Dissertationen
https://kobra.uni-kassel.de:443/handle/123456789/11490
2024-03-29T09:45:25ZVerantwortung und Ambivalenz
https://kobra.uni-kassel.de:443/handle/123456789/14244
Das Disease-Management-Programm (DMP) nach § 137f SGB V erzielt eine qualitätsvolle Versorgung von chronisch kranken Menschen, u. a. mit Typ-2-Diabetes, durch die z. B. diabetische Folgeschäden vermieden werden können. Die Patientenpartizipation an Therapieentscheidungen im Sinne des Konzepts shared decision making (SDM) soll im DMP dazu beitragen, dass Patienten Behandlungsmöglichkeiten besser einschätzen und gemeinsam mit behandelnden Ärzten Therapieziele setzen können. Die Basis dafür sollen neben evidenzbasierten Informationen auch die Präferenzen und Bedürfnisse der Patienten bilden. Konkrete Maßnahmen, die shared decision making in der Versorgungsroutine fördern, wie Entscheidungshilfe oder Trainings für Ärzte und Patienten, finden im Gegensatz zu anderen Versorgungsprozessen noch keine gesetzliche Verankerung im DMP. Die bereits existierenden DMP-Versorgungsstrukturen lassen die Unterstützung von SDM im DMP allerdings nicht eindeutig erkennen.
Mit der Frage nach den Chancen und Grenzen eines Einsatzes von shared decision making in der DMP-Versorgung von Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 beschäftigt sich die vorliegende Studie. Dafür wurde die Situation der Behandlungsentscheidung mit dem methodischen Ansatz der Situationsanalyse (SA) untersucht, wobei die Gestaltung von Entscheidungsprozessen im Hinblick auf die Versorgungsstrukturen im Mittelpunkt der Auswertungsarbeit stand. Als empirische Basis dienten die teilnehmenden Beobachtungen von Konsultationen in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis in Hessen sowie die im Anschluss geführten Interviews mit an den Beobachtungen teilnehmenden Ärzten und Patienten. Aufgrund der Relevanz der Perspektive der DMP-Vertragspartner im Studiendesign wurden darüber hinaus auch Krankenkassen und die kassenärztliche Vereinigung in Hessen zum Thema DMP und shared decision making befragt.
Entscheidungen lassen sich in der untersuchten DMP-Versorgung aufgrund unterschiedlicher Verständnisse von Verantwortung gestalten. Diese Verständnisse prägen die Situationsdefinition und weisen auf ambivalente Beziehungen zur DMP-Versorgung, zur Patientenpartizipation sowie zur Diabetestherapie. Dabei wird das Konzept shared decision making von den Akteuren als inexistent in der DMP-Versorgung wahrgenommen. Die Ergebnisse dieser Studie lassen Chancen und Grenzen von SDM bei der DMP-Versorgung von Menschen mit Typ-2-Diabetes erkennen, die auf den Bedarf der Umsetzung des Entscheidungskonzepts als wahrnehmbare Regel und Ressource im DMP hinweisen.
2022-01-01T00:00:00ZMazur, AnaDas Disease-Management-Programm (DMP) nach § 137f SGB V erzielt eine qualitätsvolle Versorgung von chronisch kranken Menschen, u. a. mit Typ-2-Diabetes, durch die z. B. diabetische Folgeschäden vermieden werden können. Die Patientenpartizipation an Therapieentscheidungen im Sinne des Konzepts shared decision making (SDM) soll im DMP dazu beitragen, dass Patienten Behandlungsmöglichkeiten besser einschätzen und gemeinsam mit behandelnden Ärzten Therapieziele setzen können. Die Basis dafür sollen neben evidenzbasierten Informationen auch die Präferenzen und Bedürfnisse der Patienten bilden. Konkrete Maßnahmen, die shared decision making in der Versorgungsroutine fördern, wie Entscheidungshilfe oder Trainings für Ärzte und Patienten, finden im Gegensatz zu anderen Versorgungsprozessen noch keine gesetzliche Verankerung im DMP. Die bereits existierenden DMP-Versorgungsstrukturen lassen die Unterstützung von SDM im DMP allerdings nicht eindeutig erkennen.
