Multifinalität von Verlust- und Trennungserfahrungen in der frühen Adoleszenz
Eine empirische Studie zur Bindungs- und Verhaltensmustern nach einer elterlichen Trennung
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Eine empirische Studie zur Bindungs- und Verhaltensmustern nach einer elterlichen Trennung
Zahlreiche Erkenntnisse aus den bisherigen Untersuchungen zu den langfristigen Auswirkungen einer Scheidung auf die Kinder konvergieren in der Einsicht, dass eine elterliche Trennung mit negativen psychosozialen Folgen einhergehen kann, dies jedoch nicht zwangsläufig muss. Ein einheitliches Muster von Scheidungsfolgen konnte bisher nicht gefunden werden. So zeigten bisherige Studien, dass die individuellen Trennungsverläufe und die damit einhergehenden Stressoren aber auch Ressourcen der Kinder und Familien die verschiedenen Entwicklungsverläufe bedingen. Aus entwicklungspsychologischer und bindungstheoretischer Sicht stellen sichere Bindungsorganisationen einer der wichtigsten Schutzfaktoren vor der Entstehung von dysfunktionalen Bewältigungsstrategien und Psychopathologien dar. Vor diesem Hintergrund widmet sich daher die vorliegende Dissertationsschrift der Untersuchung der Bindungsrepräsentanz und den Verhaltensauffälligkeiten von Trennungskindern und Nicht-Trennungskindern im Vergleich. Dabei wurden 11-14-jährige Trennungskinder (Untersuchungsgruppe) und Nicht-Trennungskinder (Kontrollgruppe) mittels des Child Attachment Interviews und dem Youth Self Report untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass Trennungskinder signifikant häufiger unsichere Bindungsorganisationen zu den Vätern - welche bei allen Probanden zu dem wegscheidenden Elternteil gehörten - zeigten als Nicht-Trennungskinder. Dennoch waren knapp über die Hälfte der Trennungskinder sicher gebunden. Einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Familienhaushalt und den Verhaltensauffälligkeiten konnte nicht gefunden werden. Somit zeigten Trennungskinder nicht mehr Verhaltensauffälligkeiten als Nicht-Trennungskinder. Hingegen konnten signifikante Zusammenhänge zwischen der Bindungsrepräsentanz und den Verhaltensauffälligkeiten gefunden werden. So zeigten unsicher- gebundene Kinder häufiger internalisierende und externalisierende Verhaltensauffälligkeiten als sicher gebundene Kinder. Die Befunde deuten darauf hin, dass eine elterliche Trennung nicht konsistent mit einer erhöhten Prävalenz für die Entstehung von Psychopathologien ist und unterstützen somit die bisherige Annahme, dass unsichere Bindungsorganisationen ein Risikofaktor für die Entstehung von Psychopathologien darstellen, auch bei Trennungskinder. Die Befunde gaben zudem aufgrund der bei den Trennungskindern gehäuften unsicheren Bindungsorganisationen zum wegscheidenden Elternteil (zu den Vätern) Hinweise auf eine mögliche trennungsbedingte Transformation der Bindungsrepräsentanz. Diese Ergebnisse der Dissertation werden sowohl vor dem Hintergrund der häufigen gesellschaftlichen Stigmatisierungen mit denen viele Trennungskinder konfrontiert werden als auch vor dem Hintergrund der erschwerten rechtlichen und sozialen Situation vieler Trennungsväter und deren möglichen Auswirkungen auf die Beziehungsqualität in der Nachtrennungsphase zu ihren Kindern kritisch diskutiert.
@phdthesis{doi:10.17170/kobra-202401149366, author ={Afkir, Nahid}, title ={Multifinalität von Verlust- und Trennungserfahrungen in der frühen Adoleszenz}, keywords ={150 and Ehescheidung and Erwachsenwerden and Psychoanalyse and Bindungsverhalten and Verlust and Entwicklungspsychologie and Kind}, language ={de}, school={Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Humanwissenschaften, Fachgebiet Psychoanalyse}, year ={2022} }