1 Ordnung hilffen Vorreformatorische Geschlechterordnung: ERSTE DEUTSCHE BIBEL und Der ACKERMANN AUS BÖHMEN Inaugural-Dissertation zur Erlangung des philosophischen Doktorgrades im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Universität Kassel vorgelegt von: Margrit Freifrau von Löhneysen Kassel, November 2004 2 Erklärung Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Dissertation selb- ständig und ohne unerlaubte Hilfe angefertigt und andere als die in der Dissertation angegebenen Hilfsmittel nicht benutzt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus veröffentlichten und unver- öffentlichten Schriften entnommen sind, habe ich als solche kenntlich gemacht. Kein Teil dieser Arbeit ist in einer anderen Promotions- oder Habilitationsverfahren verwendet worden. Kassel, November 2004 3 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 5 1.1 Ausgangsfrage und Zielsetzung 5 1.2 Quellenauswahl und -diskussion 16 1.3 Quellen 21 1.3.1 ERSTE DEUTSCHE BIBEL mit Forschungstand 21 1.3.2 Der ACKERMANN AUS BÖHMEN mit Forschungsstand 24 1.4 Methodische Zugänge 29 2 „mein lieber ist mir vnd ich im“: Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1 und in den Weisheitsbüchern 35 2.1 Herrschafts– und Geschlechterordnung: Genesis 1 bis 4,1 35 2.2 Herrschafts- und Geschlechterordnung in den Weisheitsbüchern 80 2 2.1 Die weysheit 80 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe 105 2.2.3 Das tumpweib 143 2.2.4 Die nichteheliche Geschlechterbeziehung 148 2.3 Fazit 155 3 „Ich was ir friedel vnd sie mein amie“: Die Geschlechterordnung im ACKERMANN AUS BÖHMEN 173 3.1 Herrschafts- und Geschlechterkonzepte 173 3.2 Ehekonzepte 210 3.2.1 Margreth, die tote Ehefrau 210 3.2.2 Das Ehekonzept des ackermann 229 3.2.3 Das Ehekonzept des hern Tot 241 3.3 Der Prozess und das Urteil 247 3.4 Fazit 275 4 „Mein lieber ist mir vnd ich im Ich was ir friedel vnd sie mein amie“ 283 4.1 283 4.2 echtsordnung 284 4.3 n 290 4.4 4.5 Resümee Göttliche Herrschaft als verfasste R in der ERSTEN DEUTSCHEN BIBEL Die konträren göttlichen Ordnunge im ACKERMANN AUS BÖHMEN DER ACKERMANN AUS BÖHMEN: Paradigmenwandel als Ergebnis von Prozess und Urteil 293 Neue Konturen und Perspektiven 296 4 5 Anhang 300 5.1 Anhang I Überlieferungen der ERSTEN DEUTSCHEN BIBEL Siglen, Datierungen der Handschriften und Drucke, mit Druckorten und Schreibsprache nach der Edition von W. Kurrelmeyer. Bd. 1, S. IX - XXX, Bd. 10, XVI - L 300 5.2 Anhang II Überlieferungen ACKERMANN AUS BÖHMEN Siglen, Datierungen der Handschriften und Drucke mit Druckorten und Schreibsprache nach Hahn Forschungsbericht 1984, S. 10-12 302 5.3 Anhang III Gegenüberstellung der Aussagen von Genesis 1-4,1 und der Weisheitsbücher der ERSTEN DEUTSCHEN BIBEL und der Lutherübersetzung von 1545 304 6 Quellen- und Literaturverzeichnis 341 6.1 Abkürzungsverzeichnis 341 6.2 Quellen 343 6.3 Wörterbücher, Lexika, Handbücher 345 6.4 Literaturverzeichnis 346 5 1 Einleitung 1.1 Ausgangsfrage und Zielsetzung Die hierarchische Konstruktion der Ehe ist für den vor- und nachreformatorischen Zeitraum aus zahlreichen Perspektiven in Stu- dien zur Frauen- und Geschlechter-, Theologie-, Kirchen-, Rechts-, Kultur- und Literaturgeschichte sowie in interdisziplinär angelegten Analysen erforscht. Unterschieden wird zwischen der ‘Paradiesehe’,1 die seit dem frühen Christentum auf Genesis 2 bezogen wird, sowie der Ehe in der Welt. Die Herrschaft des Mannes in der Ehe wird so- wohl auf die ‘Paradiesehe’ als auch auf Genesis 3 (Sündenfall) aber auch auf Aussagen des Neuen Testaments zurückgeführt.. Die Sub- ordination der Ehefrau wird in Analysen über die „Theologie der Ehe“,2 in Studien der Ehe als weltliches Rechtsinstitut3 ebenso wie in Untersuchungen von Ehedidaxen4, Ehepredigten5 und Autobiogra- 1 Müller, M.: Die Lehre des hl. Augustinus von der Paradiesehe und ihre Auswir- kung in der Sexualethik des 12. und 13. Jahrhunderts bis Thomas von Aquin, (= Studien zur Geschichte der katholischen Moraltheologie 1), Regensburg 1954. Grimm, Reinhold R.: Die Paradiesehe. Eine erotische Utopie des Mittelalters, in: Hundsnurscher, Franz/ Müller, Ullrich (Hg.): „Getempert und gemischet’ Fest- schrift Wolfgang Mohr, (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik 65), Göppingen 1972, S. 1-25. Ziegler, J. G.: Paradiesehe, in: LThK, Bd. 8 (1963), Sp. 73. Ger- wing, G: Paradiesehe, in: LexMA, Bd. 6 (1993), Sp. 1699f. Schreiner, Klaus: Adams und Evas Griff nach dem Apfel - Sündenfall oder Glücksfall, in: Moss, Peter von (Hg.): Der Fehltritt. Vergehen und Versehen in der Vormoderne, (= Norm und Struktur. Studien zum sozialen Wandel in Mittelalter und Früher Neu- zeit, Bd. 15), Köln/ Weimar/ Wien 2001, S. 151-176, S. 159. 2 Molinski, W.: Theologie der Ehe in der Geschichte (= Zeichen des Heils a/b), Aschaffenburg 1979. Gruber Hans-Günter: Christliches Eheverständnis im 15. Jahrhundert. Eine moralgeschichtliche Untersuchung zur Ehelehre Dionysus' des Kartäusers.(= Studien zur Geschichte der katholischen Moraltheologie, Bd. 29), Regensburg 1986, S. 87-189. 3 Mikat, Paul: Ehe, in: HRG, Bd.1 (1971), S. 818f. Ratschow, C. H. u. a.: Ehe/ Eherecht/ Ehescheidung, in: TRE, Bd. 9 (1982), S. 308-362. Metral, Marie O.: Die Ehe, Analyse einer Institution, Frankfurt a.M. 1981. Michaelis, Karl: Das abendländische Eherecht im Übergang vom späten Mittelalter zur Neuzeit. Göt- tingen 1990. Baumann, Urs: Ehe, VI-VII, in: LThK, Bd. 3 (1995), Sp. 471-482. Strätz, Hans-Wolfgang: Ehe VIII, Rechtshistorisch, in: LThK, Bd. 3 (1995), Sp. 475-479. 4 Dallapiazza, Michael: minne, hûsêre und das ehlich leben, Zur Konstruktion bürgerlicher Lebensmuster in spätmittelalter-lichen und frühneuzeitlichen Di- daktiken, Frankfurt a.M. 1981. Dallapiazza, Michael: „Wie ein Mann ein fromm Weib machen soll“, Mittelalterliche Lehren über Ehe und Haushalt, Frankfurt a.M. 1984. Dallapiazza, Michael: Spätmittelalterliche Ehedidaktik, in: Ertzdorff, Xenja von/ Wynn, Marianne (Hg.): Liebe - Ehe - Ehebruch in der Literatur des Mittelalters, (= Beiträge zur deutschen Philologie, Bd. 58), Gießen 1984, S.161- 6 phien6 dargestellt. Für die Subordination der Frau in der Ehe werden die Schöpfungsberichte mit dem Sündenfall (Genesis 1 bis 3) aus dem Alten Testament angeführt, ebenso das organologische Bild, das auf den Apostelbriefen von Paulus (Epheserbrief 5, 22-33) im Neuen Testaments beruht. Die Entwürfe der Ehe in Bibel und Forschung rücken auch Vor- stellungen über ‘die Frau’ in das Blickfeld. Sie wird aufgrund von Bi- belaussagen als ‘gute und schlechte’ Frau dargestellt. Beide Sicht- weisen werden entweder als „Doppelgesichtigkeit“7 oder als zwei verschiedenen Konzepte8 der Frau gewertet. Das vorreformatorische Konzept ‘schlechte Frau’ wird speziell mit Verweisen auf das Alte Testament belegt, wobei der Sündenfall (Genesis 3) und Aussagen aus den Weisheitsbüchern herangezogen werden.9 Auf der Grundla- ge von Genesis 1 bis 3 ist aber auch eine positive Traditionslinie über die ‘Frau’ herausgearbeitet worden.10 Das Konzept ‘gute Frau’ wird in unterschiedlichen Textsorten entfaltet. Dazu zählen aus dem deutschsprachigen Bereich die Erziehungsschriften für Mädchen, die auf die Ehe vorbereiten, und die Ehelehren für Ehefrauen.11 Aus dem Spektrum der fiktiven Literatur werden die höfische12 Literatur und der „Meistersang“13 herangezogen, der den Marienpreis auf die welt- 171. Schwitalla, Johannes: Textsortenstile und Textherstellungsverfahren in Ehetraktaten des 15. und 16. Jahrhunderts, in: Schnell 1997, S. 79-114. 5 Schnell, Rüdiger: Geschlechtergeschichte und Textwissenschaft. Eine Fallstu- die zu mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Ehepredigten, in: Schnell 1997, S. 145-175. 6 Bachorski Hans-Jürgen: Der selektive Blick. Zur Reflexion von Liebe und Ehe in Autobiographien des Spätmittelalters, in: Müller 1988, S. 23-46. 7 Bumke, Joachim: Höfische Kultur, Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelal- ter, 2 Bde., Stuttgart 1986, 2. Bd. S. 458f. 8 Schnell, Rüdiger: Frauendiskurs, Männerdiskurs, Ehediskurs, Textsorten und Geschlechterkonzepte in Mittelalter und Früher Neuzeit, (= Reihe Geschichte und Geschlechter, Bd. 23) Frankfurt/ New York 1998. 9 Frugoni, Chiara: Frauenbilder, in: Duby, Georges/ Perrot, Michelle (Hg.): Ge- schichte der Frauen, Bd. 2, Mittelalter, Frankfurt/ New York 1993, S. 359-434, S. 359. Dalarun, Jacques: Die Sicht der Geistlichen, in: Duby/ Perrot 1983, S. 29-54, S. 33-37. 10 Gössmann, Elisabeth (Hg.): Das Wohlgelahrte Frauenzimmer, (= Archiv für philosophie- und theologiegeschichtliche Frauenforschung Bd. 1) München 1984, S. 12. 11 Schnell 1998, S. 174. 12 Bumke 1986, Bd. 2, S. 454f. 13 So Hübner, Arthur: Deutsches Mittelalter und italienische Renaissance, in: Schwarz, Ernst (Hg.): Der Ackermann aus Böhmen des Johannes von Tepl und seine Zeit, Darmstadt 1968, S. 368-386, S. 382. 7 liche Frau übertragen habe. In der höfischen Literatur wird die Schönheit der Frau gelobt,14 für die auf Korrespondenzen zum Ho- hen Lied15 verwiesen wird. Die ‘Ehefrau’ wird wie die ‘gute und schlechte Frau’ dargestellt. Ihr wird die Verantwortung für die Ehe zugeschrieben, welche sie dem Mann „entweder zum Paradies oder zur Hölle“16 macht. Mit Hölle wird die Ehefrau in Verbindung mit dem Teufel17 gesetzt, eine Verknüpfung, die auchder ‘Frau’18 allgemein unterstellt worden ist. Eine entgegengesetzte Darstellung der Ehe- frau hat G. Pamme-Vogelsang aus Texten geistlicher Autoren her- ausgearbeitet. Diese sei allerdings nur für Königinnen ein geltendes Konzept, das ihnen nicht nur das Handlungsfeld der Leib-, sondern auch der Seelenfürsorge für ihren Ehemann zumessen. Letztere ha- be sie in eine Position gebracht, die Heiligen19 vorbehalten gewesen sei. Bei den unterschiedlichen Wertungen der Ehefrau, steht beim Blick auf die Ehe die Hierarchie im Mittelpunkt. Entgegen der auf die Herrschaft des Ehemanns konzentrierten Studien hat H. Wunder für die Frühe Neuzeit ein Ehekonzept ermittelt, in dem Mann und Frau aufeinander bezogen sind, so dass ein differenzierterer Entwurf zu Tage tritt.20 Dieser ist aus Quellen erschlossen worden, in denen ge- sellschaftliche Vorstellungen und Lebenspraxis zum Ausdruck kom- men. Die Konstruktionen der Ehe, der Ehefrau und allgemein die ‘der Frau’ werden auf Aussagen des Alten Testaments zurückgeführt. Die 14 Brinker-von der Heyde, Claudia: Geliebte Mütter - Mütterliche Geliebte. Rolle- ninszenierungen in höfischen Romanen, (= Studien zur Germanistik, Anglistik und Komperatistik, Bd. 123) Bonn 1996, S. 60-89. 15 Krüger, Rüdiger (Hg.): puella bella. Die Beschreibung der schönen Frau in der Minnelyrik des 12. und 13. Jahrhunderts (= Helfant-Texte, T 6) Stuttgart 1986. 16 Schnell 1998, S. 188f. 17 Jerouschek ,Günter: Diabolus habitat in eis - Wo der Teufel zu Haus ist: Ge- schlechtlichkeit im rechtstheologischen Diskurs des ausgehenden Mittelalters und der frühen Neuzeit, in: Bachorski, Hans Jürgen (Hg.): Ordnung und Lust, Bilder von Liebe, Ehe und Sexualität in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Trier 1991, S. 281-306. 18 Scholz Williams, Gerhild: Der Teufel und die Frau, in: Schnell, Rüdiger (Hg.): Text und Geschlecht, Mann und Frau in den Eheschriften der frühen Neuzeit, Frankfurt a.M. 1997, S. 280-303. 19 Sie konstatiert, dass Seelenfürbitte „in der Regel den Heiligen vorbehalten war.“ Pamme-Vogelsang, Gudrun: Die Ehen mittelalterlicher Herrscher im Bild, Un- tersuchungen zu zeitgenössischen Herrscherpaardarstellungen des 9.-12. Jahr- hunderts, (= Forschungen zur Geschichte der älteren deutschen Literatur, Bd. 20), München 1998, S. 113, mit Anm. 2-4. 20 Wunder, Heide: „Er ist die Sonn’, sie ist der Mond“, Frauen in der Frühen Neu- zeit, München 1992. 8 Bestimmung und die Stellung der Frau in Mittelalter und Früher Neu- zeit wird mit den Schöpfungsberichten begründet, der dort zu finden- de Begriff ‘Hilfe’ habe ihre Dienstbarkeit und Subordination unter dem Mann als von Gott festgelegt ausgewiesen.21 Die Alttestament- lerin H. Schüngel-Straumann22 stellt heraus, dass diese Auslegung des Begriffs auf Augustinus zurückgehe. Sie belegt mit hebräischen Bibeltexten, dass in ihnen der Terminus Hilfe in der „Hälfte aller vor- kommenden Stellen“ für Gott verwendet werde, der Begriff infolge- dessen keine Unterordnung definiere.23 Allen Untersuchungen über vorreformatorische Konstruktionen von Frau, Ehefrau und Ehe ist gemeinsam, dass sie in erster Linie mit Quellentexten arbeiten, die von geistlichen Autoren stammen, de- ren Einfluss auf fiktive Texte belegt worden ist.24 Die Bindung der geistlichen Autoren an Positionen aus dem Alten Testaments wird mit Zitaten sowie mit direkten und indirekten Bezügen auf die Schöpfungsberichte und die Weisheitsbücher nachgewiesen. In der Regel werden in den Analysen dieser Texte aus dem vorreformatori- schen Zeitraum die darin enthaltenen Bibelverse in Latein oder im Wortlaut einer deutschen Übersetzung25 zitiert. Dabei zeigt sich ein großes methodisches Problem. Offensichtlich wird bei Bibelversen als verständnisprägende Folie zugrunde gelegt, dass ihre Aussagen unveränderlich sind, denn die deutschen Bibelzitate werden nicht textkritisch untersucht. So gesteht R. Koselleck der Bibelexegese zu, dass die Aussagen der Texte nicht über ihren Wortlaut hinausgin- gen.26 In dieser Forschungssituation nehme ich einen Perspektiven- wechsel vor. Ich gehe davon aus, dass Bibeltexte in ihren Überset- zungen zeitgebunden und gesellschaftlich bedingte Bedeutungsvari- 21 So z. B.: Bumke 1986, Bd. 2, S. 454-466. 22 Schüngel-Straumann, Helen: Die Frau am Anfang, Eva und die Folgen, Frei- burg/ Basel/ Wien 1989, S. 108. 23 Schüngel-Straumann 1989, Die Frau, S. 13. 24 So z. B.: Bumke 1986, Bd. 2, S. 505-507. 25 So z. B.: Goetz, Hans Werner: Frauen im frühen Mittelalter, Frauenbild und Frauenleben im Frankenreich, Weimar/ Köln/ Wien 1995, S. 83. Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter, München 1984, S. 44. Angenendt, Arnold: Geschichte der Religiosität im Mittelalter, 2Darmstadt 2000, S. 113, 121, 488. Dalarun, in: Duby/ Perrot 1983, S. 26, 39. 26 Koselleck, Reinhart: Vergangene Zukunft, Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, 3Frankfurt a.M. 1984, S. 205. 9 anten aufweisen, dass sie ‘Denkmäler’ im Sinne Droysens27 und so- mit historische Quellen sind. Denn auch für Bibelübersetzungen gilt, dass ihre Übersetzer jeweils das gestalten, was innerhalb ihres Wis- sens, ihrer Welterfahrung und in den Normen ihrer Zeit liegt.28 Für Bibelübersetzungen setze ich die von F. Paepke zugrunde gelegte Gestalteinheit29 voraus, die nach W. Dressler Autorität als „eigener Text“30 gewinnt. Der Einfluss der Bibel auf Normen und Strukturen der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gesellschaften ist in Stu- dien zur Sozial- Gesellschafts-31, Kultur32- Rechts-33 und Kirchenge- schichte,34 sowie in solchen zur Geschichte der Formen der Religio- sität35 und Häresie36 gut erforscht. Es ist davon auszugehen, dass 27 So z.B. alle Formen von Urkunden, Rechtsbüchern, Chroniken, Briefen, Tage- büchern und fiktiver Literatur. Droysen, Johann Gustav: Historik, Vorlesungen über Enzyklopädie und Methodologie der Geschichte, hg. von Rudolf Hübner, 5München/ Wien 1977, S. 50-84. Droysen bezog die Bibel als historische Quelle bei seinen Ausführungen nicht ein. 28 Snell-Hornby, M.: Übersetzen, Sprache und Kultur, in: Snell-Hornby, M. (Hg.): Übersetzungswissenschaft - eine Neuorientierung, Tübingen 1986, S. 9-31. Mourin, G.: Die Übersetzung, Geschichte, Theorie, Anwendung, München 1968. Soll, E.: Sprachstruktur und Übersetzbarkeit, in: Neusprachliche Mittei- lungen aus Wissenschaft und Praxis 21/ 3 1968, S. 161-167. 29 Paepke, F.: Im Übersetzen leben. Übersetzen und Textverständnis, Tübingen 1981, S. 103. Seine Konzeption verbindet Textlinguisitik mit der Hermeneutik H. G. Gadamers, im Sinne der Verschmelzung vermeintlich für sich seiender Hori- zonte. Paepke, F.: Textverstehen - Textübersetzung - Übersetzungskritik, in: Snell-Horby 1986, S. 106-133. 30 Dressler, W.: Textgrammatische Invarianz in Übersetzungen? in: Gülich E./ Raible, W. (Hg.): Textsorten, Frankfurt 1972, S. 98-112, S. 107. 31 So z.B.: Hiuzinga, Johan: Herbst des Mittelalters, Studien über Lebens- und Geistesformen des 14. und 15. Jahrhunderts in Frankreich und in den Nieder- landen, hg. von Köster, Kurt, 11Stuttgart 1975, S. 209-267. Borst, Arno: Le- bensformen im Mittelalter, Frankfurt a.M./ Berlin/ Wien 1980. 32 Ebenbauer, Alfeld: Das ‘christliche Mittelalter’ und ‘der Prozeß der Zivilisation’, Eine Skizze, in: Thum, Bernd (Hg.): Gegenwart als kulturelles Erbe, Ein Beitrag zur Kulturwissenschaft deutschsprachlicher Länder, (= Publikation der Gesell- schaft für interkulturelle Germanistik 2), München 1985, S. 5-26. Gurjewitsch, Aaron: Mittelalterliche Volkskultur, München 1987, S. 16, 107, 294, 316f. Gur- jewitsch, Aaron: Das Weltbild des mittelalterlichen Menschen, München 1982. Gurjewitsch, Aaron: Stumme Zeugen des Mittelalters: Weltbild und Kultur der einfachen Menschen, Weimar/ Köln/ Wien 1997. 33 Kern, Fritz: Recht und Verfassung im Mittelalter, 2Darmstadt 1958. Köbler, G.: Das Recht im Mittelalter, Köln/ Wien 1971. Kroeschell, Karl: Deutsche Rechts- geschichte, 2. Bde., 4Opladen 1981. Schild, Wolfgang: Alte Gerichtsbarkeit, Vom Gottesurteil bis zum Beginn der modernen Rechtsprechung, 2München 1985, S. 8-10. 34 Borgolte, Michael: Die mittelalterliche Kirche, (= Enzyklopädie deutscher Ge- schichte, Bd. 17), München/ Oldenburg 1992. 35 Dinzelbacher, Peter, (Hg.): Mittelalterliche Visionsliteratur, Eine Anthologie, Darmstadt 1989. Dinzelbacher, Peter: Mittelalterliche Religiosität, in: Haubrichs, 10 volkssprachliche Bibeln gesellschaftliche Wirkungen gehabt haben. Ihre Relevanz will ich systematisch anhand der Gestaltung von Mann und Frau sowie deren Geschlechterbeziehung im Alten Testament herausarbeiten. Dafür ziehe ich die Schöpfungsberichte und die Weisheitsbücher in einer vorreformatorischen Bibel, der sogenannten ERSTEN DEUTSCHEN BIBEL37 (EDB) heran, die eine vollständige Über- setzung der Vulgata38 ist. Meine Fragestellung gilt den Konzepten von Mann, Frau und Ehe. Sie richtet sich zunächst auf die jeweiligen Ordnungen für ‘Frau’ und ‘Mann’, dann auf die Ehe als Ordnung der Geschlechterbezie- hung und schließlich auf den Zusammenhang, in den diese Ordnun- gen gesetzt werden: die Schöpfung und die göttliche Ordnung für das Leben in der Welt. Damit ist die Frage verbunden, welche Wir- kung der göttlichen Ordnung für Mann und Frau in Geschlechterbe- ziehungen zugeschrieben wird. Ermittelt werden soll, ob diese Ver- knüpfung mit dem theologischen Begriff ‘Heil’ gefasst werden kann. Der Begriff beruht laut Definition von R. Flasche auf der Grundbe- deutung von ‘gesund’, mit dem immer das Leben in der von Gott ge- setzten Ordnung verbunden gewesen sei.39 Die feministische Ausle- gung sieht im Heil die Wechselwirkung zwischen der Gerechtigkeit Gottes und dem rechtmäßigen Handeln von Frau und Mann.40 Beide Wolfgang, (Hg.): Frömmigkeitsstile im Mittelalter, (= Zeitschrift für Literaturwis- senschaft und Linguistik 80), Göttingen 1990, S. 14-34. Scribner, R. W.: Magie und Aberglaube, Zur sakramentalistischen Denkart in Deutschland am Ausgang des Mittelalters, in: Dinzelsbacher/ Bauer 1990, S. 253-274. 36 Kalivoda, R./ Kolesnyk, A. (Hg.): Das hussitische Denken im Lichte seiner Quellen, Berlin (Ost) 1969. Cohn, Norman: Das neue irdische Paradies, Revo- lutionärer Millenarismus und mystischer Anarchismus im mittelalterlichen Euro- pa, Hamburg 1988. Borst, Arno: Die Katharer, 2Freiburg/ Basel/ Wien 1992. 37 EDB: Die erste deutsche Bibel, 10 Bde., Tübingen 1904-1915, hg. von Kurrel- meyer, W., (= Bibliothek des litterarischen Vereins in Stuttgart, Nr. 234, 238, 243, 246, 249, 252, 254, 258, 259, 266). 38 Die Vulgata ist eine Übersetzung hebräischer, griechischer und aramäischer Texte ins Lateinische durch den Kirchenvater Hieronymus. Der von Hieronymus ins Lateinische übersetzte Bibeltext ist auf dem Konzil von Trient zum ‘allein authentischen’ für die gesamte lateinische Kirche erklärt worden. Die gesamte Bibel wurde als ‘ein Buch’ bereits seit dem 8. Jahrhundert abgeschrieben, deren Texte im Zuge der karolingischen Bibelreform vereinheitlicht worden sind. Ro- nig, Franz: Bemerkungen zur Bibelreform in der Zeit Karl des Großen, in: 799. Karl der Große und Papst Leo III. in Paderborn, Kunst und Kultur der Karolin- gerzeit, Beiträge zum Katalog der Ausstellung, Paderborn 1999, hg. von Stie- gemann C./ Wemhoff M., Mainz 1999, S. 711-717. 39 Flasche, Rainer: Heil, in: Handbuch religiöser Grundbegriffe, Bd. 3 (1993), S. 66-74, S. 67. 40 Richter Reimer, Ivoni: Heil/ Rechtfertigung, Biblisch, in: WFTh2, S. 268-270, S. 268. Acklin Zimmermann, Béatrice: Heil/ Rechtfertigung, Theologiegeschichtlich 11 Forschungspositionen stimmen darin überein, dass der Begriff den Zusammenhang zwischen dem menschlichen Leben und der göttli- chen Ordnung bezeichnet. Da der Ehe als Ordnungskategorie in der göttlichen Ordnung besondere Bedeutung zugewiesen wird, ist zu fragen, wie in der EDB die rechtlichen Formulierungen der lateinischen Vorlage in deutsch- rechtliche übersetzt werden. Bisher ist lediglich bekannt, dass die Bi- bel, besonders der Dekalog und die Gesetze Mosis, auf mittelalterli- che und frühneuzeitliche Rechtsauffassungen Einfluss gehabt hat.41 In welcher Weise die Schöpfungsberichte und die Weisheits- bücher der EDB in Bezug auf die Geschlechterordnung Ehe rezipiert wurden, prüfe ich, indem ich die um 140042 entstandene volks- sprachliche Dichtung von Johannes von Tepl43 ‘DER ACKERMANN AUS BÖHMEN’ (ACKERMANN) heranziehe. Der literarische Text ist zunächst eine philologische und keine historische Quelle. Den ACKERMANN als geschichtswissenschaftliche Quelle zu erschließen, erfolgt aus der Überlegung, dass in diesem Text über die Ehe im Zusammenhang der von Gott gesetzten Ordnung der Welt gestritten wird. Wie in ei- nem Brennspiegel wird die Ehe sowohl als Ort der Freude als auch der Qual für den Mann dargestellt, wobei mit den Konzepten ‘gute und schlechte Ehefrau’ argumentiert wird. Darüber hinaus wird im ACKERMANN AUS BÖHMEN eine Kontroverse über die Schöpfung und die Konzepte von Mann und Frau ausgetragen, die zwischen dem Witwer ackermann und dem personifizierten Tot geführt wird. Sie wird durch die Stimme Gottes beendet. Der ACKERMANN ist ebenso wie die EDB als zeitbedingtes Werk in seiner Historizität zu betrach- ten. in: WFTh2, S. 270f. 41 Erler, A: Bibel, in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp 411-416. 42 Hahn, Gerhard: Der Ackermann aus Böhmen des Johannes von Tepl, (= Erträge der Forschung, Bd. 215), Darmstadt 1984, S. 8. 43 Weitere Namen des Autors sind: Johannes von Saaz, von Schüttwa, de Sitbor, de Tepla, de Zacz. Hahn, Gerhard: Johannes von Tepl, in: Ruh, K. von u.a. (Hg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters, Verfasserlexikon, Bd. 4, 2Berlin/ New York 1982, Sp. 763-774. Tepl war Notar der Stadt Saaz, Rektor der La- teinschule und Notar im kaiserlichen Auftrag, mit der Befugnis Urkunden in fremder Sprache auszustellen und mit eigenem Siegel zu beglaubigen. Hahn 1984, S. 2-5. 12 Die agierenden Figuren im ACKERMANN argumentieren offen- sichtlich mit biblischen Positionen. Zu klären ist, ob im Text Tepls Vorstellungen von Heil zu erkennen sind. Bereits G. Kaiser44 hat die- se Dimension allgemein für fiktive vorreformatorische Texte nachge- wiesen, und Ch. Kiening hat für den ACKERMANN konstatiert, dass er eine heilsgeschichtliche Perspektive habe, die in einer Erlösungs- hoffnung münde.45 Mit dem Bezug zur EDB wird die Forderung A. Hübners (1935) aufgegriffen, alles „Biblische“46 im ACKERMANN herauszuarbeiten. Die Konzentration auf alttestamentarischen Texte beruht auf den For- schungspositionen von W. Baumann (1978)47 und Ch. Kiening (1998),48 die herausstellen, dass die Dichtung alttestamentarische Aussagen agumentativ verwendet. Die Themen im ACKERMANN: Schöpfung, göttliche Weltordnung, Geschlechterordnung und die Konzepte von Mann und Frau eignen sich folglich dazu, nach Über- einstimmungen und Divergenzen mit der zeitnahen deutschsprachli- chen EDB zu fragen. In Tepl/Böhmen wurde eine vollständige Über- setzung des Neuen Testaments gefunden, die nach W. Kurrelmeyer aus dem 14. bis 15. Jahrhundert49 stammt, nach Ch. Wulf aus dem 14. Jahrhundert.50 Daher könnte es auch Übersetzungen des Alten Testaments in Böhmen gegeben haben. Es kann angenommen wer- den, dass Johannes von Tepl die EDB für sein Werk nutzte. Auf die sprachliche Nähe des ACKERMANN zur EDB hat A. Hübner aufmerk- 44 Kaiser, Gerd: Alternative Lebenswelten in der deutschen Literatur des Mittelal- ters, in: Alternative Welten in Mittelalter und Renaissance, (= Düsseldorfer Stu- dien zu Mittelalter und Renaissance, Bd. 10), Düsseldorf 1988, S. 161-178. 45 Kiening, Christian: Schwierige Modernität, Der ›Ackermann‹ des Johannes von Tepl und die Ambiguität historischen Wandels, (= Münchner Texte und Unter- suchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters, Bd. 113), Tübingen 1998, S. 148. 46 Hübner, Arthur: Das Deutsche im Ackermann aus Böhmen, in: Schwarz 1968, S. 239-344, S. 331. 47 Baumann, Wilfried: Die Literatur des Mittelalters in Böhmen, Deutsch - Latei- nisch - Tschechische Literatur vom 10. bis zum 15. Jahrhundert, (= Veröffentli- chungen des Collegium Carolinum, Bd. 37), München/ Wien 1978, S. 49. 48 Kiening konstatiert eine „konsequente Vermeidung neutestamentlicher Bezugs- punkte“. Kiening 1998, S. 210f. 49 EDB, hg. von Kurrelmeyer, W.: Evangelien, Bd.1 (1904), S. XIX. 50 Wulf, Christine: Eine volkssprachliche Laienbibel des 15. Jahrhunderts, Unter- suchung und Teiledition der Handschrift Nürnberg, Stadtbibliothek, Ms. Solg. 16. 2°, München 1991, S. 7. 13 sam gemacht, im Besonderen zum Buch Ecclesiasticus (Sirach).51 Übereinstimmungen mit diesem Weisheitsbuch zweifelt G. Jungbluth (1983)52 jedoch an. Dieser Forschungsposition folgt K. Bertau (1994) offensichtlich nicht, denn er zieht das Bibelbuch der EDB gemeinsam mit dem Buch Weisheit für den Text Tepls heran.53 Eine systematische Analyse des ACKERMANN auf der Folie der Schöpfungsberichte und der Weisheitsbücher der EDB mit ge- schichtswissenschaftlichen Fragestellungen nach Geschlechter- und Ehekonzepten ist bisher nicht erfolgt. Für meine Untersuchung greift Rüdiger Schnells Kritik an der Methode , Texte unterschiedlicher Provenienz miteinander in Beziehung zu setzen,54 nicht, denn die Bi- bel war ein normativer Text, dessen Übersetzungsvarianten berück- sichtigt werden müssen. Der Blick auf die Geschlechterordnung Ehe in der EDB und im ACKERMANN will vorreformatorische Vorstellungen erweitern. Meine Analyse wird zur Frauen- und Geschlechterge- schichte Position beziehen und auch Forschungen der feministischen Theologie und der Literaturgeschichte einbeziehen. Für die Frage nach den Konstrukten von Mann, Frau als ‘Hilfe’ des Mannes und der Ehe in den Schöpfungsberichten, den Weis- heitsbüchern der EDB und im ACKERMANN ist das von Griesebener entwickelte Untersuchungsinstrument „Geschlecht als mehrfach rela- tionale Kategorie“ mit „interagierende[n] Differenzen“55 vielverspre- chend. Ihre Definition von Geschlecht trennt nicht zwischen SEX (biologisches Geschlecht) und GENDER (soziokulturelles Geschlecht). Sie stellt stattdessen heraus, dass es notwendig sei, gleichzeitig das biologische Geschlecht, den Familienstand, den sozialen Stand, das Alter, die religiöse und ethnische Zugehörigkeit, die Einbindung in 51 Hübner, in: Schwarz 1968, S. 334, Anm. 21. 52 Jungbluth, Günther: Johannes von Saaz: Der Ackermann aus Böhmen, Kom- mentar aus dem aus dem Nachlaß von Günther Jungbluth, hg. von Zäck, Rai- ner, Bd. 2, Heidelberg 1983, S. 172. 53 Bertau, Karl: Johannes de Tepla, civis Zacensis, Epistola cum Libello Acker- mann und Das Büchlein ackermann. Nach der Freiburger Hs. 163 und nach der Stuttgarter Hs. HB X 23/ 2 Bde., 2. Bd. Berlin/ New York 1994. Einleitung, Un- tersuchung. en zum Geleitbrief und zu den Kapiteln 1 bis 34 des Textes und Wörterverzeichnis mit Exkursen, Bd. 2, S. 348. 54 Schnell 1998, S. 18. 55 Griesebner, Andrea: Geschlecht als mehrfach relationale Kategorie, Methodo- logische Anmerkungen aus der Perspektive der Frühen Neuzeit, in: Aegenter, V./ Graf N./ Imboden, N./ Rytz, T./ Stöckli, R. (Hg.): Geschlecht hat Methode, Ansätze und Perspektiven in der Frauen- und Geschlechtergeschichte, Zürich 1999, S. 129-138, S.133-138. 14 soziale Beziehungsnetzwerke oder die ökonomische Position zu be- rücksichtigen. Griesebener hat ihre Kategorien als Unter- suchungsinstrumente auf Texte angewandt, die gesellschaftliche ‘Wirklichkeiten’ beschreiben. In meiner Untersuchung nutze ich ihre Analysekriterien für die Erschließung von Geschlechter- und Ge- schlechterbeziehungskonzepten. Dabei lege ich als „interagierende Differenzen“ die zwischen Gott und Menschen und jene zwischen Mann und Frau zugrunde, die in acht erkennbaren Relationen als Konzepte in der Geschlechterordnung Ehe relevant sind: Als erste und grundlegende Relation sehe ich die göttliche Herrschaft auf der Grundlage der von Gott gesetzten Verbindung zwischen seiner Weltordnung und der Geschlechterordnung, d. h. die Relation zwischen der Ordnung der Schöpfung und deren Ausge- staltung in der Welt. Die zweite Relation erkenne ich in der Treue, die als Wech- selbeziehung zwischen Gott und seiner Ordnung auf der Seite Got- tes und der Anerkennung und Befolgung dieser Ordnung durch die Menschen auf der anderen Seite besteht. Hierzu gehören auch die Vorstellungen von Recht und Rechtsordnung, soweit sie als Be- standteile der Geschlechterordnung thematisiert werden. Die dritte Relation werde ich aus Aussagen über die Gemein- schaft zwischen Gott und Menschen erschließen. Dabei wird der Blick auf Konstruktionen von Heil gerichtet und nach den Wirkungen des Heils auf die Menschen gefragt. Als vierte Relation betrachte ich die Wechselbeziehung zwi- schen Gott und Frau. Für die Frau wird im Text von Genesis 2 der EDB der Begriff hilffen verwendet. Dieser Quellenbegriff wird in mei- ner Untersuchung als zentraler Obergriff analysiert. Ich behalte ihn durchgängig bei, denn er kann noch nicht ohne Bedeutungsverluste oder –verschiebungen in einen modernen Forschungsbegriff ge- bracht werden. Als fünfte Relation wird die Qualität der Beziehung zwischen Gott und Mann herausgearbeitet. Die sechste Relation sehe ich im Verhältnis zwischen Mann und Frau in der Geschlechterbeziehung Ehe, zu dem das Hand- lungsfeld der Ehefrau für ihren Ehemann gehört. 15 Als siebte Relation wird der Wert des Handlungsfeldes der Ehefrau ermittelt, das nicht auf ihren Ehemann ausgerichtet ist. Es umfasst die Bereiche des Haushalts und die Beziehungen zu Men- schen außerhalb des Hauses. Als achte Relation werden von Menschen vorgebrachte Wer- tungen der Geschlechterordnung Ehe geprüft. Aus ihnen will ich die gesellschaftliche Stellung und Qualität der Ehe erschließen. Anhand der von mir zugrunde gelegten Differenzen zwischen Gott und Menschen sowie der Geschlechterdifferenz von Mann und Frau in den acht Relationen hoffe ich, Interaktionen erkennen zu können, mit denen der Forschungsblick auf den vorreformatorischen deutschsprachlichen Raum erweitert wird. Die Suche nach den alttestamentarischen Geschlechter- und Ehekonzepten in der EDB sind zur Abgrenzung von jüngeren von Bedeutung. Für meine Fragestellungen ist vor allem die Offenlegung von Divergenzen zur Übersetzung Luthers (1545)56 wichtig, welche im Allgemeinverständnis als die Bibel im deutschen Sprachraum gilt. Dem gegenüber sind die vorreformatorischen Übersetzungen der Bi- bel kaum bekannt, wohl aber in der Forschung.57 Verse, die im Ver- gleich zur EDB Frauen- und Geschlechterbeziehungskonzepte ver- ändern, werden in den Anmerkungen angeführt. Im Fazit der Unter- suchung der EDB werden sie exemplarisch analysiert, um die spezi- fische Historizität der Lutherübersetzung offen zulegen. Im Anhang III werden alle Verse der EDB und der Lutherübersetzung angeführt, die Frauen- und Geschlechterbeziehungskonzepte darstellen. Zur Überprüfung der Historizität der EDB wird eine weitere spätmittelalterliche Bibelübersetzung, die WENZELSBIBEL58 (um 1375), herangezogen, obwohl sie unvollständig ist.59 Sie gilt als beste Über- 56 BIBLIA: Das ist: Die gantze Heilige Schrifft/ Deudsch /Auffs new zugegericht. D. Mart. Luth. Begnadet mit Kurfürstlicher zu Sachsen Freiheit. Gedruckt zu Wit- temberg/ durch Hans Luft, M D X L V, leicht verkleinerte Faksimileausgabe, 2Stuttgart 1983. 57 1.3.1: ERSTE DEUTSCHE BIBEL mit Forschungsstand, S. 22-28, Anm. 99-118. 58 WB: König Wenzels Prachthandschrift der deutschen Bibel. Nach dem Original in der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien Cod. 2759. Auf ein Drittel ver- kleinerte Ausgabe des Faksimiles der Akademischen Druck- und Verlagsanstalt Graz, Reihe Codices Selekti. Erläutert von Appuhn, Horst. Einführung: Kramer Manfred, Dortmund 1990. 59 Es liegen nur Bücher des Alten Testaments vor, selbst diese sind nicht voll- 16 setzung vor Luther.60 Gelesen haben die Prachthandschrift offen- sichtlich König Wenzel und seine engere Hofgesellschaft. Sie wird in Anmerkungen angeführt, wenn den Texten ein anderer Sinn als der der EDB zu entnehmen ist. Die EDB und der ACKERMANN sind Texte aus dem späten Mit- telalter. Sie werden aufgrund ihres Überlieferungszeitraums als vor- reformatorische Quellen eingeordnet, denn der letzte Druck der EDB erfolgte 1518, der des ACKERMANN 1547.61 Daher ist festzustellen, dass die EDB mindestens bis ins erste Drittel, der ACKERMANN bis etwa zur zweiten Hälfte des 16. Jahrhundert rezipiert wurde. Warum das Interesse am ACKERMANN nach 1547 abbricht, ist nicht abschie- ßend geklärt. Ob der Abbruch seiner Rezeption eventuell mit den Geschlechter- und Ehekonzepten der Bibelübersetzung Luthers zu- sammenhängen könnte, werde ich aus den Unterschieden zwischen EDB und der Lutherübersetzung in der Schlussbetrachtung meiner Analyse als These erörtern. Meine Untersuchung konzentriert sich auf die vorreformatorischen alttestamentarischen Texte der EDB, die Geschlechter- und Geschlechterkonzepte im Rahmen der göttlichen Ordnung darstellen. Diese will ich mit denen im ACKERMANN verglei- chen, um den Nachweis zu erbringen, dass sie dort verwendet wor- den sind. 1.2 Quellenauswahl und -diskussion Um die vorreformatorischen Konzepte der Geschlechter und Geschlechterbeziehungen im Zusammenhang der göttlichen Welt- ordnung der EDB herauszuarbeiten, werden die Texte von Genesis 1 bis 4,1 und die Weisheitsbücher (Sprüche, Prediger, Hohe Lied, Weisheit und Ecclesiasticus bzw. Jesus Sirach) systematisch unter- sucht. Mit der Analyse der Texte von Genesis 1 bis 3 folge ich Ein- ständig. Für meine Frage nach Geschlechter- und Geschlechterbeziehungs- konzepten kann daher nur Genesis 1 bis 4,1 und das Weisheitsbuch Ecclesia- sticus ab Kapitel 29, Vers 32 herangezogen werden. 60 Kramer stellt heraus, dass König Wenzel sich über das Edikt seines Vaters Kaiser Karl V. hinwegsetze, das Verbreiten und Benutzen von Bibeln in der Volkssprache verbot. Kramer Manfred: König Wenzel, Seine Bibliothek - Seine Bibel - Seine Welt, in: WENZELSBIBEL I, Genesis und Exodus, S. 7-20, S. 12f. 61 Anhang I und II. 17 teilungen der Theologie.62 Darüber hinaus erweitere ich meine Un- tersuchung, um den Vers Genesis 4,1. Meine Wahl von Genesis 1 bis 4,1 beruht auf den Aussagen über die in ihnen präsentierten Ord- nungskonzepte. Genesis 1 und 2 stellen die Ordnung der Schöpfung dar, in die das geschlechterdifferente Geschöpf Mensch mit ge- schlechtsspezifischen Handlungsfeldern und seiner Geschlechter- ordnung gestellt wird. Genesis 3 berichtet vom Bruch der Schöp- fungsordnung (Sündenfall) durch die Menschen und den daraus für sie folgenden Konsequenzen, zu denen die Änderung der Ge- schlechterordnung und ihre Sterblichkeit gehört. Genesis 4,1 be- schreibt die erste Zeugung und Geburt eines Menschen. Die aus den Texten von Genesis 1 bis 4,1 ermittelten Ord- nungskonzepte, in denen die Geschlechterordnung Ehe mit ge- schlechterspezifischen Handlungsfeldern platziert sind, werden als Grundlage für die systematische Analyse der Weisheitsbücher der EDB herangezogen, die die göttliche Weltordnung darstellen. Das Buch Weisheit und das Buch Ecclesiasticus zählen - wie in der Vul- gata - zum Kanon der EDB, während sie in der Übersetzung Luthers apokryphe Texte63 sind. Auch das Hohelied64 gehört zur biblischen Weisheitsliteratur. Die Texte des Hohen Lieds beschreiben die Be- ziehung eines Brautpaars, infolgedessen können sie auf Aussagen über Konzepte für beide Geschlechter und das Konzept des Braut- paars als Ordnungsvorstellung befragt werden. Die Weisheitsbücher charakterisiert J. Ebach als allgemeines „Erziehungsideal für das Christentum.“65 Diese Forschungsposition spricht für die systemati- sche Untersuchung der Weisheitsbücher, um Vorstellungen über die 62 Gunkel, Hermann: Genesis, 9Göttingen 1977. Staimer, Edeltraut: Bilder vom Anfang, Einführung in die biblischen Schöpfungserzählungen von Genesis 1-3, München 1981. Witte Markus: Die biblische Urgeschichte. Redaktions- und theologiegeschichtliche Beobachtungen zu Genesis 1,1-11,26, (= Beiheft zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 265) Berlin/ New York 1998, S. 1-16. Schüngel-Straumann, Helen: Genesis 1-11. Die Urgeschichte, in: Schot- troff, Luise/ Wacker, Marie-Theres (Hg.): Kompendium, Feministische Bibe- lauslegung, Gütersloh 1998., S.1-12, S. 2, S. 8. Schüngel-Straumann, Helen: Von einer Frau nahm die Sünde ihren Anfang? Die alttestamentlichen Erzäh- lungen vom „Paradies“ und „Sündenfall“ und ihre Wirkungsgeschichte (1988), in: Schüngel-Straumann, Helen: Anfänge feministischer Exegese. Gesammelte Beiträge, mit orientierendem Nachwort und einer Auswahlbiographie, (= Exegese in unserer Zeit, 8), Münster 2002, S. 165-187, S. 171f. 63 Schüngel-Straumann, Helen: Kanon/ Apokryphe Literatur, in: WFTh2, S. 66-68. 64 Kaiser, Otto: Weisheitsliteratur, in: EKL, Bd. 4 (1969), Sp. 1243-1249. Sp. 1244f. 65 Ebach, Jürgen: Weisheit, in: Drehsen, Volker: Wörterbuch des Christentums, Gütersloh 1988, Sp. 1355f. 18 göttliche Weltordnung zu ermitteln, in der die Geschlechterordnung und die Konzepte von Frau und Mann entfaltet werden. Einen Textvergleich zwischen dem ‘Ursprungstext Vulgata’ und ihrer Übersetzung EDB, wie er für die literaturwissenschaftlichen Forschungen von zentralem Interesse ist,66 führe ich nicht durch, weil die Vulgata für meine geschichtswissenschaftliche Untersuchung nicht relevant ist. Auch die textkritischen Einordnungen67 der Bibel- bücher durch die theologiegeschichtliche Forschung und „Falschü- bersetzungen“68 gegenüber älteren Bibeltexten bleiben unberück- sichtigt. Für meine geschichtswissenschaftliche Analyse der Ge- schlechter- und Ehekonzepte in den alttestamentarischen Texten der EDB stütze ich mich auf die Studie von H. Zwar, der die Verhaftung zeitbedingter Normen für die sozialen und rechtlichen Termini Herr und Knecht mit vorreformatorischen Bibeltexten69 belegt hat. Dass Bibelübersetzungen rechtlichen und gesellschaftlichen Einfluss hat- ten, hat Schulte an Exodus 22,18 der Lutherübersetzung und der Vulgata im Zeitraum der Hexenverfolgungen nachgewiesen.70 Inwie- weit und in welcher Weise Übersetzungsentscheidungen ge- schichtswissenschaftliche Erschließungsinstrumente sind, hat H. Wunders Untersuchung von Luthers Wortwahl fromkeyt für IUSTITIA belegt, mit der sie zeigt, dass diese Übersetzung eine zeitgebundene 66 Zum Problem der größtmöglichen Aussagenkongruenz zwischen Ursprungstext und Übersetzung siehe: Albrecht, J.: Wissenschaftlicher Status und pragmati- scher Nutzen der Übersetzungswissenschaft, in: Ehnert, R./ Schleyer, W. (Hg.): Übersetzungen im Fremdsprachenunterricht. Beiträge zur übersetzungswissen- schaftlichen Annäherung an eine Übersetzungsdidaktik, Regensburg 1987, S. 9-23. Turk betont, dass die Übersetzung eine bestimmte Art der Interpretation des Ausgangstextes ist, die erschlossen und eingeordnet werden muss. Turk. H: Literaturtheorie I, Literaturwissenschaftlicher Teil, Göttingen 1976, S. 6. 67 Die historische Theologie belegt, dass die Texte der Bibel ein historisch ent- standenes, redaktionelles Produkt sind. 68 „Die lateinische Vulgata-Bibel übersetzt hier falsch.” Gössmann, Elisabeth: „Eva” in der hebräischen Bibel und in der Deutung durch die Jahrhunderte, in: Gössmann 2000, S. 11-44, S. 17, Anm. 13. 69 H. Zwar widerlegt die Forschungsposition, dass Luther den antiken Sklavenbe- griff durch ‘Knecht’ gemildert habe. Zwar, Hartmut: Herr und Knecht, Figuren- paare in der Geschichte, Leipzig/ Jena/ Berlin 1990, S. 11f. 70 Schulte belegt am Begriff Zauberin, dass in den protestantischen Territorien, dem Geltungsbereich der Lutherübersetzung, mehr Frauen als Männer der Verurteilung wegen Hexerei anheimfielen. Er stellt fest, dass in den katholi- schen Territorien, in den die Vulgata galt, dies nicht der Fall war. Allerdings dis- kutiert er die Übersetzungsentscheidung Luthers nicht. Schulte, Rolf: Hexen- meister, Frankfurt a.M. 2001. 19 Autorenaussage ist.71 Dass die Wortwahl in Übersetzungen von Bi- beltexten von Bedeutung ist, belegt auch das Forschungsergebnis von H. Schüngel-Straumann,72 dem zufolge der Inhalt der Aussage von zeitbedingten Worten geprägt ist. Um Übereinstimmungen und Abweichungen von Aussagen der EDB feststellen zu können, werden als zusätzliche deutsch- sprachliche Quellen die Laienpredigen Bertold von Regensburgs73 hinzugezogen. Für den ACKERMANN sind Bezüge aus den Laienpre- digen74 festgestellt worden. Die göttliche Weltordnung, in der die Geschlechterordnung Ehe und die Konzepte von Frau und Mann in der EDB eingebunde- nen sind, wird mit der göttlichen Weltordnung im ACKERMANN zu ver- gleichen, ist aufgrund derselben Sprache möglich. Dass der ACKERMANN Petrus Rothers gewidmet war, der als jüdischer Maler (PICTORI IUDEO) und Prager Bürger (CIUI PRAGENSI)75 ausgewiesen wurde, tritt im lateinischen Widmungsbrief zu Tage. Ob die Widmung an einen jüdischen Bürger mit seiner gesellschaftlich-rechtlichen Stellung eine Verbindung zu den Aussagen der Dichtung gehabt ha- ben könnte, wird am Ende der Untersuchung des ACKERMANNS erör- tert. Dieser Aspekt ist bisher von der Ackermannforschung nicht be- achtet worden. Die Konstruktion des ACKERMANN legt eine Prozessform nahe. Die Form wird danach befragt, ob sich aus ihr die Konstruktion eines deutschrechtlichen Prozesses herausarbeiten lässt. Die Strukturen 71 Wunder, Heide: » iusticia, Teutonice fromkeyt.« Theologische Rechtfertigung und bürgerliche Rechtschaffenheit, Ein Beitrag zur Sozialgeschichte eines theologischen Konzepts, in: Moeller, Bernd (Hg.): Die frühe Reformation in Deutschland als Umbruch, Wissenschaftliches Symposion des Vereins für Re- formationsgeschichte 1996, (= Schriften des Vereins für Reformationsge- schichte, Nr. 199), Gütersloh 1998, S. 307-332, S. 312. 72 Schüngel-Straumann legt offen, dass in der Einheitsüber-setzung der Mann „Gemeindevorsteher“ oder „Diakon“ die Frau aber „Diakonisse“ oder „Dienerin“ genannt wird. Schüngel-Straumann, Helen: Was will die feministische Theologie (1986), in: Schüngel-Straumann 2002, S. 79-98, S. 90. 73 Berthold von Regensburg: Vollständige Ausgabe seiner Predigten, Wien 1862- 1880, hg. von Hans Pfeiffer, 2 Bde, Berlin 1965. Berthold von Regensburg: Deutsche Predigten, (Überlieferungsgruppe *Z), hg. von Dieter Richter, (= Deut- sche Neudrucke, Reihe: Texte des Mittelalters) München 1968. 74 Johannes von Saaz: Der Ackermann aus Böhmen, Kommentar aus dem Nach- laß von Günther Jungbluth hg. von Rainer Zäck, Bd. 2, Heidelberg 1983, S. 250, (Jungbluth 1983, Bd. 2). 75 Kiening 1998, S. 3, S. 58f. 20 eines deutschrechtlichen Prozess im ACKERMANN hat bereits K. Bur- dach untersucht, er verneint diesen jedoch wegen fehlender rele- vanter Elemente (Eide, Eidhelfer und Schöffen).76 R. Eckart charak- terisiert den Text als „Streitgespräch in Form eines mittelalterlichen Prozesses.“77 Dagegen hat F. W. Strothmann abgelehnt, den ACKERMANN in die ‘geistliche Prozessdichtung’ einzuordnen, weil im Werk kein prozessrelevanter Anlass hinsichtlich „Heilstatsachen“78 vorhanden sei. Ch. Kiening setzt jedoch den ACKERMANN mit dem ‘Belial’, „einem dezidiert juristisch-heilsgeschichtlichen Werk“, in Be- ziehung.79 Die im Text dominierenden Drillings- und Paarformeln80 werden als Stilmerkmal der Kanzleisprache81 oder des „geblümten Stils“82 beschrieben. Die im ACKERMANN enthaltene Rechtssprache und die Formen der Gerichtsrede83 werden auf das „schulrhetori- schen Modell eines Strafprozesses“84 zurückgeführt. Die Form und die Sprache des ACKERMANN erneut zu analysieren, kann möglicher- weise Auskunft über den Sinn einer deutschrechtlichen Prozessform im Zusammenhang der göttlichen gesetzten Weltordnung geben. Bei der Suche nach Übereinstimmungen und Divergenzen zwischen EDB und ACKERMANN beziehe ich mich auf Bachorski, der für fiktive Texte des 15. und 16. Jahrhunderts unterstrichen hat, dass in ihnen tradierte Denkmodelle verwendet wurden, die in Zeiten ideologischer Krisen dazu genutzt wurden, dieselben zu affirmieren, 76 Burdach, Konrad: Der Dichter des Ackermanns aus Böhmen und seine Zeit, (=Vom Mittelalter zur Reformation, 3. Bd., 2. Teil, 1. Hälfte), Berlin 1926, S. 157-163, S. 174-182. 77 Eckart, Rolf: Johannes von Tepl, in: Kindler Neues Literaturlexikon, Bd. 8, Mün- chen 1990, S. 800f. 78 Strothmann, Friedrich Wilhelm: Die Gerichtsverhandlung als literarisches Motiv in der deutschen Literatur des ausgehenden Mittelalters, Darmstadt 1969, S. 15, 32, 71. 79 Kiening 1998, S. 146-148. Schröder W. 1987, S. 8. 80 Wenzlau, F.: Zwei- und Dreigliedrigkeit der deutschen Prosa des XIV. und XV. Jahrhunderts, Ein Beitrag zur Geschichte des neuhochdeutschen Prosastils, Halle 1906. Bech Werner: Die sprachliche Doppelformel im Widerstreit, Zur Prosa des 15. und 16. Jahrhunderts, in: Festschrift für G. Kettmann, (= Beiträge zur deutschen Philologie, Bd. 11), Würzburg 1993, S. 31-43. 81 Hahn 1984, S. 40. 82 Burdach, in: Schwarz 1968, S. 150. 83 Borck, K. H.: Juristisches und rhetorisches im ‘ackermann’, in: Zs. für Ostfor- schung 12 (1963), S. 401-420. Brandmeyer, K.: Rhetorisches im ‘ackermann’, Untersuchungen zum Einfluß der Rhetorik und Poetik des Mittelalters auf die literarische Technik Johanns von Tepl, Diss. Hamburg 1970, S. 97-106. 84 Natt 1978, S. 115-117. 21 transzendieren oder auch zu verhöhnen.85 Auch C. Brinker-von der Heyde,86 W. Röcke87 und M. Möller88 stellen Zitattraditionen heraus. V. Honemann89 betont, dass volkssprachliche Adressaten fiktiver Texte mit der Bibel vertraut gewesen seien. 1.3 Quellen 1.3.1 ERSTE DEUTSCHE BIBEL mit Forschungstand Die Textcorpora der EDB und des ACKERMANN sind in ihrer Origi- nalform nicht überliefert. Beide sind als Handschriften und Drucke ins 16. Jahrhundert fast zeitgleich tradiert. Zu bemerken ist, dass im späten 15. Jahrhundert die Druckorte beider Texte u. a. Straßburg und Augsburg waren. Der Drucker Anton Sorg hat beide Texte in Augsburg publiziert.90 Die EDB liegt in einer kritischen Edition mit allen Übersetzungsva- rianten vor. Die EDB hat den Text des Druckes von Johannes Mental in Straßburg (ca. 1466) zur Grundlage, den W. Kurrelmeyer auf eine Handschrift des 14. Jahrhundert zurückführt. Der Druck habe 13 weitere Ausgaben gehabt.91 Die Edition von Kurrelmeyer hat die heute gewohnte Verseintei- lung aller biblischen Texte übernommen, die 1551 von Etienne ein- geführt worden ist.92 Die Sprache ist oberdeutsch.93 Der jüngste be- 85 Bachorski, Hans Jürgen: Einleitung in: Bachorski 1991, S. 9-24, S. 11. 86 Brinker-von der Heyde, Claudia: Gyburg - medietas, in: Brinker- von der Heyde, Claudia/ Largier Niklaus,: Homo Meditas, Aufsätze zu Religiosität, Literatur und Denkformen vom Mittelalter bis in die Neuzeit, (= Festschrift für Alois Maria Haas zum 65. Geburtstag), Bern/ Berlin/ Frankfurt a.M. 1999, S. 337-352. 87 Röcke, Werner: Zur Literarisierung populären Wissens im deutschen ‘Rocken- Evangelium’, in: Bachorski 1991, S. 447-475, S. 449. 88 Müller, Maria E.: Schneckengeist in Venusleib. Zur Zoologie des Ehelebens bei Johann Fischart, in: Müller 1988, S. 155-205. 89 Honemann, Volker: Der Laie als Leser, in: Schreiner 1992, S. 241-252, S. 243. 90 Siehe Anhang II und III. 91 Siehe Anhang I nach Kurrelmeyer. Wulf, 1991, S. 7. 92 Lohr, C. T.: Etienne, in: LThK, Bd. 3 (1995), Sp. 896f. 93 Neben der oberdeutschen gibt es eine niederdeutsche - niederländische Tradi- tion aus demselben Zeitraum. Sauer-Geppert, Waldtraut-Ingeborg: Bibelüber- 22 kannte Druck wird auf 1518, aber auch auf 151794 und 152395 datiert. Die Angaben über die Anzahl der Ausgaben der vollständigen Druk- ke variiert zwischen 1496 und 18.97 Die Zahl der Handschriften wird mit 1998 angegeben. Anhand der Vorreden mittelalterlicher deutscher Bibeln stellt E. Mauer fest, dass die Übersetzungen gegenüber kirch- lichen Bedenken damit gerechtfertigt wurden, dass ihr Gebrauch durch Laien deren Glauben verstärkten sollte oder ihre Zielsetzung nichtkirchlichen Kreisen gegolten habe.99 W. Hoffmann konstatiert, dass diese deutschsprachigen Bibeln für Laien übersetzt worden seien.100 Der Leserkreis wird in der EDB mit heilig oder einueltig- keit101 konkretisiert. Die pawerschaft erfasst die Bauern,102 einueltig- keit beschrieb die Einfachheit,103 beide Termini definieren Laien. K. Schreiner betont für den Verwendungszweck vorreformatorischer deutschsprachiger Bibeln, dass dieser darin bestanden habe, „heils- bedeutsames und lebenspraktisches Wissen“ für die „religiös enga- gierte[n] Laien“ verfügbar zu machen, die „mehr wissen, einsichtiger und vertiefender glauben“104 wollten. Er erklärt über das Gelesene sei gesprochen worden.105 Als vorreformatorische Laienlektüre106 setzungen III/2, in: TRE, Bd. 6 (1980), S. 229-246, S. 238. 94 Hoffmann, Wilhelm: Nachwort, in: BIBLIA GERMANICA 1545, 1983, S. I-VII, S. II. 95 Brandi, Karl: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation und Gegenre- formation, 4München 1969, S. 111. 96 Wulf 1991, S. 6. 97 Hoffmann, in: BIBLIA GERMANICA 1545, S. IIf. 98 Wulf 1991, S. 6. 99 Maurer, E.: Studien zur mittelhochdeutschen Bibelübersetzung vor Luther (= Germanistische Bibliothek, 2. Abt. Untersuchungen und Texte), Heidelberg 1929. S. 19. 100 Hoffmann, W, 1983, S. III. 101 Vorrede iiij: Die heilig pawerchaft oder einueltigkeit die frumt ir allein• vnd alsuil als vnderpaut die kirch christ mit irs lebens verdintniß: also uil t°ut sy schaden ist das sy nit wider stet der kirchen zůstorer. EDB, 3. Bd. (Genesis, Exodus, Le- viticus), S. 8. 102 DWb, Bd.1, Sp. 1183f. 103 DWb, Bd. 3, Sp. 174. 104 Schreiner, Klaus: Laienfrömmigkeit - Frömmigkeit von Eliten oder Frömmigkeit des Volkes? Zur sozialen Verfaßtheit laikaler Frömmigkeitspraxis im späten Mittelalter, in: Schreiner 1992, S. 1-78, S. 71. 105 Schreiner, Klaus: Laienbildung als Herausforderung für Kirche und Gesell- schaft, Religiöse Vorbehalte und soziale Widerstände gegen die Verbreitung von Wissen im späten Mittelalter und in der Reformation, in: Zeitschrift für Histo- rische Forschung 11 (1984), S. 257-354. Schreiner, in: Schreiner 1992, S. 1-78, S. 72. 