Datum
2023-06Autor
Leipold, AndreaSchlagwort
300 Sozialwissenschaften, Soziologie Qualitative AnalyseEhrenamtliche TätigkeitBetreuungPflegepersonCareDemenzMetadata
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Dissertation
„Jetzt kommt da so ne fremde Frau.“ Eine qualitative Analyse zur Beziehungsgestaltung in der ehrenamtlichen Betreuung von Menschen mit Demenz
Zusammenfassung
Angesichts der steigenden Demenzprävalenz gilt die Sicherstellung einer angemessenen Versorgung von Menschen mit Demenz als besondere Herausforderung unserer Zeit. Um die häusliche Sorge zu stärken und pflegende Angehörig zu entlasten, bietet die Pflegeversicherung Betreuungsleistungen als niedrigschwellige Unterstützung an. Nach § 45a SGB XI können Ehrenamtliche diese Leistung erbringen und Menschen mit Demenz stundenweise betreuen.
Die Dissertation stellt die bislang kaum erforschte soziale Beziehung zwischen den direkt an der Betreuungspraxis beteiligten Personen in den Mittelpunkt. Im Fokus der empirischen Untersuchung steht die Frage, wie demenzerkrankte Personen, deren pflegende Angehörige und ehrenamtliche Betreuungskräfte ihre gemeinsame Beziehung gestalten und wie die Betreuung ihr subjektives Wohlbefinden beeinflusst. Nur selten schließen Studien zu Unterstützungsangeboten für Menschen mit Demenz die primär Betroffenen ein. Ein zweiter Fokus der Dissertation liegt auf der Gestaltung von ethischen und methodischen Aspekten der qualitativen Forschung, um die Einbeziehung von Menschen mit Demenz zu unterstützen.
Nach Konzepten zu Care lässt sich die Beziehung zwischen einer hilfebedürftigen und einer hilfeleistenden Person als Sorgebeziehung definieren. In einem formellen Unterstützungsangebot wie der ehrenamtlichen Betreuung konstituieren der institutionelle Rahmen, die fürsorgende Praxis, ethische Normen und Aspekte der Selbstsorge die Sorgebeziehung. Handlungstheoretisch betrachtet gestalten die beteiligten Personen ihre Sorgebeziehung, indem sie ihr Handeln interaktiv entwickeln und wechselseitig ausrichten. Zu berücksichtigen ist, dass kognitive und sprachliche Beeinträchtigungen die Interaktion von und mit demenzerkrankten Menschen erschweren.
Der Forschungsprozess folgt der Grounded Theory-Methodologie. Ein exploratives Design kennzeichnet die qualitative Untersuchung. Mit einem Sample von 16 Personen werden vier Betreuungsbeziehungen aus der Perspektive der demenzerkrankten Menschen, der pflegenden Angehörigen und der Betreuungskräfte sowie aus Sicht von hauptamtlichen Koordinatorinnen der Betreuungsangebote analysiert. Die Datenerhebung erfolgt durch explorative Interviews und teilnehmende Beobachtung. Gemeinsame Interviews mit der Betreuungskraft ermöglichen es, Personen mit fortgeschrittener Demenz in die Datenerhebung einzubeziehen. In der interpretativen Analyse wird durch offenes, axiales und selektives Kodieren ein zentrales Phänomen herausgearbeitet, das die Beziehungsgestaltung in der ehrenamtlichen Betreuung beschreiben und erklären kann.
Das zentrale Phänomen, als Harmonisierung bezeichnet, lässt sich als eigene Art der Ausrichtung subjektiv relevanter Merkmale der vier Sorgebeziehungen bestimmen. Betreuungskräfte, Angehörige und demenzerkrankte Menschen richten Unterschiede in personalen Merkmalen und differierende Handlungen neu aus, um eine weitmögliche Passung herzustellen. Ihre Strategien zielen darauf ab, Beziehungsstörungen zu vermeiden und emotional positive Erfahrungen zu generieren. Der fördernde Einfluss auf das subjektive Wohlbefinden reicht jedoch bei den demenzerkrankten Menschen und ihren Angehörigen kaum über die Betreuungszeit hinaus. Neben der empirischen Analyse werden im Rahmen der Dissertation Strategien zur Förderung der Teilhabe von Menschen mit Demenz am Forschungsprozess sowie zur Erhebung und Analyse ihrer Daten entwickelt.
