Buch
Selbstreflexion zwischen psychologischer Theorie und schulischer Praxis
Abstract
Der vielfach betonten Notwendigkeit für Lehrkräfte sich im professionellen Handeln stetig zu reflektieren und der Forderung diese Fähigkeit bereits in der Lehramtsausbildung anzubahnen, steht die mangelnde Klarheit darüber gegenüber, wie genau sich Selbstreflexion praktisch vollzieht, was sie auslöst und wie sie gefördert werden kann. Die vorliegende Dissertation arbeitet die aktuelle theoretische Konzeptualisierung der Selbstreflexion aus psychologischer Perspektive auf und versucht die Rolle emotionalen Erlebens als Information mit Steuerungsfunktion in ein aktualisiertes Prozessmodell der Selbstreflexion zu integrieren. Auf Grundlage des Modells, wird die Bedeutung der Selbstreflexion im Kontext der Lehramtsausbildung dargelegt und schließlich grundlagen- sowie anwendungsorientierte Fragestellungen abgeleitet. Mithilfe dreier Untersuchungen werden diese Fragen bearbeitet: Studie 1 prüft als experimentelle Feldstudie in einem 2*2 Design, wie sich die Selbstreflexion Lehramtsstudierender (N = 1631) von Anfang bis Ende des Studiums (6 MZP) entwickelt, ob Schulpraktika in Abhängigkeit von ihrer Realisierungsform dabei eine Rolle spielen sowie ob negativ-deaktivierendes emotionales Erleben funktionale von dysfunktionaler Selbstreflexion trennen kann. Studie 2 fragt Lehramtsstudierende (N = 700) in einer messwiederholten Feldstudie (5 MZP), welchen Reflexionsanlässen bzw. Problemen sie innerhalb ihres schulischen Praktikums begegnen, ob sich diese im Verlauf des Praktikums verändern, sowie welche Rolle die Probleme in Kombination mit positiv-aktivierendem und negativ-deaktivierendem emotionalen Erleben für die Selbstreflexionsentwicklung spielen. Studie 3 ist in einem unvollständigen 3*5 Mischdesign realisiert (Problemperspektive, Wiederholung / Übung) und konfrontiert Lehramtsstudierende (N = 116) mit den in Fallvignetten übersetzten Praxisproblemen aus Studie 2. Untersucht wird wie sich der Selbstreflexionsprozess qualitativ differenzieren lässt, welche Bedeutung emotionales Erleben (nach Valenz und Aktivierungspotential) im Prozess hat, ob die wiederholte Reflexion selbstrelevanter Probleme günstige Übungseffekte zeigt, sowie ob die Reflexionsperspektive dabei eine Rolle spielt. Für die theoretische Konzeptualisierung der Selbstreflexion unter Berücksichtigung emotionalen Erlebens zeigen sich folgende grundlagenorientierten Ergebnisse:
Deaktivierendes emotionales Erleben (z.B. Gelassenheit oder Schwermut) zeigt unabhängig von seiner Valenz eher ungünstige Zusammenhänge mit Komponenten der Selbstreflexion, wie z.B. Selbstaufmerksamkeit, selbstreflexiver Aktivität und selbstreflexiven Einsichten. Probleme regen unabhängig von konnotiertem emotionalen Erleben die Entwicklung selbstreflexiver Einsichten an. In der qualitativen Differenzierung zeigt sich, dass Probleme während der Selbstreflexion nicht nur wahrgenommen, sondern auch bewertet und mögliche Ursachen antizipiert werden, sowie dass sich Selbstaufmerksamkeit im Nacherzählen des Problems, dem Äußern von Gefühlen und in Form von Selbstmotivation zeigt. Als Ergebnis des Selbstreflexionsprozesses finden sich neben selbstreflexiven Einsichten Überlegungen mit unterscheidbarer zeitlicher Ausrichtung, das Orientieren an Normen, sowie konkrete Überlegungen zum Ändern von Intention, emotionalem Erleben oder dem eigenen Verhalten. Die Manipulation von Selbstdistanz wirkt sich auf selbstreflexive Inhalte aus, nicht jedoch auf die quantitativ gemessene Selbstreflexion. Im Bereich der Fragen nach Selbstreflexion im Kontext der Lehrpersonenausbildung lassen sich folgende anwendungsorientierte Ergebnisse berichten: Weitestgehend unabhängig von der Realisierungsform schulischer Praktika führen Lehramtsstudium und darin integrierte Praktika zu mehr selbstreflexiven Einsichten. In der Tendenz scheinen sich besonders späte und lange Praktika günstig auf selbstreflexive Aktivitäten auszuwirken. Lehramtsstudierende sehen sich während schulischer Praktika mit selbstreflexionsanregenden Problemen aus 5 inhaltlichen Bereichen konfrontiert. Über die Zeit der Praktika ändern sich die Arten berichteter Probleme. Werden die Problembereiche in Fallvignetten überführt, eignen sie sich, um die qualitativ-gemessene Selbstreflexion zu verändern.