23 hätten die Bibelübersetzungen unabhängiger vom klerikalen Lehr- und Predigtauftrag gemacht.107 Die Höhe der Auflagen der vorrefor- matorischen Bibeldrucke beziffert A. Angenendt auf tausend und mehr Exemplare,108 was zu der Annahme berechtigt, dass sie Ein- fluss auf die Laien hatten. A. Angenendt konstatiert, dass die Über- setzer sich dessen bewusst gewesen seien.109 Laien konnten folglich mit der Bibellektüre selbst die von Gott gesetzte Ordnung - u.a. die Ordnung der Ehe - erkennen, um nach ihr zu leben. Mittelalterliche Bibelübersetzungen sind Untersuchungs- gegenstand für die Erschließung gesprochener Sprache.110 Von den Sprachwissenschaften ist die EDB, die aufgrund des ersten Drucker- namens auch ‚Mentelbibel’ bezeichnet wird, unter übersetzungs-111 und sprachhistorischen112 Gesichtspunkten als ein Beispiel neben anderen deutschsprachigen Bibeln des späten Mittelalters analysiert worden. Von der theologiegeschichtlichen Forschung ist die EDB mit Blick auf kirchliche und außerkirchliche Überlieferungslinien113 unter- sucht worden. W. Kurrelmeyer erkennt, dass die EDB „im grossen und ganzen ... als einheitliche arbeit zu bezeichnen“ ist. Ihr Überset- zer ist unbekannt.114 Ch. Wulf geht von unterschiedlichen Überset- 106 Schreiner, Klaus: Volkstümliche Bibelmagie und volkssprachliche Bibellektüre, Theologische und soziale Probleme mittelalterlicher Laienfrömmigkeit, in: Din- zelbacher, Peter/ Bauer, Dieter R. (Hg.): Volksreligion im hohen und späten Mittelalter, (= Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte, Neue Folgen, Heft 13), Paderborn/ München/ Wien/ Zürich 1990, S. 329-374, S. 354. 107 Schreiner, in: Dinzelbacher/ Bauer 1990, S. 329-374, S. 356-365. 108 Angenendt 2000, S. 180. 109 Angenendt, Arnold: Verschriftliche Mündlichkeit - Vermündliche Schriftlichkeit. Der Prozess des Mittelalters, in: Duchhardt/ Melville 1997, S. 3-28, S. 4. 110 Sonderegger, Stephan : >Gesprochen oder nur geschrieben?< Mündlichkeit in mittelalterlichen Texten als direkter Zugang zum Menschen, in: Brinker-von der Heyde/ Largier 1999, S. 649-666, S. 661ff. 111 Wulf 1991. 112 Sonderegger, Stephan: Geschichte deutschsprachlicher Bibelübersetzungen in Grundzügen, in: Besch, Werner/ Reichmann, Oskar/ Sonderegger, Stephan, (Hg.): Sprachgeschichte, Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung, 1. Halbb. Berlin/ New York 1984, S. 129-184. Brodführer K Bibelübersetzungen, in: 2RDL, Bd. 1 (1958), S.146. 113 Sauer-Geppert: Bibelübersetzungen, in: TRE, Bd. 6 (1980), S. 229-246, S. 238. Galling, K.: Bibelübersetzungen IV, Deutsche Bibelübersetzungen, in: RGG, Bd. 1, 3Tübingen 1951, Sp. 1201-1210, Sp. 1202. 114 Kurrelmeyer, W. EDB, 10. Bd. ( Hosea - 2. Makkabäer, S. III. So auch: Brodfüh- rer, Eduard: Bibelübersetzungen, in: 2RDL, Bd. 1 (1958), Sp. 145-152. 24 zungen aus.115 Den vorreformatorischen deutschen Bibeln wird an- gelastet, dass sie im Gegensatz zur Übersetzung Luthers fehlerhaft seien. 116 Bereits der lutherische Theologe Johannes Mathesius, der 1540-41 Luthers Tischgenosse in Wittenberg war, wertet sie als ‘vndeutsche’117 Bibeln ab, allerdings wird ‘vndeutsche’ nicht im Ein- zeln präzisiert. Für Fragestellungen der feministische Theologie ist die EDB als Forschungsgegenstand bisher nicht herangezogen wor- den.118 1.3.2 Der ACKERMANN AUS BÖHMEN mit Forschungsstand Der ACKERMANN ist ebenfalls nicht in seiner Originalform überlie- fert,119 für den Widmungsbrief gilt das Gleiche.120 Der ACKERMANN ist in 16 vollständigen und unvollständigen Handschriften (A-Q) und 17 (a-n) Drucken bekannt, die alle nicht aus Böhmen stammen.121 Druckorte waren Basel, Leipzig, Heidelberg, Straßburg und Augs- burg. Die Sprache ist neben alemannisch und ostmitteldeutsch überwiegend bayrisch und schwäbisch.122 Der ACKERMANN ist mit Blick auf seine Entstehungszeit, Vorlagen, rhetorischen Systeme, Stilmittel, Sprache, seinen Aufbau und In- halt123 sowie seine Traditionslinien aus poetischen und geistlichen Texten124 analysiert worden. G. Hahn bezeichnet die Auseinander- setzung zwischen den agierenden Figuren ackermann und Tot als 115 Wulf 1991, S. 11f. 116 Brodführer in: 2RDL, S.147 Galling in: 3RGG 1951, Sp. 1202. Sauer-Geppert in: TRE, Bd. 6 (1980), S. 238. 117 Loesche, Georg(Hg.): Johannes Mathesius: Luthers Leben in Predigten, in: Ausgewählte Werke III, (= Bibliothek deutscher Schriftsteller in Böhmen, 9), Prag 1898, XIII. Predigt, S. 314. 118 Bietenhard, Sophia: Bibelübersetzung, Altes Testament, in: WFTh2, S. 72-74. Petersen, Silke: Neues Testament, in: WFTh2, S. 74-75. 119 Hahn 1984, S. VII. 120 Hahn 1984, S. 34-38, S. 34f. 121 Auflistung nach Hahn Anhang II. 122 Hahn 1984, S.10-13. 123 Zusammenstellung der Untersuchungen bis 1980 in Hahn 1984. 124 Quellensammlung für die literarischen Bezüge zum Ackermann umfassen bei Jungbluth 14 Seiten in Bd. 2 1983, bei Bertau 21 Seiten.in Bd. 2 1994. 25 Gegenüberstehen zweier Ordnungen, mit denen der Autor eine spie- gelbildliche Symmetrie einwickle, deren Gleichwertigkeit in richtigen und falschen Ansprüchen mit den Aussagen der ‘Figur Gottes’ be- stätigt werde.125 So auch H. Kuhn, der in den Positionen Gottes eine Symmetrie erkennt, die den kontroversen Aussagen des Streites entspräche.126 Die Einteilung der Argumente der Redner in die Epo- chen Mittelalter oder Renaissance bewertet G. Hahn als „zu grob und unscharf und letztlich irrelevant.“127 Ch. Kienings kontextuelle Studie untersucht die Relationen von Text und historischem Kontext anhand literarischer Formen und Diskurse. Die Textgestalt in ihren historisch- materialen Formen in Drucken und Adaptationen bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts verdeutliche dabei die Ambiguität von Wegen und Wandlungen des Textes in seinen Aufnahmen und Verarbeitun- gen.128 Seit dem Beginn der Ackermann-Forschung 1917129 gilt die „To- desproblematik“130 als Hauptthema der Dichtung. Die Stellung des Todes in Schöpfung und Welt wird im göttlichen Plan als „notwendig“ 131 positioniert, er sei als lex naturalis“132 entworfen, die in die Schöpfung hineingelegt worden sei.133 Allein Ch. Kiening differenziert 125 Hahn, Gerhard: Die Einheit des Ackermann aus Böhmen (= Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters), München 1963, S. 92-95. 126 Kuhn, Hugo: Zwei mittelalterliche Dichtungen vom Tod: ‘Memento mori’ und ‘Der Ackermann von Böhmen’, in: DU 5, 1953, H. 6, S. 84-93,S. 90f. 127 Hahn 1984, S. 69. 128 Kiening 1998. 129 Burdach Konrad: Der Dichter des Ackermanns aus Böhmen und seine Zeit, (= Vom Mittelalter zur Reformation, 3. Bd, 2. Teil, 1. Hälfte), Berlin 1926. Burdach Konrad: Der Dichter des Ackermanns aus Böhmen und seine Zeit (= Vom Mit- telalter zur Reformation, 3. Bd, 2. Teil, 2. Hälfte), Berlin 1932. 130 Beispielhaft dafür sind: Burdach 1926 und 1932; Kuhn 1952; Walz, Herbert: Die deutsche Literatur im Mittelalter, Geschichte und Dokumentation, München 1976, S. 265; Natt, Rosemarie: Der Ackermann aus Böhmen des Johannes von Tepl, Ein Beitrag zur Interpretation, Göppingen 1978; Haas, Alois, M: Todesbil- der im Mittelalter, Fakten und Hinweise in der deutschen Literatur, Darmstadt 1989, S. 174 und 232; Palmer, Nigel F.: Der Autor und seine Geliebte. Literari- sche Fiktion und Autobiographie im ‘Ackermann aus Böhmen’ des Johannes von Tepl, in: Anderson/ Haustein/ Simon/ Strohschneider 1998, S. 299-323, S. 323. 131 Brand, Renee: Zur Interpretation des ‘Ackermann aus Böhmen’, (= Basler Stu- dien zur deutschen Sprache und Literatur 1), Basel 1944, S. 23. 132 So .z.B.: Hahn 1963, S. 65; Kiening 1998, S. 211. 133 Woff, L: Der Ackermann aus Böhmen, in: Wirkendes Wort 1, (1950/51), S. 23-31, S. 30. 26 zwischen „gesamtmundaler ordo“134 und Schöpfung, weil der Tod „im theologischen Sinne bei der Schöpfung tatsächlich nicht >anwe- send< war.“135 Die Positionen, die Tepl Gott vertreten lässt, entsprä- chen nach R. Brand (1944) und K. Bertau (1994) der Weltordnung, in der Leben und Tod bei Gott seien.136 Die Passagen über die Schöpfung und den Wert des Menschen in ihr und in der Welt und über die Ehe und die Ehefrauen im Allgemei- nen sind bis in die 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts als „Detail-Perspektivismus“,137 „Füllsel“,138 „zusammenhangslose Ar- gumente“139 oder „argumentatorische Ausrutscher“140 definiert wor- den. Demgegenüber nennt W. Spiewok (1997) diese Themen zen- tral, würden doch die Fragen nach dem Sinn des Lebens, der Würde und dem Wert des Menschen erörtert.141 Die Wechselbeziehungen zwischen Gesellschaft im historischen Moment und Literatur wird am „Menschenbild“ im ACKERMANN in der marxistisch orientierten Analy- se von W. Lenk dargelegt.142 Er erklärt, dass die „christlich-orthodoxe Weltverachtung und -verneinung“, mit „naturrechtlichen Aspekte[n]“ angereichert sei. Dem gegenüber stünden der „Beginn des mensch- lichen Selbstbewusstseins als autonomes irdisches Wesen“. Aus der geschichtlich bedingten Begrenztheit könne dies nur anhand der Ehe als kleinste „Vergesellschaftung“ beschrieben werden.143 K. Bertau und Ch. Kiening belegen als Quelle für die Argumentati- 134 Kiening 1998, S. 215. 135 Kiening 1998, S. 351. 136 Brand 1944, S. 21. Letztlich auch Bertau 1994, Bd. 2, S. 609: „Der Richter-Gott des 33. Kapitels ist also Christus“, der mit dem Schlußsatz den religiösen Ak- zent setze: „ein Mensch kann nur geben, was er empfangen hat“, S. 658. 137 Hahn 1963, S. 74. 138 Hübner, in: Schwarz 1968, S. 368-386, S. 381f. Schafferus, E: Der Ackermann aus Böhmen und die Weltanschauung des Mittelalters, in: ZdfA 72 (1935), S. 209-239. 139 Brand-Sommerfeld, R: Zur Interpretation des ‘Ackermann aus Böhmen’, Mo- natshefte 32, S. 387-389, S. 381. Brand 1944, S. 22f. 140 Natt 1978, S. 91f, 112, 162f. 141 Spiewok, Wolfgang: Geschichte der deutschen Literatur des Spätmittelalters, Bd. 1, Wodan, Greifswalder Beiträge zum Mittelalter, Bd. 64, Serie 2, hg. von Buschinger, Danielle/ Spiewok, Wolfgang, (=Studien zur mittelalterlichen Lite- ratur, Bd. 9), Greifswald 1997, S. 114. 142 Lenk, W.: Der Ackermann und das Menschenleben, in: Friewald u.a. (Hg.): Grundpositionen der deutschen Literatur im 16. Jahrhundert, 2Berlin/ Weimar 1976, S. 114-148. 143 Lenk, in: Friewald 1976, S. 132. 27 on des ackermann, die seit dem 14. Jahrhundert verbreitete Schrift >De opificio dei< von Lactantius.144 Der Bezugstext für die Men- schenschelte sei das Werk >De miseria humanae conditiones< Lo- thars von Segni, des späteren Papstes Innozenz III.145 In den Darstellungen der Ehe durch die Figur ackermann erkennt M. Müller, dass sie die Ehe als Institution mit moralischer Qualität sowie sozialem und gesellschaftlichem Nutzen lobe.146 In den Aus- führungen über die tote Ehefrau sieht G. Hahn die „Mittlerrolle zwi- schen Gott und dem Manne“.147 Ch. Huber behauptet die Ehefrau verkörpere „das kosmische Lebensgesetz“.148 R. Natt konstatiert, dass mit den Beschreibungen der toten Ehefrau ihr „ideale Eigen- schaften“ zugeschrieben würden, mit denen eine „großartig- vollkommene Ehefrau und Mutter“ gestaltete werde.149 M. Müller vertritt die Auffassung, dass eine Frau dargestellt werde, die ihre „traditionelle Rolle freiwillig“ ausübe, weil sie die vom „Hausvater durchgesetzte Gewalt verinnerlicht“ habe.150 Dallapiazza nennt sie eine „bürgerlich-gehorsame“151 Ehefrau, die ihren Platz innerhalb „bestimmter bestimmbarer ideologischer Muster dieser Zeit“152 ge- habt habe, deren Standort aber ohne Konkretion bleibt. A. Hübner hat ermittelt, dass die Ehefrau mit Metaphern Mariens dargestellt werde, mit denen der „Meistersang“153 auch die irdische Frau lobe. 144 Bertau 1994, Bd. 2, S. 461, einzelne Belege S. 462-485. Kiening 1998, S. 332, 370, 374, 384 und 399. 145 Das Werk ist 1195 entstanden und in fast 700 Handschriften überliefert. „Die Schrift stellt ein Kompendium aus geschickt montierten und mit eigenem Text durchsetzten (Bibel-) Zitaten dar. Ihre Perspektive ist eine radikal verengte.“ Kiening 1998, S. 334-336. 146 Müller, Marlies E.: Johannes von Tepl: Der Ackermann aus Böhmen, in: Frey, Winfried (Hg.): Einführung in die deutsche Literatur des 12.-16. Jahrhunderts, Bd. 2, Patriziat und Landesherrschaft 13.-15. Jahrhundert, Opladen 1982, S. 253-281, S. 272. 147 Hahn 1963, S. 104. 148 Huber Christoph: Die Aufnahme und Verarbeitung des Alanus Ab Insulis in mittelhochdeutschen Dichtungen, Untersuchungen zu Thomasin von Zerklaere, Gottfried von Straßburg, Frauenlob, Heinrich von Neustadt, Heinrich von Sankt Gallen, Heinrich von Mügeln und Johannes von Tepl, München 1988, S. 354. Begründet wird die Aussage mit einem Verweis auf das Frauenbild Heinrich von Meißens. 149 Natt 1978, S. 244. 150 Müller in: Frey 1982, S. 272. 151 Dallapiazza 1981, S. 101. 152 Dallapiazza 1981, S. 99f. 153 Hübner in: Schwarz 1968, S. 382. 28 G. Hahn präzisiert, dass bei der Gestaltung der Ehefrau auf höfische Vorstellungen von Frau und Minne zurückgegriffen worden sei,154 die den „neuen sozialen Gegebenheiten angepasst und religiös einge- färbt“ als „irdisches Wertezentrum“155 gestaltet sei. Für die Diffamie- rung der Ehe und der Ehefrau durch die Figur Tot werden Überein- stimmungen mit Fastnachtsspielen156 genannt. Der Nutzen der Dichtung ACKERMANN habe darin bestanden, dass sie für klerikal-seelsorgerische Bemühungen157 verwendet worden sei. H. Rosenfeld wertet die Dichtung als ein „mittelalterliches Volks- buch“.158 Dieser Einschätzung widerspricht Ch. Kiening anhand der identifizierbaren Rezipienten.159 Die zeitgenössischen Rezipienten verortet er in der „städtische(n) Elite“, die er im Umkreis der Kanzlei- en und Universität ansiedelt, welche die Dichtung in Form eines „Verbindungsnetz(es)“ verbreitetet hätten.160 Dazu gehöre auch der jüdische Adressat des Widmungsbriefes des Textes, der als Ratsherr in Prag161 identifiziert wird. In Untersuchungen der 30er Jahre des 20. Jahrhundert wurde der ACKERMANN und sein Autor als religiösen Reformgedanken naheste- hend verortet, welche Elemente der Lehren der Waldenser, von Wy- clif und Hus162 oder ‘freireligiöse’163 Vor-stellungen umfassten. Der 154 Hahn 1963, S. 77-79. 155 Hahn 1963, S. 96-103. 156 So z. B.: Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 164; Bertau 1994, Bd. 2, S. 450-455; Kiening 1998, S. 367. 157 Menge, Heinz H.: Die sogenannten Formelbücher des ‘ Ackermann Dichters Johannes’. Ein Vorbericht, in: Litterae ignotae (= Litterae 50, Beiträge zur Textgeschichte des deutschen Mittelalters: Neufunde und Neuinterpretationen) Göppingen 1977, S. 45-55, S. 50. 158 Rosenfeld Hellmut: „Der Ackermann aus Böhmen“. Scholastische Disputation von 1370 oder humanistisches Wortkunstwerk von 1401? Zur Literatur im drei- sprachigen Böhmen des Spätmittelalters, in: Rupp, H. /Roloff H.-G.: Akten des VI. Internationalen Germanisten-Kongresses, Basel 1980, (= Jahrbuch für In- ternationale Germanistik, Reihe A, Bd. 8, Teil 3), Bern/ Frankfurt/ Las Vegas, S. 295-301. Rosenfeld, Hellmut: „Der Ackermann aus Böhmen“, Von der schola- stischen Disputation zum mittelalterlichen Volksbuch, in: Europäische Volkslite- ratur, (= Festschrift für Gerhard Karlinger, Raabser Märchenreihe 4) Wien 1980, S. 161-171, S. 169. 159 Kiening 1998, S. 175. 160 Kiening 1998, S. 58f. 161 Schreiber, Rudolf: Peter Rothirsch von Prag, der Freund des Ackermanndich- ters, in: Zeitschrift für sudetendeutsche Geschichte 4 (1940), S. 287-294, S. 829. Zuletzt: Kiening 1998, S. 58. 162 Bernt, Alois: Forschungen zum ‘Ackermann aus Böhmen’, in: ZfdPh 55 (1930), 29 Forschungsdiskurs hinsichtlich außerkirchlicher Lehren ist nicht ab- geschlossen.164 Ein eschatologisches Moment beruhend auf Lehren von Hus konstatiert A. Hrubý.165 J. Nechutová verweist auch auf vor- hussitische Traditionen in der böhmischen Literatur und qualifiziert den ACKERMANN als „Typ der Individualeschatologie“. Die böhmische Literatur zeige eine positive Einstellung zum Leben, die mit dem Be- ginn der Renaissance in Zusammenhang166 stehe. A. M. Haas kon- statiert, dass der Text äußerlich „religiös“ sei, ihm fehle aber das in- nere „religiöse Scharnier“ jeder christlichen Begründung des Todes, weil der Tod Christi nicht thematisiert werde.167 Ch. Kiening stellt den ACKERMANN in Verbindung zur jüdischen Lehre, die aus der Freund- schaft des Autors mit dem Adressaten seines Widmungsbriefes168 resultiere. 1.4 Methodische Zugänge Meine Analyse der ausgewählten Texte der EDB beruht auf der kritischen Ausgabe von Kurrelmeyer. Für meine Fragestellungen an den ACKERMANN wähle ich von den kritischen Textausgaben169 die S. 160-208, S. 301-337, S. 177 und 308. 163 Burdach, Konrad: Platonische, freireligiöse und persönliche Züge im ‘Acker- mann aus Böhmen (1933), in: Schwarz 1968, S. 148-239. 164 Ulbrich, Rolf: Der alttschechische Tkadle*cek und die anderen Weber, Wal- denserliteratur in Böhmen um 1400, Berlin 1980, S.123. Hellmut Rosenfeld ver- neint vehement die Interpretationen von Ulbrich. Rosenfeld, Hellmut: Der altt- schechische Tkadleček in neuer Sicht, Ackermannvorlage, Waldenserallegorie oder höfische Dichtung, in: Welt der Slaven 25, NF 4 (1981), S. 357-378, S. 376. Walter Schamschula stellt dagegen, dass die Provenienz des Textes trotz Rosenfelds Widerlegung nicht eindeutig geklärt sei. Schamschula, Walter: Der ‘Ackermann aus Böhmen und Tkadlečcek, Ihr Verhältnis in neuer Sicht, in: Bo- hemia 23 (1982), S. 307-317, S. 312f. 165 Hrubý, Antonin: Das eschatologische Moment im „Ackermann aus Böhmen“, in: Patschovsky/ Šmahel 1996, S. 73-83. 166 Nechutová, Jana: Eschatologie in Böhmen vor Hus, in: Patschovsky/ Šmahel 1996, S. 61-82, S. 69. 167 Haas 1989, S. 175f. Haas, Alois M.: Tod und Jenseits in der deutschen Litera- tur, in: Jetzler 1994, S. 69-78, S. 74. 168 Kiening 1998, S. 210f. 169 Bernt/ Burdach 1917. Der Ackermann aus Böhmen, hg. von Arthur Hübner, Textausgabe, (= Altdeutsche Quellen 1) Leipzig 1937, 31965. Johannes von Tepl: Der Ackermann und der Tod, Text und Übertragung, hg. von Felix Genz- mer, (= Reclams Universialbibl. 7666) Stuttgart 1984. 30 von G. Jungbluth170 und den dazugehörigen Kommentar171 aus. Hin- zugezogen werden die kritische Textausgabe von A. Bernt/K. Bur- dach,172 die Gesamtfaksimileausgabe der Handschriften und der Bamberger Pfisterdrucke a und b,173 die Ausgabe und Transkription der Handschriften E und H von W. Schröder174 sowie die Ausgabe der Handschrift A und deren Untersuchung von K. Bertau.175 Die Konzentration auf das ‘Biblische’ im ACKERMANN will ich auf der Grundlage der sprachlichen Erschließung der EDB in zwei Richtun- gen erreichen: zum einen durch die analytische Zusammenführung unterschiedlicher Textsorten über die Sprachanalyse, zum andern durch eine Erweiterung der intertextdualen Zitiertraditionen mit Blick auf die EDB als Bezugsgröße für den ACKERMANN. Die Erschließung der beiden Texte erfolgt zunächst anhand ihrer Sprache. Methodisch stütze ich mich dabei auf linguistische und lite- raturwissenschaftliche Übersetzungstheorien.176 Ein methodisches Problem bei der Analyse geschichtswissenschaftlicher Quellen ist die Erfahrung, dass „bei älteren Texten ... der Abstand zum modernen Sprachgebrauch sofort ins Auge [fällt], während bei Texten der Zeit- geschichte das gleiche Wortbild oft nur eine gleiche inhaltliche Be- deutung vortäuscht.“177 Im Fall der EDB als historischer Quelle kommt zu den beiden Verständnisebenen ‘alter Text’ und ‘zeitgenös- sischer Text’ noch die Übersetzung Luthers hinzu, weil Wortwahl und Formulierungen bisher nicht als zeitbedingte Entscheidungen gelten. Hieraus resultiert sowohl für die Analyse wie für die Vermittlung mei- ner Ergebnisse eine nicht zu unterschätzende Schwierigkeit: Alle vermeintlichen ‘Selbstverständlichkeiten’, die auf Luthers Überset- 170 Johannes von Saaz: Der Ackermann aus Böhmen, Bd. 1, hg. von Günther Jungbluth, Heidelberg 1969. Die Grundlage der kritischen Ausgabe ist die Handschrift H. 171 Jungbluth 1983, Bd. 2. 172 Bernt/ Burdach 1917. 173 Johannes von Saaz : Der Ackermann aus Böhmen, Gesamtfaksimileausgabe der Handschriften und der Drucke a und b, hg. von James, C. Thomas, Bern/ Frankfurt a.M. 1990. 174 Die ‘Ackermann’- Handschriften E (cml 27063) und H (cgm 579), Faksimiles, Transkriptionen und bereinigte Texte mit kritischen Apparat, hg. von Werner Schröder, Wiesbaden 1987. 175 Bertau 1994. 176 1. 2. Ausgangsfrage und Zielsetzung S. 7, Anm. 19-22. 177 Borowski, Peter/ Vogel, Barbara/ Wunder, Heide (Hg.): Einführung in die Ge- schichtswissenschaft I: Grundprobleme, Arbeitsorganisation, Hilfsmittel, (= Stu- dienbücher modere Geschichte 1), 3Opladen 1978, S. 166. 31 zung beruhen, müssen bewusst beiseite gelassen werden, damit sie den Sinn der vorreformatorischen Übersetzung nicht verstellen. Um den zeitgenössischen Sinn der alttestamentarischen Texte der EDB und den des ACKERMANN zu erschließen, wähle ich den Bereich der historischen Hermeneutik178 mit dem sprach-wissenschaftlichen Zugang der historischen Semantik179 als Teil der Semiotik.180 Ich be- rufe mich auf das Konzept „Geschichtliche Grundbegriffe“181, das belegt, dass semiotische Zustände historische Gegebenheiten abbil- den. R. Koselleck stellt heraus, dass Begriffe konstitutiv und formend für die jeweiligen Gesellschaften waren, zu deren sozialen Bezie- hungsgeflecht Wörter gehörten.182 Die EDB und der ACKERMANN werden im ersten Schritt auf der Grundlage von Wörterbüchern183 einer Wortanalyse unterzogen. Es werden auch Bedeutungsebenen mit dem Deutschen Rechtswörter- buch184 erschlossen, um deutschrechtliche Rechts-figuren und Rechtsfelder zu erkennen. Eine besondere Sprachpraxis in der EDB und im ACKERMANN sind Paarformeln zur Konstruktion von Sach- verhalten. G. Dilcher betont, dass das Sprechen in parallelen Ge- dankenpaaren und zwei- oder dreigliedrigen Formeln die Funktion des Abtastens eines Bereichs, als Erfassen, hatten. Diese Art des Sprechens gehöre in den Bereich des magisch-mystischen Den- kens,185 welches „sakral-magisch“ für die Rechts- und Gerichtsspra- 178 Droysen 1977, Texte als Quellen S, 64-91. 179 Busse, Dietrich: Historische Semantik, Stuttgart 1987. 180 Semiotik verstanden als allgemeine Zeichentheorie, die sich in Syntax, Seman- tik und Pragmatik gliedert. Lingustisches Wörterbuch, Lewandowski, Theodor: 3 Bde., 3Heidelberg 1986, Bd. 3, S. 775. 181 Brunner, Otto/ Conze, Werner/ Koselleck, Reinhart: Geschichtliche Grundbe- griffe, Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, 8 Bde., Stuttgart 1972-1997. 182 Koselleck, Reinhart: Begriffsgeschichte und Sozialgeschichte, in: Koselleck, Reinhart, (Hg.): Historische Semantik und Begriffsgeschichte, Stuttgart 1978, S. 19-36, S. 29. 183 Lexer, Matthias Mittelhochdeutsches Handwörterbuch (Lexer), 3 Bde. Repro- grafischer Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1876, Stuttgart 1979. Grimm, Jacob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch (DWb), 33 Bde., Nachdruck der Erstaus- gabe von 1864-1984, München 1991. Frühneuhochdeutsches Wörterbuch, hg. von Anderson, R./ Goebel, Ulrich/ Reichmann, Oskar/ 9 Bde. (unvollst.) Berlin/ New York 1989, bis 2003. 184 Deutsches Rechtswörterbuch, Wörterbuch der älteren deutschen Rechtsspra- che (DRWb), Weimar 1914-2000. 185 Dilcher, Gerhard: Paarformeln in der Rechtssprache des frühen Mittelalters, Darmstadt 1961, S. 38. 32 che186 bedeutsam war. Die in der EDB und ACKERMANN mit Paarfor- meln erfassten Bereiche können genutzt werden, um möglicherweise rechtliche Denkfiguren zu ermitteln. Zur Sinnbedeutung von Begriffen der EDB ist es notwendig, diese im Text zu finden.187 Die Begriffe können dann nach dem Wortsinn innerhalb der einzelnen Textstellen befragt werden, um die thematisierten Sachverhalte188 zu erschlie- ßen. Dazu nutze ich das beschränkte Wortglossar der EDB und die Große Konkordanz zur Lutherbibel,189 die auf der Revision der Lu- therbibel von 1964-1984 beruht. Ich habe mich für diese Große Kon- kordanz entschieden, weil sie zugleich ermöglicht, die EDB mit der Lutherübersetzung von 1545 zu vergleichen. Die Metaphern in der EDB und im ACKERMANN werden auf ihre hi- storischen Symbolbedeutungen190 geprüft, um mit diesem Zugang ih- ren Sinngehalt zu erkennen. Um zu erschießen, ob sich die Aussa- gen der EDB über die Konzepte von Frau und Mann in der Ge- schlechterordnung Ehe im Rahmen der göttlichen Ordnung der Schöpfung und ‘der Welt’ finden lassen, werden vor-reformatorische Bildwerke hinzugezogen. Es werden Abbildungen von Motiven von Genesis 1 bis 4,1 anhand ihrer Ikonographie191 befragt. Dass Bild- werke gesellschaftliche Vorstellungen oder Entwürfe zeigen, in de- nen soziale Leitbilder und politische Inter-essen192 zum Ausdruck 186 Dilcher 1961, S. 30. Matzinger-Pfister, Regula: Paarformel, Synonymik und zweisprachliches Wortpaar, Zur mehrgliedrigen Ausdrucksweise der mittelalter- lichen Urkundensprache, (= Rechtshist. Arbeiten 9) Zürich 1972. Schmidt- Wiegand, Ruth: Paarformeln, in: HRG, Bd. 3 (1984), Sp. 1387-1393. 187 Die Belegstellen aus den Bibelbücher der EDB werden angeführt. Die Abkür- zungen der Bibelbücher werden im Literaturverzeichnis aufgeschlüsselt. 188 Linke, in: Schwarz 1988, S. 81. 189 Calwer Verlag, Christliches Verlagshaus GmbH (Hg.): Große Konkordanz zur Lutherbibel, 2Stuttgart 1989. 190 Chapeaurouge, Donat de: Einführung in die Geschichte der christlichen Sym- bole, Darmstadt 1984. Cooper, J. C.: Illustriertes Lexikon der traditionellen Symbole, Leipzig 1986. Lurker, Manfred: Wörterbuch der Symbolik, 5Stuttgart 1991. Mohr, Gerd Heinz: Lexikon der Symbole, Bilder und Zeichen der christli- chen Kunst, Düsseldorf/ Köln 1971. Oesterreicher-Mollwo, Marianne (Bearb): Herder Lexikon Symbole, 11Freiburg i.Br. 1991. Biedermann, Hans: Knaurs Le- xikon der Symbole, Ausburg 2002. Salzer, Anselm: Die Sinnbilder und Beiworte Mariens in der deutschen Literatur und der lateinischen Hymnenpoesie, Mit Be- rücksichtigung der patristischen Literatur, Eine literar-historische Studie, Repro- gafischer Nachdruck der Seperatdrucke von 1886-1894, Darmstadt 1967. 191 Kirschbaum, Engelbert (Hg.): Lexikon der christlichen Ikonographie (LCI), 8 Bde., Freiburg i.Br. 1968. Lipfert, Klemenine: Symbol // Fibel. Eine Hilfe zum Betrachten und Deuten mittelalterlicher Bildwerke, 7Kassel 1981. 192 Schreiner, Klaus: Soziale, visuelle und körperliche Dimensionen mittelalterlicher Frömmigkeit, in: Schreiner 2002, S. 9-40, S. 12. 33 kamen, hat K. Schreiner festgestellt. Abbildungen von Genesis 1 bis 4, 1 ermöglichen Vergleiche mit den Aussagen der EDB. Als weiteren Methode zur Interpretation des ACKERMANN ziehe ich die Zahlensymbolik193 hinzu, obwohl sie im ACKERMANN umstritten ist.194 Die Bedeutung der Zahlensymbolik beruht auf den in der Bibel vorkommenden Zahlen. Mit ihnen sollte das Verhältnis Gottes zur Welt erkannt werden, das auf den Vers Weisheit 11,21195 zurückge- führt worden ist. Mit diesem Vers wurde die spezifisch mittelalterliche philosophische Theorie von der Heiligkeit der Zahl begründet.196 Die in der Bibel vor-kommenden Zahlen und ihre Auslegungen197 sind untersucht. Zahlen waren nicht nur die quantifizierende, sondern im- mer zu-gleich die symbolisch gemeinte Maßeinheit des Verhältnisses Got-tes zur Welt. K. Benrath hat offen gelegt, dass in vor- 193 Angenendt 2000, S. 175. Rathofer Johannes: Der Heliand, Theologischer Sinn als tektonische Form, Köln/ Graz 1962,, S. 253-298. Curtius, Ernst Robert: Eu- ropäische Literatur und lateinisches Mittelalter, 6Bern/ München 1967, S.371- 376. Ernst Hellgardt: Zahlenkomposition, Symbolbestimmte und formalästheti- sche Zahlenkomposition in mittelalterlicher Literatur, München 1973, S. 253- 286. Endres, Franz Karl/ Schimmel, Annemarie: Das Mysterium der Zahl, Zah- lensymbolik im Kulturvergleich, 2Köln 1985, S. 33-39. 194 Reitzer behauptet sie sei ein Strukturmerkmal: Reitzer, Johanna M.: Zum Sprachlich-Stilistischen im "Ackermann aus Böhmen" mit besonderer Rücksicht auf Rhythmus und Zahlensymbolik, (Masch) Diss. Colorado 1954. Reitzer, Johanna M: Das XXXIII. Kapitel des "Ackermann" mit besonderer Rücksicht auf Rhythmus und Zahlensymbolik, in: Monatshefte 47 (1955), S. 98-104. Reitzer, Johanna M : Das zehnte Kapitel des "Ackermann aus Böhmen" in: Monatshefte 44 (1954), S. 229-233. G. Hahn betont, es bleibe offen, ob solche „abstrakten Beziehungen auch jeweils inhaltlich - symbolisch gemeint seien.“ : Hahn 1984, S. 50. F. Tschirch definiert Zahlensymbolik für die Kapiteln 33 und 34.: Tschirch Fritz: Schlüsselzahlen, Studien zur geistigen Durchdringung der Form der deut- schen Dichtung des Mittelalters, in: Festschrift L. Magon, (= Beiträge zur Deut- schen und nordischen Literatur), Berlin 1958, S. 30-53, S. 38-41. Hennig er- rechnet Zahlensummen für den Aufbau und Satzbau der Dichtung, die er aber nicht im Rahmen der religiösen Zahlensymbolik betrachtet.: Hennig, R. K.: Satzbau und Aufbau im "Ackermann aus Böhmen", Diss. University of Wash- ington 1968, S. 142 mit Anm. 5. Im Widerspruch dazu steht die Feststellung, Tepl ahme das „geordnete und ewig Unvergängliche der göttlichen Welt nach.“(S. 129f). 195 EDB: „Wann du hast geordent alle ding in der maß vnd in der zall vnd in der wag.“ 196 Israel, Peri: OMNIA MENSURA ET NUMERO ET PONDERE DISPOSUITI: Die Auslegung von Wsh 11,20 in der lateinischen Patristik, in: Zimmermann 1983, 1. Halbband, S. 1-21. Hutmacher, Hans A: Symbolik der biblischen Zahlen und Zeiten, Pa- derborn 1993. 197 Meyer, Heinz: Die Zahlenallegorese im Mittelalter, Methode und Gebrauch, München 1975. Meyer, Heinz/ Suntrup, Rudolf: Lexikon der mittelalterlichen Zahlenbedeutungen, München 1987. Friesenhahn, Peter: Hellenistische Wort- zahlensymbolik im Neuen Testament, Amsterdam 1970. Hutmacher Hans A.: Symbolik der biblischen Zahlen und Zeiten, Paderborn 1993. 34 reformatorischen Texten Zahlen als Kardinalzahlen, Ordinalzahlen oder Zahladverbien die „Träger der Aussage“ selbst seien. Träger seien aber auch die Anzahl der Adjektive, Attribute und der Satzteile, mit denen eine „mythische Rede von Gott“198 dargestellt werde. Die Zahlensymbolik war damit ein semiotisches Zeichen dieser Texte, das im Sinne eines „Superzeichen“199 gewertet werden kann. Meine Überlegungen, nach Zahlensymbolik im ACKERMANN zu su- chen, erstreckten sich aufgrund der ungesicherten Überlieferungen des Textes allein auf die Anzahl von Metaphern, die nach K. Benrath als „Träger der Aussage“ bzw. als „Bedeutungsträger“200 gezählt und interpretiert werden. Sie können eine bisher nicht berücksichtigte Bedeutungsebenen offen legen, die in den Geschlechter- und Ehe- konzepten im Referenzrahmen der von Gott gesetzten Ordnung ih- ren Platz haben. 198 Bernath, Klaus: Mensura Fidei, Zahlen und Zahlenverhältnisse bei Bonaventu- ra, in: Zimmermann 1983, Bd. 1, S. 65-85, S. 67 und 84. 199 Superzeichen sind strukturierte Zeichen, deren „Gestalt ein Zeichen höher Ord- nung“ ist, Lewandowski, Bd. 3 (1986), S. 936. 200 Meyer/ Suntrup 1987, II Gezählte Bedeutungsträger, S. XXIII-XXIX. 35 2 „mein lieber ist mir vnd ich im“: Ge- schlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1 und in den Weisheitsbüchern 2.1 Herrschafts– und Geschlechterordnung: Genesis 1 bis 4,1 Um die alttestamentarischen Aussagen der vorrefomatorischen EDB zu erkennen, werden Genesis 1 bis 4,1 und die Weisheits- bücher der EDB nach Aussagen über beide Geschlechter und deren Geschlechterbeziehungen befragt. Der Zugriff auf das Untersu- chungskorpus ist durch die sprachliche Einheit des historischen Wortstands ermöglicht. Die in der Edition angeführten Überlieferun- gen werden bei Kernbegriffen angeführt. Das Instrumentarium der historischen Semantik wird angewendet, um zu einer historischen Interpretation der Texte vorzudringen. Das bedeutet, dass die Wort- bedeutungen anhand von Wörterbüchern und den Texten der EDB erschlossen werden, um deren mögliche Konnotationen zu erken- nen. Die Texte werden auf Parallelen zu deutschrechtlichen Rechts- figuren untersucht, um im Rückgriff mögliche Rechtsvorstellungen zu erschließen. Die historische Symbolik von Metaphern wird befragt, um aus ihr Bedeutungs-ebenen in Bezug auf die von Gott gesetzte Ordnung zu ermitteln. Dabei wird der Blick auf die Handlungsfelder und die Zusammengehörigkeit von Frau und Mann gerichtet. Die Er- gebnisse der Analyse erlauben Kontinuitäten und Ver-änderungen von Genesis 1 bis 4,1 festzustellen. Bei Darstellungen von Frauen werden sowohl die Übersetzung Luthers als auch die Forschungspo- sitionen der feministischen Theologie einbezogen. Die Ergebnisse der Analyse werden genutzt, um in den Argumenten im ACKERMANN AUS BÖHMEN Übereinstimmungen oder Divergenzen zu erschließen. Die Schöpfungsberichte von Genesis 1 und 21 wurden im Mittel- alter ‘geschlossen’ als Sechstagewerk Gottes gesehen. Diese Zu- sammengehörigkeit wird auch durch das überlieferte Bildmaterial 1 Sie werden der Priesterschrift und dem Jahwisten zugeschrieben. Vgl. hierzu Schüngel-Straumann 1998, S. 2 u. 8. Peppermüller, R: Hexemeron, in: LexMA, Bd. 4 (1989), Sp. 2199 f. Winden van, Jacobus, M.: Hexemeron, in: LCA, Bd. 14, (1988), Sp. 1250-1270, Sp. 1253. Winden van, Jacobus, M.: Hexemeron, in: LThK, Bd. 5, (1996), Sp. 78 f. Egelkraut, H./ Glatz, W./ Swarat, U.: Pentateuch, B: Das erste Buch Mose in: Ev.LThG, Bd. 3 (1994), S. 1534-1543. Nickolson, E. W.: Pentateuch, in EKL, Bd. 3 (1992), Sp. 1115-1120. 36 vom 11. bis zum 16. Jahrhundert2 dokumentiert Der Text vom ‘Sün- denfall’ und von der ‘Vertreibung aus dem Paradies’ (Genesis 3) diente misogynen Klerikern, um beides dem Geschöpf ‘Weib’ anzu- lasten. Der Forschungsblick auf die ‘Frau’ folgte lange Zeit dieser mi- sogynen Tradition der Genesisinterpretation, während mittelalterliche und frühneuzeitliche über frauenfreundliche Auslegungen weitge- hend unberücksichtigt blieben. Erst die Frauen- und Geschlechterge- schichte sowie die feministische Theologie haben in Genesis 1 bis 3 eine positive Wertung der Erschaffung der Frau, ihrer Einordnung als Geschöpf Gottes und ihres Anteils am Sündenfall erkannt.3 Die Bandbreite von extrem negativen Vorstellungen über das weibliche Geschlecht bis hin zu vergleichsweise positiven deuten zunächst auf eine Veränderung des Erkenntnisinteresses hin, mit der ein Wandel der Interpretationen einhergeht. Ich gehe davon aus, dass meine Fragen an die Texte von Genesis 1 bis 4,1 der EDB anhand der ver- wendeten Begriffe für die Frau neue Nuancen auf vorreformatorische Vorstellungen von Mann, Frau und deren Geschlechterbeziehungen eröffnen.4 Genesis 1 berichtet von der Erschaffung des Himmels, der Erde und aller Geschöpfe durch das Wort Gottes. Die Schilderung erfolgt in wörtlichen Reden Gottes, die durch Mitteilungen eines ‘Berichter- statters’ eingeführt werden. Am Ende des Schöpfungsgeschehens (Genesis 1,26-28) erschafft Gott ein letztes Geschöpf: Genesis 1,26: Vnd [Gott] sprach. Wir machen einen menschen zů vnserm bilde vnd gleichsam• vnd er wirt vor sein den vischen des meres ... Die Formu- 2 Zahlten, Johannes: Creatio mundi. Darstellungen der sechs Schöpfungstage und naturwissenschaftliches Weltbild im Mittelalter (= Stuttgarter Beiträge zur Geschichte und Politik, Bd. 13), Stuttgart 1979, S. 218-222. Zahlten legt dar, dass die überwiegende Anzahl der Darstellungen des Sechstagewerks ihren Höhepunkte im 13. und 14. Jahrhundert hatten. Die Erschaffung der Menschen (6. Schöpfungstag) wird vorwiegend durch die Erschaffung der Frau repräsen- tiert, wobei sie häufig als kleine Figur aus der Seite ‘Adams’ hervortritt. Er inter- pretiert diese Form der Darstellung als Möglichkeit beide “Stammeltern” auf ei- nem Bild zu zeigen 3 1. 1 Ausgangsfrage und Zielsetzung, S. 6, Anm. 10. 4 Die Untersuchung der Verse von Genesis 1-4,1, die das Geschöpf ‘Mensch’ betreffen, erfolgte in drei Schritten: Zunächst wurde abschnittsweise anhand von Wörterbüchern und unter Berücksichtigung des Gebrauchs in der EDB eine Wortanalyse vorgenommen, die sich auch auf mögliche Konnotationen der Wörter erstreckte. Anschließend wurden die Aussagen der Textabschnitte text- immanent paraphrasiert. In einem weiteren Schritt wurden textinterne Sinnab- schnitte auf ihre Aussagen zu den Geschlechtern befragt. Erst dann wurde die Komposition des Übersetzers in ihrer Gesamtheit nachvollzogen, um zu seinem Verständnis der Ordnung des Paares vorzudringen. 37 lierung vor sein definiert zugleich den Zweck des Geschöpfes und seine Stellung zu den Geschöpfen der Erde. Der Schöpfungsakt be- schreibt mit machen5 einen in sich geschlossenen Vorgang6 der Schaffung ein(es) Geschöpfs, das den Namen mensch erhält. Das Ziel des Schöpfungsaktes ist mit zu eingeleitet, das die Intention des Schöpfers definiert, sich ein bilde vnd gleichsam7 seiner selbst zu schaffen. Die Paarformel8 beschreibt mit bilde die äußere Gestalt9, während gleichsam10 die innere Konstitution definiert. Diese Paar- formel charakterisiert diesen Menschen mehr als der theologische Terminus „Ebenbild oder Bild Gottes”11, der das Äußere erfasst, also nur den ersten Aspekt der Paarformel der EDB. Für meinen For- schungszusammenhang greife ich nicht auf ‘Bild’ zurück, auch kön- nen für das Verständnis der Paarformel nicht die Termini Faksimile oder Kopie verwendet werden, da mit ihnen die Gleichheit von eins zu eins assoziiert wird. Ich halte es für angemessen, für die Quel- lenformulierung den Begriff Konkretion zu verwenden, um die Kom- plexität von zu bilde vnd gleichsam nicht zu schmälern. Die zukünftige Stellung des menschen wird aus seiner Beschaf- fenheit determiniert, denn er wird vor sein allem, das do wirt bewegt auf der erde.12 Der eingeräumte Vorrang vor allen andern Geschöp- fen auf der erde, gibt dem menschen eine Sonderstellung innerhalb der irdischen Schöpfung. Diese präzisiert Psalm 8,6: Der Mensch ist von Gott mit wunnigliche vnd ere gekrönt und ist geschickt vber die werck seiner Hände.13 Sein Rang in der gesamten Schöpfung wird ebenfalls erläutert: Du hast in geminnert ein lútzel von den engeln. 5 Verb umfasste ‘hervorbringen, erschaffen, erzeugen - im Sinne von gebären, auch ‘gründen’ und ‘stiften’. Lexer, Bd. 1, Sp. 2001-2003. 6 ‘Macher’ gehört zu den Gottesbezeichnungen der EDB, z. B.: Hi 32,22: ...vnd ob mich mein macher nympt noch eim lútzeln. 7 Die Lesart der Überlieferungen Z-Oa der Paarformel ist: ” vnser bildnuß vnd geleichnuß”. 8 WB: Mache wir einen menschen noch vnserem bilde vnd noch vnserem gleich- nisse/ 9 Lexer, Bd. 1, Sp. 273f. 10 Die Bedeutungen des Wortes waren ‘gleichartig’ sowie ‘gleich machen’ als auch ‘gleichstellen. Lexer, Bd. 1, Sp. 814 .DWb, Bd. 7, Sp. 8211-8218. 11 Schüngel-Straumann, in: KfemB, S.1-12, S. 9. 12 Gen 1,26. 13 Ps 8,6: Du hast in geminnert ein lutzel von den engeln: du hast in gekrönet mit wunnigliche vnd ere: vnd du hast in geschickt vber die werk deiner hend. 38 Sein Rang ist zwar geminnert, also ‘geringer gemacht’14 als der der Engel, aber nur ein lútzel also ‘ein wenig’.15 Die Erschaffung des menschen wird in Genesis 1,2716 aus der Sicht des Berichterstatters mit beschůff17 beschrieben: Vnd got der beschůff den menschen zu seinem bilde vnd zů seiner gleichsam• zu dem bilde gottes beschůff er in • vnd er beschůff sy mennlichs vnd weiplichs. Die Paarformel von Genesis 1,26 wird in der Spitzenstel- lung erneut vorgetragen, beschuff wird rhythmisch im Dreischritt be- tont. Der Gottesbezug ist zweimal mit seinem hervorgehoben und das Achtergewicht definiert den menschen als mennlichs vnd wei- plichs18, was durch den Wechsel vom Singular zum Plural angekün- digt wird. Der Berichterstatter sieht Gott als Einheit, daher der Sin- gular: got der, während er den menschen mit zwei Geschlechtern19 wahrnimmt. In der Darstellung ist mensch die Einheit von beiden Ge- schlechtern, die gleichartig, gleichwertig und gemeinsam20 Gottes bilde vnd gleichsam sind. Der Mensch ist eine Zweiheit, also nicht Mann oder Frau.21 Gott segnet den zweigeschlechtlichen Menschen und präzisiert zugleich seine Handlungsfelder in Genesis 1,2822: Vnd 14 Lexer, Bd. 1, Sp. 846. 15 Lexer, Bd. 1, Sp. 1999. 16 WB: Gen 1,27: Und got schepfte einen menschen czu seine bilde/ czu gotes bilde schepfte er in man vnd wip schepfte er sie. LUTHER: UND Gott schuff den Menschen Im zum Bilde/ zum bilde Gottes schuff er in/ Vnd schuff sie ein Men- lin vnd Frewlin. 17 Wortsinn ‘schaffen/ erschaffen.’ Lexer, Bd. 1, Sp. 202. Diese göttliche Tätigkeit korrespondiert mit der Gottesanrede schöpfer. So z. B.: Spr 14,31: der do quelt den gebresten der itwist sein schöpfer. Pr 12,1: Bis gedenckent dein schöpfers ... Eccl 24,12: Do gebot vnd sprach zu mir der schöpfer aller dinge:... 18 Diese Formulierung entspricht sowohl der Vulgata als auch der hebräischen Fassung. Letzteren Hinweis verdanke ich Helen Schüngel-Straumann. 19 Die beiden Geschlechter werden nur beim ‘menschen’ genannt. Die Tiere wer- den nach ‘irem geschlechte’ geschaffen, im Sinne von Stamm, Gattung und Art, (DWb, Bd. 12, Sp. 1553-1570, Sp. 1557, 1567), wobei beide Geschlechter ent- halten sind. (DWb, Bd. 5, Sp. 3903-3911, Sp. 3911). 20 Schüngel-Straumann konstatiert, dass “der Mensch als ganzes, in seiner männ- lichen und weiblichen Ausprägung, ein Bild Gottes ist.” Schüngel-Straumann, in: KfemB, S. 9. 21 In den Überlieferungen Z-Oa steht stattdessen “man vnd weip” Die Wortwahl hat auch die WENZELSBIBEL: “in man vnd wip schepfte er sie.” Beide Begriffe kennzeichnen nicht nur das Geschlecht des Erwachsenen, sondern auch ihre Beziehung in der Paarordnung ‘Ehe’. DWb, Bd. 12, Sp. 1553-1570, Sp. 1557, 1567. 22 Luther: Vnd Gott segnete sie/ vnd sprach zu jnen/ Seid fruchtbar vnd mehert euch vnd fůllet die Erden/ vnd macht sie euch vnterthan. 39 got der gesegent sy • vnd sprach. Wachst vnd werd gemaniguel- tigkt23 vnd erfúllt die erde• vnd unterlegt sy• vnd ir werd herschen den visch des meres ... Die Vermehrung bindet die Zweiheit Mensch additiv zum Paar und charakterisiert damit seine ihm zugewiesene Ordnung24, die als Rechtsinstitut Ehe verstanden werden konnte. In- wieweit der Fruchtbarkeitssegen der Tiere,25 diese auch als ‘Ehe’ darstellt, kann in der EDB nur bedingt aus Genesis 6,1926 erschlos- sen werden. Eine solche Vorstellung ist aber im ACKERMANN AUS BÖHMEN27 präsent. Der Vermehrungssegen von Genesis 1 hat den Charakter einer Pflicht, die Gott als Schöpfer und Herrscher setzt, mit der den Paaren die göttliche Kompetenz der Erschaffung von Leben als Gehorsamspflicht zugeteilt wird. Für das Menschenpaar ist sie die Voraussetzung für ihr zweites Handlungsfeld vnterlegen und her- schen, womit die Positionsbestimmung des Schöpfungszweckes vor sein auf der erde konkretisiert wird. Das Herrschen ist an die Bedin- gung vnterlegt sy gebunden.28 Mit vnterlegen wird in der EDB der Sinn von ‘Stützen bzw. Bewahren’29 transportiert,30 womit der Zu- sammenhang mit der Herrschaft Gottes zu erschließen ist.31 23 ‘Gemanigueltigkt’ besagte ‘manigfaltig, vielfach machen.’ Lexer, Bd.1, Sp. 835. 24 Angenendt 2000, S. 280-282, S. 285, 287f. 25 Gen 1,21-25:...vnd gesegnete in sagent. Wachst vnd werdet gemaiggueltigt vnd erfúllet die wasser des meres ... 26 Noa soll in die Arche zwei ... alles fleisches menlichen geslehtes vnd weiblichs mitnehmen. 27 ACKERMANN, Kapitel 21: ... ich sihe, das under unvernüftigen tieren ein gatte umb des andern tot trauert von angeborenen twange. 28 In den Überlieferungen Z-Oa, steht der Imperativ „vnterwerft sy vnd herrschet”, der durch “unterwerfen” Vorstellungen von negativer gewaltsamer Herrschaft abrufen haben konnte (Lexer, Bd. 3, Sp. 1811). 29 Ps 36,25: So er vellt er wirt nit versert: wann der herr vnderlegt sein hand. Ist in der EDB untergeben/ unterliegen’ gemeint, wird dies mit ‘untergeleget’ definiert. 30 Die dominante Bedeutung ‘Stützen’ bestätigt das DWb für den übertragenen Sinn, wobei die von ‘Begünstigung, Förderung, freundliche Aufnahme, Entge- genkommen’ mitgemeint gewesen seien. DWb, Bd. 24, Sp. 1662-1668. 31 Eccl. 10,5: Der gewalt des menschens ist in der hant gotz: ... 40 Die Herrschaft Gottes kommt mit Herr32 und ewiger Herrscher33 über alle Schöpfung34 zum Ausdruck, von der die irdische35 ein Teil ist. Die Herrschaft über die Schöpfung ist mit der Rechtsfigur Eigen36 zu definieren. Zur Herrschaft Gottes gehört Bewahren, Gerechtigkeit, Friede,37 Recht38, Treue39 und Wahrheit.40 Alle diese Aspekte kom- men im Gottesnamen húter41 zum Ausdruck. Die Herrschaft Gottes wird als herschung42 bzw. gewalt43 definiert, die mit dem geschichts- wissenschaftlichen Begriff ‘Herrschaft’44 zu bezeichnen ist. Das Herrschen des Paares soll folglich der Aufrechterhaltung der irdischen Schöpfung dienen, deren Oberherrschaft Gott zusteht. Die Darstellungen der Herrschaft Gottes und die des Paares lassen zu, 32 Die Anrede ‘Herr’ ist auch in der EDB der dominante Titel Gottes. Beispielhaft in Ps 8,2: O Herr vnser herr: wie wunderlich ist dein nam auf aller erden. 33 Ps 65,7: Der do herschet ewiglichen in seiner kraft: ... Ps 103,19: Der herre hat bereit sein geseß im hymel: vnd sein reich herscht in allen. Ps 92,1: Der herr reichsent er hat angelegt die gezierde: ... Eccl 1,8: Einer ist der höchst schöpf- fer als gewaltiger aller dinge• ein gewaltiger kúnig • vnd vil vorchtsam: sitzend auf seim geseß: vnd ein herschen der got. 34 Ps 88,12: Die hymel sind dein vnd die erde ist dein ... Ps 144,13: Dein reich ist ein reich aller der welt vnd dein herschung in allem geschlecht vnd geschlecht. 35 Ps 46,8: Wann got ist ein kúnig aller der erd. Eccl 10,4: Der gewalt der erde ist in der hant gotz: ... 36 Synonym mit erbe verbunden waren jegliche Herrschaftsrechte, einschließlich der Gerichtsrechte. Schwab, D.: Eigen, in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 877-879. Mitteis, Heinrich/ Liebrich, Heinz: Deutsche Rechtsgeschichte, 10Berlin/ Mün- chen 1966. S. 27-30. 37 So z. B.: Ps 71,7: In seinen tagen wirt geboren die gerechtigkeit vnd die be- gnúgung des frid. Ps 84,11: ... vnd die gerechtigkeit vnd der frid lúsempten. 38 Ps 118,142: Dein recht ist ein ewig rechts: vnd dein ee ist die warheite. Ausfüh- rungen zum Begriff ee,siehe 2.2.1 Die weysheit, S. 88-90, Anm. 412-428. 39 Ps 144,13: Der herre ist ein getreuer in all seinen worten: vnd heilig in allen seinen werken. 40 Ps 118,89: O herre dein wort bleibt ewiglich ... Dein warheit hat gegruntuest die erd, vnd beleibt von geschlechte in geschlecht. 41 Gen 28,15: Vnd ich bin dein húter wohin du geest: ... Ps 120,4: Sich er ent- scheft nit noch entschlefft: der do behút israel. 7: der herr behút dich vor allen vbel : der herr behút dein sel ... 42 Ps 114,13: Dein reich ist ... aller der werltvnd dein herschung in allen ge- schlecht. 43 Eccl 10,4: Der gewalt der erde ist in der hant gotz: ... 44 Moraw, Peter: II ‘Herrschaft’ im Mittelalter, in: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 3 (1982), S. 5-13, S. 5. Koselleck, Reinhart: Herrschaft. Drei Themen langfristi- ger Auseinandersetzung, in: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd 3 (1982), S. 39- 63. 41 sie in einem Zusammenhang mit vorreformatorischen Rechtsfiguren zu stellen: Die persönliche Treuepflicht ist aus dem Auftrag der Herr- schaft zu entnehmen, daher kann das Rechtsinstitut Lehen45 zu- grunde gelegt werden, mit dem die personale wechselseitige Treue- pflicht46 einhergeht.47 Das Lehen ist mit aus dem Text konstruierba- ren Paarformel ‘Land und Tiere’ zu fassen, entsprechend der vorre- formatorischen Rechtsfigur ‘Land und Leute.’48 Der Herrschaftsraum gestaltet einen Rechtsraum, der als Ordnung zu fassen ist. Vermeh- rung und Lehen werden im Rahmen der göttlichen Herrschaft ge- setzt. In diesem Zusammenhang sind sie Gebote, die Rechte kon- stituieren, welche Rechtsgehorsam voraussetzten, was sich aus dem Einhalten göttlicher Gebote49 erschließt. Das Paar ist der “Lehnsträ- ger”50, aufgrund des ihm gegebenen Segens,51 der das Zeichen da- für ist, dass Gott eine wechselseitige Bindung als Bund herstellt. Die- se Bindung wurde in mittelalterlichen Gesellschaften im Segen zu- grunde gelegt.52 Mit dem Bund - gemäß Genesis 1,28 - wird offen- sichtlich der Sinn eines Vertrag konstruiert, mit dem das persönliche wechselseitige Treueverhältnis53 zwischen Gott als Herrscher und 45 Mitteis/ Liebrich 1966, S. 55. Mitteis, Heinrich: Die Entstehung des Lehnswe- sens. Die Immunität, in: Wunder, Heide (Hg.): Feudalismus, München 1974, S. 79-86, S. 79-81. Spieß, Karl-Heinz: Lehnauftrag, in: HRG, Bd. 2 (1978), Sp. 1700f. Distelkamp, H: Lehen, in: LexMA, Bd. 5 (1991), Sp. 1807-1813. Spieß, Karl-Heinz: Lehnspflichten, Lehnsrecht, Lehnswesen in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 1722-1741. 46 Moraw, in: Geschichtliche Grundbegriffe. Bd. 3(1982), S. 5-13. Kosselleck, in: Geschichtliche Grundbegriffe (1982), Bd 3, S. 39-63. Brunner, Otto: Land und Herrschaft, Grundfragen der territorialen Verfassungs-geschichte Süddeutsch- lands im Mittelalter. 3Brünn/ München/ Wien 1943, S. 189-275. 47 Ob in der EDB anstelle von Lehen besser das Rechtsinstitut „beneficium” zu- grunde gelegt werden müsste, bleibt offen. Ganshof, F, L.: Beneficium, in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 366-379, Sp. 369. 48 Schmidt-Wiegand, Ruth: Land und Leute, in: HRG, Bd. 2 (1978), Sp. 1361- 1363. 49 Eccl 15,16-17: ob du wilt behúten die gebot sy behúten dich: vnd sie machent dich gefellig der trewe ewiglich. 50 Spieß. Karl Heinz: Lehnsträger, in: HRG, Bd. 2 (1978), Sp. 1747-1749. Der Sachsenspiegel definierte, zitiert nach Spieß:” he hevet de lenunge unde de hercet unde se havat die selve lenung und das gewere.” 51 Eine feministische Position ist, dass der Segen keine “unkonditionierte ge- schenkhafte Gabe Gottes” sei, sondern die “Denkfigur der Abhängigkeit vom gerechten Tun”. Greiner, Dorothea: Segen, in: WFTh 2002, S. 498-501, S. 499. 52 DWb, Bd. 16, Sp. 100-109. 53 Hegemann, H.-R.: Vertrag, in: LexMA, Bd. 8 , Sp. 1588-1590. Weitzel, J.: Deut- sches Recht, in: LexMA, Bd. 3 (1986), Sp. 778-781. Schröder, R. 1907, S. 61- 63, S. 300-303. Vertragsformen waren: Schuldversprechung als Formalvertrag; Realkontrakt durch Sachempfang; Konsensusvertrag als gegenseitige Bindung. 42 dem Paar einhergeht. Die Rechtskonstruktion beruht auf dem For- schungs-ergebnis von Spieß, der betont, dass die Treue des Herren nicht definiert werden musste, da sie als ”Reflexwirkung der Mannes- treue”54 verstanden wurde. Die Treue Gottes wird in der EDB her- vorgehoben, die mit on alle vngangkeit55 ist, womit die Bedeutung von ‘rein’56 beschrieben wird. Am Ende von Genesis 1 wird in den Versen 29-31 dem Paar und allen andern Geschöpfen die Pflanzenwelt übergeben, mit der Nah- rung57 gesichert wird. Dieser Vorgang und die Vermehrung aller Ge- schöpfe unter der Herrschaft des Paares sichert den Bestand und die Ordnung der Schöpfung, die Gott bewertet: sach alle ding die er het gemacht • das sie waren gar gůt.58 Ding wird in Genesis 1 mehrfach verwendet. Das Wort klassifiziert zunächst alles Erschaffene. Die Tiere, werden mit selig charakterisiert, womit der Sinn von ‘beseelt59 ausgesagt sein könnte. Das Wort in Vers Genesis 1,31 entwickelt möglicherweise auch die Bedeutung des Rechtswortes ding, dessen Bedeutung im Sinn von ‘Vertrag’60 liegt, der im Rahmen des göttli- chen und ewigen61 Rechts seine Position hat. Die vorreformatorische Vorstellung von Gott war, dass er selbst Recht sei.62 Die Rechtsqual- 54 Spieß, Karl Heinz, Lehnspflicht, in: HRG, Bd. 2 (1978), Sp. 1722-1725. 55 Deut 32,4: Got der ist getrew vnd on alle vngangkeit. 