Franz Rosenzweigs Stern der Erlösung1
 

Wolfdietrich Schmied-Kowarzik
Universität Kassel
Institut für Philosophie








Vorbemerkungen
Einführendes zu Leben und Werk
Der Stern der Erlösung

   I. Die Elemente oder die immerwährende Vorwelt
   II. Die Bahn oder die allzeiterneuerte Welt
       1. "Schöpfung oder der immerwährende Grund der Dinge"
         2. "Offenbarung oder die allzeiterneuerte Geburt der Seele"
         3. "Erlösung oder die ewige Zukunft des Reichs"
   III. Die Gestalt oder die ewige Überwelt

Literaturhinweise




 

Vorbemerkungen

In einem Brief vom Januar 1923 schrieb Franz Rosenzweig an Rudolf Hallo über die künftige Rezeption seines glaubensphilosophischen Hauptwerks Der Stern der Erlösung die geradezu prophetischen Sätze: "Und der Stern wird wohl einmal und mit Recht als ein Geschenk, das der deutsche Geist seiner jüdischen Enklave verdankt, angesehen werden. [...] Unsere Arbeit wird uns von Deutschland höchstens posthum honoriert, aber darum tun wir sie doch, solange wir sie in Deutschland tun, für Deutschland. [... J]e jüdischer wir sind, um so realer können wir sein und um so schwerer wiegen wir. Dieses Gewicht aber fällt in die Wagschale Deutschlands." (GS I, 887)

Nicht ohne Trauer und Scham können wir heute in Deutschland diese Sätze lesen, denn für uns schwingt in ihnen das Wissen um den grauenvollen Abgrund der deutschen Geschichte mit, um die nur wenige Jahre nach Rosenzweigs Tod einsetzende Zerstörung der jüdischen Enklave in Deutschland und um die Ermordung von Millionen von Juden Europas durch die Deutschen unter dem Nationalsozialismus.

Der Stern der Erlösung (1918 geschrieben, 1921 erschienen) ist das Werk eines sich zum Judentum bekennenden deutschen Philosophen. Ohne Zweifel gehört der Stern zu den herausragendsten glaubensphilosophischen Grundlegungen des 20. Jahrhunderts. Systematisch erwächst er aus der kritischen Auseinandersetzung mit der Tradition der klassischen deutschen Philosophie und eröffnet die damals gerade erst in Deutschland einsetzende existenzphilosophische Diskussion. In der schon über anderthalb Jahrhunderte währenden Geschichte des deutschen Judentums seit Moses Mendelssohn tritt in Franz Rosenzweig ein jüdischer Denker in souveräner philosophischer Eigenständigkeit der christlichen Glaubensphilosophie gegenüber.

Damals, als der Stern der Erlösung erschien, wurde dieses glaubensphilosophische Werk außerhalb der jüdischen Enklave nahezu gar nicht zur Kenntnis genommen - einzig der niederländische christliche Theologe Kornelis Heiko Miskotte nimmt in seinem Buch Het wezen der Joodsche Religie (1932) darauf Bezug - und dies obwohl es wie kaum ein anderes durch seine systematische Strenge und sprachliche Kraft philosophisch wie theologisch eine Auseinandersetzung geradezu herausforderte.

Erst zwanzig Jahre nachdem das ganze Ausmaß und Grauen der Shoa mit dem Ende des Weltkriegs öffentlich geworden war und die Mitschuld der deutschen Universitäten und auch der christlichen Kirchen daran voll zum Bewusstsein gekommen ist, wird der Stern der Erlösung, von den christlichen Theologien als die große jüdische Herausforderung gewürdigt und auch philosophisch langsam erschlossen. So hat sich zwar zwei Generationen nach Rosenzweigs frühem Tod 1929 bereits bewahrheitet, was Rosenzweig einst über die Wirkung seines Werkes geweissagt hatte. Doch erfüllt uns tiefe Beschämung, dass es in Deutschland erst dieses erschreckten Erwachens nach der Shoa bedurfte, um dieses Abschiedsgeschenk der inzwischen zerstörten jüdischen Enklave in seiner Größe und Bedeutung wahrzunehmen und zu würdigen. 

Als jüdischer Denker schrieb Rosenzweig seine glaubensphilosophische Grundlegung vor allem für die Juden im Zeitalter der Moderne. Und so wird er auch heute rund um die Welt als großer Lehrer seines Volkes geehrt. Auch die kleinen, durch Zuzüge aus dem Osten neuentstehenden jüdischen Gemeinden in Deutschland beginnen Rosenzweig als ihren Lehrer für ein neues Judesein in Deutschland zu sehen. Und doch hatte Leo Baeck, der Rabbiner, der im KZ Theresienstadt die Shoa überlebte, Recht, als er in seinen Vorlesungen Von Moses Mendelssohn zu Franz Rosenzweig Rosenzweig als den letzten großen Denker des deutschen Judentums bezeichnete, denn jenes deutsche Judentum, das mit Moses Mendelssohn begann und mit Franz Rosenzweig ungewollt sein Ende fand, ist unwiederbringlich zerstört - und gleichzeitig mit ihm ein mächtiger Quell deutscher Geistesgeschichte.

Auch in der Philosophie müssen wir allererst versuchen, über den Abgrund unserer Geschichte hinweg erneut an Rosenzweigs großes glaubensphilosophisches Werk anzuknüpfen. Viele mutwillig verschüttete Spuren, aber auch ungeknüpfte Bezugnahmen gilt es hier freizulegen, um dadurch die Herausforderung wieder lebendig werden zu lassen, deren Aufnahme von der Philosophen- und Theologengeneration vor uns verweigert wurde - mit dieser Aufgabe stehen wir noch ganz am Anfang.


 

Einführendes zu Leben und Werk

Durch sein entschiedenes Bekenntnis zum Judesein, durch seine Glaubensphilosophie, durch seine Gründung des Freien Jüdischen Lehrhauses in Frankfurt a. M. und durch seine tapfere Bewährung in siebenjähriger Krankheit zum Tode ist Franz Rosenzweig in mehrfacher Hinsicht zum Vorbild und Lehrer des Judentums in der Diaspora geworden.

Franz Rosenzweig wurde am 25. Dezember 1886 in Kassel geboren. Die Familie Rosenzweig lebte schon seit Beginn des 19. Jahrhunderts in Kassel. Der Vater Georg Rosenzweig hatte die von seinem Großvater aufgebaute Drogerie zu einer florierenden Farben- und Lackfabrik erweitert. Er gehörte zu den wohlhabenden und angesehenen Großbürgern der Stadt, war Stadtverordneter und später Stadtrat.


Franz Rosenzweigs Eltern, Georg Rosenzweig und Adele, geb. Alsberg, gehörten zum emanzipierten, liberalen Judentum, das ganz in die moderne bürgerliche Welt integriert war. Zwar waren sie nicht bereit, die Religion ihrer Väter aufzugeben, aber religiöse Fragen spielten für sie kaum eine Rolle. Weil es sich so gehörte, ging man zu den heiligen jüdischen Feiertagen in die große Synagoge der liberalen Gemeinde in Kassel, und man engagierte sich für sozial-humanitäre jüdische Einrichtungen.


So wuchs Franz Rosenzweig in Elternhaus und Schule ganz an den Werten deutscher bürgerlicher Bildung orientiert heran. Lediglich von seinem Großonkel Abraham (Adam) Rosenzweig, der als Künstler und Junggeselle im Haushalt der Familie Rosenzweig lebte, wurde der junge Franz angeregt, am traditionellen jüdischen Leben teilzunehmen und die hebräische Sprache zu erlernen. So entwickelte er schon sehr früh ein besonderes Interesse für religiöse Fragen.


Auf Wunsch des Vaters studierte Franz Rosenzweig nach dem Abitur zunächst ab 1905 Medizin in Göttingen, München und Freiburg. Aus dieser Zeit stammt seine enge Freundschaft zu seinem Vetter Rudolf Ehrenberg und zu Viktor von Weizsäcker. Nach Abschluss des Physikums wechselte er 1907 jedoch aus Neigung zum Studium der Geschichtswissenschaft und Philosophie und studierte in Berlin und Freiburg. 1912 wurde er mit einer Arbeit über Hegels Staatslehre vom Historiker Friedrich Meinecke in Freiburg promoviert. In den kommenden Jahren arbeitete Rosenzweig diese Studie zu einer möglichen Habilitation aus, die dann nach dem Ersten Weltkrieg zweibändig unter dem Titel Hegel und der Staat (1920) erschien. Es war dies die erste umfassende kritische Auseinandersetzung mit Hegels politischer Philosophie, die nicht nur alle weiteren Auseinandersetzungen mit Hegel in unserem Jahrhundert geprägt hat, sondern in ihrer staatskritischen, kulturgeschichtlichen Grundhaltung auch heute noch eigene Aussagekraft besitzt.


Ein wichtiger philosophischer Lehrer war ihm sein dreieinhalb Jahre älterer Vetter Hans Ehrenberg, der schon als junger Nationalökonom großen Einfluss auf den Abiturienten Franz Rosenzweig hatte. Nach seiner Promotion in Philosophie ließ sich Hans Ehrenberg taufen, um sich in Heidelberg auch noch habilitieren zu können. Seit 1910 hielt Hans Ehrenberg als Privatdozent der Philosophie in Heidelberg Vorlesungen, zu denen Franz Rosenzweig des öfteren von Freiburg angereist kam. Philosophisch entscheidend geprägt wurde Rosenzweig besonders durch Ehrenbergs Buch Die Parteiung der Philosophie. Studien wider Hegel und die Kantianer (1911). Hans Ehrenberg bestärkte Rosenzweig nicht nur in seiner grundlegenden Hegel-Kritik, sondern regte auch dessen Auseinandersetzung mit Schellings religionsphilosophischem Spätwerk Die Weltalter (1811 ff.) an.


