Reflexionsfähigkeit in der Lehrerbildung - eine empirische Untersuchung im Rahmen der Schulpraktika im Fach Sport
Im Kontext der Professionalisierung angehender (Sport-)Lehrkräfte kommt der Fähigkeit zur Reflexion besondere Bedeutung zu. Für ihre Förderung stellt die Arbeit mit (Video-)Fällen eine geeignete und anerkannte Methodik dar. Die Fallarbeit kann sich sowohl auf fremde videografierte als auch auf selbst erlebte Unterrichtsereignisse beziehen. Die Schulpraktischen Studien bieten als Theorie und Praxis verbindende Veranstaltungen Gelegenheit für das Sammeln eigener Unterrichtserfahrungen. Sie stellen damit einen geeigneten Kontext für die Entwicklung der Fähigkeit zur Reflexion dar. Der vorliegenden Studie liegen zwei leitende Annahmen zu Grunde: (1) Die Auseinandersetzung mit fremden und selbst erfahrenen Unterrichtsereignissen im Kontext der Schulpraktischen Studien im Fach Sport fördert die Fähigkeit zur Reflexion. (2) Die vorgeschaltete Auseinandersetzung mit fremden videografierten Unterrichtsereignissen wirkt sich positiv auf die reflexive Auseinandersetzung mit eigenen Unterrichtsereignissen aus. Für die Untersuchung der Annahmen wurde ein Untersuchungsdesign entwickelt und im Rahmen der Schulpraktischen Studien eingesetzt. Durch die Analyse eigenen erinnerten und fremden videografierten Lehrkrafthandelns im Sportunterricht sollte die Fähigkeit zur Reflexion entwickelt werden. Die studentische Fallauswahl erfolgte unter Bezugnahme auf die drei Qualitätsdimensionen guten Unterrichts (Klassenführung und Strukturierung, Schülerorientierung und Unterstützung, Kognitive Aktivierung). Um erfassen zu können, ob eine vorausgehende Fremdreflexion videografierter studentischer Unterrichtsversuche die Reflexionsfähigkeit positiv beeinflusst, wurden die Studierenden in zwei Gruppen mit unterschiedlicher Intervention eingeteilt. Die Einschätzung der Reflexionsfähigkeit erfolgte über die Bestimmung der Reflexionsqualität (Breite und Tiefe). Die Auswertung der schriftlich vorliegenden Unterrichtsanalysen erfolgte unter Einsatz der inhaltlich skalierenden Strukturierung: Für die Erfassung der Reflexionsbreite wurde die inhaltliche Bezugnahme auf die drei möglichen Aspekte des Lehrkrafthandelns in einem unterrichtlichen Ereignis identifiziert. Die Bestimmung der Reflexionstiefe erfolgte unter Berücksichtigung der verschiedenen Niveaustufen (Prozessmodell ERTO) der reflexiven Auseinandersetzung mit einem Unterrichtsereignis. Die Ergebnisse werden unter Berücksichtigung von fünf Forschungsfragen dargestellt und anhand von Fallbeispielen veranschaulicht. Die anschließende Interpretation und Diskussion der Befunde erfolgt theoriegeleitet und methodenkritisch (u.a. die Arbeit mit Fällen, Schulpraktische Studien, Feedback, Fallmedium und die Begleitveranstaltung der Schulpraktischen Studien). Aufgrund der Untersuchungsergebnisse lässt sich, unter Berücksichtigung der beiden Grundannahmen, folgendes Fazit ziehen: Der Fallarbeit kommt in der Sportlehrerbildung eine reflexionsförderliche Wirkung zu. Die förderliche Wirkung einer vorgeschalteten Analyse fremder Fälle auf die Reflexion selbst erfahrener Unterrichtsereignisse bestätigt sich in der Studie nicht. Die Forschungsarbeit wurde im Kontext des Gesamtvorhabens PRONET (PROfessionalisierung durch VerNETzung) erstellt, mit dem die Universität Kassel an der ersten Förderphase der Qualitätsoffensive Lehrerbildung (2015-2018) partizipierte.
@phdthesis{doi:10.17170/kobra-20200108908, author ={Thißen, Anne}, title ={Reflexionsfähigkeit in der Lehrerbildung - eine empirische Untersuchung im Rahmen der Schulpraktika im Fach Sport}, keywords ={370 and 796 and Lehrerbildung and Sportlehrer and Schulpraktikum}, copyright ={http://creativecommons.org/licenses/by-nd/3.0/de/}, language ={de}, school={Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften}, year ={2019-08-21} }