Eigenverstärkte Polypropylen-Composite weisen ein enormes Leichtbaupotential und überdurchschnittliche mechanische Grundeigenschaften auf. Das Eigenschaftsspektrum lässt sich auf die makromolekulare Orientierung oder sog. Eigenverstärkung der eingesetzten textilen Faser- und Bändchenhalbzeuge zurückführen, welche die Ausgangsbasis der Schichtverbunde bilden. Über eine gezielte Prozessführung kann die Eigenverstärkung bis ins heißkompaktierte Bauteil hinein kontrolliert und erhalten werden, wobei sich das Eigenschaftsspektrum problemlos von sehr textilen über hochsteife und -feste bis hin zu dem Kompaktmaterial ähnlichen Eigenschaften einstellen lässt. Diese Eigenschaftsvielfalt lässt sich gezielt durch eine ortsaufgelöste Variation der Temperatur- und Druckzustände während der Verarbeitung in Form der thermo-mechanischen Gradierung auf die mechanischen Kenngrößen wie Festigkeiten, Steifigkeiten sowie den energetischen Anteilen (Verlust- und Speicherarbeit, Materialdämpfung) einstellen. Ausgehend von der Fragestellung wie reproduzierbar und lokal auflösend sich die prozessinduzierte Gradierung bei dem vorgenannten Materialsystem umsetzten lässt, wird im Rahmen dieses Forschungsdesiderates die Bewertung der wesentlichen Prozesskonditionen über die Prozessschritte (IR-Vorheizen, Kompaktieren und Kühlen) durchgeführt. Neben der Abbildung von lokal hochaufgelösten Temperaturprofilen des Pressenwerkzeugs, stellt die empirische und modellgestützte Bewertung des thermischen Gradierungsvermögens durch die differenzielle Temperierung während der IR-Vorheizsequenz einen wesentlichen Kernpunkt dieser Arbeit dar. Um darüber hinaus den Beitrag zum grundlegenden Prozessverständnis zu leisten, sind ebenso Materialkenntnisse der eigenverstärkten PP-Composite von Relevanz. Vor diesem Hintergrund werden für alle Untersuchungen insgesamt drei repräsentative Textilhalbzeuge eingesetzt, welche sich hinsichtlich Extrudatkonzept (Mono-/Co-Extrudat) und Textilstrukturen (Vlies/ Bändchengewebe nebst den Bindungsarten Lein-wand-/ 2/1-Köpergewebe) differenzieren. Eine umfangreiche strukturanalytische Beurteilung der Verbunde trägt hierbei zu einem Struktur-Eigenschafts-Verständnis bei. Um darüber hinaus eine ausführliche Bewertung der Kompaktiergrade zu ermöglichen, werden verschiedenste Prüfmethoden verfolgt. Diese umfassen sowohl zerstörungsfreie Bauteil-beschreibungen als auch ortsaufgelöste quasi-statische und dynamische Verbundunter-suchungen samt zugehöriger Methodenentwicklungen. Die ermittelten Ergebnisse werden mithilfe der Prozess-Eigenschafts-Wechselwirkungen dargelegt. Eine abschließende, allgemeingültige Definition des materialspezifischen Kompaktiergrades rundet diese Forschungsarbeit ab. All diese Erkenntnisse tragen dazu bei, ein Material- und Prozessverständis der eigenverstärkten PP-Composite aufzubauen und in dem Maße zu stärken, dass eine Übertragung in Serienanwendungen erleichtert werden kann. Die für die Fertigung benötigte Prozesssensibilität stellt zwar eine große Herausforderung an die Verarbeitungstechnologien dar, bildet jedoch die Grundlage für ihr thermomechanisches Gradierungspotential, welches wiederum als Bauteilmehrwert nutzbar gemacht werden kann.
@book{doi:10.17170/kobra-202101182986, author ={Ries, Angela}, title ={Thermo-mechanische Gradierung eigenverstärkter Polypropylen-Composite}, keywords ={620 and 660 and Polypropylen and Eigenverstärkung and Schichtverbundwerkstoff and Funktioneller Gradientenwerkstoff and Thermomechanische Behandlung}, copyright ={http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/}, language ={de}, year ={2015} }