56 Lexer führt für ‘vngangkeit’, die Begriffe ‘iniquitas, pravitas’ an. ‘Iniquitas’ hatte im Kirchenlatein die Bedeutungen: ‘Unbilligkeit, Ungerechtigkeit, Missetat, Sün- de, Sündhaftigkeit’ und pravitas meinte: ‘Verkehrtheit, Schlechtigkeit, Verbre- chen. Kirchenlateinisches Wörterbuch hg. Sleumer, Albert:, 2. Nachdruck der Ausg. Limburg a. d. Lahn 1926, Hildesheim/ Zürich/ New York 1996, S. 426 und 631. 57 Gen 1,30: Secht ich hab euch gegeben alles kraut ... alle die holcer... das sy euch sind zu einem essen ...| vnd allen seligen der erde... vnd eim yglichen vo- gel des himels vnd allen den dingen die do werdent bewegt auf der erde, ... in den do ist die lebendig sele ... 58 Gen 1,31: Vnd got der sach alle die dinge die er het gemacht • das sie waren gar gut. 59 Gen 1,20: Die wasser fúr furent kriechende dinge einer lebendigen sele vnd geflúgel der erde. Gen 1,28: ... vnd ir wird herschen den visch des meres • vnd den vogel des himels vnd alle selige ding, die do bewegt werden auf der erden. 60 “Zur Bandbreite der Bedeutungen gehörten: Abmachung, Stand, Zustand und Ehe ... Auf ding im Sinne von Vertrag schließen geht der noch geläufige Begriff Ausgedinge zurück.” Kaufmann, E.: Ding, in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 742-744. Allgemeine Bedeutungen waren das Bemerkbare und Übersinnliche einer Sa- che an sich. Lexer, Bd. 1, Sp. 433, DWb, Bd. 2, Sp. 1152-1169, Sp. 1165f. 61 Ps 118,142: Dein recht ist ein ewiges recht ... 62 Schmidt-Wiegand, Ruth/ Milde, Wolfgang, (Hg.): Gott ist selber Recht. Die vier Bilderhandschriften des Sachsenspiegels Oldenburg, Heidelberg/ Wolfenbüttel/ 43 titat von ding zugrunde zu legen, beruht auf dem Segen Gottes über die Schöpfung, der als solcher zugleich die Herscherschaftsordnung offen legt, der die Schöpfung verpflichtet ist.. Im Bezug auf das Men- schenpaar kann die Bedeutung von ‘Vertrag bzw. Abmachung’ kann für ding hergestellt werden, wenn das Rechtsinstitut Lehen63 zugrun- de gelegt wird. Genesis 2 berichtet ebenfalls von der Erschaffung der Menschen, jedoch in zwei getrennten Schöpfungsakten, die im Gegensatz zu Genesis 1 nicht durch das ‘Wort’, sondern durch die ‘Hand’ Gottes erfolgen. Dargestellt wird das paradise der wolust, mit seiner Topo- graphie, Schönheit. Der Bericht beginnt mit der Beschreibung der vollendeten Schöpfung von Himmel und Erde und erzählt anschlie- ßend von der Ruhe Gottes am siebten Schöpfungstag und dessen Heiligung.64 In Vers 4 werden die bereits erschaffenen Geschöpfe referiert.65 Vers 5 richtet den Blick auf den acker und dessen Pflan- zen, die zwar schon vorhanden waren, aber noch nicht wachsen konnten, weil ihnen das Wasser fehlte.66 Dieses ist jedoch nicht das einzige Hemmnis für das Wachsen der Pflanzen, genannt wird noch ein weiteres: vnd der mensch was nit der do worcht die erd. Voraus- setzungen für die Fruchtbarkeit des ackers sind also Wasser und Mensch. In der EDB wird somit nicht die „Kultivierung der Erde”67 dargelegt, sondern der Zweck der Erschaffung des menschen: Sein worcht[en] wird gebraucht für die Fruchtbarkeit des ackers, was in Überlieferungen auch mit arbeytet68 beschrieben wird. Die unter- Dresden (= Ausstellungskataloge der Herzog August Bibliothek Nr. 67) 1992. Schild 1985, S. 10-12. 63 Die Bedeutungen Schenkung oder Testament sind hier nicht zugrunde zu le- gen. Lexer, Bd.1, Sp. 433, DWb, Bd. 2, Sp. 1152-1169, Sp. 1165f. 64 Gen 2,2-3: Vnd got erfullet sin werk an dem sibenden tage das er gemacht• vnd růwet an dem subenden tage von allen seinem werke das er het vollbraht. Vnd gesegnet den sibenden tag • und geheiligt in • wann an im het er auff gehört von allen seinem werk das got beschůff das er es macht. 65 Gen 2,4: Dis sint die geschlechte des hymels vnd der erde an dem tag do sy wurden geschaffen do got machte hymel vnd die erde•. 66 Gen 2,5: vnd ein jetliches krut des ackers ee das sy wurden geboren auff der erde• vnd ein iegliches kraut der gegent ee daz es kimet. Wann der herre het nit geregent auf die erde• .... 67 Witte stellt fest, dass die Vorstellung der “Kultivierung der Erde mit der Er- schaffung des Menschen” zusammenfielen, daher gehöre “die Arbeit zur ge- schöpflichen Konstitution des Menschen.” Witte, Markus: Die biblische Urge- schichte. Redaktions- und theologiegeschichtliche Beobachtungen zu Genesis 1,1-11,26, (= Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamtliche Wissenschaft, 265), Berlin/ New York 1998, S. 219. 68 Überlieferungen K-Oa. 44 schiedlichen Bezeichnungen für die Tätigkeit sind auf den ersten Blick zwar synonym, dennoch erweitert worcht den Handlungsraum im Sinne von gestaltendem ‘ins Werk setzen’.69 Die Interpretation wird durch die Gottesnamen werker70 und werkmeister71 unterstützt, da mit ihnen seine Schöpfer- als Gestaltungskraft charakterisiert wird, welche zum Ausdruck kommt mit werke,72 die er mit seinen Händen73 erschaffen hat. Der Oberbegriff für gestalten ist mit werken erfasst, zu dem ‘arbeiten’74 unabdingbar gehört. Analog zu den wer- ken Gottes, werden die Tätigkeiten der Menschen ebenso mit wer- ken definiert, deren Produkt wird mit werk75 bezeichnet.76 Die Über- lieferung der do arbeytet schränkt infolgedessen das Handlungsfeld ein, während der do worcht die Verknüpfung zur der Gestaltungskraft Gottes herstellt. Für den acker erschafft der herre das Wasser: Wann ein prun77 steig auff von der erde• der wessert alles daz antlitz der erde.78 Damit ist die erste Voraussetzung für die Fruchtbarkeit des ackers erfüllt. Für den weiteren Anteil wird der mensch benötigt: Do- rumb der herre got bildet einen menschen von lietiger erd • vnd ine- 69 Die Bedeutung von wirken kennzeichnete ‘wirken, tätig sein, handeln, arbeiten’. Lexer, Bd. 3, Sp 928f. 70 Hi 36,3: ... vnd ich bewer gerecht meinem werker. 71 Wsh 13,1: ... von den dingen die werent gesehen gůt nach derkanten in den wercken zuuernemen wer der werckmeister was. Wsh 14,2: ... vnd der werk- maister • hat es gebildet. 72 So auch Exd 31,17: ... an dem sybenden tag hort er auff von seinem werken. Ps 45,9: Kummet vnd secht die werk des herrn: ... 73 So z. B.: Ps 91,5: Wann o herr du hast mich gewollústiget in deiner geshöpfd: vnd ich frei mich in den werken deiner hende. Ps 110,2: Die werk des die sein michel. Ps 110,7: ... die werk seiner hende seint die warheit vnd die vrteil. Ps 101,26: O herre an dem anuange hastu gegruntestet die erd: vnd die werk deiner hende seint die hymel. 74 Hi 7,3: vnd zalt mir arbeitent necht ... Ps 93,20: du do machst die arbeit in dem gebot. Ps 126,1: NEuer der herre het gebawen das haus: sy arbeyten in vppig die es bawent ... Spr 16,26: Die sele der arbeitenden arbeit im: ... Pr 5,14-15: ... vnd er nimpt nichtz mit im von seiner arbeit.... Dorumbe was nutzt es ime das er hat gearbeitet in dem winde. Pr 10,10:... • es wirt gescherpft mit vil arbeit. Eccl 31,3: Der reich arbeit in der samung des gůtz:... Eccl 31,4: Der arme arbeit in der mynneung der narung ... Eccl 33,18: Secht daz ich hab gearbeit nit mir al- lein... 75 Exd 20,9: ... sechs tage werke vnd thů all deine werke. Pr 5,11: Dem werken- den ist súß der schlaff .... 76 Die Bedeutung von worschten in der EDB bestätigt die Forschungsposition Schüngel-Straumanns, dass Arbeit zur “zur guten Schöpfung” gehöre und nicht etwa Strafe sei. Schüngel-Straumann 1998, S. 9. 77 Brunnen bedeutete auch Quelle. Lexer, Bd. 1, Sp. 366. 78 Gen 2,6. 45 tempt an sein antlitz die ettung des lebens• vnd der mensch wart gemacht in ein lebendig sele.79 Die Konjunktion dorumb verweist auf die in Genesis 2,5 ausgeführte Notwendigkeit des werks des men- schen. Er wird aus lietiger80 erd ge - bildet, ein Vorgang, der eben- falls auf Feuchtigkeit verweist, ohne die erde nicht formbar ist.81 Bil- den82 bedeutete ‘gestalten und formen’.83 Die Anzahl des Geschöpfs Mensch wird mit einen festgelegt, sein Geschlecht wird nicht ge- nannt. Ausgeführt im ersten Schritt die Leiblichkeit, daran schließt sich der Akt der Belebung an, der als inetempt84 bezeichnet wird. Zur Erschließung des Vorgangs wer-den die Verben temperieren bzw. tempern zugrunde gelegt, die das ‘Mischen in gehörigem Verhältnis, einrichten und zurichten’85 beschreiben.86 Als schwieriger erweist sich die Be-deutung von ettung, da das Wort weder im Lexer, noch im DWb aufgenommen ist. Daher bleibt nur die Verbindung mit ette gleich ‘Vater’87 herzustellen. So verstanden bedeutet vnd inetempt an sein antlitz die ettung des lebens, dass Gott die ‘Vaterschaft des Lebens’ in das antlitz eingibt. Mit ettung wäre damit die Verbindung zwischen Schöpfer und Geschöpf als Vaterschaft konstituiert. Die Kon-junktion vnd führt zum Ergebnis dieses Vorgangs: der mensch wart gemacht in ein lebendig sele.88 Diese Formulierung inten-diert, dass der Schöpfungsakt des Menschen in einer Seele89 durch ge- macht abgeschlossen wird. Der Schöpfungsvorgang wird mit drei aufeinander folgenden Handlungen in Leib, Leben und Seele vollzo- 79 Gen 2,7. 80 Lexer, Bd. 1, Sp. 1890. 81 Die Überlieferungen P und K-Oa “ausß dem leym der erde” entwickeln das Bild ‘feuchte Erde’. 82 Hi 10,8: Dein hend die machten mich vnd bilten mich allumb: ... 83 Lexer, Bd. 1, Sp. 274. 84 Überlieferungen K-Oa: gaiste, Z-Oa: einbließ, W: die etmung. 85 Lexer, Bd. 2, Sp. 1420f. 86 Das Nomen ‘temperunge’ verweist auf eine Beschaffenheit im richtigen Verhält- nis. Lexer, Bd. 2, Sp. 1422. 87 Lexer, Bd. 1, Sp. 638. 88 So auch in der WENZELSBIBEL: Un gemacht wart der mensch in ein lebendtge sele. 89 Die Ausführung zeigt eine Nähe zu Darstellungen Christi, die ihn innerhalb einer strahlenden Mandorla abbilden, welche Forschungen zur Ikonographie als ”Gloriole, ganzfigurige Aura” definieren. Messerer, Wilhelm: Mandorla, in: LCI, Bd. 3, Sp. 147-149. Lurker 1991, S. 455 f. 46 gen, wobei der Abschluss, wie in Genesis 1,27, mit gemacht90 dar- gestellt ist. Der Dreischritt zeigt, dass der mensch lebt, bevor er in der Seele vollendet wird.91 Mit der Schöpfung des Einzelgeschöpfes mensch endet der Blick auf die erde, denn er wird in das paradies der wolust92 gesetzt, das Gott sich am Beginn der Schöpfung93 ge- pflantzet hatte. Mit paradies wurden die Vorstellungen von gestalteter eingegrenzter Natur abgerufen.94 Der Ort ist infolgedessen ein Son- derort auf der erde.95 Dem paradies wird zugeschrieben, die Stätte der wol[l]ust96 zu sein. In der EDB ist wollust Merkmal der Schöp- fung.97 Das Wort charakterisiert darüber hinaus die Einheit von Mensch und Gott,98 die einmal als behaltsam/ heyl99 ausgeführt wird. Der Terminus beschreibt auch die von Gott bereitete Nahrung100 und charakterisiert positive Gefühle,101 er wird aber nicht abwertend für die Geschlechtlichkeit102 verwendet. Belegt ist der Begriff auch in der 90 Eine Übersetzung von ‘gemacht’ mit ‘verwandelt’ entspricht nicht der Aussage. 91 Luther: Vnd also ward der Mensch eine lebendige Seele. 92 Gen 2,8: het gepflantzet ein paradies der wolust. Gen. 2,10: Vnd ein fluß ging aus von der stat der wolust. 93 Gen 2,8: Wann der herre got het gepflantzet an dem anregen ... ‘Anegen’ hatte dieselbe Bedeutung wie ‘anefang’ (Lexer, Bd. 1, Sp. 66). Letzeres wird in den Überlieferungen P-Oa verwendet. Pflanzer und Gärtner sind allerdings keine Gottesnamen in der EDB. Gleiche Formulierung in der WB: Gen 2,8: Gepflan- czet het aber gott herre das paradis der wollust. 94 DWb, Bd. 4, Sp. 1388-1401, Sp. 1390f. Mit dem Begriff waren auch die Vor- stellungen eines Tiergartens verbunden. Engemann, M.: Paradies, in: LexMA, Bd. 6 (1993), Sp. 1697-1699. 95 Siehe Gen 3,24 weiter unten. 96 Das Wort wird wolust und wollust geschrieben. 97 Ps 64,9: ...du wollustigest die aufgenge des morgens vnd des abents. Ps 91,6: Wann o her du hast mich gewollústiget in deiner geschöpfd: vnd ich frew mich in den werken deiner hend. 98 Ps 36,4: Wollústig dich im herren. Ps 76,4: in was ich gedeckent gotz vnd bin gewollústigt. 99 So auch Ps 34,9: Wann mein sele erfrewet sich im herrn: vnd wirt gewollustigt vber sein behaltsam. Überlieferungen K-Sc: vber seine heylsamkeit. 100 Ps 35,9: Sy werden gemacht truncken von der fruchtbarkeit deins haus: vnd du trenckst sy mit dem bach deiner wollust. Wsh 16,20: Vmb dise ding hastu gefurt dein volck mit den essen der engel: vnd du gebst in beraites brot vom himel on arbeit habent in im alle wollust: vnd senftigkeit eins ieglichen geschmacks. 101 Ps 67,4: Vnd die gerechten wirtschefften vnd freuen sich in der bescheud gotz: vnd werden gewolústigt in freuden. Spr 13,19: Ob die bergerung wirt derfult so wollustigt sie die sel: ... Eccl 1,12: Die vorcht des hern wollustigt daz herz: vnd gibt frud vnd freude in die leng der tag. 102 Durchgesetzt habe sich diese Wortbedeutung aber erst allmählich, mit der Wandlung vom Mittelhochdeutschen zum frühen Neuhochdeutschen. DWb Bd. 30, Sp. 1383-1398, Sp. 1386. 47 Legendendichtung, der Predigtliteratur und in den Texten der Mystik, die mit dem Wort das Paradies und den Einigungszustand von Mensch und Gott103 darstellten. Für die Bedeutung des Wortes in der EDB ist festzustellen, dass es sich um einen positiven Schlüsselbe- griff handelt. Der Zweck der Platzierung des menschen im paradies der wolust wird in Genesis 2,16 ausgewiesen: daz ers worscht vnd behůte.104 Die Paarformel definiert die zugeteilten Handlungs-räume also mit gestalten und beschützen.105 Sie beschreibt Herrschaft im Paradies, die erneut als Rechtsinstitut Lehen ver-standen werden konnte. Im Gegensatz zu Genesis 1,28 wird dies dem Einzelgeschöpf mensch übertragen, das so in die göttliche Herrschaft eingefügt wird. Der mensch hat im Paradies zu worschten, es zugleich zu behüten. Sein erster Bereich umfasst Gestalten, der zweite definiert die Art der Herrschaft, die Gott auch als húter wahrnimmt. Die mit den Herr- schaftsbereichen einhergehenden Kompetenzen sind als seine ihm gegebene Ordnung ausgewiesen, die ich mit dem Arbeitsbegriff ‘Werk-ordnung’ bezeichne. Deren Grenze wird durch Genesis 2,17 mit der wörtlichen Rede Gottes gesetzt: vnd er gebot im sagent. Isse von eim iegelichen holtz106 des paradises • wan von dem holtz der wissenheit107 des gůt vnd des ‘vbels nichten esse. Wann an welchen tag du isest von im du stirbest des todes. Das Verbot wird mit gebot im Sinne von ‘gebieten’108 als Rechtsnorm markiert, die mit den Oh- ren gehört wird.109 Die Rechtsnorm verlangt die Rechtspflicht110 Ge- 103 Gen 2,9 und 3,24 der EDB sind als Belegstellen des Wortes in das DWb aufge- nommen worden, die weiteren Vorkommen nicht. Das Wort konnte auch auf Gott und göttliche Personen als Quelle aller Freuden bezogen werden. Weiter- gehende Bedeutungen waren ‘Wohlgefallen, Freude, Vergnügen, Lust, Wohlle- ben und Genuß’ In die Sprache der höfischen Dichtung sei das Wort nicht ein- gegangen. DWb, Bd. 30, Sp. 1383-1398. 104 Die Überlieferungen K-Oa schreiben: “daz ir yne arbeitet vnd behúttet”. Diese Formulierung ersetzt nicht nur worschten durch arbeiten, sondern das Perso- nalpronomen ‘ir’ erteilt dem Einzelmenschen im Plural seinen Auftrag. Der Plu- ral entspricht der Anredeform ‘Ihrzen’, die aber nicht dem Verhältnis Gott - Ge- schöpf entspricht. Ehrismann, Gustav: Duzen und Ihrzen im Mittelalter, in: Klu- ge, Friedrich (Hg.): Zeitschrift für deutsche Wortforschung, Straßburg, 1. Bd. (1901), S. 117-149. 105 Der Sinn war ‘beschützen und bewahren.’ Lexer, Bd. 1, Sp. 156. 106 Holtz war das Wort für Baum, dessen Plural Wald, Gehölz bedeutete. Lexer, Bd. 1, Sp. 1329. 107 Wissenheit beschrieb ‘Einsicht, Wissen, Bewußtsein.’ Lexer, Bd. 3, Sp. 662. 108 DWb, Bd. 4, Sp. 1754-1765, 1755. 109 Deut 27,1: ... Behút daz gebot daz ich éuch heút gebeút. Hi 13,17: Hör mein 48 horsam111 als Rechtsgehorsam, der die Voraussetzung für die Handlungsräume von worschten vnd behůten ist. Der Bruch der Rechtsnorm ist Rechtsungehorsam,112 dessen Folge sein wird, dass der mensch stirbt den tod.113 Nachdem Gott dem menschen seine Werkordnung erteilt hat, stellt er zum ersten und einzigen Mal fest, dass in seiner Schöpfung etwas nicht gut ist. Der Mangel wird in Genesis 2,18 dargelegt: Vnd der her- re got sprach. Es ist nicht gůt dem menschen zu sein allein. Um die- ses ‘nicht Gute’ zu beheben, wird Gott ein Geschöpf erschaffen: wir machen einen hilffen im gleich. Der hilffen wird dem menschen ent- sprechen, ihm gleich sein. Dass Gott hier in Genesis 2 das einzige Mal von sich im Plural spricht, verstärkt die Korrelation zur Zweiheit des menschen in Genesis 1. Entsprechend zum menschen in Gene- sis 2,5 wird auch für dieses Geschöpf zuerst sein Handlungsraum festgelegt: Es soll dem menschen hilffen sein. In der WENZELS- BIBEL114 wird statt dessen gehulfen eingesetzt, womit der Sinn von ‘Mithelfer’ auch ‘Zuarbeiter’ einhergeht, der auch für das Wort hilffen im 14. Jahrhundert gegolten habe.115 Die Vorstellungen von hilffen werden aus den Texten der EDB erschlossen, dafür lege ich Worte hilffe und helffer zugrunde, die im Zusammenhang mit den Hilfen Gottes stehen, um festzustellen ob es Korrespondenzen zu den hilf- fen des ‚Gleichen’ gibt oder eine Unterordnung zu erkennen ist, die H. Schüngel-Straumann116 für hebräische Bibeltexte verneint . In der EDB wird Gott als hilffe und helffer beschrieben. Letztere Bezeichnung ist der Gottesname, der den von werker oder macher erweitert. Seine hilffe als helffer wird unspezifiziert,117 aber auch kon- wort ... mit euren oren. Ps 77,1: MEin volck ... neygt ewer or zu den worten meins mundes. 110 DRWb, Bd. 3 (1935), Sp. 1508-1510. 111 Eccl 24,12: Do gebot vnd sprach zu mir der schöpfer alle dinge:.... 112 Deut 8,20: ... also verderbt auch ir ob ir wert vngehorsam der stymm deins her- ren gotz. 113 Mit dem Verbot kommt zum Tragen: ”Halten der Gebote bedeutet Leben, über- treten der Gebote Tod.” Schüngel-Straumann 1989, in: dies. 2002, S.189-214, S. 205. 114 WB: Es ist nicht gut czu wesen dem menschen alleine mache wir im eynen gehulfen gleich im. 115 DWb, Bd. 5, Sp. 2555-2257, Sp. 2256. 116 Schüngel-Staumann, 1989, S. 108. 117 Ps 17,3: Got ist mein helffer. Ps 53,6: Wann secht gott der hilffet mir. Ps 61,10: got ist vnser helffer ewiglich. Ps 62,8: ich betracht in dir: das du wert mein helf- 49 kret als beschirmung118 schilte,119 Rettung,120 Gerechtigkeit,121 zu- flucht,122 Führung,123 Leib- und Seelenschutz,124 Tröstung,125 Ru- he,126 Erbarmen,127 Erlösung128 und Gnade129 beschrieben. Die fer. Ps 69,6: ... o got hilff mir. Ps 70,12: ... o gott nicht verr dich von mir mein gotte schau zu meiner hilffe. Ps 70,7: vnd du bist mein starker helffer. Ps 80,2: Erfreut got vnsern helffer. Ps 88,20: ... vnd sprechet ich satz die hilffe in den gewaltigen. Ps 120,1: ... ich hub auff mein augen zu den bergen: von dann kam mir die hilff. 2: die hilf ist von dem herrn •der do macht den hymel vnd die erd. Ps 123,8: Vnser hilff ist in dem namen des herrn: der do beschuff den hymel vnd dir erd: ... 118 Ps 19,3: Er send dir die hilffe von dem heiligen: vnd beschirm dich. Ps 21,20: Wann o her du nichten verr dein hilffe von mir: schawe zu meiner beschirmung. Ps 27,9: Der herre ist mein helffer vnd mein beschirmer: vnd mein hertz versach sich in im vnd mir ist geholffen. Ps 32,20: Vnser sel die enthabt den herrn; wann er ist ein helffer vnd vnser beschirmer. Ps 39,18: Du bist mein helffer vnd mein beschirmer: o got nit ensaum dich. Ps 61,8: Wann er selb ist mein gott vnd mein behalter ... mein helffer ich vbergee nit. Ps 90,1: Der do entwelet in der hilff des höchsten: der wirt wonen in der beschirmunge des himels. Ps 113,10-11: Das haus israhel versach sich im herren: er ist ir helffer vnd ir beschirmer: wann er ist ir helffer vnd ir beschirmer. Eccl 51,2: wann du bist mir gemacht ein helffer vnd ein beschirmer . 119 Deut 33,29: .. volk du wirst behalten im herrn. Ein schilte deiner hilffe. Ps 34,2: Begreyff die geweffen vnd den schlilt: vnd stee mir auf zu der hilff. vnd mein got zu der hilff meiner zûuersichtte. 120 Exd 18,4: wann er sprach gotts meins vatters • ist mein helffer: vnd er hat mich erledigt von dem waffen pharaons. Deut 33,7: Sein hend streiten für in: vnd er wirt sein helffer gegen sein widerwertigen. Eccl 34,20: ... vnd ein hilff des valls. 121 Deut 33,26: Es ist kein ander got als der gerechts got. Der aufsteiger des him- mels ist dein helfer. 122 Ps 9,10: Vnd der herre ist gemachet ein zůflucht den armen; ein helffer in den zimlichen dingen im durecht. Ps 44,1: Vnser gott ist ein zůflucht vnd ein kraft. er ist ein helffer in den durechten die vns funden stercklich. Ps 45,2: Unser gott ist ein zuflucht vnd ein kraft: er ist ein helffer in den du rechten die vns funden stercklich. Ps 90,2: ... mein zůflucht min gott... Ps 93,22: Vnd der herr ist mir gemacht zu einer zuflucht: vnd mein got zu der hilff meiner zuuersichtte. 123 Ps 93,18: Ob ich sprach mein füß ist beweget, oh her dein erbermbd half mir. 124 Ps 145,5: Er ist selig des gots iakobs ist sein helffer. Ps 9,14: Dir ist gelassen der arm: du wirst ein helffer der waisen. Ps 26,9: ... o herre bis mein helfer nit enlaß mich. 125 Ps 5,10: ... wann der herre erhört die stymm meins weinens. Ps 29,11: ...der herre ist gemach mein helffer. Du hast mir gekehert mein weinen in freud. Ps 40,4: der herr tregt im die hilff auf dem bet seins schmertzens. Ps 59,13: Gib vns die hilff von dem trübsal. Ps 93,1: Nach der menig meiner schmertzen in meinem hertzten, dein tröstungen die haben erfreut mein sele. 126 Exd 33,14: ... ich gebe dir die rů. Ps 54,19: Er erlöst mein sele in frid von den die sich genachtet zu mir. Ps 131,8: ... O herr ste auff in dein rue: du vnd die arch deiner heiligkeit. 127 Ps 108,26: O herre mein gott hilffe mir vnd mach mich behaltten: vmb dein er- bermbd. 128 Ps 7,2: ... mach mich behalten vnd erlös mich ... Ps. 18,15: ... herr mein helffer vnd mein erlöser. Ps 71,12: ... wann er erlöst den armen von dem gewaltigen: vnd den armen do der helffer nit enwas. Ps 58,18: ... mein helffer ich sing dir O 50 Wortbedeutungen von gnâde/ genade definierten helfende Gunst und Erbarmen’,130 die im Zusammenhang von Herrschaft gewährt wurde, die sich auf die Minderung oder den Erlass einer Strafe er- strecken konnte.131 Alle Aspekte der göttlichen Hilfen sind unter dem Oberbegriff behaltsam/heyl132 zu fassen.133 Heil ist einerseits Aus- fluss der Herrschaft des allmächtigen134 herr[n] gott, der der barm- herzige, milde herscher und gewerer135 ist, anderseits der Ausdruck seiner selbst und seiner Herrschaft.136 Diese Vorstellung ist im vor- reformatorischen Zeitraum präsent, in dem Gott als Quelle allen Heils137 gesehen worden ist. Die Bandbreite der göttlichen Hilfen138 seiner Herrschaft vereint die mittelalterlichen Herrschaftsprinzipien „Schutz und Schirm” auf der Seite des Herrschenden und auf Seite der Beherrschten in Form von „Rat und Hilfe”.139 herr du bist mein helffer vnd mein erlöser. Ps 77,35: ... vnd sy gedachten wider das gott was ir helffer: vnd der höchst herr ir erlöser. Ps 83,6: ... selig ist der man des die hilffe ist von dir. Ps 93,17: Wann newer der herr het mir geholffen: mein sel het nit minner entwelt in der hell. Ps 129,7: Wann die erbermbde ist bey dem herrn: vnd viel erlösung ist bei im. 129 Exd 33,12: ... ich hab dich erkant von dem namen vnd du hast gnad vor mir. 130 Lexer, Bd. 1, Sp. 850. 131 Krause, H: Gnade, in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 1714-1719, Sp. 1717: “von gna- den und nut von rechte”. 132 Ps 39,11: ... ich sagt dein warheite und behaltsame. Überlieferungen K-Oa: heyl für behaltsame. Ps 49,23: ... das ich im zeyg die behaltsam gots. Überlieferung Z-Oa: das heyl. Ps 118, 41: Und o herr dein erbermbd kum auf mich: vnd dein behaltsam. Überlieferungen Z-Oa: dein heyl. Ps 118,81: MEin sel gebrast in deiner behalsam. Überlieferungen Z-Oa: in deynem heyl. 133 Die Übereinstimmung beider Begriffe erschließt sich aus dem Adjektiv ‘behalt- sam’ dessen Bedeutung ‘heilsam’ war (Lexer, Bd.1, Sp. 151) und von Heil, des- sen Wortsinn ‘Rettung, Bestand und Hilfe von Gott’ definierte, deren Folge kör- perliche Gesundheit und Wohlergehen war. Lexer, Bd. 1, Sp. 1207. DWb, Bd. 10, Sp. 815-820. 134 Ps 96,9: Wann du bist der höchst kúnig vber alle die erde bist gröslich erhöcht vber alle die hymel: du bist gar hoch vber alle die gött. 135 Exd 34,6-7: ... O herr gott herscher• barmhertziger vnd milter• gefridsamer vnd vil barmhertziger• vnd gewerer. 136 So z. B: Ps 37,23: O herr gott meiner behaltsam. Überlieferungen K-Oa Gott meines heyls. 137 Angenendt 2000, S. 119. 138 Die festgestellte Bandbreite der göttlichen Hilfen folgt also der Definition von ‘helfen’, die sich von ‘Beistand zur Rettung’, über ‘Befreiung aus üblen Umstän- den’ bis hin zur ‘Unterstützung und Förderung eines bestimmten Zwecks’ er- streckte. DWb, Bd. 10, Sp. 1323-1326. 139 Moraw in: Geschichtliche Grundbegriffe (1982), Bd. 3, S. 8. 51 Da Gott in der EDB sein Geschöpf selbst als hilffen bezeichnet, ist es notwendig, den Blick auf die Beschreibungen der Handlungen zu richten, um herauszuarbeiten, ob und welche Beziehungen zu den göttlichen Hilfen vorliegen. Der hilffen wird gleich140 dem menschen im Sinn von ‘gleichartig’141 beschrieben. Mit der Substanzgleichheit wird ein zweiter Mensch definiert. Dieser bekommt wie der zuerst er- schaffene mensch (Genesis 2,7) eine ihm eigene Ordnung als Handlungsraum zugewiesen, die ich mit dem Arbeitsbegriff Werkord- nung hilffen bezeichne. Mit Gleichheit geht einher, dass keine Unter- ordnung142 in der EDB definiert wird. daher kann für die Definition Genesis 2,18 der EDB nicht die Engführung im Sinn von ”Mithelfer” zugrunde gelegt werden, vielmehr muss der Terminus hilffen in Ver- bindung mit den göttlichen Hilfen143 charakterisiert sein. So verstan- den ist hilffen die menschliche Verkörperung der göttlichen Hilfen, die begrenzt wird durch die Gleichheit mit dem zuerst erschaffenen menschen. In der EDB definiert das Wort hilffen den eigenen Hand- lungsraum des ‚Gleichen’; welcher das ist, wird in den Versen von Genesis 2 nur implizit dargelegt. Die folgenden Verse berichten vom göttlichen Auftrag an den nun adam genannten menschen, die Schöpfung zu benennen,144 was dieser erfüllt.145 Die Gegenüberstellung ist ein Herrschaftsakt, weil Namen verordnet werden. Diese Interpretation beruht auf der vorre- formatorischen Vorstellung, dass das Benannte beherrscht werde,146 womit auch die „substantielle Einheit”147 des Namens mit dem Na- mensträger hergestellt wird. Mit dem Auftrag ist in der EDB eine ‘Di- 140 DWb, Bd. 7, Sp. 7936-8019, Sp. 7939-7941. 141 Eccl 17,5: er beschuff von im ein hilffen im gleich. Die Lutherübersetzung betont dagegen einen Unterschied von Mann und Frau: Jesus Syrach 17,5: Vnd schuff sie beide/ ein jgliches zu seiner art/... 142 Schüngel-Staumann, 1989, S. 13. 143 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 48-50, Anm. 117- 136. 144 Gen 2,19: Dorumb der herre got der zufuhrt zu adam alle selige ding der erde• vnd alle die vogel des himels• die er gepildet von der erden• das er sech wie er sie hieß • 145 Gen 2,20: Wann was adam rief einer yetlichen lebendigen sel • das ist ir name. Vnd adam der rief ir namen alle seligen ding der erde • vnd alle vogel des hy- mels vnd alle tier der erde. 146 Lurker 1991, S. 514-516, S. 514. 147 Wenzel, Horst: JÂ UNDE NEIN SINT BEIDIU DÂ . Zur Konfligierenden Ehrvorstellung am Hof und in der höfischen Dichtung, in: Schreiner/ Schwerhoff 1995, S. 339- 360, S. 340. 52 daktik’ Gottes verbunden, denn er will adam zeigen, dass er im Ge- gensatz zu den paarweise auftretenden Tieren ein einzelnes Ge- schöpf ist, was mit dorumb148 zum Ausdruck gebracht wird. Es wird berichtet: Wann adam wart nicht funden sin geleich..149 Die Formulie- rung legt dar, dass nur das Fehlen des geleich erkannt wird.150 Die Erschaffung des hilffen wird erneut mit machen beschrieben, also mit dem Verb, das sowohl die Erschaffung der Menschen (Ge- nesis 1,26) als auch die Vollendung des Einzelmenschen in der Seele (Genesis 2,6) beschreibt. Im Verknüpfung mit Genesis 2,6 kann geschlossen werden, dass das machen des hilffen einen Schöpfungsakt einschließlich der Seele charakterisiert. Dazu wird adam in Schlaf versetzt, und ihm wird eine Rippe151 entnommen: Vnd der herre got macht das rip das er het genomen von adam in ein weib. Mit weib wird zum ersten Mal in Genesis 2 ein Geschlecht ge- nannt. Verglichen mit dem Dreischritt des Schöpfungsvorgangs des menschen erfolgt dieser mit einem anderen: Dem Entnehmen einer Rippe, sie mit Fleisch umgeben und machen in ein weib. So wird be- reits durch den Schöpfungsablauf eine Differenz dokumentiert. Das weib unterscheidet sich vom menschen noch in weiteren Punkten: Zunächst durch den Ort seiner Schöpfung, dem paradeis der wollust und durch das Ausgangsmaterial: Ein rip von adam statt lietiger erd. Die Bedeutung des in ein verlangt eine genauere Betrachtung, denn hier ist die Analogie von macht das rip... in ein weib zu gemacht in ein lebendig sele für adam offensichtlich. Die Vorgänge sind aller- dings gespiegelt: während der geschaffene mensch ‘in eine lebendi- ge Seele’ gemacht wird, macht Gott des adams rip in ein weib. Diese Spiegelung würde - konsequent interpretiert - bedeuten, dass sich rip und mensch einerseits und weib und sele andererseits entsprechen. 148 Dorumb steht in Beziehung zur Ursache, folglich im Sinne von ‘deshalb’. DWb, Bd. 2, Sp .799-803, Sp. 801. 149 Geleich und gleich stimmten überein. DWb, Bd. 7, Sp. 7936-8019, Sp. 7939ff. 150 WENZELSBIBEL Gen. 2,20: Adame volwar wart nicht funden ein helfer im gleich. 151 Luther: 1. Mo 2,21: Dorumb der herre got sante einen schloff in adam. Vnd do er was entsloffen er nam eins von seinen rippen• vnd derfúlt fleisch vmb es. Vnd Gott der HERR bauet ein Weib aus der Riebe/ die er von dem Menschen nam/ vnd bracht sie zu jm. 53 Die theologische Bedeutung dieses textanalytischen Befundes bleibt offen.152 Das machen des weibs schließt also die vorherige Existenz in adam aus.153 Die ‘Erschaffung des weibs aus der Rippe adams’ wird auf Abbil- dungen des 11. bis 14. Jahrhunderts dargestellt. Der Schöpfungsakt wird traditionell als ‘Geburt’154 in Form von ‘Herausziehen’155 gedeu- tet. Wird er aber mit der Bedeutung von machen interpretiert, so wird die Substanzgleichheit mit adam hergestellt, denn die Abbildungen zeigen Gott nicht als ‘Geburtshelfer’, sondern als Schöpfer. Den Dar- stellungen der Frau gebührt Aufmerksamkeit: Sie wird im Gegensatz zum schlafenden adam156 ‘wach’ dargestellt, da sie Gott ansieht. Der Blickkontakt zeigt eine Verbindung beider, die durch Darstellungen weiterer Interaktionen verstärkt wird: So weist Gott mit einer Hand- gebärde auf die Frau oder er berührt sie, während sie ihn nicht nur anblickt, sondern ihm auch im Gebetsgestus Arme und Hände ent- gegen streckt. Auf diesen Bildwerken157 wird die erschaffene Frau auf Gott ausgerichtet verstanden. Ihre Position auf den Bildwerken muss ebenso beachtet werden, denn sie befindet sich in der Mitte 152 Die christliche Wirkungsgeschichte der Auslegungen von Genesis 2 im Bezug auf die Frau siehe: Schüngel-Straumann 1989, S. 11-35. 153 Schüngel-Straumann belegt, dass die Szene der Erschaffung der Frau auf die Verwandtschaftsformel in Gen. 2,23 ausgerichtet sei. Dazu gehöre in der he- bräischen Vorstellung ein festes Bauelement - hier die Rippe, „damit die rûah, Gottes schöpferische Lebenskraft” lebendig machen könne. Schüngel- Straumann, Helen: Eva - Verführerin oder Gottes Meisterwerk? Genesis 2 und 3 und ihre verhängnisvolle Wirkungsgeschichte, in: Valtink, Eveline (Hg.): Got- tesbild - Weibsbild. Feministisch - theologische Anfragen an die christliche An- thropologie (= Hofgeismarer Protokolle, Tagungsbeiträge aus der Arbeit der Evangelischen Akademie Hofgeismar 256, 1989), S.61-90, S.75. 154 Das Motiv habe als Vorbild die Typologie Adam - Christus gehabt; wie aus der Seite Christi die Kirche geboren werde, so das Weib aus Adam. Zapperi, Ro- berto: Der schwangere Mann, Männer, Frauen und die Macht, München 1984, S. 9-17. 155 Weinreb, Friedrich: Zahl, Zeichen, Wort, Das symbolische Universum der Bibel- sprache, Reinbeck 1978, S. 98 f. Eine Steigerung der Vorstellung bietet Hans Biedermann: “ ... Ausgangspunkt ist der biblische Bericht vom ursprüngliche noch ungesondert existierenden Menschen, der noch eine Einheit bildet, noch männlich - weiblich ist, ehe er im Tiefschlaf geteilt wird ... und aus seiner Seite die Weiblichkeit ausscheidet.” Biedermann, Hans: Das Androgyn - Symbol in der Alchemie, in: Androgyn: Sehnsucht nach Vollkommenheit [ Neuer Berliner Kunstverein, Ausstellung und Katalog Ursula Prinz], Berlin 1986, S. 57-74, S. 59. 156 Schade belegt eine Ausnahme: die Abb. der Aelfric - Paraphrase zeigt einen ‘wachen’ Adam, der den Schöpfer anblickt, als dieser Eva aus seiner Seite „hebt”. Schade, Herbert: Adam und Eva, in: LCI, Bd. 1, Sp. 58f. 157 Unberücksichtigt bleibt die Einflussnahme der Auftraggeber auf die Künstler. 54 zwischen Gott und Adam158 Gott wird auf der rechten Seite darge- stellt, an seiner linken Seite wird die Frau abgebildet, während der Mann an der rechten Seite der Frau dargestellt wird.159 Die Seiten- zuteilung richtet sich nach dem dargestellten Mächtigen einschließ- lich der Rechts- Linkssymbolik.160 Die rechte Seite symbolisierte all- gemein das ‘Gute’, die linke konnte das ‘Schlechte’ kennzeichnen, aber auch einen Rangunterschied abbilden.161 Die Bildwerke mit dem Motiv ‘Erschaffung der Frau’ legten ihren Betrachtern dar, dass es einen Rangunterschied zwischen Gott und den beiden Menschen gibt. Da aber die Frau an der rechten Seite des Mannes steht, wird sie als die ‘Ranghöhere’ bzw. die ‘Bessere’ ausgewiesen. Diese Dar- stellungen belegen, dass der Mann im vorreformatorischen Zeit-raum nicht grundsätzlich162 gegenüber der Frau als der Rang-höhere aus- gewiesen worden ist. Die Handgebärden Gottes im Zusammenhang der Erschaffung der Frau und die der Frau sind ein Desiderat der Forschung. 163 Als hilffen wird das weib von Gott adam zůfurt. Der Terminus er- laubt die Bedeutung von ‘Geben’ im Sinne ‘von die Frau zur Ehe zu führen’164 zugrunde zu legen. Die Verse 23 und 24 beschreiben die 158 Souchal 1968, S. 91. Fillitz 1990, Abb. XLVI. Erläuterungen zur Abb. auf S.270. Nigg, Walter/Gröning, Karl (Hg.): Bleibt ihr Engel, Berlin 1978, S. 69: Szene der Bronzetür der Kathedrale der heiligen Sophia in Nowgorod, 12. Jh.: Zwei Engel beobachten die Erschaffung der Frau, deren Blick auf Gott gerichtet ist. WENZELSBIBEL, Miniatur 2 auf dem sechsten Medaillon und Miniatur 4. Bartolo di Fredi: Fresco in der Chiesa della Collegiata, San Gimignano (1356). Außerdem die Abbildung ‘Die Erschaffung der Frau’ in: Die große Bilderbibel in St. Annen zu Annaberg. Diesen Hinweis verdanke ich Heide Wunder. 159 So z. B.: Genesismosaik im Markusdom von Venedig, in: Loose, Helmuth: Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Der Mosaikzyklus im Markusdom von Ve- nedig, Freiburg u.a. 1986, S. 38 f. 160 Dinkler-Schubert, Erika v.: Rechts und Links, in: LCI, Bd. 3, Sp. 512-515. de Chapeaurouge 1984, S.31-40. 161 Elze, Reinhard: Rechts und Links, Bemerkungen zu einem banalen Problem, in: Kintzinger, Martin/ Stürmer, Wolfgang/ Zahlten, Johannes (Hg.): Das andere Wahrnehmen, ( =August Nitschke zum 65. Geburtstag gewidmet) Köln/ Wei- mar/ Wien 1991, S. 75-82, S. 75. 162 Zusammenfassende Darlegung der Traditionslinie der männlichen Höherwertig- keit in: Schüngel-Straumann 1989, S.11-35. 163 Holl, Oskar: Handgebärden, in: LCI, Bd. 2, Sp. 214-216. Auf dem Genesismo- saik im Markusdom zu Venedig wird nur die ‘Entnahme der Rippe’ dargestellt. Die Frau wird im folgenden Bild als diejenige präsentiert, mit der Gott spricht, was mit seinen Handgesten dargestellt ist: Gott fasst die Frau mit seiner linken Hand am rechten Handgelenk und spricht mit ihr mittels eines Gestus seiner rechten Hand. Loose 1986, S. 38-44. 164 DWb, Bd. 32, Sp. 373-376, Sp. 375. 55 Reaktion adams, der bei dem Anblick des weibs erkennt: Nun dis bein ist von meinen beinen • vnd diß fleisch ist von minem fleisch. Die Sentenz definiert die wahrgenommene Substanz-gleichheit mit der Frau. Dass Adam das Fleisch der Frau als das seine ansieht, zeigt seine Vermutung. Er erkennt nicht, dass das Fleisch der Frau ein göttliches werk ist. Adam definiert weiter aus seiner Perspektive: Dise wird gerůffen ein mennin wann sy ist genommen von dem man.165 Das Wortspiel man - mennin166 ist also bereits in der EDB und der WENZELSBIBEL167 vorhanden. Festzustellen ist, dass erst der Anblick der mennin dazu führt, dass adam sein Geschlecht man er- kennt. Die Paarformel mennin und man akzentuiert nun Verschie- denartigkeit in Gleichwertigkeit. Der anschließende Vers trifft eine Generalaussage: Vmb dis ding lest der man vatter und můter vnd zůhafte seinem weip• vnd es werdent zwei in eim fleisch.168 Die Rückschau169 beschreibt den Grund des Verlassens von vatter und můter mit umb dis ding. Die Definition ding ist hier erneut als Rechts- figur des Vertrags zu interpretieren, zu dem auch das Rechtsinstitut Ehe170 gehörte. Dis ding171 kennzeichnet in der EDB den Bund der Ehe als Vertrag zwischen Mann und Frau in Anwesenheit Gottes. Da die Ehe als von Gott eingesetztes Rechtsinstitut betrachtet worden ist,172 ist die Interpretation, dass ding gemäß Genesis 2,24 den Ver- tragscharakter der Ehe darstellt, zwingend.173 Prognostiziert wird, dass der man seinem weip zu hafte, hier ‘ankleben, anhaften’174 wird. 165 Vnd adam sprach. Nun dis bein ist von meinen beinen • vnd diß fleisch ist von minem fleisch. 166 Die Ausgabe der Lutherbibel von 1985 schreibt das Wortspiel Luther zu, der es als erster korrekt aus dem Hebräischen übersetzt habe. Die Bibel. Nach der Übersetzung Martin Luthers, mit Apokryphen, hg. Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1985. S. 5. So auch Goetz 1995, S. 83. 167 WB;... die wirt geheissen ein menninne • wenne sie ist aus dem manne gewvnne. 168 Gen 2,24. 169 Schüngel-Straumann 1989, S.107, Anm. 168. 170 DRWb, Bd. 2 (1932), Sp. 933-945. 171 Luther: Darumb/ wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen/ vnd an seinem Weibe hangen vnd sie werden sein ein Fleisch. 172 Angenendt 2000, S. 276-279. 173 In der WENZELSBIBEL kommt nur an dieser Stelle der Begriff vor: ...umb dise dinck wirt der mensch lasen vater. 174 Lexer, Bd. 3, Sp. 1183. Auch DWb, Bd. 32, Sp. 447: “bedeutet anhaften anhan- gen, eigentlich und auf den menschen bezogen, nur in der älteren geistlichen sprache, bes. der ersten bibel”. 56 Die Formulierung entwirft die Einheit beider Geschlechter, die eine Parallele zu Genesis 1,27 bildet. Die Einheit kommt zustande durch die Formulierung zwei in eim fleisch. Die Präposition in175 findet sich auch in der WENZELSBIBEL.176 Sie stellt mit dem anatomischen Bild den Geschlechtsakt dar. Die Vereinungsformel erweist sich darüber hinaus als argumentativ zusammengehörig mit dem von Gott er- schaffenen Fleisch der Frau, das infolgedessen als Ort charakteri- siert ist, der hilffen177 ist und beiden Geschlechtern Ganzheit (als Mensch) ermöglicht. Das dreifach vorkommende in kennzeichnet bei der Erschaffung zweier Menschen drei Ordnungsschritte Gottes: Die Beseelung des menschen, die Weibwerdung der Rippe und die Einswerdung des Paares im von Gott erschaffen fleisch der Frau. Die so präzisierte Geschlechtlichkeit beider Geschlechter konstituiert ihre Ordnung, die als ‘Paradiesehe’178 verstanden worden ist. Im Abschlussvers 25 wird das Ehepaar beschrieben: Wann iedt weders179 was nackent das ist zu wissen adam vnd sein hausfrowe. Mit das ist zu wissen wird unterstrichen, dass keine Scham zwischen den Geschlechtern vorhanden ist. Es wird also rückblickend aus ei- ner Perspektive berichtet, in der die Kenntnis von Scham konstitutiv ist. Zugleich wird aber zugleich für den Adressaten klar gestellt, dass das Paar von seiner Unterschiedlichkeit aufgrund ihres jeweiligen ei- genen Geschlechts Kenntnis hat. Im vorreformatorischen Zeitraum wurde dieser Zustand mit Reinheit gleichgesetzt.180 Das nackte Paar wird mit adam vnd sein hausfrowe181 bezeichnet. Hausfrowe war das Rechtswort182 für die Ehefrau183 und Herrin184 einer Haushaltung.185 175 Das gleiche Bild in: Mt. 19,5 der EDB: ... vnd es werden zwai in eim fleisch. Mk 10,7: ... vnd es werden zwai in eim fleisch. 1. Ko 6,16: ... Es werdent zwey in eim fleisch. Das Bild wird beibehalten wenn konkret ein Geschlechtsverkehr be- schrieben wird, so in Deut 22,14: vnd spricht dise hab ich entfangen zu eim weip ich gieng ein zu ir vnd fande sy nit ein meide. 176 Und werden zwei sein in einem vleische. 177 Die weiteren Bedeutungen von ‚hilffen’ werden aus den Weisheitsbüchern her- ausgearbeitet. 178 1.1 Ausgangsfrage und Zielsetzung, S 5, Anm.1. 179 Lexer, Bd. 1, Sp. 1417. Die Bedeutung war ‘jeder von beiden’. 180 Metternich, Ulrike: Reinheit/ Unreinheit: Bibel und frühes Christentum, in: WFTh 2002, S. 471-473. Keller, Hildegard Elisabeth: Reinheit/ Unreinheit: Mittelalter, in: WFTh 2002, S. 473f. de Chapeaurouge 1984, S. 102. Holl, Oskar: Nackheit, in: LCI, Bd. 3, Sp. 308f. 181 Ebenso in der WENZELSBIBEL Gen 2,25: ... adam vnd sein hausfrawe.... 182 DRWb, Bd. 5 (1953), Sp. 397-399. 183 So z. B. Gen 12,11: ... er sprach zu sarai seiner hausfrowen. Auch Gen 39,9: 57 In der EDB wird ausgeführt, dass der Ehefrau die Versorgung des Gesindes und dessen Beaufsichtigung obliegt.186 Da auch der Begriff weib für Ehefrau und für eine erwachsene Frau verwendet wird, ist es notwendig die jeweilige Bedeutung des Wortes aus dem Zusam- menhang der Aussagen der EDB zu ermitteln. Genesis 1 und 2 der EDB beschreiben zwei unterschiedliche Schöpfungsakte für das Geschöpf Mensch. Aus den Darstellungen beider Berichte ist zu entnehmen, dass der Mensch als Paar kon- struiert wird: Nachdem in Genesis 1 der Mensch als Zweiheit er- schaffen dargestellt ist, markiert Genesis 2 den Einzelmenschen als nicht gut. Der Zustand wird behoben mit der Erschaffung der Frau. Beide Berichte kennzeichnen zugleich die mit der Schöpfung einher- gehende Herrschaft Gottes. Die Menschen stehen also im Rahmen des Gehorsams. Genesis 1 charakterisiert ihn mit dem Segen: Die Vermehrung konkretisiert die Zweiheit als Paar, das damit die Ord- nung für seine Geschlechtlichkeit erhält. Die Übertragung der Herr- schaft des Paares konnte als Rechtsinstitut Lehen rekonstruiert wer- den. Mit dem Segen wird darüber hinaus ein Bund zwischen Gott und Paar dargestellt, der auch die Verbindung des zweigeschlechtli- chen Geschöpfes als Konkretion Gottes herstellt. Genesis 2 teilt bei- den Geschlechtern eine geschlechtsspezifische Ordnung zu, aus der ihre Pflicht zum Gehorsam resultiert, Die Geschlechter mit ihren Ordnungen werden als Paar in Form eines Vertrags verbunden. Das Paar befindet sich im Paradies, das als Ort Gottes auf der Erde be- schrieben wird. Für diese Stätte setzt Gott ein Verbot, das nun eine konkrete Rechtsnorm festlegt. Das Verbot stellt also ein ‘Gesetz’ dar, das eine göttliche Rechtsordnung mit Rechtsgehorsam konstituiert. “on dich du bist sein hausfraw.” Zur ‘hausfraw’ soll auch das ‘weip’ werden, wel- ches als Kriegsgefangene in das Haus eines Mannes kommt. Deut 21,13: ... vnd dornach gee ein zu ir • vnd schlaff mit ir: vnd sy wirt dein hausfraw. Als Rechtswort im Sinne Ehefrau wird Hausfrau auch in den deutschen Laienpre- digten Regensburgs verwendet. Berthold von Regensburg: xxi von der ê, Bd. 1, S. 309-338, S. 329 in: Vollständige Ausgabe seiner Predigten hg. von Pfeiffer, Hans 2 Bde., Wien 1862-1880, hg.von Ruh, Kurt (=Deutsche Neudrucke, Rei- he: Texte des Mittelalters), Berlin 1965. 184 Lexer, Bd. 2, Sp. 1407. 185 DWb, Bd. 10, Sp. 662. 186 Spr 31,15: Vau. Vnd sy stund auf von der nacht • vnd teilte den raube iren inge- sinden, vnd die essen iren diern. Tob 10,13: ... lieb ze haben den man • vnd ze- berichten das ingesind •vnd zeborgen das hause: vnd sich selb zegeben ein vnberespliche. Die EDB entwirft in diesen Bibelstellen den vorreformatorischen Haushalt, den Otto Brunner als ‘ganzes Haus’ definiert. Otto Brunner: Das gan- ze Haus und die alteuropäische Ökonomik, in: Neue Wege der sozialen Verfas- sungsgeschichte, 2Göttingen 1968. 58 Genesis 3 berichtet von der Übertretung des Verbots, die mit dem Begriff ‘erste Sünde’ bezeichnet wird. In der EDB ist die Abwesenheit von Sünde als Einhaltung der göttlichen Gebote187 definiert. Die Ge- bote sind also die Rechtsordnung, Sünde charakterisiert deren Ver- letzung. Sünde kann folglich als Rechtsungehorsam bezeichnet wer- den und ebenso die Übertretung des Verbots in Genesis 3 als Rechtsungehorsam. So verstanden berichtet der Text dann von ei- nem Rechtsbruch, der durch das Essen der verbotenen Frucht be- gangen wird. Er ist auch mit der Rechtsfigur missetat188 zu greifen, womit die Vorstellung eines Bruchs des Rechtsfriedens189 verbunden wurde. Der Rechtsungehorsam wird durch ein Gespräch des weibs aus- gelöst. Die Frau wird von einer männlichen Schlange angesprochen, die auch als Drache, Teufel und Satan präzisiert wird.190 Die Wahl des Genus nimmt der Übersetzer bewusst vor, denn bei dem Tier Schlange benutzt er das weibliche191 Genus. Eine Wesensähnlichkeit resultierend aus dem gemeinsamen weiblichen Geschlecht von schlang und weib ist in der EDB nicht gegeben.192 Das Genus ent- spräche dem hebräischen Text.193 In den deutschen Predigten Re- gensburgs wird der schlang mit einem megetlîche(n) houbet194 be- schrieben. Hier wird keine Geschlechtsidentität hergestellt, sondern eine entsprechende ‘Tarnung’ beschrieben. Da das Motiv in der vor- reformatorischen bildenden Kunst präsentiert wird, könnten diese Abbildungen auch ‘Täuschung’ charakterisieren. Bei den Abbildun- 187 Lev 22,9: Sy behúten meine gebott • vnd vnderligen nit der súnde. 188 Lexer, Bd.1, Sp. 2170 f. DRW, Bd. 9 (1992-97), Sp. 676-680. Schild stellt die Bedeutung des Alten Testaments heraus, in der Missetaten und Missetäter un- ter dieser Perspektive verstanden worden sind. Schild, Wolfgang 1984, S. 65, S. 122. 189 Kaufmann, K.: Friede III, Mittelalter, in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 1277-1290, Sp. 1286-1291. 190 Off 12,9: Vnd der michel track • der alt slang • der do ist geheissen teúfel vnd sathanas • der do verleyt allen den vnmbring der ist ausgeworffen • vnd wart geworffen an die erd. n der Ikonographie des Mittelalters ist auf biblischen Aus- sagen beruhend der Drache das Sinnbild des Teufels. Lucchesi Palli, Elisabeth. Drache in: LCI, Bd. 1, 516-524. Lurker, 1991, S. 149. 191 Exd 4,3-4: ... ward gekert in ein schlangen: ... vnd er hielt sy ... 192 Aus der grammatischen Geschlechtsgleichheit von Schlange und Frau sei eine Gleichartigkeit beider abgeleitet worden. Frugoni in: Duby/ Perrot 1993, S. 359- 434, S.377. 193 Schüngel-Straumann 1989, S. 113. 194 Berthold von Regensburg: XIX.VON DEN ZEHEN GEBOTEN UNSERES HERREN, Bd.1, S. 264-288, 286. 59 gen muss nicht nur die Zeit ihrer Entstehung, sondern auch der zu- grunde gelegte Bibeltext195 beachtet werden. Der erste Dialog der Schöpfungsberichte wird mit dem weib ge- führt. Die Frage des schlangs gilt dem warum des Verbots,196 mit der er den Herrschaftsakt des Setzens der Rechtsnorm in Frage stellt und damit zugleich die Herrschaft Gottes anzweifelt. Er bestreitet, dass der Bruch der Rechtsnorm Sterblichkeit zur Folge haben wird,197 die das weib darstellt.198 Der schlang stellt der Frau die Gleichheit mit Göttern199 in Aussicht. Wer diese sind, wird in der EDB200 nicht dargelegt, wohl aber wird ausgeführt, dass Gott über den Göttern stehe.201 Die Kenntnisse der Götter202 über das gůt vnd das vbel benötigt das Paar im paradeis der wollust nicht, denn es lebt gemeinsam mit Gott. Der schlang eröffnet scheinbar neue Handlungsmöglichkeiten, indem er suggeriert, dass Gott die Men- schen einschränkt. Er bietet sich zugleich als besserer ‘Herr’ an, der eine eigene Herrschaftssphäre beansprucht. Die Antwort der Ehefrau lässt durch die Verwendung von wir erkennen, dass sie vom Paar spricht, welches durch vns als Gegenüber von Gott verstärkt wird. Es 195 Die WENZELSBIBEL stellt Geschlechtsgleichheit her: Gen 3,1: Sunder auch die nater was her arglistiger allen tyren derer den die gott herre heit gemachet. Die sprach czu dem weibe•... 196 Gen 3,1: Er sprach zu dem weip. Warum hat euch got verbotten das ir nit es- sent von yegilichen holtz des paradises? 197 Gen 3,5: Wann der schlang sprach zu dem weip. In keiner weis sterbt ir des todes. 198 Gen 3, 2-3: Das weip antwurt wir essent von dem wůcher des holtzes daz do ist in mitzt des paradises vorboten vns got daz wir nichten essent• vnd sin nicht růrten• daz wir vilicht icht sterben. 199 Gen 3,5: Wan got der weis daz an wellichem tag ir esset von im • ewer ougen werdent auff getan: vnd ir werdent als die götter, wissent das gůt vnd das vbel. WB:: ...• vnd ir werdet als die gote wissende gutes vnd bozes. Luther aber übersetzt: vnd werdet sein wie Gott/... Witte reduziert die Darstellung Luthers: „Durch die Schlange verführt, strebt der Mensch nach Gottähnlichkeit, Allwis- senheit und Autonomie.” Witte 1999, S. 86. 200 Keine Aussage wird darüber gemacht, wer die gött sind. Der Gattungsbegriff sei im Hebräischen auf die Götter Kanaans bezogen gewesen. Schüngel- Straumann 1989, S.121. 201 Ps 49,1: Got der götter hat geredt. Ps 96,9: Wann du bist der höchste kúnig vber alle erd du bist grösich erhöcht vber alle hymel: du bist gar hoch vber alle die gött. Ps 134,5: ... vnser got ist vor allen götten. Ps 135,2: Beichet gott der gött, wann er ist gut: wann sei erbermbde ist ewig. 202 Witte sieht im Baum die Unterscheidung vom Wissen Gottes und der Men- schen. Witte 1999, S. 80f. 60 gelingt dem schlang das weip203 zu überzeugen. Berichtet wird, dass sie vom verbotenen Baum eine Frucht nahm, davon aß und sie dann iren man gab, der ebenfalls davon aß.204 Die Gemeinsamkeit des Paares wird mit ierem man nochmals betont. Die Ehefrau hat ihren Rechtsgehorsam also willentlich205 gebrochen, indem sie den Herr- schaftswillen des schlangs erfüllt hat. Ihr Mann aber erfüllt den Willen seiner Frau, da er von der Frucht ebenfalls isst. Das Essen hat die Konsequenz, dass Mann und Frau die eigene und die Nacktheit206 des andern als Auslöser von Scham207 bemerken. Die Formulierung derkant hatte neben ‘kennen’ auch die Bedeutung von ‘erkennen im geschlechtlichen Sinne.’208 Beide Geschlechter nehmen also ihre Geschlechtlichkeit nicht mehr als selbstverständlichen Aspekt ihrer Geschöpflichkeit wahr und sind gezwungen sich zu positionieren. Folglich fertigt sich das Paar ‘Kleidung’,209 die ihre Geschlechter be- deckt. Ihre ‘Scham’ kennzeichnet folglich die als notwendig empfun- dene Differenzierung zwischen Mann und Frau. 203 Witte 1999, S.81 begründet die Kenntnis der Frau vom Speiseverbot aus der Bestimmung der Frau als “vollständig entsprechendem Gegenüber" (2,18; 20; 23) und aus der umfassenden personalen Gemeinschaft (2,24).” Wobei Gen 2,24 als Voraussage zur “Wendung zur Verfehlungs- und Strafgemeinschaft von Mann und Frau” bereits angelegt sei. 204 Darumb daz weip sach das holtz daz es was gůt zů essen • vnd schen den augen vnd wollustiger angesicht. vnd sie nam von seim wucher vnd aß • vnd gab ierem man. Er aß •. 