Nach seiner Promotion und während seiner weiteren Ausarbeitung seines Hegel-Buches besuchte Franz Rosenzweig im Sommersemester 1913 seinen Vetter Rudolf Ehrenberg in Leipzig und hörte dort auch rechtshistorische Vorlesungen bei dem blutjungen Privatdozenten Eugen Rosenstock, den er schon aus gemeinsamen Studienjahren in Freiburg kannte. Hier kam es nun am 7. Juli 1913 im Elternhaus von Rudolf Ehrenberg zu einem Rosenzweigs weiteres Denken und Leben umwälzenden Glaubensgespräch zwischen den drei Freunden. Rudolf Ehrenberg war bereits nach der Geburt getauft und von seinen Eltern protestantisch geprägt erzogen worden. Wie sein Vetter Franz hatte er ein besonderes Interesse für religiöse Fragen - seine diesbezüglichen Reflexionen veröffentlichte er 1920 unter dem Titel Ebr. 10,25. Ein Schicksal in
Predigten. Er konnte dieses Interesse problemlos mit seinem Medizin- und Biologiestudium verbinden. Eugen Rosenstock war aus Überzeugung als 18jähriger zum Protestantismus übergetreten. Bei ihm waren seither sein ideenreiches wissenschaftliches Forschen mit seinem christlichen Bekenntnis zu einer existentiellen Einheit verschmolzen.

Bei diesem Nachtgespräch gelang es Eugen Rosenstock, die philosophische Distanziertheit, die bei Franz Rosenzweig das religiöse Interesse dominierte, gründlich zu erschüttern. Rosenzweig war von Rosenstocks existentieller Glaubenshaltung und seinem missionarischen Eifer tief beeindruckt. Einem in dieser Weise existentiell gelebten Christentum hatte er philosophisch nichts Ebenbürtiges entgegenzusetzen. Daher fühlte sich Rosenzweig genötigt, sich selber auch einer solchen existentiellen Glaubenshaltung stellen zu müssen, und versprach den Freunden die Konversion zum Christentum. Allerdings wollte er sich vorher noch in den jüdischen Glauben und die darauf aufbauende christliche Lehre einarbeiten, um nicht als "Heide", sondern bewusst als Jude Christ zu werden.

Für diese Besinnung nahm Rosenzweig intensive jüdische und christliche Studien auf, dazu begab er sich nach Berlin, wo er auch die Jom Kippur Feierlichkeiten in einer orthodoxen Synagoge erlebte, die ihn tief beeindruckten. Das Ergebnis seiner Selbstprüfung war der Entschluss, Jude zu bleiben, wie Rosenzweig in einem Brief seinem Vetter Rudolf Ehrenberg am 31. Oktober 1913 - in berühmt gewordenen Sätzen - schrieb: "Lieber Rudi, ich muß dir mitteilen, was dich bekümmern und, zunächst mindestens, dir unbegreiflich sein wird: ich bin in langer, wie ich meine, gründlicher Überlegung dazu gekommen, meinen Entschluß zurückzunehmen. Er scheint mir nicht mehr notwendig und daher, in meinem Fall, nicht mehr möglich. Ich bleibe also Jude." (GS I, 132 f.)

Und seine ausführliche Begründung auf einen Kerngedanken verdichtend, fügt er hinzu: "Das Christentum erkennt den Gott des Judentums an, nicht als Gott aber als den 'Vater Jesu Christi' ... Was Christus und seine Kirche in der Welt bedeuten, darüber sind wir einig: es kommt niemand zum Vater denn durch ihn [Johannes 14/6]. Es kommt niemand zum Vater - anders aber wenn einer nicht mehr zum Vater zu kommen braucht, weil er schon bei ihm ist. Und dies ist nun der Fall des Volkes Israel." (GS I, 133)

Nachdem die Entscheidung gefallen war,
hörte Rosenzweig bei Hermann Cohen, dem großen neukantianischen Philosophen aus Marburg, der nach seiner Emeritierung 1912 als Dozent an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums lehrte. Hermann Cohen, der Franz Rosenzweig zum vätlichen Freund wurde,  trug im Wintersemester 1913/14 seine Vorlesung über den Begriff der Religion im System der Philosophie vor, die 1915 als Buch erschien. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sich Rosenzweig als Freiwilliger zunächst zum Sanitätsdienst, später zum Dienst bei der Feldartillerie. Seit März 1916 bis zum Kriegsende war er vornehmlich an der Balkan-Front eingesetzt.

1916 kommt es dann zu einem dramatischen Briefwechsel zwischen Franz Rosenzweig und Eugen Rosenstock, der zu den aufregendsten Dokumenten eines von beiden Seiten unnachgiebig geführten jüdisch-christlichen Dialogs zählt, wobei Rosenzweig diesmal der theoretisch Herausfordernde ist. Rosenstock konnte auch jetzt nicht von seinem missionarischen Eifer lassen. Er akzeptierte zwar Rosenzweigs Entschluss, Jude zu bleiben, als existentielle Lebensentscheidung, vermochte aber nicht zuzugeben, dass die Juden Christus nicht brauchen. Rosenzweig dagegen versuchte dem Christen Rosenstock gerade dieses Zugeständnis abzutrotzen, wobei er als Jude in seinem Dialogangebot an die Christen sogar soweit geht, dass er ihnen - aus denselben Offenbarungsquellen schöpfend - einen eigenen, von den Juden unabhängigen Bund mit Gott und Auftrag von Gott zubilligt.

Keiner von beiden vermochte den anderen intellektuell niederzuringen, ja sie kehren Christenstolz und Judenverachtung sowie Judenstolz und Christenverachtung mit ganzer verbaler Härte gegeneinander, ohne dadurch ihre persönliche Freundschaft aufzugeben. Schließlich wenden sich die Briefe von diesen existentiellen Glaubensfragen ab und mehr neutraleren philosophischen Grundproblemen zu. Zu einem Heimaturlaub Rosenzweigs im Sommer 1917 kam Eugen Rosenstock mit seiner jungen Frau Margrit, geb. Hüssi zu Besuch nach Kassel - den Doppelnamen Rosenstock-Huessy nahm die Familie 1925 an.

Nun tauschten sie philosophische Manuskripte aus und diskutierten sie. So setzte sich Rosenstock für das Erscheinen von Rosenzweigs Kommentar zum "Ältesten Systemprogramm des deutschen Idealismus" (1917) ein, das Rosenzweig bei seinen Studien zu Hegel unter dessen handschriftlichen Manuskripten gefunden, aber als eine Abschrift eines Entwurfs von Schelling aus dem Jahre 1796 entschlüsselt hatte. Rosenstock wiederum gab Rosenzweig das Manuskript seines "Sprachbriefes" zu lesen, den er viel später unter dem Titel Angewandte Seelenkunde (1924) veröffentlichte. Dieser "Sprachbrief" gab den Anstoß zu Rosenzweigs existentiellem Sprach- und Dialogdenken, das Rosenzweig in einem Brief vom 19.10.1917 an Rosenstock so skizzierte: "Vor allem aber: das eigentliche Wunder [...] entsteht gar nicht im Ich, sondern das Ich als die Substanz ('ante festum') ist durchaus nicht mein Ich, sondern eben Ich überhaupt [...]. Sondern mein Ich entsteht im Du. Mit dem Du-sagen begreife ich, daß der Andre kein 'Ding' ist, sondern 'wie ich'. [...] Und nachdem so am Du das Ich Person geworden ist, bleibt das Substanzhafte des Ich rein zurück. [...] Dieses zweite Du (nach jenem ersten am Ende der 'Schöpfung') ist die 'Offenbarung'." (GS I, 471)

In den brieflichen jüdisch-christlichen Dialog tritt dagegen statt Eugen Rosenstock ab Herbst 1917 Margrit Rosenstock-Huessy ein, die, nicht von dem gleichen Missionierungseifer wie ihr Mann beseelt, ähnlich einfühlsam wie Rudolf Ehrenberg auf Rosenzweigs Angebot eines jüdisch-christlichen Dialogs einzugehen vermag. Daraus erwächst ab Februar 1918 eine innige Liebesbeziehung. Mitte 1918 beginnt Rosenzweig - noch immer an der Balkanfront eingesetzt - mit der Niederschrift seines Werkes Der Stern der Erlösung. Zeitweise berichtet er fast täglich Margrit Rosenstock-Huessy in Briefen über die Fortschritte seiner Arbeit.2


Nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst beendete Franz Rosenzweig die Niederschrift des Stern der Erlösung; die allerletzten Seiten schrieb er zu Besuch in Margrits Elternhaus in Säckingen in der Schweiz an Margrits Schreibtisch sitzend, wie er ihr am 16. Februar 1919 brieflich berichtete. "Liebes Gritli, es ist 12 geworden [...]. Und es kamen zwei Briefe von dir, nach Tisch. Und ich habe Tor [das Schlusskapitel] fertig. Ich hatte immer gedacht, dies Fertigwerden des * [Stern] würde mir ein Telegramm an euch wert sein. Aber wie es denn heute kam, war es mir gar nicht zum Telegrafieren. Es gefiel mir nicht genug. [...] Aber die richtige erlöste Fertigstimmung ist nicht da." (Gritli-Briefe 239)


Nachdem Der Stern der Erlösung beendet war (seine drei Teile in einem Band erschienen erst 1921), gab Rosenzweig auch noch seinem einst als Habilitationsschrift geplanten Hegel und der Staat den letzten Schliff; dies Werk erschien in zwei Bänden 1920. Aber an eine Habilitation und eine Universitätskarriere, die jetzt in der Weimarer Republik auch für Juden problemlos möglich geworden waren, dachte Rosenzweig nun nicht mehr, denn er bemühte sich jetzt darum, unmittelbar in der jüdischen Bildungsarbeit tätig werden zu können. Ein Habilitationsangebot seines Doktorvaters Friedrich Meinecke, der inzwischen der führende Historiker an der Universität Berlin geworden war, lehnte Rosenzweig in einem Brief vom 30.8.1920 ab: "Mir ist im Jahre 1913 etwas geschehen, was ich, wenn ich einmal davon reden soll, nicht anders bezeichnen kann als mit dem Namen: Zusammenbruch. Ich fand mich plötzlich auf einem Trümmerfeld oder vielmehr: Ich merkte, dass der Weg, den ich ging, zwischen Unwirklichkeiten dahinführt. Es war eben der Weg, den mir nur mein Talent oder vielmehr meine Talente wiesen. Ich spürte die Sinnlosigkeit einer solchen Talentherrschaft und Selbstdienstbarkeit. [...] Das Wesentliche ist doch, daß mir die Wissenschaft überhaupt nicht mehr die zentrale Bedeutung besitzt und daß mein Leben seither bestimmt ist von dem 'dunklen Drang', dem ich mit dem Namen 'mein Judentum' schließlich eben auch nur einen Namen zu geben, mir freilich bewußt bin." (GS I, 679 f.)

