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Eine Philologie der Denkformen für Indien und Europa: Sanskrit-Sūtras und Semiotik in den Cultural Studies

Die anglistisch-indologische Verortung von Sanskrit-Sūtras und Semiotik in den Cultural Studies beschreibt gleichsam metonymisch die Agenda einer Vorgehensweise im Verbund von Philologie und Philosophie, verschiedene Traditionen indischen Denkens für ein zeichenphilosophisches Programm der Kulturwissenschaften zu erschließen. Dabei dient die mikrologische Rekonstruktion von Denkformen im Sinne ihrer jeweiligen semiotischen Matrix und logischen Strukturen als methodischer Bezugspunkt für die Betrachtung exemplarischer Texte aus verschiedenen Wissenskulturen der indischen und europäischen Geistesgeschichte. Für deren je spezifische Konstellationen von Erkenntnis, Sprache und Textualität sollen die semiotischen Modelle ancillae oder helfende Raster der Weltwahrnehmung sein, welche die „Fühler“ (so das berühmte Bild von Wittgenstein) der jeweiligen Konfiguration zur Berührung der Wirklichkeit abbilden. In einem ebenso sensiblen Duktus gegenüber archaischen, mythischen und mystischen Richtungen des Denkens interessieren hinsichtlich ihrer epistemologischen Figurationen die rigvedischen Spekulationen über Vāc, die göttliche Rede, sowie der Logos eines Parmenides und Heraklit ebenso wie das klassische philosophische Denken in Indien und Griechenland bzw. Europa mit ihren hoch formalisierten Varianten: die Grammatik des Pāṇini, buddhistische Erkenntnistheorie und Logik in der Folge Dignāgas; die aristotelische Grundlegung der Wissenschaften und die kantische Vernunftkritik, deren semiotische und pragmatische Transformationen (Peirce und Apel) bis hin zu postkolonialen Entgrenzungen im Zeichen von Hybridität (Bhabha) und Subalternität (Spivak). Mögen meditative Formen des Nicht-(mehr) Denkens in letzter Konsequenz theoretisch auch nicht greifbar sein, so sind sie dem Text doch als notwendiger Gegenpol von Negativität und Entsprachlichung einzuschreiben. In methodischer Verschränkung bilden philosophische Fundierung, philologische Explikation und kulturwissenschaftliche Kontextualisierung der mannigfaltigen Bezüge zwischen der Wahrnehmung von Welt, menschlichem Selbstverständnis und theologischen bzw. ontologischen Prämissen die notwendigen Pfeiler einer interdisziplinären Sprach-, Text- und Kulturwissenschaft. Unter der Ägide einer postkolonialen Anglistik präsentiert sich somit der paradigmatische Entwurf einer Philologie der Denkformen für Indien und Europa.

Collections
@phdthesis{doi:10.17170/kobra-202312229294,
  author    ={Lettner, Alina Therese},
  title    ={Eine Philologie der Denkformen für Indien und Europa: Sanskrit-Sūtras und Semiotik in den Cultural Studies},
  keywords ={100 and 400 and Indien and Europa and Kulturwissenschaften and Interkulturelle Philosophie and Denkform and Sanskrit and Buddhismus and Soziologie and Anglistik and Postkolonialismus and Philologie},
  language ={de},
  school={Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Geistes- und Kulturwissenschaften, Institut für Anglistik/Amerikanistik},
  year   ={2023-12}
}