205 Der menschliche Wille wird in den deutschen Laienpredigten von Regensburg betont: “Daz ist des menschen frîu willekür, dâ hat nieman gewalt über dann dû selber. Wolte got gewalt haben über des menschen willen, sô wurde unser de- heinez niemer verlorn. Wande er den menschen nâch im selben gebildet hât der edele frîe herre, dâ wolte er im sîne willkür niht binden noch twingen ...” Berthold v. Regensburg: IV. VON DEN SIBEN PLANETEN, Bd.1, S. 48-64, S. 50. Zur Handlungs-autonomie:Schreiner, Klaus: Si homo non peccasset ... Der Sün- denfall Adams und Evas in seiner Bedeutung für die soziale seelische und kör- perliche Verfaßtheit des Menschen, in: Schreiner/ Schnitzler 1992, S. 41-84, S. 59-61. Schreiner, Klaus: Adams und Evas Griff nach dem Apfel - Sündenfall oder Glücksfall, in: Moss von 2001, S. 151-176, S. 166. 206 Gen 3,7: ... vnd ir beider ougen wurden auff geton. Vnd do sie hetten derkant zů sin nackent. 207 Zum gesellschaftlichen Wert der Scham: Schreiner 2001, in: Moos von 2001, S. 159. Scham nennt Huizinga “das hohe Maß an Prüderie.” Huizinga, Johan: Herbst des Mittelalters, Studien über Lebens- und Geistesformen des 14. und 15. Jahrhunderts in Frankreich und in den Niederlanden, hg. von Kurt Köster, 11Stuttgart 1975, S. 151f. 208 Lexer, Bd. 1, Sp, 1548f. 209 Gen 3,7: ... sy heften zů samen die lober der fygbaum: vnd machten in wadel. Vnd bedeckten sich•. 61 In die Erkenntnis ihrer Nacktheit hinein erinnert die Stimme Gottes adam vnd sein hausfrowe an ihren Rechtsungehorsam.210 Die Stim- me bewirkt eine Verhaltensänderung: adam verbarg sich vnd sin hausfrouw inmitzt des paradises vor dem antlitz des herrn gotz. Das Verbergen, das adam veranlasst, bezieht sin hausfrouw ein, also handelt er für sie mit. Die Beschreibung des Paares zeigt, dass hier die vorreformatorische gesellschaftliche Praxis beschrieben wird, die von der Ehefrau verlangte, ihrem Mann an alle Orte nachzufolgen.211 Das Verbergen des Paars auf Initiative adams offenbart Schuldbe- wusstsein, das aus dem Rechtsungehorsam entsteht, der eine Flucht vor dem Herrn auslöste. Die Situation ist alternierend dargestellt: zu dem wetter oder der stund nach mittem tage.212 Beide Alternativen markieren eine Bedrohung: Wetter bedeutete zwar allgemein Wetter bzw. Witterung, aber auch Gewitter und Ungewitter.213 Diese ist in der EDB auf den strafenden Gott bezogen, der aus dem ‘Gewitter spricht’.214 Die stund nach mittem tage kennzeichnet den Zeitpunkt, in dem laut Psalm 90 der mitteglichen teufel aktiv ist, vor dem allein der Schild Gottes schützt.215 210 Gen 3,8: ... vnd sy hetten gehort die stim des herrn gottes gen in dem paradi- se•. 211 Dieses entspreche Verordnungen des Kirchenrechts, die die Frau prinzipiell verpflichten dort zu leben wo ihr Mann ist. Schuh, Barbara: ”Jenseitigkeit in diesseitigen Formen,” Sozial- und Mentalitätsgeschichtliche Aspekte spätmittel- alterlicher Mirakelberichte,(= Schriftenreihe des Instituts für Geschichte, Dar- stellungen - Bd. 3), Graz 1989,S. 47f. 212 Luther: VND sie hörent die stimme Gottes des HERRn/ der im Garten ging da der atag küle worden war. Randglossea ( Tag kühle war) Das war vmb den abend/ wenn die hitze vergangen ist. Bedeut/ das nach getanener Sünde/ das Gewissen angst leidet. Bis das Gottes gnedige stim kome vnd wider küle vnd erquicke das hertze. Wie wol sich auch die blöde Natur entsetze vnd fleucht: dem Euangelico/ weil es das cretz vnd sterben leret. 213 Lexer, Bd. 3, Sp. 806. 214 Ps 76,18-19: Die menig der drön der wasser: die wolken gaben die stymm. Wann dein geschoß die vbergiengen | die stymm deins donner was in dem rad. Dein blitzen die leuchten den vmbring der erd: die erd ist bewegt vnd erbidempt. Eccl 46,20: Vnd der herr dont vom himmel: vnd macht zerhören sein stymme in eim micheln done: vnd zerknitscht die fúrsten. Im Neuen Testament wird die Finsternis am Tage zur Stunde der Kreuzigung Christi in Mt 27,45, Mk 15, 33, Lk 23,44 beschrieben. Da Sündenfall und der Tod Christus als Erlösungsakt in der christlichen Theologie zusammengehören, könnte der Übersetzer einen Zu- sammenhang konstruiert haben. 215 Ps 90,5-6: Sein warheit vmbgibt dich mit eim schilt du vörchst dir nit vor der nechtlichen vorcht. Vor dem fliegenden geschoß an dem tag: vor dem gescheft das do durchget in der vinster: vor dem vmblauffe vnd vor dem mitteglichen teufel. Dass der Teufel um Mittag seine Netze aus wirft, gehörte auch zum ‘Volksglauben’. Jungbauer, G.: Mittagsgespenster, in: HWDA, Bd. 6 (1934/ 62 Die Reaktion Gottes auf den Rechtsungehorsam ist der Ruf nach adam: Wo bistu? 216 Die Frage unter dem Aspekt Rechtsbruch be- trachtet, gewinnt die Kontur einer ‘Ladung vor Gericht’. Sie war ein formaler Rechtsakt,217 der notwendig war, um einen Prozess zu füh- ren, der mit dem Urteil abschließt. Der Gerichtsruf kann zugrunde gelegt werden, da in der EDB Gott als ‘gerechter’ vrteiler218 be- schrieben wird. Adam antwortet und bekennt gegenüber dem Herrn Furcht. Der Terminus beschreibt Herrschaftsakzeptanz219 durch adam, der seinen Rechtsungehorsam anhand seiner empfundenen Scham wegen seiner Nacktheit mit seinem Verbergen indirekt bestä- tigt.220 Gott stellt ihm eine zweite Frage: Wer hat dir gezeiget daz du werst nackent: Außer221 daz du hast gegessen von dem holtz von dem ich dier verbot das du nicht essest? Die Frage ist nicht rheto- risch,222 sie markiert vielmehr als erstes die Rechtsfigur ‘rechtliches Gehör’, mit der der Befragte als rechtsfähiger223 Träger von Rechten und Pflichten224 darstellt wird. Die Frage hat zweitens auch den Be- weis zu erbringen, dass ein Rechtsungehorsam stattgefunden hat. Adam redet sich heraus und macht seine gesellin225 für den Bruch der Rechtsnorm verantwortlich. Damit erhält das weib die vierte Be- 1935), Sp. 414-418. Der Beginn des Glaubens wird nicht dargestellt. Hinweise auf die todbringende Roggenmutter beginnen im 17. Jahrhundert, welche im Wörterbuch der deutschen Volkskunde u.a. mit der mittelalterlichen Vorstellung der Pest als ‘morbus merdianus’ im Zusammenhang gesehen wird. Mittagsgei- ster in: Wörterbuch der deutschen Volkskunde hg. von Erich, Oswald/ Beitl, Ri- chard, 3Stuttgart 1974, S. 561f. 216 Gen 3,9: Vnd der herre got riefft adam• vnd sprach zů im:... 217 DRWb, Bd. 8 (1984-1991), Sp. 270-275. Kaufmann, E: Strafprozeß I (bis zu Carolina), in: HRG, Bd. 4 (1990), Sp. 2030-2034, Sp. 2032. Selbert, W. Ladung, in: HRG, Bd. 2 (1978), Sp. 465. Kern, Fritz: Recht und Verfassung im Mittelal- ter, 2Darmstadt 1958, S. 7; S.18. Kries von, August: Der Beweis im Strafprozeß des Mittelalters, Neudruck der Ausgabe Weimar 1878, Aalen 1975, S. 55. 218 So z. B: Ps 49,6: Vnd die himel erkúndent sein gerechtikeit: wann got ist ein vrteiler. 219 So z. B: Ps 18,10: Die vorcht des herrn beleibt heylig in der werlten der werlt. 220 Gen 3,10: ... ich hört dein stim in dem paradise • vnd vorcht mir dorumb das ich nackent was: vnd verbarg mich. 221 Nuer bedeutete nur, in der die Ausnahme ‘es wäre denn’ und ‘außer’ enthalten war. Lexer, Bd. 3, Sp. 799f. 222 So Witte 1999, S 168. 223 Erler, A: Rechtlosigkeit - Rechtsmündigkeit, in: HRG, Bd. 4 (1990), Sp. 258-261. Erler zitiert den Sachsenspiegel: ”Volkomen an sîne rechte.” 224 Uhborn, M: Rechtliches Gehör, in HRG, Bd. 4 (1990), Sp. 254-258. 225 Gen 3,12: Das weip das du mir gabst z°u einer gesellin • die gab mir von den holcze: vnd ich aß. 63 zeichnung,226 die erneut Gleichartigkeit und -wertigkeit dokumentiert. Die Antwort adams aber konstruiert eine doppelte Schuldzuweisung: Gegen die gesellin und gegen Gott, der sie schuf und ihm zuführte. Dass mit dem Ruf nach adam das Paar gemeint war, wird mit der an die Frau gestellten Frage Gottes beschrieben: Worumb hastu das geton?227 Die Frage kennzeichnet also die Ehefrau als rechtsfähige Trägerin von Rechten und Pflichten. Auch sie weist die Verantwor- tung für ihren Rechtsungehorsam von sich: Der schlang betrog mich• vnd ich aß. Das Paar leugnet den Rechtsungehorsam nicht, definiert sich hier aber nicht als solches, sondern als Einzelpersonen, die ihre Verantwortung jeweils einem Dritten zuweisen: Adam behauptet ei- nem einfachen Handlungsimpuls entsprochen zu haben: sie gab mir ... vnd ich aß. Er spricht von ‘alltäglichem’. Die Frau beantwortet die Frage nach dem warum. Sie beschreibt mit der schlang betrog mich ihren Rechtsungehorsam, der darin zu erkennen ist, dass sie nicht der Rechtsnorm Gottes, sondern der des schlang gefolgt ist. Damit liefert sie den Beweis dafür, einem falschen Herrn gefolgt zu sein. In der Antwort der Ehefrau ist, anders als bei ihrem Mann, der Betrug als neue Erkenntnis einer Dimension des úbel enthalten. Dass die Übertretung des Verbots innerhalb von Rechtsvorstellungen gesehen wurde, ist aus den deutschen Laienpredigten von Berthold von Re- gensburg zu entnehmen. Ausgeführt wird Ungehorsam228 in Tatein- heit mit Diebstahl.229 Die Antworten von Mann und Frau werden mit der Rechtsfigur entreden,230 bezeichnet, im Sinn von Verteidigung.231 Die rekonstruierten Rechtsfiguren der EDB und die Ausführungen 226 Der Bedeutungshorizont von gesellin war ‘Gefährtin, Freundin, Geliebte, Ehe- frau und Standesgenossin’ Der Begriff wurde auch für Maria in Beziehung zu Gott und der Trinität verwendet: “gesellin godes oder geselline der triniteyt” Sal- zer 1967, S. 98. Lexer, Bd. 1, Sp. 908 f. DWb, Bd. 5, Sp. 4048. Die pejorative Wertungen des Wortes, die aus der Mitte des 16. Jh. belegt sind, werden durch Adjektive erreicht. 227 Gen 3,13: Vnd der herre sprach zů dem weip. 228 ”Wan dô Adam die gehôrsam gebrach und Êvâ, do sie daz obez gâzen ...” Berthold v. Regensburg: XXXII VON DES LÎBES SIECHTUOM UNDER SÊLE TÔDE, Bd. 1, S. 505-519, S. 507. 229 “daz her Adam dem almehtigen gote sînen teil ruorte wider sinen willen vnd gebot ...” Berthold v. Regensburg: VIII. VON DER ÛZSETZIKEIT, Bd. 1, S. 110-123. S. 113. 230 Weil sich aber Âdam und Êva entreden, erklärt Gott : ”owe , nu ist man unde wîp tot, sit sie die schulde ûf mich hânt geleit” Berthold v. Regensburg : XLV. VON DEN SIBEN ERZENÎEN, Bd. 2, S. 81-93, S. 81. 231 ‘Verteidigen, entschuldigen, gleichsam weg, los reden, sich von einer Anklage durch Beweis vor Gericht freimachen’. Lexer, Bd. 1, Sp. 578. DRWb, Bd. 2 (1935), Sp. 1583. 64 der Predigten lassen es zu, das Rechtsinstitut Prozess zugrunde zu legen. Daher können die folgenden Verse als Urteile232 für schlang, weib und adam aufgefasst werden. Dafür spricht auch die Bezeich- nung vrteiler233 für Gott, der in der EDB als Herrscher auch als ‘selbst urteilender Richter’234 dargestellt wird, der die mittelalterlichen deut- schrechtlichen Rechtshandlungen ‘Finden und Verkünden des Ur- teils’235 vereint. Die Urteile über schlang, weib und adam werden mit dem Blick auf deutschrechtliche Rechtsvorstellungen analysiert. Das erste Urteil wird über den schlang gesprochen. Da diesem keine Frage gestellt worden ist, wird er rechtlich anders eingestuft als Mann und Frau. Sein Urteil weist ihn als von Gott Beherrschtem aus. Es lautet: Das du hast getan dis ding• du bist verflůcht vnder allen seligen dingen• vnd vnter den tier der erd. Der Rückbezug du hast getan dis ding erklärt das Handeln des schlangs als ‘Vertrag’ zwi- schen ihm und dem weib, der anstelle der von Gott erlassenen Rechtsordnung geschlossen wurde. Damit wird zugleich der betrüge- rische Herrschaftswillen manifestiert. Dis ding wird zum Auslöser für den Fluch Gottes über ihn. Der Fluch ist in der EDB eine Rechts- handlung im Namen Gottes236 mit der die Verfluchten aus der menschlichen Gemeinschaft verstoßen werden. Da Verfluchte auch als triegliche237 im Sinne von Betrügern bezeichnet werden, gilt dies auch für den schlang. Der Fluch Gottes ist folglich ein Rechtsakt, den die Adressaten der EDB kannten.238 Der schlang wird aus zwei Be- reichen verstoßen, die anhand von vnd dargelegt werden: Er wird von allen Tieren geschieden, ebenso aus allen seligen dingen. Diese 232 Die folgenden Verse werden von traditionellen theologischen Forschungen als “Strafsprüche” bezeichnet, während Schüngel-Straumann darauf aufmerksam macht, diesen Terminus zu meiden. Schüngel-Straumann 1989, S. 127. 233 So z. B.: Ps 7,12: Got der ist ein gerechter vrteyler ... Ps 74,8: wann got ist ein vrteyler. Jes 33,22: Wann der herr ist vnser vteiler • der herr ist vnser eetrager •der herr ist vnser kúnig• erselb kumpt vnd macht vns behalten. 234 Schröder 1907, S. 45, 177, 270, 561, 565. 235 Schröder 1907, S. 171f, 177-180, 472, 476, 485, 577f. Kaufmann, K.: Urteil, in: HRG, Bd. 5 (1998), Sp. 604-617, Sp. 607. 236 Wsh 5,18: Vnd sein lieb entpfecht das geweffen: vnd weffent die geschöffte zů der rache der feinde. 237 Ps 108,2: Wann der mund des súnders vnd der munde des trieglichen ist auff- getan wider mich. 238 Daxelmüller, Christian: Fluch, in LexMA, Bd. 4 (1989), Sp. 596f. Beth, K.: Fluch, in: HWDA, Bd. 1 (1929/ 30), Sp. 1636-1652, 1637f. Fehr, H: Die gerechte Ver- geltung im Diesseits und Jenseits, in: Wirtschaft und Kultur,(= Festschrift zum 70. Geburtstag von A. Dopsch) Baden/ Leipzig 1938, S. 595. Speyer, W: Fluch, in: RCA, Bd. 8 (1972), Sp 1160-1288. Sp. 1212. 65 Formulierung kann sich nicht auf die Menschen beziehen, offen bleibt, ob der Sinn von ‘selig machenden Verträgen’ verstanden wer- den konnte. Der Ausschluss mittels Fluch konnte als Rechtsinstitut Acht239 angesehen werden, womit der Geächtete als recht-, fried- und ehrloser Feind 240 markiert wurde. Ihm wird weiter auferlegt: du [gehst]241 auf diner brust, womit sein Leib in den Blick kommt. Wel- che Vorstellungen mit dieser Formulierung verbunden worden sind, kann anhand überlieferter Bilder entwickelt werden. Die Bernward- stür in Hildesheim, - 1. Drittel des 11. Jahrhunderts242 - gestaltet den schlang als Drachen,243 der sich auf dem Boden windet. Das Gene- sismosaik im Markusdom in Venedig - 13. Jahrhundert - stellt in zwei Abbildungen eine Schlange dar. Die erste zeigt das ‘Gespräch’ mit der Frau. Dort ‘steht’ die Schlange in einem Baum und spricht mit ihr in ihrer Augenhöhe. In der ‘Urteilssituation’ aber gleitet sie vom Baum244 und ‘geht’ daher auf ihrer Brust. Die Bernwardstür zeigt Schmerzen, das Genesismosaik schließt die Möglichkeit des Ste- hens auf menschlicher Augenhöhe aus. Beide Darstellungen berech- tigten dazu, das Rechtsinstitut der Leibstrafe245 anzunehmen. Nach der Leibstrafe wird der schlang zum Mann adam in ein Verhältnis ge- setzt: vnd issest die erde alle die tage dines lebens. Das bedeutet zunächst, dass er Zeit seines Lebens die Substanz essen muss, aus der adam erschaffen wurde. Damit wird eine Nahrungsstrafe ver- hängt, die ihn von der Nahrung aller Geschöpfe ausschließt. Die 239 DRWb, Bd. 1 (1914), Sp. 361-381, Sp. 366. Binding, G.: Acht, in: LexMA, Bd. 1 (1980), Sp. 79-81. 240 Erler, A: Rechtlosigkeit -Rechtsmündigkeit, in: HRG, Bd. 4 (1990), Sp. 258-261. Erler definiert die Rechtlosigkeit kreuze sich mit der Ehrlosigkeit. Schröder, 1907, S.476, 777. Mitteis/ Lieberich 1966, S. 25f. 241 In der EDB ‘geist‘. 242 Sommer, Johannes, (Hg.): St. Michael zu Hildesheim, Königsstein im Taunus 1978, S. 21. 243 Ps 90,13: ..: vnd du entsampts trittest den lewen vnd den tracken. Letzterer verfällt immer der Vernichtung: Ps 73,13-14: ... du hast verwúst die haupt der tracken in den wassern. Du hast zerbrochen die haupte des tracken. Im Neuen Testament streitet der Drache als Teufel gegen die Engel: Off 12,7: Michiael vnd ein engel striten mit dem tracken: vnd der track streit vnd sein engel | vnd sy enmochten nit: ir stat wart nit funden von des hin in himel. Vnd der michel track • der alt slang • der do ist geheissen teúfel vnd sathanas • der do verleyt allen den vnmbring der ist ausgeworffen • vnd wart geworffen an die erd. In der Ikonographie des Mittelalters ist auf biblischen Aussagen beruhend der Drache das Sinnbild des Teufels. Lucchesi Palli, Elisabeth: Drache in: LCI, Bd. 1, Sp. 516-524. Lurker 1991, S. 149. 244 Loose 1986, S.40, 47. 245 Mitteis/ Lieberich 1966, S.70. Schild 1985, S. 208. Erler, A.: Leibstrafe, in: HRG, Bd. 2 (1978), Sp. 1778-1789, Sp. 1786f. 66 Strafe konnte möglicherweise zur der Acht zugehörig verstanden werden, da Geächtete nicht gespeist werden durften.246 Mit alle die tage dines lebens wird ferner zum ersten Mal in den Schöpfungsbe- richten die Begrenzung eines Lebens ausgesprochen, also Sterblich- keit als Strafe verhängt. Der schlang wird auch mit dem weib und ih- ren Nachkommen in Verbindung gebracht: Ich setze veintschaft zwi- sten dir vnd dem weib: vnd dinem samen vnd ierem samen. Mit sa- men werden in der EDB247 die Nachkommen definiert, womit die in- tergenerative Weitergabe des Lebens, also die Vermehrung gemäß Genesis 1 beschrieben wird. Veintschaft kennzeichnete hasserfüllte Feindschaft,248 mit der das Rechtsverhältnis Fehde249 entfaltet wird. Dieses Rechtsverhältnis hat auch Konturen der Acht, die zur Verfol- gung des ‘Feindes’ berechtigte.250 Die veintschaft wird so lange gel- ten, bis sie durch den Tod des schlang beendet wird. Seinen Tod aber wird das weib251 herbeiführen: Sy selb zerknitst dein houbt: vnd du wirst [auflauern]252 ir versen. Die EDB weist die Rechtshandlung der Todesstrafe der Ehefrau zu.253 Sie wird in der Zukunft also auch als hilffen Gottes ausgewiesen. Als solche hilft sie mit der Hinrich- tung des schlangs ihren Nachkommen und ihrem Mann. Die drasti- sche Form der Hinrichtungsart ist aus der zeitgenössischen Rechtspraxis nicht überliefert.254 Sie ist aber auf Abbildungen bis ins 246 Binding, in: LexMA, Bd. 1 (1980), Sp. 79-81. 247 So z. B: Gen 12,7: Vnd der herre erschin abram vnd sprach zu im: Dis land gib ich deinem samen. ”SAME, m;.. in der Bibelsprache bezeichnet same die ge- samtheit der nachkommen jemands; nachkommenschaft, geschlecht:” DWb, Bd. 14, Sp. 1728-1732, Sp. 1730. 248 DWb, Bd. 3, Sp. 1457-1459, Sp. 1462. 249 DRWb, Bd. 2 (1935), Sp. 465f. Binding: Acht in: LexMA, Bd. 1 (1980), Sp. 79- 81. 250 Schröder 1907, S.76-84. Kaufmann, K.: Strafe, Strafrecht, in: HRG, Bd. 4 (1990), Sp. 2011-2029, Sp. 2012-2014. 251 In der WENZELSBIBEL wird bei der Verfluchung der natter ebenfalls prophezeit, dass das weib ihren Kopf zertreten werde: ”Sie wirt czuknüllen dein houbt.” Vulgata: “ipsa conteret caput tuum ...” . 252 Lexer, Bd. 1, Sp. 1814. 253 In der Ausgabe der Vulgata und ihrer deutsche Übersetzung von 1910 wird die Stelle als Protoevangelium in den Anmerkungen 23 u. 24 gedeutet. ipsa/ sie. So schrieb auch Hieronymus. Übrigens ändert dies im Sinne nichts, da Maria stets in den Hinweis der Menschwerdung eingeschlossen ist. Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments. Mit dem Urtexte der Vulgata. Übersetzt und mit erklärenden Anmerkungen versehen von Arendt, Augustin S. J., Mit Approbati- on des Heiligen Apostolischen Stuhls, 3 Bd., Regensburg/ Rom/ New York & Cincinnati 1910, 1. Bd., S. 14f. 254 Schild 1985, S. 92-101. 67 17. Jahrhundert zu sehen, allerdings wird der Wortlaut von Genesis 3 nun allein auf die jungfräuliche Gottesmutter Maria255 und die Märty- rerin Margareta projiziert,256 die auf dem Kopf einer Schlange ste- hend darstellt werden. Die Entscheidungen Gottes über den schlang stellen ein Strafur- teil257 dar, das unter dem Primat des Fluchs steht. Folglich wird die Wiederaufnahme in die Rechtsordnung Gottes ausgeschlossen. Sein Tod aber wird von der Ehefrau vollzogen werden. Anders als beim schlang wird das Urteil über das weip nicht mit der Benennung ihres Vergehens eingeleitet. Es ist davon auszuge- hen, dass zwischen Genesis 3,14 und 3,16 eine Ellipse besteht, da für beide das falsche ding gilt. Ihr Urteil enthält keinen Fluch, doch werden ihr vier Konsequenzen zugeteilt: Vermehrte iamerigkeit und Schwangerschaften, Geburtsschmerzen und ihre Subordination in der Ehe. H. Schüngel-Straumann legt für den hebräischen Text dar, dass sie sich nicht ergänzen, “sondern eigentümlich auseinander- driften”.258 In der EDB werden iamerigkeit259 mit entpfohunge durch vnd verbunden, die manigueltig werden. In den Überlieferungen Z- Oa steht manigfaltig. Dargelegt wird also eine Steigerung.260 Iame- rigkeit als ‘Betrübnis, Wehklage, Elend und Not’261 definiert, be- schreibt einen Zustand, der nicht neu gesetzt, sondern durch Ver- mehrung verstärkt wird. Er kann auf den Rechtsungehorsam zurück- geführt werden, der aus dem erkannten Betrug resultiert. Iamerig- 255 Seipert, J: Art. Judith, in: LCI, Bd. 2, Sp. 454-458, 456. “In einem Fresko um 1350 im Kreuzgang des Emausklosters. in Prag ist den Rettern Israel ... die Retterin der Welt zur Seite gestellt: Maria, die der Schlange den Kopf zertritt. Appuhn, Horst (Hg.): Heilsspiegel. Die Bilder des mittelalterlichen Erbauungs- buches: >Speculum humanae salvationis<, Dortmund 1981, S. 62. Spangen- berg, Peter-Michael: Maria ist immer und überall. Die Alltagswelten des spät- mittelalterlichen Mirakels, Frankfurt am Main 1987, S. 138f. Siehe auch „Das apokalyptische Weib“, Gemälde von Peter Paul Rubens, inakothek München. 256 Keller 1968, S. 348. Schaube, Vera/ Schindler, Hanns Michael: Bildlexikon der Heiligen, Seligen und Namenspatrone, München 1999, S.443. 257 Kaufmann, K.: Urteil, in: HRG, Bd. 5 (1998), Sp. 604-617. 258 Schüngel-Straumann 1989, S. 131. Sie übersetzt: “Zahlreich, ja zahlreich will ich machen deine Mühen.” Der hebräische Text spreche nicht von Schmerzen, sondern von Arbeit und Anstrengung. Auch Schüngel-Straumann in: Schott- roff/Wacker, (Hg.) 1998, S. 5. 259 WB:: “Meren wil ich dein vngemach”. Hier im Sinn von ‘Unruhe, Jammergebär- de, Klage, Leid’ ,Lexer, Bd. 2, Sp. 1847. 260 Lexer, Bd. 1, Sp. 2028. 261 Lexer, Bd. 1, Sp. 1469. 68 keit262 hat eine Nähe zur Traurigkeit, die in der höfischen Literatur263 Frauen zugeschrieben wird. Die zweite Anordnung betrifft die emp- fängnisse,264 im Sinn von Schwangerschaften, die ebenfalls nicht eingeführt, sondern vermehrt werden. Aus der Einheit von Genesis 1 und 2 kann der Rückbezug auf den Vermehrungssegen265 zugrunde gelegt werden. Neu hinzukommen Geburtsschmerzen beim Gebä- ren.266 Die vierte Bestimmung stellt das weib zu adam in ein neues Verhältnis: vnd du wirst vnder dem gewalt dez manes: vnd er selb wirt din herschen. Im Urteil kann man Züge der Rechtsfigur minne und recht erken- nen, die bereits im Sachsenspiegel vorhanden sind.267 Hattenhauer konstatiert, mit ihr habe die „Individualität” des Verhandelten berück- sichtigt werden können.268 Krause definiert, die Rechtsformel habe zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens gedient, sie charakterisie- re die „Zweigleisigkeit des Rechtslebens.” Die Brandbreite des ersten Glieds der Paarformel wird als „Hulde, Gunst, Liebe” definiert, wäh- rend das zweite Glied dem unabänderbaren Recht folge.269 Das er- ste Glied ist in der EDB mit Gnade zu fassen, das zweite durch die Rechtsnormen der Gebote. Die Urteilsschritte des weibes lassen zu, das Prinzip minne zugrunde zu legen. Dieser Rechtsaspekt konstru- iert die Konsequenzen der Urteilsschritte dann nicht als Strafen, vielmehr lassen sie sich mit dem Rechtswort Buße fassen. Als Be- gründung für dieses Rechtswort ist anzuführen, dass Kaufmann ihm die Grundbedeutung “Ausgleich” im Sinne von „Schadensersatz” zu- schreibt, mit dessen Leistung der “Königsfriede”270 wieder hergestellt 262 Ob der Terminus auch die “Melancholie, die mit entsetzlicher Traurigkeit ein- hergeht” meint, bleibt offen.So Schneider in: Moor, von 2001, S. 158. 263 Brinker-von der Heyde 1996, S. 87. 264 In der EDB ‘entpfohunge’ im Sinne von ‘ein Kind empfangen’. Lexer, Bd. 1, Sp. 562. WB: Meren wil ich ... vnd deine enpfenknusse•. 265 Luzia Sutter Rehmann nennt Gebären “die Kooperation zwischen Gott und Frauen.” Sutter Rehmann, Luzia: Geburt/ Natalität, Biblisch, in: WFTh 2002, S.195f. 266 “vnd du gebierst dein sún in schmerzen”. Hier wird also nur das Gebären von Söhnen unter Schmerzen stattfinden. 267 Hattenhauer, Hans: “Minne und recht” als Ordnungsprinzipien des mittelalterli- chen Rechts, in: ZRG-GA, Bd. 80 (1963), S. 325-344, S. 330, 334. 268 Hattenhauer in : ZRG-GA, Bd. 80 (1963), S. 341. 269 Krause, H: Minne und Recht, in HRG, Bd. 3 (1984), Sp. 582-588. 270 Kaufmann, E: Buße, in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 575-572. Kaufmann betont im Spätmittelalter sei der pönale Charakter in den Vordergrund gerückt und der Gesichtspunkt des Schadenersatzes sei zurückgetreten. 69 worden sei. Die vier Bußen sind als Pflichtleistungen für Gott gestal- tet, zu denen auch die dem weib auferlegte Herrschaft des Ehe- manns gehört. Erst diese geleistete Buße ermöglicht die männliche Herrschaft. Meine Interpretation wird durch Belege aus den deut- schen Laienpredigten Regensburgs untermauert: Es wird der Eigen- wille der Menschen271 betont, der genutzt werden muss, um Gott ge- horsam zu sein.272 Das Urteil der Ehefrau negiert nicht ihre Werkord- nung hilffen, denn deren Rücknahme wird nicht formuliert. Der Rechtsungehorsam adams besteht darin, dass er dem Willen seines weibes273 entsprochen hat. Die Formulierung die erd ist ver- flůcht in dinem werk274 definiert, dass Gott das Ausgangsmaterial seines Leibes und das (künftige) Handlungsfeld erde275 mit einem Fluch belegt. Sein worschten wird erschwert, er wird in dem schweis sein Brot erarbeiten.276 Der Mann wird mit seinem zukünftigen leibli- chen Tod bestraft werden, dann wird sein Leib zu gestupp,277 also zu Staub werden. Diese Metapher inszeniert zwar Nichtigkeit,278 zu- gleich aber auch den Zustand der Erde, die diese vor der Erschaf- fung des Wassers hatte. Der Tod ist die Strafe, die aus der Rechts- norm Verbot resultiert, mit der Leib und Leben beendet werden. Die Seele (Genesis 2,7) wird nicht erwähnt. Das Urteil adams vor dem Hintergrund der Rechtsformel minne und recht betrachtet, zeigt beide Aspekte. Minne kommt als Buße mit der Erschwernis seiner Nah- rungsgewinnung und darin zum Ausdruck, dass die erde und nicht er verflucht wird. Der über adam verhängte Tod erfolgt nach recht, gleichwohl kommt auch hier der Aspekt minne zum Tragen, da der Tod ihm nur angekündigt und nicht vollstreckt wird. 271 “Man bindet ein mensche wol swie man wil, aber sînen willen kan man niht ge- binden noch betwingen ... daz stet an dir, got hât ez dîner frîen willkür bevoh- len” Berthold v. Regensburg: IV. VON DEN SIBEN PLANETEN, Bd. 1, S. 48-64, S. 50. 272 “daz tuon daz got geboten hat” Berthold v. Regensburg: LXV. WIE MAN GOTE LEIT UND ALLERLEIDES TOUT, Bd. 2, S. 251-257, S. 251. 273 Gen 3,17: Wann zů adam sprach er. Daz du hast gehört die stim dines weibs. vnd hast gegessen von dem holtz von dem ich dir verbot daz du nicht enesset•. 274 Gen 3,17: die erd ist verflůcht in dinem werk. Du issest von ir in arbeit: •alle tag deines lebens. Sie gebirt dir dorn vnd tisteln• vnd du isset die kreuter der erde. 275 Gemeint ist wohl ‘bebautes und bewohntes Land’, Lexer, Bd. 1, Sp. 621. 276 Die Feldwirtschaft ist EDB allein auf den Mann konzentriert. 277 Gen 3,19: Vntz das du wider kerst zů der erde von der du bist entpfangen: wan du bist ein gestupp • vnd wirst wider kert in gestupp. 278 Lexer, Bd. 1, Sp. 935. 70 Die Urteile von Frau und Mann sind geschlechtsspezifisch und konstituieren ihre Werkordnungen neu Sie sind trotz ihrer Ausge- staltung nach minne und recht nicht mit dem Rechtsinstitut entschi- dunge/entschait zu interpretieren, denn sie werden nicht als Ergebnis eines Ausgleichs der Parteien dargelegt,279 sondern beruhen auf der Gnade und dem gesetzten Recht Gottes. Während die paradiesi- schen Werkordnungen frei von Mühe, also wollust,- waren, ist dieser Aspekt aufgehoben worden. Die neu verfassten Werkordnungen ha- ben zur Folge, dass Mann und Frau in der Ordnung des Paares in einer neuen Form wechselseitig miteinander verbunden werden. Es ist ein Diagonalkreuz der Werkordnungen zu konstruieren, welches sich aus der Aufteilung von göttlichen Kompetenzen und den verord- neten menschlichen Bußen entsteht. Aus der Buße Subordination des weibes erwachsen Konsequenzen für den Ehemann: Sie wird ihm unterstellt, damit wird ihm ein Anteil am göttlichen Tätigkeitsfeld, der Herrschaft über Menschen, übertragen. Das göttliche Schaffen von Leben als Bestandteil der Werkordnung hilffen kompensiert den Tod adams, denn seine Sterblichkeit wird durch ihr zahlreiches Ge- bären ausgeglichen. Auf diese Weise ist den beiden Geschlechtern je ein göttliches Handlungsfeld zugeteilt: Herrschaft dem Ehemann, die durch seinen Tod eingeschränkt wird, und hilffen in Form von vielen Geburten, die die Schöpfungskraft der Frau verstärken, die durch ihr Beherrschtsein begrenzt wird. Durch die Überkreuzung von göttlichen Fähigkeiten und menschlichen Bußen wird aus der Zuge- sellung der Geschöpfe unterschiedlichen Geschlechts eine unauflös- bare Abhängigkeit. Sie verbindet beide Geschlechter miteinander und verweist sie aufeinander.280 Die aufeinander bezogenen Abhän- gigkeiten sind als Diagonalkreuz (Andreaskreuz) gestaltet, im Mittel- punkt der Verbindungslinien steht Gott. 279 DRWb, Bd. 2 (1932), Sp. 1593f. Kroeschell 1981, Bd. 2 (1250-1650), S. 32-34. 280 Wunder 1992, S. 265. Göttliche Herrschaftsordnung Eheherrschaft hilffen Gebären Sterben Unterordnung 71 Die Gleichwertigkeit und -artigkeit der Geschlechter bleibt auch in der neuen Ordnung des Paares als Geschlechterordnung erhalten. Mit ihr wird die zukünftige Ordnung für die Welt konstituiert. Der Wechsel zur neuen Paarordnung wird auf dem Genesismosaik im Markus- dom, auf den Motiven Verbergen, Gehör und Urteile281 dargestellt, indem die Frau nun an der linken Seite Adams abgebildet wird. Der Positionswechsel von der rechten zur linken Seite Adams beginnt mit dem Verbergen, also in dem Moment als Adam für Eva handelt.282 Auf der Abbildung des Urteils, wird der sitzende Gott in die Mitte des Bildes gerückt. Sitzen war ein Herrschaftsgestus283 und daher auch einer für Richter. Vor ihm knien Adam und weib. Auffallend ist, dass die Schlange auf der Seite Adams den Baum herab gleitet, also ihm zugeordnet wird. Die Bernwardstür in Hildesheim stellt keine Ände- rung der Position der Frau dar, denn sie wird stets an der linken Seite des Mannes Adams abgebildet. Ihre Position lässt erkennen, dass die Herrschaft in der Ehe dem Manne seit der Erschaffung der Frau eingeräumt worden ist. Das Genesismosaik belegt, dass der Text der Vulgata verbildlicht worden ist, während auf der Bernward- stür eine Auslegung gezeigt wird, die nicht den biblischen Aussagen entspricht. Nach den Urteilen erhält das weib seinen Eigennamen von adam, als Ausdruck seiner Herrschaft: Vnd adam rieff den namen sines weibs eua• Dieses Rufen hat also nicht die gleiche Dimension wie seine Benennung der Tiere, denn er benötigt hierfür nicht mehr den entsprechenden Auftrag Gottes. Ihr Name entspricht ihrer Gebär- kompetenz: darumb das sie waz ein můter aller lebendigen dinge. Welche Bedeutung die Formulierung hat, bleibt offen, muss aber mehr als das Gebären von Menschen umfassen. Mutter ist die fünfte und letzte Definition für hilffen, sie steht im Achtergewicht der vor- ausgehenden Bezeichnungen: weib, mennin, hausfrouwe und gesel- lin. 281 Loose 1986, S.43 und 44-48. 282 de Chapeaurouge 1984, S. 34 behauptet, dass auf dem Mosaik von der Frau nach christlicher Wertung die ”schlechtere Stelle” zugeteilt werde, “wie sie der Eva im Verhältnis zu Adam zukomme”. Seine Wertung berücksichtigt aber nicht die Motive der Zusammenführung von Frau und Mann, das Gespräch mit der Schlange und die Übergabe der Frucht, die alle die Frau an der rechten Seite des Mannes abbilden. 283 de Chapeaurouge 1984, S. 38-40. Erler, Albert: Sitzen, in: HRG, Bd. 4 (1990), Sp. 1679-1682, Sp. 1679. Goetz, Hans- Werner: Der ‘rechte’ Sitz, Die Symbolik von Rang und Herrschaft im Hohen Mittelalter, im Spiegel der Sitzordnung, in: Blaschitz 1992, S. 11-47, S. 15. 72 Nach der Namensgebung der Frau wird berichtet, dass Gott das Paar mit röck aus Fell284 kleidet.285 Das machen286 kennzeichnet ihn als Schöpfer der Kleidung. Fink hat dargelegt, dass die Übergabe und das Anlegen von Kleidung im Mittelalter religiöse, magische und rechtliche Sinnebenen gehabt habe. Symbolisch habe die Einklei- dung für die Geburt eines ‘neuen Menschen’ gestanden, in Form ei- nes Initiationsritus, der aber nicht auf Genesis 3,21, sondern auf Ge- nesis 35,2287 zurückgeführt wird. Ihre rechtlichen Wirkungen habe sie bei Übergabe von Grundeigentum gehabt, mit der die materielle Seite sinnfällig dokumentiert worden sei. Der Stand des Trägers ha- be im überreichten Gewand seinen Ausdruck gehabt, der Unfreie habe ein kurzes, der Vornehme und Freie ein langes erhalten.288 Diese Form der Einkleidung war eine rechtswirksame Investitur,289 die des Ehepaares in Genesis 3 der EDB kann als Doppelcharakter von neuer Initiation und Investitur charakterisiert werden. Letztere interpretiere ich parallel zu Genesis 1 als neue Einsetzung in das Rechtsinstitut Lehen. Seine Einkleidung ist dann das Zeichen des neuen Treuebundes zwischen Gott und Paar. Der neue Treuebund ist aus den Zusicherungen und Verheißungen290 Gottes abzulesen, der auch in menschlichen Segensbitten präsent wird.291 Die Einklei- dung hat zugleich die Folge, dass Kleidung obligatorisch wird. Mit ihr wird die Differenz zwischen den Geschlechtern hervorgehoben, zu- gleich müssen Mann und Frau sich nicht mehr voreinander schämen. 284 Lexer, Bd. 3, Sp. 52f. 285 Gen 3,21: Vnd der herre got macht adam vnd seiner hausfrouwen vellin röck vnd vast sie. 286 Eine Korrespondenz von ‘vellin röck’ zur Kleidung Johannes des Täufers ist festzustellen. Mt 3,4: Wann er selb johannes hett ein gewand von dem har der kemelein: vnd ein fellin gurtel umb sein lancken. Fellkleidung in: Mohr 1971, S. 103. 287 Gen 35,2: Werffent hin die fremden götter die do sint in mitz euwer• vnd werdet gereinigt Vnd verwandelt euwer gewande. 288 Fink, A: Kleidung, in: HRG, Bd. 2 (1978), Sp. 860-864. 289 DRWb, Bd. 3 (1935), Sp. 590f. 290 So z. B.: Gen 12,1-3: Wan der herre sprach zů abram•...• vnd ich mache dich in ein michel volck • vnd gesegnet dier, vnd ich michel dinen namen vnd du wirst geseget. Vnd gesegnet dir die dir segent •...• vnd alle geschlecht der erde wer- dent gesegnet in dier; Ps 66,8: Gott vnser gott der gesegnet vns| gott gesegne uns: ... 291 So z. B: Ps 67,9: O herr mach behalten dein volck vnd gesegen dein erb. Ps 66,1: Gott erbarm dich vnser vnd gesegen vns: ... 73 Geschlechtsspezifische Kleidung wird auch als Gebot festgelegt.292 Die überlieferten Bildzeugnisse geben anhand des Motivs Einklei- dung und den Darstellungen des Paares außerhalb des Paradieses Auskunft über Vorstellungen des Rechtsstatus des Paares. Das Ge- nesismosaik zeigt für beide Geschlechter lange Gewänder, Adam trägt bereits das seine, Eva zieht das ihre an.293 Die Kleidung weist sie als vornehm und frei aus. In Genesis 3 stellt Gott fest, dass adam über das Wissen von gut vnd vbel,294 verfüge, die Frau muss nicht erwähnt werden, denn ihre Kenntnis hat sie dem Wissen über den Betrug des schlang doku- mentiert. Gott verknüpft mit dem Wissen adams die Befürchtung,295 dieser könnte das ihm auferlegte Sterben mit Essen vom holtz des lebens unterlaufen. Dies wird durch die Vertreibung aus dem Para- dies unterbunden: Der herre got ließ in aus von dem paradise der wollust und verstärkend wird wiederholt: Vnd warff aus adam. Das ‚Hinauswerfen’296 inszeniert die Wirkung des Rechtsaktes eines ‘Stadtverweises’.297 Die Interpretation beruht auf Darstellungen von zeitgenössischen Bildwerken, die das Paradies mit einer Mauer mit Toren darstellen. Außerhalb des Paradieses hat adam seine er- schwerte Werkordnung auszuüben: das er worscht die erde von der er was enpfangen. Die Formulierung rückt die erde wieder in den Blick, denn adam wird zurückversetzt an seinen Erschaffungsort. Um die Verweisung adams endgültig und unumkehrbar zu machen, trifft Gott Vorkehrungen. Er setzt vor das paradis der wollust ein cherubin• vnd ein fewin waffen vnd ein wandelbers.298 Das vnd reiht hier also drei ‘Wächter’, wobei Waffen wohl die Bedeutung von ‘Schwert’299 292 Deut 22,5: Das weip werd nit gevast mit menlichem gewande: noch der man nútz weiplich gewand. Wann der ditz thůt der ist verbennlich bey dem herren. 293 Loose 1986, S.49. 294 Gen 3,22: secht adam ist gemacht als einer von vns wissent das gut vnd vbel. 295 Gen 3,23: Darumb nu secht daz er villicht icht lege sein hande • vnd nem och vom dem holtz des lebens •und esse: vnd lebe ewiglichen. Der herre got ließ in aus das paradise der wollust. 296 ‘vertreiben, ausweisen’: Lexer, Bd. 3, Sp. 777-779, S. 778. DWb, Bd.1, Sp. 901- 903. 297 Schröder 1907, S. 779. Schild 1985, S.208; 210. Siehe Zitat nach Kroeschell 1981, Bd. 2 (1250-1650), S. 66: “Zürcher Stadtbuch (1314):Hier umb ist im ge- botten, daz inwendig einer mile nimer kome zů der stat; ...” 298 Gen 3,24: Vnd warff auss adam •.und satzt fúr das paradise der wolust ein che- rubin. WB: ...den engel cherubin vnd ein fewin swert vnd ein reutling des wegs. ”Reutling” kleiner Speer, (Lexer, Bd. 2, Sp. 471). 299 Die weitergehende war allgemein ‘Bewaffnung’. Lexer, Bd. 3, Sp. 629. 74 hatte und wandelber auf Bewegung300 hinweist. Eindeutig ist das Schwert feurig, aber aus der Reihung kann geschlossen werden, dass auch dieses für wandelbers zutrifft, womit die Funktion einer ‘nacheilenden Feuerwaffe’ dargestellt worden sein könnte. Gemein- sam mit dem cherubin sind die Waffen vor dem paradies der wollust plaziert, um den Baum des Lebens 301 zu schützen.302 Für die Adres- saten der EDB ging mit dem Hinauswerfen adams einher, dass Eva303 mit ihm das Paradies verläßt, zumal sie nun drei Gründe ver- pflichten mitzugehen: Sie muss adam folgen, denn sie istan ihn ge- bunden. Erstens durch ihre Werkordnung hilffen, zweitens durch den durch ding definierten Ehevertrag, der sie verpflichtet gemäß der zeitgenössischen Rechtsvorstellung, sich dort aufzuhalten, wo ihr Ehemann sich befindet,304 drittens wegen der ihr auferlegten Buße, sich unter die Herrschaft ihres Mannes zu begeben. Eva ist also die ‘Mitgehende’, das Verlassen des Paradieses hat auch ihre eigene Sterblichkeit zur Konsequenz, sie muss daher nicht dargestellt wer- den.305 Meine Interpretation des ‘Mitgehens’ stütze ich auf die Dar- stellung des Vertreibungsmotivs des Genesismosaiks.306 Die Aus- weisung Adams nimmt gemäß des Bibeltextes Gott vor, der mit bei- den Händen die Schultern Adams berührt, was die Geste ‚Heraus- werfen’ dokumentiert. Die Pforte des Paradieses wird mit einem überdachten Torbogen dargestellt. Eva ist Adam vorausgegangen, sie wird also nicht von Gott berührt, folglich nicht ausgewiesen. Das Paar ist mit Hacke und Spinnrocken ausgestattet. Das Mosaik zeigt anstelle eines Wächterengels ein Feuerrad vor dem Lebensbaum, 300 ‘gehend und wandeln, aber auch ‘Wandel in sich tragend oder vollbringen, ver- änderlich, schadhaft’, Lexer, Bd. 3, Sp. 671. 301 Gen. 3,24: zu behieten den weck des holtzes des lebens. 302 Die Vorstellung von zwei Waffen ist aus der bildlichen Darstellung der Pan- theon-Bibel aus dem 1. Drittel des 12. Jahrhunderts zu entnehmen: Der Cheru- bin ist in einem Torbogen plaziert, trägt in der rechten Hand ein rotes also ein feuriges Schwert. Der gelbe Hintergrund des Torbogens ist mit roten Diagonal- kreuzen überzogen in denen sich blaue Punkte befinden. Die Abbildung kann als Feuer gewertet werden. 303 Dalarun behauptet die Vertreibung Evas: “In dem Moment, als sie (Eva) aus dem Garten Eden verbannt wird ... Dalarun, in: Duby/ Perrot 1993, S. 33, mit Anm. 7: “Gen 3,16-20”. 304 2.1. Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 61, Anm. 211. 305 In der EDB ist Adam ein Eigenname, im Gegensatz zum hebräischen Text. Siehe Schüngel-Straumann: ”Wäre adam nicht jeder Mensch, Mann und Frau, wäre die Frau unsterblich, ein absurder Gedanke” Schüngel-Straumann, in: KfemB, S. 3. 306 Loose 1986, S. 38f. 75 also eine sich bewegende Feuerwaffe. Auf der Bernwardstür in Hil- desheim wird keine Ankleidung dargestellt, infolgedessen verlässt das nackte Paar das Paradies.307 Seine Vertreibung wird nicht von Gott, sondern von einem Engel vorgenommen, der hinter Adam steht. Auch auf dieser Abbildung geht die Frau Adam voraus und wird nicht berührt. Die Szene wird auch in der WENZELSBIBEL abge- bildet, allerdings wird das Paar nackt gezeigt, obwohl im Textteil die Einkleidung308 beschrieben ist. Die Vertreibung wird ebenfalls von ei- nem Engel vollzogen, dessen linke Hand auf der Schulter Adams liegt. Adam wird mit einem Trauergestus - rechte Hand an rechter Wange309 - dargestellt. Der Gestus zeigt Nähe zu der in der EDB der Frau zugemessenen iamerigkeit, die aber dem Mann zugeteilt ist. Die Frau bleibt vom Engel unberührt, ihre rechte Hand liegt auf ihrer Brust, die Geste symbolisierte Kindschaft,310 also Gebären. Die drei Bespiele belegen, dass die Frau nicht ausgewiesen, sondern als ‘Mitgehende’ präsentiert wird, indem sie als ‘Vorausgehende’ gezeigt wird. Diese Darstellungen könnten auf den Sinn ‘Vorhut’ hinweisen, womit sie dann als hilffen dargestellt worden wäre. Die Ikonographie ist bisher noch nicht unter diesem Aspekt untersucht worden. Die Absicht, die mit der Nacktheit des Paares im Widerspruch zum Bi- beltext verfolgt worden ist, ist ebenfalls ein Desiderat. Die Anwesen- heit der Frau außerhalb des Paradieses, gemäß Genesis 4,1 war für die Adressaten der EDB folgerichtig dargestellt, weil aufgrund der Ehe die Ehefrau ihrem Mann an jeden Ort nachzufolgen hatte. Der Schlussvers von Genesis 3 hat eine Korrespondenz zu Genesis 1,29, denn das Paar wird wieder auf der erde positioniert. Die Folge der Positionierung ist, dass die begrenzte Lebenszeit nun auch für die Ehefrau gilt. Die Lebenszeit misst Gott zu, was in den Weis- heitsbüchern ausgesagt wird .311 307 Das Motiv ‘nacktes Paar’ ist auf zahlreichen Abbildungen des 14. bis 17. Jahr- hundert zu finden. Die Szene wird entgegen der Beschreibung in Gen 3 darge- stellt. 308 WENZELSBIBEL Gen 3,21: und got herre machte adamen • Vnd Seiner hausvro- wen aus heuten rokke vnd tat in die an. 309 Ott, Norbert H: Der Körper als konkrete Hülle des Abstrakten, in: Schreiner/ Schnitzler 1992, S.223-241, S. 224. 310 Bandmann, Günther: Brust, Brüste, in: LCI, Bd. 1, Sp. 336f. 311 Wsh 16,13: O herre du bist es du do hast gewalt des lebens vnd des tods: vnd furst zu den torn des tods vnd wider furst. Eccl 17,1-3: GOtt der beschuff den menschen von der erde: vnd macht in nach sein bilde. Vnd aber kert er in wider in sy: gab im die zahl der tage vnd das zeyt. 76 Genesis 4,1 berichtet vom Paar, ohne seine neue Paarordnung nochmals zu erwähnen. Thematisiert werden Zeugung, Empfängnis und Geburt: Wan adam der kant /beschlieff312 sein hausfrawe: sy en- pfing vnd gebar cayn sagent. Ich hab besessen einen menschen vmb gott.313 Der Dreischritt präzisiert den Vermehrungssegen (Ge- nesis 1,28) im Rahmen der geschlechterspezifischen Werkordnun- gen des Ehepaars: Die männliche ist mit den Variationen der kant bzw. beschlieff beschrieben, die beide die Bedeutung von ‘schwän- gern’314 hatten. Die weibliche Werkordnung wird mit enpfing vnd ge- bar als Weitergabe des Lebens mit zwei aktiven aufeinander bezo- genen Handlungen dargestellt, wobei die Ehefrau als hausfrawe be- zeichnet wird.315 Die Beschreibung des Koitus ist in der EDB nicht mit der verhüllenden Bezeichnung werk316 dargestellt. Die Ehefrau wird als Mutter vorgestellt. Ihre Formulierung Ich hab besessen einen menschen vmb gott, zeigt ‘in Besitz nehmen’317 an, im Sinne ‘ange- sessen und begütert’.318 Dieses wird durch umb mit Gott verbunden, Eva hat einen menschen besessen, d. h. eine Verheißung des Herrn ‘getragen’, diese Rolle wird temporär ausgewiesen, nämlich solange sie schwanger ist. Die Aussage Ich hab... vmb gott betont mit ich319 nun auch ihr Bewusstsein von ihrem Selbst, welches adam bereits in Genesis 3,10 mit ich hört zum Ausdruck gebracht hat. Adams ‘ich’ ist das Resultat auf die Gottesfrage ‘wo?’ im Zusammenhang mit sei- nem Verbergen (Genesis 3,9). Eva spricht ihr ich mit der Begründung 312 In den Überlieferungen Z-Oa: ‘beschliff’, in OOa: kannt, in P: bekannt. ‘Erkannt’ definiere den biblischen Sprachgebrauch und sei ein edler ausdruck. DWb, Bd. 3, Sp. 866-869, Sp. 866. 313 WENZELSBIBEL Gen 4,1: Adam vor war erkante • eudam sein hausvrowe • die enpfing vnd gebar cayn vnd sprach • Besessen habe ich einen menschen bei gote. 314 Lexer, Bd. 1, Sp. 218. DWb, Bd. 1, Sp. 1570f. 315 Luther: VND Adam erkandte sein Weib Heua/ Und sie ward schwanger/ vnd gebar den Kain/ Vnd sprach. Ich habe den Man des HERRN. 316 “das alte werk der ehe üben” Lind(e)ner, Mich. (1520- 1562) zitiert nach DWb, Bd. 29, Sp. 335. 317 Lexer, Bd. 1, Sp. 217. DWb Bd. 1, Sp. 1625-1628. 318 Lexer, Bd. 1, Sp. 215. DWb, Bd. 1, Sp. 1617. Schüngel-Straumann belegt am hebräischen Text, dass Gen. 4,1 die göttliche Terminologie des ‘hervorge- bracht/ erschaffen’ benutzt, wie sie in Spr 8,22 ausgeführt wird. Schüngel- Straumann 1989, S. 145f. 319 Dieses von der Frau ausgesprochene ‘ich’ fehlt in folgenden Bibel- Konkordanzen: Schierse, Franz Joseph, (Hg.): Konkordanz zur Einheitsüber- setzung, Düsseldorf 1985. Calwer Verlag, Christliches Verlagshaus GmbH: Große Konkordanz zur Lutherbibel, 2Stuttgart 1989. Huber, Franz/ Schück, Hans-Heinrich (Hg.): Zürcher Bibel-Konkordanz, Bd. 2, Zürich 1971. 77 vmb got aus. Die Aussage definiert also ihren Gehorsam als hilffen im Rahmen ihres Urteils. Ob diese Akzeptanz die Adressaten der EDB als Ausdruck von ‘Demut’320 ansahen, die als „eigenes Trai- ning”321 des Willens verstanden wurde, bleibt offen. Überlieferte Bildwerke präsentieren auch das Ehepaar Adam und Eva in seiner weltlichen Paarordnung. Es trägt geschlechtsspezifi- sche Kleider und ist mit ebensolchen Attributen ausgestattet, die ich als Symbole ihrer Werkordnungen interpretiere. Der Mann wird mit einer Hacke, der Frau wird einem Spinnrocken, einem Kind oder mit beiden Attributen gezeigt. Die Hacke symbolisierte die Landarbeit, der Spinnrocken die Wollverarbeitung. Der Kunsthistoriker Schade definiert sie als Ausdruck von Buße.322 Um zu zeitgenössischen Vor- stellungen von Ehepaar vorzudringen, vergleiche ich die Abbildung auf dem Genesismosaik und der Bernwardtür und ziehe den Früh- druck aus dem Ende des 15. Jahrhunderts mit dem Titel “Adam und Eva bei der Arbeit”323 hinzu. Auf allen drei Bildzeugnissen ist Adam mit einer Hacke dargestellt, sein Blick ist auf den Boden gerichtet. Die Berührung des Erdbodens und der Blick hatten symbolische Aussagekraft. Diese wurde im Zusammenhang seiner Erschaffung (Leben) und seines Urteils (Tod)324 zum Ausdruck gebracht. Wäh- rend das Genesismosaik Adam weiter mit seinem langen Gewand zeigt, ist er auf der Bernwardstür und dem Frühdruck mit einem kur- zen Kittel bekleidet, der ihn als Unfreien präsentiert, aber offensicht- lich nicht als Knecht darstellt, da dieser Status erst nach der Sint- flut325 eingeführt wird. Auf diesen beiden Abbildungen trägt Eva ein langes Kleid, dieses charakterisiert sie aber nicht als Freie, da ihr Stand sich aus dem ihres Mannes herleitet. 320 de Chapeaurouge 1984, S.46-50, S. 47. 321 Angenendt 2000, S. 118. 322 Schade, Herbert: Adam und Eva, in: LCI, Bd. 1, Sp, 41-70, Sp. 67. 323 Schramm, Albert: (Hg.). Der Bilderschmuck der Frühdrucke, Bd. 21, Leipzig 1938, Bernhand Richel, Reisebuch des Johannes de Montervilla: Adam und Eva bei der Arbeit, Basel um 1481, Tafel 78, Abb. 419. Wiederveröffentlicht in: Ehlert, Trude (Hg.): Haushalt und Familie in Mittelalter und früher Neuzeit, Sig- maringen 1991, S.14. 324 Chapeaurouge, Donat de,: Zur Symbolik des Erdbodens in der Kunst des Spätmittelalters, in: Münster 17, 1964, S.38-58. de Chapeaurouge 1984, S 46-50, S. 47. 325 Zwar 1990, S.9-14. 78 Auf dem Genesismosaik wird Eva auf der rechten Bildseite sitzend auf einem Möbel mit Armlehnen, aber ohne Rückenlehne326 darge- stellt. Sie hält einen Spinnrocken in ihrer rechten Hand und blickt Adam an. Der Blick verbindet die Figuren. Das Attribut der Frau, das die Wollverarbeitung symbolisiert, kann nicht nur das Zeichen ihrer Buße (Schade) sein, sondern es kann im Zusammenhang der Got- tesschöpfung vellin röck die Übernahme dieses Schöpfungswerks charakterisieren, so dass sie im Rahmen hilffen327 dargestellt wird. Dafür spricht, dass der Rocken als Zeichen des aktiven Lebens328 betrachtet wurde und als Attribut Mariens in Verkündigungsszenen329 gezeigt worden ist. Das Attribut verbindet beide Frauenfiguren. Dar- über hinaus galten Rocken und Spindel als Symbole der ‘vorbildli- chen, fleißigen Hausfrau’.330 Abbildungen, die Eva auch mit einem Kind zeigen, werden als “Ecclesia”331 oder “Vorbild der Kirche” auf der Grundlage des Bibeltextes332 bezeichnet. Leisch-Kiesel betont, dass in der bildenden Kunst Eva kein spezielles Interesse gegolten habe, prägend sei die „Antithese Eva und Maria”333 gewesen. Die Forschungsposition der Antithese334 und die des ‘Vorbildes der Kir- che’ stehen unverbunden nebeneinander. Eine Verbindung beider 326 Bogyay v., Thomas: Thron, in: LCI, Bd. 4, Sp. 304-313, Sp. 313. 327 Auch von Frauen gefertigte Teppiche, die Heide Wunders Studie im Referenz- rahmen “Memoria” als Form des Gebetsgedenken belegt hat, kann als Aus- druck von hilffen charakterisiert werden. Wunder, Heide: “Gewirkte Geschichte”: Gedenken und “Handarbeit”, Überlegungen zum Tradieren von Geschichte im Mittelalter und zu seinem Wandel am Beginn der Neuzeit, in: Hoffmann, Barba- ra u. a (Hg.): 1999, S. 289-311, S. 291. 328 Mohr 1971, S. 271. 329 Spindel und Rocken gehören seit dem 5. Jahrhundert zu den Marienattributen in Verkündigungsszenen. Im Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts werden sie durch die Betbank und das Buch ersetzt. Egbers, S.: Spindel, in: Marienlexikon, Bd. 6, (1994), S. 250f. Lurker 1991, S. 697. 330 DWb, Bd. 14, Sp. 1101-1103, Sp. 110. Jacob Grimm: Deutsche Rechtsaltertü- mer, 4. vermehrte Ausgabe, hg von Heusler, Andreas/ Hübner, Rudolf, 2 Bde., Leipzig 1922. Bd. 1, S. 171. 331 Grimm, Reinhold, R: Paradisus coelestis. Paradisus terrestris. Zur Auslegungs- geschichte des Paradieses im Abendland bis um 1200(= Medium Aevum 33) München 1977, S. 69. 332 Leisch-Kiesl, Monika: Eva in Kunst und Theologie des Frühchristentums und Mittelalter, Zur Bedeutung ‘Evas’ für die Anthropologie der Frau, Diss. am Insti- tut für Dogmatik an der Katholisch Theologischen Fakultät der Universität Salz- burg 1990, S. 168f. Leisch-Kiesl, Monika: Eva - In der Kunst, in: WFTh 2002, S.131-133, S. 132. 333 Leisch-Kiesl 1990, S.163 f. 334 Guldan, E: Eva und Maria. Eine Antithese als Bildmotiv, Graz/ Köln 1966. 79 Figuren ist auf der Bernwardtür zu erkennen. Eva und Maria werden auf dem dritten Bild der rechten und linken Tür335 präsentiert. Sie halten beide ein Kind auf dem Schoß. Eva sitzt in einer ‘Laubhütte’ auf der linken Tür, sie blickt auf das Kind, Maria befindet sich auf der rechten, ihr Sitz befindet sich unter der Arkade eines Hauses und blickt auf die drei Könige. Die Rechts-Linkspositionierung demon- striert ihren Rangunterschied innerhalb der Heilsgeschichte,336 die durch Parallelpräsentation als aufeinander bezogen abgebildet wird. Bei der Abbildung Evas sind Parallelen zum Bildtypus „thronende Gottesmutter bzw. Maria337 festzustellen. Der Frühdruck zeigt Eva auf einem Schemel sitzend, sie hält den Rocken zwischen den Bei- nen und spinnt einen Faden, vor ihr liegt in einer Wiege ein Wickel- kind. Der Frühdruck vereint die Motive Rocken und Mutterschaft. Den drei Bildüberlieferungen ist gemeinsam, dass Eva sitzend dargestellt wird. Daher ist für die Form der Darstellung die Symbolik des Herr- schaftsgestus ‘sitzen’ zugrunde zu legen, was die Forschungspositi- on von Goetz “Abbild der häuslichen Sphäre”338 überschreitet. Eva wird als hausfrowe abgebildet, der die Herrschaft im Hause zugeteilt wird. Das ‘Möbel’, auf dem sie sitzend abgebildet wird, ist ein ‘Wür- dezeichen’.339 Das Ehepaar Adam und Eva charakterisiert mit seinen Attributen, das mit dem von Wunder geprägten Begriff Arbeit- spaar”340 zu fassen ist, das als Vorbild341 für alle Ehepaare abgebil- det wird. Im Mittelpunkt der Ausführungen von Genesis 1 bis 4,1 steht das Paar, das in die Rechtsordnung Gottes gestellt wird, denn auch dem einzelnen Menschen (Genesis 2) wird eine Frau zugesellt. Für die Rechtsordnung spricht, dass mittelalterliche Rechtsfiguren ermittelt 335 Unbeachtet bleibt die Tatsache, dass es ursprünglich zwei Türen waren. 