Einen ganz ähnlichen Weg, diesmal nicht ganz unbeeinflusst von Franz Rosenzweig, schlug in christlicher Parallele Hans Ehrenberg ein. Er, der 1909 unter anderem auch deshalb zum Protestantismus konvertiert war, um sich in Heidelberg habilitieren zu können, erfuhr im Krieg und aus Protest gegen ihn eine entschiedene christliche Glaubensberufung, deren Grundzüge er in seinem Buch Die Heimkehr des Ketzers (1920) darlegt. Er studierte nach dem Krieg in einem dritten Studium Evangelische Theologie, gab seine Professur für Philosophie in Heidelberg auf und wurde Pastor in einer Arbeitergemeinde in Bochum. - Er gehörte später der bekennenden Kirche an, wurde wegen seiner jüdischen Herkunft unter den Nationalsozialisten verfolgt, nach dem Reichspogrom der Kristallnacht im KZ Sachsenhausen interniert und konnte nach seiner Freilassung 1939 noch gerade rechtzeitig nach England emigrieren.

Bevor Franz Rosenzweig 1920 den Auftrag erhielt, in Frankfurt a. M. nach seiner Konzeption das Freie Jüdische Lehrhaus als eine neuartige jüdische Erwachsenenbildungsstätte aufzubauen, hielt er bereits 1919 und 1920 Vorträge, Vorlesungen und Kurse zu jüdischen Themen in Kassel. Im März 1920 heiratete Rosenzweig nach kurzer Verlobungszeit die jüdische Religionslehrerin Edith Hahn aus Berlin, da er als jüdischer Lehrer auch einen jüdisch geprägten Hausstand führen wollte. Gemeinsam zogen Franz und Edith Rosenzweig nach Frankfurt a. M. Im September 1922 wurde ihr Sohn Rafael geboren.

Mit dem Freien Jüdischen Lehrhaus versuchte Franz Rosenzweig ein neues Konzept jüdischer Erwachsenenbildung und jüdischer Kulturarbeit zu errichten, um so Wege zu weisen, wie Juden in der Diaspora und in der Moderne ein bewusstes jüdisches Leben führen können. So wurden neben den obligaten Hebräisch-Kursen und den großen allgemeinbildenden Vorträgen und Vorlesungen auch viele Arbeitskreise über religiöse und ethische Fragen in Wissenschaft und Alltag angeboten. Zu den großen Vortragenden am Freien Jüdischen Lehrhaus zählten neben Franz Rosenzweig selbst der Frankfurter Rabbiner Nehemia A. Nobel, der Biochemiker Eduard Strauß, der Mediziner Richard Koch, der Jurist Eugen Mayer und der Religionsphilosoph Martin Buber. Von den jüngeren Lehrenden sind vor allem Siegfried Kracauer, Rudolf Hallo, Ernst Simon, Nahum N. Glatzer, Martin Goldner und Erich Fromm zu nennen.


Wenn auch die großen Erwartungen, die Rosenzweig in diese Neukonzeption gesteckt hatte, nicht gleich im vollem Umfang in Erfüllung gingen - zumal Rosenzweig nur zwei Jahre die Leitung innehatte -, so wurde doch die Initiative und die Konzeption Vorbild für eine Reihe von Folgeeinrichtungen nach 1933 in der Zeit der Verfolgung der Juden in Deutschland. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden nach dem Vorbild des Freien Jüdischen Lehrhauses in Frankfurt a. M. ähnliche Einrichtungen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika und in einigen europäischen Ländern aufgebaut.


Obwohl Rosenzweig nach dem Erscheinen des Stern der Erlösung keine wissenschaftlichen Bücher mehr veröffentlichen, sondern nur noch durch das "lebendige Wort" wirken wollte, überredeten ihn Freunde 1921 seine Vorlesung als gemeinverständliche Hinführung zu seinem glaubensphilosophischen Hauptwerk herauszubringen. Das Büchlein vom gesunden und kranken Menschenverstand war kurz vor dem Abschluss, als Rosenzweig Anfang 1922 als Spätfolge einer Malariaerkrankung im Krieg von ersten Lähmungserscheinungen heimgesucht wurde, die sich als eine zum Tode führende amyotrophe Lateralsklerose herausstellte. Da er im Büchlein den kranken Menschenverstand mit einem Gelähmten vergleicht, gab er das Manuskript nicht mehr zum Druck frei; es erschien in englischer Übersetzung erstmals 1953 in den USA und im deutschen Original 1964.


Die totale Lähmung schritt rasch voran, ab Sommer 1922 konnte Rosenzweig seine Mansardenwohnung nicht mehr verlassen. Im Oktober musste er die Leitung des Freien Jüdischen Lehrhauses abgeben - zunächst an Rudolf Hallo, später wurde das Lehrhaus kollektiv von Eduard Strauß, Richard Koch und Martin Buber geführt. Als im Dezember 1922 auch die Schreib- und im Mai 1923 die Sprachfähigkeit versagte, konnte er eine kurze Zeit noch über eine eigens hierfür konstruierte Schreibmaschine mit der Außenwelt kommunizieren, danach vermochte er sich nur noch über die Augen und Augenlider zu verständigen. In Erinnerung daran schreibt Ernst Simon: "Rosenzweig hing in einer Schlinge, die ihn in einer halb sitzenden Haltung hielt. In den ersten Jahren gelang es ihm noch, auf einer eigens für ihn konstruierten Schreibmaschine auf mühsamste Weise einzelne Buchstaben anzuschlagen; später war auch das nicht mehr möglich. Seine Frau Edith [...] zeigte Rosenzweig auf einer Scheibe die Buchstaben des Alphabets, einen nach dem anderen, und Rosenzweig deutete durch ein Senken der Augenlider an, welcher Buchstabe zu Papier gebracht werden sollte. Ich weiß, es ist schwer vorstellbar, aber es gelang Rosenzweig so, auf lebendigste Art an Unterhaltungen teilzunehmen und eine beträchtliche literarische Produktion zustande zu bringen." (Zit. nach Schulz-Keil)

Neben einer umfangreichen Korrespondenz vornehmlich zu jüdischen Glaubensfragen entstand in dieser Zeit der grundlegende philosophische Aufsatz "Das neue Denken. Einige nachträgliche Bemerkungen zum 'Stern der Erlösung' " (1925). Seine Hauptarbeiten in dieser Zeit waren jedoch seine Übersetzungen der Hymnen und Gedichte des Jehuda Halevi, des großen hebräischen Dichters und Denkers (1085-1141), die 1924 und in erweiterter Auflage 1926 erschienen, sowie die 1924 gemeinsam mit Martin Buber begonnene "Verdeutschung der Schrift". Die fünf Bücher der Weisung erschienen ab 1925; Martin Buber hat nach Rosenzweigs Tod die Übersetzungsarbeit fortgesetzt, bis endlich 1961 die ganze hebräische Bibel ins Deutsche übersetzt war.

Gershom Scholem schrieb in Anspielung an eine frühere Aussage Rosenzweigs dazu an Buber: "Ihre Übersetzung - aus der Verbindung eines Zionisten und eines Nichtzionisten hervorgegangen - war etwas wie das Gastgeschenk, das die deutschen Juden dem deutschen Volk in einem symbolischen Akt der Dankbarkeit noch im Scheiden hinterlassen konnten. Und welches Gastgeschenk konnte historisch sinnvoller sein als eine Übersetzung der Bibel? [...] Historisch gesehen ist sie nicht mehr ein Gastgeschenk der Juden an die Deutschen, sondern - und es fällt mir nicht leicht, das zu sagen - das Grabmal einer in unsagbarem Grauen erloschenen Beziehung. Die Juden, für die Sie übersetzt haben, gibt es nicht mehr. Die Kinder derer, die diesem Grauen entronnen sind, werden nicht mehr Deutsch lesen." (Scholem 214 f.)

Im Mai 1923 verlieh der liberale Rabbiner Leo Baeck auf Vorschlag des inzwischen verstorbenen Rabbiners Nehmia A. Nobel Franz Rosenzweig die Rabbinerwürde mit dem Titel Maurenu, unser Lehrer. Franz Rosenzweig nahm diese Ehrung insbesondere im Hinblick auf seinen Sohn Rafael, dessen Lehrer er nicht mehr sein konnte, gerührt an. So wurde fast an jedem Shabbat, zu dem zehn jüdische Gläubige zusammenkamen, ein Gottesdienst an Rosenzweigs Krankenlager abgehalten.

Mit ungeheurer geistiger Kraft und gläubiger Hingabe hat Franz Rosenzweig, gestützt durch die aufopfernde Liebe seiner Frau Edith und viele Freunde und Verehrer sieben Jahre körperlicher Hilflosigkeit und Leiden ertragen. Am 10. Dezember 1929 ist er zwei Wochen vor seinem 43. Geburtstag von diesen Leiden erlöst gestorben.

 

Der Stern der Erlösung

Der Stern der Erlösung ist ein großes glaubensphilosophisches Werk, das in strenger Systematik und in eindringlicher Sprache, auf jegliches wissenschaftliches Beiwerk von Anmerkungen und Verweisen verzichtend, eine grundlegende philosophisch-theologische Durchdringung des Glaubens zu geben versucht. Der Stern besteht aus drei Teilen, die nach Rosenzweigs Selbstverständnis als drei getrennte Bände verstanden werden sollten, da sie methodisch von unterschiedlichen Problemstellungen ausgehen.

