel hin ausrichten. Dazu sind über viele Jahre hinweg konsequente Anstrengungen auf allen Gebieten notwendig, die letztlich ordnungspolitischer Natur sind und auf eine Wiederbelebung der sozia- len Marktwirtschaft hinauslaufen müssen. Dazu gehört .... eine Lockerung all jener Regulierun- gen, die einer leichteren Einstellung von Arbeitskräften entgegenstehen. Vgl. Dahlmanns: „Mehr Markt für den sogenannten Arbeitsmarkt“, F.A.Z. (04.06.1996), S. 17. Dahlmanns ist Direktor des Instituts für wirtschaftliche Forschung, Frankfurt/M.. „Ökonomisch gilt, was politisch bislang nicht beachtet wird. Eine weitgehende Ausschaltung des Wettbewerbs auf dem Arbeitsmarkt führt nicht zu höheren Reallohnzuwächsen oder einer Steuerungsfunktion der Beschäftigungs- quote, sondern zu einer Erhöhung der Arbeitslosigkeit. Das Prinzip des Schutzes des strukturell schwächeren Arbeitnehmers gegenüber dem stärkeren Arbeitgeber führt dazu, daß der härter gewordene Wettbewerb auf den internationalen Märkten nur den Arbeitgeber trifft. Anbieterkar- telle der Arbeitnehmer für das Angebot von Arbeit passen nicht in die aktuelle Wirtschaftssitua- tion. Eine Öffnung zugunsten der Flexibilität in der Zugriffsmöglichkeit auf dem Arbeitsmarkt ist dringend geboten.“ Vgl. Weizsäcker v., Ch., „Die offene Gesellschaft und ihr Arbeitsmarkt“, F.A.Z., Nr. 26 (16.11.1996), S. 15. 180 dieses Handwerk. Die theoretische Forderung benötigt ein „Konsensmodell“345, in dessen Rahmenbedingungen sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberinteressen Berücksichtigung finden können. Die praktische Forderung benötigt zusätzlich ein „Überwachungsmodell“, um ein Ausscheren von einer Generallinie zu vermei- den.346 Als Überwachungsmodell bietet sich eine Art Ethikkommission als nicht- staatliche Organisation an, die ähnlich den Aufgaben des Presserates oder der Wer- bungstreibenden auch empfindliche Sanktionsmöglichkeiten hat. e) Wachstum durch Flexibilisierung Für die Handwerkswirtschaft im allgemeinen und für das Schreinerhandwerk im besonderen ist es wichtig, im Sinne einer zielgerichteten Akkommodation die Am- bivalenzen einer Unternehmer-Arbeitnehmer-Beziehung zu überwinden und zu einer konsensfähigen, sozial akzeptierten flexiblen Arbeitsstruktur zu gelangen. Eine so aufgefaßte Akkommodation im Sinne aktiver Formierungen, Gestaltungen und Veränderungen der Unternehmens- und Arbeits(zeit)stunden bietet gegenüber einer ansonsten stattfindenden Evolution als Adaptionsprozeß (passiver Vorgang) den Vorteil, die Strukturen selbst zu bestimmen, auch wenn dieser Weg aufgrund der notwendigen Auseinandersetzungen zunächst der Schwierigere sein wird. Mit- telfristig jedoch bietet die Akkommodation für alle Beteiligten die erfolgver- 345 Exkurs: Die Interdisziplinarität des Themas zeigt sich an dieser Stelle noch einmal besonders, da es sowohl Schnittmengen zur a) Psychologie als auch b) zur Philosophie neben den bereits erwähnten Wissenschaftsdisziplinen gibt. a) So ist der Aufbau von Machtbarrieren der Sache nicht dienlich: Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmerorganisationen müssen sich hüten, ihre Ziele als jeweilige Gegnerschaft zu den Idealen des Tarifpartners darzustellen. Psychologisch baut sich so eine unwiderstehliche Macht auf, da Ideen sozusagen in die Seele der Massen einge- graben werden, was in der Folge dazu führt, daß eine konstruktive Streitkultur nicht erwachsen kann. Vgl. Le Bon: Psychologie der Massen, Bd. 99, 15. Aufl., Stuttgart 1982, S. 41. b) Gefordert wird Gerechtigkeit von den Tarifpartnern, wobei Gerechtigkeit meist aus Arbeitnehmersicht interpretiert wird. Gerechtigkeit wird philosophisch als Kardinaltugend definiert, die gleichsam „Rechtlichkeit“ und „Gleichheit“ (gerechtes Aufteilen) darstellt. Gerechtigkeit funktioniert aber nur, wenn zwei Partner ausgestattet mit exakt gleich viel Macht, Wissen und Rechten eine Ver- einbarung treffen. Die Verantwortung der Tarifpartner wird deutlich. Vgl. Comté-Sponville: Ermutigung zum unzeitgemäßen Leben, Hamburg 1996, S. 79-80; vgl. hierzu auch Wickert: Der Ehrliche ist der Dumme, Über den Verlust der Werte, Orientierungskrise und Sinnkrise, Ham- burg 1994, S. 65. 346 Um im Wettbewerb Anbietergleichheit weitestgehend zu schaffen, muß es eine Möglichkeit der Überwachung flexibler/variabler Arbeitszeitsysteme geben. Bisherige Versuche, wie z.B. 181 sprechendere Strategie, daß nämlich Rahmendaten abgestimmt und akzeptiert wer- den sowie sozialer Sprengstoff vermieden wird. Damit bleiben dem Unternehmen sowohl die der Ordnung als auch ökonomisch und ethisch akzeptierte, Wachs- tumsmöglichkeiten347 erhalten. f) Das virtuelle Unternehmen - Faszination und Realisierungspotential für das Schreinerhandwerk durch Telekooperation und Telearbeit Ohne die betriebswirtschaftliche Tendenz zum Virtuellen Unternehmen, dessen Arbeitsabläufe quasi unter der Prämisse der Standortauflösung ablaufen, kann die Thematik f/v Arbeitszeitsysteme heute nicht mehr diskutiert werden. So hält auch LINNENKOHL fest, daß die moderne I+K-Technologie zu einer Virtualisierung der Unternehmen und ihrer Arbeitsbeziehungen führen wird.348 Im Prinzip ist das Vir- tuelle Unternehmen das Ergebnis einer totalen Flexibilisierung auf Grund techni- scher Möglichkeiten. In der Theorie könnte sie einen Beitrag zur Lösung der in Deutschland kritisierten starren Regelungen des Arbeitsmarktes sein.349, indem Arbeitsplätze gesichert werden könnten. In der Praxis muß dies in der Schnittmen- ge aus ökonomischer Effektivität und sozialer Verantwortung noch bewiesen wer- den.350 Lt. Frauenhofer-Institut (1998) ist Telearbeit unter den Eerwerbstätigen in Großbritannien mit 15 %, in Deutschland mit 2,4 % verbreitet. Es scheint sich jedoch abzuzeichnen, daß eine neue Dimension der Unter- nehmensführung angebrochen ist und - zumindest partiell - Elemente des Virtuellen Tarifgebundenheit der Auftragnehmer bei öffentlichen Aufträgen zu überwachen, scheitern in der Praxis daran, daß ein geeignetes Überwachungsmodell nicht existiert. 347 Es steht fest, daß jene Unternehmer, die die Zeichen der Zeit als erste erkennen, sich am ehe- sten der Chance erfreuen, von den Umwälzungen wirtschaftlich zu profitieren, vgl. hierzu: Dichtl: Der Weg zum Käufer, S. 1987, S. 65. Die Chancen, in gesättigten Märkten zu bestehen, werden vor allem in der Bewältigung des Wertewandels gesehen; vgl. Raffé/Wiedmann: „Werte- wandel und gesellschaftsorientiertes Marketing - Die Bewährungsprobe strategischer Unterneh- mensführung“, Strategisches Marketing, Stuttgart 1985, S. 552-611. 348Linnenkohl, K.: Ergebnis (8 Thesen) eines Vortrages im Gießhaus der Gesamthochschule Universität Kassel zum Thema Virtuelle Arbeitswelten vom 18.2.1997 349vgl. dazu: Baring: Scheitert Deutschland?, Stuttgart 1997; BARING prägt den Begriff "Abschied von unseren Wunderwelten" und setzt sich kritisch mit den Zukunftsperspektiven des Standortes Deutschland in einer Zeit der europäischen Harmonisierung auseinander 350Kießler/Kittner/Nagel (Hrsg.): Unternehmensverfassung, Recht und Betriebswirtschaftslehre, Evangelische Akademie, Hofgeismar 1983; das Werk trägt die unterschiedlichen Blickwinkel der betroffenen Wissenschaftsdisziplinen anschaulich zur weiterführenden Diskussion zusammen 182 Unternehmens realisiert.351 Vor allem die Überwindung von Standortgrenzen kann für das Schreinereiunternehmen durch Virtualisierung erreicht werden. Die Erweiterung organisatorischer Gestaltungsspielräume für das traditionell ei- gentlich standortgebundene (Handwerks-)Unternehmen bezüglich zukünftiger Ar- beitsformen wird vor allem in dem System der „Anytime/Anyplace-Matrix“ von O’HARA-DEVEREAUX und JOHANSEN deutlich352. Vier Situationstypen zukünftiger Arbeit, bezogen auf Raum und Zeit, werden gebildet, um aufzuzeigen, wohin die „Zeitreise der Arbeit“ (nach LINNENKOHL) gehen wird. Der Faktor Mobilität wird die Realisierung der Arbeitstypen dabei in der Praxis noch beschleunigen. Marktanforderungen und Arbeitszeitformen werden die Arbeit der Zukunft verän- dern. Trotzdem wird Arbeit zukünftig nicht nur im Flugzeug oder in der Bahn son- dern auch an Schreibtischen, in Schreinereiwerkstätten oder auf Baustellen stattfin- den ! Die Träger relevanter, persönlicher und vertraulicher Daten werden auch in Zu- kunft nicht anonyme Netzwerke sondern in erster Linie Menschen sein. Es ist aber Tatsache, das Aufgaben in immer größeren Maße standortverteilt und standor- tunabhängig bewältigt werden können. Bei aller Flexibilität ist darauf zu achten, daß die Form der Aufgabenbewältigung auch stets einen dem Menschen angemes- sene, qualitativ geeignete und wirtschaftlich effiziente Organisationsform darstellt. Die Organisationsform der Arbeit hat für eine effiziente Aufgabenbewältigung zu sorgen; sie hängt ab von der Art, der Charakteristik und dem Kontext der Aufgabe. Zukünftig wird eine gedankliche Systematisierung hinsichtlich der räumlichen und zeitlichen Optionen als Basis für organisatorische Überlegungen wichtig sein. Ein Szenario des zukünftig Möglichen ist die „Anytime/Anyplace-Matrix“, die einer zweidimensionalen Unterscheidung nach Raum und Zeit vier grundsätzliche Situa- tionstypen darstellt. Die Arbeit kann stattfinden am gleichen Ort oder an verschie- denen Orten, zur gleichen Zeit (synchron) oder zu verschiedenen Zeitpunkten 351Picot/Reichwald/Wigand: Die grenzenlose Unternehmung, Information, Organisation und Management, 2. akt. Aufl., Wiesbaden 1996, S. 349-361. 352O´Hara-Devereaux/Johansen: Global Work, Bridging Distance, Culture and Time, San Fran- cisco 1994, S. 199. 183 (asynchron). Für das Schreinerhandwerk zeigt sich aus diesem Szenario, was zu- künftig durch technische Möglichkeiten realisierbar ist.353 Die „Anytime/Anyplace-Matrix“354 unterstützt die These dieser Arbeit, daß zu- künftig eine Vernetzung und Kooperation der Arbeitsfolgen notwendig sein wird. Außerdem unterstützt sie die Forderung des Autors nach Bildung von Ar- beitsteams, die Aufgaben besser und selbständiger abwickeln können. Abbildung 37 „Anytime/Anyplace-Matrix“ z.B.:Telearbeit bzw. Telekooperation; Standortunabhängigkeit z.B.: unterschied- liche Produktions- standorte, Bau- stellen; jeweils mit einheitlicher Arbeistzeit z.B.: bisherige, überlieferte Organsiation z.B.:flexible Arbeitszeiten Same time Same place Anytime Anyplace Different time Same place Different time Different place Same time Different place entnommen: O,Hara-Devereaux/Johansen355 Im Bereich der Virtuellen Unternehmung werden die Elemente Telekooperation und Telearbeit die beiden herausragenden Perspektiven darstellen, mit denen das Schreinerhandwerk mittelfristig operieren kann und wird. Die kenntnisreiche Nut- zung dieser betriebswirtschaftlichen und marketingausgerichteten Aktionsfelder wird dem Schreinerhandwerk helfen können, sich im Markt neu zu positionieren bzw. Marktpositionen zu halten. Das unternehmerische Instrument der Diversifika- 353 Picot/Reichwald/Wigand: Die grenzenlose Unternehmung, Information, Organisation und Management, 2. Auflage, Seite 357-360, Wiesbaden 1996 354 Den Begriff „anytime/anyplace“ greifen auch REICHWALD/MÖSLEIN et al. Auf. Sie wagen den Ausblick, daß durch Telekooperation eine „organisatorische Erneuerung“ von Unternehmen und Märkten möglich sei. Vgl. Reichwald/Möslein et al.; Telekooperation, Verteilte Arbeits- und Organisationsformen, Berlin, 1998. 355 O´Hara-Devereaux/Johansen: Global Work, Bridging Distance, Culture and Time, San Fran- cisco 1994, S. 199. 184 tion wird sich auf Grund der neuen Möglichkeiten, Raum und Zeit zu überwinden, wieder in der handwerklichen Strategieausrichtung beweisen können. Die Telekooperation als mediengestützte - ggf. mobile - arbeitsteilige Leistungs- erstellung zwischen standortverteilten Aufgabenträgern und Organisationen bzw. deren Einheiten bietet sich beispielsweise an, um externe Dienstleistungen (z.B. Planungen oder Objektmanagement) projektgebunden an Spezialisten zu vergeben. Denkbar ist auch eine enge Kooperation auf vertikaler und/oder horizontaler Ebene innerhalb der Branche, um spezielles Know-how einzukaufen bzw. im Sinne der Mittelstandspolitik gewünschte Angebotskartelle innerhalb der VOB (Verdin- gungsordnung für Bauleistungen) zu organisieren. Die Telekooperation findet in der Regel zwischen Selbständigen statt. Für die Branche stellt diese Form eine zu- kunftsträchtige Variante dar. Die Telearbeit356 wird demgegenüber vor allem im Sinne der sogenannten alter- nierenden Telearbeit an Relevanz für das Schreinerhandwerk gewinnen. Eine dislo- zierte Aufgabenbewältigung nach Raum, Zeit, Vertrag oder auch Technik zeichnet Telearbeit aus. In der Regel wird die Arbeitszeit des Telearbeiters von ihm auto- nom bestimmt. Er arbeitet ganz oder teilweise abgekoppelt von seinem Unterneh- men, während die rechtliche Grundlage jedoch ein Abhängigkeitsverhältnis zum Arbeitgeber bleibt. Beispiele sind hier der Bereich des Außendienstes, der über Online-Dienste an das Unternehmen angebunden ist, jedoch de facto außerhalb des eigentlichen Vertriebsraumes operiert. Auch Telefonmarketing-Aktionen oder ent- koppelte CAD-Arbeitsplätze sind realistische Perspektiven. Die Grenzen zwischen Telekooperation und Telearbeit sind dabei durchaus flie- ßend, was Gefahren und Risiken bzw. Chancen in sich vereint. Für den Arbeit- nehmer wird es wichtig, seine selbständigere Arbeit in einen gesetzlichen, tarif- lichen und betrieblichen Mindestschutz einzubinden, um den Effekt einer besseren Integration von Berufs- und Arbeitsleben zu erreichen. Für die wirtschaftliche Kraft des Standortes Deutschland wird es elementar bedeutsam sein, den Schritt in 356 Zur Abgrenzung von Telearbeit und Heimarbeit vgl. vor allem: Rauschenberg, Flexibilisie- rung und Neugestaltung der Arbeitszeit, Baden-Baden 1993, S. 63- 68. 185 das Informationszeitalter des 21. Jahrhunderts mit positiver Kraft zu gehen und alle wirtschaftlichen Akteure, vor allem die Vertreter der Arbeitnehmer- und Arbeitge- berorganisation zu harmonisieren. 3. Lösungsvorschlag für ein Reformkonzept des Tarifvertrages Auch für den Bereich des Schreinerhandwerkes wird es notwendig sein, den Flä- chentarif zu reformieren. Er läßt derzeit die notwendige Öffnung und Flexibili- sierung nicht ohne weiteres zu, wie die Analyse der juristischen Situation gezeigt hat. Als Konsequenz zeigt sich, daß eine Form der Flexibilität in Kombination mit volkswirtschaftlicher und sozialer Verantwortung357 gefunden werden muß. Zu empfehlen ist eine Kernregelung und eine fakultative Regelung. Die KERNREGELUNG sollte folgendes regeln: · Prozentuale Veränderung der Löhne, Gehälter Ausbildungsvergütungen, · Höhe des Ecklohnes mit Spannweite der abhängigen Tarifentgelte, · Einstiegslohn für definierten Zeitraum ("Testlohn"), · Zahl der Arbeitsstunden pro Wirtschaftsperiode (Jahr) · Urlaubsdauer Kalenderjahr, · Zuschlagsregelungen, · Kündigungsfristen; Freistellungen im gesetzlichen Rahmen und · Einigungsstellen/Schlichtungen; Übergangsmodelle (Ethikkommission). 357 Die Tarifpartner und Verhandlungspartner in den Betrieben dürfen nicht nur in einem kurzen Moment der Übereinkunft Partner sein, sondern müssen längerfristig miteinander kommunizie- ren und kooperieren. Vgl. Adam: „Aber Gleichheit ist die Größte unter ihnen, Demokratie und Marktwirtschaft, ein schwieriges Verhältnis“, F.A.Z., Bilder und Zeiten, Nr. 3, (04.01.1997), S. 1. 186 Die FAKULTATIVE REGELUNG ist das eigentliche Novum und sollte enthal- ten: a) Rahmenregelung Festlegung, daß der Tarifvertrag in seiner Kernregelung Grundsätze, Spannen, Richtwerte normiert, die durch betriebliche Vereinbarungen umgesetzt werden können, nie aber unterhalb der dort definierten Normen. Die Verteilung der regel- mäßigen Arbeitszeit wird damit zur Bestimmung innerhalb der Handwerksunter- nehmen. b) Optionen/Öffnungen Durch Betriebsvereinbarungen oder Individualabreden können betrieblich pas- sende, in sich abgeschlossene Regelungen getroffen werden, bspw. die Definition von Ausgleichszeiträumen. Es gilt die ausdrückliche Ermächtigung, tarifliche Re- gelungen durch Betriebsvereinbarung oder Einzelvereinbarung zu ergänzen, abzu- ändern oder zu ersetzen. Die §§ 3, 7 ArbZG geben dafür den Rahmen frei. c) Soziologische Komponente Die Einführung f/v Arbeitszeitsysteme wird neue Modelle und Systeme der Verge- sellschaftung erbringen. Die Soziologie der Lebensstile358 wird umgeschrieben werden müssen. Ex ante wird die flexible Öffnung ein neues „Zeitgefühl“359 mit sich bringen und sowohl dem arbeitenden Individuum als auch dem unter Er- folgsdruck stehenden Unternehmen positive Perspektiven eröffnen. Das Arbeits- leben wird neu inszeniert. 358 Eine Reaktion aus Wirtschaft und Gesellschaft ist dringend notwendig. Nach 3,97 Millionen Arbeitslosen im Jahr 1996 (Jahresdurchschnitt) erwarten die führenden Wirtschaftsforschungs- institute für 1997 4,00 Millionen Arbeitslose, das DIW (Deutsches Institut für Wirtschafts- forschung, Berlin) sogar 4,16 Millionen Arbeitslose; vgl. o.V.: „Prognose und Wirklichkeit“, Die Zeit Nr. 1/97 (27.12.1996), S. 15. 359 Beispiel/Exkurs: Während weite Kreise des Einzelhandels und des Handwerks die Libera- lisierung der Ladenöffnungszeiten 1996/97 kritisieren, kann das Bäckerhandwerk Marktanteile zurückerobern. 187 a) Prozeß der Konfliktsteuerung und Führungskompetenz Die Einführung f/v Arbeitszeitsysteme ist für den Schreinerei-Unternehmer eine Führungsaufgabe, deren Umsetzung im Betrieb Konfliktsteuerung notwendig macht. Es ist notwendig, einen kooperativen Führungsstil zu leben. Konflikte wer- den angesprochen und als konstruktive Kraft zu nutzen sein. Die verschiedenen Bedürfnisse von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Kunden werden akzeptiert, und es wird gemeinsam versucht werden, eine passende Lösung zu finden. Ziel muß sein, daß alle Beteiligten an diesem Prozeß gewinnen und die Energie dadurch multipliziert wird. Nur so wird flexible Arbeitszeit zu einem marktrelevanten Me- chanismus für das Schreinerei-Unternehmen werden können. 360 Nicht dem „abgemagerten“ (lean management), sondern dem flexiblen Hand- werksunternehmen gehört die Zukunft. Die handwerklichen Unternehmensführer benötigen für die Einführung dieser Flexibilität, allerdings vor allem bei f/v Arbeits- zeitsystemen, ein neues Wissensspektrum.361 Benötigt werden neben der Sach- und Methodenkompetenz vor allem auch die Fähigkeit zu hoher Sozialkompetenz.362 Die Dimension der Weiterbildung für die handwerklichen Unternehmensführer gewinnt damit parallel an Bedeutung. 360 Müller-Egloff: „Führungsaufgabe Konflikt“, Rosenheimer Fenstertage 1996, Workshop- Dokumentation, Rosenheim 1996, S. 23. Müller-Egloff ist Geschäftsführer der Akademie für Personal- und Unternehmensentwicklung in München. Darüber hinaus ist er als Honorarprofes- sor an der Universität München, an den Kunsthochschule München und Hamburg sowie an der Filmhochschule München tätig. Als Dozent beschäftigt sich der Autor schwerpunktmäßig mit der Branche des Fensterbaus. MÜLLER-EGLOFF empfiehlt in diesem Prozeß des aktiven Konfliktma- nagements folgende praxisorientierte Handlungsmaxime: Nutze die Eigendynamik des Systems! Interveniere an verschiedenen Stellen! Begleite erst Prozesse (pacing), dann führe sie (leading)! Laß’ los vom Macher in Dir, der alles im Griff hat! Laß’ Chaos, Unordnung in Grenzen zu! 361 Dies stellt auch der REFA-Verband fest, der sich seit seiner Gründung 1924 von einer Institu- tion, die Arbeitszeitstudien (anknüpfend an Taylors Grundsätzen wissenschaftlicher Betriebsfüh- rung) erstellt, zu einem Beratungsunternehmen für Arbeitszeitgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung entwickelt hat. Mitglied sind dort auch der Deutsche Gewerk- schaftsbund und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. 362 Vgl. hierzu Faix/Laier: Soziale Kompetenz, Beiträge 151, Köln 1989, S. 32. 188 Ohne Führungswissen und -qualität363 läßt sich ein f/v Arbeitszeitsystem nicht er- folgreich implementieren.364 Für das Schreinerhandwerk stellt dies einen Engpaß- faktor dar. Weiterbildung und Beratung gewinnen für das Schreinerhandwerk da- her parallel mit der Einführung von f/v Arbeitszeitsystemen an Bedeutung und Di- mension.365 b) Konstruktive Personalpolitik F/v Arbeitszeitsysteme benötigen eine konstruktive Personalpolitik. Die Planung der Mitarbeiterstruktur ist ein Instrument, welches hohe Verantwortung der Ent- scheider beinhaltet. Schließlich entscheiden Einstellungen und Kündigungen über das Schicksal von Individuen, ihrer Familien und des gesamten Umfeldes. Das f/v Arbeitszeitsystem kann aus diesem Grunde auch dazu beitragen, sozialen Frieden im Unternehmen sicherzustellen. Zukünftig wird es häufiger Schwankungen des Arbeitsvolumens geben. Kon- struktive Personalpolitik setzt vom Gedanken daran an, daß Auslastungs- schwankungen ein Normalzustand sind, die Regelarbeitszeit somit erst über längere Zeiträume erreicht wird und daß es Diskrepanzen im Jahresverlauf zwischen Leer- lauf und Vollast im betrieblichen Gefüge gibt. Es muß möglich sein können, im Extremfall die wöchentliche Arbeitszeit stark schwanken zu lassen, auch den Samstag in die Regelarbeitszeit miteinzubeziehen und die Überzeitzuschläge wei- testgehend einzuschränken. Den unterschiedlichen Interessen von Arbeitgeber und 363 Gress/Mahl/Strasser/Franke (Hrsg.): Die Handwerksfibel, 32. überarb. Auflage, Bad Wöris- hofen 1992, S. 61, 489ff.. 364 Vgl. Wildemann: „Ein Stufenplan mit Mitarbeiterbeteiligung“, BddW, Zeit-Management (13), Nr. 154 (13.8.1991), S. 7. Wildmann zeigt ein Phasenkonzept zur Einführung flexibler Arbeits- und Betriebszeiten auf. Aufgrund empirischer Erfahrungen nennt er als durchschnittliche Zeit- dauer von der Analyse bis zur Piloteinführung einen Wert von 16,2 Monaten. 