336 de Chapeaurouge 1984, S. 33. 337 Braunfels, Wolfgang: Maria, Marienbild, in: LCI, Bd. 2, Sp. 154-156. Wellen, Gerard A: I. Das Marienbild in der frühchristlichen Kunst, in: LCI, Bd. 3, Sp. 156- 161, Sp. 157, 160 f. Hallensleben, Horst: II. Das Marienbild der byz.- ostkirchli- chen Kunst nach dem Bilderstreit, in: LCI, Bd. 3, Sp. 161-178, Sp. 162. Lech- ner, Martin: IV. Das Marienbild in der Kunst des Westens bis zum Konzil von Trient, in: LCI, Bd. 3, Sp. 181-198. 338 Goetz 1995, S. 99. 339 Luccesi Palli, Elisabeth: Schemel, in: LCI, Bd. 4, Sp. 60f. 340 Wunder in: Wunder/Vanja 1991, S. 12-26, S. 20f. 341 Stöcklein, Ansgar: Leitbilder der Technik, Biblischer Tradition und technischer Fortschritt , München 1969, S. 40. Schreiner, in: Schreiner/ Schnitzler (Hg.), 1992, S. 43. 80 werden konnten. Die Rechtsordnung konnte in die der Schöpfung und die der Welt unterschieden werden. Die Fragestellung nach der Positionierung von Frau, Mann und Paar zeigte Binnen- differenzierungen, deren Klammer die Rechtsordnung Gottes ist. Die Rechtsordnung der Welt beginnt mit der Bindung im konstruierten Diagonalkreuz des Ehepaares. Das Handlungsfeld hilffen der Frau im Diagonalkreuz gewinnt den ausgleichenden Raum gegenüber dem Tod. Das Ehepaar ist so aufeinander bezogen und nicht nur hierarchisch strukturiert. Mit der Rechtsordnung ist Rechtsgehorsam verbunden, der auf dem menschlichen Willen beruht und der den Menschen in der Zweiheit als Konkretion Gottes eigen ist. Genesis 3 stellt den Bruch der Rechtsordnung dar und beschreibt so den Rechtsungehorsam, der auf dem menschlichen Willen beruht. Aus Genesis 1-4,1 der EDB kann keine Minderwertigkeit der Frau belegt werden. Auch der Frau werden die Optionen zugeteilt, sich für den Willen Gottes in Form seiner Rechtsordnung zu entscheiden oder dem Willen des schlangs zu folgen. Diesem hat sie entsprochen, was sie anschließend als Betrug erkannt hat. 2.2 Herrschafts- und Geschlechterordnung in den Weisheitsbüchern 2 2.1 Die weysheit Die in Genesis 2 und 3 entfalteten hilffen des weibes für den Mann sind im gůt oder vbel verankert. Die dem weib zugeteilten Optionen ermöglichen es, die Weisheitsbücher Sprüche, Hohelied, Prediger, Weisheit, Ecclesiasticus (Sirach) unter dieser Perspektive zu analy- sieren. Außer dem Hohelied sind die Bücher mit der Textsorte ‘Lehr- dichtung’ zu fassen. Ihre mit Beispielen angereicherten Sinnsprüche entwerfen das notwendige Verhalten für ein Leben in der Ordnung. Adressat der Weisheitsbücher ist ausschließlich der Mann, ihm wird die Ordnung als gůt erläutert. Das vbel wird als Ordnungsbruch dar- gestellt und mit Beispielen unterlegt. Das gute Gebotene beruht in den vier Weisheitsbüchern auf den Zehn Geboten und den Gesetzen der Bücher Exodus, Levitikus und Deuteronomium. Einen Schwer- punkt bilden die Gesetze der Reinheit in Form von Verboten, die von Speisen und Kleidern bis zu Inzest und weiteren sexuellen Praktiken reichen. Die Gesetze definieren folglich die göttliche Rechtsordnung 81 der Welt, die auf Rechtsgehorsam aufgebaut sind. Die Rechtsord- nung ist als Hilfe Gottes zu charakterisieren, die es durch den Rechtsgehorsam der Menschen ermöglicht, in der Gemeinschaft mit Gott zu leben, die als Heil zu bezeichnen ist. Dabei stütze ich mich auf theologische Definitionen.342 Die in der EDB entfaltete Rechts- ordnung wird in den Weisheitsbüchern zugrunde gelegt, ohne die entsprechende Gesetze im Einzeln anzuführen. Anhand von Bei- spielen, die sich vom Haushalten mit Gesinde, über den Umgang mit Freunden und Fremden, dem Verhalten bei Gastmahlen bis zum Einsatz von Medizin343 erstrecken, werden die Konturen der Rechts- ordnung entfaltet. Auch die Beziehungen zu Frauen werden durch Darstellungen von Paaren im Rahmen der Rechtsordnung darge- stellt. Die weysheit steht im Mittelpunkt aller Reflexionen. Sie ist als weibliche Figur konzipiert, der das tumpweib als Negation gegenüber gestellt wird. Ihre Gestalten werden mit Metaphern beschrieben, die im Folgenden aus allen Texten der fünf Weisheitsbücher Sprüche, Hohelied, Prediger, Weisheit, Ecclesiasticus (Sirach) zusammenge- stellt werden. Sie werden mit Aussagen der mittelalterlichen Symbo- lik befragt, um zu ermitteln, welche Vorstellungen von Weiblichkeit sich rekonstruieren lassen. Die beiden weiblichen Figuren werden mit dem religionswissenschaftlichen Sammelbegriff „Zwischenwe- sen”344 be-zeichnet, da sie weder abstraktes Prinzip, noch bloße Ei- gen-schaften sind. Sie werden konkret sowohl im Außerirdischen als auch im Irdischen positioniert, wo sie mit Handlungsfeldern versehen sind. Diese werden, wie die Metaphern, aus den Texten zusammen- gestellt, nach den Kategorien gůt vnd vbel gegliedert und mit der Perspektive hilffen untersucht. Es wird festzustellen sein, inwieweit dieser Blick auch Parallelen zu Genesis 2-4,1 aufdeckt. Gefragt wird 342 1.1 Ausgangsfrage und Zielsetzung , S.10f, Anm. 39f. 343 Sabine Krüger verweist auf “Spuren einer Lehre vom Haus” in den Weisheits- bücher des Alten Testaments, die aber von der vorreformatorischen Ökonomik in „erstaunlich geringem Maße berücksichtigt worden seinen. Krüger, Sabine: Zum Verständnis der Oeconomica Konrads von Merseburg, Griechische Ur- spünge der spätmittelalterlichen Lehre vom Hause, in: Deutsches Archiv für die Erforschung des Mittelalters, Jg. 20, 1964, S. 475-561, S. 478. Trude Ehlert be- rücksichtigt die Weisheitsbücher in ihre Untersuchung über die volkssprachliche mittelalterliche Ökonomik nicht. Sie stellt fest, dass diese allein am Nutzen ori- entiert sei, nicht aber an übergeordneten, etwa religiös begründeten Moralmaß- stäben. Ehlert, Trude: Die Rolle von “Hausherr” und “Hausfrau” in: Ehlert 1991, S. 153-166, S. 157. 344 Lang, Bernhard: Zwischenwesen, in: Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe, Bd. 5 (2001), Sp. 414-440, Sp. 419f. 82 auch, ob bei den Zwischenwesen Rechtsfiguren zu erkennen sind. Die in den Texten entwickelten Beziehungen von weysheit und tumpweib zum Mann werden nach Paarkonstellationen befragt, de- ren Platz in der Rechtsordnung herausgearbeitet wird. Die Rolle des männlichen Willens bei der Bindung an eines der beiden „Zwischen- wesen” wird ermittelt um feststellen, wie der Mann in der Paarverbin- dung dargestellt und wie sein Verhältnis zur göttlichen Rechtsord- nung geschildert wird, um daraus Männerkonzepte zu erkennen. Die Beschreibungen der weysheit und des tumpweibs mit ihren Handlungsfeldern im Bezug auf den Mann sind die Grundlage für den Vergleich zwischen Entwürfen von Frauen, um Übereinstimmun- gen und Abweichungen als Frauenkonzepte zu ermitteln. Diese wer- den in der EDB anhand der wertenden Epitheta und Metaphern un- terschieden. Beide Aspekte erlauben, sie ebenfalls in die Kategorien gůt oder vbel zu gliedern. Dem Terminus weib werden Handlungsfel- der zugeschrieben, die im Rahmen von Paarbeziehungen entfaltet werden, die nach Konzepten befragt werden. Die Handlungsfelder werden wie die der „Zwischenwesen“ sortiert und mit dem Blick auf hilffen untersucht. Die Paarbeziehungen werden nach der Positionie- rung in der Rechtsordnung befragt. Es wird herausgearbeitet, ob sich bei den Paarbeziehungen die Bindung eines Diagonalkreuzes her- ausarbeiten lässt. Die Zusammenstellungen der Aussagen über Frauen und Paare sind möglich, weil im mittelalterlichen Verständnis alle Bücher der Bibel als ein Textkorpus verstanden wurden. Die Brüche und Widersprüche, die sich aus der Zusammenstellung ent- wickeln, werden benannt. Inwieweit diese auf ihre unterschiedlichen Autoren und Entstehungszeiten345 zurückzuführen sind, bleibt daher offen. Die Bücher sind von theologischen Forschungen als Einzel- werke analysiert worden. Ausgewählte Forschungspositionen von Einzeluntersuchungen werde ich in meinen Untersuchungsschritten darstellen. 345 Das Buch Sprüche sei zwischen dem 4. und 2. Jh. v. Chr. entstanden. Gersten- berger, Erhard S: Proverbia, in: TRE, Bd. 27 (1997), S. 583-590, S. 584. Das Buch Prediger wird ca. 250-200 v. Chr. datiert. Keine Datierung für das Hohe Lied gibt: Jenny, Markus: Cantica, in: TRE, Bd. 7 (1981), S.624-628. Michel, Diethelm: Das Koheletbuch, in: TRE, Bd. 19 (1990), S. 345-350, S. 352. Das Buch Weisheit sei zwischen 200 v. Chr. und 50 n.Chr. verfasst worden. Drijvers, Henrik J. W: Sapienta Salomonis, in: TRE, Bd. 29 (1998), S.730-732, S. 730. Das Buch Ecclesiaticus sei im Zeitraum des 2. Jh. v. Chr. entstanden. Marböch, Johannes: Sirach/ Sirachbuch, in: TRE, Bd. 31 (2000), S. 307-317, S. 308. 83 Das Hohelied bildet die Mitte der Weisheitsbücher in der EDB. Seine Texte beschreiben einen Mann und eine Frau , die ein Braut- paar sind. Daher kann untersucht werden, ob im Hohelied Vorstel- lungen zu erkennen sind, die Parallelen zu Aussagen in den anderen Weisheitsbüchern über die Vorstellung von Konzepten für Frau, Mann und Paar entwickeln. Die Analyse des Hohelied wird entspre- chend der vier Weisheitsbücher vorgenommen. Die weysheit steht im Zentrum der vier Weisheitsbücher. Sie ist hauptsächlicher Untersuchungsgegenstand theologischer Analysen. M. Keppers Studie (1999) sieht in der SAPIENTIA eine Eigenschaft Gottes,346 die Gott auch Menschen347 gibt. J. Maier (2001) charakte- risiert sie dagegen als “Frau Weisheit”, die als “dichte theologische Synthese” personifiziert sei, in der “menschliches und göttliches Wis- sen um die erschaffene Ordnung ... in Übereinstimmung komme.”348 Die Kunsthistorikerin M. Warner349 und feministische Theologinnen350 betonen, dass im Alten Testament mit der Weisheit die Vorstellung von einer Frau mit Bildern, Symbolen und Rollen entwickelt werde. S. Schroer erläutert, dass die Rollen der Weisheit sie in Beziehung zu 346 So z .B: Kepper, Martina: Hellenistische Bildung im Buch der Weisheit. Studien zur Sprachgestalt und Theologie der Sapientia Salomonis, Berlin/ New York 1999 (=Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 280). Sie setzt die Weisheit mit Gott gleich und behandelt sie als ‘Eigenschaft Gottes’, die als Gottes Schöpfertum in der Welt zum Ausdruck käme. S. 181. Weisheit be- käme der Mensch „verliehen”. S. 189. 347 Für traditionelle theologische Auseinandersetzungen mit den Weisheitstexten ist Geschlecht keine Kategorie. So bezeichnet Kepper das Geschöpf das Gott und der Weisheit gegenüber steht, durchgängig als Mensch. Ihre Aussagen über die ‘conditio humana’ und über konkreten Personen werden durch “Gottlo- ser” und “Gerechter” aber als Männer ausgewiesen. Kepper 1999, S. 98. 348 Maier, Johann, Weisheit, biblisch in: LThK, Bd. 10 (2001), Sp. 1033-1036, Sp. 1034. 349 Warner, Marina: Frau Weisheit, in: Warner, Marina: In weiblicher Gestalt, Die Verkörperung des Wahren, Guten und Schönen, Hamburg 1989, S. 250-290. 350 Wöller, Hildegunde: Sophia (Weisheit), in: Kassel 1988, S. 45-58. Schüngel- Straumann, Helen: Alttestamentliche Weisheitstexte als marianische Liturgie, Spr 8 und Jesus Sirach in den Lesungen an Marienfesten, in Gössmann/Bauer 1989, S. 12-35; Schüsseler Frionenza, Elisabeth: Auf den Spuren der Weisheit - Weisheitstheologisches Urgestein, in: Wodtke 1991, S. 24-40. Kitz, Verena Ma- ria und Wodtke, Verena: ”Frau Weisheit durchwaltet voll Güte das All” (Wsh 8,1). Zur Aktualität weisheitlicher Lebensgestaltung, in: Wodtke. 1991, S. 154- 171. Newmann, Barbara: Die Mütterlichkeit Gottes - Sophia in der mittelalterli- chen Mystik, in: Wodtke, Verena 1991, S. 82-101. Leisch-Kiesl, Monika: Verlust oder Erweiterung weiblicher Eigenständigkeit? Sophia - Maria, in: Wodtke 1991, S. 138-153. Hoffmann, Barbara: Libertäre Sophienmystik und keusche Ehe, Wandel und Kontinuität weiblicher spiritueller Vorbilder im radikalen Pietismus (17. und 18. Jahrhundert), in: Opitz 1993, S. 191-210. 84 Gott, Schöpfung, Weltordnung und Menschen ausweisen.351 H. Schüngel-Straumann betont, dass die Weisheit zuerst die Männer anspreche, “dann aber alle Menschen insgesamt” und sie sei als “Weltordnung”352 ausgewiesen. Das Verhältnis zu Frauen wird mit den “weisen Ratgeberinnen in Israel”353 verknüpft. Mittelalterliche Vorstellungen sind aus Texten der Mystik analysiert worden.354 B. Newmann betont, dass Hildegard von Bingen und Heinrich Seuse sich “unmittelbar auf die biblischen Bücher stützen” und damit die “Sophia - Tradition”355 offen legten. Sie stellt fest, dass die Weisheit ein Identifikationsmodell für Frauen sein könnte.356 Überlieferungen aus der bildenden Kunst357 bestätigen die Weisheit als eine Frauen- figur. In welchem Maße in den vier Weisheitsbüchern der EDB mit der Weisheit eine Frauenfigur zu erkennen ist, wird ermittelt. Die Beschreibung der weysheit erfolgt durch Beschreibungen und in Form von ‘Eigenaussagen’. Sie charakterisiert sich als erstes Ge- schöpf, das von Gott mit dem Heiligen Geist358 vor der Schöpfung359 durch das Wort Gottes360 erschaffen wurde. Die weysheit lobt ihre Seele.361 Die Ausführungen lassen einen Schöpfungsakt erkennen, der analog zu Genesis 1 durch das Wort Gottes imaginiert wird. Zu ihrer Gestaltung als Figur werden Metaphern verwendet, die im Un- 351 Schroer, Silvia: Die personifizierte Weisheit - ihre Rollen und Symbole, in: Bibel heute, Zschr. des Katholischen Bibelwerks e.V., Stuttgart 1990, Hf. 103, S. 148f. Schroer, Silvia: Weisheit/ Sophia, in: WFTh 2002, S. 572-574. 352 Schüngel-Straumann, Helen: Die göttliche Weisheit in Spr 8 und Sir 24, in: Bibel heute 1990, Hf. 103, S. 150-153. S. 150f. 353 Schroer, Silvia: Weise Frauen und Ratgeberinnen in Israel, in: Wodtke 1991, S. 9-23, S. 10. 354 Baumann, Rolf: Hildegard von Bingen, in: Bibel heute 1990, Hf. 103, S. 156f. Newman, Barbara: Die Mütterlichkeit Gottes, in: Wodtke 1991, S. 82-101. 355 Newman, in: Wodtke 1991, S. 98. 356 Newman, in: Wodtke 1991, S. 100. 357 Leisch-Kiesl, Monika: “Sophia” in der bildenden Kunst, in: Bibel heute 1990, Hf. 103, S. 158f. Miekle, Ursula: Sapientia, in: LCI. Bd. 4, Sp. 39-43, S. 41. 358 Eccl 1,9: Er selb beschůff sy mit dem heyligen geist: vnd sach sy vnd zalt sy vnd masse sy. 359 Spr 8,22-29. Der her besaß mich an den angegen seiner weg • ee das er macht kein ding vor dem anuang: ich bin geschafen von dem ewigen vnd von dem al- ten: ee da die erd wurd. Die abgrunde warren noch nit ... 360 Eccl 24,5: Ich bin ausgegangen von dem mund des höchsten: ein erstgeborene vor aller der geschöpffde. 361 Eccl 24,1: DIe weysheit lobt ir sele ... 85 tersuchungszeitraum für Maria362 benutzt worden sind. Sie wird als ceder, cypreß balmbaum und ölbaum363 beschrieben, die Bilder wer- den mit derhöcht eingeleitet, was die Vorstellung von hochgewach- sen und schlank hervorruft, was in Korrespondenz zur Frauenbe- schreibung im Hohelied364 steht. Die Symbolik schrieb der Zeder Stärke und Beständigkeit365 zu, die Zypresse war Zeichen der Un- sterblichkeit,366 sowie das Symbol Gottes.367 Die Palme war Lebens- symbol,368 der Ölbaum charakterisierte den Schutz Gottes,369 die Auferweckung oder die Auferstehung und die Tugenden.370 Die Baumbilder definieren sowohl beständigen Schutz371 als auch un- sterbliches Leben, was im Besonderen durch ein holtz dez lebens372 betont wird. Die Formulierung kennzeichnet die weysheit als den Pa- radiesbaum, der gemäß Genesis 3,22 vor dem Zugriff adams gesi- chert wurde, nun sich aber in der Welt befindet. Das Zwischenwesen wird auch als ein rain ausfliessung der clarheit des gewaltigen gotz 373 beschrieben. Das Bild des reinen Wassers374 steht im Zusam- menhang mit Brunnen,375 dem Sinnbild für leibliche und geistige Stärkung und Reinigung,376,der in der EDB eine Metapher Gottes377 362 Salzer 1968. 363 Eccl 24,17-19: Ich bin derhöcht als die ceder an dem liban: vnd als der cypreß an dem berge syon. Ich bin derhöcht als der balmbaum in cades: ... Ich bin der- höcht als der schön ölbaum in den velden ... 364 Hl 7,7: Dein gewecht ist gleich der palmen: ... 365 Popitz, Klaus , in: LCI, Bd. 4, Sp. 562-564. 366 Lurker 1991, S. 890. 367 Flemming, Johanna: Zypresse, in: LCI, Bd. 4, Sp. 591-594. 368 Flemming, Johanna: Palme, in: LCI, Bd. 3, Sp. 364f. 369 Lurker 1991, S. 553. 370 Flemming, Johanna: Ölbaum, in: LCI, Bd. 3, Sp. 341. 371 Im orientalischen Referenzrahmen zeigen diese Baummetaphern, dass sie Schatten bringt, sind daher Schutzbilder. Ob diese auch von dem Übersetzer als solche interpretiert worden sind, muss offen bleiben. Zusammenhänge zwi- schen Isis und Sophia führt Silvia Schroer aus. Schroer: Das Buch der Weis- heit, Ein Beispiel jüdischer interkultureller Theologie, in: KfemB, S. 441-449, S. 445f. 372 Spr 3,18. 373 Wsh 7,25: (Wann sy ist) ... vnd ein rain ausfliessung der clarheit des gewaltigen gotz. 374 Lexer, Bd. 2, Sp. 2034. 375 Lexer, Bd. 1, Sp. 336. 376 Cooper, J. C. 1986, S. 29, Lipffert 1981, S. 116. Lurker 1991, S. 115. Mohr 1971, S. 57 f. Oesterreicher-Mollwo 1991, S. 31. Thomas, Alois: Brunnen, in: LCI, Bd.1. Sp. 330-336, Sp. 128f. 86 ist. Der Bezug zum Gottesattribut Licht,378 das im Mittelalter Gottes- symbol379 war, wird für die weysheit mit den Beschreibungen eines absoluten Lichtes hergestellt, welches Sonne und Sterne380 über- strahlt. Es wird gefunden, wenn die Nacht anbricht.381 Die weysheit wird als nie verlöschendes Licht382 markiert oder als ein schein des ewigen liechtz vnd ein spigel on flecke der Majestät383 gotz und ein pild seiner gút384 konkretisiert. Der Lichtschein und die Spiegelmeta- pher beschreiben ‘Reinheit’ einschließlich der Konnotationen ‘lauter, ohne Falsch, vollkommen, schön und makellos’.385 Die Lichtmeta- phorik stellt nicht nur die leuchtend glänzende Schönheit der weysheit dar, deren Reinheit alles umfasst,386 sondern auch ihre sichtbare Anwesenheit in der Welt. Licht in Form hitze dient dazu, die kreffte der weysheit in Verknüpfung mit Gott zu beschreiben.387 Sie selbst beschreibt ihre Stärke mit den Ästen der Tanne. 388 Die Meta- pher bildet ausgebreitete ‘Arme’ ab, ob damit auch die Vorstellung der Oran-Gebärde389 gemeint ist, bleibt offen. Die Metapher wird mit 377 Ps 35,10: Wann bey dir ist der brunn des lebens ... Spr 16,23: Der brunn des lebens ist ein vnterweisung dez besitzenden. 378 So z. B.: Ps 4,7: O herr das liecht deins antlútz ist gezeichnet vber vns: ... Ps 35,10: ... vnd in deim liecht gesech wir das liecht. Ps. 42,3: Send aus dein liecht vnd dein warheit: ... 379 Lurker 1991, S. 434f. 380 Wsh 7,29: Wann sy ist schöner denn der sunn: vnd vber alle die ordnung der sterne• sy ist geleich dem liecht sy wirt funden zemersten. Wann im nachuolgt die nacht. Sonne und Sterne werden in der EDB sind Schöpfungselemente, siehe: Ps. 8,4: wann ich sich dein hymel die werk deiner hende: die menin vnd die sterne die du hast gegruntfest. Ps 18,6: Er satzt sein tabernackel in dem sunn: ... Ps 135,7-9: Der do macht die micheln liecht.... Den sunn ingewalt des tags:... Die menin vnd die stern in der gewalt der nacht:... Eccl 43,10: Die ge- stalt des himels ist ein wunniclich der sternen: der herre erleucht die welt in den höchen. Die Sonne ist in der EDB folglich keine Gottesmetapher, wie in Ps 84,12 der Lutherübersetzung: DEnn Gott der HERR ist Sonn vnd Schild/ ... Der Text lautet in der EDB: Wann got der hat lieb gehabt die barmhertzigkeit vnd die warheite. 381 Wsh 7,29: sy ist geleich dem liecht sy wirt funden zem ersten. Wann im nachuolgt die nacht. Überlieferungen Z-Zck-Oa: vor funden, Überlieferung Sa: vorgefunden. 382 Wsh 7,10:...wann ir liecht das ist vnerleschlich. 383 Bedeutung von ‘magenkrafft; Lexer, Bd. 1, Sp. 2006. 384 Wsh 7, 26. 385 Lexer, Bd. 2, Sp. 389. 386 Wsh 7,24: wann sy raicht allenthalben vmb ir reinheit. 387 Wsh 7,25: Wann sy ist ein hitze der kreffte got. 388 Eccl 24,22: Ich starck mein este als die tann. 389 de Chapeaurouge 1984, S. 13-18. 87 der Paarformel der eren vnd der genaden390 beschrieben. Ehre wird in der EDB als Gabe Gottes charakterisiert.391 Huber legt dar, dass im Mittelalter galt: „got ist ere und ere ist got.”392 Ehre war ein Rechtsbegriff, der für Ansehen und Stand mit den daraus erwachsenden Verpflichtungen und deren Nutzen stand. B. Thum belegt rechtmäßiges Sein und Handeln.393 R. Scheyling defi- niert für Ehre auch den Sinn von Ehrerbietung und Ehrfurcht.394 Weibliche Ehre betonte Makellosigkeit.395 Die gesamten Rechtsbe- deutungen sind offensichtlich für die weysheit zugrunde gelegt, wer- den nicht explizit als Gabe Gottes ausgeführt. Sie sind Ausdruck ih- rer umfassenden Makellosigkeit. Genaden ist ebenfalls ein Rechts- begriff, der in Beziehung zum Herrschaftsakt Gottes stehen muss.396 Im Rahmen von Herrschaft definiert das erste Glied der Paarformel eren Rechtshandlungen, das zweite Gnadenakte. In einer weiteren Paarformel werden ehren vnd ehrsamkeit verbunden, die als Blu- men397 beschrieben sind. Auch ehrsamkeit war ein Rechtswort, das die Bedeutungen ‘ehrenwert, geehrt und vornehm’ hatte. Ob auch der Titel398 mitgemeint sein sollte, kann aus den Texten nicht ent- nommen werden. Die zwei Paarformeln charakterisieren die weysheit mit mittelalterlichen Herrschaftskategorien. Ein weiteres Motiv ist der von der weysheit ausgehende wahr- nehmbare Wohlgeruch, der mit der Metapher Rosenstock399 darge- stellt wird. Ihr kostbarer Wohlgeruch vereint alle wundersamen un- 390 Eccl 24,22. 391 Eccl 11,14:.. vnd ere • sind von gott. 392 “Die Grundgedanken sind seit Reinmar da: Ere als Gabe Gottes an alle Kreatur geht von Gott aus und führt den Menschen zu Gott hin. So rückt sie sogar in eins mit Gott selbst, der sie, wie alle Werte, in sich aufhebt.” Huber 1998, S. 71, 184, 194. 393 Thum, Bernd: Öffentlichkeit und Kommunikation im Mittelalter. Zur Herstellung von Öffentlichkeit im Bezugsfeld elementarer Kommunikationsformen im 13. Jahrhundert, in: Radgotzky/ Wenzel 1990, S. 65-87, S. 68f. 394 Scheyling, R.: Ehre, in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 486-479. 395 DRWb, Bd. 2 (1932), Sp. 1563-1576. 396 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 50, Anm. 130f. 397 Eccl 24,24: ... vnd mein blumen seint der eren vnd der ersamkeit. 398 DRWb, Bd. 2 (1932), Sp. 1293, der Titel ist ab 1348 belegt. 399 Eccl 24,23: Ich bin ... als die plantzung der rosen in jericho. 88 vermischten Düfte.400 Wohlgeruch galt im Untersuchungszeitraum als heilend.401 Die weysheit ist an ihrer senftigkeit,402 im Sinne Wohlbe- finden403 erkennbar, denn sie gleicht der Rebe, dem Symbol des Wohlergehens.404 Ihr Duft und Geschmack werden auch in der Be- schreibung vereint, womit ihr gaist süßer als Honig ist.405 Gaist inter- pretiere ich beruhend auf Psalm 32,7 als Atem.406 Auch ihr erbe in der Rechtform Eigen ist süß.407 Ihr Atem und ihr erbe übertreffen den Honig, der ein Zeichen des Segens ist.408 Die weysheit ist auf das geschlecht der werlt ausgerichtet, dem ihre gedenkung,409 ihr Den- ken410, gilt. Das Rechtswort geschlecht411 interpretiere ich hier als ‘Art’ im Sinn von Menschengeschlecht. Für die weysheit ist maßge- bend, dass in ihr ist die ordenung der ee.412 In der EDB wird ee als ewige413 markiert, die eingehalten werden muss, um mit (in) Gott zu 400 Eccl 24,20: Ich gabe den geschmack schmeckent als der synamum vnd der balsam: jch gab die senftigkeit des geschmacks als die derwellt mirr. Vnd als ders torax vnd der galban vnd als die vngala vnd die tropffe • vnd ich schmecket in meiner entwelung als der vnbeschnitten liban: vnd mein geschmack ist als ein vnbeschnitter vnuermichter balsem. Die Formulierung: ‘gabe den ge- schmack schmeckent’ hatte die Bedeutung „Geruch, den etw. von sich gibt.” Lexer, Bd. 1, Sp. 918, der so stark ist, dass man ihn schmeckt. Die Zusammen- hänge zwischen Isis und Sophia führt Silvia Schroer aus. Schroer, in: KfemB, S. 445f. 401 Brunner, Karl: Der Schweif am Roß und die Lilie im Garten, in: Blaschitz u.a. 1992, S. 683-699, S. 688. 402 Eccl 24,23: Ich wuchert des die senffigkeit des geschmacks als die rebe. 403 Zum Bedeutungshorizont von ‘senftigkeit’ zählten neben ‘Sanftheit, Leichtigkeit, Erleichterung, Linderung Weichheit, Bequemlichkeit, Annehmlichkeit, Milde, Sanftmut Versöhnlichkeit’ und auch ‘Ruhe,’ Lexer, Bd. 2, Sp. 881f. 404 Thomas, Alois: Weinstock, in: LCI, Bd. 4, Sp. 491-494. 405 Eccl 24,27: Wann mein gaist ist súß vber daz honig. 406 Ps 32,7: Die hymel seint gefestigt mit dem worte des herren: vnd alle ir gezierd mit dem geyst seines mundes. Siehe auch: DWb, Bd. 5, Sp. 2623-2741, Sp. 1264. 407 Eccl 24,28: vnd mein erbe vber daz honig vnd den saum. Überlieferungen Z- Zck-O: honigsam; Sa: honig samen. 408 Exd 3,8: ... in ein land das do fleust mit milch vnd mit honig: ...Jo 3,18: Vnd es wirt: an dem tag die berge troppent die sússe ... 409 Eccl 24,29: mein gedenkung ist im geschlecht der werlt. 410 Lexer, Bd. 1, Sp. 768f. 411 Das Rechtswort definierte: ‘Generation, Abkunft, Art ››Familie‹‹, Kind, Ver- wandtschaft’ bis hin zu ‘weiblichem und männlichem Geschlecht’. DRWb, Bd. 4 (1939-51), Sp. 445-448. 412 Eccl 19,18-20: ... Vnd in ir ist die ordenung der ee. 413 Lev 16,29: Vnd ditz wirt eúch zu einer ewigen ee. Lev 16,34: Vnd ditz wirt eúch zu einer ewigen ee: ... 89 leben, der Herr ist.414 Ee war ein Rechtsbegriff, der bis ins Spätmit- telalter verwendet worden ist, und der die Bedeutungen von ‘Her- kommen, Gesetz und Recht’415 hatte, einschließlich der Ausrichtung auf die Seligkeit.416 Nach Mikat und Schott habe die Einengung auf die Geschlechterbeziehung Ehe um 1000417 begonnen. Im Buch Exodus der EDB wird der Zusammenhang zwischen ee und Gebote mit der Paarformel gebott gotz vnd sein ee418 dargestellt. Ihr erstes Glied konkretisiert die Rechtsnormen, das zweite den Obergriff, der in der WENZELSBIBEL durch recht ersetzt ist. Daher kann rekonstruiert werden, dass ee Recht im Sinne von Rechtsord- nung ist, formuliert in Form einer ‘Konstitution’. Die Wirkung der ee steht im Zusammenhang des menschlichen Willens: Selig ist der man ... Wann sein wille ist in der ee dez herrn,419 ist die Zielsetzung der Rechtsordnung ee die Seligkeit, die auf dem menschlichen Wil- len zum Rechtsgehorsams beruht. Die Rechtsordnung ee ist folglich die Hilfe Gottes zum Leben der Menschen in der Welt. Der Rechts- gehorsam gegenüber der ee im Sinne ‘ee - Gehorsam’ kommt in der EDB im sechsten420 Gebot, nit brich die ee421, zum Ausdruck. 422 H. Schüngel-Straumann hat in ihrer Studie dargelegt, dass das Gebot das Problem der ”Objektlosigkeit” habe, denn der Sinn der verbote- nen Handlung sei im Hebräischen “durchaus nicht eindeutig” , denn der heutige Rechtsgehalt und die sittliche Wertung der “(Ein)-Ehe” 414 Lev 18.5: Behút mein ee ... der es tut der lebt in in. Ich bin der her. 415 Lexer, Bd. 1, Sp. 715 f. DRWb, Bd. 2 (1932), Sp. 1206-1212. Formeln zitiert nach DRWb: Sachsenspiegel 1206: “wishaben in unsere e, daz man nieman verrechten sol, ... wen sul in e horen.” Zürich 1309:. “wir haben in e und reht genommen ...” 416 DRWb, Bd. 2 (1932), Sp. 1206-12: Formulierung zitiert nach DRWb: “der ist salig des uuillo an gotes e ist.” 417 Mikat, Peter, Ehe, in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 810-832, S. 810. Schott, C.: Ehe, in: LexMA, Bd. 3 (1986), Sp, 1629f. 418 Exd 18,16. 419 Ps 1,2-3: Er wird als das holtze ... das sein wucher gibt in seim zeyt. Vnd sein laub zerfleust nit: vnd alle ding die er tut die werdent gelúcksam. Spr. 29,18: Wann der do behút die ee der wirt selig. 420 Die WB lässt zu, das Gebot „Nicht brich dein e” im heutigen Sinne ‘Ehebruch’ zu lesen., denn während in der EDB der Begriff ee den Rechtsgehalt aussagt , witd in der WB dieser Terminus durch das Wort’ reht’ ersetzt. 421 Exd 20,14. Deut. 5,18. 422 Ps 49,17-18: Wann du hast gehasst die ler: vnd hast verworffen all mein wort zurück. Do du sech den dieb du lúft mit im: vnd satztest den teyl mit den eebre- chern. 90 könne nicht vorausgesetzt werden.423 Dass das sechste Gebot we- der im umfassenden Sinn in der EDB noch im heutigen Verständnis im Untersuchungszeitraum ausgelegt worden ist, ist aus den deut- schen Laienpredigten Regensburgs zu entnehmen, denn das Gebot wird mit “dû solt niht unkiusche sîn”424 übersetzt. Es wird auf Maßlo- sigkeit425, im engeren Sinne auf die der Geschlechtlichkeit einge- schränkt. Die Engführung ist ebenso in Texten des 15. Jahrhundert 426zu finden, die auch auf Abbildungen der Zehn Gebote ab dem 15. Jahrhundert erkennbar ist.427 Die umfassende Bedeutung von ee im Sinne von ‚Recht’ wird in der EDB als ordenung der ee definiert, die ihren Platz in der weysheit hat. Damit ist sie Gefäß, wobei das Bild eine Nähe zum Lichtbehälter Gebot und der ee als Licht428 herstellt. So verstanden leuchtet in der weysheit die ee. Darüber hinaus ist in ihr der geist der vernufft. Ver- nunft ist bei Gott429 und kommt aus seinem Mund.430 Der geist der Vernunft der weysheit wird als heiliger bezeichnet, der maniguelter einiger gefuger431 ist, womit ‘Zusammenfüger’432 gemeint sein muss. 423 Schüngel-Staumann, Helen: Der Dekalog - Gottes Gebote? in: Haag, Herbert, u.a.(Hg.): Stuttgarter Bibelstudien 67, Stuttgart 1973, S. 39; S. 47f. 424 Berthold von Regensburg: XIX. VON DEN ZEHEN GEBOTEN UNSERES HERREN, Bd.1, S. 264-288. 425 Lexer, Bd. 2, Sp. 1900f. 426 Belegt auch von Klaus Berg: DER TUGENDEN BŮCH, Untersuchungen zu mittel- hochdeutschen Prosatexten nach Werken von Thomas von Aquin, München 1964, S. 32, 35. Dieselbe Formulierung benutzt Johann Lupi. Johannes Wolf (Lupi): Beichtbüchlein des Magisters, erster Pfarrer der Sant Peters Kirche zu Frankfurt am Main, 1453-1458, hg. von Battenberg, F. W., mit Einleitung, Über- setzung ins Neuhochdeutsche und erklärenden Noten versehen, Gießen 1908, S. 24. 427 Der um 1460 bis 1480 gefertigte Einblattdruck der Zehn Gebote hat über der Illustration des Gebots die Aufschrift: ”Du solt nit vnkeusch sein”. Dargestellt wird ein sich umarmendes Paar in einem hoch ummauerten Garten, an dessen Seite eine Laute liegt, die hier als ‘Attribut der Verführung’ verstanden werden muss. Lechner, Martin: Zehn Gebote, in: LCI, Bd. 4, Sp. 564-569, Sp. 564, Abb. 2. Auf dem um 1470 gestalteten Grabmal von Lupi werden die Zehn Gebote il- lustriert, das siebte Bild präsentiert ein Paar im Bett, auf das man durch den geöffneten Vorhang blickt. Historisches Museum Frankfurt am Main. 428 Spr 6,23: Wann das gebot des herrn ist ein lichtuaß vnd die ee ist ein licht. 429 Hi 12,13: Bey im ist die weysheit vnd die sterke :er selbst hat den rat vnd die vernunft. 430 Spr 1,6: ... vnd aus seim mund wissenheit vnd vernuft. 431 Wsh 7,22. 432 Das Nomen wird aus ‘ge- vüegen’ rekonstruiert zusammenfügen, verbinden’: Lexer, Bd.1, Sp. 967. 91 Er ist meßiger, im Sinne ‚Lenker’,433 und sicher beweglicher,434 folg- lich der zuverlässig[e]/ wahrhaftig[e]435 Entschlossene, weil beweg- licher436 dies markierte. Er ist vnentzeuberter,437 also der ‘Reine’438 und der senffter, der liebhabent daz gut werck,439 also der ‘Besänf- ter’.440 Er ist ebenso der scharpffer im Sinn der ‘Strenge’, der keine Wohltaten441 verwehrt. Dabei ist der Geist der Vernunft menschlich, gütig und verständig, der entschlossene/ tapfere und zuverlässige442 zuchtiger, der habent alle krafft. Die Bedeutung von zuchtiger ist nicht eindeutig zu identifizieren, denn der Sinn ‘Zuchthabende’ kann sowohl die Funktion ‘Erzieher’ oder auch die von ‘Strafer’443 gehabt haben. Vernunft sieht alles,444 ist rein und behände,445 agiert ge- schickt und schnell.446 Zur Vernuft gehört witzigkeit447, also die Ein- heit von Verstand, Wissen und Klugheit. Vernunft ist eine Lehre, wel- che die Frau von Gott erhalten hat.448 Die Bandbreite der Vernunft in der EDB wird nicht mit dem mittelalterlichen erkenntnistheoretischen Vernunftdiskurs449 in Beziehung gesetzt. Ich begründe dies mit K. 433 DWb, Bd. 12, Sp. 1745. 434 Wsh 7,22: ... meßiger sicher beweglicher ... 435 Lexer, Bd. 2, Sp. 902. 436 Die Bedeutung von ‘beweglicher’ wird aus ‘entschlossen/ tapfer’ Lexer, Bd. 1, Sp. 254 entschlüsselt. 437 Wsh 7,22. 438 Die Bedeutung des Wortes zeuber im Sinne von sauber, wird aus ‘entzeúbert’ geschlossen. Lev 19,29: ...die erde werde entzeúbert vnd were derfúllt mit der súnde, zu entnehmen. 439 Wsh 7,22: ... gewisser senffter liebhabent daz gut werck: ... 440 Lexer, Bd. 2, Sp. 882, belegt nur die weibliche Form: ‘senfterinne’. 441 Wsh 7,22: ... scharpffer der nicht wehret wol zuthůn. Im Sinne von scharf als schneidend (Lexer, Bd. 2, Sp. 666f). 442 Wsh 22,23: menschlicher • gutiger • beschaidener • gewisser • sicher •... 443 Der Begriff findet sich im ACKERMANN AUS BÖHMEN. Bernt/ Burdach 1917, S. 214 belegen für das Wort aus deutschen Urkunden aus Böhmen des 15. Jahrhun- derts sowie aus Urkunden von Nürnberg und Landshut die Bedeutung von Scharfrichter. So auch Bertau 1994, S.233, der sich Bernt/ Burdach bezieht. 444 Wsh 22,23: ... schauet alle ding. 445 Wsh 22,23: reiner • behender. 446 Lexer, Bd.1, Sp. 154. 447 Eccl 1,4: ... ist geschaffen vor allen dingen : vnd die vernufft der witzigkeit von dem ewigen. 448 Eccl 17,5: Er beschuff von im ein hilffen im gleich: ... vnd derfüllt sy mit der lere der vernunft. 449 Speer, A.: Vernunft: Verstand, Hochscholastik, in: HWbPh, Bd. 11 (2001), Sp. 786-786. Largier, N.: Vernunft: Verstand, Deutsche Dominikanerschulen und 92 Stoch, der betont, dass Aussagen aus den Weisheitstexten keine Rolle im Diskurs gehabt hätten.450 Die in der weysheit vereinte orde- nung der ee und der geist der vernunft sind aufeinander bezogen. Die Bedeutung der weysheit für das Leben wird von ihr selbst mit zwei Paarformeln beschrieben: In mir ist die genad des lebens vnd der warheit: in mir ist all zuuersicht des lebens vnd der tugent.451 Zu- uersicht definierte ‘Erwartung, Hoffnung auf Zukünftiges’ und dasje- nige worauf sie sich gründet: ‘Unterstützung und Zuflucht’.452 Die Paarformeln fassen also die Dimensionen des Lebens zusammen und präzisieren das Handlungsfeld der weysheit, dass auf der Ver- nunft und der Rechtsordnung ee beruht. Die weysheit berichtet, dass sie tätig bei der Schöpfung war: Ich was mit im ordnent alle ding.453 Die Aussage kennzeichnet sie als Mitwirkende der Schöpfungsordnung, was unterstrichen wird mit ihrer Position in gewisser ee.454 Mit beiden Zuschreibungen wird die weysheit also im Verhältnis zur Rechtsordnung ee charakterisiert. Als Mitwirkerin der Schöpfung tritt sie ebenfalls zutage: ich goß aus die flöß: vnd ich bin ein teil der wasser.455 Es wird also ein Zusammen- hang mit der aufsteigenden Quelle hergestellt, die auf Gottes Anord- nung (Genesis 2,5-6) die trockene erde wässert. Ihre Stellung wäh- rend der Schöpfung erläutert H. Schüngel-Straumann als ”Mittlerin”,456 sie kann aus den Darstellungen der EDB auch als hilf- fen charakterisiert werden.457 Die weysheit wird als Erwählte der werke Gottes458 und als der Gnade Gottes erziecherin bezeichnet.459. In den Überlieferungen Z-Oa (Anhang I) wird sie als nererin, also als Mystik, in: HWbPh, Bd. 11 (2001), Sp. 786-790. Hoenen, M. J. F. M.: Vernunft: Verstand, Spätmittelalterliche Schulen, in: HWbPh, Bd. 11 (2001), Sp. 790-794. 450 Stoch, Konrad: Vernunft I, in: TRE, Bd. 34 (2001), Sp. 737f. 451 Eccl 24,26. Eccl 26,31: Wann die gezierd des lebens ist in ir: ... 452 Lexer, Bd. 3, Sp. 1199. 453 Spr 8, 30. 454 Spr 8,27: Do er furbereit die himmel ich was engegenwurtig: ... mit gewisser ee. 455 Eccl 24,40: Ich weysheit ... 456 Schüngel-Straumann, in: Bibel heute 1990, Hf. 103, S. 1501. 457 Eccl 24,6-10: Ich macht in den himeln daz ein vngebostienlichs liecht wurd ge- born: jch bedeckt alle die erd als der nebel. Ich macht in den himeln daz ein vngebostienlichs liecht wurd geborn: jch bedeckt alle die erd als der nebel. 458 Wsh 8,4: ...ein derwelerin seiner werk. Derwelerin ist aus ‘weln’ im Sinne von ‘erwählt.’ (Lexer, Bd. 3, Sp. 755) erschlossen. 459 Wsh 16,24: der erziecherin deiner gnade ... 93 Amme460, bezeichnet. Da sie auch eine můtter aller guten ding461 genannt wird, spricht dies für nährende Mutter, zumal sie sich selbst auch als Mutter charakterisiert: Ich bin ein mutter der schön lieb• vnd der vorcht• vnd der erkennung• vnd der seligen zuuersicht.462 Ihre ‘vier Kinder’ sind für das nachparadiesische Leben der Menschen notwendig, um die Gemeinschaft mit Gott zu erreichen; denn die schön lieb bezieht sich auf Gott, 463 und seine Gebote.464 Vorcht kon- kretisiert, dass die Herrschaft Gottes465 und seine Gebote als Herr- schafts-/ Rechtsordnung akzeptiert werden, wie es in Psalm 111,1466 dargestellt wird, denn aus den beiden Faktoren resultiert Seligkeit. Die Bezeichnung Mutter für die weysheit kennzeichnet sie als Frau, dies wird auch in den werken ihrer Hände zum Ausdruck gebracht, die mit vollkommener ersamkeit467 beschrieben sind. In der EDB wird ihr kein Zorn zugemessen, den Silvia Schroer feststellt.468 Der feh- lende Zorn charakterisiert die weysheit als weibliche Figur, was auf das Postulat zurückgeführt werden kann, dass Zorn nicht zur Er- schaffung des weiblichen Geschlechts gehörte.469 Zorn wird Gott als sein Herrschaftsinstrument470 zugeschrieben, der durch die Abkehr von der Rechtsordnung ausgelöst wird. Das Verhältnis Gottes zur weysheit ist eine personal- hierarchi- 460 Lexer, Bd. 2, Sp. 56. 461 Wsh 7,12: ... ist ein můtter aller gůten ding. 462 Eccl 24,25-26: Ich bin ein mutter der schön lieb • vnd der frucht • vnd der er- kennung • vnd der seligen zuuersicht. In mir ist die genad des lebens vnd der warheit: in mir ist all zuuersicht des lebens vnd der tugent. 463 Ps 5,12: ... Vnd alle die do habent lieb deinen namen: die werdent erfreut in dir | ... Ps 30,22: Alle sein heyligen habt lieb den herren ... Ps 144,20: Der herr behút alle die in liebhabent. 464 Exd 20,6: ...• vnd beheúten mein gebot. Ps 14,5: ... der herre hat lieb die ge- rechten. Er gibt erbarmen dem, der in liebt und sich an seine gebote hält. 465 Ps 18,10: Die vorcht des herrn beleibt heylig in der werlten der werlt. Spr 14,26: In der vorcht des herrn ist der trost der strerke: ... Spr 10,27: Die vorcht des herrn zu legt die tage: ... Spr 14,27: In der vorcht des herrn ist ein zu brunn des lebens. 466 Ps 111,1: SElig ist der man derdo vorcht den herren: vnd will groeßlich in sei- nen geboten. 467 Wsh 8,8: ... vnd in den werken ir hende ersamkeit on gebrechen. 468 Schroer, in: Bibel heute 1990, Hf. 103, S.149. 469 Eccl 10,23: Die hochfart ist nit geschaffenen dem menschen: noch der zorn dem geschlecht der weib. 470 Ps 2,5: Denn redt er zu in in seim zorn: ... Ps 7,7: O herr ste auf in deim zorn: ... Ps 20,10: ... der herr betrúbet sy in seim zorn: ... Eccl 26,26: In zwaien dingen ist betrúbt mein hertz: vnd in dem dritten zukumt mir der zorn. 94 sche Beziehung. Gott liebt die weysheit471 und ist ihr laitter.472 Beide Aspekte definieren in der EDB ein ‘Paarkonzept’. Die weysheit cha- rakterisiert dagegen ihr Verhältnis zu Gott als immerwährendes Spielen vor ihm und jeder Tag wollustigt473 sie. H. Schüngel- Straumann interpretiert das Motiv als Spiel und Tanz einer jungen Frau, die ihre Lebensfreude beschreibt.474 Welche Vorstellung der Übersetzer der EDB und deren Adressaten hatten, war nicht zu er- schließen. Das Verhältnis zwischen Gott und weysheit wird auch mit zů steerin seines gesesse(s)475 erklärt. Der Sinn von zu-stân war ‘beistehen’476 in Form von ‘helfen’.477 Das Rechtswort gesesse hatte die Bedeutungen ‘Sitz, Wohnsitz, Besitztum’,478 folglich wird Herr- schaft479 beschrieben, die mit Sitzen (auf einem ‚Thron’) symbolisiert wurde. Hochmittelalterliche Herrscherabbildungen von Otto III. (um 1000) und Friedrich Barbarossa (letztes Viertel des 12. Jahrhunderts) geben Auskunft über Vorstellungen von Herrschaft: Neben den sit- zenden Herrschern stehen „Würdenträger”480 des Reiches, ihr Ste- hen präsentiert sie als „Vasallen”.481 Auf der Abbildung Otto III. ha- ben die ‘Zusteher’ die Attribute Buch, Schwert, Speer, Schild in den Händen, auf der Barbarossas sind sie mit Redegesten dargestellt.482 Die Attribute als und die Redegesten demonstrieren die Rechtsfigur 471 Wsh 8,4: wann auch der herr ... het sy lieb. 472 Wsh 7,15: wann er selb ist ein laitter der weisheit: ... 473 Spr 8,30: Vnd ich wollustigt mich durch ein ieglichen tag ich spilt vor im zu allen zeiten. 474 Schüngel-Straumann, in: Bibel heute 1990, Hf. 103, S. 150. 475 Wsh 9,4: ... gib mir die weisheit die zů steerin deiner gesesse. 476 Lexer, Bd. 3, Sp. 1188. 477 DWb, Bd. 32, Sp. 847-851, 847. 478 Lexer, Bd.1, Sp. 911. 479 DRWb, Bd. 4 (1939-41), Sp. 415-417. 480 Otto III. (um 1000) und Friedrich Barbarossa, in: Götz: Der ‘rechte’ Sitz, in: Bla- schitz, 1992, Abb. 3, S. 37, Abb. 4, S. 38. 481 “Während die Fürsten sitzen, stehen die Vasallen.” Zwar, 1990, S.68. Bosl, Karl: Staat, Gesellschaft Wirtschaft im deutschen Mittelalter, (=Handbuch der deutschen Geschichte, Bd.1, Frühzeit und Mittelalter, Teil VII, hg. von Geb- hardt, ), 6München 1982, S.84, 86, 148, 162. 482 Das Herrscherbild von Otto III. zeigt den sitzenden Herrscher an seiner rechten Seite stehen zwei Geistliche, die ein Buch in der Hand tragen, an seiner linken Seite steht ein Schwertträger, der teilweise einen anderen Schild- und Speer- träger verdeckt. Friedrich Barbarossa wird sitzend mit seinen Söhnen präsen- tiert, rechts steht der gekrönte Mitkönig Heinrich, links Herzog Friedrich von Schwaben, ihre Funktionen sind mit Redegesten dargestellt. 95 ‘Rat und Hilfe’, als Ausdruck von Treuepflicht.483 Der Vers Weisheit 9,4 beschreibt den Herrschergott und die weysheit mit der Rechtsfi- gur ‘Rat und Hilfe’. Ihr Wohnsitz wird im erbe des herrn484 definiert, also wohnt sie bei Gott. Ob damit der Rückgriff auf die frühmittelal- terliche Rechtsfigur ‘Heimgefolge’485 gemeint war, kann nicht er- schlossen werden. Mit zů steerin aber ist der Zusammenhang mit Lehen hergestellt, das sich auch aus dem Herrschaftsraum der weysheit rekonstruieren lässt. Er erstreckt sich über den himmel, die tieffe des abgrundes, die erde und Meere und wird mit der Rechtsfi- gur vmganck486 als angetreten beschrieben. Diese Rechtsfigur kenn- zeichnete eine symbolische Rechtshandlung der körperlichen Inbe- sitznahme, mit der verbunden war, dass der Umgehende Huldigun- gen und die Zusicherung der Treue der ‘Bewohner’ entgehen nahm.487 Das Herrschaftsverhältnis der weysheit zu den Menschen wird präzisiert: Sie hett das fürstentum vnter allen volck: vnd vnter allen geschlecht.488 Die Paarformel vnter allen volk vnd allen ge- schlecht kennzeichnet mit dem Rechtswort volk die Gemeinschaft unter der Führung einer Herrschaft489 als Gegenüber des fürsten- tums. Das Rechtswort geschlecht charakterisierte hier offensichtlich ‘Art und Abkunft’490, folglich den Sinn ‘alle Leute’. In ihrer Mitte übt die weysheit ihr fürstentum aus, was die Präposition vnter491 nahe legt, da der Rechtsbegriff den Ersten in einer Gemeinschaft darstellt, 483 Brunner, Otto: Land und Herrschaft, Grundfragen der territorialen Verfassungs- geschichte Süddeutschlands im Mittelalter, (= Veröffentlichungen des Instituts für Geschichtsforschungen und Archivwissenschaft in Wien, Bd. 1, 3Brünn/ München/ Wien 1943, S. 308-312. 484 Eccl 24,11. 485 Schlesinger, Walter: Herrschaft und Gefolgschaft in der germanisch-deutschen Verfassungsgeschichte, (1953), in: Kämpf, Hellmut, (Hg.): Herrschaft und Staat, Darmstadt 1955, S. 135-190. Schlesinger, Walter: Randbemerkungen zu drei Aufsätzen über Sippe, Gefolgschaft und Treue, in: Alteuropa und die moderne Gesellschaft (= Festschrift für Otto Brunner) Göttingen 1963, S. 11-59. Bosl 1982, S.35. 486 Eccl 24,8-9: Ich vmging allein den vmganck des himels vnd durchbrach die tieffe des abgrundes: vnd gieng auf den vnden des mers: vnd stund auf aller der erde. 487 Die Wörter ‘vmging’ und ‘vmganck’ bedeuteten Herrschaftsantritt. Schröder 1907, S.112. Kroeschell 1981, Bd. 2, S.130. Werkmüller, D.: Umgehen, in: HRG, Bd. 5 (1998), Sp. 426. Duchhardt, Heinz: Krönungszüge. Ein Versuch zur “negativen Kommunikation”, in: Duchhardt/ Melville 1997, S.291-301, S. 293. 488 Eccl 24,10. 489 DWb Bd. 26, Sp. 453-514. 490 DRWb, Bd. 4 (1939-51), Sp. 445-448. 491 Lexer, Bd. 2, Sp 1777-1779, Sp. 1777. 96 darüber hinaus auch einen Inhaber eines ‘Reichslehens’492 definierte. Vom ‘Reichslehen’, das sich über die gesamte Schöpfung erstreckt, ist ausgenommen jsrahel, das sie als erbe493, also als Rechtsinstitut Eigen494 erhält. Ihre beiden Herrschaftsformen können mit der Rechtsfigur ‘Land und Leute’495 erfasst werden. Der mit Lehen zu charakterisierende Herrschaftsraum vermittelt die Vorstellung des personenrechtlichen Vertrags, der auf der Basis gegenseitiger Treue geschlossen wurde. Treue forderte ein Gesamtverhalten, welches dem Geber eines Lehens Nutzen bringt, aber mit der Verpflichtung verbunden war, alles zu unterlassen, was dem Lehnsherrn scha- det.”496 Das Lehnsgut verblieb im Obereigentum des Herren, der Lehnsmann konnte aber über seine Substanz frei verfügen, infolge- dessen ohne Zustimmung des Herren handeln.497 ‘Reichslehen’ und Eigenherrschaft sind die Formen der Herrschaft der weysheit. Im Unterschied zum Lehen werden Könige in der EDB als am- bechter498 bezeichnet, damit im Referenzrahmen des unfreien Am- tes499 platziert. Sie haben mit der weysheit zu regieren.500 Sollten sie die Rechtsordnung Gottes brechen, kann sich jeder von ihnen Be- herrschte an Gott501 als vrteiler wenden und um Gerechtigkeit502 bit- 492 Theuerkauf, G: Fürst, in: HRG, Bd. 1 (1971) Sp. 1331-1338. DRWb, Bd. 3 (1935), Sp. 1093. Spieß, Karl-Heinz: Lehnspflichten; Lehnsrecht; Lehnswesen; Lehnträger in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 1722-1749. 493 Eccl 24,12-13. Do gebot vnd sprach zu mir der schöpfer aller dinge ... vnd erbe in jsreal. 494 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1bis 4,1, S. 40, Anm. 36. 495 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1bis 4,1, S. 41, Anm. 48. 496 2.1 Herrschafts-und Geschlechterordnung in Gensis 1 bis 4,1, S.41, Anm. 45. 497 Distelkamp, H.: Lehen, in: LexMA, Bd. 5 (1991), Sp. 1807-1813. 498 Wsh 6,3: Dem kúnig ist gewalt ... geben vom herrn • vnd die kraft von dem höchsten: der wirt fragen nach euer werk • wann do ir wart ambechter seins reichs • Zur Einsetzung der Herrschaft auch: Dan 2,21; Überprüfung: Dan 5,30; Jer 39,6-10. 499 Marars, Peter: Herrschaft II, Herrschaft im Mittelalter, in: Geschichtliche Grund- begriffe (1982), Bd. 3, S. 5-13. Bosl, Karl: Staat, Gesellschaft Wirtschaft in deutschen Mittelalter, (=Handbuch der deutschen Geschichte, Bd.1, Frühzeit und Mittelalter, Teil VII, hg. von Gebhardt), 6München 1982, S. 81. Schild, 1984, S. 12-18. 500 Spr 8,15: Die kunig reichsent durch mich, Überlieferungen Z-Oa: regieren. 501 Deut 1,17: Vnd ob eúch etwas wirt gesechen vnsenfffte das bringt zů mir: vnd ich hörs. 97 ten, weil vor ihm alle Menschen gleich sind.503 Gottes Gerichtsort ist das Tal Josaphat.504 Im Gericht ist auch die weysheit verortet, da sie die Mitte des vrteils innehat. 505 Die gerechte Herrschaft der weysheit wird mit der Krone506 zum Ausdruck gebracht, die aus ihrer vorcht besteht. Ihre Krone ist infol- gedessen Ausdruck ihrer Herrschaft, die zugleich ihre Herrschaftsak- zeptanz gegenüber Gott repräsentiert. Die Krone war ein Rechts- symbol und rechtssetzendes Zeichen,507 welches Herrschaftslegiti- mation, -autorisation, und -würde508 offenbarte. Die Krone war zu- gleich Sinnbild der Vollkommenheit,509auch der Teilhabe am Göttli- chen510 sowie ein Fruchtbarkeitssymbol.511 Die Wirkungen der Krone der weysheit sind, dass sy derfullt den fride vnd den wůcher der be- haltsam/ heyl,512 die beide auf Gott zurückweisen.513 Eine Abbildung 502 Ps 49,6: Vnd die himel erkúndent sein gerechtikeit: wann got ist ein vrteiler. Jes 33,22: wann der herr ist vnser vteiler • der herr ist vnser eetrager • der herr ist vnser kúnig • erselb kumpt vnd macht vns behalten. Wsh 12,13: Wann es ist kain ander gott denn du • dem do ist sorg von allem: das zaigst daz du nit vrteilst daz unrecht vrteil. 503 Wsh 6,8: ... nach enfurcht die michlichs keins: wann er selb hat gemacht den wenigen vnd den grossen: vnd gleich sorge ist im von allen. 504 Jo 3,2: ich samen all die leút und vnd fúr sy in daz tal iosafat vnd do krieg ich mit in vber mein volck vnd vber mein erb israhel die sy verzetten vnder den hei- den: ... Jo 3,12: Die leút stend auf vnd steygent auff in das tal iosaphat: wann do sitz ich das ich vrteil alle leút in der vmbhaltung. 505 Spr 8,20. Ich ge in den wegen des rechtz (Überlieferungen Z-Oa: der gerechtig- keit) • in der mitz der steig des vrteil ... 506 Eccl 1,22: Die vorcht des herrn ist die krone der weysheit: ... 507 Fillitz, H: Krone, in: HRG, Bd. 2 (1978), Sp. 1213f. Gündisch, K.: Krone, LexMA, Bd. 5 (1991),Sp. 1544-1549. 508 Schmidt-Wiegand. Ruth: Kleidung, Tracht und Ornat nach den Bilderhand- schriften des ‘Sachsenspiegels’, in: Terminologie und Typologie mittelalterlicher Sachgüter: Das Beispiel der Kleidung, (=Veröffentlichungen des Instituts für mittelalterliche Realienkunde Österreichs, Nr. 10) Wien 1988, S. 143-176, S. 174. 509 Cooper 1986, S. 102. Lipffert 1981, S. 129. Lurker 1991, S 409f. Oesterreicher- Molwo 1991, S. 94 f. RED: Krone, in: LCI, Bd. 2, Sp. 659-661. 510 In der EDB ist die Krone ein Gottessymbol (Jes 28,5: An dem tag wirt der herr der here ein kron der wunniclich.), welches er als Ausdruck seiner Huld auch Menschen übergibt: (Ps 20,4: ... du satzt auf sein haupt ein kron von edelm ge- stein.) Vgl. auch Ps. 8,5-6; Ps. 102,4; Wsh. 4,9 und Eccl 6,32. 511 Meschke: Krone, in: HDWA, Bd 5 (1932/1933), Sp. 599-603. 512 Eccl 1,23: ... sy derfullt den fride vnd den wůcher der behaltsam: vnd sach sy vnd zalt sy. Überlieferungen Z-Oa: die frucht des heyls. 513 Ps 3,9: Die behaltsam (Z-Oa: heyl) ist des herren: vnd dein segen über deim volck. 98 aus dem 12. Jahrhundert zeigt die gekrönte Frauengestalt Weisheit und ihr Verhältnis zu Gott und zur Schöpfung.514 Die weysheit ist all- wissend515 und eine maisterin aller ding,516 die sie sanft ordnet.517 Die Kompetenzen ihrer Herrschaft sind: der rat ist mein vnd das recht ist mein• die fúrsechung ist mein. Vnd die sterk ist mein.518 Rat war ein Rechtswort, das ‘Ratschlag, Beratung’, also auch den Vorgang und das Ergebnis in Form von ‘Ratschluss, Beschluss, Urteil und Verordnung’519 einschloss. Die Aussage das recht ist mein wird in Überlieferungen die geleichet ausgeführt. Der Begriff definierte den Sinn von ‘Gleichheit’.520 Fúrsechung hatte den Sinn von ‘Obsorge und Schutz’521. Rat und Recht sind mit der Rechtsfigur ‘Rat und Hil- fe’, fúrsechung und Stärke sind mit der von ‘Schutz und Schirm’ zu fassen, beide Rechtsfiguren sind in Herrschaft der weysheit, wie in der Herrschaft Gottes, vereint. Die weysheit wird nicht nur im Rahmen ihrer Weltherrschaft und - ordnung beschrieben, sondern es wird auch ihr Verhältnis zu den Menschen entfaltet, das für beide Geschlechter verschiedene Aus- prägungen hat. Ihre Beziehung zum Mann, wird einerseits nur mit Bildern, anderseits auch als personale Beziehung charakterisiert. Die Bilder sind Gewand und Krone, die sich der Mann anlegt,522 was die Vorstellung einer Investitur nahe legt. Die weysheit wird auch mit dem Bild Verspeisung entworfen, mit der einhergeht, dass der Hun- 514 Missale aus St. Michael in Hildesheim dem dritten Viertel des 12. Jahrhunderts, in: Boeckler, Albert (Hg.): Deutsche Buchmalerei. Vorgotische Zeit, Königsstein im Taunus 1959, Abb. 53. Die gekrönte Frauengestalt ‘Weisheit’ trägt in ihren erhobenen Händen das Brustbild Gottes. Ihre erhobenen Arme symbolisieren gleichzeitig ihren Gebetsgestus und ihre Stärke. Ihre Herrschaft, (Krone), ihre Beteiligung an der Schöpfung, (Inschrift auf dem Skapulier) und ihre Ausge- richtetheit auf Gott, (Blickrichtung) entsprechen ihrer Darlegungen in den Weis- heitsbüchern. 