Der erste Band stellt eine philosophische Vorklärung dar, die sich zugleich, wie es bereits im Motto der Einleitung heißt, "in philosophos" versteht, sich also wider das absolutsetzende Denken der idealistischen Philosophie richtet. Der zweite Band entwickelt eine theologische Grundlegung, die sich jedoch ebenfalls entschieden "in theologos" von der herkömmlichen Theologie abgrenzt. Der dritte Band kann als Phänomenologie der jüdischen und der christlichen Glaubensgemeinschaft - bezogen auf die göttliche Wahrheit - verstanden werden, die sich ihrerseits "in tyrannos" gegen jegliche die Freiheit im Glauben aufhebende Dogmatik wendet.

Trotz der klaren Trennbarkeit der drei Bände ist Der Stern in seiner Argumentationsbewegung und seinem Darstellungsverlauf ein Werk aus einem Guss, das insgesamt als ein philosophisches bezeichnet werden muss. Rosenzweig selbst hat sein Philosophieren 1925 als "neues Denken" umschrieben, das ihm aus Gesprächen mit seinen Freunden - Hans Ehrenberg und Eugen Rosenstock, Rudolf Ehrenberg und Viktor von Weizsäcker - erwachsen ist
(GS III 151), zu dem aber auch unabhängig von ihnen Martin Buber und Ferdinand Ebner vorgedrungen sind - wenig später hätte er auch noch auf Gabriel Marcel und auf Eberhard Grisebach hinweisen können.

Unter dem neuen Denken versteht Rosenzweig eine neue Philosophie, die sich aus theologischen Fragen begründet, und eine neue Theologie, die sich auf philosophisches Denken bezogen weiß. Sie lässt sich wohl am besten als eine existentielle Glaubensphilosophie umschreiben, die sich in die Glaubensgemeinschaft hinein, aus der sie sich versteht, praktisch zu bewähren versucht. Nur insofern sich Rosenzweig aus dem Bund Gottes mit dem Volk Israel versteht, ist Der Stern auch ein "jüdisches Buch". Nur der dritte Band handelt explizit von der jüdischen Glaubensgemeinschaft, doch auch in ihm - ganz aus dem Dialog mit Christen entstanden - findet sich ebensoviel über die christliche Glaubensgemeinschaft und über Möglichkeiten und Grenzen eines jüdisch-christlichen Dialogs.


 
 

I. Die Elemente oder die immerwährende Vorwelt

Der erste Band "Die Elemente oder die immerwährende Vorwelt" klärt gleichsam transzendentalphilosophisch die Bedingungen der Möglichkeit menschlichen Denkens schlechthin. Dies sind die Elemente die in alle Erkenntnis konstituierend eingehen, die ihr immer schon zugrunde liegen und die in dieser Hinsicht die immerwährende Vorwelt der logischen Rationalität gegenüber der wirklichen Erfahrung bilden. Schon indem Rosenzweig gleich zu Beginn die logische Rationalität als immerwährende Vorwelt untersucht, stellt er sich einerseits in die Tradition der kantisch-nachkantischen Philosophie, hebt sich aber andererseits entschieden von Hegel ab, für den die Logik die Explikation der Bedingungen der Möglichkeit des Wirklichen selber sind.

Rosenzweig setzt hier voraus, was sein Vetter Hans Ehrenberg in Die Parteiung der Philosophie (1911) detailliert entfaltet. Ehrenberg legt dort dar, dass das sich selbst bedenkende Denken weder die Gegenstände des Denkens generieren kann, noch sich aus seinem Selbstbezug selber zu erschaffen vermag, sondern immer an ein existierendes Selbstbewusstsein gebunden bleibt, das sich in die Wirklichkeit gestellt erfährt. Das Denken kann sich zwar in seiner eigenen Logik explizieren, aber es setzt dabei den existentiellen Vollzug eines denkenden Subjekts unableitbar voraus. Dies nennt Ehrenberg die von der Logik her nur in negativer Dialektik aufweisbare Metalogik der Wirklichkeit.

In ähnlicher Weise hatte auch Rosenzweig in Anlehnung an Kierkegaard in einem Brief an seinen Vetter Rudolf Ehrenberg vom 18.9.1917, der als die "Urzelle des Stern der Erlösung" bezeichnet wird, den existentiellen Ausgangspunkt seines Denkens in Abgrenzung von Hegels absoluter Vernunft herausgestellt: "[D]ie philosophierende Vernunft steht auf ihren eigenen Füßen, sie ist sich selbst genug. Alle Dinge sind in ihr begriffen und am Ende begreift sie sich selber [...]. Nachdem sie also alles in sich aufgenommen und ihre Alleinexistenz proklamiert hat, entdeckt plötzlich der Mensch, daß er, der doch längst philosophisch verdaute, noch da ist. [...] Ich Staub und Asche, Ich bin noch da. Und philosophiere, d.h.: ich habee die Unverschämtheit, die Allherrscherin Philosophie zu philosophie-ren." (GS III, 126 f.)

Auch der erste Band des Stern der Erlösung setzt dieses existentielle Selbstverständnis des Denkens voraus, obwohl erst der zweite Band hierfür die Grundlagen nachliefern wird. Gleich in den ersten Sätzen der Einleitung "Über die Möglichkeit, das All zu erkennen - in philosophos!" macht Rosenzweig diesen existentiellen Standort des Denkens an der Erfahrung des Todes deutlich: "Vom Tode, von der Furcht des Todes, hebt alles Erkennen des All an. [...] Aber die Philosophie leugnet diese Ängste der Erde. [...] Und es ist der letzte Schluß dieser Weisheit: der Tod sei - Nichts. Aber in Wahrheit ist das kein letzter Schluß, sondern ein erster Anfang, und der Tod ist wahrhaftig nicht, was er scheint, nicht Nichts, sondern ein unerbittliches, nicht wegzuschaffendes Etwas. [... Diese] nicht aus der Welt zu bannende Wirklichkeit des Todes, die sich an dem nicht zu schweigenden Schrei der Opfer verkündet, sie macht den Grundgedanken der Philosophie, den Gedanken des einen und allgemeinen Erkennens des All zur Lüge, noch ehe er gedacht ist." (GS II 3 ff.)

Der Tod wird nicht dadurch überwunden, dass er von der Vernunft begriffen in die Erkenntnis des All einbezogen wird; denn für den Menschen in seinem irdischen Dasein verliert er dadurch keineswegs seinen "Giftstachel". Wo das Denken mit all seinen Inhalten sich nicht mehr aus seiner Logik zu erschaffen vermeint, sondern vom existierenden Menschen her versteht, da wird der Tod zum nie erlöschenden Antrieb des Nachsinnens über Gott und die Welt und sich selber: "Der Mensch soll die Angst des Irdischen nicht von sich werfen, er soll in der Furcht des Todes - bleiben." (GS II 4)

Rosenzweig nennt dieses hierdurch sichtbar werdende tatsächliche Dasein jenseits aller philosophischen Bestimmungen des Menschen: das metaethische Selbst. Ist einmal dieser "archimedische Punkt" jenseits der Allerkenntnis des Idealismus gefunden, so zeigt sich, dass auch der tatsächlichen Wirklichkeit jenseits der logischen Bestimmungen ein metalogischer Sinn zukommt und schließlich über alle immanent weltlichen Bestimmungen hinaus auch Gott ein metaphysisches Sein zugesprochen werden kann: "So stößt das Metaethische, wie zuvor das Metalogische, das Metaphysische aus sich ab und macht es gerade dadurch als göttliche 'Persönlichkeit', als Einheit [...] sichtbar [...]. Dem lebendigen Menschen erscheint der lebendige Gott." (GS II 21)


Diese drei der "Eindimensionalität" der idealistischen Philosophie nicht ableitbaren Meta-Gegenstände, dieses dreifach "Tatsächliche", das das Denken zu ergründen versucht, haben die Philosophen seit jeher beschäftigt - man denke nur an das Daimonion des Sokrates, die Weltseele bei Platon und den unbewegten Beweger bei Aristoteles. Aber immer wieder haben Philosophen auch versucht, diese drei Meta-Gegenstände unseres Denkens auseinander abzuleiten, wobei gerade dadurch das Denken, mit einem der Pole verschmolzen, zu einer behauptet absoluten Physik, Logik oder Ethik wird - wie bei Spinoza oder Hegel oder Fichte.


Für das nicht-idealistische Denken erweisen sich diese drei Pole als Tatsächlichkeiten, denen es sich niemals zu entziehen vermag. Um sich diesen drei Polen je für sich annähern zu können, bedient sich das Denken - wie Rosenzweig darlegt - der Methode, die Hermann Cohen am Differential in der Mathematik dargelegt hat. Das Denken beginnt jeweils beim Nichts des Wissens und bewegt sich auf ein Wissen des Tatsächlichen zu. Darin stecken zwei getrennte Bewegungselemente, die durch einen dritten Akt verknüpft werden müssen: "Zwei Wege erschließt es so vom Nichts zum Etwas, den Weg der Bejahung dessen, was nicht Nichts ist, und den Weg der Verneinung des Nichts." (GS II 23)


In der Bejahung des Nicht-Nichts liegt die Zielgerichtetheit, durch die das Denken sich überhaupt vom Nichts des Wissens ab- und dem Etwas zuwendet. Aber aus dieser reinen Hinwendung kommt ihm noch kein bestimmter Wissensinhalt. Diesen erarbeitet sich das Denken aus der beständig fortschreitenden Verneinung des Nichts, wie dies Hegel in seiner Dialektik trefflich charakterisiert hat - wiewohl er nur dieses eine Bewegungsmoment kennt, das er daher fälschlicherweise verabsolutiert. Beide Bewegungsmomente bedürfen schließlich noch der sie vermittelnden Synthesis, die Rosenzweig in betonter Abgrenzung vom Idealismus schlicht "Und" nennt. Es ist dies der unabdingbar notwendige Akt des Zusammenfügens der beiden ersten Bewegungsmomente, die sonst aneinander vorbeilaufen würden.