365 Kilz/Reh: „Arbeitsrecht - Offene Fragen beizeiten beantworten“, Wirtschaft Nordhessen 10 (1996), S. 21. „Gerade ein flexibler Personaleinsatz, verbunden mit einer erfolgsorientierten Lohngestaltung erschließen zusätzliche Produktivitätsreserven. Die Errichtung eines innovativen Arbeitszeitsystems auf der Basis der Jahresarbeitszeit bietet die Möglichkeit, den Einsatz der Arbeitskräfte besser mit dem tatsächlichen Bedarf abzustimmen [Erhöhung der Servicekompe- tenz gegenüber dem Kunden, Ausdehnung der Ansprechzeiten]. Auch können ferner die indivi- duellen Mitarbeiterbedürfnisse integriert werden, indem parallel Gleitzeitoptionen implementiert werden. ... Die insbesondere für Existenzgründer notwendige Binnendynamik [Motivation der Mitarbeiter] wird nicht nur gesichert, sondern sogar noch ausgebaut [Stichwort: Innovative Pro- dukte benötigen auch innovative Arbeitsbedingungen].“ 189 Arbeitnehmer ist Rechnung zu tragen; die Schutzziele des ArbZG sind zu beach- ten.366 Die Präsenz für den Kunden wird durch das f/v Arbeitszeitsystem verbessert - diese Tatsache wird damit zum elementaren Bestandteil konstruktiver Personalpolitik, sichert den Wettbewerbsvorteil und entspricht der Marketingphilosophie, die an anderer Stelle dieser Arbeit herausgestellt wurde.367 Die Erfahrung in vielen Betrieben zeigt, daß die Zeitwirtschaft, die eingeführt wer- den muß, nicht zu einem befürchtetem Mehraufwand im Unternehmen führt.368 4. Arbeitszeitsystem Schreinerhandwerk im exemplarischen Modell Die folgende Auflistung zeigt auf, wie ein f/v Arbeitszeitsystem in der Praxis aus- sehen könnte. Es handelt sich um Daten, die sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerinteressen - unter der Prämisse ökonomischer Vorteile für das Unter- nehmen - genügend berücksichtigt haben. Es handelt sich um ein beispielhaftes Grundmodell. · Einigung auf flexible Arbeitszeitregelung Unternehmen/Mitarbeiter369, · Einführung eines Arbeitszeitkontos ausgehend von 38 Stundenwoche bzw. ta- riflicher Arbeitszeit, 366 Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, § 1 Nr. 2, Rn. 75-86, S. 73-76. 367 Eines der befragten Unternehmen hat, ausgelöst durch die neuen Ladenöffnungszeiten, test- weise einen „Dienstleistungsdonnerstag“ in 4/97 eingeführt. Dies erste Auswertung in 7/97 zeigte eine erstaunlich hohe Nachfrage nach diesem Angebot. 368Knitter: „Fit für den Wettbewerb“, Dokumente der Luft- und Raumfahrtindustrie 11 (1996), S. 12; Dr. Hartwig Knitter ist Mitglied des Vorstandes der Daimler-Benz-Aerospace AG und dort verantwortlich für das Ressort Personal. Er präferiert die völlige Abschaffung der Zeiterfassung, weil nur so ein Mitarbeiter wirkliche Zeitsouveränität erhalten kann. Für das Schreinerhandwerk ist aus Gründen der organisatorischen Vereinfachung der Zwischenschritt einer Zeiterfassung - vor allem im Bereich der Werkstatt/Produktion - notwendig, um das System zu schulen und leben zu lassen. Eine nach erfolgter Integration völlige Abschaffung kann auf Betriebsebene entschie- den werden. Primär werden die Mitarbeiter im Handwerksbüro sowie die leitenden Meister in den Genuß kommen, in einer weiteren Phase möglicherweise der gesamte Betrieb. Diese Denkhaltung ist im handwerklichen Produktionsbereich allerdings stark umstritten und diskutiert. In vielen Bereichen dient Zeiterfassung als Grundlage für Kalkulation und Abrechnung in sehr arbeitstei- ligen Abläufen. Aus der handwerklichen Praxis sind Erfahrungen zu analysieren und bewerten, um zu einer abschließenden Meinung kommen zu können. 369 Hier sei auf den modellartigen Ablauf im Anhang hingewiesen. 190 · Zeitguthaben von maximal 150 Stunden können angesammelt werden, · Überziehung des Kontos maximal 25 Stunden, · Ausgleichszeitraum von 18 Monaten,370 · bei Erreichen von 100 Stunden Guthaben („Gelb-Phase/Achtung!“) Maßnahmen zum Ausgleich zu besprechen, · betriebliche Wochenarbeitszeit kann auf 50 Stunden ausgeweitet werden, An- kündigungszeitraum 10 Arbeitstage im voraus · Überstundenzuschläge ab 42 Wochenstunden; Zuschläge werden in bar ausge- zahlt, oder: · Überstunden werden angesammelt oder wahlweise Freizeit ohne Zuschlag · gezahlt wird monatlich ein fixes Salär, Abgleich am Jahresende oder bei Aus- scheiden · Zuschlag für Wechselschicht 10%; Auszahlung für die Spätschicht. Um die betrieblichen Belange übersichtlich ordnen und mit den Mitarbeitern be- sprechen zu können, ist nachfolgendes Raster entwickelt worden. Das Muster einer Betriebsvereinbarung als praktisches Resultat befindet sich im Anhang. Abbildung 38: Formen von flexibler/variabler Arbeitszeit Zeitraum (1) Variable Dauer der Arbeitszeit (2) Variable Lage der Arbeitszeit (3) Variable Dauer und Lage der Arbeitszeit Wochentag Tag Samstag Sonntag Woche Monat Konjunkturphase Jahr Lebensphase (eigene Darstellung) 191 5. Skalierbare Vorteile eines f/v Arbeitszeitsystems Ein nachvollziehbarer belegbarer Befund aus der Praxis eines Schreinerei-Unter- nehmens zeigt nachvollziehbar (Quelle: Daten des Unternehmens,) die zahlenmäßig skalierbaren Vorteile der Einführung eines f/v Arbeitszeitsystems:371 · effektive Einsparungen bei den Personalkosten von 3,6% durch Wegfall von Überstundenzuschlägen · Umsatzsteigerung von 8,2% pro Arbeitsstunde aufgrund geringerer Leerlauf- zeiten · weniger bezahlte Krankheitsstunden 50% · Ersparnis pro Mitarbeiter/Jahr DM 2.500,- · Schaffung von 4 neuen Vollzeitarbeitsplätzen Beim zitierten Beispiel handelt es sich um ein Jahresarbeitszeitmodell. Die wö- chentliche Mindestarbeitszeit wurde auf 28,5 Stunden, die maximale Arbeitszeit auf 48 Stunden pro Woche vereinbart. Für das Jahresarbeitszeitmodell gelten die Be- stimmungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1b, Abs. 3 Satz 1 ArbZG. Die Stimmigkeit der in dieser Studie beschriebenen und für die handwerkliche Um- setzung definierten und erarbeiteten Prozeßkette zeigt sich exemplarisch nachvoll- ziehbar in einem weiteren Beispiel aus der Industrie, dessen Erfolg zu einem gro- ßen Teil auf kommunikativer Transparenz und Arbeitszeitflexibilisierung beruht.372 370 gem. § 3 Satz 2 ArbZG: 6 Monate, ein längerer Ausgleichszeitraum kann nur durch TarifV festgelegt werden, vgl. § 7 I Nr. 16 ArbZG. 371Die „Trautwein Holzverarbeitungs-GmbH, Karlsruhe-Weingarten“ wurde im Rahmen eines Modellvorhabens des Bundesfamilienministeriums bei der Einführung eines Jahresarbeits- zeitmodelles begleitet. Die Firma beschäftigt 120 Mitarbeiter und gehört damit zu den großen Handwerksbetrieben, stellt also nicht den durchschnittlichen Schreinereibetrieb dar. Wie auch im Rahmen dieser Studie festgehalten, zeigt sich, daß Realisierungsdruck zunächst eher bei den größeren Betrieben besteht. Die Zahlen sind veröffentlicht in: Deutsche Handwerkszeitung (DHZ), Nummer 22, 22.11.1996, Seite 16. 372Wendland: „Unternehmensentwicklung als integriertes Konzept“ in Hoß/Wirth (Hrsg.): Wege zur innovativen Organisation, Konzepte und Erfahrungsberichte aus der Industrie, Stuttgart 1996, Seite 358-359; beschrieben wird die Entwicklung bei der Technoflow Tube-Systems GmbH, Fuldabrück bei Kassel, einem Zulieferer der internationalen Automobilindustrie; das Unternehmen beschäftigte 1995 370 Mitarbeiter und erreichte einen Umsatz von 101 Mio. DM. 192 Bei dem beschriebenen Unternehmen wird im übrigen mittlerweile auf Arbeitszei- terfassung generell verzichtet. Als meßbarer Indikator wird dort (Technoflow) festgehalten, daß der Umsatz seit 1992 mit dem Durchbruch bei den gesetzten Zielen der Unternehmensentwicklung auf Grund des Organisationswandels auf fast den doppelten Wert gestiegen ist. Zu den Erlösen wurden keine Angaben gemacht. Bei den nicht meßbaren Ergebnissen hält die Unternehmensleitung aus ihrer Sicht folgende wichtige Einschätzungen und Fakten als Resultat des Ent- wicklungskonzeptes fest: · Flexible Organisation, in der die Kundenerwartungen in Bezug auf Leistung, Preis und Zeit erfüllt werden373 · Engagement der Mitarbeiter, welches über das übliche Maß hinausgeht · Krankenstand für das gesamte Unternehmen von unter 3% · Atmosphäre, in der Arbeit Spaß macht und die den Mitarbeitern Entfaltungs- möglichkeiten bietet. 6. Das optimale Modelle der Jahresarbeitszeit (JAZ) Für das Schreinerhandwerk erscheint wegen dessen betrieblicher Erfordernisse die JAZ als optimales Organisationsmodell. Diese Arbeitszeitform haben die sog. „Fünf Weisen“, d.h. die Sachverständigen zur Begutachtung der gesamtwirtschaft- lichen Entwicklung, immer wieder den Tarifvertragsparteien zur optimalen Rege- lung der Arbeitszeitfrage empfohlen. Nach ihrer Auffassung wäre es am konse- quentesten, „wenn die Tarifvertragsparteien dazu übergingen, in den zentralen Ta- rifverträgen nur noch die Regelungen für die Jahresarbeitszeit vorzugeben und es ansonsten - im Sinne einer betriebsnäheren Tarifpolitik - weitgehend der Vereinba- rung auf betrieblicher Ebene überließen, wie die Jahresarbeitszeit verteilt wird.“374 373Diese Sichtweise entspricht exakt dem erarbeiteten Zusammenhang bzw. Abhängig- keitsverhältnis zwischen Marketingdefinition (sowie Marketingphilosophie) und Flexibilität als Unternehmensziel 374Jahresgutachten 1989/90, Bundestagsdrucksache Nr. 361, S. 169 193 Die Variante der JAZ belohnt Arbeitnehmer und Unternehmen. Während der Ar- beitnehmer einen Zeitpool für individuelle, persönliche Vorhaben aufbauen kann, erhält das Unternehmen ein Zeitpolster als Manövriermasse, um Saisonspitzen oder Produktionspausen organisieren zu können. Jahresarbeitszeit heißt: Festlegung eines bestimmten Arbeitsvolumens pro Jahr, also praktisch eines Arbeitszeitguthabens für den Unternehmer, über das er im Rahmen einer betrieblichen Absprache mit dem Betriebsrat bzw. den einzelnen Mitarbeitern verfügen kann, indem er die Arbeitszeit je nach Bedarf abruft. Emp- fehlenswert ist selbstverständlich eine rechtzeitige Ankündigung und auch die Lohnsicherheit für den Arbeitnehmern (verstetigte Lohnzahlung mit beispielsweise halbjährlichem Abgleich). Die JAZ kann mit jedem anderen flexiblen Arbeitszeitmodell, wie z.B. der KAPOVAZ oder der GAZ kombiniert werden. Darüber hinaus bietet die JAZ den entscheidenden Vorteil, Überarbeit (Überstunden, Mehrarbeit) über einen Zeitraum von 12 Monaten (oder mehr) ausgleichen zu können (Ausgleichszeitraum). Hierfür wird oft der Begriff „Jahresarbeitszeit-Konten“ verwendet. Es stellt sich die Frage, ob die Einführung von Jahresarbeitszeit-Konten ohne wei- teres rechtlich zulässig ist. Für eine rechtlich zulässige Einführung von Jahresar- beitszeitkonten bedarf es eines zuständigen Tarifvertrages (TarifV) mit entspre- chender Jahresarbeitszeitregelung; anderenfalls ist gem. § 3 Satz 2 ArbZG nur eine halbjährige Arbeitszeitkontenregelung zulässig. Für den HKH-Bereich fehlt diese Öffnungsklausel für die Jahresarbeitszeit im TarifV gänzlich, wie bereits festge- stellt. Eine Vereinbarung von Jahresarbeitszeitkonten durch Betriebsvereinbarung (BV) oder Einzelabsprache ist demnach für das Schreinerhandwerk unzulässig. Der Ver- stoß gegen das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist mit Sanktionen verbunden. Verstöße gegen § 3 ArbZG sind Ordnungswidrigkeiten und werden mit einer Geldbuße bis zur Höhe von DM 30.000,- geahndet. 194 Jahresarbeitszeitkonten setzen also eine tarifliche Zulässigkeitsnorm voraus. Wo diese fehlt, gibt es keine zulässige Abweichungsmöglichkeit von § 3 ArbZG. Übergangsweise bietet sich eine Ausweichmöglichkeit dennoch an. Die Erfordernis eines Ausgleichszeitraumes nach § 3 Satz 2 ArbZG betrifft nur eine Tagesarbeits- zeit (TAZ) von mehr als 8 Stunden. Überarbeit, die sich innerhalb des Rahmens von 8 Stunden täglich bewegt, ist nicht ausgleichspflichtig. Dazu ein Beispiel: Im TarifV ist die Wochenarbeitszeit (WAZ) mit 35 Stunden bei einer TAZ von 7 Stunden vereinbart. In diesem Falle ist die 8. Stunde Überarbeit, ohne die höchst- zulässige Arbeitszeit zu überschreiten; sie kann jetzt auf einem Arbeitszeitkonto angespart werden, ohne an einen zeitlichen Ausgleichszeitraum gebunden zu sein. Mit zunehmender Verkürzung der WAZ vergrößert sich auch der Flexibilisierungs- spielraum, das sog. „Flexibilisierungspotential“. Auf diese Weise könnte man also die Arbeitszeit z.B. über einen Zeitraum von ei- nem Jahr verteilen und bei 5 Arbeitstagen pro Woche vorübergehend von einer 35- auf z.B. eine 40-Stunden-Woche übergehen. Auch die Einbeziehung des Samstages als Arbeitstag wäre nach § 3 Satz 1 ArbZG zulässig, weil die höchstzulässige WAZ 48 Stunden ohne Ausgleichspflicht beträgt. Voraussetzung bleibt auch hier, daß keine Bindung an eine bestimmte tarifliche Arbeitszeit besteht. Im Falle einer tariflichen Bindung bleibt nur noch die Möglich- keit der Verlagerung der TAZ durch GAZ bzw. die Vereinbarung von vorüberge- hender Mehrarbeit. 7. Perspektivisches Erfolgspotential für Schreinerei-Unternehmen durch f/v Arbeitszeitsysteme - Zusammenfassung der Ergebnisse Die nachfolgend genannten Faktoren als Resultat der Studie (Literaturanalyse, pri- mär Arbeitszeitmanagement in Beziehung zu Marketing, praktische Erfahrungen aus narrativen Phasen der Interviews und empirischer Befunde) lassen den Schluß 195 zu, daß f/v Arbeitszeitsysteme zu einem Quantensprung handwerklicher Lei- stungsfähigkeit führt, die den zukünftigen Anforderungen an handwerkliche Lei- stungen entspricht. Es ist zu diagnostizieren, daß die Auseinandersetzung mit die- sem Thema und dessen Umsetzung zu einer Selektion am Markt führen wird. Der handwerkliche Unternehmer benötigt Soziale Kompetenz, beim Arbeitnehmer ist die Einstellung zur Flexibilität Voraussetzung. Die sozio-emotionale Grundeinstel- lung darf bei beiden Arbeitszeitpartnern nicht unterschätzt werden. Die Einführung von f/v Arbeitszeitsystemen wird im Handwerksbetrieb schrittweise erfolgen.375 Generell gilt die Formel, daß routinierte Arbeitsinhalte leichter zu flexibilisieren sind als Management- bzw. unternehmerische Positionen mit deutlich höherem dispositiven Anteil.376 Es kann festgehalten werden, daß die Realisierung eines f/v Arbeitszeitsystems nur funktionieren, wenn die gesamtheitliche Sicht des Marketing umgesetzt wird. Folgende Erkenntnisstruktur der Arbeit wird sichtbar: · F/v Arbeitszeitsystems schafft Freiraum für Unternehmen (Agilität am Markt; Ausweitung der Betriebszeiten) und Mitarbeiter (Wahlchancen, Arbeitsplatzsi- cherheit) in gegenseitiger Abstimmung · Arbeitsinhalte werden neu definiert und strukturiert (Motivationseffekt) · Saisonale Schwankungen ausgleichbar · Kontinuierliche Personalplanung möglich 375Vgl. Domsch (F.G.H.-Forschungsgruppe Universität der Bundeswehr Hamburg): Teilzeitarbeit für Führungskräfte, Personalführung 1 (1995), S. 37, München 1994; die Forschungsgruppe legt ein Phasenmodell zur Implementation von Teilzeitarbeit im Management einer öffentlichen Ver- waltung aus einem Forschungsprojekt heraus vor. Dieses Modell ist exemplarisch durchaus ge- eignet, entsprechend angepaßt, f/v Arbeitssysteme in die Privatwirtschaft einzuführen. Das Mo- dell ist als vergleichende Ergänzung zu den in dieser Studie entwickelten Modellen zu verstehen. Das 5-Phasen-Modell geht über die Stufen 1) Information und Diskussion, 2) Situationsanalyse anhand des Kriterienkataloges, 3) Konzeption/Design, 4) Umsetzung, 5) Evaluierung. 376Der enorme Anspruch an handwerkliche Führungssysteme wird deutlich. Während eines Jah- resarbeitszeitmodelles sind in Phasen schwacher Konjunktur die Arbeitnehmer entsprechend eingesetzt; Unternehmer und Verkäufer arbeiten in dieser Zeit jedoch überdurchschnittlich lang, um Phasen guter Auslastungen zu erreichen. Werden diese Phasen erreicht, ist das Ab- wicklungspersonal, technische Leitung etc., überdurchschnittlich beansprucht. Ähnlich einer Sinuskurve muß das Unternehmen also organisatorisch vorbereitet arbeiten, um das Gleichge- wicht zwischen Kundenanspruch und Leistungsfähigkeit zu halten. Teile des Unternehmens 196 · Prozeßinnovation: Interne Transparenz fördert exogene Revitalisierung377 · Zukunftsorientierte Vergütungssysteme werden eingeführt und wirken lei- stungsfördernd; z.B.: Gruppenanreizsysteme und/oder Mitarbeiterbeteili- gungsmodelle stehen zur Disposition · Arbeitsverträge werden gestaltbar hinsichtlich der spezifischen Lage des Unter- nehmens am Markt · Rationalisierungspotentiale werden erschlossen und akzeptiert · Erhöhte Identifikation mit dem Unternehmen und dessen Umweltpartnern (An- bieter/Nachfrager) · Wichtiges Element im Marketing-Mix auf dem Weg zu einem Handwerklichen Dienstleistungsmarketing. Wirtschaftlich unsichere Zeiten für das Handwerk sowie parallel unsichere Ent- wicklungsprognosen der Tarifpolitik lassen aus der Sicht des Autors dieser Disser- tation ansatzweise durchaus krisenhafte Strukturen erkennen. Diese Arbeit soll jedoch deutlich machen, daß aus dieser gefahrträchtigen Struktur das Arbeits- zeitmanagement eine positive Antwort geben kann. Die Krise ist damit de facto für das Schreinerhandwerk gleichsam die schöpferische Herausforderung, Marke- ting zu betreiben und Innovationen zu forcieren: F/v Arbeitszeitsysteme sind in diesem Maßnahmenmix ein erfolgversprechendes unternehmerisches Mittel huma- ner, dialogorientierter und sanfter Rationalisierung. Der „Darwinismus“ des Wettbewerbes wird den Beweis in einem überschaubaren Zeitrahmen antreten können: Für die erfolgreichen Schreinerei-Unternehmen von Morgen und ihre Mitarbeiter wird eine neue Zeitkultur Selbstverständlichkeit sein. Sie wird sowohl aus dem Anbieterverhalten der Unternehmen als auch aus dem Freizeit- und Verbrauchsverhalten der Mitarbeiter und Klientel nicht wegzudenken sein. Für die Branche brechen „Neue Zeiten“ an, die „Neues Denken“ erfordern. arbeiten demnach antizyklisch, was den Anfall von Gesamtarbeit im Betrieb betrifft. Dies stellt eine herausragende Managementaufgabe dar. 377Flexible/variable Arbeitszeit kann aus den Erfahrungen aus der Praxis nur funktionieren, wenn ein kooperativer und partizipativer Führungsstil im Unternehmen praktiziert wird. Diese Trans- parenz fördert die Leistungsfähigkeit des einzelnen Mitarbeiters und führt somit über den damit erreichten Synergieeffekt zu einem deutlich höheren Nutzungsgrad, sozusagen zu einer Revitali- sierung des Unternehmens. Diese Entwicklung kann als Prozeßinnovation definiert werden. 197 Die Studie hat gezeigt, daß ein zersplittertes Denken in zahllosen Einzeldisziplinen im Bereich des modernen Arbeitszeitmanagements für das Schreinerhandwerk nicht zum Erfolg führen wird. Vielmehr ist die interdisziplinär-kreative Synthese die Lösung.378 Das hier vorliegende und erarbeitete Erklärungsmodell versucht dem Schreinerhandwerk den strategischen Weg in die unternehmerische Zukunft aufzuzeigen. Ökonomischen und sozialen Gesetzmäßigkeiten bzw. Entwicklungspfaden einer gewandelten Arbeitswelt folgend, wird es in der arbeitenden Gesellschaft eine VERÄNDERTE FORM DER BESCHÄFTIGUNG geben, die sich durch FLEXIBLE BESCHÄFTIGUNGSPORTEFEUILLES des Einzelnen auszeich- nen wird. 378 Vgl. hierzu besonders: Linnenkohl: Arbeitszeitgesetz, S. 47/48. 198 G. Epilog „Früher hatten Leute viel Arbeit und wenig Zeit. In Zukunft werden sie weniger Arbeit und viel Zeit haben. Wissen und Kapital werden immer mehr zur Grundlage einer hochproduktiven Wertschöpfung, die, das ist die andere Seite, immer mehr Zeit frei macht: entweder für erzwungene Arbeitslosigkeit oder für sinnvolle Tätigkeiten. Die gesellschaftliche Wohlfahrt wird weiter wachsen, aber sie wird künftig in anderen Wäh- rungen (mehr Zeit und weniger Geld) verteilt werden. Zeitpolitik, eine kluge Mischung von Arbeitszeiten, Bildungszeiten, Sozialzeiten und Freizeiten, wird zu einem wichtigen Schlüssel für eine wirtschaftlich und sozial erfolgreiche Gesellschaft.“379 379 Dettling: „Was heißt Solidarität heute?, Mehr als Geben und Nehmen, Wo immer die Balance zwischen Religion, Politik und Wirtschaft verlorengeht, beginnt der Weg in die Knechtschaft“, Die Zeit Nr. 1/97 (27.12.1996), S. 1. 199 H. Anhang 200 Anhang 1: Manteltarifverträge Manteltarifvertrag für das holz- und kunststoffverarbeitende Handwerk in Hessen (MTH) gültig ab 1. Januar 1992 Zwischen dem Landesverband holz- und kunststoffverarbeitendes Handwerk Hessen, Gießen einerseits- und der Gewerkschaft Holz- und Kunststoff, Bezirksleitung Hessen/Rheinland- Pfalz, Frankfurt/Main - andererseits- wird folgender Manteltarifvertrag abgeschlossen: § 1 GELTUNGSBEREICH Dieser Vertrag gilt räumlich: für das gesamte Land Hessen fachlich: für alle Betriebe, Hilfs- und Nebenbetriebe sowie selbständige Be- triebsabteilungen und Montagestellen des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks (Tischler-/Schreinerhandwerk), des Serienmöbelhandwerks, Betriebe, die anstelle oder in Verbindung mit Holz andere Werkstoffe verarbeiten einschließ- lich der Oberflächenbehandlung, des Holz- und Oberflächenschutzes und der Ver- edelung, insbesondere folgende Leistungen erbringen oder folgende Erzeugnisse entwerfen, konstruieren, herstellen, anschlagen, einbauen, anbringen, reparieren, restaurieren und instand halten: a) Bauteile, insbesondere Türen und Fenster aller Art und deren Verglasung, Fen- sterelemente, Fassadenelemente und Fassadenverkleidungen, Fensterläden und Sonnenschutzvorrichtung, Fußboden und Fußbodenbeläge, Treppen und Trep- pengeländer, Klimaräume; Saunabau; Holzleimbau; Wohnwagen, Wohn- mobilbau; b) Innenausbau aller Art für Gebäude und Räume sowie für Verkehrs- und Trans- portmittel, für Messen und Ausstellungen, insbesondere Wand- und Deckenver- kleidungen, Zwischendecken, Verkleidungen von technischen Einbauten, Ein- bauschränke, Einbauregale und Raumteiler, Trennwände, Sitz- und Liegeein- bauten, Einbauten für Arbeitsplätze und technische Vorrichtungen; c) Möbel aller Art; insbesondere Wohn-, Büro-, Schul-, Hotel- und Gaststätten- möbel; Laden-, Labor- und Spezialmöbel; Gestelle und Möbelteile; Intarsien; 201 d) Turn- und Sportgeräte; sportgerechte Anlagen, Segelflugzeuge, Spielein- richtungen, Spielzeug, Holzwaren und technische Geräte; Leisten und Rahmen aller Art; e) Behälter; insbesondere Kisten und Gehäuse; Paletten und Trommeln; f) Särge und Bestattungen, persönlich:für Arbeiter, für Angestellte, soweit sie von den jeweiligen Gehaltstarifverträgen erfaßt werden, für Arbeitgeber, soweit die Vorgenannten Mitglied der Tarifvertragsparteien sind. § 2 EINSTELLUNGEN UND ENTLASSUNGEN 1. Für die Einstellung und Entlassung gelten neben den gesetzlichen Vorschriften die nachstehenden Regelungen. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über dessen Aufgabe, Verantwortung und die Art seiner Tätigkeit sowie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren zu unterrichten. 2. I. Nach Abschluß des Arbeitsvertrages, spätestens vor Ablauf der Probezeit, sind schriftlich zu vereinbaren: - Die Art der Tätigkeit und der Arbeitsplatz bzw. Arbeitsbereich, - die Lohn- oder Gehaltsgruppe, - die Art der Entlohnung (Zeit- oder Leistungslohn) - die Zusammensetzung des Lohnes oder Gehaltes sowie die Art und Höhe der Zulagen - die Dauer der vereinbarten Probezeit - die Dauer und der Grund eines befristeten oder zweckbestimmten Arbeitsverhältnisses oder einer Aushilfsbeschäftigung. Auf Dauer gerichtete Änderungen der Arbeitsbedingungen sind schriftlich zu bestätigen. Die gesetzlichen Rahmenregelungen bei Versetzung und Kündigung bleiben davon unberührt (hierunter fallen z.B. Änderungskündigung). Betriebe mit in der Regel weniger als 5 Beschäftigte (ohne Auszubildende) sind an die Schriftform nicht gebunden. II. Bei der Einstellung kann eine Probezeit von 2 Wochen, 4 Wochen oder 3 Monaten vereinbart werden. Während dieser Probezeit kann das Arbeits verhältnis beiderseits mit einer Frist von a) bei der Probezeit von 2 Wochen ohne Einhaltung einer Kündigungs- frist zum Arbeitsschluß (Schichtende) des der Kündigung folgenden übernächsten Arbeitstages; b) bei einer Probezeit von 4 Wochen mit einer Frist von einer Woche zum Wochenschluß und c) bei einer Probezeit von 3 Monaten mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden. Die Probezeit kann um die Zahl der ausgefallenen Arbeitstage verlängert werden. 202 3. Befristete Arbeitsverträge enden mit Ablauf der vereinbarten Zeit. Arbeits verträge zur vorübergehenden Aushilfe mit Fortfall des für die Aushilfstätigkeit maßgebenden Grundes. Bei befristeten Arbeitsverträgen können, bei Arbeits verträgen zur vorübergehenden Aushilfe müssen folgende Kündigungskriterien vereinbart werden: a) innerhalb der ersten vier Wochen eine Woche zum Wochenende; b) ab der 5. Woche einen Monat zum Monatsende; c) ab drei Monaten mit einer Frist von sechs Wochen zum Quartalsende. 4. Ist ein Arbeitsvertrag nach Ziffer 2 und 3 nicht vereinbart worden, gilt das Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. In diesem Fall gelten die Kündigungsfristgen nach Ziffer 6. 5. Schwerbehinderte und ihnen Gleichgestellte müssen bei der Einstellung auf diese Eigenschaft hinweisen. Sie haben den späteren Eintritt ohne eine Änderung dieser Eigenschaft und ihren Grad der Behinderung unverzüglich mitzuteilen. 6. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisse hat schriftlich zu erfolgen. Auf Verlangen des Arbeitnehmers sind ihm die Gründe, auch für eine etwaige soziale Auswahl, mitzuteilen, sofern er dem Betrieb länger als 6 Monate ange hört hat. 7. Nach Ablauf der Probezeit beträgt die beiderseitige Kündigungsfrist für Arbeiter und Angestellte einen Monat zum Monatsende. Bei Kündigung des Arbeitgebers betragen die Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte nach einer Betriebszugehörigkeit von fünf Jahren zwei Monate zum Monatsende von zehn Jahren drei Monate zum Monatsende von zwölf Jahren drei Monate zum Vierteljahresende. Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Beschäftigungsjahre, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegen, nicht berücksichtigt. Gesetzlich vor geschriebene oder längere vertragliche Kündigungsfristen bleiben erhalten. 8. Scheidet ein Arbeitnehmer im gegenseitigen Einvernehmen aus dem Betrieb aus oder wird er aus Gründen entlassen, die er nicht zu vertreten hat, und wird er innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten wieder eingestellt, so ist bei der Bemessung der tariflichen Ansprüche und Rechte die vor der Entlassung ver brachte Beschäftigungszeit auf die Betriebszugehörigkeit anzurechnen. 9. Nach der Kündigung durch den Arbeitgeber ist dem Arbeitnehmer auf Ver langen eine angemessene Zeit zur Bewerbung um eine andere Arbeitsstelle zu gewähren. Bei Kündigung durch den Arbeitnehmer besteht gemäß § 629 BGB ebenfalls ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung, jedoch ohne Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht hierbei bis zur Höchstdauer von 7,6 Stunden. Dies gilt nicht in den ersten 4 Wochen des Arbeitsverhältnisses. 203 10. Unberührt bleiben die gesetzlichen Bestimmungen über die fristlose Auf lösung des Arbeitsverhältnisses. Gleiches gilt für das Recht auf Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Falle des Arbeitsvertragsbruchs. 11. Übernimmt der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer Kosten einer Fortbildungs maßnahme und kündigt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf eines Jahres nach Beendigung der Fortbildungsmaßnahme, so hat der Arbeit nehmer die vom Arbeitgeber geleisteten Aufwendungen für die Fortbildungs maßnahme zurückzuerstatten. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde, den der Arbeitnehmer zu vertreten hat, fristlos kündigt. 12. a) Nach Ablauf der Kündigung sowie vor Ablauf eines auf Zeit eingegangenen Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer auf Verlangen ein vorläufiges Zeugnis zu erteilen, das bei der Aushändigung des endgültigen Zeugnisses zurückzugeben ist. b) Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses, das Angaben über Dauer und Art der Beschäftigung enthält. Auf Wunsch ist das Zeugnis auf die Führung und die Leistungen unter Angabe des Spezialfaches und der besonderen Tätigkeit sowie auf die Zugehörigkeit zur entsprechenden Beschäftigungsgruppe auszudehnen. c) ein Zwischenzeugnis, das den gleichen Anforderungen zu entsprechen hat, ist auf Wunsch bei begründetem Anlaß auch ohne Vorliegen einer Kündigung zu erteilen. § 3 ARBEITSZEIT 1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit, ausschließlich der Pausen, beträgt 38 Stunden.*) 2. Die Verteilung auf die einzelnen Werktage sowie die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Ruhepausen werden unter Berück- sichtigung der gesetzlichen Bestimmungen im Anwendungsbereich des BetrVG in jedem Fall durch Betriebsvereinbarungen, um übrigen nach Anhörung der Belegschaft betrieblich geregelt. Die regelmäßige Arbeitszeit ist grundsätzlich auf alle Arbeitstage der Woche mit der Maßgabe zu verteilen, daß von montags bis freitags nicht mehr als 8 Stun- den pro Tag gearbeitet werden darf. 3. Durch Betriebsvereinbarung sind folgende von Ziffer 1 abweichende Regelun- gen zulässig: a) Beibehaltung der 40-Stunden-Woche (bezahlt werden 38 Stunden) und 12 bezahlte Freischichten pro Kalenderjahr. Ganze Freischichten werden mit 7,6 Stunden berechnet und bezügl. ihrer *) Zwischen den Tarifvertragsparteien besteht Einigkeit darüber, daß spätestens um die Jahreswende 1993/94 über eine weitere Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit verhandelt wird. Es besteht Einigkeit darüber, daß eine mögliche Vereinbarung die Bestimmung gemäß § 3 Ziffer 1 vor dem 31.12.1995 ablöst. 204 Gewährung wie gesetzliche Feiertage behandelt. Die Freischichten können im Rahmen einer Jahresplanung so verteilt werden, daß wöchentlich eine oder monatlich zwei Freischichten anfallen. b) Freischichten können durch Betriebsvereinbarung auch für einzelne Beschäftigte festgelegt werden. Die Wünsche der Beschäftigten bei der Lage der individuellen Freischichten sind unter Beachtung der betrieblichen Erfordernisse zu berücksichtigen. Je Kalenderjahr sollten mindestens zwei Freischichten gewährt oder genommen werden. Erfolgt diese Festlegung ganz oder teilweise nicht, so steht dem einzelnen Beschäftigten die Bestimmung der zeitlichen Lage der Freischichten nach den Grundsätzen des Urlaubsrechtes im Planungszeitraum unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse selbst zu. Bei Streitigkeiten über die Lage der individuellen Freischichten wird entsprechend § 87 Abs. 1, Ziffer 5 Betriebsverfassungsgesetz in Verbindung mit § 76 Abs. 1-5 Betriebsverfassungsgesetz verfahren. 4. Für Angestellte, deren Tätigkeit mit dem Fertigungsbetrieb in unmittelbarem Zusammenhang steht, ist die dort geltende Arbeitszeit und Arbeitszeitverteilung maßgebend. 5. Der 24.12. ist arbeitsfrei und nach dem Lohnausfallprinzip zu vergüten, d.h., daß derjenige Lohn zu vergüten ist, der bezahlt worden wäre, wenn der Arbeit- nehmer an diesem Tag gearbeitet hätte. Dies gilt nicht für Arbeitnehmer, deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit des Betriebes erforderlich ist. Soweit am 24. Dezember Reparaturarbeiten erforderlich sind, kann eine abweichende Regelung durch Betriebsvereinbarung getroffen werden. Arbeitnehmer bis zum vollendeten 18. Lebensjahr dürfen am 24.12. nach 14.00 Uhr nicht beschäftigt werden. Der 31.12. ist ab 1996 arbeitsfrei. Für die dadurch ausfallende Arbeitszeit wer- den 4,75 Stunden mit dem tatsächlichen Stundenverdienst bezahlt. 6. Wird die Arbeitszeit an einzelnen Arbeitstagen regelmäßig verkürzt, so kann die ausfallende Arbeitszeit auf die übrigen Arbeitstage derselben sowie der vorher- gehenden oder der folgenden Woche verteilt werden. Die Ausgleichsarbeit für die an einzelnen Werktagen ausfallende Arbeitszeit ist keine zuschlagspflichtige Mehrarbeit. Dieser Ausgleich ist ferner zulässig, soweit die Art des Betriebes eine ungleichmä- ßige Verteilung der Arbeitszeit erfordert. 7. Die durch Betriebsfeiern, Volksfeste, öffentliche Veranstaltungen oder aus ähn- lichem Anlaß an Arbeitstagen ausfallende Arbeitszeit kann auf die Werktage von fünf zusammenhängenden Wochen verteilt werden. Dasselbe gilt, wenn in Ver- bindung mit Feiertagen die Arbeitszeit an Arbeitstagen ausfällt, um dem Arbeit- nehmer eine längere zusammenhängendere Freizeit zu gewähren. Im Sinne die- ser Bestimmungen gelten Weihnachten und Neujahr als zwei getrennte Anlässe. Die Vor- oder Nachholzeit muß unmittelbar an die Woche anschließen, in der die Ausfalltage liegen. 8. Für die Arbeitszeit der Frauen und Jugendlichen gelten die gesetzlichen Schutz- bestimmungen. 9. Gleitende Arbeitszeit kann nur einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Be- triebsrat durch Betriebsvereinbarung geregelt werden. 205 10. Arbeitnehmer, die am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach einem gesetzlichen Feiertag und anderen bezahlten Ausfalltagen - außer Urlaub und Arbeitsunfähigkeitstagen - der Arbeit unentschuldigt fernbleiben, haben ent- sprechend der gesetzlichen Regelung keinen Anspruch auf Bezahlung der Feier- und Ausfalltage. 11. TEILZEITARBEIT a) Grundsätze Teilzeitarbeit liegt vor, wenn die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ver- einbarte Arbeitszeit die tarifliche Regelarbeitszeit unterschreitet. Teilzeitbe- schäftigten sind den Vollbeschäftigten gleichgestellt, sofern sich aus gesetz- lichen Bestimmungen nicht anderes ergibt. b) Umfang der Arbeitszeit Teilzeitarbeit sollte nur dann vereinbart werden, wenn die jeweils gültigen Grenzen der Sozialversicherungspflicht im Rahmen der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht unterschritten werden. c) zeitliche Lage der Arbeitszeit Die Dauer und Lage der Arbeitszeit sind einzelvertraglich unter Beachtung der gesetzlichen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates zu vereinbaren. Die Arbeitszeit kann in Ausnahmefällen überschritten werden. Die über die ver- einbarte Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit gilt als zuschlagspflichtige Mehrarbeit, Mehrarbeitszuschläge sind nur für die Stunden zu zahlen, die über die jeweilige betriebliche Regelarbeitszeit der Vollbeschäftigung hinaus geleistet werden. Auf Wunsch des Beschäftigten kann Mehrarbeit in Freizeit abgegolten werden. d) Vergütung Die Vergütung für Teilzeitarbeit erfolgt anteilig im Verhältnis der vereinbarten Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit für Vollzeitarbeit. Das gilt auch für alle sonstigen tariflichen Zahlungsregelungen, soweit sich aus dem Tarifver- trag nicht anderes ergibt. e) Urlaub Der Urlaub der Teilzeitbeschäftigten beträgt 30 Tage pro Kalenderjahr (= 6 Wochen). Die Bezahlung richtet sich nach der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeits- zeit der letzten drei Monate vor Antritt des Urlaubs. Teilzeitbeschäftigten Angestellten ist das monatliche Gesamtgehalt einschließl. sämtlicher monat- lich wiederkehrender Vergütungen weiterzuzahlen. f) Bei der Besetzung von Vollzeitarbeitsplätzen haben Teilzeitbeschäftigte Vorrang, wenn sie den Anforderungen der Stelle entsprechen. Dies gilt nicht, wenn ein Arbeitsplatz mit einem Arbeitnehmer des Betriebes besetzt werden soll, dessen bisheriger Arbeitsplatz wegfällt (Umsetzung). 206 § 4 MEHRARBEIT, NACHT- UND SONNTAGSARBEIT 1. Mehrarbeit ist über die regelmäßige tägliche Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeit, die entweder besonders vereinbart oder angeordnet oder vom Arbeitgeber ge- billigt ist. Angestellte mit überwiegender Reisetätigkeit haben keinen Anspruch auf Ver- gütung der Mehr-, Nacht- oder Sonntagsarbeit. 2. Mehrarbeit kann im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen nur mit Zu- stimmung des Betriebsrates und, soweit erforderlich, des Gewerbeaufsichts- amtes verlangt werden. Die Möglichkeit, Mehrarbeit in außergewöhnlichen Fällen gemäß § 14 AZO anzu- ordnen, bleibt unberührt. 3. Über notwendige Mehrarbeit einzelner Arbeitnehmer ist der Betriebsrat recht- zeitig zu unterrichten. 4. Sonntags- und Feiertagsarbeit ist die an diesen Tagen in der Zeit von 0.00 bis 24.00 Uhr, Nachtarbeit ist die in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr geleistete Ar- beit. Der Arbeitgeber kann, wenn es die betrieblichen Verhältnisse erfordern, den Zeit- raum der Nachtarbeit und der Sonn- und Feiertagsarbeit (z.B. bei Schichtarbeit) mit Zustimmung des Betriebsrates verschieben. 5. Über den Ausgleich bzw. die Abgeltung von Mehrarbeit ist eine Betriebsver- einbarung zu treffen; sie kann Freizeitausgleich vorsehen. Mindestens zu regeln: Zeitpunkt und Umfang der Mehrarbeit sowie die Modalitä- ten des Freizeitausgleichs. Mehrarbeit über 20 Stunden im Monat ist in jedem Fall durch bezahlte Freizeit auszugleichen. Auf Wunsch des Arbeitnehmers ist für Mehrarbeit ab der ersten Stunde Frei- zeitausgleich zu gewähren. Das gleiche gilt auch für die Mehrarbeitszuschläge; die betrieblichen Erfordernisse sind zu berücksichtigen. Kommt keine Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer darüber zustande, ob Mehrarbeitszuschläge in Freizeit abgegolten werden, werden sie in jedem fall im Folgemonat ausgezahlt. Der Freizeitausgleich ist innerhalb von 4 Monaten in der Regel in Verbindung mit einem arbeitsfreien Tag (z.B. Feiertag, Wochenende) durchzuführen. Ausgenommen von den vorstehenden Regelungen sind Monteure und sonstige Mitarbeiter im Außendienst. Für diese kann ein Freizeitausgleich durch Be- triebsvereinbarung evtl. anders geregelt werden.*) *) Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, daß darunter nicht solche Mitarbeiter fallen, die gelegentlich, also nicht regelmäßig, im Außendienst eingesetzt werden. 207 § 5 ZUSCHLÄGE 1. Die Zuschläge betragen: a) für Mehrarbeit bis zu 2 Stunden täglich 25% ab der 3. Stunde täglich 50% b) für die Arbeit an Samstagen, die zuschlags- pflichtige Mehrarbeit ist, bis 4 Stunden 25% ab der 5. Stunde 50% c) für Nachtschichtarbeit 20% d) für Nachtschichtarbeit, die gleichzeitig Mehrarbeit ist 50% e) Für Nachtarbeit, die keine Mehr- oder Schichtarbeit ist 30% f) Wechselschichtzulage 10% g) für Arbeiten am 24. Dezember 100% h) Für Arbeit an Sonntagen 50% ab 1.1.1994 60% für Arbeiten an lohnzahlungspflichtigen Wochenfeiertagen, am Ostersonntag und Pfingstmontag, ferner für Arbeiten am Neujahrstag, am 1. Mai und an den beiden Weihnachtsfeiertage, auch wenn diese genannten Feiertage auf einen Sonntag fallen 200% 2. Die Zuschläge sind bei Zeitlohnarbeit von dem tatsächlichen Stundenlohn zu berechnen. Bei Akkord- und Prämienarbeit ist der Durchschnittsverdienst des letzten Lohnabrechnungszeitraums, bei Neueingestellten derjenige des laufenden Lohnabrechnungszeitraumes zugrunde zu legen. Für Wochenlohnempfänger ist der Zuschlag auf der Grundlage des vereinbarten Wochenlohnes, geteilt durch die Zahl der hierfür regelmäßig zu leistenden Ar- beitsstunden zu errechnen. 3. Jede Mehrarbeitsstunde ist bei Angestellten, gleichgültig, ob sie am Tage, in der Nacht oder an Sonn- und Feiertagen geleistet wird, mit 1/64 des Monats- gehaltes zuzüglich des entsprechenden Zuschlages zu vergüten. 4. Bei Zusammentreffen von Nacht- und Sonntagsarbeit sind beide, in allen ande- ren Fällen ist nur jeweils der höchste Zuschlag zu vergüten. 208 § 6 KURZARBEIT Wenn die betrieblichen Verhältnisse es erfordern, insbesondere zur Vermeidung von Entlassungen, kann durch Betriebsvereinbarung - in Betrieben ohne Betriebsrat nach Anhörung der Belegschaft - für die gesamte Belegschaft oder für einen Teil (nicht für einzelne Arbeitnehmer) nach einer Ankündigungsfrist von mindestens 5 Arbeitstagen eine kürzere als die regelmäßige Arbeitszeit eingeführt werden. Die Ankündigungspflicht entfällt, wenn die Einführung von Kurzarbeit auf einem unabwendbaren Ereignis beruht, z.B. in Fällen höherer Gewalt,. Der Antrag auf Gewährung von Kurzarbeitergeld ist unverzüglich zu stellen. Wird die eingeführte Kurzarbeit im Sinne des Arbeitsförderungsgesetzes nicht an- erkannt, garantiert der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Zeiten der Kurzarbeit ein Arbeitsentgelt in Höhe des Kurzarbeitergeldes. Kommt innerhalb einer Frist von drei Arbeitstagen ab Antragstellung eine Be- triebsvereinbarung nicht zustande, so ist unverzüglich eine Entscheidung der Eini- gungsstelle gem. § 87 Abs. 2 BetrVG herbeizuführen. § 7 ARBEITSUNTERBRECHUNG UND ARBEITSVERSÄUMNIS 1. Grundsätzlich wird Arbeitsentgelt nur für die Zeit gezahlt, in der Arbeit geleistet wird sowie für die Zeit der Arbeitsbereitschaft, es sei denn, daß gesetzliche oder tarifliche Vorschriften zwingend etwas anderes bestimmen. Muß die Arbeit aus Gründen ruhen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat, so sind die ausgefallenen Stunden voll zu vergüten. 2. Muß die Arbeit für Arbeitnehmer oder einen Teil der Arbeitnehmer wegen einer Störung des Betriebes, beispielsweise wegen eines Maschinenschadens, wegen Brennstoff-, Strom- oder Wassermangels oder aus ähnlichen Gründen unterbro- chen werden, so ist die ausgefallene Arbeitszeit innerhalb eines die Ausfalltage einschließenden Zeitraumes von fünf Wochen nachzuholen, sofern nicht durch Betriebsvereinbarung eine andere Regelung erfolgt. Die Nachholarbeit gilt nicht als zuschlagspflichtige Mehrarbeit. 3. Kann die ausgefallene Arbeitszeit nicht oder nicht vollständig nachgeholt wer- den und kommt auch keine anderweitige betriebliche Ausgleichsvereinbarung zustande, so ist die ausgefallene Arbeitszeit zur Hälfte zu vergüten. Eine Vergütung der ausgefallenen Arbeitszeit durch den Arbeitgeber entfällt, wenn und soweit der Lohnausfall aus öffentlichen Mitteln bezahlt wird. 4. Die Arbeitnehmer sind verpflichtet, während einer Betriebsstörung alle notwen- digen Arbeiten durchzuführen. 209 5. Bei einer schweren Betriebsstörung, die die Fortsetzung des Arbeitsver- hältnisses unmöglich macht, ist der Arbeitgeber berechtigt, die Arbeitsver- hältnisse der von der Betriebsstörung betroffenen Arbeitnehmer ohne Einhal- tung einer Frist zu lösen. Er ist verpflichtet, die Arbeitnehmer mit alten Rechten wieder einzustellen, sobald die Betriebsstörung mit ihren technischen Folgen be- seitigt ist. Ein Anspruch auf Wiedereinstellung entfällt für die Arbeitnehmer, die nach Beseitigung der Störung auf Aufforderung des Arbeitgebers nicht sofort erklären, daß sie - gegebenenfalls nach ordnungsgemäßer Lösung eines beste- henden Arbeitsvertrages - zur Wiederaufnahme er Arbeit im alten Betrieb bereit sind. 6. In folgenden Fällen der Verhinderung an der Arbeitsleistung hat der Arbeitneh- mer Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes: I. a) bei seiner Eheschließung für 2 Tage b) bei Niederkunft seiner Ehefrau für 2 Tage c) bei seiner Silberhochzeit für 1 Tag d) bei Tod seines Ehegatten für 3 Tage e) bei Tod seiner Eltern, Kinder, Schwieger- eltern, Geschwister, Stiefkinder und Pflege- kinder, falls sie in seinem Haushalt lebten, für 2 Tage f) bei Teilnahme an der Beerdigung der unter e) genannten Angehörigen, die nicht in seinem Haushalt lebten, sowie für der Großeltern für 1 Tag g) bei einem Umzug, wenn er einen eigenen Hausstand besitzt, sofern nicht das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer gekündigt ist, für 1 Tag h) bei schwerer Erkrankung der zur Hausgemeinschaft gehörenden Familienmitgliedern in Fällen, wo ein Arbeitsfreistellungsanspruch nach § 185 c Abs. 1 RVO nicht besteht und sofern der Arzt bescheinigt, daß die Anwesenheit zur vorläufigen Pflege notwendig ist, für 1 Tag. II. In folgenden Fällen der Arbeitsverhinderung wird das Arbeitsentgelt für die während des Arbeitstages unvermeidlich ausfallende Zeit bis zur Höchstdauer von acht Stunden weitergezahlt, soweit dem Arbeitnehmer nicht nach den gesetzlichen Bestimmungen ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeits- entgeltes im Krankheitsfall oder Krankengeld oder Übergangsgeld zusteht: a) bei Arbeitsunfall; b) bei ambulanter Behandlung wegen eines während der Arbeitszeit erlittenen Arbeitsunfalls; 210 c) bei Arztbesuch anläßlich einer während der Arbeitszeit aufgetretenen akuten Erkrankung und der Arzt den Arztbesuch bescheinigt. d) bei amtsärztlich angeordneten Untersuchungen, Vorsorgeuntersuchungen sowie bei Arztbesuch anläßlich einer notwendigen Spezialuntersuchung, so- fern diese während der Arbeitszeit durchgeführt werden müssen und der Arzt dies bescheinigt; e) bei Vorladung vor Behörden, soweit diese den Verdienstausfall nicht erset- zen; der Anspruch besteht jedoch nicht, wenn der Arbeitnehmer im Strafpro- zeß Beschuldigter oder im Zivilprozeß Partei ist oder durch eigenes schuld- haftes Verhalten die Verhandlung von Behörden veranlaßt hat oder wenn es sich um eine Folge seiner privaten Lebenshaltung handelt. 