515 Wsh 8,8: ... sy weis die verfaren ding vnd masst von den kunftigen: sy weis die kundigkeit der wort vnd die enphindungen der verborgenen: sy wais die zaichen vnd wunder ee denn sy werden getan • vnd das geluck der zeit • vnd der werlt. 516 Wsh 7,21: Wann die weisheit ein maisterin aller ding ... 517 Wsh 8,1: ... vnd ordnent alle ding sefftiglich. 518 Spr 8,14. 519 DRWb, Bd. 11 (2003), Sp. 1-16. 520 Lexer, Bd. 2, Sp. 813. 521 Lexer, Bd. 3, Sp. 608. 522 Eccl 6,32: Du legst sy an zu einm gewand der wunniglich: vnd setzest dirß auf zu einer krone der freuden. 99 ger und Durst nach ihr nicht gestillt wird.523 Sie wird als joch definiert, das freiwillig getragen wird, um die Lehre zu empfangen.524 Die per- sonale Beziehung weysheit - Mann bekundet sie selbst, mit ihrer Aussage, dass ihre wollust den Söhnen der Menschen gilt.525 Sie be- zeichnet sich als Lehrerin der zuchte526 Gottes, die Mäßigkeit, Ver- stand, Recht und Kraft umfasst.527 Die zucht ist in den Worten der weysheit , die zu lieben sind.528 Die zucht ist sorgend und als solche Liebe, die auf das Behüten der ee ausgerichtet ist. Die ee bringt die Gemeinschaft mit Gott.529 Der Aspekt der Liebe im Zusammenhang mit zucht und ee charakterisiert offensichtlich Rechtsgehorsam, der als Liebe definiert wird. Ihre Lehre ist zu hören,530 ihre Worte lehren den Mann, der die weysheit liebt.531 Die Lehre ist wertvoller als Gold und Silber532 und alle weltlichen Schätze,533 denn sie bringen die Schätze Gottes sowie Gerechtigkeit534 ebenso wie Vernunft und das Wissen.535 Dem Begehrenden536 verspricht die weyshei, dass er 523 Eccl 24,25-30: Die mich essent die hungert noch: ... vnd die mich trinckent die dúrsten noch ... 524 Eccl 51,34: ...vnd vnterlegt euwern hals irem joch: vnd ewer sele die entpfach die lere. 525 Spr 8,31: Ich spilt auf dem vmbring der erde: vnd mein wollust ist mit den súnen der menschen. 526 Wsh 8,4: Wann sy ist ein lererin der zuchte gotz: ... 527 Wsh 8,7: Wann sy lern die meßigkeit vnd die witzigkeit • vnd das recht vnd die krafft. 528 Wsh 6,12: Dorumb begeitigt mein wort habt sy lieb: vnd ir wert haben die zucht. 529 Wsh 6,19-20: Die sorg der zucht ist die lieb: vnd die lieb ist ein behútung ir ee. Wann die ee ist ein vollendung der vnzerbrochenheit: wann die vnzerbrochen- heite macht zesein nachen gott. Der Kontext von ‘sorge’ verlangt die Bedeutung sorgend zu interpretieren. 530 Spr 8,32-33: Dorumb súne hört mich ... Hört die lere ... Wsh 6,27: Darumb empfahetdie lere durch mein wort ... 531 Spr 12,1: DEr do lieb hat die lehre der hat lieb die weyssenheit: ... Wsh 6,13: .., vnd wirt leicht gesehen von den die sy lieb habent: ... 532 Spr 8,10: ... die lere ist mer als das gold. Eccl. 51,36: Entpfacht die lere in ma- niger zal des silbers: vnd besitzt in ir vil gold. 533 Spr 3,14: Ir gewin ist beßer denn der gewinn dez goldes vnd des silbers: des ersten vnd des allerleutersten ist ir wucher. Spr 3,15: Die weisheit ist teuer allen den reichtum: vnd alle ding die do weren begert • die múgen ir nit geleichen. Spr 8,11: wann die weisheit ist besser denn alle die teuersten reichtum: vnd al- les das do ist begerlich das mag ir nit werden gleich. Spr 8,19: Mein wůcher ist besser denn gold vnd den edeln stain: vnd mein geschlecht denn das derwelt silber. 534 Spr 8,18: Mit mir seint die reichtum vnd die wunenclich: die obersten schetze vnd die gerechtigkeit. 535 Eccl 1,26: ... in den schezen der weysheit ist die vernunfft vnd die geystlichkeit 100 wert derfullt von meinen geschlechten.537 Der Mann wird so zum Gefäß der weysheit, der Sinn von geschlechten verweist offensicht- lich auf ‘Abkunft’. Auch die weysheit wird als ‚Gefäß’ entworfen, das dem Mann, der in ihr werckent, ermöglicht nicht zu sündigen.538 Die für das ‚Zwischenwesen’ und für den Mann verwendeten Gefäßbilder schließen einander aus, ob der Widerspruch von den Rezipienten der EDB bemerkt wurde, bleibt offen. Die weysheit sucht die Männer, die ihrer würdig sind.539 Von Bedeutung ist, dass die Beziehung weysheit - Mann wechselseitig vorgestellt wird. Sie resultiert aus der Liebe des Mannes zu ihr,540 die als Grundlage für ihre Liebe541 be- schrieben wird. Dargestellt wird aber auch, dass sich die weysheit nicht nur selbst den Mann wählt, vielmehr kann der Mann auch Gott um sie bitten.542 Die Bitte legt die Beziehung Gott - Mann offen, die seitens des Mannes als seine Liebe zu Gott543 definiert wird. Liebe zu Gott haben getrewen.544 Diejenigen, die sich von Gott scheiden, werden als die dargestellt, welche die weysheit und die Lehre ver- werfen und deshalb vnselig545 sind. Der Rückschluss erlaubt, die Liebe der getrewen im Zusammenhang mit der weysheit und ihrer Lehre zu lesen, beide Faktoren zeigen die Konturen von Rechtsge- horsam. Der Widerspruch, Gott liebe nur den, in dem die weysheit546 ihren Aufenthalt hat, löst sich in Verbindung mit der Lehre auf. Der Mann, der die weysheit liebt, kann sie aber auch selbst suchen und finden.547 Seine Bindung an die weysheit erfolgt im Herzen,548 in dem der wissenheit 536 Entgegen der ansonsten pejorativen Bedeutungen von Begehren in der EDB wie in Exd 20,17: Nit begeitig das haus deins nechsten ... ist im Bezug zur weysheit als positiver Wunsch erkennbar. 537 Eccl 24,25. 538 Eccl 24, 30-31: Der mich hört der wirt nicht nit geschemlicht: vnd die do werckent in mir die súndent nit: ... 539 Wsh 6,17: Wann sy selb get suchend die ir sein wirdig ... 540 Wsh 6,13: vnd wirt leicht gesehen von den die sy lieb habent: ... 541 Spr 8,17: Ich hab die lieb die mich lieb habent: ... 542 Wsh 9,10: Sende sy von deinen himmeln • vnd von dem gesesse deiner michlich: ... 543 Eccl 1,11: ... gibt er sy den in lieb habent. 544 Wsh 3,9: ... vnd die getrewen gehellet im in der lieb: ... 545 Wsh 3,10-11: ... vnd scheiden sich vom herrn. Wann der der verwirff die weis- heit vnd die lehre, der ist vnselig. 546 Wsh 7,28: Wann got der hat nymant lieb: neur den der do entwelt in der weis- heit. Überlieferung Z-Oa: in dem die weyßheit wonet. 547 Wsh 6,13: ... sy wirt funden von den die sy suchent. Wsh 8,17: .. vnd die do frú 101 die Lehre der weysheit gehalten wird.549 Die Bindung wird auch in Form eines Fußeisens und Halsrings beschrieben, die nicht entfernt werden sollen.550 Das Fußeisen wird als der Schirm der Stärke und Fundament der Kraft beschrieben, der Halsring als Kleid der Herr- lichkeit551 charakterisiert. Die Fesseln der weysheit befreien,552 ge- ben die Ruhe der letzten dinge, die in wollust verwandelt werden.553 Die Überlieferungen Z-Oa schreiben zeiten statt dinge, was auf den Jüngsten Tag hinweist. Das in wollust Gewandelte beschreibt offen- sichtlich die Rückkehr zur paradiesischen Gemeinschaft mit Gott, zumal die Fesseln als bande der bindung der behaltsam/ heyl554 be- schrieben werden. Mit Blick auf mittelalterliches und frühneuzeitli- ches Rechtsdenken im Zusammenhang mit Frömmigkeitsformen hat Brückner dargelegt, dass Fesselung an Maria oder Heilige stattge- funden haben, die er als „ritualisierten Hingabevollzug”555 charakteri- siert. Die Fesselung an Maria korrespondiert mit der an die weysheit, zumal H. Schüngel-Straumann die Identifikation Mariens mit der Weisheit belegt,556 die ebenso auf einer der Miniaturen der WENZELSBIBEL557 zum Ausdruck kommt und auch in der überlieferten Anrede “Weisheit”558 für Maria zutage tritt. Im Zusammenhang mit der Fesselung des Mannes an die weysheit in der EDB konstruiert wachent zu mir, die vinden mich. Eccl 6,28: Ser such sy vnd sy wirt dir derof- fent: ... Wsh. 6,15: Der do wacht zu ir ... gegenwurtig vint er sy in seinen toren. 548 Eccl 6,27: Genach dich zu ir in allen deim hertzen: und behalt ir weg in aller deiner krafft. 549 Eccl 23,2: ... vnd die lere der weysheit in meim hertzen. 550 Eccl 6,25-27: Wirff oder leg dein fúß in ir eysen halten: vnd deinen halß in ir halßberg. Vnterleg dein achsel vnd trag sy: vnd nit schaide dich von iren ban- den. 551 Eccl 6,30: Vnd ir eysenhalten werdent dir in ein beschirmung der sterck vnd ein grundfest der kreffte: vnd ir halsring in ein gewant der wunniglich. Überlieferung Z-Oa: tugent vnd ir halßband in ein stol der glori. 552 Eccl 6,28: ... nicht laß sy vnd du wirdest gemacht enthebig. Die Bedeutung von enthebig ist hier ‘befreit’: Lexer, Bd. 1, Sp. 571. 553 Eccl 6,29: Wann du vindest in ir die rue in den iungsten dingen: vnd wirt dir gekert in wollust. 554 Eccl 6,31: Wann die gezierd des lebens ist in ir: vnd ire bande seint ein bindung der behaltsam Überlieferung Z-Oa: heyl . 555 Brückner, Wolfgang: Devotio und Patronage. Zum konkreten Rechtsdenken in handgreiflichen Frömmigkeitsformen des Spätmittelalter und der frühen Neu- zeit, in: Schreiner 1992, S.79-92, S. 81f. 556 Schüngel-Straumann, in: Gössmann/ Bauer 1989, S. 12-35. 557 WB Bd. 8, S. 161. 558 Salzer 1963, S. 467. 102 sie eine Bindung, aus der die Rezipienten möglicherweise eine Nähe zur ehelichen Verbindung entnehmen konnten, die mit dem Symbol des Ringes ausgedrückt wurde. Diese mögliche Auslegung ist auch aus dem Rechtswort braut für die weysheit und aus der Bezeichnung liebhaber559 für den Mann zu entnehmen. Braut konkretisierte die Frau als Verlobte am Hochzeitstag und die Ehefrau in der ersten Zeit der Ehe.560 Weiter spricht für die Konstruktion Paar das Rechtswort freundschaft, das nicht nur Verwandtschaft, vielmehr auch ‘Bündnis und Vereinigung’561 umfasste. Der Sinn von ‘Vereinigung’ wird auch mit zegemeinsamen entwickelt,562 die in den Überlieferungen Z-Oa mit den Worten mit ir zeleben dargestellt wird. Statt zegemeinsamen formuliert die Überlieferung W zu wirtscheften. Die Gemeinschaft mit der weysheit hat die Folge des Guten, das zum Ausdruck kommt in Freude563 und Ruhe.564 Darüber hinaus macht die weysheit den Mann ehrsam.565 Sie ist ihm eim liechte der sternen in der nacht.566 Das Sternenlicht symbolisierte auch die Gegenwart Gottes.567 Das Licht der weysheit hat für den Mann die Konsequenzen, dass er nicht arbeiten muss und gleichwohl geehrt wird,568 er erblickt das Reich Gottes569 und bekommt dessen Gemeinschaft570 und das ewige Le- 559 Wsh 8,2-3: dise het ich lieb vnd versuch sy zu von meiner iugent: vnd such sy mir zemenen zu einer brut. vnd bin gemacht ein liebhaber irs pildes. 560 DRWb, Bd. 2 (1932), Sp. 463f. 561 DRWb, Bd. 3 (1935), Sp. 774-780. Lexer, Bd. 3, Sp. 527; DWb, Bd. 4, Sp. 167f. 562 Wsh 8,9: Dorumb dise fursatzt ich mir zů zufuren ze gemeinsamen: jch wais daz sy gemeinsamt mit mir von den gutten dingen: vnd sy wirt ein liebkosung des gedanken: vnd meiner verdriessung. 563 Wsh 8,16: Wan ir wandlung hat ... freude vnd frolockung. 564 Wsh 8,15: Ich gee in mein haus, ich entsamt mit ir. 565 Wsh 10,11: Sy macht sein in ersam in den arbeiten: ... 566 Wsh 10,17. 567 Cooper 1986, S. 184. Holl, Oskar: Stern, Sterne, in: LCI, Bd. 4, Sp. 214-216. Lurker 1991, S. 708f. Oesterreicher-Mollwo 1991, S. 162. 568 Wsh 6,15: Derdo wacht zu ir von dem liecht der enarbeit nit: ... Wsh 8,10: Vmb sie wirt ich haben ... die ere bei den alten. 569 Wsh 7,14: ... die ir gewohnet • die sind gemacht teilhafftig der freuntschafft gotz. Wsh 10,10: ... vnd zeigt im das reich gotz. Wsh 8,4: Der do hat die gesellschafft gotz der wunglicht ir edelkeit .Eccl 14,22-23: Selig ist der man der do wont in der weysheit: vnd betracht in dem rechten vnd in dem synn gedenckt die wider- schauung gotz. 570 Wsh 8,4: Der do hat die gesellschafft gotz der wunglicht ir edelkeit. Eccl 14,22- 23: Selig ist der man der do wont in der weysheit: vnd betracht in dem rechten vnd in dem synn gedenckt die widerschauung gotz. 103 ben.571 Dem Manne ist die weysheit Beschützerin572 auch vor Fein- den und Verführern.573 Die weysheit wird auch als Schwester be- zeichnet.574 Die Bedeutung dieser verwandtschaftlichen Beziehung bleibt offen. Die Lehre der weysheit besteht aus Geboten und Gesetzen der Rechtsordnung ordenung der ee, die gepaart ist mit dem Heiligen Geist der Vernunft. Die Lehre ist im Rahmen Rechtsordnung ee als die hilffen zum Rechtsgehorsam zu deuten. Die Motive der persona- len Beziehung weysheit - Mann entwerfen den Mann als willig, die Lehre der weysheit aufzunehmen und sie zu befolgen. Aus der Be- ziehung gewinnt der Mann sein Konzept weise, das ihn zugleich als rechtsgehorsam charakterisiert. Die Bilder, die weysheit und Mann als Paar entwerfen, zeichnen die weysheit als hilffen des Mannes zu seinem behaltsam/heyl, das auch in der Aussage zum Ausdruck kommt, sie bringe gut wollust.575 Die weysheit beschränkt sich nicht auf den gottgefälligen und durch sie weise gewordenen Mann, sie läd auch die lutzler ein, in- dem sie ihre Mägde ausschickt und sie spricht mit den vnweisen.576 Lutzler ist im Sinn von lützel also ‘klein und gering’577 zu verstehen. Die weysheit wird als Baumeisterin ihres eigenen Hauses entworfen, ihr Rechtsgehorsam578 wird mit opffert ir opffer579 beschrieben. Sie ist die Herrin und Hausfrau, die selbst den lutzlern und vnweisen den Tisch bereitet,580 während ihre Mägde ihre Botschaft verkünden: Kumt esst mein brot: vnd trinkt den wein den ich euch hab ge- 571 Wsh 8,13: Dorumb vmb sy wird ich haben die vntötikeit: vnd ich las ewig ge- denkung den do seint kunfftig nach mir. Eccl 24,31: ... die haben das ewig le- ben. 572 Spr 1,6: Nicht laß sy vnd sy behút dich: hab sy lieb vnd sy behelt dich. 573 Wsh 10,12: Sy behút in vor den feinden:vnd sichert in von den verlaitern. 574 Spr 7,4: Sprich zur weysheit du bist mein schwester. 575 Wsh 8,11. 576 Spr 9,3: Vnd sant ir dirnen zu den hochen: vnd zu den czinnen der stat. Das sy rieffen ob etlicher ist ein lutzler der kum zů mir: wann sy ist redent mit den vnweisen. 577 Lexer, Bd. 1, Sp. 1999. 578 Lev 24,9: ... wann es ist ein heiligkeit von den opfern des herrn mit eim ewigen recht. 579 Spr 9,1-2: Die weisheit bauwet ir ein haus: sy schnait siben seulen. Vnd opffert ir opffer. 580 Spr 9,2: sy mischt den wein vnd satzt iren tisch. 104 mischt.581 Speise und Trank führen zum Leben und dem weg der witzigkeit.582 Auch sie selbst spricht vnweise und lutzler von den Hö- hen der Berge herab an.583 Ihnen sagt sie, dass ihre Lippen die ge- rechten ding predigen,584 alle ihre Worte gerecht seien585 und sie ihre Zucht und Lehre empfangen sollen.586 Mit diesen weiblichen Initiati- ven wird also vnweisen und lutzlern die Möglichkeit gegeben, zu wei- sen Männer zu werden, denn sie gehören noch zu denen, die nicht in der Rechtsordnung leben.587 Die weysheit wird trotz der nicht durchgehenden Darstellungen als Frau entworfen. Ihr wird absolute reine Schönheit zugesprochen, die ihrer inneren Konstitution entspricht, wodurch ein Bild der vollkom- menen Harmonie entsteht. Sie ist das erste Geschöpf, das wie ihr Schöpfer vollkommen und die Verkörperung des Lebens ist und bleibt. Das „Zwischenwesen” weysheit ist mit den Augen als Licht zu sehen, mit den Ohren zu hören durch die Worte ihrer Lehre, mit der Nase als ihr Wohlgeruch und mit dem Geschmack als ihre Süße wahrzunehmen. Ihr Konzept wird im Rahmen der göttlichen Hilfen entfaltet. Ihre Herrschaft auf der Welt hat sie als ‘Reichslehen’ und ‘Eigen’ erhalten. Ihr Verhältnis zum Mann wird auch als Paarbezie- hung beschrieben. Ihr Handlungsfeld zucht und Lehre zielt auf be- haltsame/heyl.. Dafür sind die Kenntnisse der zucht und Lehre not- wendig, die als Rechtsordnung ee mit ihren Geboten und Gesetzen als hilffen für das behaltsame/heyl entschlüsselt werden konnten, das auf willentlichen Rechtsgehorsam basiert. Die weysheit kann da- her als hilffen für den Rechtsgehorsam charakterisiert werden. Sie ist dem Geschlecht Mann Instanz und Garant für seinen Rechtsgehor- sam, der ihm behaltsame/heyl bringt. Bei den Beschreibungen der 581 Spr 9,5. 582 Spr 9,5: ...laust die kintheit vnd lebt: vnd get durch den weg der witzigkeit. 583 Spr 8,1-4: RVfft den nicht die weisheit ... o man ich růff zu euch: vnd mein stimm ist zu den sunen der leute. 584 Spr 8,6 : Höret wan ich bin zereden von den micheln dingen, vnd mein lespen werden aufgetan sy predigenden die gerechten ding. 585 Spr 8,8: ... alle mein wort sind gerecht. 586 Spr .8,10: Entphacht mein zucht... [und] die lere mer den das gold. 587 Spr 5,23: Vnd er stirbt wann er nit hat die lere der wißentheit: vnd wirt betrogen in der menig seiner torheit. Spr 9,12: Wann du bist ein verspotter; du tregst das vbel allein. Spr 10,23: Der tor werckt die sunde als durch das gelechter: wann dem synnigen mann seint die weysheit. Spr 14,8: Der tor verspott die súnde: ... Spr. 14,17-18: Der vnfriedsam werckt die torheit: vnd der listig man wirt heßlich. Die tumpen besitzen die torheit: vnd die listigen painent der wissenheite. 105 weysheit dominiert eine Frauenfigur, deren Handlungsfelder mit hilf- fen zu fassen sind. Ob zwischen der Figur weysheit und den Darstellungen der Ehe- frau Zusammenhänge zu erkennen sind, wird im folgenden Analyse- schritt untersucht. 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe Die Ehe wird mit Beschreibungen von Ehefrauen entwickelt, die mit weib bezeichnet werden. Ihr Konzept wird mit Epitheta und Meta- phern entfaltet, sodass nach dem Verhältnis weysheit - weib gefragt werden kann. Geprüft werden vier Aspekte: Erstens werden die Ge- staltung der Ehefrau und ihre Handlungsfelder daraufhin untersucht, ob sie als hilffen zu charakterisieren sind und ob Korrespondenzen oder Differenzen zur weysheit zu erkennen sind. Zweitens wird das Konzept der Ehe rekonstruiert. Aus diesem wird drittens herausgear- beitet, ob mit den Ehebeschreibungen auch das Konzept des Ehe- mannes zu Tage tritt. Viertens wird nach der Position der Ehe in der Rechtsordnung ee gefragt In den Weisheitsbüchern wird auch die Scheidung der Ehe thematisiert. Da sich jedoch im Untersuchungs- zeitraum die Unauflöslichkeit der Ehe als Norm durchgesetzt hatte588 und entsprechend der Norm Ehescheidung im ACKERMANN AUS BÖHMEN nicht thematisiert wird, werden diese Aussagen nicht darge- stellt. Parallelen von weysheit und Ehefrau sind aus den zugeordneten Adjektiven zu erkennen. Sie sind weise,589 rein/ unfleckhaftig,590 stette,591 witzig,592 synnig593, kreftig,594 stark,595 heylig,596 derwelt,597 588 Angenendt 2000, S.275. 589 Spr 14,1. 590 Eccl 40,17; Eccl 40,19. 591 Eccl 26,23. 592 Spr 19,14. 593 Eccl 7,21; Eccl 25,11; Eccl 26,18. 594 Spr 11,16. 595 Spr 11,16; Spr 31,10; Eccl 26,2. 596 Eccl 26,19; Eccl 26,24. 106 also ‘auserwählt,’598 wolthund,599 genem600 und gut.601 Diese Adjekti- ve beschreiben ihre Eigenschaften, die mit gut als Oberbegriff zu er- fassen sind. Ich wähle daher die Formulierung gutes weib, mit der zugleich auch das Konzept der Ehefrau markiert wird. Die Bandbreite der Eigenschaften des guten weibs legen Parallelen zur weysheit offen, da ihre vollkommene Seele602 und ihre Reinheit603 herausge- stellt wird. Ihr alterloses Antlitz wird als helle lichtuaß auf dem heili- gen Leuchter604 beschrieben. Das lichtuaß wird auf dem Leuchter Gottes605 verortet. Da diese Metapher für das Gebotene im Rahmen der Rechtsordnung ee die weysheit606 beschreibt, stellt lichtuaß eine Korrelation zur weysheit her. Das Licht im lichtuaß wird als nie verlö- schend bezeichnet.607 Die Aussage lässt einerseits zu, das gute weib als Gefäß der Gebote und Gesetze erscheinen zu lassen, in dem das Licht der Rechtsordnung ee leuchtet, anderseits kann das gute weib als Gefäß der weysheit erkannt werden, wobei dann die weysheit das Licht in Form der Rechtsordnung ee ist. Das Verhältnis der Ehe- frau zur weysheit kommt in der Aussage sy tet auf den mund der weyheit608 zum Ausdruck. Die Gestalt des guten weibs wird der Son- ne gleichgesetzt.609 Die Sonnenmetapher weist zum Licht der weysheit eine Verringerung610 auf. Die Sonne als hellstes irdisches 597 Eccl 1,16. 598 Lexer, Bd. 1, Sp. 698. 599 Eccl 42,14. 600 Spr 11,16. 601 Spr 18,22; Eccl. 7,21; Eccl. 26,1; Eccl 26,3; Eccl. 26,21. 602 Eccl 26,20: Vnd alle die gewicht ist nicht wirdig der enthebigen sele. 603 Eccl 40,17: Súnlein die bawung der stat sterkt Vnd alle die gewicht ist nicht wirdig der enthebigen sele.. 603 Eccl 40,17: Súnlein die bawung der stat sterkt den namen: vnd vber dies wise wirt auch geacht daz weip vnfleckhaftig. 604 Eccl 26,22: Als ein liechtenz liechtuas auf eim heylg kertzstal: also ist die gestalt des antlútz vber das stete alter. 605 Exd 25,31-9. Exd 37,17-24. 606 2.2.1 Die weysheit, S.90, Anm.428. 607 Spr 30,18: Theth ..: ir lichtuaß wirt nit verlecht in der nacht. 608 Spr 30,26: Phe. sy tet auf den mund der weysheit: vnd die ee der miltikeit ist ir zungen. 609 Eccl 26,21: Als der sunn wirt geborn in der welt• in den höchen gotz: also ist die gestalte des guten weybs in der gezierd irs haus. 610 2.2.1 Die weysheit, S. 86, Anm. 380. 107 Licht wurde symbolisch als Gerechtigkeit und Liebe611 gedeutet. Sie charakterisiert das gute weib als irdische Frau. Die Sonne war ein Bild der immerwährenden Beständigkeit, die für das gute weib im Besonderen betont wird, denn sie wird gleichgesetzt mit goldenen pfeiler[n], die auf silbernen grundfesten612 stehen. Die Aussage zeigt Analogien zum Tempel Gottes.613 Die ewigen grundfesten werden als Metaphern für die Verankerung der Gebote Gottes im Herzen des guten weibs614 benutzt, also handelt es sich um die Gebote im Rah- men der Rechtsordnung ee.615 Dem guten weib ist Stärke eigen, sie wird als deren gefäß,616 aber auch als ihre anthuung /becleydung617 darstellt. Während gefäß eine Leibmetapher618 ist, kennzeichnen anthuung / becleydung Kleidung und Schmuck.619 Ihr Kleid hat sich das gute weib selbst aus peise vnd purpur620gefertigt. Peise war ein Stoff aus feinstem Material,621 der Stoff gehörte wie die Farbe Purpur in der EDB zur Ausstattung des Gotteshauses622 in der EDB. Die Kleider des guten weibs sind in der EDB die Manifestationen ihrer kostbaren Konstitution, die ihre Beziehung zu Gott repräsentieren. An ihrer Kleidung kann das gute weib erkannt werden. Die Lichtbe- schreibungen, die unvergängliche äußere und innerer Schönheit, die kostbaren Kleider sind erforschte Bestandteile des Frauenlobs623 in 611 Cooper 1986, S. 175-177. Laag, Heinrich: Sonne, in: LCI, Bd. 4, Sp. 175-178. Oesterreicher-Mollwo 1991,S. 156. Lurker 1991, S. 686f. 612 Eccl 26,23: Als die guldein pfeiler auf die silberein gruntfesten: vnd also seint die fúß veste: vber die versen des stetten weybs. Grundfeste war wie Funda- ment ein Sinnbild Mariens, Salzer 1963, S. 258, S. 328, S. 558. 613 Exd 25-27, 36-37; Exd 26,32. 614 Eccl 26,24: Als die ewigen gruntfesten auf ein vesten stein: vnd also seint die gebot gotz in dem herzen des heyligen weybs. 615 Ps 36,31: Die ee seins gotz ist in seim herzen: ... 616 Spr 31,25: Ayn. Sterck vnd gezierd ist ir gefeß: vnd sy wird lachen in dem iung- sten. Überlieferungen Z-Oa, K-Ob: bekleidung . 617 Spr 31,24: Heth. Sy begurt ire lancken mit stercke: vnd krefftigt iren arme. 618 Als solche ist es als Mariensinnbild überliefert. Salzer 1963, S. 17, 85, 115, 327, 565. 619 DWb, Bd. 4, Sp. 2127-2131, Sp. 2127f. 620 Spr 31,22: Mem. Sy macht ir ein gestraiffts gewant; peise vnd purpur ist ir ge- fezzt. Überlieferung P: ‘peisen’, K-Oa: ‘biß.’ Z-Oa: ‘kleyd’. 621 Entweder ist es aus dem Sekret der Byssusdrüse von Muschelarten gefertigt worden sein oder es ist ein Gewebe aus feinen Leinenfäden. Sleumer 1996, S. 177. 622 Exd 26,1: ... Wann mache den tabernackel also. X • vmbhenge von gestickter oder gezwirnter peise • vnd iacint vnd pupur•. 623 Brinker-von der Heyde 1996, S. 62, 66, 75-88, 94-112. Brüggen, Elke: Kleidung 108 der höfischen Literatur. Aussagen der Weisheitsbücher der EDB werden in den Forschungen nicht einbezogen, Korrespondenzen lie- gen nahe. Das gute weib findet die wuniclich, im Sinne von ‚Herrlichkeit’624, und besitzt den Reichtum.625 Beide Aspekte beziehen sich auf das Göttliche. Zum alttestamentarischen Ehefrauenlob gehört die Aussa- ge, dass das gute weib, ihre Lenden mit Stärke gürtet und für die Kraft ihrer Arme sorgt.626 Ob die Stärke im Zusammenhang mit Schwangerschaften und Geburten verstanden werden konnten, bleibt offen. Die Möglichkeit dazu ist gegeben, da das gute weib auch als Mutter dargestellt wird, deren Schönheit mit hinde, also Hirsch- kuh,627 betont wird und deren hindenkalb628 besonders edel und er- wünscht ist.629 Die Differenz zur Mutter weysheit wird durch das Ge- bären von Söhnen ausgewiesen. Die mit Stärke gegürteten Arme beschreiben ihre ‘Arbeitskraft’ und ihre Handlungsfelder für ihr ‘Haus’.630 In der EDB ist es Gott, der mit Kraft gürtet.631 Der Gürtel ist auch ein Zeichen dafür, dass man für Gott bereit ist.632 Er gehört zu den heiligen Kleidern633 und wurde im vorreformatorischen Zeitraum als Symbol für Recht und Glauben634 gewertet. Weil begurt und gur- tel im Zusammenhang Gottes genannt werden, ist die dem guten weib zugeschriebene Stärke als Resultat ihrer Gottesbindung zu le- sen, in der ihr Rechtsgehorsam gegenüber der Rechtsordnung ee enthalten ist. Das gute weib ist in der EDB als hilffen der weysheit zu und Mode in der höfischen Epik des 12. und 13. Jahrhunderts, (= Euphorion Beiheft 23) Heidelberg 1989, S. 90-92. 624 Lexer, Bd. 3, Sp. 995. 625 Spr 11,16: Das genem weip vindt die wuniclich: vnd die kreftigen haben reich- tum. 626 Spr 31,17: Sy begurt ire lancken mit stercke...: vnd krefftigt iren arme. 627 Lexer, Bd. 1, Sp. 1292, DWb, Bd. 10, Sp. 1407. 628 Spr 5,19: Die hinde ist die liebste: vnd das hindenkalb das edelst oder gene- mest. 629 Im Hohenlied wird hindenkalb als Lob männlicher Schönheit benutzt. 2.2.2 Die Geschlechterordung Ehe, S.128, Anm. 830. 630 2.2.2 Die Geschlechterordung Ehe, S.115f, Anm. 697-709. 631 Ps 17,33: Got der fúrbegürt mit der kraft: vnd satz mein weg vnfleckhaftig. 632 Exd 12,11: Begúrt euwer lancken: ... Wann es ist die ostern, das ist der vber- gang des herrn. 633 Exd 28,4: ... ein hauben • vnd ein gürtel. 634 Jes 11,5: Vnd das recht wirt ein gúrtel seiner lancken: vnd ein glaub begúrten seinen nieren. 109 definieren, in Form ihrer Konkretion, also keiner eins zu eins Ent- sprechung. Der Terminus Konkretion erlaubt auch die Aussage, dass die weysheit das gute weib nie verlässt.635 Die zentrale Nähe zur weysheit sehe ich aber in Schwangerschaft und Geburt, denn die weysheit benötigt ein gutes weib präsent zu sein durch die geburt in die heiligen seln. Der Mutterleib wird in der EDB als der Ort der Rei- nigung dargestellt,636 in dem Gott präsent ist und das Kind formt und gläubig macht.637 Die Gottesfurcht, also die Herrschaftsakzeptanz Gottes, beginnt im Mutterleib, der dem Kind die Gemeinsamkeit mit der weysheit ermöglicht. Diese Interpretation wird anhand der Aus- sage untermauert, dass die Gottesfurcht und das Recht dem Manne in der Ehrsamkeit seiner Mutter begegnet,638 die in daz weyp von der maitheit639 verankert sind. Die Feststellung unterstreicht, dass die maitheit das gute weib640 bestimmt. Das entspricht dem Übertra- gungsmodell Mutter - Tochter im Hohelied641 und bei Hesekiel642 Ec- clesiasticus 1,16643 zeigt die Bedingungen für diese Transmission deutlich: die vorcht des herrn ist entzamt644 geschaffen mit den getrewen im leibe. Diese Ausführungen weisen darauf hin, dass Verfasstheit des Mutterleibes bestimmend für das männliche Ge- schlecht ist, das so in die Lage versetzt wird, mit der weysheit in Gemeinschaft zu treten. Es ist allein der Sohn des guten weibs, der die Voraussetzung hat, in die Gemeinschaft mit der weysheit zu tre- 635 Eccl 1,16: Die vorcht des herrn ist ein anuang der weysheit vnd ist entzamt geschaffen mit den getrewen im leibe: vnd geht mit den derwelten weyben: vnd wirt derkant mit den gerechten vnd den getrewen. 636 Wsh 7,1: ... wann ich bin gebildet ein fleisch in dem leib der můtter: ich bin ge- reinigt in dem plůt in dem zeit x moned• von dem samen des menschen: ... 637 Pr 11,5: ... • vnd wie getan redlikeit werdent erfaist die bain in dem leib der schwangern: also waistu nit die werk gotz derdo ist ein bilder aller ding. Hi 10,11: Du fastest mich mit der haute vnd mit fleyschn: vnd fúgttest mich zusa- men mitt beynen vnd mit aderen. Ps 21,12: Du bist mein gote von dem leyb meiner mutter: ... nit scheyd dich von mir. 638 Eccl 15,1-3: DEr do furcht den herrn der tut die guten ding: vnd der do ist ent- hebig des rechts der begreifft es: vnd es begegent in im als die ersamkeit mut- ter: vnd enpfecht in daz weyp von der maitheit. 639 Lexer, Bd. 3, Sp. 562. 640 In der Lutherübersetzung fehlt diese Aussage. 641 Hl 6,8.: ... sy ist ein ir můtter: ein derwelte ir gebererin. 642 Hes 16,44: Als die můtter: also auch ir tochter. 643 Eccl 1,16: Die vorcht des herrn ist ein anuang der weysheit vnd ist entzamt geschaffen mit den getrewen im leibe: vnd geht mit den derwelten weyben: vnd wirt derkant mit den gerechten vnd den getrewen. 644 Ich übersetze entzamt im Sinne ‘zusammen’ Lexer, Bd. 2, Sp. 1096. 110 ten, aus der er sein Konzept weiser Mann gewinnt. Beide Bezie- hungsmuster sind personal gedacht. Die Darstellungen des gutes weibs entfalten auch das Zustande- kommen der Ehe. Gott gibt dem weisen Mann das gute weib.645 Maßgebend sind die Faktoren Gottesfurcht und gute werke,646 wel- che die weysheit647 leitet, also die Gemeinsamkeit des Mannes mit ihr. Das gute weib wird als gnade aller gnaden648 bezeichnet und damit als Inhalt eines Herrschaftsaktes Gottes gesehen. Der Ehe- mann erfreut sich an ihrer Gestalt.649 Mit dem guten weib erhält der Mann seinen guten teil.650 Die Formulierung charakterisiert das Ehe- paar als Einheit.651 Wie die weysheit kann das gute weib auch vom Mann gefunden werden, womit er das gut gefunden hat, aus dem er die Freude Gottes schöpft.652 Der Terminus gut kennzeichnet sie folglich nicht nur im Sinn von ‘Vermögen und Besitz’,653 vielmehr ist sie diejenige, aus der die Freude Gottes entspringt. Die Aussage lässt eine Parallele zur Freude bringenden weysheit654 erkennen, wird doch auch dem Mann, der ein gutes weib gefunden hat, zuge- sagt, dass er allumfassenden Lohn am Jüngsten Tag erhält.655 Der Mann wird als selig656 ausgewiesen, also in dem Rahmen be- haltsam/ heyl gesetzt, sein gesellschaftliches Ansehen resultiert letztlich aus ihrem Konzept, denn wegen seines reinen weibs wird er mehr geachtet als für die Zahl seiner Söhne oder für die Gründung 645 Spr 19,14: Heuser vnd reichtum werdent gegeben von vatter vnd můter: wann aigentlich vom herrn ein witzigs weip. 646 Eccl 26,3: ... der die gott furchtent wirt gegeben dem man vmb sein gute werke. 647 Wsh 9,11: ... vnd fúrt mich temperlich in meinem werk: vnd behút mich vnter irem gewalt. 648 Eccl 26,19: Das heilig weyp und das enthebig: ist eine gnad vber genad. 649 Eccl 36,24: Die gestalt des weibs derfrewt das antlútz irs mans: ... 650 Eccl 26,3: Das gut weyb ist ein guter tail: ... 651 Lexer, Bd. 2, Sp. 1414f. DWb, Bd. 21, Sp. 347-355, 352b belegt für das 15. und 16. Jahrhundert, dass die Formulierung für Ehe- Liebes- und Freund- schaftspaare verwendet wurde. 652 Spr 18,22: Der do vint ein gut weip der vint das gut: vnd schöpfft die freid vom herrn: ... 653 Lexer, Bd. 1, Sp. 1121. 654 2.2.1 Die weysheit, S.102, Anm. 563f. 655 Spr 31,10: Wer vint das starck weip? vnd des lon ist fer von den iungsten en- den. 656 Eccl 25,11: Er ist selig der do entwelt mit dem synigen weib: ... Eccl 36,25: ir man ist nit nach den sún der menschen. 111 von Städten.657 Diese Konstruktion mit Griesebeners Perspektive “Geschlecht als mehrfach relationale Kategorie“ betrachtet, stellt heraus, dass dem guten weib auch gesellschaftlich der bestimmende Stellenwert zugewiesen wird. In der WENZELSBIBEL ist es auffallend, dass in Aussagen in denen das Konzept gutes weib dargestellt wird, der Übersetzer anstelle des Begriffs weib in den vorliegenden Texten des Buches Ecclesiaticus hausvrow einsetzt. Das Rechtswort soll damit offensichtlich nicht nur die Kategorie der Rechtmäßigkeit der Geschlechterbeziehung dokumentieren, sondern auch die der Rechtsgehorsam der Ehefrau. Das gute weib wird charakterisiert sy ist ein hilff nach im vnd ein seúle als die rue.658 Der Formulierung nach im zufolge kann einer- seits der Bezug zu Genesis 2,18 die Schöpfungsqualität der Frau und der Zeitpunkt ihrer Erschaffung abgeleitet, anderseits aber auch die räumliche Nähe im Sinne ‘immer anwesend’.659 Die Bezeichnung als Säule betont ihre Standfestigkeit, die im Zusammenhang der von Gott erschaffenen Stabilität 660 zu sehen ist. Das Säulenbild insze- niert den Mann, der sich an seiner Ehefrau anlehnt. Das Handlungsfeld des guten weibs wird für ihren Mann, ihr Haus und für Dritte außerhalb ihres Hauses beschrieben. Eine Parallele zur weysheit entsteht mit der Feststellung, dass dem guten weib die Lehre Gottes zugeschrieben wird: in ir lere der gib gotz.661 Damit wird die Ehefrau entsprechend der weysheit als Lehrerin dargestellt. Ihre Söhne werden aufgefordert, die ee ihrer Mutter zu befolgen,662 womit sie als Wissende der ee erscheint. Die Rechtsordnung ee ist mit der Verankerung der Gebote im Herzen des guten weibs663 geschildert. Die ee der Ehefrau wird als die ee der miltikeit ist ir zungen beschrie- 657 Eccl 40,17: Súnlein die bawung der stat sterkt den namen: vnd vber dies wise wirt auch geacht daz weip vnfleckhaftig. 658 Eccl 36,26: ... sy ist ein hilff nach im: vnd ein seúle als die rue. Aus der Bezie- hung zu ‘besitzung’, im Sinne von ‘Besitznahme, Besitz’ (Lexer, Bd. 2, Sp. 218) muss ‘fecht’ erfechten, erkämpfen’ (Lexer, Bd. 3, Sp. 43 f) aussagen. 659 DWb, Bd. 13, Sp. 9-16. Lexer, Bd. 2, Sp. 3-5. 660 Ps 74,4: Die erde ist gemacht lind vnd alle die do entwelent in ir: ich hab geue- stent ir seulen. 661 Eccl 26,17: In ir lere ist der gib gotz.. Dagegen WB: Ire tzucht ist eine gabe go- tes. 662 Spr 1,8: O mein sun höre die wort deins vaters vnd las nit die ee deiner můter: das die gnad werde gegeben deim haupt: vnd ein ring deim hals. Spr 6,20: Mein sun behút die gebot deins vatters vnd nit la die ee deiner mutter. 663 2.2.2 Die Geschlechterordung Ehe, S.107, Anm. 614. 112 ben.664 Das gute weib wird ein zung der gesuntheit genannt, die als Linderung und das Erbarmen wird.665 Die Zungenmetapher charakte- risiert die Heilkraft ihrer Worte, die eine Verknüpfung mit den Worten Gottes aufweisen,666 die in seiner ee manifest sind. Das gute weib gehört in der EDB zu den göttlichen Arzneien.667 Die Studien zum Motiv Frau als Arznei668 könne mit den Aussage der EDB erweitert werden, ebenso wie die Prädikatikon Arznei für die Gottesmutter, die A. Salzer als außerbiblische Metapher feststellt.669 Die beiden Zun- genmetaohern charakterisieren die Worte der Ehefrau, ohne dass ein Widerspruch zum Lob des schweigent weip670 entsteht, denn die Aussage ist im Sinne von schweigsam671 zu lesen. Das gute weib gibt ihrem Mann Zeit ihres Lebens das Gute, niemals aber das vbel.672 Diese Ehefrau wird als Spenderin von Nahrung charakteri- siert: ihre Brüste trencken ihren Mann zu jeder Zeit.673 Milch ist in der EDB Zeichen des Segens,674 der Verheißung675 und eine von Gott gespendete Nahrung.676 Wie die weysheit selbst Nahrung ist, zeigt die immer bereite Frauenmilch eine analoge Konstruktion, denn der Wert der Ehefrauenmilch ist es nicht allein Nahrung zu sein, sie ist vielmehr in den Zusammenhang Gottes zu stellen. Der Rückschluss ermöglicht es, der Ehefrauenmilch körperliche und seelische Wirkung 664 Spr 31,26: Sy tet auf den mund der weisheit: vnd die ee der miltikeit ist ir zun- gen. 665 Eccl 36,25: Ob sy ist ein zung der gesuntheit: sy ist auch der senfterung vnd der erbermd: ... 666 Ps 10,20: Er sante sein wort vnd gesund sy. Ps 106,20: Er sante sein wort vnd gesundt sy. 667 Eccl 38,2: Wann alle ertzenei ist von got: ... 668 Ehlert, Trude: Die Frau als Arznei. Zum Bild der Frau in hochmittelalterlicher Lehrdichtung, in: ZDPh, Nr. 105 (1986), S. 22-42. Brinker-von der Heyde 1996, S. 100f. 669 Salzer 1967, S. 513f. Richter, Erwin: Ärztin, Arznei in: Lexikon der Marienkunde 1 (1967), Sp. 48. 670 Eccl 26,18: Daz synig weyp vnd daz schweigent: ist nit verwandlung der ge- lehrten sele. 671 Pr 1,7: ein zeit zereden; vnd ein zeit zeschweigen. 672 Spr 30,12: Sy gibz im das gut vnd nit das vbel: alle die tag irs lebens. 673 Spr 5,19: ... Ir brüste die trencken dich eim ieglicher zeit • vnd du wollustig dich emsiglich in ir lieb. 674 Exd 3,8: ... in ein land das do fleust mit mich vnd mit honig: ... 675 Jo 3,18: Vnd es wirt: an dem tag die berge troppent die sússe vnd die búhel fliessent mit milch: ... 676 Hes 25,4: ... vnd sy setzent ir schafstell in dir • vnd setzent ir gezeld in dir. Sy- selb essent dein frúchte: vnd trinkent dein milch. 113 zuzumessen. Im Mittelalter wird die Milch Mariens im „Heilgesche- hen“ 677 beschrieben. H. Wunder belegt für das 18. Jahrhundert, dass Frauenmilch körperlich heilende Kraft678 zugesprochen wurde. Die Ehefrauenmilch der EDB ist in der Übersetzung Luthers nicht ent- halten.679 Dem guten weib wird auch emssig im Sinne ‘beständig, fortwährend, beharrlich’680 gnad zugeschrieben, mit der sie ihren Mann wollustig emssiglich und damit seinen ‘Leib’ stark macht.681 Das Postulat: Das starck weyp wollustigt iren man: vnd derfullt die jar seins leben in fride682 geht davon aus, dass Friede und die wollust bereitende Ehefrau im Zusammenhang stehen. Der Mann wollustig(t) sich ständig in ir lieb.683 Den Aussagen ist zu entnehmen, dass wol- lust auch die Konturen eines Geschlechtsaktes entfalten. Der Ge- schlechtsakt beruht in den vier Weisheitsbüchern unausgesprochen auf den Grundlagen der Gesetze der Reinheit für Mann und Frau. Sie ist aus konkret benannten Unreinheiten zu konstruieren und den Ritualen, welche die Reinheit wiederherstellen. Beim Mann wird sein Same zum Auslöser seiner Unreinheit,684 bei der Frau sind es Men- struation685 und Geburten,686 die sich nach dem Geschlecht des Kin- 677 Marti, Susan/ Mondini, Daniela: »ICH MANEN DICH DER BRÜSTEN MIN; DAS DU DEM SÜNDER WELLEST MILTE SIN! « Marienbrüste und Marienmilch im Heilsgeschehen, in: Jezler 1994, S. 79-90, S. 86f. 678 Wunder, Heide: Frauenmilch - Muttermilch, Eine Geschichte aus dem 18. Jahr- hundert, in: Duden, Barbara, u.a.(Hg.): Geschichte in Geschichten, Frankfurt a.M. 2003, S.295-305. 679 Luther, Spr 5,19: Las dich jre liebe allzeit settigen/... 680 Lexer, Bd. 1, Sp. 543. 681 Eccl 26,16: Die emssig gnad des weyp die wollustig emssiglich irem man: vnd derfaisster sein bain. Trotz des fehlenden Adjektivs handelt es sich um ein ‘gu- tes weib’, weil die Beziehung zum Göttlichen durch die Termini ‘gnad’ und ‘wol- lust’ hergestellt werden. 682 Eccl 26,2. WB: Ein starkes weip gelustsame iren man •: vnd die iare seines lebens in vride sie erfullet. Luther übersetzt: EJn heuslich Weib ist jrem Manne eine Freude/ Und macht jm ein fein rugig Leben. 683 Spr 5,19: ... vnd du wollustig dich emsiglich in ir lieb. 684 Lev 15,2: Der man der do leit den floß des sames • der wirt vnrein: Lev 15, 3: Der man von dem do ausget der same der vnkeúsch • der wasche allen seinen leib vnd wird vnrein vntz an den abent.: ... 685 Lev 15,19: ... das weip die do derleidet den floß des siechtumbs so jeden monet widerkert: die werde gescheiden • vij • tag. Ein iegklicher der sy rúrt • wirt vnrein an den abent: vnd wo inn sy schlafft oder sitzt in den tagen irer schaidung • das wirt entzeubert. 686 Lev 19,1-4: Ob daz weip entpfecht samen vnd gebierte ein menlichs sy wird vnrein •vjj• nach den tagen der scheidung des siechtumbs: ... wann sy selb be- leib • xxxiij • in dem plůt ir reinigung. Ein iegklichs heiligs rúr sy nit: noch engee in die heiligkeite bis das die tage ir reinigung werden derfúllet. Lev 12,5: Wann 114 des richten. Der Geschlechtsakt ist in Zeiten der Unreinheit verboten, wird als vnkeuschen geächtet.687 Der Terminus vnkeuschen ermög- licht den Rückschluss, dass im Zustand der Reinheit beider Ehepart- ner der Geschlechtsakt als keusch688 ausgewiesen wird. Da zum Wortfeld keusch auch rein689 gehörte, ist er damit auch als reiner Geschlechtsakt zu bezeichnen, dessen Ort im Neuen Testament das Ehebett ist.690 Die Gesetze der Reinheit sind Bestandteil der Rechts- ordnung ee und deren Einhaltung als Rechtsgehorsam zu definieren. Die wollust in der Ehe kann als Ausdruck der Gemeinschaft mit Gott bezeichnet werden. Auch die Aussage: Selig ist der man des guten weybs zeigt diese Vorstellung. Dass das Herz des Mannes auf seine Frau gerichtet ist,691 dokumentiert seine Zuneigung zur Ehefrau. Die- se wird auch als Liebe charakterisiert, und der Ehemann wird aufge- fordert, alle Tage seines Lebens zu nutzen.692 Die Ehefrau, welche die Liebe hat, wird als die Krone ihres Mannes693 bezeichnet. Das Symbol Krone weist den Ehemann als von Gott und weysheit ge- krönten aus. Das gute weib ermöglicht ihrem Mann das Sitzen bei den alten,694 was mit der Wirkung der Gemeinschaft mit der weysheit695 korrespondiert, folglich befreien sowohl die weysheit als auch das gute weib von der Buße des Schweißes, die Adam aufer- legt worden ist. Die Aufhebung der Buße Schweiß erlaubt Maiers Frage, was der Ehegatte „eigentlich noch zum Lebensunterhalt bei- steuert”,696 als alttestamentarische Rechtskonstruktion anzusehen. sy gebiert ein weiplichs sy wird vnrein • xiiij • nach den sitten des floßes des siechtums: vnd sy beleibe in dem plůt ir reinigung • lxvi • tage. 687 Lev 15,18: Auswirkung des Samens: Das weip mit der er hat gevnkeúscht die werde gewaschen mit wasser: vnd sy wird vnrein vntz an den abent) Lev 15,24: Auswirkung der Menstruation: Ob der man vnkeuscht mit ir in dem zeyt der krankheite des plůts er wird vnrein • vjj tag•. 688 ‘Keusch’ ist nicht nur auf zölibatäre Lebensweise zu beziehen. Dagegen: Ange- nendt 2000, S. 306f, 453-462, 570-572. 689 Lexer, Bd. 1, Sp. 1593. 690 Im Neuen Testament der EDB ist diese Vorstellung ebenso präsent: Heb 13,4: Ein ersams gemecheln sey in allen: vnd ein vnfleckhaftiges bett. Lexer, Bd. 1, Sp. 837. 691 Spr 30,11: Das hertz irs manns versach sich an sy. 692 Pr 9,9: Zegebruchen in dem leben mit deim weib die du lieb hast: alle die tag der vnstettiikeit deins lebens: ... 693 Spr 12,4: Das weip daz do lieb hat ist ein krone irem mann. 694 Spr 31,23: Ir mann der ist edel in den torn: so sitzt er mit den alten der erde. 695 2.2 1. Die weysheit, S.102, Anm. 568. 696 Maier, in: KfemB, S. 218. 115 Die dem guten weib zugeteilte Lehre, die auch in den Zungenme- taphern enthalten ist, die Zuschreibungen als Gut und das Gute ge- bend, das Bild der Säule, die Ausführungen über ihre nährende Brust und die wollust sind als hilffen zu charakterisieren. Die ihr zuge- schriebene gnade ist als hilffen einzuordnen und kann nicht als Herr- schaftsakt wie die Gnade Gottes charakterisiert werden. Da ihr Mann als selig gekennzeichnet wird, befindet er sich, aufgrund des Kon- zeptes gutes weib und deren hilffen, im behaltsam/ heyl. Das Handlungsfeld Werkordnung hilffen des guten weibs ist auch aus den Beschreibungen ihrer Tätigkeiten im und für das haus zu entwickeln. Sie baut ihr haus,697 womit sie, wie die weysheit, als des- sen Baumeisterin porträtiert wird ist, über dem sie wie eine Sonne steht.698 In der EDB ist haus nicht nur Metapher für Leib und die Be- zeichnung für Wohnstätte, sondern es ist auch der Sammelbegriff für FAMILIA. Erkennbar wird dies an den Beschreibungen des guten weibs, das im Rahmen hausfrawe in den Weisheitsbüchern entfaltet wird. Der Ehefrau wird zugeschrieben, dass sie auf ihr Haus ach- tet.699 Ihr Fleiß wird betont: vnd aß das brot nit mússiglich.700 Sie be- ginnt ihre Tätigkeiten vor Tagesanbruch, indem sie den Ertrag des Ackers und der Wiesen an ihr Hausgesinde verteilt und ihren Mäg- den die Mahlzeiten gibt.701 Vor dem Winter muss sie sich nicht fürchten,702 denn sie hat ihr Hausgesinde mit warmer Kleidung ver- sorgt.703 Dass sie die Kleidung für ihr Hausgesinde selbst gefertigt hat, wird nicht thematisiert, ist aber aus der Darlegung der Beherr- schung aller Spinn- und Webkunst zu konstruieren, denn genannt 697 Spr 14,1: Das weyse weip pauwet ir haus. vnd das vnweise verwust das ge- pauwen mit den henden. Diesen Gegensatz übersetzt auch Luther. Die moder- ne Übersetzung vereint beide Eigenschaften in einer Frau. “Die Weisheit der Frauen baut ihr Haus; ihre Torheit reißt’s nieder mit eigenen Händen.” 698 Eccl 26,21: Als der sunn wirt geborn in der welt• in den höchen gotz: also ist die gestalte des guten weybs in der gezierd irs haus 699 Spr 31,27: Sy merckte die steig irs haus. ‘Merken’ ist im Kontext der Aussage mit ‘acht geben’ oder ‘wahrnehmen’ gemeint. Lexer, Bd. 2, Sp. 2112f. 700 Spr 3,27. 701 Spr 31,15: Vnd sy stund auf von der nacht • vnd teilte den raube iren in gesin- den: vnd die essen iren dirn Raube wurde der Ertrag des Ackers und der Wie- se genannt, wobei die Milchwirtschaft eingeschlossen war. DWb, Bd. 14, Sp. 210-217, Sp. 217. Terminus in oberdeutschen Mundarten. 702 Spr. 30,15: Sy furcht nit irs haus von der kelt des snees: ... 703 Spr 30,21: ...wann alles ir in gesind sind ist gevasst mitzwifaltigen. Dargestellt ist doppelfädiges Gewebe,( Lexer, Bd. 3, Sp. 1216) Überlieferungen Z-Oa : kleydern.’ 116 werden Flachs, Wolle und Seide.704 Ihr obliegt folglich die Textilher- stellung, was ihr Attribut Spindel unterstreicht.705 Zu sehen ist der Zusammenhang mit der göttlichen Kleiderschöpfung von Genesis 3,21. Die Aufsicht über das Gesinde ist in den Weisheitsbüchern nicht thematisiert, sie wird ihr im Buch Tobias706 zugeteilt. Ihre Spinn- und Webkunst nutzt sie um Seidenstoff herzustellen, den sie verkauft.707 Sie wird folglich nicht nur als Produzentin für den Eigenbedarf charakterisiert, sondern sie produziert einen Luxusstoff für den Markt, den sie als Händlerin verkauft. Den Ertrag investiert sie, indem sie den acker kauft und den Weingarten pflanzt,708 Da kein Hinweis auf den Ehemann zu finden ist, wird das gute weib als eigenständig Handelnde ausgewiesen. Acker und Weinberg werden als von Gott gesegnet709 dargelegt, dieser Zusammenhang charakte- risiert also auch die göttlichen Dimensionen, mit denen sie den Be- sitz des hauses vergrößert. Das guten weib wird nicht nur auf die FAMILIA beschränkt, sondern auf alle, die ihrer bedürfen, so stärkt sie Gebrechliche und Arme,710 was wohl als Almosen geben verstanden worden ist. Generell wird von dem guten weib berichtet, dass alle ih- re gescheffte gut711 sind, der Sinn von gescheffte schließt den von werk712 ein. Sie wird daher von der ‘Gesellschaft’ gelobt713, die auf- gefordert wird, dem guten weib einen Anteil ihres werkes zurückzu- geben.714 Diese Ehefrau wird von ihrem Mann gepriesen, ihre Söhne 704 Spr 31,13: Sy sůcht die wollnd den flachß ... Spr. 31,24: sy macht ein syndal. ... . 705 Spr 31,19: Ioth. Sy legt ir hant zu den starken dingen. vnd ir finger begriffen ir spindeln. 706 Tob 10,13: ... vnd zeberichten das ingesind•. Zeberichten ist im Sinne von ‘ord- nen, unterweisen’ zu verstehen. Lexer, Bd. 1, Sp. 192. 707 Spr 31,24: macht ein sindal vnd verkauft in. 708 Spr 31,16: Sy merckt den acker vnd kauffte in: vnd pflantzt den weingarten von dem wucher ir hende. 709 Ps 106,37-38: Vnd sy seeten die ecker vnd plantzeten die weingerten vnd machten den wůcher der geburt. Vnd er [ Gott] gesegent sy vnd sy wurden ser gemainigualtigt: ... 710 Spr 31,20: Sy tet auf ir hand dem gebresten: vnd starkt ire dener zu dem ar- men. 711 Spr 31,18: Sy bekart vnd sach das ir gescheffte was gut:... 712 Weitere Bedeutungen waren: Geschäft, im heutigen Sinn) ‘Beschäftigung, An- ordnung, Auftrag, Befehl’ Lexer, Bd. 1, Sp. 897f, DWb, Bd. 5, Sp. 3814-3821. 713 Spr 31,31: ... vnd ir werk die lobet sy vnter den toren. 714 Spr 31,31: Gebt ir von dem wucher ir hende. 117 bekunden, dass sie die Seligste ist.715 Außerdem wird vom guten weib berichtet, dass sie am Jüngsten Tage lachen716 kann, denn sy bedarff nit der reube bzw. reuwe,717 womit offensichtlich der Sinn von ‘Reue’718 gemeint ist. Die überragende Wertschätzung des guten weibs wird in den Ver- sen von Sprüche 31,10-31 dargelegt. Mertens bezeichnet diese Ver- se als Loblied für die Ehefrau, deren Inhalt im Christentum höher ge- schätzt worden sei, als das ganze übrige Buch der Sprüche.719 Es handelt sich um 22 Doppelverse, die durch das hebräische Alpha- bet720 gegliedert werden. Die Theologin Maier beschreibt in ihrer Untersuchung über die 22 Doppelverse deren akrostichische hebräi- sche Struktur, interpretiert sie aber nicht.721 Zwar konnte der alpha- betische Beginn der Verse weder ins Lateinische noch ins Deutsche übersetzt werden, gleichwohl muss mit dem Nennen der hebräischen Buchstaben vor den Versen ein Sinn transportiert worden sein, zu- mal die Bezeichnungen der Buchstaben in den Handschriften mit roter Tinte hervorgehoben worden sind.722 Mit dem hebräischen Al- phabet wird in der EDB nur Psalm 118723 und die Klagelieder 1 bis 4724 gegliedert. Akrostichische biblische Strukturen deutet F. Dornseiff als Verbin- dung, welche die Aussagen der Verse mit der Alphabetsymbolik ver- 715 Spr 31,28: Ir sún stunden auf vnd predigten sy die aller seligst: vnd ir mann der lobt sy. 716 Spr 31,25: vnd sy wird lachen in dem iungsten. 717 Spr. 31,11: sy bedarff nit der reube. Überlieferung GOa reuwe. 718 Lexer, Bd. 2, Sp. 472-476. 719 Mertens, Heinrich, A: Handbuch der Bibelkunde, Literarische, historische, ar- chäologische, religionsgeschichtliche, kulturkundliche, geographische Aspekte des Alten und Neuen Testaments, 2Düsseldorf 1984, S. 253-255. 720 Vulgata, Bd. 11, Romae MDCCCCLVII. In der Vorrede der EDB zu den Sprü- chen wird auf hebräischen Ursprung hingewiesen: ”...• das die hebreischen nennen parabolas oder prouerbia”. 721 Maier, Christl: Das Buch der Sprichwörter, Wie weibliche Weisheit entsteht..., in: Schotthoff/ Wacker 1998, S. 208-220, 218. 722 EDB Bd. 8, S.85. 723 Die 176 Verse werden in 22 Abschnitte von Alpeh bis Thau gegliedert, so daß jeweils acht Verse unter einen Buchstaben gehören. 