Von den (Un-)Möglichkeiten eines agentiell-realistischen Staatsbegriffs
Eine Suchbewegung zwischen Karen Barad und Louis Althusser
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Eine Suchbewegung zwischen Karen Barad und Louis Althusser
Der vorliegenden Arbeit geht es um die gegenseitige Plausibilisierung der theoretischen Strömung der Neuen Materialismen und der materialistischen Staatstheorie. Den Neuen Materialismen, so die Annahme, fehlt vor allem eine Perspektive auf den Staat, Politik und Gewalt. Demgegenüber bedarf die materialistische Staatstheorie der Öffnung für intersektionale Einflüsse, nicht-binäre Logiken und eine ontologische Fundierung ihrer Argumente, um essentialistischen Schließungen effektiv vorzubeugen. Die Plausibilisierung erfolgt beispielhaft anhand zweier für ihr jeweiliges Feld prägender Autorinnen: Karen Barad und Louis Althusser. Zunächst werden die Figurationen des Maschinischen und der Körper herausgearbeitet, über die sie sich das Feld der Gesellschaft erschließen. Stellt Althusser die Gesellschaft noch in zwei dialektisch vermittelten Formen dar – als abgetrenntes, partikulares Instrument und als komplexer, ganzer, maschinischer Apparat – bietet Barad für die agentiell-realistische Erschließung sozialer Phänomene die Figuration der „Differentialgetriebe-Assemblage“ an. Diese Figurationen ergeben sich allerdings aus verschiedenen Bedeutungszusammenhängen, mit denen sich der zweite Teil der Arbeit beschäftigt. Hier wird dargelegt, wie Barad Verhältnisse als immanent und „diffraktiv“ denkt, während Althusser von dialektischen Verhältnissen ausgeht, die er erst in seinem Spätwerk für das „Aleatorische“ zu öffnen versucht. Die Frage nach der Handlungsmacht verhandeln die Autorinnen in genauso verschiedenen Begriffen wie die nach der Materie. Während Barad, an die physikalische Quantentheorie anschließend, ihren Materialismus immanenzphilosophisch und entsprechend topologisch begreift, folgt der Historische Materialismus Althusser’scher Prägung topographischen Mustern. Dort wo Barad und Althusser allerdings zur Interferenz gebracht, wo Neue und Historische Materialismen der gegenseitigen Plausibilisierung dienen können, wird der Staat zu einer dynamischen Raumzeit(re)konfiguration, einer topologischen Figur, in der ideologische, theoretische und politische, machtvolle, zusammen-getrennt schneidende Schnitte den Staat als materiell-diskursives Phänomen ausmachen und hervorbringen. So ergibt sich in Ansätzen eine komplexe, intersektionale und ontologisch fundierte Perspektive, die die Staatstheorie zur Analyse aktueller politischer Phänomene befähigt.
@unpublished{doi:10.17170/kobra-202101213017, author ={Richthofen, Frederik}, title ={Von den (Un-)Möglichkeiten eines agentiell-realistischen Staatsbegriffs}, keywords ={320 and Historischer Materialismus and Neuer Materialismus and Staatslehre and Quantentheorie and Philosophie}, copyright ={https://rightsstatements.org/page/InC/1.0/}, language ={de}, year ={2021} }