7. Der Arbeitnehmer oder eine von ihm beauftragte Person hat rechtzeitig bei dem Arbeitgeber oder dessen Vertreter um Arbeitsbefreiung nachzusuchen. Ist dies nicht möglich, so ist spätestens am nächsten Arbeitstag, möglichst bei Arbeits- beginn, spätestens jedoch bis 12.00 Uhr, der Grund der Verhinderung glaubhaft zu machen. Geschieht dies nicht, so entfällt der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes. 8. Verheiratete Frauen und Arbeitnehmerinnen mit Kindern unter 14 Jahren und eigenem Haushalt erhalten monatlich einen freien Haushaltstag, der nicht auf den tariflichen Urlaub und das Urlaubsentgelt anzurechnen ist. Sofern im Be- trieb nur 5 Tage gearbeitet wird, besteht dieser Anspruch nicht. 9. Stirbt ein Arbeitnehmer nach mehr als zweijähriger Betriebszugehörigkeit, so erhalten Ehegatte, Eltern oder Kinder, sofern der Verstorbene zu deren Lebens- unterhalt bis zu seinem Ableben überwiegend beigetragen hat, als Beihilfe zu- sätzlich einen Monatsverdienst. Die Beihilfe erhöht sich bei neunjähriger Be- triebszugehörigkeit auf zwei Monatsverdienste. Kommen für die Zahlung mehrere Personen in Betracht, so wird die Verpflichtung des Arbeitgebers durch Leistung an eine von ihnen erfüllt. Leistungen im Sterbefall aus Lebensversicherungen, die der Arbeitgeber freiwillig allein finanziert hat, können angerechnet werden. § 8 ALLGEMEINE LOHN- UND GEHALTSBESTIMMUNGEN 1. Die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen werden in besonderen Tarif- verträgen für den gesamten räumlichen und persönlichen Geltungsbereich in zentralen Verhandlungen geregelt. Die Tariflöhne bzw. Tarifgehälter sind Min- destentgelte. 2. Entlohnungsgrundsätze, Lohn- und Gehaltsgruppen und deren Abstufungen, Eingruppierungen und deren Änderungen, Akkordarbeit, Prämienlohn- und Fließarbeit werden in Rahmentarifverträgen geregelt. 211 Die Entlohnung kann nach den betrieblichen Verhältnissen im Zeitlohn oder Lei- stungslohn erfolgen. Die Entlohnungsgrundsätze sind, soweit tarifvertragliche Regelungen nicht bestehen, zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat zu verein- baren. 3. Für Arbeitnehmer mit gesundheitlich bedingter offensichtlicher Minder- leistungsfähigkeit, die nicht durch Unfall- oder Kriegsbeschädigung bedingt ist, kann in Abweichung der tariflichen Lohnfestsetzung unter Mitwirkung der Hauptfürsorgestelle eine betriebliche Regelung erfolgen. (Diese Regelung ist nicht allgemeinverbindlich). 4. Zeit, Ort und Auszahlung der Arbeitsentgelte, die Einführung der bargeldlosen Entgeltzahlung, die Lohn- und Gehaltsabrechnungszeiträume und die Termine von Abschlagszahlungen sind mit Betriebsrat und in betriebsratlosen Betrieben mit der Belegschaft zu vereinbaren. 5. Bei der Zahlung des Arbeitsentgelts ist eine Abrechnung auszuhändigen, die das Bruttoentgelt sowie sämtliche Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und sonsti- ge Abzüge ausweist. Bei zuschlagspflichtiger Arbeit ist die Zahl der zuschlagspflichtigen Stunden und die Höhe der Zuschläge ersichtlich zu machen. Die Arbeitnehmer sind ver- pflichtet, die Unterlagen zur Berechnung des Entgelts nach den Anweisungen des Betriebes rechtzeitig und vollständig auszufüllen. 6. Die Gehaltszahlung für den abgelaufenen Monat erfolgt spätestens am letzten Arbeitstag des Monats. Dem Arbeitnehmer ist auf Verlangen Einsicht in die Be- rechnungsunterlagen seines Bruttoentgelts zu geben. Die monatliche Lohnab- rechnung muß so vorgenommen werden, daß der Auszahlungsbetrag spätestens am 7. Arbeitstag des folgenden Monats vom Arbeitnehmer verfügbar ist, sofern nicht mit dem Betriebsrat oder in betriebsratslosen Betrieben nach Anhörung der Belegschaft eine andere Regelung getroffen wird oder bereits vorliegt. 7. Das Arbeitsentgelt ist während der Arbeitszeit oder unmittelbar im Anschluß daran zu zahlen. Verzögert sich der Beginn der Auszahlung durch Verschulden des Arbeitgebers oder seines Beauftragten um mehr als 1/4 Stunde nach Arbeit- schluß, so ist die Wartezeit zu bezahlen. Dies gilt jedoch nicht, wenn aufgrund außergewöhnlicher Umstände und aus zwin- genden Gründen eine Verschiebung des Auszahlungstages im Einvernehmen mit dem Betriebsrat erfolgt. Die Verschiebung des Auszahlungsbetrages ist in die- sem Falle den Arbeitnehmern rechtzeitig vor Arbeitsschluß bekanntzugeben. 212 § 9 MONTAGEREGELUNG 1. Für Arbeiten außerhalb des Betriebes wird ein Montagezuschlag gezahlt, wenn die Arbeit mehr als 6 Stunden in Anspruch nimmt und mit erkennbaren Mehr- aufwendungen und Erschwernissen verbunden ist.*) Der Zuschlag beträgt je Stunde 10% des tariflichen Facharbeiter-Ecklohnes. 2. Wird bei Arbeiten außerhalb des Betriebes eine Entfernung von 125 km (Luftli- nie) überschritten, erfolgt jedoch tägliche Rückkehr zum Wohnort, so beträgt der Montagezuschlag 15%. Berechnungsgrundlage bleibt der Facharbeiter- Ecklohn wie unter Ziffer 1. 3. Für Montagearbeiten in Entfernungen, die ein auswärtiges Übernachten er- forderlich machen, werden zur Abgeltung der dadurch entstehenden Mehr- aufwendungen für jeden vollen Tag der durch die Montage bedingten Abwesen- heit vom Betrieb sechs Stundenlöhne des tariflichen Facharbeiter-Ecklohnes ge- zahlt, und zwar 2,5 Facharbeiter-Ecklöhne als Tagegeld und 3,5 Facharbeiter- Ecklöhne als Übernachtungsgeld. Hiervon abweichend kann durch Betriebsvereinbarung vereinbart werden, daß für Tage- und Übernachtungsgeld die steuerfreien Pauschbeträge der Lohnsteuer- Richtlinien gezahlt werden. Daneben besteht kein Anspruch gemäß Ziffer 1. und 2. 4. Findet länger dauernde Montagearbeit (länger als zwei Wochen) an einem Ort mit höherem Tariflohn statt, so erfolgt nach zwei Wochen die Entlohnung - nicht die Auslösung - nach dem dort geltenden Lohntarif. 5. Die Fahrzeit vom Betrieb zur Montagestelle und zurück wird wie Arbeitszeit ohne irgendwelche Zuschläge vergütet. Die Fahrtkosten vom Betrieb zur Mon- tagestelle und zurück werden in Höhe des Tarifes der 2. Klasse der üblichen öffentlichen Verkehrsmittel ersetzt. Benutzt ein Arbeitnehmer ein eigenes Fahr- zeug, so erhält er als Vergütung die gleichen Sätze, die bei Benutzung des sonst in Frage kommenden öffentlichen Verkehrsmittels zu zahlen wären. Die Fahrkosten von der Wohnung des Arbeitnehmers zur Montagestelle und zu- rück werden nur insoweit ersetzt, als sie Kosten der Fahrt von der Wohnung des Arbeitnehmers zum Betrieb übersteigen. Für den Transport zur Montagestelle stellt der Betrieb ein Fahrzeug zur Ver- fügung. Benutzt ein Arbeitnehmer auf Wunsch des Arbeitgebers ein eigenes Fahrzeug, so erhält er als Vergütung den jeweils steuerlich zulässigen Kilo- metersatz. *) Richtbeispiele für erkennbare Erschwernisse und Mehraufwendungen auf Montagestellen gegenüber Arbeiten im Betrieb: Arbeiten in kalten und zugigen Bauten oder bei anderen Umweltbelastungen: erschwertes Heben oder Transportieren von Lasten auf Montagestellen, länger dauernde Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Gerüsten usw.. 213 6. Dauert eine Montagearbeit, die ein Übernachten erforderlich macht, länger als 2 Wochen, so steht dem Arbeitnehmer nach jeweils 2 Wochen zum folgenden Wochenende eine Heimreise unter Vergütung der Kosten für die Hin- und Rückfahrt zu. 7. Werden Auszubildende auf Montage beschäftigt, so sind ihnen die tatsächlichen Aufwendungen im Rahmen vorstehender Bestimmungen zu ersetzen. 8. Am 1. oder 2. Tag der Montagearbeiten kann die Arbeitszeit der Monteure im Einvernehmen mit dem Betriebsrat bis zu 12 Stunden verlängert werden, wenn a) dies aus technischen Gründen, wie im Fertighausbau, notwendig ist und die Nichterledigung das Ergebnis der Arbeit gefährdet oder einen unverhältnis- mäßigen wirtschaftlichen Schaden zur Folge haben würde, oder b) in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfange Arbeitsbereitschaft fällt. § 10 WERKZEUGENTSCHÄDIGUNG 1. Sämtliches Werkzeug ist vollzählig und in brauchbarem Zustand in ver- schließbaren Werkzeugkästen vom Arbeitgeber zu stellen. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, das Werkzeug auf Vollständigkeit und brauchbaren Zustand hin zu überprüfen und Fehler bzw. Mängel sofort dem Arbeitgeber zu melden. 2. Soweit in Ausnahmefällen Arbeitnehmer auf Verlangen des Arbeitgebers ihr Werkzeug selbst zu stellen haben, ist durch Vereinbarung die Höhe und die Art der Entschädigung festzusetzen. Ferner ist in solchen Fällen der Arbeitgeber verpflichtet, das Werkzeug des Arbeitnehmers gegen Einbruch, Diebstahl und Brandschaden zu versichern. 3. Wenn der Einsatz von Montagekolonnen spezielle Werkzeugregelungen erfor- derlich macht, ist mit dem Betriebsrat darüber eine Vereinbarung zu treffen. § 11 URLAUB 1. Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf einen bezahlten Urlaub. Der Urlaub dient der Erholung und der Erhaltung der Arbeitskraft. Der Urlaubsanspruch ist deshalb grundsätzlich durch Freistellung von Arbeit zu er- füllen. Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Ar- beitsverhältnisses erworben. 2. Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende be- triebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. 214 3. Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszwecke wider- sprechende Erwerbstätigkeit ausüben. Bei Verstößen gegen diese Bestimmun- gen entfällt der Anspruch auf das zusätzliche Urlaubsgeld und auf die Urlaubs- vergütung in der Höhe, in der der Arbeitnehmer für seine unerlaubte Tätigkeit eine Gegenleistung erhalten hat. 4. Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeit- nehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter so- zialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Haben Arbeitnehmer z. Zt. des Beginns etwaiger Betriebsferien einen Urlaubsan- spruch noch nicht in Höhe der Betriebsferien erworben, so haben sie Anspruch auf Entschädigung in Höhe des ausfallenden Verdienstes. Sie sind jedoch ver- pflichtet, während der Betriebsferien auch andere zumutbare Arbeiten als die ih- nen nach dem Arbeitsvertrag zugewiesenen auszuführen. 5. Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Zu Beginn des Kalenderjahres soll ein Urlaubsplan aufgestellt werden. 6. Als Urlaubstage gelten alle Wochentage von Montag bis Freitag, mit Ausnahme der lohnzahlungspflichtigen Feiertage. 7. Für die Berechnung der Dauer des Urlaubs sind jeweils die zu Beginn des Ka- lenderjahres bestehenden Umstände maßgebend. Die Urlaubsdauer richtet sich nach dem Lebensalter und der Anzahl der Beschäftigungsjahre. Das erste Be- schäftigungsjahr ist das Kalenderjahr, in dem der Arbeitnehmer dem Betrieb un- unterbrochen länger als 6 Monate angehört hat. 8. Bei der Feststellung der Betriebszugehörigkeit ist die gesamte in dem Betrieb oder einem anderen Betrieb des gleichen Unternehmens verbrachte Be- schäftigungszeit anzurechnen. Die Ausbildungszeit, nicht jedoch die Volontärzeit o.ä., wird bei Feststellung der Betriebszugehörigkeit berücksichtigt. Ist die Tätigkeit im Betrieb unterbrochen worden, wird die Zeit früherer Betriebs- zugehörigkeit angerechnet, wenn die Unterbrechung nicht länger als ein Jahr gedauert hat. 9. Der tarifliche Urlaub beträgt: 1992 und 1993 bis über über 30 Jahre 30 Jahre 40 Jahre im 1.Beschäftigungsjahr 27 27 27 Urlaubstage im 2. Beschäftigungsjahr 29 30 30 Urlaubstage ab 1994 bis über 40 Jahre 40 Jahre 30 31 Urlaubstage 215 10. Im Laufe des Arbeitsverhältnisses entsteht für jeden vollen Beschäftigungs- monat der Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs. Bruchteile von Urlaub- stagen von 0.5 an aufwärts sind auf volle Urlaubstage aufzurunden, Bruchteile darunter entsprechend abzurunden. Im Laufe des Kalenderjahres eintretende oder/und ausscheidende Arbeitnehmer haben Anspruch auf so viele Zwölftel ihres Jahresurlaubs, wie sie in diesem Jahr volle Beschäftigungsmonate in dem Betrieb erreichen. Angefangene Beschäfti- gungsmonate werden als volle Monate angerechnet, wenn das Arbeitsverhältnis länger als 14 Kalendertage in diesem Beschäftigungsmonat bestanden hat. Das Arbeitsverhältnis muß jedoch mindestens einen Monat gedauert haben. Für Arbeitnehmer, die die Wartezeit von 6 Monaten erfüllt haben, besteht ein Min- destanspruch von 18 Werktagen, wenn sie in der 2. Jahreshälfte ausscheiden. 11. Bei Krankheit kann, wenn die Arbeitsunterbrechung länger als 5 Monate im gleichen Urlaubsjahr dauert, der Urlaub für jeden weiteren angefangenen Monat um 1/12 gekürzt werden, jedoch nicht unter den gesetzlichen Mindestanspruch von 18 Werktagen. Ist die Krankheit die Folge eines Betriebsunfalls oder gehört der Arbeitnehmer dem Betrieb länger als 5 Jahre an, so ist der Urlaub in voller Höhe zu gewähren. Bei Aussetzen der Arbeit auf Wunsch des Arbeitnehmers mit Zustimmung des Ar- beitgebers ist der Urlaub für jeden vollen Monat der Arbeitsunterbrechnung um 1/12 des Jahresurlaubs bis zur Mindestdauer von 18 Werktagen zu kürzen. 12. Kündigt der Arbeitnehmer innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Urlaub- sende sein Arbeitsverhältnis, obwohl er mehr Urlaub erhalten hat, als ihm nach Ziffer 10 zusteht, so sind das überbezahlte Urlaubsentgelt und das überzahlte zusätzliche Urlaubsgeld ein Lohn- bzw. Gehaltsvorschuß; dieser kann beim Ausscheiden unter Anwendung der Zwölftelung geltend gemacht werden. Dies gilt nicht für Rentner bei erreichter Altersgrenze. 13. Bei verschuldeter fristloser Entlassung oder unberechtigter Auflösung des Ar- beitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer hat dieser das zuviel erhaltende Ur- laubsentgelt und das zusätzliche Urlaubsgeld in jedem Falle zurückzuerstatten. Der Anspruch nach Ziffer 10 bleibt unberührt. 14. Im übrigen kann das gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden, wenn der Arbeitnehmer nach Ziffer 9 bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten hat. 15. Der Anspruch auf Urlaub besteht nicht für Kalendermonate, für die dem Arbeit- nehmer bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. 16. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewähr- ten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen. 17. Heilverfahren und Schonzeiten, die von den Sozialversicherungsträgern ver- ordnet werden, können nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden. 216 18. Erkrankt ein Arbeitnehmer während eines Urlaubs, so werden die durch ärztli- ches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet. Nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit kann der Urlaub weiter genommen wer- den, wenn betriebliche Erfordernisse nicht entgegenstehen. Der Arbeitnehmer hat jedoch nach Ablauf des vorgesehenen Urlaubs oder - falls die Krankheit darüber hinaus andauert - nach Beendigung der Krankheit zunächst dem Arbeit- geber seine Arbeitsleistung anzubieten und sich mit diesem darüber zu verstän- digen, in welchem Zeitraum die durch Krankheit ausgefallenen Urlaubstage nachgeholt werden können. 19. Schwerbehinderte erhalten den gesetzlichen Zusatzurlaub von 5 Arbeitstagen unter Beachtung der in den vorstehenden Vereinbarungen festgelegten Zwölf- telung. 20. Der Urlaubsanspruch erlischt am 31. März des nachfolgenden Kalenderjahres, es sei denn, daß der Arbeitnehmer ihn vorher schriftlich oder durch den Be- triebsrat geltend gemacht hat. 21. Eine Abgeltung des Urlaubs ist grundsätzlich nicht erlaubt, es sei denn, daß bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses oder bei längerer Krankheit oder Urlaub nicht mehr als bezahlte Freizeit gewährt werden kann. Ein beim Ausscheiden aus dem Betrieb fälliger Urlaubsanspruch ist möglichst wäh- rend der Kündigungsfrist zu erfüllen. Lassen die betrieblichen Verhältnisse das nicht zu, so ist der Urlaub abzugelten. Berechnung des Urlaubsentgeltes 22. Zur Errechnung des Urlaubsentgeltes der gewerblichen Arbeitnehmer ist zu- nächst der durchschnittliche Bruttoverdienst der letzten abgerechneten dreizehn Lohnwochen, bei monatlicher Lohnabrechnung der letzten abgerechneten drei Monate, vor Urlaubsantritt festzustellen. Ist der Arbeitnehmer noch nicht so lange im Betrieb, so ist der Durchschnitt aus dem Zeitraum zu errechnen, während dessen das Arbeitsverhältnis besteht. Bei der Errechnung des Durchschnittsverdienstes bleiben außer Ansatz: Gratifika- tionen, Jahresabschlußaufwendungen, Erfolgsbeteiligungen, Sonderzahlungen, Montageauslösungen, Verpflegungszuschüsse, Werkzeuggeld. Einkünfte wäh- rend der Kurzarbeit (Kurzarbeiterlohn und Kurzarbeitergeld), zusätzliches Ur- laubsgeld sowie Zahlungen im Krankheitsfall, die nicht aufgrund des Lohnfort- zahlungsgesetzes erfolgen, und ähnliche Leistungen. a) Der Bruttoverdienst des Berechnungszeitraums wird sodann durch die Zahl der tariflichen regelmäßigen Arbeitsstunden geteilt. Kurzarbeitsstunden so- wie Arbeitsstunden, die aufgrund von Kurzarbeit, nicht lohnfortzahlungs- pflichtiger Krankheit oder ordnungsgemäßer unbezahlter Freistellung aus- fallen, werden von der tariflichen Arbeitszeit abgezogen. 217 b) Der so ermittelte Durchschnitts-Stundenverdienst wird mit der Zahl der tarif- lichen regelmäßigen Arbeitsstunden multipliziert, die durch den Urlaub oder Teilurlaub ausfallen. Bei Teilurlaub von weniger als fünf Arbeitstagen bestimmt sich das Urlaubsent- gelt nach dem tatsächlichen Stundenlohn und der durch den Urlaub ausfal- lenden regelmäßigen betrieblichen Arbeitszeit (Lohnausfallprinzip) In den Urlaub fallende tarifliche Änderungen sind bei dem Urlaubsentgelt vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an zu berücksichtigen. 23. Während des Urlaubs der Angestellten ist das monatliche Gesamtgehalt ein- schließlich sämtlicher monatlich wiederkehrender Bezüge weiterzuzahlen. Im übrigen ist die Ziffer 22 entsprechend anzuwenden. Provisionen, die der Angestellte infolge seines Urlaubs nicht selbst erarbeiten kann, werden ihm nach dem Durchschnitt der letzten zwölf Monate vor Urlaubsantritt gewährt; für Angestellt, deren Arbeitsverhältnis bei Antritt des Urlaubs noch nicht zwölf Monate besteht, ist dieser kürzere Zeitraum Bemessungsgrundlage. Zusätzliches Weihnachtsgeld 24. Jeder Arbeitnehmer erhält unter der Voraussetzung des § 11 Ziffer 2 für jeden Urlaubstag ein zusätzliches Urlaubsgeld. Das zusätzliche Urlaubsgeld beträgt 1992 50% 1993 52% 1994 54% 1995 56% 1996 60% des Urlaubsentgeltes. Das zusätzliche Urlaubsgeld ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen. 25. Der Anspruch auf Zahlung des zusätzlichen Urlaubsgeldes ist erst nach einer sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit gegeben. 26. Kündigt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des ersten Jahres seiner Betriebszugehörigkeit, so hat er keinen Anspruch auf Zahlung eines zu- sätzlichen Urlaubsgeldes. Nach Ablauf des 1. Beschäftigungsjahres kann bei Kündigung durch den Arbeit- nehmer das zusätzliche Urlaubsgeld bei zuviel erhaltenen Zwölfteln vom Arbeit- geber zurückgefordert oder einbehalten werden. Beruht das Ausscheiden im Laufe des Kalenderjahres auf einer Kündigung des Ar- beitgebers, entfällt das Recht, das Urlaubsgeld für die zuviel erhaltenen Ur- laubszwölftel zurückzufordern oder einzubehalten. 218 Erfolgt die Kündigung des Arbeitgebers aus einem Grunde, der ihn zur fristlosen Entlassung berechtigen würde, kann das Urlaubsgeld nach Maßgabe des 2. Ab- satzes gleichfalls zurückgefordert werden oder einbehalten werden. 27. Wird dem Arbeitnehmer auf seinen Wunsch anstelle der Gewährung von Urlaub der über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgehende Urlaub in Geld abge- golten, so entfällt der Anspruch auf zusätzliches Urlaubsgeld für den abgegolte- nen Teil des Urlaubs. 28. Für den Zusatzurlaub der Schwerbehinderten besteht kein Anspruch auf zusätz- liches Urlaubsgeld. § 12 ENTGELTBERECHNUNG BEI LOHNFORTZAHLUNG Die Regelung für die Berechnung des Urlaubsentgelts gilt entsprechend für die Berechnung des Entgelts nach dem Lohnfortzahlungsgesetz und für die Fälle, in denen nach § 7 Ziffer 6 MTH der Lohn ohne Arbeitsleistung fortzuzahlen ist. Für die Berechnung des Entgelts nach dem Feiertagsgesetz kann diese Regelung ebenfalls angewendet werden. § 13 GELTENDMACHUNG UND VERWIRKUNG VON ANSPRÜCHEN 1. Der Arbeitnehmer ist zur sofortigen Nachprüfung des ausgezahlten Lohnbetra- ges verpflichtet. Stimmt der Geldbetrag mit dem Lohnnachweis nicht überein, so hat der Arbeitnehmer dies sofort dem Auszahlenden zu melden; später erfol- gende Reklamationen werden nicht berücksichtigt. Bei bargeldloser Entgeltzahlung sind Reklamationen innerhalb einer Frist von 2 Monaten seit Gutschriftsdatum fällig. 2. Einwendungen gegen die rechnerische Richtigkeit der Lohnabrechnung sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie spätestens bis zum Ablauf des nächsten Ab- rechnungszeitraumes vorgebracht werden. 3. Die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis ist ausge- schlossen, wenn seit Fälligkeit a) bei Ansprüchen aus Mehrarbeit, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, auf Zah- lung von Zulagen jeder Art und auf Rückzahlung von Barauslagen 2 Monate b) bei allen sonstigen Ansprüchen 6 Monate verstrichen sind. Nach Ablauf der angeführten Fristen sind die Ansprüche verwirkt, es sei denn, daß sie jeweils dem anderen Teil gegenüber vorher schriftlich geltend ge- macht worden sind. Die Geltendmachung kann auch im Auftrag des Arbeit- nehmers durch den Betriebsrat mündlich erfolgen. 219 § 14 ARBEITS-, GESUNDHEITS- UND UMWELTSCHUTZ Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind verpflichtet, die allgemeinen Unfallver- hütungsvorschriften zu beachten und für ihre Anwendung Sorge zu tragen. Maß- nahmen zur Verhütung von Betriebsunfällen und Gesundheitsschädigungen, die wegen der Besonderheit der betrieblichen Verhältnisse erforderlich sind, können durch Betriebsvereinbarungen gemäß BetrVG geregelt werden. Die sich aus den allgemeinen Unfallverhütungsvorschriften ergebenden Verpflich- tungen der Beteiligten, auch die Pflichten aus § 81 BetrVG und die Pflicht zur Meldung an die Berufsgenossenschaft, werden dadurch nicht berührt. Die Arbeitsbedingungen sollen so gestaltet sein, daß sie auch auf Dauer zu keiner gesundheitlichen Beeinträchtigung der Beschäftigten führen. Beim Einsatz von Arbeitsstoffen, Maschinen und Geräten ist Vorsorge dafür zu treffen, daß davon keine Gefahren für Leben und Gesundheit der Beschäftigten ausgehen. Die Tarifvertragsparteien fordern die Beschäftigten und die Arbeitgeber auf, aktiv am Gesundheits- und Umweltschutz mitzuwirken und alle diesem Ziele dienenden Maßnahmen und Möglichkeiten zu nutzen. Für genügend Reinigung, Lüftung, Heizung und trinkbares Wasser in den Arbeits- räumen, für ausreichende Waschgelegenheit, ordnungsgemäße Toiletten und ge- schützte Kleideraufbewahrung, für Verbandsmaterial zur ersten Hilfeleistung bei Unfällen, für alle sonstigen gesundheitlichen Einrichtungen hat der Arbeitgeber zu sorgen. Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sind zu beachten. 220 § 15 REGELUNG VON STREITIGKEITEN Bei allen Meinungsverschiedenheiten, die sich zwischen Arbeitgeber und Arbeit- nehmer aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, ist zunächst eine innerbetriebliche Re- gelung zu suchen. Erst wenn diese Möglichkeit zu keiner Verständigung geführt hat, kann von den streitenden Parteien das Arbeitsgericht angerufen werden. § 16 SCHLUSSBESTIMMUNG Dieser Manteltarifvertrag tritt am 1. Januar 1992 in Kraft. Er kann erstmals mit einer Frist von drei Monaten zum 31. Dezember 1996 gekündigt werden. Die Kündigung hat schriftlich zu erfolgen. Erfolgt keine Kündigung, verlängert sich der Vertrag um jeweils 6 Monate. Die Vertragsparteien verpflichten sich, noch innerhalb der Kündigungsfrist in Ver- handlungen einzutreten. Arnsburg, den 1. April 1992 Landesfachverband Holz und Kunststoff gez. Udo Gerhard Vorsitzender des Ausschusses Sozial- und Tarifpolitik gez. Dr. Winfried Schipkowksi Geschäftsführer Gewerkschaft Holz und Kunststoff Bezirksleitung Hessen/Rheinland-Pfalz gez. Peter Stahlheber Bezirksleiter 221 Manteltarifvertrag Für das holz- und kunststoffverarbeitende Handwerk in Hessen (MTH) Zwischen dem Landesfachverband holz- und Kunstoffverarbeitendes Handwerk Hessen, Leihgesterner Weg 20, 35392 Gießen - einerseits – und der Christlistlichen Gewerkschaft Deutschlands – Landesverbband Hessen, Fachgruppe Holz und Kunststoff, Darmstädter Str. 67, 65428 Rüsselsheim sowie dem Deutschen Handels- und Industrieangestellten-Verband, Fahrgasse 4, 60311 Frank- furt/Main - andererseits – wird folgender Manteltarifvertrag abgeschlossen: § 1 Geltungsbereich Dieser Vertrag gilt räumlich: für das Land Hessen fachlich: für alle Betriebe, Hilfs- und Nebenbetriebe sowie selbständige Betriebsabteilungen und Montage- stellen des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks (Tischler-/Schreinerhandwerk), des Serienmöbelhandwerks, Betriebe, die anstelle oder in Verbindung mit Holz andere Werkstoffe verarbeiten einschließlich der Oberflächenbehandlung, des Holz- und Oberflächenschutzes und der Veredelung, insbesondere folgende Leistungen erbringen oder folgende Erzeugnisse entwer- fen, konstruieren, herstellen, anschlagen, einbauen, anbringen, reparieren, restaurieren und in- standhalten: a) Bauteile, insbesondere Türen und Fenster aller Art und deren Verglasung, Fensterelemente, Fassadenelemente und Fassadenverkleidungen, Fensterläden und Sonnenschutzvorrichtungen, Fußboden und Fußbodenbeläge, Treppen und Treppengeländer, Klimaräume; Saunabau;, Holz- leimbau; Wohnwagen, Wohnmobilbau; 222 b) Innenausbau aller Art für Gebäude und Räume sowie für Verkehrs- und Transportmittel, für Messen und Ausstellungen, insbesondere Wand- und Deckenverkleidungen, Zwischendecken, Verkleidungen von technischen Einbauten, Einbauschränke, Einbauregale und Raumteiler, Trennwände, Sitz- und Liegeeinbauten, Einbauten für Arbeitsplätze und technische Vorrichtun- gen; c) Möbel aller Art; insbesondere Wohn-, Büro-, Schul-, Hotel- und Gaststättenmöbel; Laden- und Spezialmöbel; Gestelle und Möbelteile; Intarsien; d)Turn- und Sportgeräte; sporttechnische Anlagen, Segelflugzeuge, Spieleinrichtungen, Spiel- zeug, Holzwaren und technische Geräte; Leisten und Rahmen aller Art; e) Behälter; insbesondere Kisten und Gehäuse; Paletten und Trommeln; f) Särge und Bestattungen. Persönlich: Für Arbeiter, für Angestellte, sowie sie von den jeweiligen Gehaltstarifverträgen erfasst werden, für Arbeitgeber, soweit die Vorgenannten Mitglied der Tarifvertragsparteien sind. § 2 Generalklausel Sofern nach diesem Tarifvertrag betriebliche Regelungen zu treffen sind, geschieht dies · in Betrieben mit Betriebsrat unter Beachtung der Bestimmungen des Betriebsverfassungsgeset- zes durch Betriebsvereinbarung; · in betriebsratslosen Betrieben nach Anhörung der Mitarbeiter kraft Weisungsrecht oder durch Regelungsabrede mit der Belegschaft. § 3 Einstellungen und Entlassungen 1. Für die Einstellungen und Entlassungen gelten neben den gesetzlichen Vorschriften die nach- stehenden Regelungen. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über dessen Aufgabe, Verant- wortung und die Art seiner Tätigkeit sowie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren zu unter- richten. 2. Der Arbeitgeber hat spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsver- hältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen: · der Name und die Anschrift der Vertragsparteien, · der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses, · bei befristeten Arbeitsverhältnissen: die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses, · der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann. 223 · eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitgeber zu leistenden Tätigkeit, · die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgeltes einschließlich der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgeltes und deren Fälligkeit, · die vereinbarte Arbeitszeit, · die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubes, · die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, · ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstverein- barungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. 3. Auf Dauer gerichtete Änderungen der Arbeitsbedingungen sind schriftlich zu bestätigen. 4. Die ersten drei Monate jedes Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit. Eine Verlängerung der Probezeit auf sechs Monate ist möglich und muss schriftlich vereinbart werden. Werden Auszu- bildende unmittelbar nach Beendigung der Ausbildung vom Ausbildungsbetrieb übernommen, entfällt die Probezeit. 5. Während des ersten Monats der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseitig täglich mit einer Frist von zwei Tagen gekündigt werden. Für die restliche Probezeit gilt eine Kündigungs- frist von zwei Wochen. 6. Nach Ablauf der Probezeit beträgt die beiderseitige Kündigungsfrist vier Wochen zum 15. eines jeden Monats oder zum Monatsende. 7. Bei Kündigung des Arbeitgebers betragen die Kündigungsfristen nach einer Betriebszugehö- rigkeit von zwei Jahren - ein Monat zum Monatsende von fünf Jahren - zwei Monate zum Monatsende von zehn Jahren - drei Monate zum Monatsende Bei Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Beschäftigungsjahre, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres liegen, nicht berücksichtigt. 8. Scheidet ein Arbeitnehmer im gegenseitigen Einvernehmen aus dem Betrieb aus oder wird er aus Gründen entlassen, die er nicht zu vertreten hat, und wird er innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten wieder eingestellt, so ist bei der Bemessung der tariflichen Ansprüche und Rechte die vor der Entlassung verbrachte Beschäftigungszeit auf die Betriebszugehörigkeit anzurechen. 9. Nach der Kündigung durch den Arbeitgeber ist dem Arbeitnehmer auf Verlangen eine ange- messene Zeit zur Bewerbung um eine Arbeitsstelle zu gewähren. Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht hierbei bis zur Höchstdauer eines Arbeitstages. Dies gilt nicht in den ersten 4 Wochen des Arbeitsverhältnisse. Bei Kündigung durch den Arbeitnehmer besteht eben- falls ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung, jedoch ohne Fortzahlung des Arbeitsentgeltes. 10. Unberührt bleiben die gesetzlichen Bestimmungen über die Auflösung des Arbeitsverhältnis- ses aus wichtigem Grund. 224 11. Übernimmt der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer Kosten einer Fortbildungsmaßnahme und kündigt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf eines Jahres nach Beendigung der Fortbildungsmaßnahme, so hat der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber geleisteten Aufwendungen für die Fortbildungsmaßnahmen zurückzuerstatten, sofern dies vorher schriftlich vereinbart wor- den ist. 12. Dem Arbeitnehmer ist auf Verlangen nach Zugang der Kündigung ein qualifiziertes Zeugnis auszustellen. Ein Zwischenzeugnis ist auf Wunsch bei begründetem Anlass auch ohne Vorliegen einer Kündigung zu erteilen. 13. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen und Arbeitsverträgen zur vorübergehenden Aushilfe gelten die Probezeitregelungen und Kündigungsfristen gem. § 3. 14. Schwerbehinderte und Gleichgestellte müssen bei der Einstellung auf diese Eigenschaften hinweisen. Sie haben den späteren Eintritt oder eine Änderung dieser Eigenschaft und ihren Grad der Behinderung unverzüglich mitzuteilen. § 4 Arbeitszeit 1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit, ausschließlich der Pausen, beträgt 38 Stunden. Die Arbeitszeit kann im Rahmen der Arbeitszeitflexibilisierung ungleichmäßig oder gleichmäßig auf das Kalenderjahr verteilt werden. 2. Abweichend hiervon sind betriebliche Regelungen zulässig, die die Beibehaltung der 40- Stunden-Woche und 12 bezahlte Freischichten im Kalenderjahr vorsehen. Bezahlt werden 38 Stunden je Woche. 3. Die wöchentliche Arbeitszeit soll auf die fünf Werktage von Montag bis Freitag verteilt wer- den. Eine unregelmäßige Verteilung der Arbeitszeit innerhalb einer Woche kann entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes durchgeführt werden. Wenn an Samsta- gen regelmäßig gearbeitet werden soll, so ist dies durch Betriebsvereinbarung zu regeln. 4. Die wöchentliche Regelarbeitszeit kann auf Arbeitsgeberanordnung auf bis zu 32 Stunden verkürzt und bis zu 45 Stunden verlängert werden. 5. Für Angestellte, deren Tätigkeit mit dem Fertigungsbetrieb in unmittelbarem Zusammenhang steht, ist die dort geltende Arbeitszeit und Arbeitszeitverteilung maßgebend. 6 .Die Arbeitnehmer erhalten bei einer ungleichmäßigen Verteilung der wöchentlichen Regelar- beitszeit ein verstetigtes Entgelt auf der Basis von 165 Monatsstunden. Für Arbeitnehmer mit Stundenlohn ergibt sich ein verstetigtes Entgelt nach folgender Formel: Verstetigtes Entgelt = Stundenlohn x 165 7. Als Ausgleichszeitraum kann vom Arbeitgeber wahlweise das Kalenderjahr oder ein anderer Jahreszeitraum (z.B. 1. April bis 31. März) festgelegt werden. Im Einvernehmen mit den Arbeit- nehmern kann der Ausgleichszeitraum auf bis zu 18 Monate verlängert werden. Innerhalb des Ausgleichszeitraumes soll eine durchschnittliche Arbeitszeit von 38 Stunden je Woche erreicht werden. 225 8. Der Arbeitgeber führt für jeden Mitarbeiter ein Zeitkonto. Mit der monatlichen Lohnabrech- nung ist der jeweilige Zeitkontostand mitzuteilen. Dabei ist der individuelle Zeitkontostand des Arbeitnehmers der Sollarbeitszeit (Basis 38 Wochenstunden) zum Zeitpunkt der Lohnabrechnung gegenüberzustellen. Liegt der individuelle Zeitkontostand über der Sollarbeitszeit, so wird der Überhang als Plusstunden bezeichnet. Im ungekehrten Fall handelt es sich um Minusstunden. 9. Für Urlaubs-, Krankheits- und Feiertage gilt die mittlere Regelarbeitszeit von wöchentlich 38 Stunden. Alle Urlaubs-, Krankheits- und Feiertage werden für das Zeitkonto mit 7,6 Stunden gewertet. 10. Zum Ende des Ausgleichszeitraumes ist das Zeitkonto abzurechnen. Sind zum Ende des Aus- gleichszeitraumes Plusstunden vorhanden, so werden diese Stunden mit der nächsten Lohnab- rechnung mit einem Zuschlag von 25% ausbezahlt. Zum Ende des Ausgleichszeitraumes vorhan- dene Minusstunden verfallen. 11. Für Angestellte gilt als Stundenentgelt 1/165 des Monatsentgelts. Vermögenswirksame Lei- stungen und das zusätzliche Urlaubsgeld zählen dabei nicht zum monatlichen Entgelt. 12. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist das bestehende Zeitkonto innerhalb der Kündi- gungsfrist auszugleichen. Die Sollarbeitszeit errechnet sich nach der Anzahl der Monate bzw. Arbeitstage, die das Arbeitsverhältnis innerhalb des Ausgleichszeitraumes bis zu seiner Beendi- gung dauert. Besteht zum Ende des Arbeitsverhältnisses ein Überhang an Stunden /Plusstunden), so sind diese Stunden mit einem Zuschlag von 25 % zu bezahlen. Zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers vorhandene Minusstunden verfallen. Dies gilt nicht bei einer Arbeitnehmerkündigung, wenn die Minusstunden durch vom Arbeitnehmer verlangten Freizeitausgleich entstanden sind. In diesem Fall kann der Arbeitgeber eine Verrech- nung mit den Lohnansprüchen des Arbeitnehmers vornehmen. Ist dies nicht möglich, steht dem Arbeitgeber ein Erstattungsanspruch zu. 13. Die monatliche Abrechnung kann im beiderseitigen Einvernehmen auch auf die tatsächlich geleistete Arbeitszeit abgestellt werden. 14. Der 24. Dezember ist arbeitsfrei. Für die dadurch anfallende Arbeitszeit werden 4,75 Stunden mit dem tatsächlichen Stundenverdienst vergütet. Fällt der 31. Dezember auf einen Arbeitstag, dann ist auf Wunsch des Arbeitnehmers Urlaub oder Freizeitausgleich zu gewähren. Dies gilt nicht für die Arbeitnehmer, deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicher- heit des Betriebes erforderlich ist. 15. Für die Arbeitszeit der Frauen und Jugendlichen gelten die gesetzlichen Schutzbestimmun- gen. 16. Gleitende Arbeitszeit kann nur einvernehmlich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat durch Betriebsvereinbarung geregelt werden. 17. Arbeitnehmer, die am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach einem gesetzli- chen Feiertag und anderen bezahlten Ausfalltagen – außer Urlaub und Arbeitsunfähigkeitstagen – der Arbeit unentschuldigt fernbleiben, haben entsprechend der gesetzlichen Regelung keinen Anspruch auf Bezahlung der Feier- und Ausfalltage. 226 18. Teilzeitarbeit Grundsätze Teilzeitarbeit liegt vor, wenn die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarte Arbeitszeit die tarifliche Regelarbeitszeit unterschreitet. Teilzeitbeschäftigte sind den Vollzeitbeschäftigten gleichgestellt, sofern sich aus gesetzlichen Bestimmungen nichts anderes ergibt. Umfang der Arbeitszeit Teilzeitarbeit sollte nur dann vereinbart werden, wenn die jeweils gültigen Grenzen der Sozial- versicherungspflicht im Rahmen der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung nicht unterschritten werden. Zeitliche Lage der Arbeitszeit Die Dauer und Lage der Arbeitszeit sind einzelvertraglich zu vereinbaren. Die Arbeitszeit kann in Ausnahmefällen überschritten werden. Mehrarbeitszuschläge sind nur auf die Stunden zu zahlen, die über die jeweilige betriebliche Regelarbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten hinaus gelei- stet werden. Auf Wunsch des Beschäftigten kann Mehrarbeit in Freizeit abgegolten werden. § 5 Mehrarbeit, Nacht- und Sonntagsarbeit 1. Wird die Obergrenze des wöchentlichen Arbeitszeitkorridors in Höhe von 45 Stunden aus betriebsbedingten Gründen überschritten, so gelten die über die 45. Wochenarbeitsstunde hinaus- gehenden Arbeitsstunden als Mehrarbeit. Ann Sonn- und Feiertagen sowie am 24. Dezember geleistete Arbeitsstunden gelten als Mehrarbeit. 2. Keine Mehrarbeit liegt vor, wenn im Einzelfall im beiderseitigen Einvernehmen durch Be- triebsvereinbarung oder durch unbezahlten Urlaub versäumte Arbeitszeit nachgeholt wird. 3. Im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann für zuschlagspflichtige Mehrarbeit ein Freizeitausgleich vereinbart werden. Kommt keine Einigung zustande, werden die Mehrarbeitsstunden bezahlt. 4. Sonntags- und Feiertagsarbeit ist die an diesen Tagen in der Zeit von 0.00 bis 24.00 Uhr, Nachtarbeit die in der Zeit von 22.00 bis 06.00 Uhr geleistete Arbeit. Der Arbeitgeber kann, wenn es die betrieblichen Verhältnisse erfordern, den Zeitraum der Nachtarbeit und der Sonn- und Feiertagsarbeit (z.B. bei Schichtarbeit) mit Zustimmung des Betriebsrates verschieben. § 6 Zuschläge 1. Die Zuschläge betragen: a) für Mehrarbeit ab der 46. Stunde pro Woche 25 % ab der 48. Stunde pro Woche 50 % b) für Nachtarbeit 30 % c) für Nachtarbeit, die gleichzeitig Mehrarbeit ist 50 % d) Wechselschichtzulage 10 % e) für Arbeit an Sonntagen 50 % f) für Arbeiten an lohnzahlungspflichtigen Wochenfeiertagen sowie am 24. Dezember 100 % 227 g) für Arbeit am Ostersonntag, Pfingstsonntag, Neujahrstag und an den beiden Weihnachtsfeiertagen 200 % 2. Die Zuschläge sind bei Zeitlohnarbeit von den tatsächlichen Stundenlohn zu berechnen. Bei Akkord- und Prämienarbeit ist der Durchschnittsverdienst des letzten Lohnabrechnungszeitrau- mes, bei Neueinstellungen derjenige des laufenden Lohnabrechnungszeitraumes zugrunde zu legen. Einmalzahlungen bleiben unberücksichtigt. 3. Jede Mehrarbeitsstunde ist bei Angestellten, gleichgültig ob sie am Tage, in der Nacht oder an Sonn- und Feiertagen geleistet wird, mit 1/165 des Monatsgehaltes zuzüglich des entsprechen Zuschlages zu vergüten. 4. Bei Zusammentreffen von Nacht- und Sonntagsarbeit sind beide, in allen anderen Fällen ist nur jeweils der höchste Zuschlag zu vergüten. § 7 Kurzarbeit Wenn die betrieblichen Verhältnisse es erfordern, insbesondere zur Vermeidung von Entlassun- gen, kann ohne Kündigung durch Betriebsvereinbarung – in Betrieben ohne Betriebsrat nach Anhörung der Belegschaft – von der regelmäßigen betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit abgewichen und Kurzarbeit eingeführt werden. Hierbei sind die gesetzlichen Bestimmungen zu beachten. § 8 Arbeitszeitunterbrechung und Arbeitsversäumnis 1. Grundsätzlich wird Arbeitsentgelt nur für die Zeit gezahlt, in der Arbeitgeleistet wird sowie für die Zeit der Arbeitsbereitschaft, es sei denn, dass gesetzliche oder tarifliche Vorschriften zwin- gend etwas anderes bestimmen. 2. Muss die Arbeit für Arbeitnehmer oder einen Teil der Arbeitnehmer wegen Störung des Be- triebes unterbrochen werden, ohne dass der Arbeitgeber die zu vertreten hat, so ist die ausgefalle- ne Arbeitszeit nachzuholen, sofern nicht durch Betriebsvereinbarung eine andere Regelung er- folgt. Die Nachholarbeit gilt als zuschlagspflichtige Mehrarbeit. 3. Die Arbeitnehmer sind verpflichtet, während einer Betriebsstörung alle notwendigen Arbeiten auszuführen. 4. Bei einer schweren Betriebsstörung, die die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unmöglich macht, ist der Arbeitgeber berechtigt, die Arbeitsverhältnisse der von der Betriebsstörung betrof- fenen Arbeitnehmer ohne Einhaltung einer Frist zu lösen. Er ist verpflichtet, die Arbeitnehmer mit den alten Rechten wieder einzustellen, sobald die Betriebsstörung mit ihren technischen Folgen beseitigt ist. Ein Anspruch auf Wiedereinstellung entfällt für die Arbeitnehmer, die nach Beendigung der Störung auf Aufforderung des Arbeitgebers nicht sofort erklären, dass sie – ge- gebenenfalls nach ordnungsgemäßer Lösung eines bestehenden Arbeitsvertrages – zur Wieder- aufnahme der Arbeit im alten Betrieb bereit sind. 228 5. In folgenden Fällen der Verhinderung an der Arbeitsleistung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts: a) bei einer Eheschließung 1 Tag b) bei Niederkunft seiner Ehefrau 2 Tage c) bei seiner Silberhochzeit 1 Tag d) bei Tod des Ehegatten, sofern nicht getrennt lebend 3 Tage e) bei Tod seiner Eltern, Kinder, Stiefkinder und Pflegekinder 2 Tage f) bei Teilnahme an der Beerdigung von Geschwistern, Großeltern und Schwiegereltern 1 Tag g) bei seinem Umzug, wenn der Arbeitnehmer auf Wunsch des Arbeitgebers von außerhalb zuzieht 1 Tag 6. In folgenden Fällen der Arbeitsverhinderung wird das Arbeitsentgelt für die während des Ar- beitstages unvermeidlich ausfallende Zeit bis zur Höchstdauer von 7,6 Stunden weitergezahlt, soweit dem Arbeitnehmer nicht nach gesetzlichen Bestimmungen ein Anspruch auf Fortzah- lung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall oder Krankengeld oder Übergangsgeld zusteht. a) bei Arbeitsunfall; b) bei ambulanter Behandlung wegen eines während der Arbeitszeit erlittenen Arbeitsunfalls; c) bei Arztbesuch, anlässlich einer während der Arbeitszeit aufgetretenen akuten Erkrankung und wenn der Arzt den Arztbesuch bescheinigt. d) bei amtsärztlich angeordneten Untersuchungen, arbeitsmedizinischen Untersuchungen sowie bei Arztbesuchen anlässlich von Vorsorgeuntersuchungen oder einer notwendigen Spezia- luntersuchung, sofern diese während der Arbeitszeit durchgeführt werden müssen und der Arzt dies bescheinigt. 7. Der Arbeitnehmer oder eine von ihm beauftragte Person hat rechtzeitig bei dem Arbeitgeber oder dessen Vertreter um Arbeitsbefreiung nachzusuchen. Ist dies nicht möglich, so ist spätestens am nächsten Arbeitstag, möglichst bei Arbeitsbeginn, spätestens jedoch bis 12.00 Uhr, der grund der Verhinderung glaubhaft zu machen. Geschieht dies nicht, so entfällt der Anspruch auf Fort- zahlung des Arbeitsentgeltes. 8. Verheiratete Frauen und Arbeitnehmerinnen mit Kindern unter 14 Jahren und eigenem Haus- halt erhalten monatlich einen freien Haushaltstag, der nicht auf den tariflichen Urlaub und das Urlaubsentgelt anzurechnen ist. Sofern im Betrieb nur 5 Tage gearbeitet wird, besteht dieser Anspruch nicht. 9. Stirbt ein Arbeitnehmer nach mehr als zweijähriger Betriebszugehörigkeit, so erhalten Ehe- gatte, Eltern oder Kinder, sofern der Verstorbene zu deren Lebensunterhalt bis zu seinem Able- ben überwiegend beigetragen hat, als Beihilfe zusätzlich einen Monatsverdienst. Die Beihilfe erhöht sich bei neunjähriger Betriebszugehörigkeit oder Tod infolge eines Arbeitsunfalls unab- hängig von der Betriebszugehörigkeit auf zwei Monatsverdienste. Voraussetzung ist die Vorlage einer Steuerkarte des oder der Bezugsberechtigten. Kommen für die Zahlung mehrere Personen in Betracht, so wird die Verpflichtung des Arbeitge- bers durch die Leistung an eine von ihnen erfüllt . Leistungen im Sterbefall aus Lebensversiche- rungen, die der Arbeitgeber freiwillig allein finanziert hat, können angerechnet werden. 