Mit der Frage nach den Chancen und Grenzen eines Einsatzes von shared decision making in der DMP-Versorgung von Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 beschäftigt sich die vorliegende Studie. Dafür wurde die Situation der Behandlungsentscheidung mit dem methodischen Ansatz der Situationsanalyse (SA) untersucht, wobei die Gestaltung von Entscheidungsprozessen im Hinblick auf die Versorgungsstrukturen im Mittelpunkt der Auswertungsarbeit stand. Als empirische Basis dienten die teilnehmenden Beobachtungen von Konsultationen in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis in Hessen sowie die im Anschluss geführten Interviews mit an den Beobachtungen teilnehmenden Ärzten und Patienten. Aufgrund der Relevanz der Perspektive der DMP-Vertragspartner im Studiendesign wurden darüber hinaus auch Krankenkassen und die kassenärztliche Vereinigung in Hessen zum Thema DMP und shared decision making befragt.
Entscheidungen lassen sich in der untersuchten DMP-Versorgung aufgrund unterschiedlicher Verständnisse von Verantwortung gestalten. Diese Verständnisse prägen die Situationsdefinition und weisen auf ambivalente Beziehungen zur DMP-Versorgung, zur Patientenpartizipation sowie zur Diabetestherapie. Dabei wird das Konzept shared decision making von den Akteuren als inexistent in der DMP-Versorgung wahrgenommen. Die Ergebnisse dieser Studie lassen Chancen und Grenzen von SDM bei der DMP-Versorgung von Menschen mit Typ-2-Diabetes erkennen, die auf den Bedarf der Umsetzung des Entscheidungskonzepts als wahrnehmbare Regel und Ressource im DMP hinweisen.Steuerung im deutschen Gesundheitswesen?
https://kobra.uni-kassel.de:443/handle/123456789/11491
Die Dissertation widmet sich der Prüfung des – die deutsche gesundheitspolitische Diskussion dominierenden und maßgeblich von der orthodoxen Gesundheitsökonomie geprägten – Paradigmas der Steuerung ärztlichen Verhaltens mittels monetärer Anreize. Als „Prüfrahmen“ dienen die strukturierten Behandlungsprogramme (DMP) nach § 137f SGB V und die integrierte Versorgung (IV) nach §§ 140a ff. SGB V, die als deutsche Managed Care-Derivate maßgeblich von diesem Paradigma geleitet sind und, wie die Arbeit zeigt, in der Gesundheitspolitik wiederholt und nachhaltig auch so verhandelt worden sind – mit dem Ziel, zu einer Erhöhung von Qualität und Effizienz des Behandlungsgeschehens beizutragen bzw. den Ausgabenanstieg im Gesundheitswesen zu bremsen. Die Tragfähigkeit der für dieses Paradigma grundlegenden Vorstellung vom Berufsrollenträger als Homo oeconomicus wird Gegenstand einer empirischen Tiefenanalyse, die von einschlägigen professionssoziologischen Ansätzen angeleitet ist. Gezeigt wird zunächst, dass Daten zu den an DMP/IV-Vertragsärzte ausgeschütteten Extrahonoraren an der Erreichung der o. g. gesundheitspolitischen Ziele zweifeln lassen; bestätigt wird schon hier die professionstheoretisch plausible These von der Eigensinnigkeit der fraglichen Berufsgruppe. Die objektiv-hermeneutische Interpretation von Interviews (Protokollen) mit neun ÄrztInnen in intensivem Kontakt zu DMP/IV-Projekten untermauert dies und führt vor Augen, wie es dazu kommt bzw. kommen kann. In allen Fällen geht es um die Bewahrung der (relativen) fachlichen Autonomie, dem Hauptmerkmal einer Profession, sowie um das Fernhalten jeglicher „autonomiegefährdender“ Außeneinflüsse auf das eigene berufliche Handeln – und dies ungeachtet der ja grundsätzlich freiwilligen Entscheidung zur Teilnahme an den Projekten. Mit Blick auf dieses Paradoxon ließen sich im Sample vier Orientierungsmuster identifizieren, die den möglichen Hintergrund des entsprechenden ärztlichen Verhaltens (je unterschiedlich) kennzeichnen und mit folgenden Etiketten versehen wurden: 1) aktives Untertauchen, 2) aktives Ablenken, 3) aktive Selbstverwirklichung und 4) aktives Abschöpfen. Lediglich beim letztgenannten Muster erscheinen die Extrahonorare als Motiv bei der Entscheidung zur Teilnahme, wenngleich es auch hier nicht zu der seitens der DMP- bzw. IV-Protagonisten behaupteten Verhaltensänderung kam, sondern die Verfolgung ganz eigener Ziele im Vordergrund stand. Insgesamt plausibilisieren die Ergebnisse, dass das den Rahmen der vorherrschenden Ordnungspolitik bildende gesundheitsökonomische Modell zur Erklärung ärztlichen Handeln weitgehend ins Leere läuft, sich also die erhofften positiven Auswirkungen auf Qualität und Effizienz der Krankenversorgung und damit auch auf die Gesundheitsausgaben nicht einstellen können.
