dcterms.abstract | Die vorliegende Arbeit beleuchtet die Koordinationschemie zweier Mesoionen, die in Abhängigkeit vom angebotenen Zentralatom als N-heterocyclische Carben- (NHC-) oder Amido-Liganden fungieren. Durch Tautomerisierung der Triazoliumaminid-Form zum korrespondierenden Amino-NHC ermöglichen das seit über einem Jahrhundert bekannte analytische Reagenz »Nitron« (1) sowie dessen in dieser Arbeit entwickeltes Alkyl-Homolog 1-tert-Butyl-4-methyl-1,2,4-triazol-4-ium-3-tert-butylaminid (2) einen bequemen Zugang zur Chemie der NHC. Die elektronischen Eigenschaften dieser »Instant-Carbene« wurden in Umsetzungen der Mesoionen 1 und 2 mit Selen sowie mit {[RhCl(COD)]2} untersucht. Der Vergleich zeigt, dass das Amino-NHC-Tautomer 2’ weniger elektrophil und ein besserer σ-Donor als 1’ ist und eine insgesamt höhere Netto-Elektronendonorfähigkeit aufweist. Umsetzungen der Mesoionen 1 und 2 mit Münzmetall(I)-Salzen unter milden Bedingungen führten zur Bildung von luft- und feuchtigkeitsstabilen NHC–Münzmetall(I)-Komplexen. Je nach stöchiometrischem Verhältnis der Edukte wurden Komplexe der Zusammensetzung [MX(NHC)] (»1 : 1 - Komplexe«, M = Cu, X = Cl, Br, I; M = Ag, X = Cl, Br; M = Au, X = Cl; NHC = 1’, 2’) oder [MX(NHC)2] bzw. [M(NHC)2]X (»2 : 1 - Komplexe«, M = Cu, X = Cl, Br, I; M = Ag, X = Cl, Br, F3CSO3 (OTf); M = Au, X = Cl; NHC = 1’, 2’) in hohen Ausbeuten erhalten. Bei Anregung mit UV-Licht emittieren die NHC–Münzmetall(I)-Komplexe von 2‘ überwiegend im blauen Spektralbereich mit z. T. sehr hohen Quantenausbeuten. Erste Analysen weisen auf Phosphoreszenz als strahlenden Prozess hin, dem womöglich Intraligand-basierte Ladungsübertragungsprozesse zugrunde liegen. Parallel zur Chemie der NHC birgt das Strukturmotiv der Triazoliumaminide den Zugang zur Koordinationschemie der Guanidinate, wobei verschiedene Bindungsmodi der Mesoionen denkbar sind. Umsetzungen von 1 bzw. 2 mit Me3SiOTf sowie mit SiCl4 lieferten die Silylamine Me3Si(1)(OTf), Me3Si(2)(OTf), Cl3Si(1)Cl und Cl3Si(2)Cl, in denen das jeweilige Mesoion einzähnig an Silicium(IV) bindet. Derselbe Bindungsmodus wurde bei schwerlöslichen Amido–Zirkonium(IV)-Komplexen [ZrCl4(Mesoion)] (Mesoion = 1, 2) aus Umsetzungen von 1 bzw. 2 mit ZrCl4 gefunden. Bei diesen sowie beim analogen Titan(IV)-Komplex [TiCl4(1)] gibt es konkrete Hinweise auf eine höhere Koordinationszahl am Zentralatom, was auf Chlorido-verbrückte Koordinationsoligomere oder -polymere im Festkörper hinweist. Zur Verbesserung der Stabilität und der Löslichkeit von [TiCl4(1)] wurden THF, DMAP und 4-tert-Butylpyridin (tBuPy) als zusätzliche Liganden eingesetzt, was im Fall von [TiCl4(1)(THF)] gelang. Die Derivate [TiCl4(1)(DMAP)] und [TiCl4(1)(tBuPy)] konnten aufgrund ihrer sehr geringen Löslichkeit nur im Feststoff charakterisiert werden. Alle Titan(IV)-Komplexe von 1 besitzen charakteristische, intensive Farben. In diesem Zusammenhang wurde auch ein unlöslicher, schwarzvioletter DMAP–Titan(IV)-Komplex der Zusammensetzung [TiCl4(DMAP)2] erhalten, der bislang nicht beschrieben worden war. Umsetzungen von 2 mit TiCl4 führten zur De-tert-Butylierung des Mesoions und zur Bildung eines Titan(IV)─Imido-Komplexes. Dass tert-Butyl-substituierte Amine zur Abspaltung des Alkyl-Rests im Sinne einer beta-H-Eliminierung neigen, ist durchaus bekannt, allerdings wurde die Synthese eines Imido-Komplexes ausgehend von tert-Butyl-substituierten Amido-Liganden bislang nicht beschrieben. Nicht zuletzt gestaltet sich die Möglichkeit interessant, NHC- und Amido-Komplexe in ein- und demselben Molekül zu vereinen. Der Schlüssel hierfür liegt in der Deprotonierung der Mesoionen unter formaler Bildung der jeweiligen Amido-NHC. Erste Experimente loten die Reaktionsbedingungen aus und liefern konkrete Hinweise auf einen heterodimetallischen Amido–Titan(IV)-NHC–Gold(I)-Komplex von 1 sowie den N-silylierten »2 : 1« - NHC–Gold(I)-Komplex von 2. | ger |