229 § 9 Allgemeine Lohn- und Gehaltsbestimmungen 1. Die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen werden in besonderen Tarifverträgen für den gesamten räumlichen und persönlichen Geltungsbereich in zentralen Verhandlungen gere- gelt. Die Tariflöhne bzw. Tarifgehälter sind Mindestentgelte. 2. Entlohnungsgrundsätze, Lohn- und Gehaltsgruppen und deren Abstufungen, Eingruppierun- gen und deren Änderungen, Akkordarbeit, Prämienlohn- und Fließbandarbeit werden in Rah- mentarifverträgen geregelt. Die Entlohnung kann nach den betrieblichen Verhältnissen im Zeitlohn oder Leistungslohn er- folgen. Die Entlohnungsgrundsätze sind, soweit tarifvertragliche Regelungen nicht bestehen, zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat zu vereinbaren. 3. Für Arbeitnehmer mit gesundheitlich bedingter offensichtlicher Minderleistungsfähigkeit, die nicht durch Unfall- oder Kriegsbeschädigung bedingt ist, kann in Abweichung der tariflichen Lohnfestsetzung eine betriebliche Regelung zwischen den am jeweiligen Tarifvertrag beteiligten Tarifparteien erfolgen. 4. Bei der Zahlung des Arbeitsentgelts ist eine Abrechnung auszuhändigen, die das Bruttoentgelt sowie sämtliche Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und sonstige Abzüge ausweist. Bei zuschlagspflichtiger Arbeit ist die Zahl der zuschlagspflichtigen Stunden und die Höhe der Zuschläge ersichtlich zu machen. Die Arbeitnehmer sind verpflichtet, die Unterlagen zur Be- rechnung des Entgelts nach den Anweisungen des Betriebes rechtzeitig und vollständig auszu- füllen. 5. Die Gehaltszahlung für den abgelaufenen Monat erfolgt spätestens am letzten Arbeitstag des Monats. Dem Arbeitnehmer ist auf Verlangen Einsicht in die Berechnungsunterlagen seines Bruttoentgeltes zu geben. Die monatliche Lohnabrechnung muß so vorgenommen werden, dass der Auszahlungsbetrag spätestens am 7. Arbeitstag des folgenden Monats vom Arbeitnehmer verfügbar ist, sofern nicht mit dem Betriebsrat oder in betriebsratslosen Betrieben nach Anhörung der Belegschaft eine andere Regelung getroffen wird oder bereits vorliegt. § 10 Montageregelung 1. Für die Arbeiten außerhalb des Betriebes wird ein Montagezuschlag gezahlt, wenn die Arbeit mehr als 6 Stunden in Anspruch nimmt und mit erkennbaren Mehraufwendungen und Erschwer- nissen (z.B. Arbeiten in kalten und zugigen Bauten oder bei anderen Umweltbelastungen; er- schwertes Heben oder Transportieren von Lasten auf Montagestellen, länger dauernde Überkopf- arbeit, Arbeit auf Gerüsten) verbunden ist. Der Zuschlag beträgt je Stunde 10 % des tariflichen Facharbeiter-Ecklohnes. 2. Für Montagearbeiten in Entfernungen, die ein auswärtiges Übernachten erforderlich machen, wird zur Abgeltung der dadurch entstehenden Mehraufwendungen für jeden vollen Tag der durch die Montagebedingten Abwesenheit vom Betrieb ein Betrag in Höhe von 2,5 Facharbeiter- Ecklöhnen als Taschengeld gezahlt. Hiervon abweichend kann durch Betriebsvereinbarung geregelt werden, dass nur die steuerfreien Pauschbeträge gem. den Lohnsteuer-Richtlinien gezahlt werden. Die notwendigen Aufwendungen für die Übernachtung sind vom Betrieb zu tragen. 230 3. Die Fahrzeit vom Betrieb zur Montagestelle und zurück ist keine Arbeitszeit; sie wird jedoch wie Arbeitszeit ohne irgendwelche Zuschläge vergütet, sofern die einfache Fahrtstrecke dreißig Kilometer nicht unterschreitet. Abweichungen hiervon können betriebsintern geregelt werden. Die Fahrtkosten vom Betrieb zur Montagestelle und zurück werden in Höhe des Tarifes der 2. Klasse der üblichen öffentlichen Verkehrsmittel ersetzt. Benutzt ein Arbeitnehmer ein eigenes Fahrzeug, so erhält er als Vergütung die gleichen Sätze, die bei der Benutzung des sonst in Frage kommenden öffentlichen Verkehrsmittels zu zahlen wären. Die Fahrtkosten von der Wohnung des Arbeitnehmers zur Montagestelle und zurück werden nur insoweit ersetzt, als sie die Kosten der Fahrt von der Wohnung des Arbeitnehmers zum Betrieb übersteigen. Für den Transport zur Montagestelle stellt der Betrieb ein Fahrzeug zur Verfügung. Benutzt ein Arbeitnehmer auf Wunsch des Arbeitgebers ein eigenes Fahrzeug, so erhält er als Vergütung den jeweils steuerlich zulässigen Kilometergeldsatz. 4. Dauert eine Montagearbeit, die ein Übernachten erforderlich macht, länger als zwei Wochen., so steht dem Arbeitnehmer nach jeweils 2 Wochen zum folgenden Wochenende eine Heimreise unter Vergütung der Kosten für die Hin- und Rückfahrt zu. 5. Werden Auszubildende auf Montage beschäftigt, so sind ihnen die tatsächlichen Aufwendun- gen im Rahmen vorstehender Bestimmungen zu ersetzen. 6. Bei Bedarf kann die Arbeitszeit der Monteure nach innerbetrieblichen Regelungen verlängert werden, wenn a) dies aus technischen Gründen, wie im Fertighausbau, notwendig ist und die Nichterledigung das Ergebnis der Arbeit gefährdet oder einen unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Schaden zur Folge haben würde, oder c) in der Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt. § 11 Urlaub 1. Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf einen bezahlten Urlaub. Der Urlaub dient der Erholung und der Erhaltung der Arbeitskraft. Der Urlaubsanspruch ist deshalb grundsätzlich durch Freistellung von der Arbeit zu erfüllen. Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnis- ses erworben. 2. Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. 3. Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Er- werbstätigkeit ausüben. Bei Verstößen gegen diese Bestimmungen entfällt der Anspruch auf das zusätzliche Urlaubsgeld. 4. Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang haben, entgegenstehen. 231 5. Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Zu Beginn des Kalenderjahres soll ein Urlaubsplan auf- gestellt werden. 6. Als Urlaubstage gelten alle Wochentage von Montag bis Freitag, mit Ausnahme der lohnzah- lungspflichtigen Feiertage. 7. Für die Berechnung der Dauer des Urlaubs sind die jeweils zu Beginn des Kalenderjahres bestehenden Umstände maßgebend. Die Urlaubsdauer richtet sich nach dem Lebensalter. 8. Der tarifliche Urlaub beträgt: bis 30 Jahre – 28 Tage bis 40 Jahre – 29 Tage bis 52 Jahre – 30 Tage ab 53 Jahre - 32 Tage 9. Im Laufe des Arbeitsverhältnisses entsteht für jeden vollen Beschäftigungsmonat der Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs, Bruchteile von Urlaubstagen von 0,5 an aufwärts sind auf volle Urlaubstage aufzurunden, Bruchteile darunter entsprechend abzurunden. Im Laufe des Kalenderjahres eintretende oder/und ausscheidende Arbeitnehmer haben Anspruch auf so viele Zwölftel ihres Jahresurlaubs, wie sie in diesem Jahr volle Beschäftigungsmonate in dem Betrieb erreichen. Für Arbeitnehmer, die die Wartezeit von 6 Monaten erfüllt haben, besteht ein Mindestanspruch von 24 Werktagen, wenn sie in der 2. Jahreshälfte ausscheiden. 10. Bei Krankheit kann, wenn die Arbeitsunterbrechung länger als drei Monate im gleichen Ur- laubsjahr dauert, der Urlaub für jeden weiteren angefangenen Monat um 1/12 gekürzt werden, jedoch nicht unter den gesetzlichen Mindestanspruch von 24 Werktagen. Ist die Krankheit die Folge eines Betriebsunfalls oder gehört der Arbeitnehmer dem betrieb länger als 5 Jahre an, so ist der Urlaub in voller Höhe zu gewähren. Bei Aussetzung der Arbeit auf Wunsch des Arbeitnehmers mit Zustimmung des Arbeitgebers, ist der Urlaub für jeden vollen Monat der Arbeitsunterbrechung um 1/12 des Jahresurlaubs bis zur Mindestdauer von 24 Werktagen zu kürzen 11. Bei verschuldeter fristloser Enzlassung oder unberechtigter Auflösung des Arbeitsverhältnis- ses durch den Arbeitnehmer, hat dieser das zuviel erhaltene zusätzliche Urlaubsgeld in jedem Falle zurückzuerstatten. Der Anspruch nach Ziffer 9 bleibt unberührt. 12. Der Anspruch auf Urlaub besteht nicht für Kalendermonate, für die dem Arbeitnehmer bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. 13. der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen. 14. Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet. Nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit kann der Urlaub weiter genommen werden, wenn be- triebliche Erfordernisse nicht entgegenstehen. Der Arbeitnehmer hat jedoch nach Ablauf des vorgesehenen Urlaubs oder – falls die Krankheit darüber hinaus andauert – nach Beendigung der Krankheit zunächst dem Arbeitgeber seine Arbeitsleistung anzubieten und sich mit diesem 232 darüber zu verständigen, in welchem Zeitraum die durch die Krankheit ausgefallenen Urlaubsta- ge nachgeholt werden können. 15. Schwerbehinderte erhalten den gesetzlichen Zusatzurlaub von 5 Arbeitstagen unter Beach- tung der in den vorstehenden Vereinbarungen festgelegten Zwölftelung. 16. Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Kann der Urlaub aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen nicht genommen werden, so ist er auf das erste Quartal des Folgejahres zu übertragen. Der Urlaubsanspruch erlischt zum 31. März des Folgejahres. 17. Eine Abgeltung des Urlaubs ist grundsätzlich nicht erlaubt, es sei denn, dass bei der Auflö- sung des Arbeitsverhältnisses der Urlaub nicht mehr als bezahlte Freizeit gewährt werden kann. 18. Während des Urlaubs ist dem Arbeitnehmer das verstetigte Entgelt fortzuzahlen. Wird kein verstetigtes monatliches Entgelt bezahlt, so stellt die Regelarbeitszeit (/,6 Std./Tag bzw. 38 Std./Woche) die Basis für die Berechnung des Urlaubsgeldes dar. Hierüber hinausgehende Lei- stungen werden hierbei nicht berücksichtigt. 19. Während des Urlaubs der Angestellten ist das monatliche Gehalt weiterzuzahlen. Im übrigen ist die Ziffer 20 entsprechend anzuwenden. 20. Jeder Arbeitnehmer erhält unter der Voraussetzung der § 11 Ziffer 2 jeden Urlaubstag ein zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 55% des Urlaubsentgeltes; ab 01.01.2000 beträgt das zu- sätzliche Urlaubsgeld 45 %. Es ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen. 21. Der Anspruch auf Zahlung des zusätzlichen Urlaubsgeldes ist erst nach einer sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit gegeben. 22. Endet das Arbeitsverhältnis durch Kündigung des Arbeitnehmers oder durch Auflösungsver- trag vor Ablauf des ersten Jahres seiner Betriebszugehörigkeit, so hat er keinen Anspruch auf Zahlung eines zusätzlichen Urlaubsgeldes. 23. Kündigt der der Arbeitnehmer innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Urlaubende sein Arbeitsverhältnis, obwohl er mehr urlaub erhalten hat, als ihm nach Ziffer 10 zusteht, so ist das überzahlte zusätzliche Urlaubsgeld ein Lohn- und Gehaltsvorschuss; dieser kann beim Ausschei- den unter Anwendung der Zwölftelung geltend gemacht werden. Dies gilt nicht für Rentner bei erreichter Altersgrenze. 24. Wird dem Arbeitnehmer auf seinen Wunsch anstelle der Gewährung von Urlaub der über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgehende Urlaub in Geld abgegolten, so entfällt der An- spruch auf zusätzliches Urlaubsgeld für den abgegoltenen Teil des Urlaubs. 25. Für den Zusatzurlaub der Schwerbehinderten besteht kein Anspruch auf zusätzliches Ur- laubsgeld. § 12 Entgeltberechnung bei Lohnfortzahlung Für die Entgeltberechnung im Krankheitsfall sowie bei Feiertagen gelten die jeweiligen gesetzli- chen Regelungen. 233 § 13 Geltendmachung und Verwirkung von Ansprüchen 1. Der Arbeitnehmer ist zur sofortigen Nachprüfung gezahlter Geldbeträge verpflichtet. Stimmen diese nicht überein, so hat der Arbeitnehmer dies sofort dem Auszahlenden zu melden.; später erfolgende Reklamationen werden nicht berücksichtigt. Bei der bargeldlosen Entgeltzahlung sind Reklamationen innerhalb einer Frist von 2 Monaten seit Gutschriftdatum fällig. 2. Einwendungen gegen die rechnerische Richtigkeit der Lohnabrechnung sind nur dann zu be- rücksichtigen, wenn sie spätestens bis zum Ablauf des nächsten Abrechnungszeitraumes vorge- bracht werden. 3. Die Geltendmachung aller gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis so wie seiner Beendigung ist ausgeschlossen, wenn seit Fälligkeit mehr als drei Monate verstrichen sind. Hier- von ausgenommen sind Ansprüche aus unerlaubten Handlungen sowie Arbeitgeberdarlehen. § 14 Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind verpflichtet, die allgemeinen Unfallverhütungsvorschriften zu beachten und für ihre Anwendung Sorge zu tragen. Maßnahmen zur Verhütung von Betriebs- unfällen und Gesundheitsschädigungen, die wegen der Besonderheit der betrieblichen Verhält- nisse erforderlich sind, können durch Betriebsvereinbarung gemäß BetrVG geregelt werden. Die sich aus den allgemeinen Unfallverhütungsvorschriften ergebenden Verpflichtungen der Beteiligten, auch die Pflichten aus § 81 BetrVG und die Pflicht zur Meldung an die Berufsgenos- senschaft, werden dadurch nicht berührt. Die Arbeitsbedingungen sollen so gestaltet sein, dass sie auf Dauer zu keiner gesundheitlichen Beeinträchtigung der Beschäftigten führen. Beim Einsatz von Arbeitsstoffen, Maschinen und Geräten ist Vorsorge darüber zu treffen, dass davon keine Gefahren für Leben und Gesundheit der Beschäftigten ausgehen. Die Tarifvertragsparteien fordern die Beschäftigten und die Arbeitgeber auf, aktiv am Gesund- heits- und Umweltschutz mitzuwirken und alle diesem Ziele dienenden Maßnahmen und Mög- lichkeiten zu nutzen. Für genügend Reinigung, Lüftung, Heizung und trinkbares Wasser in den Arbeitsräumen, für ausreichende Waschgelegenheit, ordnungsgemäße Toiletten und geschützte Kleideraufbewah- rung, für Verbandsmaterial zur ersten Hilfeleistung bei Unfällen, für alle sonstigen gesundheitli- chen Einrichtungen hat der Arbeitgeber zu sorgen. Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sind zu beachten. § 15 Regelungen von Streitigkeiten Bei allen Meinungsverschiedenheiten, die sich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, ist zunächst eine innerbetriebliche Regelung zu suchen. Erst wenn diese Möglichkeit zu keiner Verständigung geführt hat, kann von den streitenden Parteien das Arbeitsgericht angerufen werden. 234 § 16 Schlußbestimmung Dieser Manteltarifvertrag tritt am 01. Juni 1999 in Kraft. Er kann erstmals mit einer Frist von sechs Monaten zum 31. Dezember 2004 gekündigt werden. Die Kündigung hat schriftlich zu erfolgen. Erfolgt Keine Kündigung, verlängert sich der Vertrag um jeweils 6 Monate. Die Vertragsparteien verpflichten sich, noch innerhalb der Kündigungsfrist in Verbindung einzutreten. Gießen, 11 Mai 1999 Landesfachverband Holz und Kunststoff gez. Hermann Wacker Vorsitzender des Ausschusses Sozial- und Tarifpolitik gez. Hermann Hubing Geschäftsführer Christliche Gewerkschaft Deutschlands - Landesverband Hessen – gez. Klaus Weissenbäck Deutscher Handels- und Industrieangestellten-Verband - Landesverband Hessen - gez. Hans-Dieter Schreiner 235 Anhang 2: Linnenkohl/Rauschenberg: Bewertung der Grundmuster Bewertung der Grundmuster Quelle: Linnenkohl, K:/ Rauschenberg, H., Arbeitszeitflexibilisierung, S. 23. Formen beschränkt flexi- bler und flexibler Arbeits- zeit Arbeit- Arbeit- nehmer- geber- orientiert orientiert aus der Sicht der Praxis Neutral Rechtliche Zulässigkeit - Teilzeit + + (TV, BV, AV) - Überarbeit (Überstunden) + + (TV, BV, AV) - Mehrarbeit (aufgrund TV) u. Kurzarbeit + + (TV, BV, AV) - Schichtarbeit + + (ArbZG, TV, BV, AV) _ Umverteilung der Arbeitszeit + ++ + (ArbZG, TV, BV, AV) - „Differenzierte“ als „Göppinger“-Modell + + (TV, BV - Freischicht + ++ + (TV, BV, AV) - GAZ (einfache) ++ + + (ArbZG, TV, BV, AV) - Flexible Altersgrenze ++ + (TV, BV, AV) - GAZ (qualifizierte) ++ + + (ArbZG, TV, BV, AV) - KAPOVAZ + + (BeschFG, TV, BV, AV) - Job Sharing + + (BeschFG, TV, BV, AV) - „Amorphe“ AZ (JAZ, Sabbatical) + + (TV, BV, AV) ArbZG= Arbeitszeitgesetz GAZ = Gleitende Arbeitszeit (Gleitzeit) AV = Arbeitsvertrag JAZ = Jahresarbeitszeit AZO = Arbeitszeitordnung TV= Tarifvertrag BV = Betriebsvereinbarung 236 Anhang 3: Ablaufschema der Einführung (entwickeltes Grundschema auf der Basis der Analyse aus dieser Dissertati- on) a) Analyse der Ausgangslage (Analysephase) a) Ermittlung der gegenwärtig bzw. zukünftig benötigten Betriebszeit anhand eine Lastprofils (Arbeitsanfall) für die einzelnen Betriebsab- teilungen. b) Vergleich dieses Lastprofils mit der tatsächlichen Betriebszeit in der jeweiligen Abteilung. c) Bei Differenzen: Entscheidung über eine Veränderung der Betriebs- zeit hinsichtlich - des Volumens - und/oder der Lage und Verteilung. b) Ermittlung der bedarfsgerechten Arbeitszeitregelung (Statusphase) a) Prüfung, mit welcher Variante der einzelnen Arbeitszeitmodelle die gewünschte Betriebszeit erreicht werden kann. b) Prüfung, ob dieses Ziel mit dem vorhandenen Arbeitszeitvolumen erreichbar ist oder ob ggf. Neueinstellungen oder Umsetzungen er- forderlich sind. c) Entscheidung über die am besten geeignete Arbeitszeitregelung. d)Prüfung des tariflichen und gesetzlichen Arbeitszeitrahmens (für an- gestrebte Regelung). 237 c) Einführung der geplanten Regelung im Betrieb (Implementierungsphase) a) Frühzeitige Information der betroffenen Mitarbeiter und Vorge- setzten über den Inhalt der geplanten Regelung und die persönlichen Konsequenzen. b) Frühzeitige und umfassende Information des Betriebsrates. c) Erneute Überprüfung des gewählten Modells (Abstimmung zwischen den betrieblichen Erfordernissen und den Arbeitszeit- wünschen der Mitarbeiter und des Betriebsrates). d)Verhandlungen mit dem Betriebsrat über den Abschluß einer Betriebsvereinbarung. e) Abschluß einer Betriebsvereinbarung380 f) Überblick über die wichtigsten Regelungspunkte381: aa) Geltungsbereich bb) Dauer der Arbeitszeit (wenn der Tarifvertrag einen Arbeits- zeitkorridor vorsieht mit einer Festlegung der Arbeitsdauer in einer Bandbreite unter- bzw. oberhalb der tariflichen Wochenarbeitszeit). cc) Verteilung der Arbeitszeit (Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen, Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage, Übertragungen und Verrechnung von Zeit- guthaben und -salden, Lage der arbeitsfreien Ausgleichstage, Führen eines Zeitkontos usw.). dd)Allgemeine Grundsätze der Arbeitszeitgestaltung (z.B. Fest- legung grundsätzlicher Ziele, etwa daß die jeweilige Arbeits- zeitregelung eine optimale Nutzung der betrieblichen An- lagen und Einrichtungen - unter Berücksichtigung der Wünsche der Arbeitnehmer - ermöglichen soll; Grundsatzer- klärungen, daß die flexible Arbeitszeitverteilung nicht zu einer ungerechtfertigten Besser- oder Schlechterstellung der 380 Die Punkte b, d und e kommen nur in Betrieben zur Anwendung, in denen ein Betriebsrat vorhanden ist. 381 Bei einer Betriebsvereinbarung ist es notwendig, diese Regelungspunkte schriftlich zu fixie- ren, doch empfiehlt sich diese Vorgehensweise auch bei Ausübung des Weisungsrechtes. 238 betroffenen Arbeitnehmer im Vergleich zu Arbeitnehmern mit gleichmäßig verteilter Arbeitszeit führen darf.). ee) Regelung von Folgeproblemen wie Urlaubsberechnung oder Bezahlung von Fehltagen bei ungleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit. ff) Voraussetzungen für eine - auch kurzfristige - nachträgliche Änderung der vereinbarten Arbeitszeitregelung. gg)Mehrarbeit (soweit der Tarifvertrag dies zuläßt). hh) Inkrafttreten und Kündigung d) Flankierende Maßnahmen (Statikphase) a) Schulung der betroffenen Mitarbeiter im Umgang mit den neuen Arbeitszeitregelungen. b) Schulung der Führungskräfte aller Ebenen. c) Einsatz von Zeiterfassungsgeräten, Einrichtung individueller Zeit- konten; ggf. Entfall der elektronischen Zeiterfassung. d)Regelmäßige Erfolgskontrolle (Kosten-Nutzen-Analyse) der ge- wählten Maßnahmen. 239 Anhang 4: Fragebogen FORSCHUNGSGRUPPE "Industrielle Arbeitsbeziehungen", Universität-Gesamthochschule Kassel in K o o p e r a t i o n mit Landesinnungsverband für das hessische Tischlerhandwerk, Gießen (Regieanweisung mündlich / für Interviewer im Kontakt mit Probanden) (Interviewer: Bitte Probanden kurz einweisen) B i t t e, widmen Sie mir und diesem Fragebogen knapp 40 Minuten Zeit. Sie unterstützen damit nicht nur eine wissenschaftliche Arbeit, sondern helfen vor allen Dingen, Voraussetzungen für praktische Umsetzun- gen im Schreinerhandwerk zu schaffen. Die Teilnahme ist völlig anonym und dient ausschließlich der Auswertung für wissenschaftliche Zwecke und für die zukünftige Erschließung von Tätigkeitsfeldern für diese Handwerksbranche. Sie werden mündlich durch einen eingewiesenen Mitarbeiter in Dialogform befragt - für Sie entsteht somit kein Aufwand für das Ausfüllen etc. Die Teilnahme ist völlig anonym - Rückschlüsse auf bestimmte Firmen sind nicht möglich oder beab- sichtigt. Falls Sie später Rückfragen haben, sprechen Sie Herrn Frank Walter direkt an. Er steht für Sie unter Tel. 0561/40 50 55 zur Verfügung oder ruft schnellstens zurück. 240 (1) Könnten Sie uns bitte sagen, wieviel Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen beschäftigt sind? (Bitte Anzahl eintragen) a) ... im gewerblich-technischen Bereich ....... Personen b) ... im kaufmännischen Bereich ....... Personen (2) Kann man Ihr Unternehmen in eine der folgenden Rubriken einord- nen? (Bitte ankreuzen bzw. eintragen) O Schreinerei mit "klassischem" Angebot / Allrounder O Möbelschreinerei O Bauschreinerei O spezialisiert auf ......................... ....................... ............................ O Wir haben uns ein "zweites Bein" im folgenden Bereich geschaffen ........................ ............................. (3) Wir würden nun gern wissen, ob es in Ihrem Unternehmen (bitte an- kreuzen) eine der folgenden groben Arbeitszeitstrukturen gibt: (Interviewer: nötigenfalls einzelne Elemente erläutern; bzw. Interpretation des Probanden notie- ren) Mehrfachnennung möglich O völlig regelmäßige Arbeitszeiten O schwache saisonale Schwankungen O starke saisonale Schwankungen O Überstunden sind die Ausnahme O Überstunden sind eher die Regel O völlig unregelmäßige Arbeitszeiten O Wochenend-Arbeitszeiten O Saisonarbeiter werden eingesetzt O Sub-Unternehmer werden eingesetzt O Schichtbetrieb 241 (4) Gibt es in Ihrem Betrieb ein Arbeitszeitmodell, welches Sie flexibel auf ihren betrieblichen Bedarf zugeschnitten haben? O Ja O Nein ...Sie haben mit "Ja" geantwortet - könnten Sie das Modell kurz beschreiben? ............................................................... ............................................................... ............................................................... (5) Wir würden gern wissen, welches der folgenden Arbeitszeitmodelle für Ihren Betrieb interessant sein könnten. (Interviewer: Erklärungsbedarf für Probanden!) Bitte bewerten Sie jeweils für "Büro" und "Technik/Produktion" entsprechend der Schulnoten, wobei die "5" für völlig uninteressant und die "1" für absolut interessant steht. (Interviewer: Zahlen nennen las- sen.) Technik/Produktion Büro Teilzeitarbeit ( ) ( ) Überarbeit/Mehrarbeit ( ) ( ) Schichtarbeit ( ) ( ) Freischichten; Freizeit für Mehrarbeit ( ) ( ) einfache Gleitzeit; Dauer liegt täglich fest ( ) ( ) qualifizierte Gleitzeit; täglich flexibel ( ) ( ) flexible Altersgrenzen ( ) ( ) Anpassung an den Arbeitsanfall durch Betrieb ( ) ( ) Job Sharing; Arbeitsplatz teilen ( ) ( ) amorphe Arbeitszeit; z.B. Monats- od. Jahresarbeitszeit ( ) ( ) selbstbestimmt außerhalb des Betriebes ( ) ( ) (Interviewer: weitere Spezialbegriffe aus der Literatur abfragen, die später subsumiert werden; erläu- tern!) Baukastensystem/Cafeteria-System ( ) ( ) Bandbreiten-Modell ( ) ( ) Zeit-Lohn-Optionen ( ) ( ) Temporärarbeit ( ) ( ) Tele- oder Heimarbeit ( ) ( ) Sabbatical Leave-Modell ( ) ( ) Gruppenarbeitszeitmodell ( ) ( ) 242 (offene Frage) Gibt es Ihrer Meinung / Erfahrung nach deutliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen, der Einstellung von Flexiblen Arbeitsplatzsystemen gegenüber in ihrer Branche. Wenn ja, wel- che? ................................................................................................. ................................................................................................. (Interviewer: Wir gehen davon aus, daß im handwerklichen Betrieb Frauen im Produktionsbereich eine nicht darzustellende Minderheit - im Sinne des Forschungsprojektes - darstellen. Nötigenfalls nachha- ken, ob Flexible Arbeitszeitsysteme im Büro die Priorität bzgl. Frauen darstellen.) (6) Könnten Sie uns nun bitte sagen, wie zufrieden bzw. unzufrieden Sie mit den folgenden Bereichen sind ? Kreuzen Sie entsprechend dem Schulnotensystem an, wobei 1 für sehr gut/sehr zufrieden und 5 für mangelhaft/sehr unzufrieden steht. <--------------> 1 2 3 4 5 Arbeitszeitregelungen allgemein O O O O O Möglichkeiten Samstagsarbeit O O O O O Möglichkeiten Überstunden O O O O O Bestimmungen Freizeitausgleich O O O O O Nachtarbeit O O O O O Zuschlagswesen Mehrarbeit O O O O O Dauer des Jahresurlaubs O O O O O Arbeitszeiten individuell abstimmen O O O O O Möglichkeit Jahresarbeitszeit O O O O O Tarifvertragsregelungen allgemein O O O O O (7) Wagen Sie nun bitte eine Prognose. Glauben Sie daß zukünftig die Arbeitszeiten von starren Regelungen entkoppelt werden, um den Markt besser bedienen zu können? O JA, unbedingt O NEIN, nicht nötig 243 (8) Eine weitere Prognose: Wie werden Ihre Mitarbeiter/innen reagieren, wenn Flexiblere Arbeitszeiten in den Betrieben eingeführt werden und dabei - das ist wichtig - die Arbeitnehmer einen gewissen Teil an "Zeitsouveränität" erhalten (Interviewer: abfragen und bitte ankreuzen): O ... allgemein positive Einstellung O ... differenzierte, unentschiedene Einstellung O ... allgemein negative Einstellung (9) Welche Ihrer Beschäftigten, glauben Sie, stehen flexiblen Arbeitszeiten eher positiv, bzw. eher negativ gegenüber? (bitte ankreuzen) eher positiv gleichgültig eher negativ ungelernte Arbeiter/in O O O angelernte Arbeiter/in O O O Facharbeiter/in - Geselle O O O Vorarbeiter/in - Meister/in O O O einfache/r Angestellte/r O O O mittlere/r Angestellte/r O O O leitende/r Angestellte/r O O O (10) An welcher "Stelle" haben flexible Regelungen besondere Bedeutung ? (Bitte ankreuzen/Mehrfachnennungen möglich) O Vormittags O Nachmittags O Abends O Nachts O Samstags O Sonntags 244 (11) Uns interessiert folgendes: Glauben Sie, daß durch eine Flexibilisierung starrer Arbeitszeitstrukturen ... (bitte ankreuzen, wenn gewünscht mehrfach) ... O der eigene Betrieb Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz erarbeiten könnte? ... O die Branche höhere Renditen erwirtschaften könnte? ... O die Zufriedenheit der Arbeitnehmer gesteigert würde? ... O keine Auswirkungen auf Wettbewerbsstrukturen zu erwarten sind? ... O keine Auswirkungen auf den Zufriedenheitsgrad der Mitarbeiter zu erwarten sind? (12) Könnten Sie nun bitte mit Blick auf Ihre Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter folgende Aussagen bewerten ? Die Aussage ist ... falsch//eher falsch//eher rich- tig//richtig Der Wunsch nach den schönen Dingen des Lebens wird immer stärker O O O O Das Netz der sozialen Beziehungen ist heute wichtiger geworden O O O O Früher stand materielles Wohlergehen im Vordergrund O O O O Freizeit wird interessanter als Arbeit empfunden O O O O Alte Arbeitstugenden, wie Fleiß, Ehrgeiz, sind bei der jungen Generation im Kommen O O O O Geld reicht als Leistungsanreiz nicht allein aus O O O O Starre Arbeitszeiten stehen dem Drang nach Individualität entgegen O O O O Arbeit kann so gestaltet werden, daß 245 mehr 'Fun'statt 'Fron'realisiert wird O O O O Ein Großteil der Arbeitnehmer ist mit den bisherigen Arbeitszeitregelungen unzufrieden O O O O Kürzere Arbeitszeiten würden angenommen, auch wenn weniger verdient würde O O O O Man kann sich leichter in der Freizeit als am Arbeitsplatz verwirklichen O O O O (13) Was glauben Sie, welcher der fünf Faktoren für die Motivation ihrer Mitarbeiter zukünftig am bedeutendsten ist? Vergeben Sie bitte für den Wichtigsten 5 Punkte, für den am wenigsten wichtigsten 1 Punkt. Mehr Geld .... Punkte Höheres Ansehen ...... Punkte Weniger Arbeiten ...... Punkte Zeit freier einteilen ...... Punkte Mehr Sinn geben ...... Punkte (14 ) Könnten Sie nun bitte bewerten, wie ihre Mitarbeiter (nicht Büro und Organisation) den jetzigen Arbeitsplatz und typische Belastungssitua- tionen eher einstufen? (1=sehr gut / keine Belastung /// 5=sehr schlecht / starke Belastung) <--------> 1 2 3 4 5 Körperliche Anstrengung O O O O O Nervliche Belastung O O O O O Zu Hektisch O O O O O Zu viel Routine O O O O O Schmutz, Staub O O O O O Hitze, Nässe O O O O O Lärm O O O O O Unfallgefahr O O O O O Schlechte Arbeitsorganisation O O O O O Arbeitszeit allgemein O O O O O Unregelmäßige Arbeitszeit O O O O O Zu unflexible Arbeitszeiten O O O O O Zu wenig Kontakt zum Chef O O O O O 246 Zu wenig Kollegenkontakt O O O O O Arbeitsplatzsicherheit O O O O O Fortbildungschancen O O O O O Zu wenig Geld O O O O O Sonstiges O O O O O (15) Zeit ist Geld. Wenn die produktive Arbeit von Mensch und Maschine stillsteht ist dies schlecht für die wirtschaftliche Entwicklung. In welchen Feldern müssen Sie derzeit als Unternehmensleiter ver- stärkt unproduktive Zeit investieren ? Bitte kreuzen Sie an, wie stark und Ihr Engagement dort ist. (5=belastend / 1=problemlos) 5 4 3 2 1 Motivation der Mitarbeiter O O O O O Begründungsbedarf O O O O O Fort- und Weiterbildung O O O O O Kundenberatungen O O O O O Reklamationen O O O O O Mitarbeiter akquirieren O O O O O Personalarbeit allgemein O O O O O Organisation allgemein O O O O O (16 ) Uns interessiert, wie es um Sie persönlich bestellt ist. Sind Sie der Mei- nung, daß Ihre persönliche Belastung durch die Arbeit ... (Bitte ankreuzen) ... O ... zugenommen hat O ... gleichgeblieben O ... geringer geworden. Falls Sie jetzt "zugenommen" geantwortet haben, sagen Sie uns bitte den Hauptgrund dafür (bitte ein- tragen): ...................................... 247 (17) Bei der Organisation von Mehrarbeit im Betrieb - welche Erfahrungen haben Sie mit Ihren Mitarbeitern gemacht? (Bitte ankreuzen/Mehrfachnennungen möglich) O ... eher unproblematisch O ... eher problematisch O ... zunehmend problematischer O ... der Zusatzverdienst lockt O ... der Freizeitausgleich lockt O ... die zwingende Lage der Firma motiviert O ... die Lage der Firma ist ziemlich egal (18) Ist die Zahl der Mehrarbeit/Überstunden in Ihrem Unternehmen ge- genüber 1990 (bitte ankreuzen) O ... stark gestiegen O ... gestiegen O ... in etwa gleich geblieben O ... zurückgegangen. Falls Sie eben "stark gestiegen" geantwortet haben, können Sie den %-Wert angeben? ... gestiegen um circa ...... %. (19) Der Druck auf uns ist in fast allen Wirtschaftszweigen gestiegen. Wie ist das nun bei Ihnen persönlich? <--------> 1 2 3 4 5 Körperliche Anstrengung O O O O O Nervliche Belastung O O O O O Zu Hektisch O O O O O Zu viel Routine O O O O O Schmutz, Staub O O O O O Hitze, Nässe O O O O O 248 Lärm O O O O O Unfallgefahr O O O O O Schlechte Arbeitsorganisation O O O O O Arbeitszeit allgemein O O O O O Unregelmäßige Arbeitszeit O O O O O Zu unflexible Arbeitszeiten O O O O O Zu wenig Kontakt zum Mitarbeiter O O O O O Zu wenig Kooperation O O O O O Arbeitsplatzsicherheit O O O O O Fortbildungschancen O O O O O Zu wenig Gewinn O O O O O Sonstiges O O O O O (20) Und zum Schluß hätten wir gern noch einige Informationen. (Bitte ankreuzen) Sind Sie O Inhaber des Unternehmens ? O in der Geschäftsführung tätig ? O in anderer Funktion beschäftigt? Sind Sie O männlich O weiblich Wie alt sind Sie? O bis 25 Jahre O 26-35 Jahre O 36-45 Jahre O 46-55 Jahre O über 55 Jahre VIELEN DANK FÜR IHRE UNTERSTÜTZUNG. Interviewer: Name und Adresse des Probanden - falls gewünscht - auf Karte eintragen. Trotz anonymer Befragung (noch einmal darauf hinweisen!) kann der Proband somit eine Kurzfassung der Ergebnisse erhalten. 249 Anhang 5: Muster einer Betriebsvereinbarung aus der Praxis Die folgende Betriebsvereinbarung (Grundschema) wurde für die Praxis entwik- kelt. 1. Die nachstehende Arbeitszeitregelung erfolgt in Anlehnung an den MTV für das holz- und kunststoffverarbeitende Handwerk nach vorheriger Anhörung der Belegschaft. 2. Die betriebsübliche Arbeitszeit beträgt wöchentlich XX Stunden. Auf der Basis der wöchentlichen Arbeitszeit wird ein verstetigter Monatslohn gezahlt. Die Berechnung erfolgt nach den Normalstunden (tarifliche Arbeitszeit) mit dem vereinbarten Stundenlohn. 3. Abweichend von der der Berechnung zugrunde gelegten betriebsüblichen Ar- beitszeit von XX Stunden/Woche wird ab dem XX.XX.XX die tatsächlich zu leistende Arbeitszeit flexibel gestaltet. a) In den Monaten Juli bis Dezember wird eine wöchentliche Arbeitszeit von XX Stunden vereinbart. b) In den Monaten Januar bis Juni wird eine wöchentliche Arbeitszeit von XX Stunden vereinbart. c) Die Mehrarbeit ab der XX. Stunde in dem Zeitraum von Juli bis Dezember des Jahres ist keine zuschlagpflichtige Mehrarbeit, sondern Ausgleichs- arbeitszeit. d) Die Ausgleichsarbeitsstunden werden gesondert erfaßt neben den Nor- malstunden und zuschlagspflichtigen Überstunden. 250 Rechnerisch ermitteln sich durch die im Zeitraum Juli bis Dezember des Jahres geleistete Ausgleichsarbeit XX Freistunden. 4. Die Freischichten werden in der Regel im Ausgleichszeitraum der Monate Janu- ar bis Juni des Jahres gewährt. Die Firma XX behält sich darüber hinaus vor, mit einer Vorlaufzeit von einem Monat der Ankündigung Freischichten anzuordnen. 5. Der Urlaubsanspruch beträgt XX Tage. Die Urlaubsgewährung pro Urlaubstag erfolgt mit der Berechnung von X,X Stunden pro Urlaubstag. Die Urlaubsgewährung erfolgt vorrangig vor der Freistellung durch Arbeits- zeitausgleich durch Freischicht. 6. Im Krankheitsfall gilt das tarifliche/gesetzliche Ausfallprinzip. Zugrunde gelegt wird hierbei die betriebsübliche Arbeitszeit von XX Stunden/Woche und der hiernach berechnete verstetigte Monatslohn. 7. Bei Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Betrieb erfolgt eine Verrechnung der Ausgleichsarbeitsstunden. Der Mitarbeiter stimmt dieser Verrechnung zu. a) Bereits geleistete Ausgleichsarbeitsstunden werden mit dem vereinbarten Stundenlohn berechnet und ausgezahlt. b) Eine Überzahlung durch den verstetigten Monatslohn mit noch nicht gelei- steten Ausgleichsstunden wird mit der letzten Lohnabrechnung verrechnet. Auf Wunsch des Mitarbeiters kann eine Verrechnung mit restlichen Urlaub- sansprüchen erfolgen. 8. Die Vereinbarung der flexiblen Arbeitszeitgestaltung wird zunächst befristet auf ein Jahr getroffen. Ohne gesonderte Kündigung endet diese damit zum XX.XX.XX. 9. Wird die Arbeitszeitregelung über diesen Zeitpunkt hinaus durchgeführt, so verlängert sich die Vereinbarung jeweils um ein Jahr. 251 10.Der Arbeitnehmer erhält das Recht, seine Zusage zu widerrufen bzw. Teile die- ser BV abzuändern. Änderungen oder Widerrufe sind mit dem Vertragspartner schriftlich zu vereinbaren. Firma Betriebsrat/Mitarbeiter 252 I. Literaturverzeichnis Adam, K., „Aber Gleichheit ist die Größte unter ihnen, Demokratie und Markt- wirtschaft, ein schwieriges Verhältnis“, F.A.Z.. Nr. 3 (4.1.1997), Bilder und Zei- ten, S. 1. Adomeit, K., Regelung von Arbeitsbedingungen und ökonomische Notwendigkeit, München/Landsberg 1996. Adomeit, K., Das Arbeitsrecht und unsere wirtschaftspolitische Zukunft, Berlin 1995. AGV Metall Nordhessen (Hrsg.), „Wettbewerbsfähigkeit schafft Arbeitsplätze“, Blitzlicht, Aktuelles zur öffentlichen Diskussion, 7 Jhrg. 12/96, S. 2. Allensbacher Archiv (Hrsg.), IFD-Umfrage Nr. 253, Allensbach August 1962. Allensbacher Archiv (Hrsg.), IFD-Umfrage Nr. 2029, Allensbach Juni 1967. Allensbacher Archiv (Hrsg.), IFD-Umfrage Nr. 3018, Allensbach Au- gust/September 1975. Allensbacher Archiv (Hrsg.), IFD-Umfrage Nr. 3056, Allensbach April 1978. Allensbacher Archiv (Hrsg.), IFD-Umfrage Nr. 4051, Allensbach Dezember 1984. Allensbacher Archiv (Hrsg.), IFD-Umfrage Nr. 4085/II, Allensbach Januar 1987. Allensbacher Archiv (Hrsg.), IFD-Umfrage Nr. 5032, Allensbach März 1992. Allensbacher Archiv (Hrsg.), IFD-Umfrage Nr. 5045, Allensbach 1992. 253 Allensbacher Archiv (Hrsg.), IFD-Umfrage Nr. 5094, Allensbach April/Mai 1994. Ammelburg, G., Die Unternehmenszukunft, Freiburg 1987. Andritzky, M., „Neuer Manteltarifvertrag in der Süßwarenindustrie“, NZA (1994), S. 1069-1071. Anzinger, R., „Neues Arbeitszeitgesetz in Kraft getreten“, Betriebs-Berater (1994), S. 1492-1498. Arbeitsgemeinschaft der hessischen Handwerkskammern (Hrsg.), Handwerks-Info Nr. 4, Wiesbaden Januar 1996 ArbG, Hamburg 4.12.1995- 21 Ca 290/95 = BB 1996, 1668. Arbeitsgericht Marburg, „Pressemitteilung vom 7.8.1996 - IBV 6/96 7.8.1996 - 1 BV 10/96“. ASU, „Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband und die Regelung lohn- und tarif- politischer Fragen“ (Umfrage), Markt und Mittelstand 5/96 (1996), S. 10. Atteslander, P., Methoden der empirischen Sozialforschung, 13. Aufl., Berlin, 1985. Auffahrt, F., „Die Betriebsverfassung“, Trend (1990), Backhaus, K., „Erfolgreich am Markt“, Vortragsveranstaltung des Unternehmer- forums des AGV Metall Nordhessen, AGB (Hrsg.), Jahresbericht 1991, Kassel 1992. BAG AZ 4 AZR 129/96. 254 Baring, A., Scheitert Deutschland?, Stuttgart 1987. BDA (Hrsg.), Flexible Teilzeitarbeit, Köln 1987. Becker, J., Marketing-Konzeption, München 1992. Bellgardt, P., „Durch flexible Arbeitszeiten die Produktivität steigern,“ Blick durch die Wirtschaft (8.1.1992), S. 1. Bellgardt, P., Flexible Arbeitszeitsysteme, Entwicklung und Einführung, Arbeits- hefte Personalwesen, Heidelberg, 1987, S.73ff. Berger, R., „Zur Zukunft der Arbeit in Deutschland“, Vortrag, CDU- Landesparteitag, Stadthalle Kassel, 16.06.1996. Berndt, R., Marketing, Bd. 2 Marketing-Politik, Berlin 1990. Beschlüsse des Arbeitsgerichtes, IBV 6/96 vom 7/8/96, 1BV 10/96 Bergdolt, G., „Flexibel auf die Anforderungen des Marktes reagieren, Neue Ar- beitszeitmodelle“, Deutsche Handwerkszeitung (DHZ) 22 (22.11.1996), S. 16. Bissinger, M., Stimmen gegen den Stillstand, Herzogs Berliner Rede und 33 Ant- worten, Hamburg 1997. Bode, R., Nimm zuerst ein kleines Boot, München 1997. Bott, Peterson, Whatley, Lernbuch Marketing, München 1981. Brickenstein, W.J., „Menschen-Leben-Aktionen“, Profil mit Profilen, Hrsg. Brüg- mann/Mitarbeiter, Papenburg/Ems 1993. 255 Brokmann, Bullinger, Burkhart et al., Arbeitsgestaltung in Produktion und Ver- waltung, Schriftenreihe des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaften, Köln 1989. Bronner, R., „Zielbildung“, Neske/Wiener (Hrsg.), Management-Lexikon, Gerns- bach 1985, S. 1678. Brox, H., Arbeitsrecht, 10. Aufl., Stuttgart 1991. Bubb, v. Eiff (Hrsg.), Innovative Arbeitssystemgestaltung, Köln 1992. Bühner, R., „Partnerschaft statt Aufsicht“, Zeit-Management Nr. 6, Blick durch die Wirtschaft (2.7.1991). Bundesanzeiger-Verlagsgesellschaft (Hrsg.), Bundestagsdrucksache Az-12/5888, Bonn 1994. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Teilzeitarbeit, 2. Aufl., Bonn 1988. Bundesverband des holz- u. kunststoffverarbeitenden Handwerks (Hrsg.), Betrieb- liche Praxis, Jahrbuch 1996 für das deutsche Tischler- und Schreinerhandwerk, Wiesbaden 1996. Bundesverband HKH (Hrsg.), Tischlerhandwerk Aktuell, Die wirtschaftliche Lage, Wiesbaden 1995. Chmielewski, G.H., Marketing für Handwerksbetriebe, Bad Wörishofen 1986. Comté-Sponville, A., Ermutigung zum unzeitgemäßen Leben, Hamburg 1996. Corwin, R. D., „Formen des organisatorischen Konflikts“, Organisationstheorie 1, Stuttgart 1975, S. 248-267. 256 Däubler, Kittner, Klebe, Betriebsverfassungsgesetz, 5. Aufl., Köln 1996. Dahlmanns, G., „Mehr Markt für den sogenannten Arbeitsmarkt“, F.A.Z. (04.06.1996), S. 17. Dahrendorf, R., Die Chancen der Krise, Stuttgart 1983. Daniels, A., „Tarifverträge im Härtetest“, Die Zeit 34 (1996), Seite 15. Daniels, A., „Jeder kämpft für sich allein“, Die Zeit, Nr. 23 (31.5.1996), Seite 22. Davidson, Davis, Vision 2020, Wie Unternehmen die Zukunft gestalten, Freiburg 1992. Deelen v., H., Kostenoptimale Arbeitszeiten und Betriebszeiten, Grundlagen und Praxis der Personalwirtschaft, Bd. 1, 1987. Dettling, W., „Was heißt Solidarität heute? Mehr Geben als Nehmen, Wo immer die Balance zwischen Religion und Wirtschaft verlorengeht, beginnt der Weg in die Knechtschaft“, Die Zeit Nr. 1/97 (27.12.1996), S. 1. Deutsche Bundesbank (Hrsg.), Entwicklung der Ausgaben für Sozialhilfe, Frank- furt/Main, April 1996. Deutscher Bundestag, „Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung und Flexi- bilisierung des Arbeitszeitrechts (Arbeitszeitrechtsgesetz - ArbZRG)“, Bundes- tagsdrucksache 12/5888, 13.10.93. Deutsche Genossenschaftsbank, „Mittelstandsumfrage“, F.A.Z. (5.12.1996), S. 21. Dichtl, E, Der Weg zum Käufer, München 1987. 257 Dieckhoff, K., „Flexibilisierung der Arbeitszeit“, Wirtschaft und Produktivität 7/8 (1997), Eschborn 1997, S. 3. Dobberahn, P., Das neue Arbeitszeitgesetz, München 1994. Domsch, M. E., „Teilzeitarbeit für Führungskräfte“, Personalführung 1/95, S. 37. Drechsler, Hilligen, Neumann, Gesellschaft und Staat, 5. Aufl., Baden-Baden, 1979. Dresdner Bank, „Kennziffern: Arbeitslose in Deutschland“, Frankfurt 1996. Dresdner Bank AG, „Trends spezial“, Frankfurt/M., März 1998, S. 22-24. Dütz, W., Arbeitsrecht, 2. Aufl., München 1994. Dufner, W., An der Straße von Malakka, Ein Botschafter erlebt Singapur, Brunei und Malaysia, Frankfurt/Main 1996. Dunsch, J., „Das Unternehmergespräch, Der Metall-Abschluß, Niedersachsen kam zu schnell“, F.A.Z. Nr. 299 (23.12.1996), S. 15. Ehren, H., „Deutschland steht erst am Anfang seines Abschwungs“, F.A.Z. (16.11.1993). Ederer, G. P., Das Erbe der Egoisten, München 1995. Erhard, L., Wohlstand für Alle, akt. Neuausgabe, Düsseldorf 1990. Erasmy, W., „Ausgewählte Rechtsfragen zum neuen Arbeitszeitrecht“, NZA (1995), S. 97-103. 258 Erasmy, W., „Ausgewählte Rechtsfragen zum neuen Arbeitszeitrecht“, NZA (1994), S. 1105-1111. Ergenzinger, R., Arbeitszeitflexibilisierung, Konsequenzen für das Management, Bern 1993. Europäische Gemeinschaft (Hrsg.), Neugefaßter Entwurf für eine Richtlinie des Rates der EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, Brüssel 1991. Eurostat, Atlas der Teilzeitarbeit, 1994. Faix, Laier, Soziale Kompetenz, Beiträge 151, Köln 1989. Fiedler-Winter, R., Flexible Arbeitszeiten, Beispiele aus der Praxis, Landsberg 1995. Fischer, P., „Hochverrat an der sozialen Marktwirtschaft“, Markt + Mittelstand, 11/96, Würzburg 1996, S. 20. Fitting, Auffarth, Kaiser, Heither, Betriebsverfassungsgesetz, 17. neubearb. Aufl., München 1992. Flassbeck, M., „Und die Spielregeln für die Lohnpolitik in einer Währungsunion?“, Frankfurter Rundschau Nr. 253 (31.10.1997), S. 12. Fox, M., Revolution der Arbeit, damit alle sinnvoll leben und arbeiten können, Kö- sel, 1996. Freese, G., „Klassenkampf paradox“, Die Zeit Nr. 19 (03.05.1996), Seite 17. Friedrichs, J., Methoden empirischer Sozialforschung, 13. Aufl., Opladen 1985. Galperin, Löwisch, Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, Bd. I, II, 6. neu- bearb. u. erw. Aufl., Heidelberg 1992. 259 Gaugler, E., „Widerstände gegen Innovationen“, Personal 38/86 (1986), S. 221. Gaul, D., Das Arbeitsrecht im Betrieb, 8. vollst. neubearb. Aufl., Heidelberg 1986. Geermann, R.: „Festrede 25-Jahrfeier Gütegemeinschaften Fenster + Haustüren“, Frankfurt/M.