Deaktivierendes emotionales Erleben (z.B. Gelassenheit oder Schwermut) zeigt unabhängig von seiner Valenz eher ungünstige Zusammenhänge mit Komponenten der Selbstreflexion, wie z.B. Selbstaufmerksamkeit, selbstreflexiver Aktivität und selbstreflexiven Einsichten. Probleme regen unabhängig von konnotiertem emotionalen Erleben die Entwicklung selbstreflexiver Einsichten an. In der qualitativen Differenzierung zeigt sich, dass Probleme während der Selbstreflexion nicht nur wahrgenommen, sondern auch bewertet und mögliche Ursachen antizipiert werden, sowie dass sich Selbstaufmerksamkeit im Nacherzählen des Problems, dem Äußern von Gefühlen und in Form von Selbstmotivation zeigt. Als Ergebnis des Selbstreflexionsprozesses finden sich neben selbstreflexiven Einsichten Überlegungen mit unterscheidbarer zeitlicher Ausrichtung, das Orientieren an Normen, sowie konkrete Überlegungen zum Ändern von Intention, emotionalem Erleben oder dem eigenen Verhalten. Die Manipulation von Selbstdistanz wirkt sich auf selbstreflexive Inhalte aus, nicht jedoch auf die quantitativ gemessene Selbstreflexion. Im Bereich der Fragen nach Selbstreflexion im Kontext der Lehrpersonenausbildung lassen sich folgende anwendungsorientierte Ergebnisse berichten: Weitestgehend unabhängig von der Realisierungsform schulischer Praktika führen Lehramtsstudium und darin integrierte Praktika zu mehr selbstreflexiven Einsichten. In der Tendenz scheinen sich besonders späte und lange Praktika günstig auf selbstreflexive Aktivitäten auszuwirken. Lehramtsstudierende sehen sich während schulischer Praktika mit selbstreflexionsanregenden Problemen aus 5 inhaltlichen Bereichen konfrontiert. Über die Zeit der Praktika ändern sich die Arten berichteter Probleme. Werden die Problembereiche in Fallvignetten überführt, eignen sie sich, um die qualitativ-gemessene Selbstreflexion zu verändern.
Additional Information
Zugleich: Dissertation, Universität Kassel, 2022Druckausgabe
Link zu kassel university pressCitation
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2023-04-17T13:30:59Z 2023-04-17T13:30:59Z 2023 doi:10.17170/kobra-202303027563 http://hdl.handle.net/123456789/14586 Zugleich: Dissertation, Universität Kassel, 2022 ger kassel university press Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/ Sellbstreflexion Selbstdistanz Selbstaufmerksamkeit Selbsterkenntnis Lehramt 150 370 Selbstreflexion zwischen psychologischer Theorie und schulischer Praxis Buch Der vielfach betonten Notwendigkeit für Lehrkräfte sich im professionellen Handeln stetig zu reflektieren und der Forderung diese Fähigkeit bereits in der Lehramtsausbildung anzubahnen, steht die mangelnde Klarheit darüber gegenüber, wie genau sich Selbstreflexion praktisch vollzieht, was sie auslöst und wie sie gefördert werden kann. Die vorliegende Dissertation arbeitet die aktuelle theoretische Konzeptualisierung der Selbstreflexion aus psychologischer Perspektive auf und versucht die Rolle emotionalen Erlebens als Information mit Steuerungsfunktion in ein aktualisiertes Prozessmodell der Selbstreflexion zu integrieren. Auf Grundlage des Modells, wird die Bedeutung der Selbstreflexion im Kontext der Lehramtsausbildung dargelegt und schließlich grundlagen- sowie anwendungsorientierte Fragestellungen abgeleitet. Mithilfe dreier Untersuchungen werden diese Fragen bearbeitet: Studie 1 prüft als experimentelle Feldstudie in einem 2*2 Design, wie sich die Selbstreflexion Lehramtsstudierender (N = 1631) von Anfang bis Ende des Studiums (6 MZP) entwickelt, ob Schulpraktika in Abhängigkeit von ihrer