724 In den Anmerkungen Kurrelmeyers gibt es keinen Hinweis, dass in Psalm 118 und die Klagelieder 1-4 die Buchstaben mit roter Tinte hervorgehoben worden sind. 118 knüpften.725 Die 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets galten in der jüdischen Theologie als Manifestation Gottes.726 G. Wagner kon- statiert, dass die akrostichische Gliederung der Klagelieder mit dem hebräischen Alphabet Vollständigkeit aussagte, zugleich habe es pädagogisch-mnemotechnische und magische Funktionen727 gehabt. Untersuchungen zu alphabetischen hebräischen Gliederungen legen dar, dass diese Struktur mit der Alphabetsymbolik zusammen- hängt.728 G. Holz erklärt, dass im Christentum das griechische und lateinische Alphabet Ordnung und Gesetzmäßigkeit symbolisier- ten.729 Die Bandbreite der christlichen Symbolik muss im Untersu- chungszeitraum auch für das hebräische Alphabet zugrunde gelegt werden, denn die Sprache wird in den Laienpredigten Bertholds von Regensburg als erste und edelste ausgewiesen.730 Die Forschungspositionen zur Alphabetsymbolik berechtigen die drei hebräischen Alphabete der EDB mit dem Blick auf die Rechts- ordnung ee zu befragen. Den Zusammenhang zwischen Rechtsge- horsam und Seligkeit stellt Psalm 118 im ersten Vers her: Selig sind die vnfleckhafftigen in dem weg: die do gen in der ee des herrn. Die Klagelieder 1 bis 4 beschreiben umfassend den Zorn Gottes, der durch die Abkehr von ihm und seiner ee ausgelöst wurde. Der Zorn 725 Dornseiff, Franz: Das Alphabet in Mystik und Magie, 2Leipzig 1925, S. 72f. Dornseiff, Franz: Buchstaben, in: RCA Bd. 2, (1951) Sp. 775-778. 726 Dornseiff 1925, § 11: Jüdisches, S. 133-142, 134-135. Gruenwald, Ithamar: Buchstabensymbolik II Judentum, in: TRE, Bd. 7 (1981), S. 306-309. 727 Wagner, Günter: Klagelieder, in: TRE, Bd. 19 (1991), S. 227-229, S. 228. 728 Vollmann, Benedikt: Abcedar(ius) I. Literaturwissenschaftlich, in: 3LThK, Bd. 1 (1993), Sp. 19. Threade, Klaus: Abcedar(ius) II Historisch-theologisch, in: 3LThK, Bd. 1 (1993), Sp. 19f. Angerdorfer, Andreas: Alphabet I. Biblisch, in: 3LThK, Bd. 1 (1993), Sp. 427f. Harmeling, Dieter: Alphabetische Lieder, in: 3LThK, Bd. 1 (1993), Sp. 428f. Hörandner, Wolfram: III. Erbauliche Alphabete, in: 3LThK, Bd. 1 (1993), Sp. 429. Klöckener, Martin: IV. Liturgisch, 3LThK, Bd. 1 (1993), Sp. 429. Brunhölzl, F: Akrostichon, in: 3LThK, Bd. 1 (1993), Sp. 247. Kurfess, A/ Klauer, Th.: Akrostichis, in: RCA, Bd. 1 (1950), Sp. 235-238. Lük- ken, W: Akrostichon, in: RGG3, Bd. 1 (1957), Sp. 210. Kadelbach, A.: Akrosti- chon, in: RGG4, Bd. 1 (1998), Sp. 256. 729 Holz, Gottfried: IV Christliche Buchstabensymbolik, in: TRE, Bd. 7 (1981), S. 311-315, S. 311. Holz belegt die Ordnungssymbolik des griechischen und latei- nischen Alphabets mit Weiheriten von Gotteshäusern, bei denen Alphabete in ein Aschenkreuz eingezeichnet wurden, um damit die Gesetzlichkeit und Ord- nung zum Ausdruck zu bringen, womit gleichzeitig die Besitznahme durch Chri- stus vollzogen wurde. 730 “... das diu heilige messe von drin sprâchen ist; unde dieselben drîe sprâchen sint die alleredelsten under den zwein unde sibenzic sprâchen. daz ist he- brêisch, kriechisch unde latîn. Hebrêisch ist dâ von diu edelste, daz sie diu êr- ste ist under allen sprâchen. Berthold von Regensburg XXXI. VON DER MESSE, Bd. 1, S. 488-504, S. 496. 119 Gottes kann als Hilfe zur Rückkehr zu Gott und seiner ee gewertet werden. Das hebräische Alphabet gliedert die Sprüche 31,10-31. Diese Verse beschreiben das gute weib und ihr Handlungsfeld im Refe- renzrahmen hilffen. Diese Gliederung symbolisiert also ihr Konzept und die Vollkommenheit ihrer hilffen. Da in der EDB die Gliederung nur dreimal vorkommt, kann hier die Bedeutung der mittelalterlichen Zahlensymbolik zugrunde gelegt werden, die in der Zahl Drei einen Ausdruck der Vollkommenheit der Trinität731 sah. Die Vollkommen- heit des guten weibs wird in Sprüche 31,10-31 durch die Gliederung der Verse mit dem hebräischen Alphabet hergestellt. Das Lob des guten weibs ist in den Weisheitsbüchern der EDB nicht zu trennen vom Lob der Ehe. Die Übereinstimmung von man und weib wird hervorgehoben.732 Im Vergleich der verschiedenen Möglichkeiten der Geselligkeit wird der Gesellschaft der Ehefrau der Vorzug eingeräumt, weil sie die Beste ist.733 In den vier Weisheitsbü- chern gehört die Ehe zu den drei Dingen, die sowohl Gott als auch die Menschen als gut734 bewerten. Dennoch wird der Ehemann auf- gefordert seine Frau nicht zu hassen, daz sie icht zaige vber dich die bösen schalkhaffigen ler.735 Sein Hass wird mit der falschen Lehre verknüpft, welche die Ehefrau offen legt und so ihren Mann als rechtsungehorsam kenntlich macht. Polygamie als Eheform wird im Zusammenhang des guten weibs nicht thematisiert. Das Postulat: Die drit zung hat aufgeworfen die gesworn weib: vnd hat sy beraubt ir arbeit736 definiert die Ehefrau und ihr Handlungsfeld. Die Formulierung geschworn weip zeigt, dass die Ehe mit einem Schwur einherging. Der wird in den deutschen Predigten Regens- burgs als Rechtsakt dargelegt, bei dem der Mann schwört und die 731 Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 214-331, Sp. 214. 732 Eccl 25,2: Die gehellung der brùder: vnd die lieb der nechsten: vnd der man vnd daz weyp die in selb entzampt wol gehellent. 733 Eccl 40,23: Der freud vnd der gesell kument zusamen in dem zeyt: vnd vber ietwedern ist daz weyb mit dem man. 734 Eccl. 25,1-2: Die gehellung der brúder: vnd die lieb der nechsten: vnd der man vnd daz weyp die in selb entzampt wol gehellent. 735 Eccl 9,1: Nichten haß das weyb der schoß: daz sie icht zaige vber dich die bö- sen schalkhaffigen ler. 736 Eccl 28,19: Die drit zung hat aufgeworfen die gesworn weib: vnd hat sy beraubt ir arbeit. Überlieferungen Z-Oa: manhabenden. Überlieferung W: die erbern weib oder di man habenden. 120 Frau, die nicht schwören darf, verpflichtet wird, so zu handeln, als ob sie einen Eid geleistet habe.737 Der unverheiratete Mann wird als gebrestig, im Sinne von ‘man- gelhaft gebrechlich’738 ausgewiesen und gleichgesetzt mit der zaun- losen besetzung, also einer ‘Befestigung’,739 die zerstört werden wird.740 Der Vergleich zwischen dem eingrenzenden und zugleich schützenden Zaun741 und derEhefrau legt erneut den Referenzrah- men hilffen offen. Dem unverheirateten Mann, der nit hat das neste, wird nicht gelaubt.742 Der Terminus gelaubt definierte Glauben743, der als Rechtsbegriff Glaubwürdigkeit744 meinte. Nest umfasste Ehebett und Haushalt.745 Der Unverheiratete ist wie ein umherziehender be- waffneter Dieb.746 Aus den Beschreibungen seiner Mangelhaftigkeit ist zu erkennen, dass er nicht in der Gemeinschaft mit der weysheit leben kann. Der Status Ehe ist für den weisen Mann also notwendig, in der das gutes weib dem Ehemann hilffen für sein leibliches, gei- stiges und spirituelles Wohl ist. Diese drei Handlungsfelder sind mit seligkeit oder mit behaltsam/ heyl zu fassen. Das Konzept des wei- sen Mannes resultiert aus seiner Gemeinschaft mit der weysheit, die sowohl seinen Rechtsgehorsam bestimmt als auch den Mann in der Geschlechterordnung bindet. Der ‚weiser’ und gutes weib gehören als Paarkonzept zusammen. In den Beschreibungen der Ehe des weisen Mannes mit seinem guten weib ist in den vier Weisheitsbüchern kein Hinweis auf die Herrschaft des Mannes enthalten. Die Subordination der Ehefrau ist mit dem Konzept gutes weib inszeniert. Für diese Ehe kann das aus 737 “... wann dô man dir gab dîn gemechte, dô swüere dû im truiwe unde wârheit, die wîle ir beide lebet. ... Die frouwen swert nit eide unde sint ir doch schuldic als wol als die man.” Berthold von Regensburg: XIX.VON DEN ZEHEN GEBOTEN UNSERES HERREN, Bd.1, S. 264-288, S. 278. 738 Lexer, Bd.1, Sp. 761. 739 Lexer, Bd.1, Sp. 202. 740 Eccl 36,27: Do nit ist ein zaune do wirt zerrút die besetzung: vnd do nit ist daz weip do der seúftzt der gebrestig. 741 DWb, Bd. 31, Sp. 406-411. 742 Eccl 36,28: Wem gelaubt der nit hat das neste? 743 DWb, Bd. 5, Sp. 2873. 744 DRWb, Bd. 4 (1939-51), Sp. 910-918. 745 DWb, Bd. 13, Sp, 621-626, Sp. 623f. 746 Eccl 36,28: ... vnd allenthalben do er sich neigt do derdunckelt er: als ein begúrter diep springent von der stat in die stat. 121 Genesis 3 entwickelte Diagonalkreuz zugrunde gelegt werden, wobei die Ausführungen über das Handlungsfeld der Ehefrau im Referenz- rahmen hilffen für die behaltsam/ heyl verortet werden konnten. Die Forschungsposition von G. Pamme-Vogelsang hinsichtlich der ”Seelenfürbitte”747 für den Ehemann, die von Königinnen von Theo- logen und Kanoniker gefordert worden seien, gewinnt vor dem altte- stamentarischen Hintergrund hilffen für die behaltsam/ heyl eine er- weiterte Kontur. Das Verhältnis des Ehepaares in den vier Weis- heitsbüchern der EDB ist als wechselseitige Liebe gestaltet, die als Ausdruck der schön lieb gesehen werden kann, als deren Mutter die weysheit dargestellt wird.748 Dass Mann und Frau die Gesetze der Reinheit erfüllen, wird in den vier Weisheitsbüchern offensichtlich zu- grunde gelegt, denn ihre Liebe wird als wollust charakterisiert. Die Beziehung im Rahmen der Liebe zwischen Mann und Frau wird im Hohelied entfaltet, das in der EDB die Mitte der Weisheitsbü- cher einnimmt.749 Es beginnt ohne Vorrede.750 Die Sammlung von Liebesliedern751 unterscheidet sich von den anderen Weisheitsbü- chern durch die dialogische Textstruktur, in der eine weibliche und eine männliche Stimme agiert und ein Erzähler sehr sparsam kom- mentiert. Die männliche Stimme wurde als Christus, die weibliche als Ecclesia, Maria752 und Anima753 ausgelegt, denen Christus Bräuti- 747 Sie konstatiert, dass Seelenfürbitte „in der Regel den Heiligen vorbehalten war.“ Pamme-Vogelsang, Gudrun: Die Ehen mittelalterlicher Herrscher im Bild, Un- tersuchungen zu zeitgenössischen Herrscherpaardarstellungen des 9.-12. Jahr- hunderts, (= Forschungen zur Geschichte der älteren deutschen Literatur, Bd. 20), München 1998, S. 113, mit Anm. 2-4. 748 2.2.1 Die weysheit, S.93, Anm. 462-464. 749 Diese Komposition ist in der Lutherbibel aufgehoben, weil Weisheit und Eccle- siaticus (Sirach) zu den apokryphen Texten zählen. 750 vnd hebt an das bůch Cantica. 751 Die Literatur zum Hohen Lied ist umfangreich. Eine themenbezogene Auswahl: Graf Reventlow, Henning: Hoheslied I, Altes Testament, in TRE, Bd. 15 (1986), S. 499-502. Keel, Ottmar: Das Hohelied, (= Zürcher Bibelkommentare) 2Zürich 1992. Brenner, Athalya: Das Hohelied, Polyphonie der Liebe, in: KfemB, S. 233-245. 752 Alle Metaphern für die Frau im Hohelied sind auf die Gottesmutter übertragen worden. Siehe Salzer 1967. 753 Bis zum 12. Jahrhundert hatten sich drei Auslegungen des Hohenlieds auf der Basis der im Judentum vollzogenen Deutung von Sponsus und Sponsa als Gott und das Volk Israels im Christentum auf Christus und Kirche vollzogen. Sie er- möglichten die Braut-Bräutigam - Allegorien. Die weibliche Stimme des Liedes wurde als Ecclesia-Sponsa; Maria-Sponsa oder Anima-Sponsa ausgelegt. In Kommentaren wurden die drei Auslegungungen dargestellt, die Eingang in bild- liche Darstellungen gefunden haben. Ohly, Friedrich: Hohelied - Studien, Grundzüge einer Geschichte der Hoheliedauslegung des Abendlands bis um 122 gam sei. J. Schwierering und C. Brinker-von der Heyde konstatieren. dass Vorstellungen über Liebe in der höfischen Literatur auch aus dem Hohelied stammten.754 Auch R. Krüger755 und T. Bein756 haben herausgearbeitet, dass das Lob der Frauenschönheit im Hohelied seine Wurzeln habe. Um Korrespondenzen zur Ehe des weisen Mannes und seinem guten weib in den anderen Weisheitsbüchern feststellen zu können, werden die Auslegungen Christus und Maria nicht herangezogen, sondern die Beziehung des Paares mit Blick auf Rechtsfiguren ana- lysiert. Mit dem Ausspruch der weiblichen Stimme: mein lieber ist mir vnd ich im 757 wird eine Rechtsformel dargestellt, die F. Ohly758 als Rechtsfigur für ein Paar kennzeichnet. Also werden dem zeitgenös- sischen Rezipienten der EDB Frau und Mann als Paar präsentiert. Der Zeitpunkt wird im Hohelied seitens des Mannes als tag braut- lauf759 präzisiert. Der Mann ist also als Bräutigam positioniert, denn der Rechtsbegriff brautlauf umfasste die Zeit zwischen Verlobung und Hochzeit, aber auch die Hochzeit selbst. Gleichzeitig wurde da- mit Eheversprechung und Ehevertrag als Rechtsakt einbezogen.760 Die männliche Stimme bezeichnet die Frau mit dem Rechtsbegriff 1200, Wiesbaden 1958. Köpf, Ulrich: Hohelied III/2, Auslegungsgeschichte im Christentum, in: TRE, Bd. 15 (1986), S. 508-515. Nilgen, Ursula: Maria Regina - ein politischer Kultbildtyp?, in: Römisches Jahrbuch für Kunstgeschichte 19 (1981) S. 1-33. Sciurie, Helga: Maria - Ecclesia als Mitherrscherin Christi. Zur Funktion des Sponsus - Sponsa - Modells in der Bildkunst des 13. Jahrhun- derts, in: Röckelein 1990, S. 110-146. Burgsdorff, v., Dorothee: Hoheslied, in: LCI, Bd. 2, Sp. 308-312. Gillen, Otto: Bräutigam und Braut, in: LCI, Bd. 1, Sp. 318-324. Gillen, Otto: Brautmystik, in: LCI, Bd. 1, Sp 324-326. Gillen, Otto: Christus und die Sponsa in der Heilig-Grab-Kapelle des Marburger Doms, in: Die christliche Kunst 33 (1936/37), S. 202-224. 754 Schwierering, Julius: Der Tristan Gottfrieds von Straßburg und die Bernhardini- sche Mystik, in: Schwierering, Julius: Mystik und höfische Dichtung im Hoch- mittelalter, Darmstadt 1960, S.1-35. Brinker-von der Heyde 1996, S. 63, 71f. 755 Krüger, Rüdiger (Hg.): puella bella. Die Beschreibung der schönen Frau in der Minnelyrik des 12. und 13. Jahrhunderts (=Helfant - Texte; T 6), Stuttgart 1986. S.129. 756 Bein, Thomas: Sus hup sich ganzer liebe vrevel, Studien zu Frauenlobs Min- neleich, Frankfurt a.M. 1988, (=Europäische Hochschulschriften: Reihe 1, Deut- sche Sprache und Literatur, Bd. 1062). 757 Hl 2,16. 758 Ohly, Friedrich: du bist mein, ich bin dein - du bist mir, ich bin dir - ich du, du ich, in: Schmidt, Ernst-Joachim: Kritische Bewahrung. Beiträge zur deutschen Philologie (= Festschrift Werner Schröder), Berlin 1974, S. 371-415. Brinker-von der Heyde, 1996, S. 143. 759 Hl 3, 11. 760 DRWb, Bd. 4 (1939-51), Sp. 979f. 123 mein braut.761 Dass die Frau eine Braut ist, wird auch mit der Be- schreibung ihres unbedeckten und ungebundenen762 Haares präsen- tiert.763 Brautlauf und braut markiert ein rechtmäßiges Brautpaar. Die weibliche Stimme charakterisiert mit ich gib dir das tranck von dem vermischten wein 764 den Rechtsakt der Vermählung,765 der auch mit ER kust mich mit dem kusse seines mundes766 dargestellt wird. K. Schreiner767 und M. Lurker768 charakterisieren den Kuss als mittelal- terliche Rechtsfigur, die ein Treuegelöbnis symbolisierte. Ein weite- res Brautsymbol lässt sich aus der Beschreibung der Frau erkennen, die in dem geschuchte769 geht. Sie trägt Schuhe,770 die Rechtssym- bole für Macht und Besitz771 waren. Schuhe wurden der Braut vom Bräutigam als äußeres Zeichen der Verlobung bzw. der Hochzeit ge- geben.772 Die überreichten Schuhe symbolisierten also, dass der Bräutigam seine Braut augenfällig an seiner Macht und seinem Be- sitz teilhaben lässt. Im Mittelpunkt der Paarbeziehung steht die wechselseitige Liebe. Die Frau nennt den Mann mein lieber,773 mein liebir, 774 der lieb,775 aller liebsten776 und mein freund.777 Der Bräutigam spricht sie mit al- 761 Hl 2,14; 4,8; 4,11. 762 Hl 4,2: Deine locke seint als die herte der rechgaissen: die do auffstigen von dem berg galaad. Hl 6,4: Dein locke seint als die herte der rechgaissen: die do derscheinent von galaad. 763 Luther beschreibt geflochtene Haare: Hl 4,1: ... zwischen deinen Zöpfen. 764 Hl 8,2: ... vnd ich gib dir das tranck von dem vermischten wein: ... 765 Lurker 1991, S. 792-794, S. 792. 766 Hl 1,1. 767 Der Kuss erfüllte „beim Abschluß privater und öffentlicher Verträge ... die Funk- tion eines rechtskonstitutiven Sinnzeichen, dass die Geltungskraft und Einklag- barkeit vertraglicher Abmachungen verbürgen sollte.“ Schreiner, Klaus: »Er küsse mich mit dem Kuß seines Mundes« (Osculetur meosculo oris sui, Cant. 1,1). Metaphorik, kommunikative und herrschaftliche Funktion einer symboli- schen Handlung, in: Radgotzky/ Wenzel 1990. S. 89-132,S. 90. 768 Lurker 1991, S. 605-607, S. 606. 769 Hl 7,1. Überlieferungen Z-Oa: “den geschühen”. 770 Lexer, Bd. 1, Sp, 906f. 771 Lurker 1991, S. 605-607, S. 606. Brunner, in: Blaschitz, u.a. 1992, S. 696. 772 Lurker 1991, S. 655, 792-794. 773 Hl 1,12; 2,9; 2,10; 2,16; 2,17; 5,1; 5,4; 5,6. 774 Hl 1,13. 775 Hl 5,6. 776 Hl 5,1: ... vnd aller liebsten trincket ... 124 ler liebste,778 und mein freundin779 an. Das einleitende mein der ge- genseitigen Anreden bekundet einerseits die rechtliche Verbunden- heit und andererseits die Liebe von Frau und Mann. Was Liebe780 ist, definiert der Mann: die lieb ist stark als der tod: vnd die hertest lieb als die hell. Sie ist ein glaßuas seint als die glaßuas des feurs vnd der flamen.781 Die Liebe ist folglich genauso stark wie der Tod und die Hölle, ist ein Glasgefäß für Feuer und Flammen. Tod und Hölle können die Liebe nicht besiegen. Sie kann weder gelöscht noch überdeckt werden.782 Die Wirkungen der Liebe beschreiben Braut und Bräutigam verschieden. Sie bekennt: ich bin siech von lieb783, er stellt fest: Du hast verwunt mein herz. in einem deiner augen, an eim hare deins halses.784 Während die Braut die Liebe als Grund von siech, also ‘krank’, bezeichnet, nennt der Bräutigam konkret seine Braut als Auslöser seiner Verwundung. Krankheit und Verwundung charakterisieren im Hohen Lied offensichtlich keine Negationen. Ob Rezipienten der EDB die Definitionen des Neuen Testaments785 zu- grunde legten, bleibt offen. Die Braut definiert in der EDB mit vier gleichlautenden Formulierungen die Liebe des Mannes zu ihrer Seele mit den der do lieb het mein sele786 und ihre Liebe zur Seele des Bräutigams mit den do lieb het mein sele.787 In der EDB ist also wechselseitige Seelenliebe gestaltet, während in der Übersetzung 777 Hl 5,1: ... Mein freund esset ... 778 Hl 7,6. 779 Hl 1,8; 1,14; 2,2; 2,10; 4,1; 4,7; 5,2; 6,3. 780 Luther übersetzt Hl. 8,6: Denn Liebe ist stark wie der Tod/ vnd Einer ist fest wie die Helle/ Ir glut ist fewrig / vnd ein Flamme des HERRN/ Das auch viel Wasser micht mügen die Liebe auslessche/ noch die ströme sie erseuffen. 781 Hl 8,6. 782 Hl 8,7: Manig wasser mochten nit verleschen die liebe: nach die floß bedecken sy nit. 783 Hl 2,5. 784 Hl 4,9. 785 Deren ausschließlich positiven Leistungen der Liebe werden im Neuen Testa- ment dargelegt: 1. Ko 13,4-7: Die lieb ist gefriedsam: sy ist gútig. Sie lieb neit nit • sy thut nit widerwertigs: sy zerbleet sich nit •  sy ist nit geitig: sy sucht nit die ding die ir seint. Sy raitz nit • sy gedenckt nit das vbel sy frewt sich nit vber die vngangkeit : wann sy entzamt frewet sich der warheit. Alle ding vber tregt sy • alle ding gelaubt sy • alle ding versicht sy sicht • alle ding derleidt sy. Die lieb geuel nye. 786 Hl 1,6; 3,2; 3,3; 3,4. 787 Hl 3,1. 125 Luthers allein die Liebe der Braut zur männlichen Seele788 beschrie- ben wird. In der EDB ist es der Bräutigam, der die lieb in - der Braut - ordent.789 Ob diese Präposition eine Korrespondenz zur Darstellung des Geschlechtsaktes gemäß Genesis 2,24 nahe legt, kann nicht er- schlossen werden. Konkret wird eine Umarmung durch die Braut be- schrieben.790 Sie ist auch aus den folgenden Ausführungen zu er- kennen und wird mit der Bitte des Bräutigams eingeleitet: thu mir auf.791 Die Braut beschreibt die anschließenden Handlungen des Bräutigams mein lieber ließ seint hant durch das venster792 und die ihre: Ich tet auf mein lieben daz velschloß meiner tur.793 Die Interak- tion ist mit Bildern eines Hauses präsentiert, wobei sowohl Fenster794 als auch Tür795 die Verbindung zwischen Innen und Außen symboli- sieren. Mit dem Öffnen des Türriegels796 ist das Öffnen der Tür ver- bunden, womit ein symbolischer Rechtsakt der Übergabe797 durch die Braut dargestellt wird. Das Bild des Hauses mit Fenster und Tür legt eine Leibmetapher798 nahe, mit der dann die Braut konkretisiert wäre. Das sich anschließende: vnd er naigt sich vnd vber ging.Mein sel ist zerfloßen: do der lieb red799 beschreibt mit neigen eine Umar- mung. Es wird eine Körpergeste verbunden mit der inneren Hal- tung800 und von Zuneigung deutlich, wie sie auch in den Psalmen801 zu finden ist. Die Bedeutung von vber ging ist aus der EDB nicht ein- 788 Luther Hl 1,6: .../ den meine Seele liebet. Hl. 3,2: ... den meine Seele liebet, ... Hl 3,3: ... den meine Seele liebet. Hl. 3,4: ... den meine Seele liebet. 789 Hl 2,4. Luther .../ vnd die liebe ist sein Panier vber mir. 790 Hl 2,6: Sein winster (rechte) ist vnter meinen haupte: sein zesem (linke) vmfieng mich. 791 Hl 5,2: Die stim meins lieben ist kloppfent. ... thu mir auf. 792 Hl 5,4. 793 Hl 5,6. 794 Lurker 1991, S. 204f. 795 Kunst, Hans-Joachim: Tor - Tür, in: LCI, Bd. 4, Sp. 339f. 796 Lexer, Bd. 3, Sp. 57. 797 Lurker 1991, S. 773. 798 2. Ko. 5,1: Wann wir wissen daz: ob vnser irdisch haus dirr entwelung wirt ver- wúst: das wir haben ein pauwung von gott ein haus nit gemacht mit der hand wann ewiges in den himmeln. DWb, Bd. 10, Sp. 640-651, Sp. 644f. 799 Hl 5.6. 800 DWb. Bd. 13, Sp. 568-577. 801 Ps 144,5: O herr neyg dein hymel vnd steig ab: ... Ps 118,112: Ich neygt mein hertz zetun dein gerechtigkeit umb den ewigen widergelt. 126 deutig zu erschließen, sie kann den Sinn ‘vorbeigehen’,802 ‘hinüber gehen’ bzw. ‘hindurch gehen’,803 aber auch ‘überfließen’804 haben. Neigen und vber ging sind aufeinander folgende Handlungen, es kann aber damit auch eine geschlechtliche Vereinigung dargestellt sein. Die Aussage der Braut Mein sel ist zerfloßen: do der lieb red kann rückbezüglich als Konsequenz der Bitte des Bräutigams zur Übergabe verstanden worden sein. Die leibliche Nähe wird auch seitens der Braut als ist genaigt vber iren lieben beschrieben, wobei ihre Befindlichkeit als vberfliessent mit wollusten805 definiert wird. Die Gemeinsamkeit von Braut und Bräutigam ist nicht von immerwäh- render Dauer gestaltet, denn nach dem beschriebenen neigen des Mannes berichtet die Braut: Vnd da ich mein freund auffgethan hatte war er weg vnd hingegangen.806 Dass das Verlassen nur temporär ist, wird mit der Suche der Braut nach dem Bräutigam dargestellt. Ihr Ausgangsort ist ihr Bett.807 Sie begibt sich in die Gassen der Stadt,808 dortfindet sie ihn809 und beschreibt: Ich hielt in• nach entlaß in. Die Überlieferungen Z-Oa schreiben: vnd entlaß in nit. Die erste Formu- lierung beschreibt, dass der Bräutigam sich von der Braut trennt, was die Braut veranlasst ihn zu suchen. Für das Motiv ‘Frau in den Gas- sen’ ist von Bedeutung, dass sie ihren rechtmäßigen Bräutigam sucht und nicht einen beliebigen Mann,810 eben ihren lieben, der ein ausderwelter von tausenten811 ist. Die Darstellung, dass die Braut ih- ren Bräutigam ein zweites Mal sucht, ihn aber nicht findet,812 wird im 802 So z. B: Wsh 2,3: Vnd vnser leben vbergeht als der fussteig des wolckens. Wsh 2, 5: Wann vnser zeit ist ein vbergeh der schat: ... 803 Ps 65,6: der do bekehrt das mer in die dúr: do vbergiengen sy in dem flosse mit dem fluß: ... 804 Pr 1,7:All flöß gend in daz mere: vnd das mere úberget nit. Überlieferung Z-Oa. 805 Hl 8,5: Wer ist die die do aufsteigt von der wúst vberfliessent mit wollusten: vnd ist genaigt vber iren lieben? 806 Hl 5,6: Vnd da ich mein Freund auffgethan hatte war er weg vnd hingegangen. 807 Hl 3,1: ICh sucht in durch die nacht an meinem bette: der do lieb het mein sele. Ich sucht in: vnd fant sein nit ... 808 Hl 3,2-3: Ich ste auf vnd vmbge die stat durch die gassen vnd durch die stra- ssen: ich sucht den der do lieb het mein sele. Ich sucht in: vnd fant sein nit Die wachter die do behuten die stat: die funden mich. Habt ir denn nit gesehen den der do lieb het meine sele? 809 Hl 3,4: Do ich sy ein lutzel was furgangen: ich fant den der do lieb het mein sele. 810 2.2.4 Die nichteheliche Geschlechterbeziehung, S. 151, Anm. 1063. 811 Hl 5,10. 812 Hl 5,7: Ich sucht in vnd vant sein nit: ich rieff im vnd er antwurt nit. 127 Text nicht erklärt. Nicht nur die Braut sucht den Bräutigam, auch er sucht sie, indem er nach ihr ruft: Mein freundin ste auf vnd eyl. 813 Er bittet sie in die holer der stain zu kommen. Daraus kann eine Nähe zur mittelalterlichen Fiktion der Minnegrotte konstruiert werden. Bay- er belegt in seiner Studie über das Motiv den Einfluss des Hohelieds, den er an Darstellungen des Bettes im Hohelied 3,7-10 definiert.814 Der Bräutigam bittet seine Braut ebenso in seinen garten zu kom- men.815 Ein weiterer Ort der Liebe ist das mit Blumen geschmück- te816 aber auch kostbare und bewachte Bett817, das offensichtlich als Brautbett gestaltet wird. Eine weitere Stätte ist der Weingarten, der Parallelen mit dem paradise der wollust hat. Wie der schlang dort die Ordnung zerstörte, so ist auch dieser ‘Ort’ bedroht. Der Bräutigam fordert seine Braut auf: Vach, also ‘fang’818’ vns die lútzeln fúchßlen, die do verwústen die weingärten. Wann vnser weingarten der blút.819 Der Fuchs wird in der EDB als zerstörendes Tier dargestellt,820 das auch zur Charakterisierung falscher Propheten821 dient. Im Mittelalter symbolisierte der Fuchs den Teufel, und daher auch Häretiker.822 In der EDB wird die Braut aufgefordert den ‘Ort zu retten’, indem sie die Füchse fangen soll, womit sie als hilffen zu charakterisieren ist. Das Fuchsmotiv legt eine Parallele zum paradis der wollust nahe. Die Gemeinsamkeit von Braut und Bräutigam an unterschiedlichen Orten werden als temporär gestaltet, denn sie werden durch ‘Verlas- sen’ unterbrochen. Das wechselseitige ‘Suchen’, das als Vermissen der Ganzheit zu lesen ist, führt jeweils erneut zur liebenden Gemein- 813 Hl 2,14: Mein freundin ste auf vnd eyl • vnd kum in die holer der stain vnd in die klunsen der dürren mauren. 814 Bayer, Hans: Gralsburg und Minnegrotte: die religiös-ethische Heilslehre Wolf- rams von Eschenbach und Gottfrieds von Straßburg, (= Philologische Studien und Quellen; H. 93) Berlin 1978, S. 161-172. 815 Hl 5,1: Mein swester mein brut kum in mein garten. 816 Hl 1,16: Vnser betlein ist gepleumelt: ... 817 Hl 3,7-10: Secht das betlein salomons das vmbgingen sechtzig starken • deral- ler stercksten von jsreal: all haltent die waffen: vnd die gelertesten zu den streiten. Das waffen eins ieglichen vber sein hufft: vmb die nechtlichen vorch- ten: der kunig salomon der macht im ein betlein von den hölzern des libans. Er macht sein seulen silberin • vnd sein lainen guldein: seinen aufgang purpurn. 818 Lexer, Bd. 3, Sp. 3. 819 Hl 2,15. 820 Kgl 5,18: Vmb den berg syron wann er verdarb: wann die fúchs gieng an im. 821 Hes 13,4: O jsrael dein weyssagen die irrent: als die fúchs in den wústen. 822 Gerlach, Peter: Fuchs, in: LCI, Bd. 2, Sp. 63-65. 128 samkeit zurück. Die Liebe erstreckt sich auf ihre Leiber und Seelen, kann folglich mit wollust definiert werden und als temporäre Rück- kehr des Paares in den paradiesischen Zustand mit Gott. Die dritte und mittige Position des Hohelied in den Weisheitsbüchern konnte symbolisch ausgelegt werden. Wie die Zahl Drei823 versinnbildlichte das Zentrum die Fülle und Vollkommenheit Gottes.824 Diese symboli- sche Aussage korrespondiert nicht nur mit den Darstellungen der Liebe des Brautpaares, vielmehr verdeutlicht sie die Bindung an Gott. Da auch in den anderen vier Weisheitsbüchern die eheliche Liebe zwischen Mann und Frau beschrieben wird, kann diese als Grundlage der Ehe angesehen werden. So verstanden ist die Liebe die Mitte der Ordnung Gottes, also seiner Rechtsordnung ee. Die Konstruktion des Brautstandes im Hohelied wird auch anhand der Beschreibungen von Braut und Bräutigam entwickelt. Der Aspekt der Hierarchie wird mit einem Standesunterschied dargestellt: Sie ist tochter des fursten825 und tochter jherulalems, 826 entstammt aus der von Gott erbauten Stadt827 und wird als eine rechtmäßige Tochter bezeichnet. Ihre Mutter Jerusalem und ihr Fürstenvater verweisen auf die Rechtsordnung ee, weil Jerusalem auch als Braut Gottes dargestellt wird. Der Bräutigam ist kunig,828 und die gerechten haben ihn lieb.829 Damit befindet er sich aufgrund der gerechten in der Rechtsordnung ee. Das lässt sich ebenso aus der Bezeichnung hin- denkalb830 herleiten, denn hinde ist eine Definition des guten weibs.831 Die Herkunftsdarstellungen weisen für beide zugleich auch ihre Reinheit als integraler Bestandteil ihrer Schönheit aus. In der EDB bekundet die Braut, sie sei ursprünglich schwartz ge- wesen, aber der sunn habe sie entpferbt.832 Sie hat also eine weiße 823 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 119, Anm. 731. 824 Oesterreicher-Mollwo 1991, S. 112. Lurker 1991, S. 852-854. 825 Hl 7,1: O tochter des fursten ... 826 Hl 1,4: ... wolgebildet tochter jherusalem 827 Ps 146,2: Der herr baut iherusalem. 828 Hl 1,3: ... Der kunig fürt mich ... 829 Hl 1,4: Die gerechten haben dich lieb. 830 Hl 2,9: Mein lieber ist geleich der rechgaiß vnd dem hindenkalb der hirschen. 831 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe S. 108, Anm. 627f. 832 Hl 1,5: Nichten wölt mich mercken das ich bin schwartz: wann der sunn hat mich entpferbt. 129 Hautfarbe, während sie in der Übersetzung Luthers schwarz ist.833 Die durch die Sonne geänderte Farbe muss die bewusste Entschei- dung des Übersetzers sein, um ihre Reinheit834 als Ausdruck ihres Wesens auch äußerlich kenntlich zu machen. So wird sie mit den Bildern Taube835 und Lilie836 belegt, die beide vollkommene Rein- heitssymbole837 waren. Die Feldblume838 war wie alle Blumenmeta- phern im Wesentlichen ein Symbol weiblicher Schönheit, wobei die Blumenblüten aufgrund des empfangenden Verhältnisses zur Sonne und Regen als Zeichnen der Hingabe gedeutet worden sind.839 Die Braut ist wolgebildet,840 ihre Schönheit841 wird gelobt, ihre Sanft- heit842 stellt Nähe zur weysheit843 her. Sie wird mit dem Morgenrot verglichen, das schön wie die menin (Mond) und erwählt wie der sunn (Sonne)844 ist. Morgenrot wurde als Zeichnen der Hoffnung und der Fülle der Möglichkeiten des Neuanfangs gedeutet, es war ein Mariensinnbild.845 Das Sinnbild Mond definiert Fruchtbarkeit.846 Die Reihung der kosmischen Bilder charakterisiert Licht als Ausdruck von Reinheit und Beständigkeit. Die Vergleiche zeigen Nähe zur Bildern der weysheit und sind daher Bestandteile des Konzepts gutes 833 Luther: Sehet mich nicht an /das ich so schwartz bin/ denn die Sonne hat mich so verbrand. 834 Hl 4,7: ... vnd der fleck ist nit in dir. 835 Hl 2, 14: vnd meine taube kum ... Hl 5,2: ... mein taube mein vnfleckhaftige thu mir auf: ... Hl 6,8: Die ein ist mein taube mein volkum: ... 836 Hl 2,1: Ich bin ... ein lilig der teler ... Hl 2,2: Als die lielig vnter dornen: also ist mein freundin vnter den töchtern. 837 Pfister-Burghalter, Margarete: Lilie , in LCI, Bd. 3, Sp. 100-102. Mohr 1971, S. 188. Poeschke, Joachim: Taube, in: LCI, Bd. 4, Sp. 241-244. Cooper 1986, S. 192f., Lurker 1991, S. 739. Mohr 1971, S.280-282. 838 Hl 2,1: Ich bin ein plum des feldes: ... 839 Oesterreicher-Mollwo 1990, S. 29. Cooper 1986, S. 26. Mohr 1971, S. 54. 840 Hl 1,4: ... wolgebildet tochter jherulalem • als die tabernackel cedar: als die felle salomons. 841 Hl 1,7: O du schönste unter den weibern, Hl 1,14.: Sich mein freundin du bist schön sich du bist schön... Hl 1,15: Mein freundin sich du bist schön • vnd ge- ziert. Hl 4,1: Mein freundin wie schön bistu, wie schön bistu. Hl 4,7: ... du bist all schön. Hl 6,1: Mein freundin bist schön: ... Hl 7,6: O aller liebste : wie schön bi- stu • vnd wie geziert in den wollusten. 842 Hl 6,1: ... senfft vnd geziert als jherusalem: ... 843 2.2.1 Die weysheit, S 99, Anm. 402f. 844 Hl 6,9: Wer ist die do furgeht als der morgen rot aufsteigt: schön als die menin • derwelt als der sunn. 845 Oesterreicher-Mollwo S. 113. 846 Lurker 1991, S. 489-491. 130 weib847 als Konkretion der weysheit Die Braut wird verglichen mit der spitz der geordenten geselschafft der herbergen.848 Ihre vorcht, die offensichtlich im Bezug auf Gott verstanden werden sollte, wird ebenfalls verglichen mit der rechtsgehorsamen Gesellschaft in den Wohnstätten.849 Dieser Vergleich betont den Rechtsgehorsam der Braut, ebenso wie die Frage: WAs siehst du an der sunamiten; neur die geselschafft der herbergen?850 Der Terminus neur kann sowohl ‘nur’851 als auch ‘neu’852 definieren. ‘Nur’ beschränkt die Frau auf Ge- selligkeit, neu dagegen kennzeichnet sie als Erneuerin. Hierfür spricht der Vergleich spitz der geordenten gesellschafft der herber- gen. Die Beschreibungen der Schönheit gelten beiden Geschlechtern Der schöne Gang853 der Braut wird gelobt, als Ausdruck der Harmo- nie von Innerem und Äußerem, die J. Bumke als Frauenlob in der höfischen Literatur darlegt.854 Anhand einzelner Körperteile wird rei- ne Schönheit beschrieben. Der Bräutigam wird mit der Metapher das best gold855 beschrieben, was Reinheit und Unvergänglichkeit sym- bolisierte.856 Seine Beständigkeit wird als Standfestigkeit geschil- dert,857 was eine Parallele zum guten weib858 herstellt. Die Hände des Bräutigams sind golden und vol der iacincten.859 Der Hyazinth galt als Symbol der ‘erhabenen Lehre’.860 Die Augen von Frau und Mann entsprechen sich, deren Metaphern sind Taube861 und Was- 847 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 106, Anm. 609. 848 Hl 6,9. Die Überlieferungen K-Oa schreiben: “spitz der geschloß der geordent ritterschaft” Die Darstellung einer höfischen Gesellschaft widerspricht der Nen- nung der Adressaten “heilige pawernschaft” in einer der Vorreden der Genesis. 849 Hl 6,3: vorcht sam als die geordenten geselschafft der herbergen. 850 Hl 7,1. 851 DWb, Bd. 13, Sp. 998-1008, Sp. 998. 852 DWb, Bd. 13, Sp. 660. 853 Hl 7,1: schön seint dein genge. 854 Bumke 1986, Bd. 2, S. 478. 855 Hl 5,11: Sein haubt ist das best gold: ... 856 Lurker 1991, S. 253. 857 Hl 5,14: Sein bain sein marmeln seuln, die do sein gruntfesten auf guldein pfei- lern. 858 2. 2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S 106, Anm. 612. 859 Hl 5,15: Sein hende seint gedrehtes gold: vol der iacincten. 860 Hahn, Karin/ Kaute, Lore: Edelsteine, in: LCI, Bd. 1, Sp. 578-580. 861 Frau: Hl 1,14: ... dein augen seint als der tauben. Hl 4,1: Dein augen seint als 131 ser.862 Das Antlitz des Mannes wird in seiner Gesamtheit863 gelobt, das ihre hingegen wird entwickelt: Ihre Nase ist wie ein Turm,864 die Lippen sind rot,865 die Zähne sind weiß und makellos,866 die Wangen sind wie das Fruchtfleisch des roten Apfels,867 der Hals gleicht einer Gewandspange.868 Das Schmuckstück, mit dem das Gewand über der Brust zusammengehalten wurde, kennzeichnete Hoheit.869 Der zweite Vergleich nennt den Hals einen Turm aus Elfenbein,870 das ein Symbol der Reinheit und Beständigkeit war.871 Das Turmbild entwirft zunächst einen weißen schlanken ungebeugten Hals, der mit 1000 Schilden und allen Waffen der Starken behängt ist.872 Schilde sind wie der Turm873 Gottesbilder im Referenzrahmen der Hilfe in Form von Schutz. Turm als Leibmetapher symbolisierte Treue, Wachsamkeit und die Verbindung zum Göttlichen.874 Die Anzahl der Schilde beschreiben umfassenden Schutz,875 wie auch Turm und Waffen. Dieser wird auch mit dem Bild einer Mauer erzeugt, die als Stadtmauer verstanden worden sein kann, zumal diese mit Türmen der tauben • on das das do ist inwendig verborgen. Mann: Hl 5,12: Sein augen seint als der tauben auf den floßlein der wasser die do seint gewaschen mit milch: vnd bei den vollsten flossen. 862 Hl 7,4, Frau: ... die augen seit alz die weyer in esebon: ... Hl 5,12, Mann: ... gewaschen mit milch: vnd bei den vollsten flossen. 863 Hl 5,15: Sein anglútz ist als des libas: derwelt als die zeder. 864 Hl 7,4: Dein nase ist als der turen des libans. der do schauet gegen damast. Turn gleich Turm: Lexer, Bd. 2, Sp. 1582f. 865 Hl 4,3: Dein lespen seint als ein rotes pind. 866 Hl 4,2: Dein zene seint als der geschornen herte: die do auf steigen von der waschung. All zwifelitger gebúrt: vnd vnberhaftiges ist nit vnter in. Hl 6,5: Dein zene als der herte der schaff: die do auf steigen von der waschung. All zwailin- ger gebúrt: vnd vnperhafiges ist nit in in. 867 Hl 4,3: Dein hüfftlein seint als der pruch des rotten apffels: on das das do ist in wendig verborgen. Überlieferungen Z-Oa: “wang”. 868 Hl 1,9: ... dein hals ist als die furspan. Furspan wurde die Gewandspange ge- nannt. Lexer Bd. 3, Sp. 609. 869 Lipffert 1981, S. 116. 870 Hl 7,4: Dein hals ist ein elffenbainer turen: ... 871 Oesterreicher-Mollwo 1991, S. 44. 872 Hl 4,4: Dein hals der ist als der turn dauids: der do ist gebawen mit den erckern, M schilt hangen von im: vnd alle geweffen der starken. 873 Ps 60,4: [Gott ist] ... ein turn meiner sterk von dem antlútz meiner feind. Spr 18,10: Der nam des herrn ist der sterckst turm: ... 874 Lipfert 1981, S. 142. Lurker 1991, S. 773f. Oesterreicher-Mollwo 1991, S. 173f. RED: Turm, in: LCI, Bd. 4, Sp. 393f. 875 Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 847-856, Sp. 848. 132 versehen wird, die mit den Brüsten der Frau verglichen werden.876 Die Braut wird mit einem gerüsteten Streitwagen877 gleichsetzt, der auch Schutzfunktion haben kann. Turm, Schilde, Mauer Streitwagen beschreiben hilffen als Beständigkeit. Der Blick auf Frau und Mann liegen im Besonderen auf den Lip- pen, der Kehle und der Brust. Die Lippen des Mannes sind Lilien, al- so rein,878 die ihren schmecken süß nach Honig und Milch.879 Ihr Mund hat den Geschmack von roten Äpfeln.880 Ihre Stimme wie ihre Rede ist süß881 und wird gehört.882 Seine Kehle ist senfft,883 die ihre hat den Geschmack des besten Weins, der dem Mann ist wirdig ze- trinken... vnd zedrucken mit seinen Lippen und Zähnen.884 Die Brust des Mannes schmeckt der Frau besser als Wein und Salben.885 Die Brüste der Frau sind besser als Wein,886 und Trauben,887 welche hier Sinnbilder der Fruchtbarkeit waren.888 Ihre Brüste werden als rein und makellos gelobt.889 Die Süße hat Parallelen zur weysheit.890 Mann und Frau preisen wechselseitig Hüften und bauch, der hier 876 Hl 8,10: Ich bin ein maur: vnd mein brúst als der turn: von dem ich bin gemacht als vindet den fride. 877 Hl 1,8: Mein freundin ich habe dich gegleichte• meinen wegen pharaons. Er- gänzt wird in den Überlieferungen K-Oa: meinem reisigen zeug in den wegen pharaonis. 878 Hl 5,13: Sein lespen seint liligen, trieffent die ersten mirren. 879 Hl 4,11: O braut dein lespen seint ein trieffen der honigsaum: honig und milch ist vnter dein zungen:... 880 Hl 7,8: ... vnd der geschmack deins munds als der roten öffel: ... 881 Hl 4,3: ... vnd dein rede ist süß. Hl 2,14: Wann dein stim ist súß: ... 882 Hl 2,14: ... dein stime die dönt in meinen orn.... 883 Hl 15,16: Sein kel ist senfft: vnd aller begirlichst. 884 Hl 7,8-9: ... dein kele ist als der beste wein. Wirdig zetrinken meim lieben: vnd zedrucken mit seinen lespen vnd mit den zenen. 885 Hl 1,1: Wann dein brust seint besser denn der wein: wolschmeckend denn die besten salben. Auch die kommentierende Stimme bestätigt: Hl 1,4: wir ge- dencken deiner brüste vber den wein. 886 Hl 4,10: ,..wie schön sind deine brúste. Dein brúste seint schöner denn der wein: ... 887 Hl 7,7: ... vnd dein brúste als den trauben. Hl 7,8: Vnd dein brúste werdent als die trauben der weingarten: ... 888 Thomas, Alois: Weintraube, in: LCI, Bd. 4, Sp. 494-496, Sp. 494. 889 Hl 4,10: Dein zwu brúste seint alz zwu iungen perhafftigen rechgaisen: die do gewaidet vnter den liligen:... Hl 7,3: Dein zwu brúste seint als zwu iunge der berhaffigen rechgais. 890 2.2.1 Die weysheit, S 88, Anm. 405-408. 133 wohl die Bedeutung von Leib, aber auch Unterleib891 haben kann. Seine Hüften sind das Bett des Wohlgeruchs,892 sein bauch ist El- fenbein mit saphiren geschmückt,893 also rein. Saphire symbolisier- ten himmlische Hoffnung.894 Die Hüften der Braut werden als schön wie der turteltauben895 beschrieben, folglich rein und sind sie wie ei- ne Spange, die von der Hand des meisters gemacht ist.896 Meister ist in Alten Testament der EDB eine Gottesanrede,897 damit wird der Bezug zu Gott898 hergestellt. Ihr bauch wird als Anhäufung von Wei- zen geschildert, der mit Lilien geschmückt ist.899 Weizen versinnbild- lichte Fruchtbarkeit und Leben,900 welche durch die Lilien als rein de- finiert werden. Die Metapher Apfelbaum901 ist als leibliches Sinnbild für den Bräutigam zu erkennen, in dessen Schatten die Braut begeh- rend saß und seine süßen Früchte aß.902 Die Braut wird alle die newen öpffel vnd die alten behalten,903 was ‘bewahren und rein hal- ten’ meint.904 Die männliche Metapher des Früchte tragenden Apfel- baums ist hier Symbol des Lebens.905 Die Braut wird als Früchte tra- gende Palme beschrieben, also als Lebenssymbol der weysheit,906 891 Bauch bedeutete ”leib, unterleib ohne den bezug auf speise, im gegensatz zu brust, hals und beinen” DWb, Bd 1, Sp. 1163-1165, Sp. 1164. 892 Hl 5,13: Dein húfftlein seint alz das petlein der aromaten: zesammen gesetzt von den wurtzen. 893 Hl 5,14: Sein bauch ist helfenbainyn vnterschaiden mit saphiren. 894 Hahn, K./ Kaute, L.: Edelsteine, in: LCI, Bd. 1, Sp. 578-580. 895 Hl 1,9. 896 Hl 7, 1: Die fúgung deiner hùfft seint als die furspang: die do seint gemacht mit der hant des meisters. 897 Wsh 8,6: ... wer ist ein merer maister der dinge die do sint denn dise. Wsh. 13,1: ... von den dingen die werent gesehen gut nach derkanten in den wercken zuuernemen wer der werckmeister was. 898 Der Gottesbezug in der EDB erweitert die Bedeutung von Meister, die im DWb auf Akademiker oder Handwerker bezogen wird. DWb, Bd. 12, Sp. 1952-1966. 899 Hl 7,2: Dein bauch ist als ein hauf des waitzen: besteckt mit liligen. Besungen wird auch ihr Nabel. Hl 7,2: Dein nabel ist als ein gedrechter becher: nymer durfent des trinckens. 900 Lurker 1991, S. 13. 901 Hl 2,3: Als der apffelbaum vnter den höltzern der welde: also ist mein lieber vnter den sunen. 902 Hl 2,3: Ich saß vnter seim schatten den ich begert: vnd sein wucher ist süß meiner kehlen. 903 Hl 7,13: mein lieber ich hab dir behalten alle die newen öpffel vnd die alten. 904 Lexer, Bd. 1, Sp. 151. 905 Os van, H. K.: Apfel, in: LCI, Bd. 1, Sp. 123f. 906 2.2.1 Die weysheit, S 85, Anm. 368. 134 deren Früchte der Mann begriffe,907 womit das Wortfeld ‘umfassen, umschließen, betasten, ergreifen, erfassen und begreifen’908 einbe- zogen wird. Die Bilder der Früchte tragenden Bäume legen die Vor- stellung eines reinen Geschlechtsaktes nahe. Die Braut wird mit dem Bild beschloßner garten909 darstellt, der in der Lutherübersetzung als “verschlossen Garten” beschrieben wird. Die Bedeutungen von ‘be- sliezen’ waren ‘umschließen, umspannen, festhalten, in Besitz neh- men, und einschließen.’910 Der mehrdeutige Terminus kann den Bräutigam als Besitzer des Gartens darstellen, wenn die Aussage der Braut MEin lieber kumm in seinen garten911und mein lieber ist abgestiegen in seinen garten912 hinzuzogen wird. Auch der Bräuti- gam beschreibt sich offensichtlich als Garten mit der Formulierung kum in mein garten.913 Garten als Leibmetapher muss geordente und damit ‘reine’ Fruchtbarkeit914 aussagen. Die Braut wird auch als be- zaichender brun915 definiert. Ob damit der Brunnen mit einem Zei- chen916 versehen ist,917 erschließt sich aus ein brun der gerten, ein sod der lebigtigen wasser918 nicht eindeutig. Die Brunnenbilder ver- anschaulichen Reinheit, die mit den Wassermetaphern der weysheit919 korrespondieren. Mann und Frau werden mit den herausgearbeiteten Rechtsfiguren als rechtsgültiges Brautpaar ausgewiesen. Ihre gegenseitige Liebe bestimmt ihre Beziehung. Mit König und Fürstentochter wird Hierar- chie definiert, die Herrschaft kennzeichnet. Die Bezeichnung der Braut als Fängerin der Füchse im Weingarten kann als hilffen mar- kiert werden, die Beschreibungen im Bereich der Fruchtbarkeit sind 907 Hl 7,8: ich steig auf zu dem palmbaum :vnd begriffe seinen wucher 908 Lexer, Bd. 1, Sp. 147f. 909 Hl 4,12: ... du bist ein beschoßner garten: ein beschloßner gart. 910 Lexer Bd. 1, Sp. 219. 911 Hl 5,1. 912 Hl 6,1. 913 Hl 5,1. 914 Lurker 1991, S. 227f. Diemer, Peter: Garten, in: LCI, Bd. 2, Sp. 77-82. Mohr 1971, S. 114f. 915 Hl 4,12: ... ein bezaichender brun. 916 Lexer Bd. 1, Sp. 256. 917 Luther übersetzt eine ”verschossene Quelle/ ein versiegelter Born.” 918 Hl 4,15: Du bist ein brunn der gerten ein sod der lebendigen wasser: ... 919 2.2.1 Die weysheit, S 85, Anm. 373-377. 135 als die hilffen für die Weitergabe von Leben zu qualifizieren. Diese Aussagen legen auch für das Brautpaar ihre Bindung als Diagonal- kreuz zugrunde. Die Reinheit von Frau und Mann charakterisiert im Besonderen geschlechtliche Reinheit und weist sie als gehorsam gegenüber den Gesetzen Gottes aus. Übereinstimmungen der Braut mit der weysheit sind festzustellen, wegen ihrer präsentierten Leib- lichkeit ist sie als gute Braut zu bezeichnen, die nach der Brautzeit das Konzept gutes weib hat. Die ‘reine’ Liebe zwischen Frau und Mann ist im Hohelied die Grundlage des Rechtsverhältnisses des Brautpaares am Beginn ihres gemeinsamen Lebens als Ehepaar. Die Betonung der Reinheit des Brautpaares im Hohelied, lässt den Schluss zu, dass das Paar dem Ehepaar weiser Mann und gutes weib entspricht, wobei im Hohelied der Brautstand und in der ersten Zeit nach der Hochzeit beschrieben wird. Die Erfüllung aller Gesetze der Rechtsordnung ee und mit Rechtsgehorsam ist daher implizit dargestellt. Damit geht einher, dass die Geschlechterordnung Ehe in der Bindung im Diagonalkreuz entfaltet wird, was sich aus dem Feh- len der Aussagen über die Eheherrschaft des Mannes einerseits, an- derseits mit Konstruktionen von hilffen der Ehefrau herausgearbeitet wurde. In den Weisheitsbüchern wird der Ehe des weisen Mannes mit dem guten weib eine Negation gegenübergestellt, in deren Mittel- punkt die Ehefrau steht. Sie wird wie das gute weib mit Epitheta und Metaphern entfaltet, die erlauben ihr Konzept herauszuarbeiten. Ihr Handlungsfeld nach Konstruktionen von hilffen befragt. Die Aussa- gen über die Ehe werden nach Hinweisen auf die Bindung im Diago- nalkreuz und nach dem Konzept des Mannes befragt. Aus dem Ehe- und den Geschlechterkonzepten werden die Positionen zur Rechts- ordnung ee ermittelt. Die Ehefrau wird heßlich920 genannt, im Sinne ‘feindselig, hassvoll, Widerwillen erregend’,921 kriegerisch,922 also ‘widersetzlich, trotzig, streitsüchtig’,923 vngeng,924 in den Bedeutungen von ‘störrisch’, ‘ab- 920 Spr 30,20-23: Durch drew ding wirt bewegt die erde vnd das vierd mag sy nit der leiden ...durch das heslich weib das do wirt entpangen zü der ee: ... 921 Lexer, Bd. 2, Sp. 1197; DWb, Bd. 10, Sp. 556f. 922 Spr 19,13; Spr 21,19; Spr 27,15; Eccl 25,27. 923 Lexer, Bd. 1, Sp. 1731. 924 Eccl 25,23; Eccl. 26,10. 136 solut eigensinnig’ einschließlich träge’.925 Sie wird als schalckhafftig weyp926 präsentiert, wobei schalckhafftig sie ‘böse, ungetreu, arg- und hinterlistig927, ‘heimtückisch, heuchlerisch, boshaft’928 kenn- zeichnen. Das schalckhafftig weyp wird als alles vbel929 und plage ausgewiesen, die gleich dem Betrug und der Rache ist.930 Plage931 wurde im Untersuchungszeitraum eine von Gott verhängte Strafe, Unglück, Not und Qual genannt. In der EDB habe ich diesen Termi- nus932 nur zweimal gefunden, die Strafen Gottes werden als Körper- strafen definiert.933 Charakterisiert wird ebenso das vngetrew weyp, das als ‘vertragsbrüchig, unzuverlässig, unbeständig, trügerisch, falsch, ungläubig’934 ausgewiesen wird. Als stärkste Negation wird das zornig weib darstellt, die sich aus der Aussage erschließt, dass der zorn nicht geschaffen ist dem geschlecht der weib.935 Gemein- sam mit ihrem zorn wird ihre vnersamkeit genannt, die als großes la- ster936 ausgewiesen wird. Da laster auch ‘Schmähung’937 im Sinne von willentlicher ‘Herabsetzung und Herabwürdigung’938 aussagte, ist letztlich dargestellt, dass das zornige weib nicht ihrem Geschlecht entspricht. Mit der Darstellung der absoluten Schalkhaftigkeit des schlangs, wird die Beschreibung des zorn des weybs939 eingeleitet, um ihn als Höchstmaß allen nicht göttlichen Zorns zu kennzeichnen. 925 Lexer, Bd. 1, Sp. 1854. 926 Eccl 25,17-19; Eccl 25,24-25; Eccl 25,31; Eccl 25,34-35. 927 DWb, Bd. 14, Sp. 2067-2081, Sp. 2067-70, 2077. 928 Lexer, Bd. 2, Sp. 640. 929 Eccl 25,17: Vnd alles vbel ist die schalkheit des weybs. 930 Eccl 25,18-21: Vnd sy sicht ein iegliche plag vnd nit die plage des hertzen: wann ein iegliche schalkheit vnd nit die schalkheit des weybs: vnd ein ieglich betriegung vnd nit die betriegung des hassenden: vnd ein ieglich rach vnd nit die rach der feind. 931 Lexer, Bd. 2, Sp. 276. DWb, Bd. 13, Sp. 1876-1878. 932 Num 11,33: ...• vnd er schlug es mit einer großen plag,... Num 25,8: ... Vnd die plag hort auff von ... 933 So z. B.: Ps 88,33: Ich heimsůch sy in der rut ir vngangkeit : vnd ir súnde in den schlegen. Gen 12,17: Wann der herre quelt pharan mit micheln wunden. 934 DWb, Bd. 24, Sp. 899-902. 935 2.2.1 Die weysheit, S. 95, Anm. 489. 936 Eccl 25,29: Des weybs zorn• vnd vnersamkeit ist ein michel laster. 937 Lexer, Bd. 1, Sp, 1836. 938 DWb, Bd. 15, Sp. 903-905. 939 Eccl 25,23 :Es ist nit schalkhafftiges haubte vber das haupte des schlangs vnd es ist nit zorn vber den zorn des weybs. 137 Die Verbindung zwischen schlang und zornigem weib belegt folglich das Heraustreten des weibs aus ihrer Schöpfung und den ihres Ein- tritts in den Bereich des schlangs. Alle Epitheta kennzeichnen das Konzept dieser Ehefrau, die mit der zeitgebundenen Definition unweib bezeichnet werden kann, weil sie “den namen eines weibes nicht verdient.”940 Sie kann auch als vbel weib941 bezeichnet werden. Da die Bezeichnung unweib auch im ACKERMANN942 benutzt wird, wähle ich für dieses Konzept von Ehefrau diesen Terminus. Das unweib kann anhand ihrer Gestalt und ihrem antlútz als der bere943 und als verkert944 identifiziert werden. Nach der EDB kommt im Ant- litz945 das Innere zum Ausdruck. Das Antlitz des Bären hat eine star- re Mimik, der Bär wird in der EDB auf der Seite des vbel946 platziert. Diese Zuordnung gilt auch in der Symbolik für den Bär, der als Sinn- bild des Teufels in Verbindung mit seinem Zorn galt.947 Infolgedessen wird mit dem Bärenbild die Verbindung zum schlang/Teufel vorge- nommen. Das Handlungsfeld des unweibs ist aus den Darstellungen des Lebens des Paares zu erschließen. Das Leben mit dem unweib ist schlimmer als Sand in den Schuhen,948 ein Aufenthalt unter einem undichten Dach während der Zeit der Kälte949 und Wohnen in einem 940 Lexer Bd. 3, Sp. 1997, gleiches gilt für die Standesbezeichnung ‘vnrouwe’, Le- xer, Bd. 3, Sp. 1979. 941 Daz buoch von dem übeln wîbe’ 2Tübingen 1968, hg. von Ebbinghaus, Ernst, (= Altdeutsche Textbibliothek, Nr. 46). 942 ACKERMANN Kapitel 29: Jedoch bei golt blei, bei weizen rate , bei allerlei mün- zen beislege und bei weiben unweib müßen wesen. 943 Eccl 25,24: Die schalkheit des weybs verwandelt ire gestalt: vnd verkert ir ant- lútz als der bere: vnd sy zaigt sich als ein sack in mitzt ir nechsten. 944 ‘Umkehren, anderen, verwandeln, verdrehen, ins entgegengesetzte verändern’ Lexer, Bd. 3, Sp. 149f. 945 Eccl 14,31: Das hertz des menschen verwandelt sein antlútz: es sei in dem guten vnd dem vbeln. 946 Spr 28,15: Als der ... hungrig bere: also ist der vnmilt furst vber das arm volk. Auch 1. Kö 17,34; 2. Kö 17,8; 4. Kö 2,24; Klg 3,10; Dan 7,5; Am 5,19. 947 Wehrhahn-Stauch, Liselotte: Bär, in: LCI, Bd. 1, Sp. 242-244. Lurker 1991, S. 72f. Die positiven Aspekte der Symbolik können im Zusammenhang von Eccl 24,25 keine Rolle spielen. 948 Eccl 25,27: Als der aufeigent sant an den fússen des alten: also ist das krie- gisch weyp mit dem geruten menschen. 949 Spr 19,13: Der tum sun ist ein schmetze des vatters: vnd die dache die do emßiglich durch trieffen vnd das kriegisch wip. Spr 27,15: Die durch trieffende decher an dem tag der kelt • vnd das kriegische weip die werdent zesamen ge- leicht. 