„Sage mir, was dir fremdartig erscheint, und ich sage dir, wer du bist!“ Mit diesem Zitat beginnt der Diplom-Politologen und Erziehungswissenschaftler Ortfried Schäffter den Sammelband „Das Fremde. Erfahrungsmöglichkeiten zwischen Faszination und Bedrohung“ (Schäffter 1991). In diesem stellt er seine „Modi des Fremderlebens“ vor, die in der vorliegenden Arbeit auf Schriften von Autorinnen der Interkulturellen Musikpädagogik bezogen werden. Der Sammelband von Schäffter erschien 1991. Schon zu diesem Zeitpunkt ist klar, dass im Zuge der Globalisierung ganz neue Möglichkeiten der Kontaktaufnahme jenseits räumlicher Begrenzungen existieren. Auch Schäffter konstatiert, dass aufgrund der zunehmenden Durchlässigkeit der politischen und sozialen Grenzen die Möglichkeiten zur Auseinandersetzung mit dem „konkreten Fremden“ vielfältiger und häufiger werden. Verstärkt wird dies durch eine gesteigerte globale Mobilität. „Das Fremde“ ist nicht mehr räumlich getrennt von uns, weit weg und fern unseres Wahrnehmungshorizonts. Es begegnet uns im Alltäglichen und bietet Grenzflächen, die durchaus emotional aufgeladen sein können. Schäffters Interesse richtet sich nun aber nicht etwa auf das fremde Gegenüber und die Frage, worin die Fremdartigkeit des anderen im Einzelnen besteht oder wie sie in Worte gefasst werden kann. Das Augenmerk wird vielmehr auf den Menschen gerichtet, der das Fremde erlebt. Betrachtet wird also das meist unbewusste Faktum, dass Aussagen darüber, wie wir Fremdes wahrnehmen, beschreiben oder mit dem Gegenüber umgehen, immer etwas über uns selbst aussagen. Da in der Musikpädagogik ebenfalls das Fremde häufig thematisch wird, wird in der hier vorliegenden Arbeit analysiert, wo in der Literatur der Musikpädagogik Autorinnen aus welchem Modus heraus argumentieren und ihre Ideen und Konzepte entwickeln und welche Chancen, Ziele, aber auch Probleme oder Gefahren den verschiedenen Modi innewohnen. Daran anschließend wird die Frage untersucht, ob das Einnehmen eines Modus für den Interkulturellen Musikunterricht besonders lohnend ist. Es ergibt sich, dass der vierte Modus dem Fremden am meisten gerecht wird, da er das Fremde am wenigsten „vereinnahmt“. Allerdings ist auch dieser vierte Modus in seiner Übertragung auf praktische Unterrichtssituationen an Bedingungen gebunden, welche ggf. von den ersten drei Modi vorbereitet werden können. Am Ende der Arbeit steht die Forderung, dass Lehrerinnen einen interkulturellen Unterricht reflektiert konzipieren können sollten – im Bewusstsein, dass die (musikalische) Begegnung mit dem Fremden verschiedenen Modi der Sichtweisen auf das Fremde folgen kann. Die entsprechenden Chancen der Modi können für die Erreichung der Zielvorstellungen einer Interkulturellen Musikpädagogik nutzbar gemacht werden; dafür ist es hilfreich, wenn Probleme und Gefahren einzelner Modi in der Konzipierung des Unterrichts bedacht und auch die Schülerinnen gegebenenfalls darüber aufgeklärt werden. Durch die Konzeption und das konkrete Setting des Unterrichts kann ein begünstigender Rahmen für einzelne Modi geschaffen werden.
@misc{doi:10.17170/kobra-202105253958, author ={Weyh, Carolina}, title ={Interkultureller Musikunterricht im Blick der "Modi des Fremderlebens"}, keywords ={370 and 780 and Interkulturalität and Musikerziehung and Unterrichtsfach and Musik and Schäffter, Ortfried and Fremdheit}, title ={Interkultureller Musikunterricht im Blick der "Modi des Fremderlebens"}, copyright ={https://rightsstatements.org/page/InC/1.0/}, language ={de}, language ={de}, year ={2019} }