Die Besetzung von Professuren an deutschen Universitäten. Empirische Analysen zum Wandel von Stellenprofilen und zur Bewerber(innen)auswahl
Ausgangspunkt der Dissertation ist die Annahme, dass Universitäten im Zuge des Governance-Wandels im deutschen Hochschulsektor zunehmend als autonom entscheidende Organisationen in Erscheinung getreten sind, wodurch sie gleichzeitig zu Adressaten veränderter gesellschaftlicher Erwartungen avanciert sind. Entsprechend der neo-institutionalistischen Organisationstheorie sollten sich Universitäten diesen Erwartungen anpassen, um ihre Legitimität in der organisationalen Umwelt zu sichern. Da Universitäten erstens die veränderten Anforderungen an sie nur über die Operationen ihres Personal erfüllen können und sie zweitens ihre Personalkomponente als lose gekoppelte Expertenorganisationen hauptsächlich über Berufungsverfahren beeinflussen können, wurde in der Dissertation die Vermutung aufgestellt, dass sich die Anforderungen an autonom agierende Universitäten auch in Anforderungsprofilen zu besetzender Professuren widerspiegeln sollten. Diese Hypothese wurde mit empirischen Analysen von professoralen Stellenausschreibungen aus drei Jahrgängen (1995, 2003 und 2012) der Wochenzeitung „Die Zeit“ bestätigt. Logistische Regressionsanalysen haben gezeigt, dass Anforderungen an Bewerber, die veränderte Umwelterwartungen an Universitäten widerspiegeln, in aktuelleren Stellenausschreibungen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit genannt werden: Es wird heutzutage von Bewerbern eher erwartet, im Bereich der Drittmitteleinwerbungen und Kooperationen ausgewiesen zu sein sowie international aufgestellt zu sein und sich durch ein spezifisches individuelles Profil auszuzeichnen. Ob diese zusätzlichen Anforderungen tatsächlich auch für die Auswahl von Professorinnen relevant sind, wurde im zweiten Teil der Arbeit untersucht. Ausgangspunkt hierfür war die Betrachtung von Stellenausschreibungen als Element der Formalstruktur von Universitäten und der tatsächlichen Auswahl als Element der Aktivitätsstruktur sowie die aus dem Neo-Institutionalismus stammende Möglichkeit der losen Kopplung der beiden Strukturelemente. Um den Zusammenhang von Ausschreibungsanforderungen und Auswahl zu untersuchen, lag der Fokus auf Berufungskommissionen, die für die Auswahl von Bewerbern zuständig sind und von denen eine Orientierung an diesen Stellenausschreibungen seitens verschiedener Akteurinnen erwartet wird. Anhand von Experteninterviews mit Berufungs- und Gleichstellungsbeauftragten in ihren Rollen als beratende Berufungskommissionsmitglieder wurde empirisch gezeigt, dass Berufungskommissionen in den meisten Fällen für die Auswahl ausschließlich das vollständige Ausschreibungsprofil berücksichtigen. Folglich sind Formal- und Aktivitätsstruktur relativ eng gekoppelt und es kann angenommen werden, dass sich die Anforderungen an Professoren tatsächlich und nicht nur auf Ebene der Formalstruktur verändert haben. Allerdings wurde anhand von zwei Interviews auch deutlich, dass bestimmte Umstände es erlauben, dass die Ausschreibungsanforderungen ignoriert oder nur oberflächlich befolgt werden.
@phdthesis{urn:nbn:de:hebis:34-2017091253474, author ={Klawitter, Maren}, title ={Die Besetzung von Professuren an deutschen Universitäten. Empirische Analysen zum Wandel von Stellenprofilen und zur Bewerber(innen)auswahl}, keywords ={300 and Berufung and Stellenausschreibung and Hochschulorganisation}, copyright ={https://rightsstatements.org/page/InC/1.0/}, language ={de}, school={Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften}, year ={2017-09-12} }