Verbindungen des Typs R-E-R‘ (E = C, Si, Ge, Sn, Pb; R = Substituent) werden Tetrylene genannt. Da das jeweilige Tetrelatom E subvalent vorliegt, sind die meisten Vertreter dieser Substanzklasse hoch reaktiv und müssen unter Schutzgasatmosphäre gehandhabt werden. Die AG Siemeling beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren vor allem mit Ferrocen-basierten N-heterocyclischen Vertretern der Tetrylene, wobei sich gerade die Synthese eines Silylens (E = Si) als besonders schwierig herausgestellt hat und zuvor nicht glückte. In der vorliegenden Arbeit lag der Fokus auf der Synthese und Isolierung eines solchen N-heterocyclischen Silylens mit 1,1‘-Ferrocendiyl-Rückgrat und anschließenden Reaktivitätsuntersuchungen. Für einen besseren Vergleich wurden außerdem die entsprechenden Verbindungen mit E = Ge, Sn (Germylen, Stannylen) dargestellt. Die Darstellung der Tetrylene erfolgte in allen drei Fällen durch Salzmetathese ausgehend vom Lithiumamid [{Fe(η5-C5H4-NDipp)2}Li2] (Dipp = 2,6-Diisopropylphenyl) und entweder [SiCl2(IPr)] (IPr = 1,3-Bis(2,6-diisopropylphenyl)imidazolin-2-yliden), [GeCl2(1,4-Dioxan)] oder SnCl2. Während [{Fe(η5-C5H4-NDipp)2}Ge] und [{Fe(η5-C5H4-NDipp)2}Sn] mittels üblicher Aufarbeitungsmethoden isoliert werden konnten, gelang dies im Fall des Silylens nicht. Anders als bei der Darstellung des Germylens bzw. Stannylens entsteht bei der Reaktion zum Silylen neben LiCl das Carben IPr. Wegen thermischer Labilität des Silylens und seines dem Carben IPr sehr ähnlichen Löslichkeitsverhaltens schieden eine sublimative Aufarbeitung oder Umkristallisation aus. Auf der Suche nach einem Reagenz, welches das Abtrennen des Carbens IPr auf chemischem Wege erlaubt, wurden verschiedene Heterokumulene (CO2, CS2, N2O), Borane (B(C6F5)2Ph, B(C6F5)3) und Übergangsmetallsalze (CuCl, ZnCl2) getestet. Dabei erwies sich ZnCl2 als besonders gut geeignet. Während das Silylen gegenüber ZnCl2 inert ist, reagiert IPr zum in Hexan unlöslichen Komplex [ZnCl2(IPr)]; das in Hexan gelöste Silylen konnte bequem durch Filtration vom Carben-Komplex abgetrennt und kristallisiert werden. Die Reaktivität der isolierten Tetrylene wurde gegenüber Heterokumulenen (CO2, CS2, N2O), Ketonen (Aceton, Fluoren-9-on, Benzophenon, Benzil), Ketenen (Diphenylketen, Kohlenstoffsuboxid) und Verbindungen des Typs HX (H2O, NH3, NH3BH3, PH2Fc; Fc = Ferrocenyl) untersucht. Germylen und Stannylen zeigen eine sehr gehemmte Reaktivität im Vergleich zum Silylen. Dieses reagiert gleich in mehrerlei Hinsicht ungewöhnlich, da es z. B. als eines von nur sehr wenigen N-heterocyclischen Silylenen mit NH3 und CO2 reagiert. Die Reaktion mit NH3BH3 führt unerwartet zum Bruch einer B-H- und nicht einer vergleichsweise schwächeren N-H-Bindung. Außerdem konnte durch Reaktion mit Diphenylketen eine neue Verbindungsklasse eröffnet werden, nämlich die der Silaallenoxide. Auch die Reaktion mit Kohlenstoffsuboxid (C3O2) ist höchst bemerkenswert. Die Partner reagieren im stöchiometrischen Verhältnis 1:1 unter Freisetzung von 0.5 Äquivalenten CO zu einem Produkt mit präzedenzlosem Strukturmotiv. Das Zentrum des Moleküls besteht aus einem SiOC3-Fünfring und einem SiC3-Vierring, die miteinander anelliert sind. Der Vierring enthält eine ungewöhnliche lange Si-C-Bindung, deren Reaktivität eine interessante Folgechemie verspricht.
@phdthesis{doi:10.17170/kobra-202011012039, author ={Weyer, Nadine}, title ={Ferrocen-basierte N-heterocyclische Tetrylene}, keywords ={540 and Kohlensuboxid and Ferrocen and Carbene and Stannylene and Silylen}, copyright ={https://rightsstatements.org/page/InC/1.0/}, language ={de}, school={Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Mathematik und Naturwissenschaften, Institut für Chemie}, year ={2020} }