Schüler-Schwierigkeiten und Schüler-Strategien beim Bearbeiten von Modellierungsaufgaben als Bausteine einer lernprozessorientierten Didaktik
Die Arbeit beschäftigt sich mit didaktischen Aspekten einer neuen Aufgabenkultur und mit ihrem Kern, den Modellierungsaufgaben. Im ersten Teil der Dissertation wird ein Überblick über ausgewählte Theorien und empirische Ergebnisse aus den Bereichen Lehr-Lernforschung, Problemlöseforschung, kognitive Psychologie sowie Allgemeindidaktik und den Fachdidaktiken gegeben. Es zeigt sich, dass Schüler-Schwierigkeiten und Schüler-Strategien eine bedeutende Rolle für den Lernprozess spielen, jedoch bei den Modellierungsaufgaben nicht ausreichend erforscht sind. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Schüler-Schwierigkeiten und -Strategien bei der Bearbeitung von Modellierungsaufgaben empirisch zu erfassen, mit kognitiven Lern- und Problemlösetheorien zu verbinden und erste Bausteine einer Didaktik der Aufgabenkultur zu entwerfen. Drei zentrale Fragestellungen sind dabei:
- Welche Schwierigkeiten haben Schüler beim Bearbeiten von Modellierungsaufgaben?
- Welche Strategien wenden sie bei der Aufgabenbearbeitung an?
- Welche didaktischen Konsequenzen können aufgrund der Antworten auf die erste und zweite Frage für die Didaktik der neuen Aufgabenkultur gezogen werden? Die Analyse der Bearbeitung von drei Modellierungsaufgaben durch vier Neuntklässler unterschiedlicher Kompetenzstufen (12 Fälle) mit Hilfe der Grounded Theory erfolgte hypothesenorientiert und erbrachte folgende Ergebnisse: Die Schüler-Schwierigkeiten bei der Bearbeitung der Modellierungsaufgaben lassen sich in drei Tätigkeitsbereiche aufschlüsseln: (1) die Aufgabe lesen und verstehen, (2) den Zusammenhang zwischen Gegebenheiten der Situation und mathematischer Lösungsstruktur verstehen sowie (3) Umformung mathematischer Strukturen, Ausführung der Rechenoperationen und Interpretieren der Ergebnisse. In den genannten Tätigkeitsbereichen wurden jeweils erfolgversprechende Strategien wie z.B. die Organisationsstrategie „Zeichnen und Beschriften einer Skizze“, die kooperative Strategie „Wechsel zwischen individueller Konstruktion und kooperativer Ko-Konstruktion“ oder die metakognitive Strategie „Planung“ identifiziert und ihre Ausführung dokumentiert. Aus den empirischen Analysen lässt sich eine Reihe von wichtigen Stichpunkten nennen, die einen bedeutsamen Bestandteil der Didaktik einer neuen Aufgabenkultur bilden. Wichtige Stichworte dazu sind die Einbettung der Aufgaben in Lernumgebungen, der Einbezug kooperativer Strategien, ein neues Verständnis von Lehrerinterventionen, das Diagnose und lernbegleitende Unterstützung stärker akzentuiert, Selbstregulierung und Individualisierung, Problem- und Lernprozessorientierung im Unterricht. Wird der letzte Punkt genau analysiert, zeigt sich, dass es zur erfolgreichen Lernprozessgestaltung notwendig ist, längerfristig die Zielperspektive, unter der die Schüler Aufgaben bearbeiten, zu verändern. Beim Bearbeiten der Aufgaben sollen Schülerhandlungen, statt sich nur auf die Lösung einer Aufgabe zu beschränken, auf den individuellen Erwerb von Wissen, Kompetenzen und Strategien ausgerichtet werden (Prozess-Ergebnis-Orientierung). Erreicht werden soll die Prozess-Ergebnis-Orientierung durch eine bessere strategische Durcharbeitung des Unterrichts, der gleichermaßen das Ausschöpfen des Potentials für die Selbststeuerung des Lernens bei den Schülern sowie die dafür notwendige Weiterentwicklung des diagnostischen und unterstützenden Handelns von Lehrerinnen und Lehrern betont.
@phdthesis{urn:nbn:de:hebis:34-2010081133992, author ={Schukajlow-Wasjutinski, Stanislaw}, title ={Schüler-Schwierigkeiten und Schüler-Strategien beim Bearbeiten von Modellierungsaufgaben als Bausteine einer lernprozessorientierten Didaktik}, keywords ={370 and Didaktik and Lernen and Lernstörung and Lerntechnik}, copyright ={https://rightsstatements.org/page/InC/1.0/}, language ={de}, school={Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Erziehungswissenschaft / Humanwissenschaften}, year ={2010-08-11T12:30:04Z} }