Ausprägung und Entwicklung wissenschaftlichen Denkens in der Professionalisierung von Lehr-amtsstudierenden
Wissenschaftliches Denken ermöglicht Lehramtsstudierenden auf der einen Seite den Prozess na-turwissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung zu durchdringen, zu evaluieren und problemlösend anzuwenden. Auf der anderen Seite ist es eine wesentliche Voraussetzung, um standardbezoge-nen Unterricht im Kompetenzbereich der Erkenntnisgewinnung zu konzipieren. Dabei handelt es sich jedoch nicht um intuitive und angeborene Kenntnisse und Fertigkeiten, sondern es bedarf einer qualitativen Schulung. Im Lehramtsstudium sollte darauf Bezug genommen und wissenschaft-liches Denken bei den Studierenden umfangreich aufgebaut bzw. vertieft werden. Bisher liegen nur vereinzelte Erkenntnisse zum Wirkzusammenhang einer Intervention auf die Entwicklung wis-senschaftlichen Denkens von Studierenden vor. Aus der Schülerînnenforschung ist jedoch be-kannt, dass sich das Konzept des forschenden Lernens zum Entwickeln von Kompetenzen wissen-schaftlichen Denkens eignet. Die vorliegende Untersuchung ging der Frage nach, wie die Kenntnisse und Fertigkeiten wissenschaftlichen Denkens bei Lehramtsstudierenden zu Beginn ihrer Qualifizierung ausgeprägt sind. Weiterführend wurde eine spezifisch ausgerichtete Intervention konzipiert und deren Wir-kung auf die Entwicklung wissenschaftlichen Denkens im Pre-Post-Follow-Up-Design untersucht. Ferner wurde analysiert, welche Bedingungsfaktoren bei Lehramtsstudierenden Einfluss auf die Entwicklung wissenschaftlichen Denkens nehmen. Für die Interventionsstudie konnten von N = 204 teilnehmenden Studierenden echte längsschnittliche Profile über alle drei Testzeitpunkte von n = 23 Studierende modelliert werden. Zur Operationalisierung wissenschaftlichen Denkens sowie der Bedingungsfaktoren wurden Paper-Pencil-Tests mit halboffenen und geschlossenen Items eingesetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Kompetenzausprägung von Studierenden im Bereich wissen-schaftlichen Denkens zu Beginn des Studiums nur unwesentlich vom erreichten Niveau bei Schü-lerînnen unterscheidet. Durch die Intervention, welche explizit auf den Erwerb wissenschaftlichen Denkens ausgerichtet und angelehnt an das fachdidaktische Konzept des forschenden Lernens konzipiert war, kam es bei den Studierenden langfristig zu einem signifikanten Kompetenzzuwachs wissenschaftlichen Denkens. Die Befunde eines vierten Testzeitpunkts im Masterstudium (n Mas-ter = 29) scheinen die Entwicklungstendenzen des Bachelorstudiums zu bestätigen. Die Ergebnisse deuten aber auch darauf hin, dass die Defizite in den Teilkompetenzen »Formulieren einer Frage-stellung« und »Generieren einer Hypothese« bis zum Ende des Studiums nicht vollumfänglich aus-geglichen werden konnten. Neben den inhaltlichen Schwierigkeiten dieser Teilkompetenzen könn-te eine Erklärung dafür in den gefestigten schulisch geprägten Vorstellungen über die Konstrukte wissenschaftlichen Denkens liegen. Die Korrelations- und Regressionsanalysen deuten an, dass es schwache Zusammenhänge zu den auf wissenschaftliches Denken ausgerichteten Selbstwirksam-keitserwartungen gibt. Weiterhin scheinen die kognitiven Fähigkeiten einen Einfluss auf die Per-formance zu haben. Abschließend kann festgestellt werden, dass eine systematische, explizite, kontinuierliche, diffe-renzierende und forschend angelegten Qualifizierung zum fachmethodischen Wissen die Kompe-tenzen wissenschaftlichen Denkens bei angehenden Lehrkräften aufbauen und erweitern kann.
@phdthesis{doi:10.17170/kobra-202112305349, author ={Wolowski, Julia}, title ={Ausprägung und Entwicklung wissenschaftlichen Denkens in der Professionalisierung von Lehr-amtsstudierenden}, keywords ={370 and 570 and Wissenschaftliches Denken and Lehramtsstudium and Fähigkeit and Erkenntnisfortschritt and Lernen and Professionalisierung and Lehrerbildung}, copyright ={http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/}, language ={de}, school={Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Mathematik und Naturwissenschaften}, year ={2021-09} }