Obwohl die Methode der Annäherung des Denkens an das Tatsächliche immer dieselbe bleibt, da sie jeweils beim Nichts des Wissens beginnt - "Von Gott wissen wir nichts" (GS II 25), "Von der Welt wissen wir nichts" (GS II 45), "Auch vom Menschen also wissen wir nichts" (GS II 68) -, ist doch die angezielte Tatsächlichkeit eine jeweils andere.

So sagt Rosenzweig im ersten Kapitel "Gott und sein Sein oder Metaphysik": "Wir suchen Gott, wie späterhin Welt und Mensch, nicht als einen Begriff unter anderen, sondern für sich, auf sich allein gestellt, in seiner [...] absoluten Tatsächlichkeit, also gerade in seiner 'Positivität'." (GS II 25) Und ähnlich zielen das zweite Kapitel "Die Welt und ihr Sinn oder Metalogik" sowie das dritte Kapitel "Der Mensch und sein Selbst oder Metaethik" jeweils auf die ganz spezifische Lebendigkeit der Welt und Lebendigkeit des Menschen. Dadurch unterscheiden sich Erkenntnisweg und Ergebnis aller drei Untersuchungen entschieden von einander, wie Rosenzweig in den drei Kapiteln des ersten Bandes strukturell aufzeigt, was sich jedoch auch an der Geschichte philosophischer Erkenntnis demonstriert ließe.

Für uns entscheidend ist hier nur das Gesamtergebnis: Das philosophische Denken, das sich nicht in die eindimensionale Alleinheitslehre des Idealismus verirrt, kann sehr wohl zur Erkenntnis der lebendigen Gottheit, des lebendigen Kosmos, des lebendigen Selbst vordringen, aber diese bleiben für es letztlich nebeneinander bestehende Tatsächlichkeiten, die es nicht von sich aus in Beziehung zu setzten vermag. Symbolisiert werden die drei Tatsächlichkeiten - Gott, Welt, Mensch - von Rosenzweig durch das nach oben gerichtete Dreieck im Davidstern. "Der mythische Gott, die plastische Welt, der tragische Mensch - wir halten die Teile in der Hand" (GS II 91), aber es fehlen "ihre wechselseitigen Beziehungen" untereinander.

Diese Beziehungen, genauer das Sich-Ereignen dieser Beziehungen vermag das philosophische Denken niemals aus sich heraus aufzufinden. Um sie zu erfassen, bedarf es, wie Rosenzweig im zum zweiten Band hinüberblickenden Kapitel "Übergang" ausführt, einer "Umkehr": "Wir stehen an dem Übergang, - dem Übergang des Geheimnisses in das Wunder." (GS II 99)


 

II. Die Bahn oder die allzeiterneuerte Welt

Der zweite Band "Die Bahn oder die allzeiterneuerte Welt" beginnt mit der einleitenden Frage "Über die Möglichkeit, das Wunder zu erleben - in theologos!" Dabei geht es nicht darum, dieses oder jenes unerklärliche Ereignis als ein Wunder zu deuten, sondern um das Wunder des Ereignens sinnhafter Wirklichkeit selbst. Schellings berühmte, auf Leibniz bezugnehmende "verzeiflungsvollen Frage: warum ist überhaupt etwas? warum ist nicht nichts?" (Schelling XIII 7), bleibt der rein rationalen, "negativen Philosophie" ein unbeantwortbares Geheimnis, erst der "positiven Philosophie", die - wie Schelling in seiner Philosophie der Offenbarung ausführte - von dem ihr unvordenklich vorausliegenden Existieren anhebt, wird das Wunder der Existenz in ihrem Sinnhorizont erfahrbar und auslegbar. Auf diese "Umkehr" von der negativen zur positiven Philosophie im Sinne Schellings bezieht sich Rosenzweig im zweiten und zentralen Band des Stern der Erlösung ausdrücklich, geht aber dann in der weiteren Explikation eigene Wege.

Immer schon - so unterstreicht Rosenzweig - wurde die Möglichkeit, das Wunder zu erleben", zunächst an der "Schöpfung" erfahren (GS II 121), sie ist die "Pforte, durch die die Philosophie in das Haus der Theologie eintritt" (GS II 114), denn das schlichte Ereignen eines sinnhaften Daseins ist das Wunder, dem sich die Erfahrung gar nicht entziehen kann. Und doch liegt in der Erfahrung des geschöpflichen Daseins nur ein erstes Moment, denn noch viel zentraler erweist sich das "Offenbarungswunder" der Sprache, das Sich-Ereignen von Sinnhaftigkeit in allem Sprechen selbst. "Denn die Sprache ist wahrhaftig die Morgengabe des Schöpfers an die Menschheit und doch zugleich das gemeinsame Gut der Menschenkinder, an dem jedes seinen besonderen Anteil hat, [...] der Mensch wurde zum Menschen, als er sprach." (GS II 122) Schließlich aber kommt noch ein drittes Moment hinzu: das geschichtliche Ereignen in der Zukunftsgerichtetheit unseres "Wollens auf die Erlösung" hin (GS II 122), "die Zuversicht auf das Kommen des sittlichen Reichs der endlichen Erlösung" (GS II 114).

Alle drei Momente: das Ereignis geschöpflichen Daseins, das Ereignis sprachlicher Verständigung, das Ereignis geschichtlicher Zukunftsgerichtetheit lassen sich aus der reinen Logik idealistischen Denkens niemals ableiten, denn sie liegen allem Denken im existentiellen Vollzug unseres Denken immer schon voraus. So bedarf es erst einer "Umkehr" zu einem "neuen Denken", von dem her sich unsere daseiende, sprachliche, geschichtliche Existenz aus dem Wunder des Sinnzusammenhangs von Schöpfung, Offenbarung und Erlösung erschließt. Diese drei Ereignismomente - Schöpfung, Offenbarung, Erlösung -, die die ersten drei Elemente der immerwährenden Vorwelt in eine zeitlich-geschichtliche Bahn allzeiterneuerter Wirklichkeit bringen, werden von Rosenzweig mit dem nach unten gerichteten Dreieck des Davidsterns symbolisiert.

1. "Schöpfung oder der immerwährende Grund der Dinge"

Die Philosophie als Vernunftwissenschaft kann die Welt immer nur in ihren allgemeinlogischen Strukturen ihres Begriffenseins ableiten, nicht aber aus ihrem existentiellen Daseinszusammenhang erfassen. "Erst der Gedanke der Schöpfung reißt die Welt aus ihrer elementaren Abgeschlossenheit und Unbeweglichkeit in den Strom des Alls hinein, öffnet ihre bisher ins Innere gekehrten Augen nach außen, macht ihr Geheimnis offenbar." (GS II 131)

Es findet hier zunächst eine totale Umkehrung statt: nicht unser wissenschaftliches Erkennen bestimmt den Gesetzeszusammenhang der Natur, sondern wir erfahren hier das uns immer schon vorliegende sinnhafte Dasein des kreatürlichen Zusammenhangs der Schöpfung: "Die Welt ist vor allem [...] da. Einfach da. Dies Sein der Welt ist ihr Schon-da-sein." (GS II 146) Aber mehr noch: Wir erfahren auch unser eigenes Einbezogensein ins Dasein, erfahren uns als Kreatur gleich aller Kreatur. Zwar sind nur wir ein Dasein, das sich auf sein Dasein hin befragen kann, aber die Einbezogenheit ins Dasein erfahren wir als etwas, was wir mit aller Kreatur gemein haben.

Dasein ist nichts Statisches, sondern bedeutet: "fortwährend neu werden" - Leben, Wachstum, Produktivität. Es erfordert das "ständig erneuerte Geschaffenwerden" (GS II 134 f.). Dies interpretieren wir nicht etwa in die Natur hinein, sondern wir erfahren es in allen Prozessen organischen Lebens und - selber einbezogen in den Gesamtzusammenhang der Kreatur - lebendig an uns selbst.

Im Schon-da-sein liegt darüber hinaus eine erste zeitliche Dimension, eine "Verzeitlichung, spezieller ein [...] Ausgezeichnetsein mit dem Charakter des Vergangenen" (GS II 147). Damit ist nicht gemeint, dass die kreatürliche Natur etwas Abgeschlossenes und Gewesenes sei, vielmehr betont Rosenzweig bereits in der Kapitelüberschrift, dass es sich hierbei um den "immerwährenden Grund der Dinge" handelt. So meint das Schon-da-sein der kreatürlichen Natur nur im Hinblick auf unsere sprachliche Gegenwart eine ständig sich erneuernde Vergangenheit, die niemals Gegenwart war.

Noch deutlicher wird dieser verzeitlichende Vergangenheitscharakter allen kreatürlichen Daseins, wenn wir den Gedanken des Todes hinzuziehen, der unabdingbar zu allem Leben hinzugehört. "Der Tod, jedem geschaffenen Ding ein rechter Vollender zu seiner ganzen Dinglichkeit, rückt unmerklich die Schöpfung ins Vergangene und macht sie so zur stillen, ständigen Voraussage des Wunders ihrer Erneuerung." (GS II 173) Alles kreatürliche Leben steht im Zeichen des Todes, ist Werden und Vergehen. Der Tod ist stärker als alles Lebendige, keine Kreatur kann dem Tod entgehen. Und doch verweist der Tod gerade dadurch über das Leben und sich selbst hinaus. "Der geschaffene Tod des Geschöpfs ist das Vorzeichen auf die Offenbarung des übergeschöpflichen Lebens." (GS II 173) Das "übergeschöpfliche Leben" liegt jedoch nicht jenseits des Lebens und nach dem Tode, sondern erblüht mitten im Leben über es hinaus. Es ist dies die Sinndimension der Sprache, das Miteinander-sprechen-Können der Menschen, deren Ermöglichungsgrund die Liebe ist.