( 22.2.1994). Gerth, E. (Hrsg.), Auseinandersetzung mit der Zukunft, Göttingen 1982. Gesamtmetall (Hrsg.), Bewegliche Zeitgestaltung im Betrieb, , Köln 1987. Gesamtmetall (Hrsg.), Arbeitsbedingungen in der westeuropäischen Metall- und Elektroindustrie, Köln 1992. Gesamtmetall (Hrsg.), Neue Erfahrungen mit beweglichen Arbeitszeiten, Köln 1988. Gewerbeförderungsausschuß der HWK (Hrsg.), Gewerbeförderungskonzept für die 90er Jahre, Kassel 1988, S. 79. Goldschmeding, F., „Die Einstellungsregeln in Deutschland sind zu starr“, F.A.Z (03.06.1996), S. 17. Gouillart, F.J., Kelly, J.N., Business Transformation, Wien 1995. Gourgé, K., „Wenig Arbeit, viel zu tun: Beschäftigungskrise in Deutschland“, Fi- nanzspektrum 4/96 (1996), Hrsg. Dresdner Bank, Frankfurt/Main 1996, S. 4. Graf, A., „Arbeitszeitflexibilisierung darf keine reine Kapazitätsanpassung sein“, Zeit-Management Nr. 11, Blick durch die Wirtschaft (30.7.1991) 260 Greiffenberger, H., „Arbeitszeitmodelle“, Blick durch die Wirtschaft (28.02.1996), S. 1. Greiffenberger, H., „Wider die Diktatur der Verbände“, Markt und Mittelstand 5/96 (1996), S. 36. Gress, Mahl, Strasser, Franke (Hrsg.), Die Handwerksfibel, 32. überarb. Aufl., Bad Wörishofen 1992. Grotmann-Höfling, G., Arbeitsfreie Zeiten, Mainz 1990. Grotmann-Höfling, G., „Strukturanalyse des arbeitsgerichtlichen Rechtsschutzes“, Europäische Hochschulschriften, Reihe II, Rechtswissenschaft, Bd. 1827, Frank- furt/M. 1995, S. 169. Hahn, Taylor (Hrsg.), Strategische Unternehmensplanung, Strategische Unter- nehmensführung, 6. akt. Ausg., Heidelberg 1992. Halbach, Mertens, Schwedes, Wlozke, Das Recht der Arbeit, 3. Aufl., Bonn 1989. Hamel, Prohalad, Wettlauf um die Zukunft, Wien 1995. Hamer, E., „Fehlzeiten - Herausforderungen für die Unternehmensführung“, Blick durch die Wirtschaft (12.11.1991). Hamer, E.: „Die Allgemeinverbindlichkeit muß auf dem Prüfstand“, F.A.Z. Nr. 234, (08.10.1996), S. 19. Hank, R., „Kampf um den Samstag“, F.A.Z. (21.08.1995), S. 1. Harbusch, P, Wohlfahrtsstaat, Frankfurt 1975. Hartz, P., Jeder Arbeitsplatz hat ein Gesicht, Frankfurt/M. 1994 261 Hartz, P., „Hast Du noch Arbeit?“, Die Woche (10.2.1994), Hamburg 1994, S. 12. Hegener, Heim, Kramer, van Bruggen, Bewegliche Zeitgestaltung- Warum?, Hrsg. Gesamtmetall, Köln 1989. Hegner, Bittelmeyer, et al., Erfolgsfaktor Zeit, Köln 1995. Hegner, Bittelmeyer et al., Betriebliche Zeitgestaltung für die Zukunft, Köln 1992, Hegner, Kleibs, Rationelle Zeitgestaltung im Betrieb, Köln 1995. Heidelberger Club für Wirtschaft und Kultur e.V. (Hrsg.), Sozialfall Sozialstaat. Wie sicher ist unsere soziale Sicherung?, Münster/Hamburg 1996 Heinemann, H., Das kollektive Arbeitsrecht in der Europäischen Gemeinschaft, Berlin 1992. Heller, M., „Da hat eine Revolution stattgefunden, Die Daimler-Benz- Beschäftigten und ihr Selbstverständnis heute“, F.A.Z. Nr. 274 (23.11.1996), Men- schen und Wirtschaft, S. 15. Henckel, D. (Hrsg.), „Arbeitszeit, Betriebszeit, Freizeit - Auswirkungen auf die Raumentwicklung“, Schriftenreihe des Deutschen Instituts für Urbanistik, Bd. 80, Stuttgart 1991. Hentze, J., „Akzeptanzprobleme bei der Implementierung von Planungssystemen“, Das Wirtschaftsstudium 128 (1987), S. 24. Hermani, G., „Mit flexibler Arbeitszeit macht Mutti Karriere, Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Teil III)“,F.A.Z. Nr. 292 (14.12.1996), Beruf und Chance, S. 49. 262 Herzog, R., „Die Industrialisierung und das politische System in Deutschland“, Texte zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, Bd. 8, Hrsg. PAW Nordhessen, Kassel 1990. Hewlett-Packard, Geschäftsbericht 1991, S. 16. Hilf, H., Systematik der Arbeitswissenschaft. Arbeit und Leistung 26, 1972, S. 49- 54 (Teil I), S. 85-90 (Teil II). Hinterhuber, H.H., „Vom Machen zum Dienen“, IBM-Nachrichten 41 (1991), Heft 306, S. 11. Hinterhuber, H. H., Strategische Unternehmensführung, Strategisches Denken, Bd. I, 5. Aufl., Berlin 1992. HKH Gießen (Hrsg.), Manteltarifvertrag (MTV) für das holz- und kunststoffver- arbeitende Handwerk Hessen, Gießen 1992. Höhler, G., „Schlanker oder magerer Staat?“, Mobil 3 (1997), Berlin 1997, S. 9. Hromodka, W., „Weniger Arbeit - mehr Arbeitstage, Der Wertewandel der Gesell- schaft stellt das Arbeitsrecht vor neue Anforderungen“, BddW, Zeitmanagement (14), Nr. 159 (20.8.1991), S. 7. Hufnagl, A., „Ein gravierender Umbruch hat begonnen - Stirbt Deutschlands In- dustrie“, Referate zur Gesellschafterversammlung, Heft Nr. 1, Hrsg. PLANIN- VEST, Kassel 1996, S. 21. Institut der Deutschen Wirtschaft, „Arbeitszeitkennziffern“, Die Welt (18.4.1996). Jagoda, B., „Arbeits- und Berufswelt im Umbruch, Sieben Megatrends zur Zukunft des Arbeitsmarktes“, F.A.Z. Nr. 26 (16.11.1996), S. B1. 263 Jaspert, F., Marketing, München 1988, S. 17 Jeske, J., Unsere Zukunft liegt im Standort Deutschland“, Standort Deutschland - Standort Europa? (Hrsg.) Verband Fenster und Fassade e.V. (Jahresbericht), Frankfurt/M 1996, S. 41. Joffe, J., „Was wir von Amerika lernen können“, New World 4 (1997), München 1997, S. 82. Kador, Diergarten, Innovationen im Unternehmen gestalten, Personalpolitische Instrumente für technische und organisatorische Veränderungen, Köln 1990. Kerber/Schmieder (Hrsg.), Handbuch Soziologie, Hamburg 1984. Kernig, C. D., „Welttrend 2000, Politische, ökonomische und ökologische Zu- kunftsperspektiven“, Rosenheimer Fenstertage 1996, Tagungsband, Rosenheim 1996, S. 7. Kiam, V., Unternehmergeist, Die Quelle dauerhaften Erfolges, Landsberg 1987. Kießler, O., „New Work - Die Zukunft der Arbeit“, Vortrag auf den Kasseler Mil- leniumtagen, veröffentlicht in: „Gegen die neudeutsche Verzagtheit“, HNA Nr. 201 (1997), Kassel 1997, S. 4. Kießler, Kittner, Nagel (Hrsg.), Unternehmensverfassung, Recht und BWL (Ta- gungsband), Evangelische Akademie, Hofgeismar 1983. Kilz, Reh, Innovative Arbeitszeitsysteme, Ein Handbuch für die Praxis, Berlin 1996. Kilz, G. und Reh, D., „Arbeitsrecht - Offene Fragen beizeiten beantworten“, Wirt- schaft Nordhessen 10/96 (1996), S. 21. 264 Kilz, Reh, Innovative Arbeitszeitsysteme nach dem neuen Arbeitszeitrecht, Ein Handbuch für die Praxis, Berlin 1996. Kilz, Reh, Die Neugestaltung der Arbeitszeit als Gegenstand des betrieblichen In- novationsmanagements, Baden-Baden 1996. Kittner, Michael, Arbeits- und Sozialordnung, 17. Aufl., 1992. Klimecki, Probst, Gmür, „Flexibilisierungsmanagement“, Die Orientierung, Bd. 102, Bern 1993, S. 62. Klös, Kroker, „Arbeitsmarktperformance und Arbeitsmarktverfassung“, JW- Trends 2 (1996), Köln 1996, S. 1-23. Knitter, H., „Fit für den Wettbewerb“, Dokumente der Luft- und Raum- fahrtindustrie, 11/96, S. 12; Koschnick, W.J., Standard-Lexikon für Marketing, Marktkommunikation, Markt- und Mediaforschung, 1. Aufl., München 1987. Kotler, P., Marketing-Management, 4. völlig neu überarb. Aufl., Stuttgart, 1982. Kriz, J., Methodenkritik empirischer Sozialforschung, Stuttgart, 1983. Lambrecht, A., „Europa auf Jobsuche“, Die Woche 26 (20.6.1997), Hamburg 1997, S. 11. Lang, Meine, Ohl (Hrsg.), Arbeit, Entgelt, Leistung, Handbuch Tarifarbeit im Be- trieb, Hrsg. Bonn 1992. Lay, G., Wandel von Arbeitsorganisation und Tätigkeitsinhalten beim Einsatz von CAD, zugl. Diss. Univ. Kassel, Bad Salzdehtfurt 1992. 265 Le Bon, G., Psychologie der Massen, Bd. 99, 15. Aufl., Stuttgart 1982. Leube, K.R. (Hrsg.), The Essence of J. A. Schumpeter - Die wesentlichen Texte, Wien 1996. Linnenkohl, K., „Outsourcing und Arbeitsmarkt“, Vortrag an der Universität Gh Kassel in der Reihe Wissenstransfer: Von der Uni zum Entrepreneur, Kassel 3.6.1997. Linnenkohl, K., Arbeitszeitgesetz, Taschenbuchkommentar, Baden-Baden 1996. Linnenkohl, K., Rauschenberg, H.-J., Arbeitszeitflexibilisierung, 3. Aufl., Heidel- berg 1996. Linnenkohl, K., „Wohin geht die Zeitreise?“, Vortrag auf der Veranstaltung der Handwerksjunioren, Kassel, 7.7.1995. Linnenkohl, K., „Lean Law - die „ingeniöse“ Nichtanwendung von Arbeitsrecht“, Betriebs-Berater 30 (1994), 2078-2083. Linnenkohl, K., Linnenkohl, K.-S., „Betriebsverfassungsrechtlicher Schutz des Persönlichkeitsrechts bei der Einführung von Kommunikationstechnologien“, Be- triebs-Berater 770 (1992). Linnenkohl, Kilz, Reh, „Arbeitszeitflexibilisierung“, 3. Ilmenauer Wirtschaftsforum, " Ilmenau 1994, S. 60-67. Linnenkohl, K., „Arbeitszeitflexibilisierung und rechtliche Umsetzungsmöglich- keiten für mittelständische Unternehmen“, 3. Ilmenauer Wirtschaftsforum, Ilmenau 19.4.1994, S. 3-22. Löwisch, Manfred, Rieble, Volker, Tarifvertragsgesetz, München 1992. 266 Löwisch, M., Taschenkommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, Heidelberg 1992. Lohmeyer, H., Grundzüge der Marktforschung, Stuttgart 1979. Luczak, H. (Hrsg.), Arbeitswissenschaft, Berlin 1993. Marienhagen, R., Der Job-Sharing-Vertrag, Heidelberg 1986. Martin, H.P. und Schumann, H., Die Globalisierungsfalle, Hamburg 1996 M+E Verband Nordhessen, „Chefumfrage“, Blitzlicht, Aktuelles zur öffentlichen Diskussion, Stagnation auf hohem Niveau, 7. Jhrg. 12/96, Hrsg. AGV Metall Nordhessen. Meffert, H., Strategische Unternehmensführung, Wiesbaden 1988. Meffert, H., Marketing, 8. völl. neub. Aufl., Wiesbaden, 1998 Meisel, P. G., Sowka, H.-H., Mutterschutz und Erziehungsurlaub, 4. Aufl. Mün- chen 1995. Meisel, P. G., Arbeitsrecht für die betriebliche Praxis, 7. durchg. Aufl., Köln 1992. Menzler, Späth, Sind die Deutschen noch zu retten? Von der Krise in den Auf- bruch, München 1993. Messe Hannover, Deutsche Messe AG (Hrsg.), „Impulse für eine Nachfragebe- lebung....,“, Presseinformation 24/94 zur Hannover Messe 1994, S. 2. Messner, R., Berge versetzen, München 1993. 267 Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW (Hrsg.), Arbeitszeit ‘87, Düsseldorf 1987. Müller, E.-P., Die Sozialpartner, Köln 1980. Müller-Egloff, P., „Führungsaufgabe Konflikt“, Rosenheimer Fenstertage 1996, Workshop-Dokumentation, Rosenheim 1996, S. 23. Müller-Vogg, H., Deutschland Deine Stärken, Nation zwischen Wohl und Wehe, Köln 1944. Münchner Handbuch des Arbeitsrechts, Bd. I (1992), Bd. II (1993), zitiert: MHdArb. Murmann, K., „Kosten-Arbeitslosigkeit-Spirale aufbrechen“ Arbeitgeber 1/95 (1995), S. 13. Murmann, K., „Eine Wende in der Tarifpolitik“, Arbeitgeber, 1/46 (1994), Köln 1994. Mutius, B., Die Kunst der Erneuerung, Frankfurt/M. 1995. Niedenhoff, H.-U., Mitbestimmung in den EG-Staaten, Köln 1991. Niedenhoff, H.-U., „Mitbestimmung in der Bundesrepublik: Frauenerwerbstätigkeit und Strukturwandel in der Bundesrepublik Deutschland“ Forschungsberichte, In- stitut für angewandte Wirtschaftsforschung Tübingen (Hrsg.), Tübingen 1992. Neumann, D., Biebl, J., Arbeitszeitgesetz-Kommentar, 12. Aufl., München 1995. Nieschlag, Dichtl, Hörschgen, Marketing, 13. Aufl., Berlin 1983. Nippa, Dichtl (Hrsg.), Prozeßmanagement und Reengineering, Frankfurt/M. 1995. 268 Nölle-Neumann, E., Petersen, T., Alle, nicht jeder, München 1996 Nordmetall Hannover (Hrsg.), Jahresbericht 1992, Hannover 1992, S. 66. O’Hara-Devereux, M., Johansen, R., Global Work, Bridging Distance, Culture and Time, San Francisco 1994. Opaschowski, Horst W., Wie arbeiten wir nach dem Jahr 2000?, B.A.T.-Freizeit- Forschungsinsitut (Hrsg.), Bd. 4, Hamburg 1989. Opaschowski, Horst W., Herausforderung, Freizeit, Perspektiven für die 90er Jah- re, B.A.T.-Freizeit-Forschungsinsitut (Hrsg.), Bd. 10, Hamburg 1990. Opaschowski, Horst W., „Von der Pflichterfüllung zur Lebenserfüllung, Auf dem Weg zur Arbeitskultur von morgen“, Vortragsveranstaltung des Shell High Quality Club, Hamburg 1991. o.V., Zahlenmaterial, Deutsche Handwerkszeitung DHZ Nr. 22 (22.11.1996), S. 16 o.V., „Hoffen auf das große Wunder“, Der Spiegel 26 (1997), Hamburg 1997, S: 23. o.V., „Gruppenarbeit auf der Produktionsinsel“, Blick durch die Wirtschaft (29.1.1992). o.V., „Mit besserer Stimmung ins neue Jahr“, Schleswig-Holsteinische Landeszei- tung, Sylter-Rundschau Nr. 12 (2.1.1997), S. 1 o.V., „Schöne neue Mobilität“, Bauelemente Bau 6-7 (1996), S. 61. o.V., „Deutschland nicht mehr attraktiv“, Handelsblatt (17.04.1996). 269 o.V., „Freizeit statt Überstunden“, Stern, 13/96 (1996), S. 188 und F.A.Z. Nr. 46 (23.2.1996), S. 17. o.V., „Arbeitszeitmodelle“, Blick durch die Wirtschaft (28.2.1996). o.V., „Produktivere Gruppenarbeit, Entlohnungssysteme“, ,Blick durch die Wirt- schaft (05.03.1996). o. V., „Die Arbeitslosigkeit ist kaum zu halbieren, Veränderte Arbeitsbe- dingungen“, F.A.Z. Nr. 244 (19.10.1996), Seite 14. o.V., „Gewerkschaften wollen sich stärker um Standortqualität kümmern", F.A.Z. (10.7.1995). o.V., "Abschied von der Leistung", F.A.Z. (04.07.1995). o.V., „Die Unzufriedenheit im Mittelstand wächst“, F.A.Z. (5.12.1996) o.V., „Prognose und Wirklichkeit“, Die Zeit Nr. 1/97 (27.12.1996), S. 15. PESTEL-INSTITUT Hannover, „Regionale Prognosen, Studie im Auftrag der Landesbausparkasse Hessen (LBS)“, Kassel, Foyer der Stadtsparkasse Kassel (14.11.1996). Picot, Reichwald, Wiegand, Die grenzenlose Unternehmung, Information, Organi- sation und Management, 2. akt. Aufl., Wiesbaden 1996. Polzer, Kocszisky, Innovation der Information, Remseck 1996. Popcorn, Faith, Der Popcorn-Report, Trends für die Zukunft, München 1992. Porter, M.E., Nationale Wettbewerbsvorteile, München 1991 270 Pressemitteilung des Arbeitsgerichtes Marburg vom 07.08.1996. Priesz, J., „Die Arbeit des Betriebsrats- Eine Gratwanderung?“, Arbeit und Ar- beitsrecht, (05/1995), S. 153. Prim, Talmann, Grundlagen einer kritisch-rationalen Sozialwissenschaft, 5. Aufl., Heidelberg 1983. Promberger, M., Was wird aus der Arbeitszeit?, München 1993. Pümpin, C., Geilinger, U., „Strategische Führung“, Die Orientierung Nr. 76, (1988), Bern 1988, S. 11. Pulte, P., Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit (KAPOVAZ), Heidelberg 1987. Raffeé, H., Wiedmann, K.-P., „Wertewandel und gesellschaftsorientiertes Markte- ting, Die Bewährungsprobe strategischer Unternehmensführung“, Strategisches Marketing, Stuttgart 1985, S. 552-611. Raehlmann, I. et. al., Flexible Arbeitszeiten, Wechselwirkungen zwischen betriebli- cher und außerbetrieblicher Lebenswelt, Studien zur Sozialwissenschaft, Bd. 123, Opladen 1993. Rauner, Spöttl, Olesen, Clematide, Beschäftigung, Arbeit und Weiterbildung im europäischen Kfz-Handwerk, Brüssel 1993 Rauschenberg, H.-J., Flexibilisierung und Neugestaltung der Arbeitszeit, Der ar- beitsrechtliche Entscheidungsrahmen, Arbeits- und Sozialrecht, Bd. 28, Baden- Baden 1993. Reif, A., „Die Situation ist explosiv“, Die Woche (10.2.1994), S. 7. 271 Reichwald, Möslein et al.; Telekooperation, Verteilte Arbeits- und Organisations- formen, Berlin, 1998. Rempe, K., Neue Wege der Selbstmotivation, 3. Aufl., Stuttgart 1996, S. 28 Rexrodt, G., „Verantwortung für die Zukunft - Flexibilisierung der Arbeitswelt und Umbau der Sozialsysteme für mehr Beschäftigung am Standort Deutschland“, Vortrag auf dem Symposium Flexibilisierung der Arbeitszeiten, Göttingen, 31.08.1995 Richardi, R., „Die Mitbestimmung des Betriebsrates bei flexibler Arbeits- zeitgestaltung“, NZA (1994), 593-597. Richardi, R., Wlotzke, O., Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 1- Indivi- dualarbeitsrecht 1, München 1992. Richardi, R., Wlotzke, O., Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 3, Kollek- tives Arbeitsrecht, München 1993. Riester, W., „Die Zukunft der Arbeit - Die neue Rolle der Gewerkschaften“, Arbeit der Zukunft - Zukunft der Arbeit, Hrsg. Herrhausen-Gesellschaft, Frankfurt/M. 1994. Röpke, W., Jenseits von Angebot und Nachfrage, 5. Aufl., Bern. Roggendorff, P., Arbeitszeitgesetz, München 1994. Rosenberger, G., Konsum 2000, Campus-Forschung 649, Frankfurt/M. 1992. Rosenfelder, U., Lexikon des Betriebsverfassungsrechts, Berlin 1992. 272 Rosenstiel v., Regnet, Domsch, „Führung von Mitarbeitern, Handbuch für erfolg- reiches Personalmanagement“, Schriften für Führungskräfte, Bd. 20, Stuttgart 1991. Rovan, Geschichte der Deutschen, Frankfurt/M. 1995. Salowsky, H., Fehlzeiten, Köln 1991. Schäfer, B., Grundbegriffe der Soziologie, Opladen 1986. Scheuch, F., Dienstleistungsmarketing, München 1982. Schmidtchen, G., Neue Technik - Neue Arbeitsmoral, Köln 1984. Schmidt, Wollner, Zeitsouveränität, 3. überarb., Aufl., Bayreuth 1988. Scholz, Ch., „Personalwirtschaft im Spannungsfeld zwischen Verhalten- und In- formationsorientierung“, Zeitschrift für Personalforschung (1990), S. 46. Schreiner-Innung, „Freisprechung 1996“, Handwerksforum Kassel (28.8.1996). Schreiner-Innung Kassel - Stadt und - Land (Hrsg.), Wandel eines Handwerks, Gudensberg 1995, S. 42-45. Schröder, G., „Der Grenzgänger“, Die Zeit, Nr. 13 (22.03 1996). Schymanietz, K., Leitkonzepte als integraler Ansatz zur Beschleunigung der Inno- vationsprozesse, Stuttgart 1997. Seitel, D., Öffnungsklauseln in Tarifverträgen, Eine ökonomische Analyse für Löh- ne und Arbeitszeiten, Forschungsinstitut für Wirtschaftspolitik (Hrsg.), Uni Mainz, Bd. 51, Berlin 1995. 273 Serge, P. M., Die fünfte Disziplin, Kunst der lernenden Organisation, Stuttgart 1996. Sesselmeier, W., Gewerkschaften und Lohnfindung, Heidelberg 1992. Siebert, M., „Standpunkte, Die Währungsunion ist kein Beschäftigungsautomat“, F.A.Z. Nr. 20 (24.1.1997), S. 16. Sieloff, D., „Arbeitszeitflexibilisierung, Ein Lernprozeß, der niemals endet“, HNA Nr. 297 (1996), S. 21. Stadler, Venema (Hrsg.), Flexible Teilzeitarbeit, Hinweise für die betriebliche Pra- xis, Schriftenreihe der VhU 5/88, Frankfurt/M. 1989, S. 7-10. Staudt, E., Das Management von Innovationen, Frankfurt/M. 1986. Staudt, E., „Eine neue Dimension der Rationalisierung“, Verlag Blick durch die Wirtschaft (Hrsg.), Den Unternehmenserfolg sichern, Frankfurt/M. 1983, S. 76. Staudt, E., Personalentwicklung für die neue Fabrik, Neue Informationstechnologi- en und flexible Arbeitssysteme, Bd. 4, Opladen 1993. Statistisches Bundesamt, Zahlenmaterial, Die Welt (1.6.1996), S. 21. Steinbacher, Aschenbrenner, Führungswissen Arbeitsrecht, Berlin 1992. Strohm, Th. et. al., Kirchenamt der EKD, Kammer für Soziale Ordnung (Hrsg.), Handwerk als Chance, Eine Denkschrift, Möglichkeiten einer gemeinwohl- orientierten sozialen und ökologischen Marktwirtschaft am Beispiel Handwerk, Gütersloh 1996, S. 96. Stübig, Schleef, „Wege zu flexiblen Betriebs- und Arbeitszeiten, Zeit-Management Nr. 9“, Blick durch die Wirtschaft (16.7.1991). 274 Then, K., Das Arbeitslos - Ausweg in Sicht?, KKV 2 (1997), Bonn 1997, S. 17. Thom, N., „Innovationsmanagement“, Die Orientierung Nr. 100, Schweizer Volksbank (Hrsg.), Bern 1992. Tiggelers, K.-H., Kreativität und Flexibilität, Qualifikationen für die Arbeitswelt von morgen, Köln 1989. Töpfer, A., „Marketing im Unternehmen und am Markt“, Blick durch die Wirt- schaft (24.10.1985), S. 1. Töpfer, A., Staudt, E. (Hrsg.), „Innovationsmarketing“, Das Management von Innovationen, Frankfurt/M. 1986. Töpfer, Wieselhuber (Hrsg.), Handbuch Strategisches Marketing, 2. durchges. Aufl., Landsberg 1986. Trebesch, K., „Organisatoren und Organisationsentwicklung“, Führung und Orga- nisation (zfo) 2, Bern 1983, 84-89. Trebesch K., Fehlzeiten in Betrieb und Verwaltung, Bern 1979. Ulrich, H., Unternehmenspolitik, 2. Aufl., Bern 1987. Untiedt, G., Das Erwerbsverhalten verheirateter Frauen in der Bundesrepublik Deutschland, Wirtschaftswissenschaftlicher Beitrag 64, Heidelberg 1992. van der Linde, C., Deutsche Wettbewerbsvorteile, Düsseldorf 1992. Wagener, P., „Arbeitszeitoptionen für Unternehmen und Mitarbeiter, Zeit- management Nr. 7 und 8“, Blick durch die Wirtschaft (9.7.1991). 275 Wahrig, G. (Hrsg.), Deutsches Wörterbuch, München 1986. Walter, F., „Management in Schreinerei-Unternehmen“, Wandel eines Handwerks, Gudensberg/Kassel 1995, S. 42-43. Walter, F., „Marketing für das Schreinerhandwerk“, Bündnisse für Arbeit, AGP- Tagungsband, Kassel 1997. Waltermann, R., „75 Jahre Betriebsvereinbarung“, NZA (1995), 1177-1184. Weidemann, D., „Die Arbeitswelt von Morgen“, Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) (Hrsg.), Determinanten des Wandels“, Forum Nr. 49 (1993), Köln 1993, S. 1. Weidinger, M., „Abschied von der Zeitverbrauchs-Kultur: Konsequenzen für Füh- rung und Organisation“, Personalführung (September 1995). Weinrother, A., „Wer die Familie nicht ehrt ...“, Deutsche Handwerkszeitung (10.7.1992). Weizsäcker v., Ch., „Die offene Gesellschaft und ihr Arbeitsmarkt“ F.A.Z., Nr. 26 (16.11.1996), S. 15. Weizsäcker, v., „Der erfolgreiche Kampf gegen die Arbeitslosigkeit in den USA. Ein Modell für Deutschland?“, Vortrag auf der Veranstaltungsreihe „Reuter- Forum“ 13.12.1996, Stadtsparkasse Kassel. Wendtland, U., Hoß, D. , Wirth, (Hrsg.), „Unternehmensentwicklung als inte- griertes Konzept“, Wege zur innovativen Organisation, Konzepte und Erfolgsbe- richte aus der Industrie, Stuttgart 1996, S. 358-359. Weyerer, G., „Telearbeit - feine Arbeit?, Die Zeit Nr. 28 (1997), Hamburg 1997, S. 57. 276 Wickert, U., Der Ehrliche ist der Dumme, Über den Verlust der Werte, Orientie- rungskrise und Sinnkrise, Hamburg 1994. Wiedemann, Stumpf, , Tarifvertragsgesetz, 5. Aufl., München 1977. Wiegers, M., „Der Preis ist heiß“, Die Woche (10.2.1994), S. 14. Wildemann, H., Führungswissen Arbeitsrecht, Berlin 1992. Wildemann, H., „Ein Stufenplan mit Mitarbeiterbeteiligung, Zeit-Management Nr. 13“, Blick durch die Wirtschaft (13.8.1991), S. 7. Wildemann, H., „Eine Kosten Nutzen-Rechnung der Arbeitszeit, Zeit-Management Nr. 10“, Blick durch die Wirtschaft (23.7.1991). Wildemann, H., „Viele Mißverständnisse um flexible Arbeits- und Betriebszeiten, Zeit-Management Nr. 4“, Blick durch die Wirtschaft (18.6.1991). Wildemann, M., „Produktivere Gruppenarbeit, Entlohnungssysteme, Veränderun- gen durch Flexibilisierung der Arbeitszeit“, Blick durch die Wirtschaft (5.3.1996), S. 1. Wildemann, M. (Hrsg.), Qualität und Produktivität, Erfolgsfaktoren im Wettbe- werb, Frankfurt/M. 1994. Wildemann, M. (Hrsg.), Strategien zur Marktführerschaft, Frankfurt/M. 1998. Wilmes, J., Wege zum lernenden Unternehmen, Strategien und Werkzeuge, Dis- sertation, Kassel 1997. Winkelhage, J., „Wo Freizeit auf einem Konto gespart wird“, Blick durch die Wirt- schaft (24.10.1991). 277 Wolter, G., Das neue Arbeitszeitrecht, Planegg, 1995. Zeidler, R., „Weiterbildung intensiver planen“, Blick durch die Wirtschaft (19.11.1987), S. 1. Zempelin, Zahn, Lenz et al., Die Soziale Ordnung des Europäischen Binnenmark- tes, Walter-Reymond-Stiftung (Hrsg.), Bd. 30, Köln 1991. Zentralverband des deutschen Handwerks (ZdH) (Hrsg.), Handwerkspolitische Wünsche und Forderungen zum XI. Deutschen Bundestag, Bonn 1986, S. 54 Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA), Sozialökonomisches Panel, „Umfrageergebnisse“, Mannheim 1993. Zielcke, A., „Der neue Doppelgänger, Die Wandlung des Arbeitnehmers zum Un- ternehmer“, F.A.Z. (20.07.1996), S. B1. Zmarzlik, J., „Das neue Arbeitszeitgesetz“, DB 1994, S. 1082-1086. Zmarzlik, J., Anzinger, R., Kommentar zum Arbeitszeitgesetz, Heidelberg 1995. Zmarzlik, J., Anzinger, R., Jugendarbeitsschutzgesetz, 4. Aufl. München 1993. Zmarzlik, Zipperer, Viethen, Mutterschutzgesetz, Mutterschaftsleistungen, Bun- deserziehungsgeldgesetz, 7. Aufl., Köln 1994. Zohlnhöfer, W. (Hrsg.), „Die Tarifautonomie auf dem Prüfstand“, Schriften des Vereins für Socialpolitik, Neue Folge, Band 244, Berlin 1996.