Pitcairnia ist mit über 400 Arten die zweitgrößte Gattung der Familie der Bromeliengewächse. Dennoch ist über verwandtschaftliche Zusammenhänge innerhalb der Gattung bisher nur wenig bekannt. In bisherigen molekularen Studien zur Phylogenie der Bromeliengewächse waren regelmäßig nur wenige Pitcairnia-Arten enthalten (z. B. Horres et al. 2000; Givnish et al. 2011). Es fehlte bisher eine umfassende molekularsystematische Bearbeitung der Gattung, die auch eine wichtige Voraussetzung für eine überfällige taxonomische Revision darstellen würde. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Systematik, Phylogenie und Evolution der Gattung Pitcairnia und ihrer Arten. Wann und wo ist Pitcairnia entstanden? Wie hat sich die Gattung ausgebreitet? Wann und wo hat sie sich diversifiziert? Diesen spannenden und offenen Fragen wird in dieser Arbeit mit Hilfe der Sequenzierung von vier plastidären (cp) (matK 5'-Ende, rpl32-trnL, rps16-trnK und ycf1) und drei nukleären (nc) DNA-Abschnitten (g3pdh, phyC und rpb2) nachgegangen. Für die Untersuchung der cp-Abschnitte umfasste das Probenset 141 Pitcairnia-Arten in 195 Akzessionen. Insgesamt 18 Arten aus fünf Unterfamilien der Bromeliaceae dienten als Außengruppen. Die Länge der kombinierten cp-Alignments betrug 5.006 bp. Es enthielt 8,55 % Parsimonie-informative Positionen innerhalb von Pitcairnia, wobei der Locus ycf1 mit 9,80 % den höchsten Anteil an informativen Positionen aufwies. Der Datensatz für die Untersuchung der drei nc-Loci enthielt eine reduzierte Anzahl von 89 Arten in 120 Akzessionen. Die Alignmentlängen lagen bei 310 bp für rpb2, 604 bp für g3pdh und 1.068 bp für phyC und der Anteil an Parsimonie-informativen Positionen bei 8,80 % für phyC, 16,17 % für g3pdh und 18,39 % für rpb2 innerhalb von Pitcairnia. Für alle Loci wurden mit verschiedenen Berechnungsmethoden phylogenetische Stammbäume rekonstruiert. Die Auflösung der einzelnen nc-Loci erwies sich als begrenzt. Der Locus g3pdh zeigte die beste Auflösung aller drei nc-Bereiche. Auf Grundlage der cp-Sequenzen wurde mit dem Programm BEAST eine datierte Phylogenie erstellt. Biogeographische Analysen wurden unter Verwendung geeigneter Software mit den cp-Sequenzen und den g3pdh-Sequenzen durchgeführt. Insgesamt konnten zu den wesentlichen zu Beginn der Arbeit gestellten Fragen die folgenden Ergebnisse erzielt und Hypothesen entwickelt werden: Monophylie der Gattung: Die rekonstruierten Phylogenien auf Grundlage der cp-Sequenzdaten sprechen eindeutig für eine Monophylie von Pitcairnia. Ebenso zeigen die Phylogenien der nc-Loci g3pdh und phyC für Pitcairnia einen monophyletischen Ursprung. Pitcairnia steht in Schwesterbeziehung zu den vier verbleibenden Gattungen Deuterocohnia, Dyckia, Encholirium und Fosterella.
Verwandtschaftliche Beziehungen innerhalb von Pitcairnia: Die Ergebnisse anhand der cp-Sequenzen zeigen, dass Pitcairnia in zwei große Kladen geteilt ist. Die beiden Kladen trennten sich früh in der Entwicklungsgeschichte der Gattung voneinander. Innerhalb der beiden Kladen konnten jeweils sechs monophyletische Untergruppen unterschiedlicher Größe identifiziert werden. Die Korrelation zwischen genetisch definierten Gruppen und ihrer geographischen Verbreitung ist relativ gering, was eine hohe Migrationsfähigkeit der Arten nahelegt.
Status von Pepinia: Die Arten der Untergattung Pepinia bilden weder in den cp- noch in den nc-Phylogenien eine monophyletische Gruppe
Evolution der Gattung Pitcairnia in Zeit und Raum: Nach der BEAST-Analyse der cp-Daten entstand Pitcairnia vor ca. 12 Millionen Jahren und ist damit die älteste der fünf Pitcairnioideen-Gattungen. Die tiefe Aufspaltung von Pitcairnia in zwei Kladen geschah bereits vor 11,8 Millionen Jahren. Die Diversifizierung der Arten aus Klade 1 begann vor ca. 7,1 Millionen Jahren, die Diversifizierung der Arten aus Klade 2 deutlich früher vor etwa 11 Millionen Jahren. Die biogeographischen Analysen führen zu dem Schluss, dass das Ursprungsgebiet von Pitcairnia in den Anden liegt, von wo aus die Gattung sich bis in die rezenten Verbreitungsgebiete ausgebreitet hat. Zuerst wurden die Anden und das Guayana-Schild besiedelt. Die Besiedlung Guineas (Westafrika) erfolgte vor ca. 7,5 Millionen Jahren über Fernausbreitung. In späteren Perioden ist Pitcairnia in die Karibik, Mittelamerika und das östliche Südamerika eingewandert.
Ursprung von P. feliciana, der einzigen Bromeliaceenart in Afrika: Pitcairnia feliciana ist Teil einer gut gestützten Abstammungslinie, die sich sehr früh von den übrigen Vertretern der Klade 2 abgespalten hat und in Schwesterbeziehung zum Rest der Arten aus Klade 2 steht. Pitcairnia feliciana selbst steht in Schwesterbeziehung zu einer Artengruppe aus dem Guayana-Schild. Die biogeographische Analyse mittels Bayes'schem Algorithmus ermittelt die Anden als Ursprungsregion für den Vorläufer der Art; dies deckt sich auch mit den Ergebnissen von Givnish et al. (2011).
@phdthesis{urn:nbn:de:hebis:34-2018061455685, author ={Schubert, Kai}, title ={Systematik und Evolution der Gattung Pitcairnia L'Heritier (Bromeliaceae)}, keywords ={580 and Ananasgewächse and Pitcairnie and Systematik and Phylogenie and Evolution and Chloroplast}, copyright ={https://rightsstatements.org/page/InC/1.0/}, language ={de}, school={Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Mathemaik und Naturwissenschaften}, year ={2018-06-14} }