2. "Offenbarung oder die allzeiterneuerte Geburt der Seele"

"Stark wie der Tod ist Liebe." So beginnt Rosenzweig das zweite Kapitel "Offenbarung oder die allzeiterneuerte Geburt der Seele", das ein einziger Hymnus auf die Liebe ist. "Dem Tod [...] sagt die Liebe den Kampf an" (GS II 174). Die Liebe, von der Rosenzweig hier spricht, ist zunächst die Liebe, in der Gott sich den Menschen offenbart; erst später werden wir noch auf das Liebesgebot der Menschen untereinander kommen. Obwohl Rosenzweig in diesem zweiten Kapitel des zweiten Bandes, dem Herzstück seines Stern der Erlösung, fast ausschließlich theologisch spricht, dürfen wir doch nicht den philosophischen Kern übersehen, der das ganze Werk von Rosenzweig trägt. Unter Offenbarung haben wir philosophisch unsere Sinnerschlossenheit in der Sprache zu verstehen. Sprache ist dabei keine Gegebenheit, sondern ein Ereignis, das sich im Sprechen der Menschen miteinander vollzieht.

Dass das Ich, das wir je selber sind, nicht aus sich selbst, sondern nur vom Anderen her angesprochen und auf den Anderen hin antwortend sich existentiell selber zu finden vermag, wird von Rosenzweig zum zentralen Gedanken seiner Grundlegung unseres existentiellen und dialogischen in der Sprache-Seins. Rosenzweig erläutert dies im Stern gleichnishaft an der Namensrufung des Menschen durch Gott: Wo bist Du Adam? Erst ihr gegenüber vermag der Mensch - eigentlich erst seit Abraham -, das existentiell bewusste und entschiedene: "Hier bin ich" zu antworten. Dieses Angerufenwerden ist kein einmaliger Akt, sondern ereignet sich in allem Sprechen, in allem Sinngeschehen. Es geht Rosenzweig hier um das Wunder des "wirklich Gesprochenwerdens der Sprache" (GS II 194), um das gesprochene, gehörte und erwiderte "wirkliche Wort".


In diesem Ereignen von Sinnverständigung liegt "das Erlebnis einer Gegenwart", ja im "sprechenden Denken" erschließt sich dem je Eigensten unserer Seele die neue zeitliche Dimension der allzeiterneuerten Gegenwärtigkeit. "Im wirklichen Gespräch geschieht eben etwas; ich weiß nicht vorher, was mir der andre sagen wird, weil ich nämlich auch noch nicht einmal weiß, was ich selber sagen werde; ja vielleicht noch nicht einmal, daß ich überhaupt etwas sagen werde." (GS III 151) So liegt in der Sprache sowohl das existentielle "Bedürfnis des andern" als auch, "was dasselbe ist", ein "Ernstnehmen der Zeit" (GS III 151 f.) in ihrem Gegenwärtigsein.


Nun können wir mit Rosenzweig den Bogen zurückschlagen zur Liebe, denn "die Liebe ist, wie die Sprache selbst, sinnlich-übersinnlich" (GS II 224), und die "sprechende Sprache" ist die wirkliche, die gegenwärtige Offenbarung, "ja [diese] ist das Gegenwärtigsein selbst" (GS II 207). Nun ist der philosophische Sinn verständlich, der in der Aussage liegt: "Der Tod ist das Letzte und Voll-endende der Schöpfung - und die Liebe ist stark wie er." (GS II 225) Die ganze Dimension sprechender Sinnverständigung ist kein Teil der Schöpfung mehr, und sie unterliegt damit auch nicht mehr dem Gesetz des Todes. Die Sprache ist keine Naturgegebenheit, sie ist kein Teil der Schöpfung; aber ebenso wenig ist sie eine Erfindung und Verabredung der Menschen, denn jede Verabredung setzt Sprache immer schon voraus. Zwar ereignet sich Sprache - wie wir gerade mit Rosenzweig unterstrichen haben - immer nur ganz gegenwärtig im wirklichen Sprechen und Hören, Antworten und Schweigen, aber deren ermöglichende Sinnstiftung, in der wir je und je stehen, geht allem Sinnverstehen und aller Sinnverständigung grundlegend schon voraus. "[D]as Denken ist stumm in jedem Einzelnen für sich und doch allen gemein; durch diese Gemeinsamkeit begründet es die wirkliche Gemeinsamkeit des Sprechens [...]. Statt der Sprache vor der Sprache steht die wirkliche Sprache vor uns. [...] Das Wort des Menschen ist Sinnbild: jeden Augenblick wird es im Munde des Sprechers neu geschaffen, doch nur, weil es von Anbeginn an ist und jeden Sprecher, der einst das Wunder der Erneuerung an ihm wirkt, schon in seinem Schoße trägt." (GS II 121 ff.)


Dieses Vorausgehen liegt jedoch nicht wie das Dasein des kreatürlichen Lebens immerwährend vor, sondern ereignet sich allzeiterneuernd als das in den Sinngerufensein eines jeden einzelnen in den Akten sprechender Wechselrede und jedes aktualen Sinngeschehens. Die Anrufung oder besser Einrufung in den Sinn ist die Offenbarung selbst, sie ereignet sich allzeiterneuert in der Gegenwärtigkeit jeder sprechenden Wechselrede. Hierin offenbart sich die dem Menschen und ihm allein geltende Liebe Gottes.


3. "Erlösung oder die ewige Zukunft des Reichs"

"Liebe deinen Nächsten. Das ist, so versichern Jud und Christ, der Inbegriff der Gebote. Mit diesem Gebot verläßt die mündig gesprochene Seele das Vaterhaus der göttlichen Liebe und wandert hinaus in die Welt." (GS II 229) So beginnt das dritte und letzte Kapitel des zweiten Bandes "Erlösung oder die ewige Zukunft des Reichs". Mit ihm wird eine dritte Dimension menschlicher Existenz betreten, die der Sittlichkeit, und in ihr erschließt sich uns auch die dritte Zeitform, die der Zukunft.
In der Gleichnishaftigkeit seiner religiösen Sprache drückt Rosenzweig das Problem so aus: "Die Liebe zum Nächsten ist das, was jene bloße Hingegebenheit in jedem Augenblick überwindet und dennoch stets voraussetzt. [...] Die Liebe zu Gott soll sich äußern in der Liebe zum Nächsten." (GS II 238 f.) Das Hineingerufensein in die Sinnverständigung, die sich in allem Sprechen mit Anderen ereignet, setzt im Grunde das sittliche In-die-Verantwortung-Gerufensein durch den Anderen bereits voraus und treibt zur Verwirklichung dieser sittlichen Verantwortung voran. Auf diesen Anspruchshorizont sittlichen Menschseins hin kann sich erst die Eigentlichkeit menschlicher Existenz erfüllen.

Mit Recht hebt Rosenzweig hervor, dass das Liebesgebot in seiner Urfassung nicht etwa die einem am nächsten stehenden Menschen meint, sondern schlechthin den Anderen, der jeweils der sittlichen Zuwendung bedarf. Dabei kann das Gebot der Nächstenliebe sich niemals in der Zuwendung an einen einzelnen erfüllen, denn immer wieder neue Nächste, die unserer Zuwendung bedürfen, treten in unseren Gesichtskreis. Auch wird es nicht durch die faktische Dominanz einer unsittlichen Wirklichkeit in seinen Anspruch geschmälert. "Diese Erfüllung von Gottes Gebot in der Welt ist ja nun nicht ein einzelner Akt, sondern eine ganze Reihe von Akten; die Liebe des Nächsten bricht immer neu hervor; sie ist ein Immerwiedervonvornbeginnen; sie läßt sich durch keine 'Enttäuschungen' beirren; ja im Gegenteil: sie bedarf der Enttäuschungen, damit sie nicht einrostet". (GS II 240)

Als Anspruchshorizont steht sie in der Zeitdimension der Zukunft, die fortdauernd ausständige ist, "die, ohne aufzuhören Zukunft zu sein, dennoch gegenwärtig ist" (GS II 250). Das Zukünftige - so führt Rosenzweig aus - ist "nur zu fassen durch das Mittel der Vorwegnahme. [...] Die Zukunft wird erlebt nur in der Erwartung. [...] So ist sie [...] ein Kommen. Sie ist das was kommen soll. Sie ist das Reich." (GS II 244 f.) Aber das Reich kommt nicht von sich aus, sondern es muss vielmehr durch die sittliche Tat der Nächstenliebe erstrebt und erwirkt werden. "Auf die Welt also ist die Tat gerichtet" (GS II 243).

Hierauf aufbauend thematisiert Rosenzweig die Geschichtlichkeit der menschlichen Existenz, indem er zusammenfassend die drei Zeitdimensionen aufeinander bezieht. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gehen nicht auseinander hervor und ineinander über: Alles Dasein ist grundsätzlich immerwährende Vergangenheit, alles Sinnverstehen und alle Sinnverständigung ist allzeiterneuerte Gegenwart, und aller sittlicher Anspruch ist fortdauernde ausständige Zukunft, nur erinnernd und erzählend bzw. erwartend und vorwegnehmend können wir uns Vergangenes und Zukünftiges vergegenwärtigen, niemals aber verändern dabei Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft ihr strukturelles Gefüge zueinander. Nur gemeinsam bilden diese Zeitdimensionen die Grundlage menschlicher Geschichte.