Die pflegerechtliche Positionierung der ehrenamtlichen Betreuung zwischen informeller und professioneller Unterstützung befördert die Ausrichtungsbedarfe in der Sorgepraxis. Nähe und Distanz in der Beziehung, die Übernahme von Sorgeverantwortung und die Priorisierung sorgebezogener Bedürfnisse sind auszuhandeln. Die Betreuungskräfte leisten einen erheblichen Beitrag zur Harmonisierung. Verantwortungstragende sollten sicherstellen, dass Ehrenamtliche nicht zur Kompensation von Versorgungslücken missbraucht werden.
Die Dissertation stellt die bislang kaum erforschte soziale Beziehung zwischen den direkt an der Betreuungspraxis beteiligten Personen in den Mittelpunkt. Im Fokus der empirischen Untersuchung steht die Frage, wie demenzerkrankte Personen, deren pflegende Angehörige und ehrenamtliche Betreuungskräfte ihre gemeinsame Beziehung gestalten und wie die Betreuung ihr subjektives Wohlbefinden beeinflusst. Nur selten schließen Studien zu Unterstützungsangeboten für Menschen mit Demenz die primär Betroffenen ein. Ein zweiter Fokus der Dissertation liegt auf der Gestaltung von ethischen und methodischen Aspekten der qualitativen Forschung, um die Einbeziehung von Menschen mit Demenz zu unterstützen.
Nach Konzepten zu Care lässt sich die Beziehung zwischen einer hilfebedürftigen und einer hilfeleistenden Person als Sorgebeziehung definieren. In einem formellen Unterstützungsangebot wie der ehrenamtlichen Betreuung konstituieren der institutionelle Rahmen, die fürsorgende Praxis, ethische Normen und Aspekte der Selbstsorge die Sorgebeziehung. Handlungstheoretisch betrachtet gestalten die beteiligten Personen ihre Sorgebeziehung, indem sie ihr Handeln interaktiv entwickeln und wechselseitig ausrichten. Zu berücksichtigen ist, dass kognitive und sprachliche Beeinträchtigungen die Interaktion von und mit demenzerkrankten Menschen erschweren.
Der Forschungsprozess folgt der Grounded Theory-Methodologie. Ein exploratives Design kennzeichnet die qualitative Untersuchung. Mit einem Sample von 16 Personen werden vier Betreuungsbeziehungen aus der Perspektive der demenzerkrankten Menschen, der pflegenden Angehörigen und der Betreuungskräfte sowie aus Sicht von hauptamtlichen Koordinatorinnen der Betreuungsangebote analysiert. Die Datenerhebung erfolgt durch explorative Interviews und teilnehmende Beobachtung. Gemeinsame Interviews mit der Betreuungskraft ermöglichen es, Personen mit fortgeschrittener Demenz in die Datenerhebung einzubeziehen. In der interpretativen Analyse wird durch offenes, axiales und selektives Kodieren ein zentrales Phänomen herausgearbeitet, das die Beziehungsgestaltung in der ehrenamtlichen Betreuung beschreiben und erklären kann.
Das zentrale Phänomen, als Harmonisierung bezeichnet, lässt sich als eigene Art der Ausrichtung subjektiv relevanter Merkmale der vier Sorgebeziehungen bestimmen. Betreuungskräfte, Angehörige und demenzerkrankte Menschen richten Unterschiede in personalen Merkmalen und differierende Handlungen neu aus, um eine weitmögliche Passung herzustellen. Ihre Strategien zielen darauf ab, Beziehungsstörungen zu vermeiden und emotional positive Erfahrungen zu generieren. Der fördernde Einfluss auf das subjektive Wohlbefinden reicht jedoch bei den demenzerkrankten Menschen und ihren Angehörigen kaum über die Betreuungszeit hinaus. Neben der empirischen Analyse werden im Rahmen der Dissertation Strategien zur Förderung der Teilhabe von Menschen mit Demenz am Forschungsprozess sowie zur Erhebung und Analyse ihrer Daten entwickelt.
Die pflegerechtliche Positionierung der ehrenamtlichen Betreuung zwischen informeller und professioneller Unterstützung befördert die Ausrichtungsbedarfe in der Sorgepraxis. Nähe und Distanz in der Beziehung, die Übernahme von Sorgeverantwortung und die Priorisierung sorgebezogener Bedürfnisse sind auszuhandeln. Die Betreuungskräfte leisten einen erheblichen Beitrag zur Harmonisierung. Verantwortungstragende sollten sicherstellen, dass Ehrenamtliche nicht zur Kompensation von Versorgungslücken missbraucht werden.
Zitieren
@phdthesis{doi:10.17170/kobra-202306228286,
author={Leipold, Andrea},
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