Synthese und Reaktivität eines cyclischen (Alkyl)(amino)carbens mit 1,1'-Ferrocenylen-Rückgrat
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, cyclische (Alkyl)(amino)carbene mit einem 1,1‘ Ferrocenylen-Rückgrat (fcCAACs) darzustellen und zu charakterisieren und somit eine Kombination aus bekanntermaßen jeweils höchst ambiphilen CAACs und N-heterocyclischen Carbenen mit 1,1‘-Ferrocenylen-Rückgrat (fcNHCs) zu schaffen. Durch das fc-Rückgrat sollten die Zielverbindungen eine im Vergleich zu bisher zugänglichen CAACs noch ausgeprägtere Ambiphilie besitzen und somit eine nochmals gesteigerte Reaktivität zeigen, insbesondere auch gegenüber kleinen, wenig reaktiven Molekülen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine mehrstufige Synthese ausgehend von 1,1‘ Dibromferrocen entwickelt, die über das Nitril fcBr(CPh2CN) nach Einführung einer Aminogruppe zur Verbindung fc(NH2)(CPh2CN) führte. Reduktion mit DIBAL und eine anschließende intramolekulare Kondensation lieferten ein cyclisches Imin mit fc-Rückgrat, welches durch Zugabe geeigneter R+-Überträger zu Iminiumsalzen des Typs [fc(CPh2CH=NR)]X umgesetzt wurde. Eine Deprotonierung der Iminiumsalze mit sterisch wenig anspruchsvollen N-Substituenten (R = Me, Et) ergab anstelle der erhofften korrespondierenden Carbene undefinierte Zersetzungsprodukte. Der Einsatz von [fc(CPh2CH=NMes)]OTf (OTf = Triflat) mit dem sterisch anspruchsvolleren N-Mesityl-Substituenten erlaubte dagegen die Synthese und Isolierung des freien Carbens fc(CPh2−C−NMes). Hierbei handelt es sich um eine bei Raumtemperatur nur begrenzt stabile Verbindung, deren vollständige Charakterisierung mittels 1H- und 13C-NMR-Spektroskopie sowie Röntgenstrukturanalyse dennoch möglich war. Die Verbindung besitzt einen N−CCarben−C-Bindungswinkel von 121.5° und eine 13CCarben-NMR-Verschiebung von 360 ppm. Beide Werte sind unübertroffen für CAACs und sprechen für eine erhebliche Elektrophilie des Carbens. Quantenchemische Rechnungen untermauern diese Annahme. Zusätzlich unterstützt werden die Befunde auch durch das 77Se-NMR-Signal des korrespondierenden CAAC-Selen-Addukts bei 1039 ppm, was einer für CAAC-Se-Addukte beispiellosen Tieffeldverschiebung entspricht und die π Akzeptorstärke des fcCAACs verdeutlicht. Die 1JCH-Kopplungskonstante von [fc(CPh2CH=NMes)]OTf ist mit 181 Hz vergleichsweise gering, womit zugleich eine ausgeprägte σ Donorstärke angenommen werden kann. Der Komplex cis [RhCl(CO)2{fc(CPh2−C−NMes)}] zeigt eine gemittelte CO Streckschwingungsfrequenz von ν ̃av(CO) = 2036.5 cm−1. Dies spricht für eine Nettoelektronendonorstärke, die derjenigen etablierter fünfgliedriger CAACs entspricht und deutet darauf hin, dass sich Elektrophilie und Nucleophilie des fcCAACs die Waage halten. Auch das prozentuale verdeckte Volumen des fcCAAC-Liganden im Komplex [AuCl{fc(CPh2−C−NMes)}] liegt mit einem Wert von 45.8 % in einem für etablierte fünfgliedrige CAAC-Liganden typischen Bereich. Während eine Reaktion des fcCAACs mit CO bereits unterhalb von Raumtemperatur stattfindet und ein stabiles, isolierbares Aminoketen liefert, findet eine Reaktion mit H2 bzw. Cyclohexen nicht statt. Dies ist sehr wahrscheinlich einer stattdessen ablaufenden intramolekularen Konkurrenzreaktion zuzuschreiben, bei der mit einer kinetischen Barriere von 22.6 kcal/mol eine Insertion des CCarben-Atoms in eine ortho-CH3-Gruppe des N-Mesityl-Substituenten stattfindet.
@phdthesis{doi:10.17170/kobra-202304217880, author ={Volk, Julia}, title ={Synthese und Reaktivität eines cyclischen (Alkyl)(amino)carbens mit 1,1'-Ferrocenylen-Rückgrat}, keywords ={540 and Chemie and Ferrocen and Carbene and Synthese}, copyright ={https://rightsstatements.org/page/InC/1.0/}, language ={de}, school={Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Mathematik und Naturwissenschaften, Institut für Chemie}, year ={2023-01} }