Rosenzweigs Geschichtsbegriff steht ganz im Zeichen der Zukunft. Geschichte darf nicht verwechselt werden mit Historie, nach Rosenzweig ist Geschichte das Noch-Ausständige, das uns Aufgegebene, das, was kommen soll. Schon das kreatürliche Da-sein ist trotz des Todes für die einzelne Kreatur ein unablässig sich erneuernder Prozess des "Wachsens". Das vom Anspruch der Nächstenliebe bestimmte menschliche Handeln ist unablässlich auf das Kommen des Reichs gerichtetes "Wirken". "Wachsen und Wirken", beide sind in je ihrer Weise auf eine gemeinsame Erfüllung ausgerichtet, und beide sind darin unabdingbar aufeinander angewiesen, denn die Schöpfung kann sich nicht ohne den Menschen und das Reich nicht ohne die Einbeziehung aller Geschöpfe erfüllen. Schöpfung und Geschichte, Wachsen und Wirken, sie "können sich selber nicht voneinander lösen, sie können nur miteinander - er-löst werden, erlöst von einem dritten, der eines am andern, eines durch das andere erlöst [...], nur Einer kann ihnen Erlöser werden." (GS II 255) Und auf die Erlösung bezogen lässt sich sagen, dass sie nicht nur so stark wie der Tod ist, sondern stärker als er.

Erlösung ist - wie Rosenzweig im Übergangskapitel "Schwelle" ausführt - Heimholung von Schöpfung und Geschichte in die Ewigkeit Gottes. Sie kann nicht erwirkt und erstritten werden, sondern sie ist ein Ereignis, das grundsätzlich von Außen an Schöpfung und Geschichte herantritt, ein Ereignis, dass grundsätzlich messianisch jeden Augenblick eintreten kann, im Tod eines jeden einzelnen von uns, genauso wie im Tod der Menschheit insgesamt und im Tod aller Kreatur. Die Ewigkeit der Erlösung ist kein zeitlicher Zustand nach der Zeit, sondern schlechthin außer der Zeit. In ihr ist alle Zeit selbst aufgehoben. "Von Gott also nimmt die Erlösung ihren Ursprung, und der Mensch weiß weder Tag noch Stunde. Er weiß nur, daß er lieben soll und stets das Nächste und den Nächsten [...]; und ob sich Welt und Mensch nun heute finden oder morgen oder wann - die Zeiten sind unberechenbar, sie weiß nicht Mensch noch Welt; die Stunde weiß allein Er, der das Heute jeden Augenblick erlöst zur Ewigkeit. Die Erlösung ist also Ende, vor dem alles Angefangene in seinen Anfang zurücksinkt." (GS II 269)

 

III. Die Gestalt oder die ewige Überwelt

Bereits der Titel des dritten Teils "Die Gestalt oder die ewige Überwelt" spricht aus, dass es jetzt nicht mehr um die zeitlich-geschichtliche Erfahrung, sondern um das Überzeitliche, das Ewige geht, und zwar nicht das Ewige an sich, sondern insofern wir zu ihm in Beziehung stehen. So handelt der ganze dritte Teil von der Ewigkeit, die im Ritus einer Glaubensgemeinschaft mitten in die weltlichen Geschichte hereinstrahlt, die Gemeinschaft im Kultus aus der Zeit auf die Ewigkeit hin hinaushebt.

Schon in der Einleitung "Über die Möglichkeit, das Reich zu erbeten - in tyrannos!" deutet Rosenzweig an, dass die Liebestat am Nächsten, wie sie vorher grundsätzlich thematisiert worden war, im je konkreten Lebensvollzug völlig blind bleibt, wenn sie nicht durch das Gebet, diesem individuellen Inbezugtreten mit Gott, Erleuchtung erfährt. Die Liebestat sieht nicht, wer der Nächste ist und was als nächstes sie zu tun hat; oft erkennt sie erst aus den nicht gewollten Folgen, was sie hätte wahrhaft tun oder lassen sollen, oder sie erkennt aus Fügungen, dass sie zu früh verzagte.

Hier nun liegt die Bedeutung des Gebets, die immer Zwiesprache ist; niemals kann das Gebet etwas herbeizwingen, noch können die konkreten Umstände den Menschen zwingen von der Nächstenliebe zu lassen. "Gott will offenbar nur die Freien zu den Seinen. [...] Und so bleibt ihm gar nichts übrig - er muß den Menschen versuchen [...]. Der Mensch muß also wissen, daß er bisweilen versucht wird um seiner Freiheit willen. [...] Indem [er] sich vor Gottes Versuchung fürchtet, weiß [er] doch in sich die Kraft, Gott selber zu versuchen." (GS II 296 f.)

Aus der Zwiesprache des Gebets erwächst dem Menschen nur Erleuchtung, was ihm im Hinblick auf das Gebot der Nächstenliebe zu tun oder zu lassen obliegt. "Und so kommt das Gebet, das an sich keine magische Kräfte hat, dennoch, indem es der Liebe den Weg erleuchtet, zu magischen Wirkungsmöglichkeiten. Es kann in die göttliche Weltordnung eingreifen. Es kann der Liebe die Richtung geben" (GS II 301), um dadurch zur "Beschleunigung" der Herbeikunft des Reichs der Erlösung beitragen zu können.

Das Gebet soll aber nicht nur sporadisch und in Situationen der Anfechtung erfolgen, sondern das ganze Leben durchdringen und leiten, es soll den "Dienst der Erde, die Arbeit der 'Kultur' [...] rhythmisch regeln" (GS II 324), und dies kann es nur dort, wo es das Leben einer ganzen Glaubensgemeinschaft bestimmend erfüllt. Davon nun, wie das Gebet, der Kultus in unterschiedlicher Weise die jüdische und die christliche Glaubensgemeinschaft durch die heiligen Feste leitet, handelt der dritte Band des Stern.

Im ersten Kapitel dieses dritten Bandes "Das Feuer oder das ewige Leben" - dem Innenbereich des Davidsterns - geht Rosenzweig auf das durch die Zwiesprache mit Gott bestimmte Leben der Juden ein. Dem jüdischen Volk ist durch Gott offenbart, dass es ewig Sein Volk ist. Und daraufhin ist auch der Kreislauf der Feste und Gebete bestimmt und durchdrungen von der Verheißung, das eine, das ewige Volk zu sein. "Gepriesen sei, der ewiges Leben gepflanzt hat mitten unter uns. Inmitten des Sterns brennt das Feuer. [...] Das Kernfeuer muß brennen ohne Unterlaß. Seine Flamme muß sich ewig aus sich selber nähren. [...] Es muß sich selbst ewig fortzeugen". (GS II, 331)

Aber das jüdische Volk muss für seine Treue zum Bund mit Gott, durch den es ewiges Leben erlangt, seit fast zwei Jahrtausenden schon mit dem Ausschluss aus der Weltgeschichte bezahlen. Dieses Volk besitzt als Volk kein eigenes Land, keine eigene Sprache, kein eigenes Gesetz mehr. Die Juden wohnen verstreut unter den Völkern in fremden Ländern, nur in ihrem Herzen brennt die Sehnsucht nach ihrem "heiligen Land", sie sprechen die Sprachen fremder Völker, nur in der Thora und ihrer Auslegung lebt ihre "heilige Sprache" fort, sie fügen sich den Gesetzen fremder Staaten, nur in ihren intimsten Lebensbereichen halten sie an ihrer "heiligen Gesetzeslehre" fest.

Dieses Herausgehobensein aus dem geschichtlichen Weltlauf drückt sich in der Liturgie der jüdischen Jahresfeste aus, die im Jom Kippur, dem Fest des Erlösungstages gipfeln. Sie alle verweisen auf Offenbarungsereignisse des Volkes Israel, die in ihrer Folge den Bund Gottes mit seinem Volk bezeugen, beschwören und damit als ewigen Bund immer wieder neu besiegeln.

Ganz anders ist das Leben der christlichen Völker bestimmt, das Rosenzweig im zweiten Kapitel "Die Strahlen oder der ewige Weg" behandelt - die äußeren Strahlen des Davidsterns, die in das Dunkel der heidnischen Welt hinausweisen. "Aus dem feurigen Kern des Sterns schießen die Strahlen. Sie suchen sich ihren Weg durch die lange Nacht der Zeiten. Es muß ein ewiger Weg sein, kein zeitlicher, ob er gleich durch die Zeit führt. [...] So bleibt ihm nur eins: er muß der Zeit Herr werden ... Das Christentum ist es, das also die Gegenwart zur Epoche gemacht hat. [...] So wird das Christentum [..] gewaltig über die Zeit. [...] Das Christentum als ewiger Weg muß sich immer weiter ausbreiten. [...] Die Christenheit muß missionieren. [...] Ja, das Missionieren ist ihr geradezu die Form der Selbsterhaltung. Sie pflanzt sich fort, indem sie sich ausbreitet." (GS II, 374 ff.)

Anders als das Judentum, das an das ewige Leben eines Volkes gebunden ist, ist das Christentum eine über alle Völker ausgreifende Gemeinschaft der Glaubenden, derer, die an Christus glauben und ihm nachfolgen. Daher wendet sich das Christentum an jeden als Glaubenden, und es kann sich nur durch den Glauben jedes einzelnen und seine zeugnisgebende Weitergabe hindurch fortpflanzen. Über alle "Unterschiede der Geschlechter, Alter, Klassen, Rassen hinweg" ist das Christentum "das Band der Brüderlichkeit" (GS II, 382). Das Band ihrer Brüderlichkeit ist der gemeinsame Glaube an Christus den Gekreuzigten, ihren Heiland. Auf seinen Erdenwandel bezieht sich die Liturgie aller christlichen Jahresfeste. Sie verweisen auf Christus als den Vermittler des neuen Bundes der Glaubenden mit Gott. Aus dieser Mittlerrolle erwächst den Christen jedoch eine eigentümliche - den Juden unfaßbare - Gespaltenheit der christlichen Wegorientierungen, die sich bezogen auf Gott, Mensch und Welt in der Trennung von "Vater und Sohn", "Priester und Heiliger" sowie "Staat und Kirche" niederschlägt.

