Der Autor beschreibt und analysiert in seiner Dissertation die anthropologische KONZEPTION der Konstruktion des Bildes des Kindes als kompetentem Kind im Hessischen Bildungs- und Erziehungsplan. Zugleich wird in der Analyse auf den sozialpädagogischen, entwicklungspsychologischen und religionspädagogischen Hintergrund dieser Konstruktion verwiesen. Der Hessische Bildungs- und Erziehungsplan (BEP) ist ein Rahmenplan für die den Erziehungsbereich der Kindertagesstätten und der Grundschule und umfasst im Blick auf die Kinder die Altersspanne von der Geburt an bis zum 10. Lebensjahr. Gedacht ist der Plan als ein Steuerungsinstrument für alle an der Erziehung eines Kindes beteiligten Bildungs- und Erziehungsinstitutionen im Sinne eines Steuerungsinstrumentes zur Verbreitung einer veränderten Auffassung der Bildungs- und Erziehungsmöglichkeiten der Kinder in Hessen. Sozialpädagogische, entwicklungspsychologische und religionspädagogische Einflüsse in der Erstellung des Planes werden analysiert und in ihren Auswirkungen, ihrer Reichweite und ihrem Einfluss auf den Plan bewertet. Der Begriff des „Kompetenten Kindes“, der als grundlegende anthropologische Konstruktion im BEP aufgenommen wird, geht auf eine Darstellung des Psychoanalytikers Dornes zurück, der in seinem Werk eine Zusammenschau von psychoanalytischen Vorstellungen zur Entwicklung eines Kindes und entwicklungspsychologische Beobachtungen und Überlegungen vorstellt. Integriert in diesen Begriff des „kompetenten Kindes“ wurden Beobachtungen von Stern (Interaktionen zwischen Mutter und Kind sind ausschließlich sozialer Natur), das Konzept der Bindung, das auf den Arbeiten von Bowlby und seiner Nachfolger*innen beruht und von dem Ereignis des Verlustes der Mutter(figur) ausgeht sowie dem Rekurs auf die Arbeiten von Piaget mit dem Theorem der Genetischen Erkenntnislehre. Der BEP ist auf die Position der Dyade (Kind-Mutter/ bzw. Kind- Erzieherin) festgelegt. Erweitert werden sollte diese Festlegung durch die Inanspruchnahme des Konzeptes des „Intermediären Raumes“, das zuerst von Winnicott formuliert wurde. Damit ist gemeint, dass Kinder oft ein Übergangsobjekt, einen Teddybären, einen Stoffzipfel o.ä. benutzen, der für sie die Aufgabe der Angstabwehr beinhaltet. Diese Übergangsobjekte gehören für Erwachsene der Außenwelt an, für Kinder andererseits nicht zur inneren Welt. In diesem so entstehenden „intermediären Raum“ kann Kultur und Religoin angesiedelt werden. In diesem intermediären Raum werden Geschichten kreiert, die mit anderen Geschichten verbunden werden können. Dazu gehört die Entwicklung des GEdächtnisses als soziale Konstruktion; der Beginn der eigenen biographischen Erzählung und die Entwicklung eigener religiöser Vorstellungen. Der BEP verfolgt als Ziel die Ermöglichung einer frühen Bildung der Kinder. Dazu gehören Offenheit für Neues und die Begründung eines eigenen Standpunktes. Die im BEP vorgestellten Bemühungen zur Gestaltung der Frühen Bildung stehen im Kontext der Post- Moderne, die die Vielgestaltigkeit aller Lebensbereiche thematisiert. In der Post- Moderne ist nicht das Wissen letztlich problematisch, sondern das Nicht- Wissen. Bildung und ERziehung sollen zur Humanität und zur Religionssensibilität führen. Bildungspläne sind Wegweiser, aber nicht der Weg. Der Weg in der Gegenwart mit dem Anspruch auf Zukunft wird von Erwachsenen und Kindern gemeinsam gegangen und braucht den Mut, auch auf unwegsamen Gelände zu gehen.
@phdthesis{doi:10.17170/kobra-20190318321, author ={Meyreiß, Werner}, title ={Der kompetente Säugling, das autonome, sozialfähige und religös begabte Kind}, keywords ={150 and 200 and 370 and Kind and Humanität and Religion and Bildungsplanung and Hessen}, copyright ={https://rightsstatements.org/page/InC/1.0/}, language ={de}, school={Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Geistes- und Kulturwissenschaften, Institut für Evangelische Theologie}, year ={2017} }