Realisierungsform dabei eine Rolle spielen sowie ob negativ-deaktivierendes emotionales Erleben funktionale von dysfunktionaler Selbstreflexion trennen kann. Studie 2 fragt Lehramtsstudierende (N = 700) in einer messwiederholten Feldstudie (5 MZP), welchen Reflexionsanlässen bzw. Problemen sie innerhalb ihres schulischen Praktikums begegnen, ob sich diese im Verlauf des Praktikums verändern, sowie welche Rolle die Probleme in Kombination mit positiv-aktivierendem und negativ-deaktivierendem emotionalen Erleben für die Selbstreflexionsentwicklung spielen. Studie 3 ist in einem unvollständigen 3*5 Mischdesign realisiert (Problemperspektive, Wiederholung / Übung) und konfrontiert Lehramtsstudierende (N = 116) mit den in Fallvignetten übersetzten Praxisproblemen aus Studie 2. Untersucht wird wie sich der Selbstreflexionsprozess qualitativ differenzieren lässt, welche Bedeutung emotionales Erleben (nach Valenz und Aktivierungspotential) im Prozess hat, ob die wiederholte Reflexion selbstrelevanter Probleme günstige Übungseffekte zeigt, sowie ob die Reflexionsperspektive dabei eine Rolle spielt. Für die theoretische Konzeptualisierung der Selbstreflexion unter Berücksichtigung emotionalen Erlebens zeigen sich folgende grundlagenorientierten Ergebnisse: Deaktivierendes emotionales Erleben (z.B. Gelassenheit oder Schwermut) zeigt unabhängig von seiner Valenz eher ungünstige Zusammenhänge mit Komponenten der Selbstreflexion, wie z.B. Selbstaufmerksamkeit, selbstreflexiver Aktivität und selbstreflexiven Einsichten. Probleme regen unabhängig von konnotiertem emotionalen Erleben die Entwicklung selbstreflexiver Einsichten an. In der qualitativen Differenzierung zeigt sich, dass Probleme während der Selbstreflexion nicht nur wahrgenommen, sondern auch bewertet und mögliche Ursachen antizipiert werden, sowie dass sich Selbstaufmerksamkeit im Nacherzählen des Problems, dem Äußern von Gefühlen und in Form von Selbstmotivation zeigt. Als Ergebnis des Selbstreflexionsprozesses finden sich neben selbstreflexiven Einsichten Überlegungen mit unterscheidbarer zeitlicher Ausrichtung, das Orientieren an Normen, sowie konkrete Überlegungen zum Ändern von Intention, emotionalem Erleben oder dem eigenen Verhalten. Die Manipulation von Selbstdistanz wirkt sich auf selbstreflexive Inhalte aus, nicht jedoch auf die quantitativ gemessene Selbstreflexion. Im Bereich der Fragen nach Selbstreflexion im Kontext der Lehrpersonenausbildung lassen sich folgende anwendungsorientierte Ergebnisse berichten: Weitestgehend unabhängig von der Realisierungsform schulischer Praktika führen Lehramtsstudium und darin integrierte Praktika zu mehr selbstreflexiven Einsichten. In der Tendenz scheinen sich besonders späte und lange Praktika günstig auf selbstreflexive Aktivitäten auszuwirken. Lehramtsstudierende sehen sich während schulischer Praktika mit selbstreflexionsanregenden Problemen aus 5 inhaltlichen Bereichen konfrontiert. Über die Zeit der Praktika ändern sich die Arten berichteter Probleme. Werden die Problembereiche in Fallvignetten überführt, eignen sie sich, um die qualitativ-gemessene Selbstreflexion zu verändern. open access Krawiec, Veronika 2022-09-26 219 Seiten Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Humanwissenschaften Hänze, Martin (Prof. Dr.) Kuhn, Hans-Peter (Prof. Dr.) Kassel 978-3-7376-1081-0 Selbstreflexion Lehramt Selbstaufmerksamkeit Lehrerbildung publishedVersion true 29,00 Sozialwissenschaft Dissertation FB 01 / Humanwissenschaften Softcover DIN A5 true
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