2019-06-01T00:00:00ZOehme, Holm KarlDie Dissertation widmet sich der Prüfung des – die deutsche gesundheitspolitische Diskussion dominierenden und maßgeblich von der orthodoxen Gesundheitsökonomie geprägten – Paradigmas der Steuerung ärztlichen Verhaltens mittels monetärer Anreize. Als „Prüfrahmen“ dienen die strukturierten Behandlungsprogramme (DMP) nach § 137f SGB V und die integrierte Versorgung (IV) nach §§ 140a ff. SGB V, die als deutsche Managed Care-Derivate maßgeblich von diesem Paradigma geleitet sind und, wie die Arbeit zeigt, in der Gesundheitspolitik wiederholt und nachhaltig auch so verhandelt worden sind – mit dem Ziel, zu einer Erhöhung von Qualität und Effizienz des Behandlungsgeschehens beizutragen bzw. den Ausgabenanstieg im Gesundheitswesen zu bremsen. Die Tragfähigkeit der für dieses Paradigma grundlegenden Vorstellung vom Berufsrollenträger als Homo oeconomicus wird Gegenstand einer empirischen Tiefenanalyse, die von einschlägigen professionssoziologischen Ansätzen angeleitet ist. Gezeigt wird zunächst, dass Daten zu den an DMP/IV-Vertragsärzte ausgeschütteten Extrahonoraren an der Erreichung der o. g. gesundheitspolitischen Ziele zweifeln lassen; bestätigt wird schon hier die professionstheoretisch plausible These von der Eigensinnigkeit der fraglichen Berufsgruppe. Die objektiv-hermeneutische Interpretation von Interviews (Protokollen) mit neun ÄrztInnen in intensivem Kontakt zu DMP/IV-Projekten untermauert dies und führt vor Augen, wie es dazu kommt bzw. kommen kann. In allen Fällen geht es um die Bewahrung der (relativen) fachlichen Autonomie, dem Hauptmerkmal einer Profession, sowie um das Fernhalten jeglicher „autonomiegefährdender“ Außeneinflüsse auf das eigene berufliche Handeln – und dies ungeachtet der ja grundsätzlich freiwilligen Entscheidung zur Teilnahme an den Projekten. Mit Blick auf dieses Paradoxon ließen sich im Sample vier Orientierungsmuster identifizieren, die den möglichen Hintergrund des entsprechenden ärztlichen Verhaltens (je unterschiedlich) kennzeichnen und mit folgenden Etiketten versehen wurden: 1) aktives Untertauchen, 2) aktives Ablenken, 3) aktive Selbstverwirklichung und 4) aktives Abschöpfen. Lediglich beim letztgenannten Muster erscheinen die Extrahonorare als Motiv bei der Entscheidung zur Teilnahme, wenngleich es auch hier nicht zu der seitens der DMP- bzw. IV-Protagonisten behaupteten Verhaltensänderung kam, sondern die Verfolgung ganz eigener Ziele im Vordergrund stand. Insgesamt plausibilisieren die Ergebnisse, dass das den Rahmen der vorherrschenden Ordnungspolitik bildende gesundheitsökonomische Modell zur Erklärung ärztlichen Handeln weitgehend ins Leere läuft, sich also die erhofften positiven Auswirkungen auf Qualität und Effizienz der Krankenversorgung und damit auch auf die Gesundheitsausgaben nicht einstellen können.