Nach dieser Kennzeichnung der Gegensätze zwischen Juden und Christen aber kommt das Entscheidende: das Angebot einer jüdisch-christlichen Partnerschaft über das unaufhebbar Trennende hinweg. Weder im jüdischen Glauben, der im verheißenen ewigen Leben des jüdischen Volkes wurzelt, noch im christlichen Glauben, dem die Erlösung aus der Nachfolge des ewigen Wegs verheißen wird, liegt bereits die ganze Wahrheit - dies ist das Fazit des dritten Kapitels "Der Stern oder die ewige Wahrheit". Nur "Gott ist die Wahrheit" (GS II, 423). Beide - der Jude und der Christ - können aneinander ihre Grenze und ihren Halt erfahren, auch nach jüdischer Lehre kann das Reich der Erlösung erst kommen, wenn alle Welt und alle Völker zurückgekehrt sind zu Gott, und auch für die christliche Lehre bleibt das Volk Israel bis dahin Zeuge des alten Bundes mit Gott. So sind beide - Juden wie Christen - getrennt in der Erfüllung je ihres Auftrags und doch gegenseitig aufeinander angewiesen, damit sich ihr Auftrag erfülle. Nur wechselweise sind sie Garanten ihrer Verheißungen - nur gemeinsam sind sie der von Gott entzündete, feurig-strahlende Stern der Erlösung.

"Vor Gott sind so die beiden, Jude und Christ, Arbeiter am gleichen Werk. Er kann keinen entbehren. Zwischen beiden hat er in aller Zeit Feindschaft gesetzt und doch hat er sie aufs engste wechselseitig aneinander gebunden. Uns gab er ewiges Leben, indem er uns das Feuer des Sterns seiner Wahrheit in unserem Herzen entzündete. Jene stellte er auf den ewigen Weg, indem er sie den Strahlen jenes Sterns seiner Wahrheit nacheilen machte in alle Zeit bis hin zum ewigen Ende. [...] Die Wahrheit, die ganze Wahrheit, gehört so weder ihnen noch uns. [...] Und so haben wir beide an der ganzen Wahrheit nur teil. Wir wissen aber, daß es das Wesen der Wahrheit ist, zu teil zu sein, und daß eine Wahrheit, die niemandes Teil ist, keine Wahrheit wäre [...]. So sind wir beide, jene wie wir und wir wie jene, Geschöpfe gerade um dessentwillen, daß wir nicht die ganze Wahrheit schauen ... Aber Gott [...] ist jenseits von allem, was Teil werden mag, er ist noch über dem Ganzen, das bei ihm ja auch nur Teil ist; noch über dem Ganzen ist er der Eine." (GS II, 462 f.)

Damit sind wir nun endgültig bei der allerletzten Frage angelangt, bei der Frage nach Gott selbst. Ihre von Gott uns geschenkte Beantwortung ist für Rosenzweig der eigentlich fundierende Halt der ganzen vorausgehenden Entfaltung seiner Glaubensphilosophie. Gott ist die Erlösung selbst, in ihn gehen Welt und Mensch am Ende der Zeiten auf, so dass Er zum All-Einen wird. "Unmittelbar aber geschieht die Erlösung nur Gott selbst. Ihm selbst ist sie die ewige Tat, in der er sich selbst befreit davon, daß ihm etwas gegenübersteht, was nicht er selbst ist. [...] Die Erlösung erlöst Gott, indem sie ihn von seinem offenbarten Namen ['Ich werde sein, der ich sein werde'] löst." (GS II 426) Gerade hierin erweist sich Gott als die Wahrheit, er ist die Wahrheit, ihr Ursprung und ihr Zielpunkt. "Gott ist die Wahrheit - dieser Satz, mit dem wir ein Äußerstes des Wissens zu erschwingen meinten - sehen wir näher zu, was denn Wahrheit sei, so finden wir, daß jener Satz nur das innigst Vertraute unserer Erfahrung uns mit andrem Wort wiederbringt; [...] daß er Wahrheit ist, sagt uns zuletzt doch nichts anderes, als daß er - liebt." (GS II 432)

Hier kehrt der Gedankengang der positiven Glaubensphilosophie in sein Innerstes, die Offenbarung zurück, aber damit endet noch nicht das Buch Der Stern der Erlösung. Der dritte Band führt noch bis zum "Tor". Dieses Tor führt nicht, wie einige Interpreten meinten, bereits ins ewige Leben, denn dann wäre es die Erlösung und damit Gott selbst, sondern es führt aus dem Buch heraus, d.h. aus dem Sprechen über den Glauben hinaus "INS LEBEN" (GS II 472), in den praktizierten Glauben im "Alltag des Lebens".

In seinen späteren Erläuterungen zum Stern, der Abhandlung "Das neue Denken" (1925) hat Rosenzweig die Absicht des Schlusskapitels nochmals ausdrücklich unterstrichen. "Hier schließt das Buch. Denn, was nun kommt, ist schon jenseits des Buchs, 'Tor' aus ihm heraus ins Nichtmehrbuch." "Das Buch ist kein erreichtes Ziel, auch kein vorläufiges. Es muß selbst verantwortet werden." (GS II 160) "Wahrheit hört so auf, zu sein, was wahr 'ist', und wird das, was als wahr - bewährt werden will. Der Begriff der Bewährung der Wahrheit wird zum Grundbegriff dieser neuen Erkenntnistheorie". (GS III 159 f)

Rosenzweig hat dies nicht nur geschrieben, sondern auch gelebt - durch seine Bildungsarbeit im Freien Jüdischen Lehrhaus und durch seine ausharrende Bewährung in siebenjähriger Todeskrankheit.



1 Vortrag, gehalten zum 70. Todestag von Franz Rosenzweig (10.12.1929) in der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit am 14.12.1999 in Kassel; später gekürzt und überarbeitetet erschienen Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, "Franz Rosenzweig - Der Stern der Erlösung", in: Joachim Valentin, Saskia Wendel (Hrsg.): Jüdische Traditionen in der Philosophie des 20. Jahrhunderts, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft, Darmstadt 2000; inzwischen erneut überarbeitet abschnittweise aufgenommen in: Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, Rosenzweig im Gespräch mit Ehrenberg, Cohen und Buber, Alber Verlag, Freiburg/München 2006.                     <zurück>

2 Von den über 1000 Briefe von Franz Rosenzweig an Margrit Rosenstock-Huessy sind die meisten inzwischen im Buch Franz Rosenzweig, Die "Gritli"-Briefe. Briefe an Margrit Rosenstock-Huessy, hrsg. von Inken Rühle und Reinhold Mayer. Bilam Verlag, Tübingen 2002 veröffentlicht. Ein nahezu vollstündige Edition der Briefe findet sich im Internet im Auftrag des Eugen Rosenstock-Huessy Fund hrsg. von Michael Gormann-Thelen: http://www.ka-talog.de/fund.htm .
Die Antwortbriefe von Margrit Rosenstock-Huessy wurden nach dem Tode von Franz Rosenzweig bedauerlicherweise vernichtet.       <zurück>

 




Literaturhinweise:

Die Schriften Rosenzweigs werden falls nicht ausdrücklich anders vermerkt nach
Franz Rosenzweig, Der Mensch und sein Werk. Gesammelte Schriften I-IV, Den Haag 1976 ff. zitiert.
     Bd. I: Briefe und Tagebücher (zwei Teilbände)
     Bd. II: Der Stern der Erlösung (seitenidentisch mit der Taschenbuchausgabe, Frankfurt a.M. 1988)
     Bd. III: Zweistromland. Kleinere Schriften.
     Bd. IV: Sprachdenken im Übersetzen (Teil 1: Hymnen und Gedichte des Jehuda Halevi; Teil 2: Arbeitspapiere zur Verdeutschung der Schrift).
Franz Rosenzweig, Hegel und der Staat (1920), 2 Bde., Aalen 1962.
Franz Rosenzweig, Büchlein vom gesunden und kranken Menschenverstand (1922/1953), Königsstein/Ts. 1984.
Franz Rosenzweig, Die "Gritli"-Briefe. Briefe an Margrit Rosenstock-Huessy, hrsg. von Inken Rühle und Reinhold Mayer, Tübingen 2002.
Die Schrift,
verdeutscht von Martin Buber in Zusammenarbeit mit Franz Rosenzweig, 4 Bde., Heidelberg 1954 ff.

Leo Baeck, Von Moses Mendelssohn zu Franz Rosenzweig. Typen jüdischen Selbstverständnisses in den letzten beiden Jahrhunderten, Stuttgart 1958.
Yaacov Ben-Chanan, Juden und Deutsche. Der lange Weg nach Auschwitz, Kassel 1993.
Schalom Ben-Chorin, "Franz Rosenzweig und das Ende des deutschen Judentums", in: Wolfdietrich  Schmied-Kowarzik (Hrsg.), Der Philosoph Franz Rosenzweig (1886-1929), 2 Bde. , Freiburg/München 1988, S. 57 ff.
Martin Buber, Ich und Du (1923), in: Martin Buber, Das dialogische Prinzip, Heidelberg 1973.
Bernhard Casper, Das dialogische Denken. Eine Untersuchung der religionsphilosophischen Bedeutung Franz Rosenzweigs, Ferdinand Ebners und Martin Bubers, Freiburg i. Br. 1967.
Hermann Cohen, Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums (1919), Darmstadt 1966.
Ferdinand Ebner, Das Wort und die geistige Realität (1921), Frankfurt a.M. 1980.
Hans Ehrenberg, Die Parteiung der Philosophie. Studien wider Hegel und die Kantianer, Leipzig 1911.
Hans Ehrenberg, Die Heimkehr des Ketzers. Eine Wegweisung, Würzburg 1920.
Hans Ehrenberg, Disputation. Drei Bücher vom Deutschen Idealismus, München 1923-1925.
Rudolf Ehrenberg, Ebr. 10,25. Ein Schicksal in Predigten, Würzburg 1920.
Leonard H. Ehrlich, Fraglichkeit der jüdischen Existenz. Philosophische Untersuchungen zum modernen Schicksal der Juden, Freiburg/München 1993.
Gerda Elata-Alster and Benyamin Maoz, "Some Basic Principles of Psychotherapy in the Light of the Philosophical Writings of Franz Rosenzweig", in: Wolfdietrich

Schmied-Kowarzik (Hrsg.), Der Philosoph Franz Rosenzweig (1886-1929), 2 Bde., Freiburg/München 1988, 713 ff.
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07.09.08