138 ausgeplünderten Land.950 Der Ehemann, der sein unweib helt, womit der Sinn ‘hüten, weiden, bewahren, erhalten, festhalten, verehren’, aber auch ‘für heilig halten’951 transportiert wurde, kann sie ebenso wenig wie den Wind aufhalten vnd er verwúst das öl seiner zes- wen.952 Er verdirbt also das Öl953, das in der EDB ein Zeichen Gottes für seine Gemeinschaft954 und auch für eine Opfergabe ist.955 In der EDB wird der Ehemann für die Verderbnis des Öls verantwortlich gemacht. Es ist davon auszugehen, dass die Rezipienten der EDB mit der Symbolik des Öls vertraut waren, denn es galt als gnaden- haft. Ihm wurde heilsame und wirkende Stärkung des Leibes und der Seele im Besonderen bei der Letzten Ölung956 zugeschrieben. Das unweib streitet mit ihrem Mann, er kann das Öl nicht bewahren. Im Umkehrschluss wird folglich von einem guten weib verlangt: Sie darf nicht mit ihrem Mann streiten. Die Forderung ist aus didaktischen Texten belegt.957 Sie hat möglicherweise Wurzeln im Alten Testa- ment. Das unweib hat die Herrschaft in der Ehe,958 sie ist daher ihrem Mann gegenüber widerwurtig also ‘entgegenstrebend, entgegenge- setzt und feindlich.’959 Der Ehemann wird aufgefordert die genade vmb die ausgeung geben,960 sie also nicht aus dem Haus gehen zu- 950 Spr. 21,19: Besser ist zeentwelen in dem wusten lande: denn mit dem kriegeri- schen vnd den zornigen weibe. 951 Lexer, Bd. 1, Sp. 1160f. 952 Spr 27,16: Der sy helt der ist als der do helt den windt vnd verwúst das öl seiner zeswen [rechten Hand ]. 953 Luther Spr 27,16: Wer sie auffhelt/ der helt den Wind/ Vnd wil das ole mit der hand fassen. 954 Jo 2,19: Vnd der herre antwurt: vnd sprach zu seim volck: Secht ich sende euch treyd vnd wein vnd öl: vnd ir werd erfúllt in in: ... Ps 22,5: ... Du hast er veystent mein haupt mit dem öl: Ps 44,8: ... dorumb got dein got derselb dich mit dem öl der freuden vor dein entsampt gesellen. Ps 103,15: ... Das er erfreu das antlútz in dem öle: ... 955 Gen 28,18: ... • er richt in auff zu eim zaichen : vnd goß darauff das ole. Vnd hieß den namen der stet bethel. 956 RED: Öl, Ölgefäß, in: LCI, Bd. 3, Sp. 340f. 957 So z. B. Bumke, 1986, Bd. 2 ,S.479, Anm. 127. Schnell, 1998, Frauendiskurs, S. 173. 958 Eccl 25,30: Wann ob das weib behellt die erstigkeit • sy ist wider wurtig irem mann. Überlieferungen Z-Oa: Vnd hat das weyp die herschung ... 959 Lexer, Bd. 3, Sp. 871. 960 Eccl 25,34: Nicht gib ... dem • schalckhaffigigen weyb die genad vmb die aus- geung. 139 lassen. Damit tritt das gesellschaftliche Ansehen in den Vordergrund. Die Überlieferungen Z-Oa nennen direkt die weibliche Herrschaft, denn statt ausgeung wird fúrzegehen eingesetzt, womit eine Rang- ordnung hergestellt wird, im Sinne von ‘Vorgesetzter’.961 Ihre Herr- schaft wird auch mit dem Ochsenjoch verglichen. Der Ehemann, der sie helt962 ergreift einen Skorpion.963 Die Metapher ‘Ochsenjoch’ könnte bei den Rezipienten der EDB als Stirnjoch verstanden worden sein, das le Groff als “modernes Spannsystem” bezeichnet, mit dem die Zugkraft gesteigert wurde.964 Festzustellen ist, dass der Ehe- mann als Ochse definiert wird, der mit dem Joch gelenkt, also be- herrscht wird. Nahe liegt bei der Verwendung des Bildes, dass der Mann auch als verschnitten gekennzeichnet werden sollte, da die EDB zwischen Ochs und Stier965 durchaus unterscheidet. Zugleich erfährt der Mann das unweib als giftigen Skorpion. Obwohl der Skor- pion in der EDB zu den ‘Instrumenten der Strafe Gottes gehört,966 ist die Symbolik, die den Skorpion als Sinnbild des Teufels967 ausge- legte von Bedeutung. Das unweib wird durch den Skorpion abermals mit dem Teufel in Beziehung gesetzt.968 Diese Darstellung wird noch gesteigert, indem statt mit ihr zu leben, einem Leben mit dem Löwen oder Drachen969 der Vorzug eingeräumt wird.970 Beide negativen Zu- schreibungen stellen die Nähe zum schlang/Teufel dar. Das Gefah- renpotential das vom unweib ausgeht, ist allerdings grösser. 961 Lexer, Bd. 3, Sp. 467. 962 2.2 2 Die Geschlechterordnung Ehe, S 136, Anm. 951. 963 Eccl 26,10: Als das ioch der ochsen das do wirt bewegt: also ist auch das vngeng weyb: wer sy hellt • der ist als der do begreift ein scorpion. 964 Le Goff, Jacques: Das Hochmittelalter, Fischer Weltgeschichte, Bd. 11, Frank- furt a M. 1965, S. 39f. 965 Vgl. Gen 32,16: ... xl •kue • xx • stiere vnd... Ps 21,13: ..: vnd die veisten stier vmbsassen mich. Ps 49,13: Isse ich den das fleysch der stier ... 966 Eccl 39,36: Die zene der tier • vnd der scorpen • vnd schlangen • scharpff waf- fen vrteilt die vngengen in verwustung. 967 Es handelte sich um den Glaubens der Israeliten, der Häresie und den der Hei- den, Braunfels, Sigrid: Skorpion, in: LCI, Bd. 4, Sp. 170-172. Lurker 1991, S.684, ergänzt, dass der Skorpion ein Sinnbild des Teufels war. 968 Luther Sir 26,10: Wenn einer ein böse Weib hat/ so ist das eben/ als ein vngleich par Ochsen/ die neben ander ziehen sollen .Wer sie krieget/ der krie- get ein Scorpion. Randglosse: (Vngleich) Die werden selten reich. 969 So z. B.: Ps 7,3: Das er entwenn icht zuck mein sele als der lewe... Ps 21,22: Mach mich behalten von dem mund des lewen: ... Ps 56,5: ... vnderlost mei sel von mitzt der welff der lewen: 970 Eccl 25,23: Es gefellt mer zeentwelen mit dem lewn vnd mit dem dracken denn mit dem vngengen weyb. 140 Sie ist dem Manne Trauer und Schmerz, denn in ihr ist die geisel der zungen.971 Das Zungenbild charakterisiert also ihre verletzenden Worte im Gegensatz zur zung der gesuntheit972 des guten weibs. Das unweib wird gleichgesetzt mit kranken, also ‘kraftlosen’973 Hän- den und ‘weichen’974 Knien.975 Sie wird in einer Aufzählung ein de- mutges hertze, ein trauriges antlútz und ein wunde des dottes976 be- zeichnet. Der Sinn von demutges ist eine negative Wertung in der Bedeutung von ‘kränkend und entehrend.’977 Die Aussage trauriges antlútz als negatives Bild konnte nicht geklärt werden. Im Achterge- wicht wird sie als Todeswunde definiert. Die Bilder geisel der zungen, kranke Hände, weiche Knie, kränkendes Herz und Todeswunde kön- nen als Charakteristika ihres Handlungsfeldes gewertet werden, das keine Merkmale von hilffen hat. Ihr Handlungsfeld wird auch definiert mit dem Postulat sy zaigt sich als ein sack in mitzt ir nechsten978. Der Sinn ‘Bußgewand’ bzw. ‘Trauerkleidung’, 979 die der sack in der EDB auch hat, kann dieser Aussage nicht zugrunde gelegt werden. Als Schimpfwort wurde sack verwendet, um den Bezeichneten als ‘faul’ im Sinne von ‘träge’ und zugleich als ‘gefräßig und habgierig’ zu de- finieren. Wenn Frauen als sack bezeichnet wurden, galten dieselben Aussagen, die erweitert wurden in den Bereich der negativen Sexua- lität.980 Dieser Aspekt ist mit dem Konzept unweib in den Weisheits- büchern der EDB nicht dargestellt, so dass sie allein als träge, gefrä- ßig und habgierig bezeichnet werden muss. Der Aspekt Habgier kann auf die Herrschaft des Mannes bezogen werden, die sie ‘einge- 971 Eccl 26,8-9: Das vngetrew weyb ist wee vnd schmertz dez hertzen. In den vngetrew weyb ist die geisel der zungen: 972 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S 112, Anm. 665f. 973 Lexer, Bd.1, Sp. 1707f. 974 Die Überlieferungen Z-Oa schreiben ‘zerlassen’, Die Bedeutung war u.a. ‘auf- weichen, auflösen, schmelzen’ Lexer, Bd. 3, Sp. 1072. 975 Eccl 25,32: Als die kranken hende vnd die enpunden knye: als ist das weyp die do nit gesegnet iren man. 976 Eccl 25,31: Ein demutges hertze, ein trauriges antlútz und ein wunde des dot- tes: ist das schalckhafftig weyp. 977 Lexer, Bd. 1, Sp, 423f. 978 Eccl 25,24. 979 So z. B.: Gen 37,34: Er raisse die gewand vnd faste sich mit einem sacke: vnd beweint sein sun vil zeyte. 2. Kö 3,31: Raysset ewer gewand vnd wert geuast mit sacke vnd klagt. Auch Hi 16,16; Dan 9,3. Nicht aber in Jer 4,8. 980 Lexer Bd. 2, Sp. 562-564. DWb, Bd. 14, Sp. 1610-1617, Sp. 1617. Schuster 1995, S. 300. 141 sackt’ hat.981 Das unweib hat Wirkungen, die auf die häusliche Ge- meinschaft beschränkt werden, was ich aus der Formulierung in mitzt ir nechsten schließe. Dennoch wird dem unweib eine Reflexion im Bezug auf ihr Handeln zugestanden, die als Interaktion zwischen Mann und Ehefrau präsentiert wird: Ir man der seuftzet: vnd sy hort es vnd seuftzt ein lútzel.982 In der WENZELSBIBEL fehlt ihr Seufzen, nur ihr Mann klagt, seufzt und weint darüber hinaus.983 Luther übersetzt, dass der Mann sich schämen muss.984 Anhand der Übersetzungen ist zu erkennen, dass in der EDB selbst dem unweib eine geringe frauenfreundliche Komponente zugemessen wird. Die Wandlung hin- sichtlich Darstellungen des Mannes sind deutlich: Sie erstrecken sich vom Seufzen über Klagen und Weinen bis zum Schämen. Der Mann des unweibs wird in der EDB bedauert, denn er hat das größte vbel mit ihr, daher wird sie von Gott bestraft werden, denn das los der súnder vellt auf sy.985 Das Postulat Von dem weyp ist gemacht der aneuanck der súnde: vnd durch sie sterben wir alle986 schließt an Ausführungen über das unweib an. Strotmann interpretiert Stellung und Aussage dieses Ver- ses dahingehend, dass der Vers nicht grundsätzlich vor der Frau als solche warne, sondern vor der ”schlechten”.987 Diese Forschungspo- sition ist auch aus der EDB zu schließen, sie ist nicht grundsätzlich misogyn, da auch im Weisheitsbuch Ecclesiasticus (Sirach) das gute weib und seine hilffen beschrieben werden. Das Konzept des unweib, das mit Bildern des Teufels entwickelt wird, ist nicht misogyn, sondern ist das Gegenbild des guten weibs. Sie wird folglich zwar außerhalb der Rechtsordnung ee angesiedelt, allerdings werden ihr keine Verstöße gegen die Gesetze der Reinheit angelastet. Das Handlungsfeld des unweibs definiert sie nicht als 981 ”Bildlich der sieger im streite (steckt)seinen gegner in den sack” DWb Bd. 14, Sp. 1610-1617, 1611. 982 Eccl 25,25: Ir man der seuftzet: vnd sy hort es vnd seuftzt ein lútzel. 983 Eccl 25,25: Geclaget hat ir manvnd horende gesuftzet hat er ein weink. 984 Luther Sir 25,25: Ir Man mus sich ir schemen/ Vnd wenns mans jm furwirfft/ so tuts jm im herzen weh. 985 Eccl 25,26: Alles vbel ist kurtz vber das vbel des weibs: das los der súnder vellt auf sy. 986 Eccl 25,33. 987 Strotmann, Angelika: Das Buch Jesus Sirach, Über die schwierige Beziehung zwischen göttlicher Weisheit und konkreten Frauen in einer androzentrischen Schrift, in: KfemB, S. 428-438, S. 434. 142 hilffen des Mannes. Darüber hinaus fehlen die Handlungsfelder Mutter und hausfrawe, da sie nicht dargestellt werden. Dem Ehemann des unweibs wird verdeckt die Verantwortung zu- geschrieben und damit sein Konzept entfaltet. Dieses wird nur einmal thematisiert, er wird als nicht in Gemeinschaft mit der weysheit988 dargestellt. Damit gewinnt auch er sein Konzept außerhalb der Rechtsordnung ee im Rechtsungehorsam, allerdings werden auch ihm keine Vergehen gegen die Gesetze der Reinheit vorgeworfen. Sein Konzept ist folglich ‘unweise’. Aufgrund seines Konzeptes be- kommt er auch seine Ehefrau nicht von Gott, sondern er wählt sie selbst aus. Die Möglichkeit der Eigenwahl wird in Levitikus 21,14 dargestellt, sie unterliegt aber Beschränkungen, denn ausgeschlossen werden die einem andern Mann versprochene, die gemeine, die vnsaubere also Unreine und die verwiderte,989 folglich die, die ‘verweigert und widerspricht’.990 Die Beschreibungen des unweibs in den Weisheits- büchern der EDB können auf die verwiderte zurückgeführt werden. Daher erhalten die dargestellten Situationen eben nicht nur Frauen- schelte, vielmehr wird immer auch der negative Anteil des Ehemanns darstellt, der als logische Konsequenz für seine Wahl zutage tritt. Das Ehepaar unweiser Mann und unweib ist nicht wechselseitig im Diagonalkreuz mit einander verbunden, denn die Herrschaft in der EDB hat das unweib. Ihr Handlungsfeld hilffen ist als Abwesenheit von Heil dargestellt, das mit Bildern von Krankheit beschrieben wird, die sie ihrem Mann bringt. Der Rechtsungehorsam von unweisen Mann und unweib, einschließlich der nicht vorhandenen Bindung im Diagonalkreuz definiert, dass das Paar ohne behaltsam/ heyl ist. In welchem Maße die alttestamentarischen Ausführungen über die Divergenzen in der Ehe, die von der Ehefrau ausgehen, auf Darstel- lungen ‘verkehrte Welt’ Einfluss gehabt haben, bleibt offen. Den Kampf um die Herrschaft in der Ehe, hat H. Hundsbichler991 unter- sucht. G. Jaritz und S. Metken charakterisieren diese Auseinander- 988 Wsh 3,11-13: Wann der do verwirfft die weisheit vnd die lere der ist vnselig • vnd ir zů versicht ist vppig•vnd ir arbeit on wůcher• vnd ir werck seint vnentwe- lich. Ire weib seint vnsibbig: vnd ir sún die schalckhaftigsten. 989 Lev 21,14. 990 Lexer, Bd. 3, Sp. 306f. 991 Hundsbichler, Helmut: Im Zeichen der ‘verkehrten Welt’ in: Blaschitz u. a 1992, S. 555-570, S. 562. 143 setzung als Kampf um die Bruoch.’ Sie belegen, dass das aus- schließlich männliche Kleidungsstück als „eines der markantesten, wenn nicht das markanteste Zeichen, das Männlichkeit, Macht, Herr- schaft oder deren Verkehrung symbolisiert”992 hat. Die Darstellungen über den Kampf um die Eheherrschaft zeigen eine Nähe zu den alt- testamentarischen Beschreibungen, daher wäre zu prüfen, ob es Be- ziehungen zum alltestamentarische Ehe- und Ehefraukonzept gibt. 2.2.3 Das tumpweib Die beiden Ehekonzepte der vier Weisheitsbücher beruhen auf den aufeinander bezogenen Konzepten von Frau und Mann im Rahmen der Rechtsordnung ee.. Die Position des Mannes ist ab- hängig von der Gemeinschaft mit der weysheit, die der Frau von ihrer Schöpfungsbestimmung hilffen, der sie sich verweigern kann. Von dem Konzept der Frau ist die Ehe als Diagonalkreuz abhängig. Die vier Weisheitsbücher präsentieren über die beiden Formen der Ehe hinaus ein drittes Paarkonzept, das geprägt ist vom tumpweib, die wie die weysheit als Frauenfigur in der Form eines ‘Zwischenwesen’ dargestellt wird. In traditionellen theologischen Studien wird sie auch als Eigenschaft ‘Torheit’ klassifiziert.993 Für das Buch Sprüche stellt die feministische Theologin Maier fest, dass die Figur als ”Parallelisierung der fremden Frau/Torheit” thematisch mit der Weis- heit994 verbunden werde. Für das Buch Prediger konstatiert Kato, die Darstellungen charakterisierten entweder „verführerische Frauen” oder die ”Personifikation der Torheit”.995 Aufgrund der vorreformatori- schen Wahrnehmung der Bibel als offenbartes Wort Gottes werde ich die Aussagen über das tumpweib der weysheit entsprechend, herausarbeiten und analysieren, wie die Figur zum Mann positioniert wird. 992 Jaritz, Gerhard: Die Brouch in: Blaschitz u. a 1992, S. 395-407, S. 400. Metken, Sigrid: Der Kampf um die Hose. Geschlechterstreit und die Macht im Haus. Die Geschichte eines Symbols, Frankfurt a.M./ New York 1996. Für den Untersu- chungszeitraum bes. S. 37-63. 993 Kepper 1999, S. 189. 994 Maier, Christl: Das Buch der Sprichwörter. Wie weibliche Weisheit entsteht ..., in: KfemB, S. 208-220, S 213. 995 Kato, Kumiko: Das Buch Kohelet, Der Mensch allein, ohne Frau, in: KfemB, S. 221-232, S. 229. 144 Die Bezeichnung tumpweib entwirft sie mit tump als ‘unverständig, dumm aber auch töricht’.996 Die Überlieferungen Z-Oa nennen sie to- rent weyp, womit sie mit torent auch die Aspekte von ‘betören betrü- gen und hintergehen’997 gewinnt. Sie wird charakterisiert als vol der vnzimlichen ding vnd mit all nichtz wissent.998 Die Formulierung vnzimlich stellt alles Unzuträgliche999 dar, die zweite ihre Unwissen- heit.1000 Die Aussage definiert sie, wie die weysheit, mit einem Ge- fäßbild: vol der vnzimlichen ding stellt offensichtlich die Opposition zur ordenung der ee und all nichtz wissent die zum gaist der ver- nunft1001her. Ihre Gestalt bleibt auf den ersten Blick unbeschrieben. Da der Vers Sprüche 11,22 eine Frau beschreibt, die in Überliefe- rungen als törat bzw. torhait weib1002 präzisiert wird. Daher ist davon auszugehen, dass das „Zwischenwesen“ tumpweib mit der Formu- lierung: Als ein guldin ring in dem grantz des sweins: also ist das weip (törat/ torhait) schon vnd vppig beschrieben wird. Folglich wird sie zwar als schön, aber durch vppig1003 als ‘unnütz, leer, nichtig, falsch, leichtfertig, liderlich’1004 markiert. Die Schönheitsmetapher ‘goldener Ring’ wird durch seinen Ort im Schweinerüssel, also im alttestamentarischen unreinen Tier1005 als unreine Schönheit entlarvt. Die Darstellung der Schönheit im Schweinerüssel stellt nicht nur den Gegensatz zur reinen Schönheit der weysheit dar, sondern eine die Figur, die alle Gesetze der Reinheit missachtet und die damit als ee- brecherin zu sehen ist. Weibliche Schönheit wird alttestamentarisch folglich im Referenzrahmen des Rechtsgehorsams gegenüber den Gesetzen der Reinheit bestimmt, auch wenn der Vers Sprüche 11,22 von spätmittelalterlichen misogynen Klerikern benutzt worden ist, um allgemein die Frauenschönheit zu diskreditieren.1006 996 Lexer, Bd. 2, Sp. 1565. 997 Lexer, Bd. 2, Sp. 1465. 998 Spr 9,13. 999 Lexer, Bd. 2, Sp. 1119. 1000 Aus welchen Quellen ihre Unwissenheit kommt, bleibt offen. 1001 2.2.1 Die weysheit, S 88f, Anm. 412-417. 1002 Überlieferungen Sb-O: törat.Überlieferung Oa: torhait 1003 Der Übersetzer setzt vppig grundsätzlich in den Zusammenhang verwerflicher Handlungsweisen. 1004 Lexer, Bd. 2, Sp. 1998. 1005 Lev 11,7; Deut 14,8-5; Deut 4,1. 1006 Sprenger, Jakob/ Institoris, Heinrich: Der Hexenhammer (Malleus maleficarum) 1487, Aus dem Lateinischen übertragen und eingeleitet von J. W. R. Schmidt, 145 Wie der weysheit1007 wird auch dem tumpweib ein Haus zugeteilt, dort sitzt (sie) zwischen den turn irs hauses auf eim sessel• an der hochen stat der stat. Mit ihrer sitzenden Position wird die Rechtsfigur Herrschaft1008 dargestellt, die mit dem Sessel unterstrichen wird. Von dort aus ruft sie die Vorübergehen an und fragt sie, wer von ihnen ein lutzler oder Tor ist.1009 Die Darstellung entspricht sowohl der von Stumpp herausgearbeiteten Werbung von Prostituierten in römischen Bordellen1010 als auch der von P. Schuster für vorreformatorische städtische Prostituierte.1011 Das tumpweib verlangt von den lutzlern und Toren: neig sich zu mir.1012 Die Körpergeste müsste Ehrerbie- tung in Form der zuneigenden Unterwerfung1013 aussagen. Dass auch entsprechend dem neigen im Hohelied als eine Umarmung1014 verstanden werden konnte, kann aus weiteren Darstellungen entwik- kelt werden. Das neigen des lutzler/Toren verbindet ihn mit dem tumpweib1015, indem er in ihr Haus geht, mit der Konsequenz, dass er steigt ab zu der helle.1016 Ob haus auch eine Leibmetapher ist, liegt zwar nahe, ist aber nicht eindeutig zu erkennen. Im ‘Höllenhaus’ des tumpweibs befindet sich nicht nur der lutzler/Tor, sondern alle Seinesgleichen.1017 München 1983, S 99. 1007 2.2.1 Die weysheit, S 103, Anm. 578. 1008 2.2.1 Die weysheit, S 94, Anm. 479. 1009 Spr. 9,15-16: das sy rieffe den vbergehenden den weg: vnd die do durch gend an irem weg Wer ist ein lutzerler? ... Vnd sy red zu den torn. 1010 Stumpp, Bettina Eva: Prostitution in der römischen Antike, Berlin 1998, S. 62. 1011 Schuster, Peter: Das Frauenhaus, Städtische Bordelle in Deutschland (1350- 1600 ), Paderborn/ München/ Stuttgart/ Wien/ Zürich 1992, S. 31, 65: Die Pro- stituierten hätten ”geputzt, fast den ganzen Tag an der Tür gesessen und mit schmeichelnden Worten die Vorbeigehenden angelockt.” Die von Beate Schu- ster untersuchte Institution Bordell im Zusammenhang der gesellschaftlichen Stellung der Prostituierten im 16. Jahrhundert legt nicht deren Werbung dar. Schuster, Beate; Die freien Frauen, Dirnen und Frauenhäuser im 15. und 16. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 1995. 1012 Spr 9,16. 1013 DWb, Bd. 13, Sp. 568-577. 1014 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S 125, Anm. 799-801. 1015 Spr 9,16: Wann der ir wirt zu gefúgt ... 1016 Spr 9,16: ... vnd der sich schaid von der wirt behalten. 1017 Spr 9,18: Vnd er hat miskant daz da seint die riesen: vnd ir vnd ir geselschaft in der tieffen der helle. 146 Im Buch Prediger beschreibt Vers 7,27, dass ein weib gefunden wird, das bitterer als der tod1018 ist. Schüngel-Straumann hat die Wirksamkeit des Verses Prediger 7,27 anhand misogyner Kleriker- aussagen untersucht, die den Vers zitierten, um mit ihm die Minder- wertigkeit aller Frauen zu charakterisieren.1019 Riesener kommt bei der Analyse auf der Grundlage des hebräischen Textes zu der For- schungsposition, dass Vers 7,27 nicht “die Frau”, sondern die “Tor- heit”1020 beschreibe. Dem schließe ich mich an, weil die Formulierung ein weib einerseits nicht alle Frauen beschreibt, anderseits die vor- angegangenen Verse von der vergeblichen Suche nach der weysheit berichten. Das gefundene eine weip kann also auf der Folie des tumpweibs verstanden werden. Sie wird als Strick der Jäger ausge- wiesen, ihr Herz ist ein Netz, ihre Hände sind Bänder.1021 Ihre Kon- kretion schließt ab: wann der do ist ein súnder der wirt gefangen von ir.1022 Der Strick ist in der EDB ein getarntes Todesinstrument.1023 Da das Netz im Zusammenhang der Aussage keine positive1024 Bedeu- tung hat, wird es ebenso als negatives Fesselinstrument beschrie- ben. Gleiches gilt für die Bänder. Das eine weip ist mit Strick, Netz und Bändern als ‘Fallenstellerin gestaltet’, die allerdings nur den Sünder mit ihren Jagdinstrumenten überwältigen kann und zu ihrer ‘Jagdbeute’ macht, indem er durch ihre ‘Jagdlist’ gebunden wird. Ihre Fanginstrumente zeigen zwar den Zweck der Jagd, den Tod, der aber durch die Markierung bitterer etwas anzeigt, was den (leibli- chen) männlichen Tod übersteigt. Während die Fesseln der weysheit1025 ewig und das Heil bringend sind, haben die Fesseln des 1018 Pr 7,27: Vnd ich fand ein weip bitterer denn der tod. 1019 Schüngel-Staumann 1989, S. 105. 1020 Riesener, Ingrid: Frauenfeindschaft im Alten Testament? Vom Verständnis von Qoh 7, 25-29, in: Diesel, Anja A./ Lehmann, Reinhard G./ Otto, Eckart/ Wagner, Andeas (Hg.): ”Jedes Ding hat seine Zeit”, Studien zur israelitischen und altori- entalischen Weisheit, Berlin/ New York 1996, S. 193-207. 1021 Pr 7,27: ...die do ist ein strick der jeger: vnd ir hertz ist ein netze. Wann ir hend seint bande ... 1022 Pr 7,28: Wann der got geuellt der fleucht sy: ... 1023 So z.B.: Ps 34, 7: Wann sy verburgen mit vergeben den tode ihres sticks: ... Ps 139,6: Die do gedachtten zebetriegen mein geng: Die hochfertigen verburgen mir den strick. 1024 Hes 17,20: Vnd ich brait mein netze vber in vnd er wirt begriffen in meiner sege. Hes 32,3: Vnd ich spann auff mein netze vber dich in der menig maniger volcke: vnd ich zeuch dich aus in meiner sege| vnd wirff dich aus an die erd. 1025 2.2.1 Die weysheit, S 101, Anm. 550-554. 147 tumpweibs keinen Bestand, weil sie vergängliche Stricke sind.1026 Das tumpweib kann nur die lutzler, die Toren und die Sünder errei- chen. Diese Personengruppe ist dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht in Gemeinschaft mit der weysheit und außerhalb der Rechts- ordnung ee lebt, was ihr Konzept ausmacht. Die Bindung an das tumpweib stellt mit neigen und Fesseln ein Paar dar. Dem Mann ist das tumpweib seine hilffen zum Unheil, also zu Tod und Hölle. präzi- siert. Das weitere Handlungsfeld des tumpweibs ist gleichfalls als hilffen zu bezeichnen, denn sie will,wie die weysheit, nähren, aber ihre Nah- rung ist verstoln1027 wasser vnd geborgtes1028 brot. Damit suggeriert sie - gleich der weysheit - die Gaben Gottes und damit des Lebens zu sein.1029 Sie hat ihre Speisen jedoch nicht selbst bereitet, sondern bietet an, was ihr nicht gehört. Infolgedessen wird sie als Diebin und Betrügerin entlarvt.1030 Ihre Nahrung schmeckt sússer und senf- ter.1031 Worauf sich diese Komparative beziehen, verschweigt der Text. Es ist jedoch anzunehmen, dass er sich auf das weniger süß schmeckende ‘Erlaubte’ bezieht. Das Motiv der Süße und Sanftheit der weysheit wird beim tumpweib entwertet als ‘süßschmeckende Lüge’.1032 Das tumpweib bietet, trotz der Übereinstimmung mit Bil- dern aus dem Milieu der Prostitution, keine Ware, sondern hilffen an, die dem mit ihr verbundenen Mann den (ewigen) Tod der Hölle, also das Unheil, bringt. Dazu täuscht sie Qualitäten der weysheit vor, in- dem sie das Speisenangebot Lüge serviert und sie als Jägerin mit- tels Täuschung ihre Beute , den Mann, überlistet, wie das weib laut Genesis 3 durch den schlang überlistet wurde. Das tumpweib verkörpert Tod in Form von Hölle als Unheil. Ihr Rechtsungehorsam drückt sich durch Unwissenheit, Lüge, Hinterlist 1026 So z. B.: Ps 24,15 ...: wann er selb lost mein fúß von dem strick. Ps 123, 7: Vnser sel ist erlöst als der sperling: von dem strick der iagenden. Der strick ist zerknitscht vnd wir sein erlöst. 1027 ‘Heimlich wegnehmen, stehlen’ Lexer, Bd. 3, Sp. 250. 1028 ‘Verborgen’ DWb, Bd. 25, Sp. 149. 1029 Eccl 29,28: Der anuangk des lebens des menschen ist wasser vnd brot ... 1030 Im Gastmahlangebot könnte eine Anspielung enthalten sein, die dann im Zu- sammenhang der antiken römischen Prostitutionsbildern stünde, weil Prostitu- ierte solche anboten. Stumpp 1998, S. 65. 1031 Lexer, Bd. 2, Sp. 880f. 1032 Spr 20,17: Dem menschen ist súß das brot der luge: danach wirt der fult sein mund mit eim stein. 148 und Unreinheit (Schweinerüssel, unziemlichen ding.) aus. Diese vier Faktoren erfüllen die Kategorie des ee- bruch, folglich wird ihr das Konzept ee-brecherin zugeschrieben. Der lutzler, der mit ihr in Ge- meinschaft lebt, wird durch ihre übertragbare Unreinheit selbst un- rein. Sein Konzept wandelt sich von dumm in das des ee-brechers. Das höllische Sein des Mannes resultiert aus seinem Konzept ee- brecher, womit er das Angebot der weysheit, das diese auch gegen- über dem lutzlern und Toren verwirft. In den vier Weisheitsbüchern der EDB sind weysheit und tumpweib ‘reale’ kontrastierende weibli- che Zwischenwesen mit denen dichotomischen Vorstellungen von Weiblichkeit im Rahmen der Rechtsordnung ee entfaltet werden. Das tumpweib verkörpert Tod und Hölle, zugleich ist sie dem Manne hilffen zu seinem Tod und seinem Sein in der Hölle, also zu seinem Unheil. 2.2.4 Die nichteheliche Geschlechterbeziehung Im folgenden Analyseschritt wird der Frage nachgegangen, ob sich Korrelationen zum tumpweib für ein Frauenkonzept anhand von Epitheta und Metaphern erschließen lassen. Die ihnen zugeteilten Handlungsfelder werden abermals mit dem Blick auf hilffen, und Paardefinition befragt, und aus ihnen dann ein Männerkonzept er- schlossen. Die Formulierung außwendige, bzw. auswendige weib1033 verortet die Frau außerhalb des Hauses,1034 womit der Sinn von ‘Herumtrei- berin’ bzw. ‘Streunerin’ gemeint ist. Gemeinsam mit der außwendi- gen wird das böse weib1035 genannt. Böse charakterisiert nicht nur das Gegenteil von gut, sondern auch ‘gering’ und ‘wertlos’.1036 Die Definitionen die fremde, das fremde weyb1037 kennzeichnen den Ge- 1033 Spr 2,16-19. Spr 7, 5-27. 1034 Ûs - wendig übersetzt Lexer nur als Adverb mit auswendig, äußerlich, Lexer, Bd. 2, Sp. 2049. DWb Bd. 1, Sp. 1014f. Als Terminus für eine Frau wird der Be- griff nicht angeführt. Aus dem Text von Spr. 7,11 leite ich meine Übersetzung ab. 1035 Spr 6,24-25. 1036 Lexer, Bd. 1, Sp. 330. 1037 Spr 2,16-19; Spr 7,5-27; Eccl 9,11-13. 149 gensatz zu ‘vertraut’, wohl auch die Bedeutungen ‘gottlos’ oder ‘fal- scher Glauben’1038 lassen den Beisinn unrein erkennen. Diese Aus- sage formuliert auch das gezierte weyb1039 nicht im positiven Sinn von ‘Schönheit, Schmuck, Zierde und Herrlichkeit’1040, sondern mar- kiert falschen äußeren und unreinen Schein. Auch die springerin,1041 also die ‘Tänzerin’1042 ist letztlich unrein. Nach Schubert wurden ge- werbsmäßigen Tänzerinnen Prostitution1043 unterstellt. Das vnkeu- sche weib1044 wird gleichfalls als unrein bezeichnet, womit der Rechtsungehorsam gegenüber den Gesetzen der Reinheit zugrunde gelegt wird. Dies wird auch mit der Bezeichnung gemeine, bzw. ge- meinen weib1045 ausgesagt, was den Sinn von ‘unheilig, unrein’1046 und ‘mehreren gehörig’1047 umfasste. Die beiden Bedeutungen von gemein charakterisieren ihren Rechtsungehorsam gegenüber der Rechtsordnung ee einschließlich der Geschlechterbeziehung Ehe. Dies ist aus der Beschreibung als ‘untreue’ Ehefrau1048 zu entneh- men, damit wird sie als ee-brecherin1049 beschrieben. Ihr ee-bruch wird als ihre eigene Willensentscheidung dargestellt, da in den Weis- heitsbüchern der EDB das Motiv des Vaters, der seine Tochter zur gemeinen macht, indem er sie in ein solches Haus schickt, 1050 nicht vorkommt. Das gemeine weib hat demnach ihr Konzept selbst be- stimmt. Die Definitionen außwendige, böse, fremde, gezierte vnkeu- sche, gemeine und springerin charakterisieren ein unreines Frauen- konzept. Die Vielzahl der Aussagen beschreiben das gemeine weib, welches von mir als Obergriff verwendet wird. 1038 Diese Konnotation habe ich aus den unterschiedlichen Formulierungen des Treuegebotes, die ee ausführen, erschlossen. 1039 Eccl 9,8-9. 1040 Lexer, Bd. 1, Sp. 1003. 1041 Eccl 9,4. 1042 Mk 6,24: Vnd do die tochter herodiadis waz eingegangen • vnd hett gesprun- gen. 1043 Schubert, Ernst: Fahrendes Volk im Mittelalter, Darmstadt 1985, S. 228f. 1044 Spr 30,20; Eccl. 9,10; Eccl 26,12. 1045 Spr 5,3-8; Spr 6,26; Spr 23,27,28. 1046 DWb, Bd. 5, Sp. 3169-3220, Sp. 3170, 3217. 1047 Lexer, Bd. 1, Sp. 839-841. 1048 Spr 7,19: Wan der man ist nit in seim hause: er ist gegangen ein verren weg. 1049 Spr 2,17: ... vnd hat gelaßen den laitter ihr keusch • vnd hat vergessen des gelúbdes irs gotz. 1050 Lev 19,29: Nit setze dein tochter: in das gemein haus vnd die erde werde ent- zeúbert vnd were derfúllt mit der súnde. 150 Inwieweit anhand ihrer Beschreibungen Übereinstimmungen mit dem tumpweib zu erkennen sind, wird offengelegt. Zum Konzept gemeines weib gehört, dass ihre Schönheit1051 verdirbt,1052 also fal- scher Schein ist. Ihr Antlitz zeigt keine Scham.1053 Im Besonderen entlarven sie ihre Augen,1054 denn niemals sind die Lider1055 gesenkt. J. Bumke legt für die höfische Kultur dar, dass Frauen, die ihre Au- genlider nicht senkten, „ihre Unkeuschheit, am meisten deutlich”1056 zeigten. Das gemeine weib ist geprägt durch ihre trugheit, ihre Lip- pen sind süß, ihre Kehle sanft. 1057 Im Zusammenhang von trugheit sind Lippen und Kehle Betrug. Auch ihre Kleidung, in gemeiner weib gezierd,1058 entspricht nicht der des guten weibs, sondern wird im Rahmen der Prostitution1059 dargestellt. Das gemeine weib wird mit der Paarformel eitel vnd vppig umrissen, mit der seine Unreinheit auch äußerlich erkennbar ist. Ihr Wert ist nichtig, er erreicht kaum den eines brotes.1060 Die ungewöhnliche Bezugsgröße ‘Brot’ lässt sich aus dem Preis für die Dienste einer römischen Prostituierten der billigsten Kategorie erklären, der doppelt so hoch lag wie der eines Brotes.1061 Mit ihr ist umzugehen wie mit Kot, der zertreten wird.1062 Die Beschreibungen des gemeinen weibs entsprechen im Wesentli- chen dem tumpweib, so dass das gemeinen weib als ihre Verkörpe- rung bezeichnet werden kann. 1051 Spr 6,25: Dein hertz begitig nit ir schöne: das du icht werdest geuangen in irem blick. 1052 Eccl 9,8-9: Abker dein antlútz von dem gezierten weyb: ... : Vmb das bild des weybs seint mannig verdorben: ... 1053 Spr 7,13: ... mit vnschemigen antlitz. 1054 Eccl 26,12: Die vnkeusch des weybs ist ein erhebung ir augen: vnd sy wird derkant in iren prawen. 1055 Die ‘erhebung der augen’ muss eine pejorative Aussage sein, die den Gegen- satz zu ‘senken der Augen’ formuliert. DWb, Bd. 3, Sp. 845. Der Zusatz ‘vnd wird derkant in iren prawen’ verstärkt den Gestus, denn ‘prawen’ meinte Augen- lider. DWb, Bd. 1, Sp. 807. 1056 Bumke 1986, Bd. 2, S. 471f. 1057 Spr 5,3: Nit vernym dich an die trugheit dez weibs wann die lespen der gemein seint als ein drieffender saim • vnd ir kele ist senfter denn das ole. 1058 Spr 7,10: Vnd sich daz weip begegent im in gemeiner weib gezierd. vor bereit zefachen die selen. Eytel vnd vppig. 1059 Stumpp 1998, S.101-109, Schuster 1995, S. 80-88. 1060 Spr 6,26: Wann der werd der gemeinen ist kaum eines brotes: ... 1061 Stumpp 1998, S. 216, S. 222. 1062 Eccl 9,10: Ein ieglich weyb die do ist ein gemeine vnkeuscherin: die wirt ver- tretten als das horbe an dem wege. Überlieferung P.: kat; Z-Oa: kot. 151 Das Handlungsfeld des gemeinen weibs wird ebenfalls beschrie- ben. Der Ort des gemeinen weibs ist die Gasse in der Dunkelheit,1063 denn sie ist die ruhelose ‘Herumtreiberin’. Dort wartet sie auf die lutzler und den torn iungling die sich auch dort aufhalten.1064 Sie suggeriert dem torn iungling, sie habe allein auf ihn gewartet.1065 Aus der Ansprache konnten die Rezipienten der EDB entnehmen, dass sie nicht den ‘Anstandsregeln’1066 folgte. Das gemeine weib spricht den torn iungling nicht nur an, sie ergreift ihn auch, liebkost und küsst ihn.1067 Sie verschweigt ihm nicht ihren Rechtsungehorsam.1068 Sie bringt den torn iungling in ihr Haus.1069 Ihr Bett hat sie vorbereitet, es mit kostbarem Stoff geschmückt und ihr Schlafzimmer mit Wohlge- ruch versehen.1070 Den Stoff hat sie nicht wie das gute weib selbst hergestellt, er wird als ‘fremder’ von egibt charakterisiert. Der Wohl- geruch, ein Merkmal der weysheit, ist im Fokus der Beschreibung ih- res Bettes Ausdruck von Betrug. Das gemeine weib stellt lange und intensive Liebesspiele in Aussicht und behauptet, dass sie und der torn iungling werden truncken in den prusten.1071 Die Aufnahme des Motivs der tränkenden Brust des gute weibes und der Brustbilder im Hohelied durch die Darstellung negativer Geschlechtlichkeit zum Sinnbild der Lüge. Das gemeine weib gibt also vor, wollust zu geben, statt dessen verstellt sie denen, die do ein gent zu die Rückkehr, was 1063 Spr 7,11. 12: vngefridsam der ruwe: noch enmag sitzen mit iren fússen in dem hause. Nu ist sy als vssen in den gassen: nu lagt sy bey den winkeln. 1064 Spr 7,7-9: ... vnd ich sich die lutzeln. Vnd merk den torn iungling:  der do vber- get durch die gassen bei den winckeln: vnd get bey dem weg seins hauses: in verborgen an dem abent des tages: in der vinster der nacht vnd in der dunckeln. 1065 Spr 7,15: Dorumb bin ich aus gegangen dir engegen ich merckt dich zesehen: vnd hab dich funden. 1066 Bumke 1986, Bd. 2, S. 447 mit Anm. 105f. 1067 Spr 7,13: Vnd so sy begreifft ein iungling: sy kust in vnd liebkost mit vnschemi- gen antlitz sagent 1068 Spr 7,14-15: Ich scholt das oppfer vmb die behaltsam: vnd heut vergilt ich mei- ne gelubde. Überlieferungen K-Oa: umb das heil. 1069 Spr 2,18: Wann ir haus ist geneigt zů dem tode: und ir geng zů der helle. Spr 5,4-6: Wann ir iungsten ding seint bitter als die wermůt: Ir fúß steigen ab zů dem dot: und ir geng durchbrechet zů der helle. Sy gend nit durch den steig des lebens: ir geng seint vppig vnd vnersuchlich. Spr 7,27: Ir haus seint wege der helle: sy durch prechen die nidersten ding des todes. 1070 Spr 7,16-17: Ich knůpffte oder webte mein pett mit sailen. ich es mit gemalten tebten von egibt • ich besteuwt mein schlaffkamer mit myrren vnd mit aloe vnd mit synamum. 1071 Spr 7,18: Kum wir werden truncken in den prusten: vnd gewonen in der vmfa- chung der arme bys daz der tag entleuchte. 152 formuliert wird als ir die kerent nit wider.1072 Die verstellte Rückkehr folgt offenbar aus dem ee-bruch. Betrug ist der vom gemeinen weib aufgezeigte Weg, daher darf das Herz des Mannes ihren Wegen nicht folgen.1073 Besonders wird vor dem gemeinsamen Genuss von Wein gewarnt, hat dies doch enthemmende Wirkung, die dazu führen kann, dass das Herz des Mannes sich zu ihr naigt mit der Folge: velst von deim blůt in verleuse.1074 Verleisen bedeutete ‘spurlos ma- chen’.1075 Statt verleuse schreiben die Überlieferungen von Z (1475) und Oa (1518) in die verdammpnuß. Das gemeine weib ist mit Worten ausgestattet, die, wie beim tumpweib, Lügen sind. Zwar sind ihre Worte linde1076 bzw. sanft und liebkosend,1077 gleichwohl aber scharfe Waffen,1078 die wie Feuer brennen.1079 Ihre Worte sind ‘Verführungsfaktoren’,1080 die auf den Rechtsungehorsam hinweisen, denn wer auf ihre Worte hört, wird gleich dem Ochsen und Lamm, die zur Schlachtbank geführt wer- den.1081 Ihre Worte lösen also den Tod aus. Ihr Weg, im Sinne ihres Handelns, wird mit Tod und Durchbruch zur Hölle1082 beschrieben. Der Ort Hölle beschreibt hier offensichtlich nicht nur den leiblichen Tod, sondern den ‘ewigen.’ Ihre Gemeinschaft hat also Wirkung auf 1072 Spr 2,19. 1073 Spr 7,25: Dein hertze werd nit abgezogen in iren wegen. noch du enwerdest betrogen in iren steigen. 1074 Eccl 9,12-13: Nichten sitz mit dem fremden weyb mit all: nach enneige dich mit ir vber den elenbogen| vnd nit schilt oder krieg mit ir zů dem wein daz sich vi- leicht dein hertz icht naig zu ir: vnd du velst von deim blut in verleuse. Überliefe- rung K-Oa: Nichten sicz mitall bey dem fremden weybe noch růwe oder yß mit ir auf dem elenbogen. 1075 Lexer, Bd. 3, Sp. 158. 1076 Spr 2,16: Das du werdest derlost von dem fremden weib vnd von der auswen- digen die do macht linde ir wort. 1077 Spr 6,24: ...| behúten vor der liebkossenden zungen der auswendigen. 1078 Spr 5,4: ... vnd ir zunge ist schneitig als das waffen scharff in ietwed enthalb. 1079 Eccl 9,11: Manig die verwunderten sich vmb das bild des fremden weybs•sy sein gemacht versprochen: wann ir rede brint als das feur. 1080 Spr 7,21: Sy bestrickt in mit manigen worten: vnd zu zeucht in mit dem liebko- sen der lespen. Eccl 9,3: Nichten schawe das vil redent weip: daz du villeicht icht vallest in ihr strick. 1081 Spr 7,22: Zehant nachuolgt er ir als der ochs der do wirt gefurt zu der schlacht vnd als ein spilendes lamp: vnd der tor miskennt vnd wais nit das er wirt gezo- gen zu dem bande: ... 1082 Spr 5,5: Ir fúß steigen zů dem dot: und ier geng durchbrechet zů der helle. 153 die iungsten ding und ist bitter als die wermůt.1083 Dieselbe Verortung wird mit Haus, hier Leibmetapher, hergestellt, die Tod und Hölle bringt.1084 Das gemeine weib wird auch mit einer tiefen Grube und engem Brunnen1085 gleichgesetzt. Beide Metaphern beschreiben Dunkelheit und Ausweglosigkeit, sie sind als Todes- bzw. Höllenbil- der zu werten Das gemeine weib wird als Diebin und Totschläge- rin,1086 Begleiterin zur Schlachtbank,1087 Jägerin1088 und Fallenstelle- rin1089 beschrieben, die den Leib und im Besonderen die männliche Seele dem Verderben zuführen will,1090 denn sie hasst die edeln sele dez manns.1091 In diesem Zusammenhang steht die Warnung, dieser Frau nicht die Gewalt über die männliche Seele zu geben,1092 damit nicht deren Kraft auf jene übertragen wird und der Mann beschämt werde.1093 Das Handlungsfeld des gemeinen weibs ist als hilffen für Tod und Hölle zu charakterisieren. Ihr Konzept dient dazu, Männer ‘anzulocken’ und ‘zu verführen’, ihnen die Seele zu nehmen, und ih- nen Tod und Hölle zu bringen. Obwohl das gemeine weib eindeutig erkennbar ist, ist sie dennoch erfolgreich: Sie hat viele verwundet und die stercksten (Männer) zu Fall gebracht.1094 Dass das Geschlecht Frau in Form von zwei Kategorien unter- schieden worden ist, belegt H. Wunder mit der Würzburger Polizei- ordnung von 1490, in der zwischen ‘frommen Frauen’ und ‘verleum- 1083 Spr 5,6: Wann ir iungsten ding seint bitter als die wermůt:. Sy gend nit durch den steig des lebens: ir geng seint vppig vnd vnersuchlich. 1084 Spr 2,18: Wann ir haus ist geneigt zu dem tode: und ir geng zu der helle. Spr 7,27: Ir haus seint wege der helle: sy durch prechen die nidersten ding des to- des. 1085 Spr 23,27: Wann die gemain ist ein tieff grůbe: vnd die fremde ein enger brun. 1086 Spr 23,28: Sie lagt an dem weg als ein diep: vnd derslecht welch sy sicht vnsi- cher an dem weg. 1087 Sp 7,22 Zehant nachuolgt er ir als der ochs der do wirt gefůhrt zů der schlacht vnd als spilendes lamp. 1088 Spr 7,23: bys das das geschůtz durch get sein leber. 1089 Spr 7,23 Als ob der vogel eilt zû dem strick 1090 Spr 7,22: ... vnd der weis das er tut die verderbunge seiner sele. 1091 Spr 6,26: Wann der werd der gemeinen ist kaum eines brotes: wann daz weip fecht die edeln sele dez mann. Fecht bedeutete ‘hassen und befehden’. Lexer, Bd. 3, Sp. 42. 1092 Es handelt sich um das vil redent weib (Eccl 9,3) und die springerin (Eccl 9,4). 1093 Eccl 9,2: Nichten gib dem weyb den gewalt deiner sel: das sy icht gee in deiner krafft vnd du werdest geschemlicht. 1094 Spr 7,26: Wann sy hat manig verwunten nider geworffen: vnd die stercksten seint geuallen von ir. 154 deten Frauen’ unterschieden wird.1095 In den Weisheitsbüchern wer- den zwei negative Frauenkonzepte entwickelt, die im Mittelpunkt der Ehe und der nichtehelichen Geschlechterbeziehung stehen, sodass in der EDB drei Frauenkonzepte entfaltet werden. In den Weisheits- büchern der EDB wird das gemeine weib zwar mit Bildern aus dem Bereich der Prostitution entfaltet, nicht aber als Prostituierte darstellt, denn der Charakter ihrer Käuflichkeit fehlt. Ihr unreines Konzept lässt zu, auch sie als ee-brecherin zu bezeichnen. Ihr Konzept überträgt sie auf den Mann, infolgedessen ist sie als seine hilffen für Tod und Hölle. Mit Tod wird offensichtlich nicht das von Gott bestimmte Ende des leiblichen Lebens beschrieben, vielmehr muss der ‘ewige’ Tod in der Hölle gemeint sein. Beides hat sich der Mann aufgrund der Do- minanz seiner unreinen Geschlechtlichkeit gewählt. Diese weist ihn als Rechtsungehorsam gegenüber den Gesetzen der Reinheit aus, daher kann sein Konzept als ee- brecher bezeichnet werden. Die in den Weisheitsbüchern der EDB entfalteten drei Frauenkon- zepte sind keine ‘Einzelwesen’, sondern immer im Bezug auf den Mann gestaltet. Das gute weib wird wie das unweib als Ehefrau be- schrieben, das gemeine weib aber ist niemals die Ehefrau des Man- nes, mit dem sie eine geschlechtliche Beziehung hat. Die drei Frau- enkonzepte unterscheiden sich in den Positionierungen von hilffen, die auf das Leben des Mannes ausgerichtet sind: Die Ehefrau gutes weib gibt in der Bindung im Diagonalkreuz ihrem Mann die hilffen zum behaltsame/ heyl. Die Ehefrau unweib entsagt dem ihr von Gott gegebenen Geschlecht, indem sie zornig ist. Daraus resultiert, dass sie die Eheherrschaft anstrebt und erhält, mit der die des Mannes entfällt. Außerdem verweigert sie hilffen ihres Mannes zu sein. Mit beiden Faktoren entfällt die Bindung des Ehepaars im Diagonal- kreuz. Auch ist das unweib weder Mutter noch Hausfrau. Da es aber keine Beschreibungen im Rahmen der Gesetze über Unreinheiten für das Konzept unweiser Mann und unweib gibt, ist zu schließen, dass die Gesetze der Reinheit erfüllt werden. Dennoch lebt dieses Ehe- paar in Differenz zur Rechts- und Geschlechterordnung Gottes. Eine Steigerung wird mit dem dritten Frauenkonzept, dem das gemeinen weib gestaltet, das außerhalb der Ehe agiert, ihre Gemeinschaft bringt dem Mann das Unheil in Form von ‘ewigem’ Tod und Hölle. Die Bildersprache, mit der die drei Frauenkonzepte konturiert wer- den, verorten sie und ihr Handlungsfeld hilffen. Das gute weib wird 1095 Wunder, in: Moeller 1998, S. 317. 155 mit Bildern der Gesundheit geschildert, die Ausdruck von behaltsam/ heyl sind. Das unweib mit Bildern von Krankheit beschrieben, mit de- nen die Abwesenheit von Heil darstellt werden. Das gemeine weib wird als Tod und Hölle beschrieben, womit das Unheil dargestellt wird. 2.3 Fazit Die auf vorreformatorische Ordnungsvorstellungen konzentrierten Fragestellungen an die Texte von Genesis 1 bis 4,1 und der Weis- heitsbücher der EDB lassen erkennen, dass die Übersetzung eine Rechtsordnung präsentiert. Im ersten Schritt wird die Schöpfung dar- gelegt, die aufgrund des Verhaltens der Menschen (Sündenfall) in die Rechtsordnung der Welt umgestaltet wird. Beide Menschen sind seit der Schöpfung aneinander gebunden und mit Rechtsinstituten und deren Handlungsfeldern in sie gestellt. Die Rechtsordnung der Schöpfung ist die Konsequenz aus der Herrschaft Gottes, die aus der Schöpfung lebender Geschöpfe erkennbar wird. Gott gibt ihnen das Handlungsfeld Vermehrung, sodass die Weitergabe des Lebens zugleich eine Rechtspflicht ist. Der Mensch wird als Einheit in Form von männlich und weiblich erschaffen, damit präsentieren sie ge- meinsam ein Geschöpf. Diese Zweiheit unterscheidet sich von den anderen Geschöpfen, weil sie Gott äußerlich und innerlich gleich ist, was einer Konkretion entspricht. Das Handlungsfeld Vermehrung gilt auch die Zweiheit Mensch, die damit zum Paar wird. Das Paar erhält die Herrschaft über Land und Tiere. In Verbindung mit der Herrschaft Gottes ist die Vorstellung des Rechtsinstituts Lehen zugrunde zu le- gen, die das Handeln im Auftrag des Lehnsherrn verlangt, das aber in eigener Verantwortung geschieht. Mit diesem Rechtsinstitut wird auch der Standesunterschied zwischen dem Geber und dem Nehmer des Lehens markiert, welches die Differenz zwischen Gott und Paar aufzeigt. Beide Handlungsfelder des Paares definieren Rechts- pflichten als Rechtsgehorsam. Herrschaft wird im Zusammenhang mit Gott in der EDB als Beschützen und Bewahren beschrieben. Der zweite Schöpfungsbericht erzählt erneut von der Erschaffung der Menschen, aber in zwei Schöpfungsakten und vom paradis der wollust, dem Ort, den sich Gott auf der Welt erschaffen hat. In ihn wird der zuvor erschaffene einzelne Mensch gesetzt, dessen Leib 156 Gott aus feuchter Erde geformt und dem er Leben und Seele gege- ben hat. Für den Ort wird mit dem ‚Essverbot’ eine konkrete Rechts- norm für die Rechtsordnung der Schöpfung gesetzt. Der Bruch der Rechtsnorm hat das Sterben zur Konsequenz, womit das ‘Strafrecht’ eingeführt wird. Der Mensch erhält das Handlungsfeld Gestalten und Behüten als seine Werkordnung. Sie ist als Parallele zum Lehen ge- mäß Genesis 1 zu erkennen, das nun mit der Rechtsnorm Verbot ei- ne Handlungsbegrenzung hat. Werkordnung und Rechtsnorm ver- langen wiederum die Rechtspflicht Gehorsam. Gott stellt für den Menschen, der nun Adam genannt wird, einen Mangel fest. Er beendet diesen mit der Erschaffung des zweiten Menschen als Frau, die dem ersten gleich ist. Beide Menschen wer- den von Gott zusammengeführt und verbunden, womit sie zum Paar werden, was mit dem Rechtswort ding konstituiert wird. Das Rechts- wort beschreibt einen Bund in Vertragsform, der zwei Aspekte hat: Der erste betrifft die leibliche Ordnung, die als konkreter Ge- schlechtsakt formuliert ist. Der zweite hat ‘öffentlichen’ Charakter, der mit der Paardefinition Adam und dem Rechtswort Hausfrau formuliert ist, letzteres definiert die Frau als Ehefrau/ Hausfrau mit ihren Rech- ten und Pflichten. Das vor der Schöpfung der Frau festgelegte Handlungsfeld hilffen ist ihre Werkordnung, die auf den ersten Men- schen konzentriert wird. Es lassen sich zwei Bereiche feststellen: Der erste resultiert aus ihrer Leiblichkeit, der die Einheit von Frau und Mann erlaubt. Das verwendete konkrete Bild des Geschlechtsaktes lässt den Bezug zu Genesis 1 zu, denn der Geschlechtsakt steht in Verbindung mit dem Handlungsfeld Vermehrung. Die zweite Korre- spondenz wird mit Rechtswort Hausfrau hergestellt, das in Bezie- hung zur männlichen Werkordnung erlaubt, die Frau im paradiesi- schen Lehen zu verorten. Der Frauenbegriff hilffen konstruiert in der EDB den Zusammen- hang mit den Hilfen Gottes, die leibliches und seelisches Wohl brin- gen, das in den Worten behaltsam/ heyl seinen Ausdruck findet. Auf der Folie der Herrschaft Gottes lassen sich aus den Darstellungen zwei Arten von Hilfe rekonstruieren: Die erste Kategorie ist mit dem Herrschaftsakt Gnade zu erfassen. Die zweite resultiert aus der ge- setzten Herrschaftsordnung als Rechtsordnung ee Für diese gilt, dass sie mit Rechtsgehorsam einzuhalten ist, der auf dem menschli- chen Willen beruht. Die Rechtsordnung ist damit die Hilfe zum Heil. Die hilffen der Frau konnten als Rechtsgehorsam erkannt werden, der zugleich auf dem Erfüllen der zugewiesenen Aufgaben der 157 Schöpfung der Frau beruht. Hilffen charakterisiert in der EDB infol- gedessen nicht den Sinn von ‘Gehilfe’, sondern das Handlungsfeld im Rahmen der Rechtsordnung. Genesis 3 beschreibt den Bruch der Rechtsordnung der Schöp- fung. Als erstes wird die Ehefrau von einer männlichen Schlange zum Rechtsbruch verleitet. Ihr wird dargelegt, die Rechtsnorm ver- hindere, dass die Menschen den Göttern gleich werden, die zwi- schen Gut und Übel unterscheiden könnten. Die Frau verweist auf die daraus resultierende Rechtskonsequenz der Sterblichkeit, die vom schlang verneint wird. Das männliche Genus der Schlange mar- kiert im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit den Teufel, der seine Herrschaft gegen die göttliche setzt. Die Frau entscheidet sich wil- lentlich für den schlang, indem sie seinen Herrschaftswillen erfüllt, also ihm die Rechtspflicht des Gehorsams leistet. Damit bricht sie ih- ren Rechtsgehorsam gegenüber der göttlichen Rechtsordnung. Mit der Weitergabe der Frucht an ihren Ehemann wird sie zum hilffen des schlangs. Infolgedessen werden ihr Optionen zugeteilt, entweder die hilffen Gottes oder des Teufels zu sein. Damit werden zugleich die Prinzipien Gut und Übel charakterisiert. Die Übertretung der Rechtsordnung wird mit dem theologischen Begriff Sünde bezeich- net. Die Darstellungen von Genesis 3 mit dem Blick auf vorrefomato- rische Rechtsvorstellungen erlauben den Rechtsbegriff ‘Missetat’. Sie tritt in Form des Treuebruches gegenüber der Rechtsordnung auf, mit dem der Rechtsfrieden verloren geht. Seine Wiederherstel- lung wird mit den Maßnahmen Gottes erreicht, die für Schlange und Menschen durch Urteile im Rahmen eines Prozesses gefällt werden. Der Prozess ließ sich erkennen, weil Ladung und Befragung rekon- struiert werden konnten. Im Urteil der Schlange tritt die Struktur eines Strafurteils zutage, das durch den Fluch die Rückkehr in die Rechts- ordnung verstellt. Über ihn wird die Todesstrafe verhängt, deren rechtmäßigen Vollzug die Ehefrau in der Zukunft gewährleisten wird. Die Urteile der Menschen dokumentieren, dass aus ihnen die Struk- turen von mittelalterlichen Bußurteilen entwickelt werden konnten, die mit der Rechtsfigur ‘Minne und Recht’ herausgearbeitet wurden. Sie verändern im ersten Schritt die geschlechtsspezifischen Wer- kordnungen: Dem Mann wird sein Tod im Rahmen des Rechts zu- geteilt, aber nicht in Form der sofort vollzogenen Todesstrafe, son- dern als Rechtsbuße, mit der der Aspekt Minne gestaltet wird, denn den Zeitpunkt des Todes bestimmt Gott. Erst sein Tod wird Adam wieder zu dem werden lassen, was er vor der Schöpfung des Was- sers war: Staub im Wortsinn von Nichtigkeit. Anstelle Adams trifft der 158 Fluch Gottes die erde, womit wieder der Aspekt Minne zu Tage tritt. Der Fluch wird Auswirkungen haben, denn die Erde wird auch nicht essbare Pflanzen hervorbringen. Mit Gehorsam des Mannes gegen- über dem Willen der Frau begründet Gott den Fluch über die Erde. Dieser ist als Aspekt der Minne zu identifizieren, der auch im aufer- legten Arbeitsschweiß zu erkennen ist. Im Urteil über die Ehefrau dominiert der Aspekt Minne. Ihre ver- mehrte Trauer, Schwangerschaften, Geburtsschmerzen und die Herrschaft des Mannes werden ihr als Rechtsbußen aufgelegt. Die Subordination ist eine Rechtsleistung für Gott; erst mit ihr kann der Mann über die Frau herrschen. Da ihre Trauer als ‚gesteigerte’ ge- kennzeichnet wird, ist sie folglich bereits vorhanden. Sie kann auf das Erkennen des Schlangenbetrugs, also auf die erkannte Dimensi- on des Übels, zurückgeführt werden. In dem Urteil der Frau wird die Bandbreite von hilffen allein mit Schwangerschaften und Geburt neu konturiert. Die Rechtsbußen haben Mann und Frau an Gott zu leisten, mit ih- nen wird auch das Paar neu positioniert. Die männliche Sterblichkeit wird mit der vermehrten Fruchtbarkeit der Frau ‘ausgeglichen’, ihre willentliche Subordination ermöglicht die Herrschaft des Mannes. Das Paar wird als untrennbare Einheit mittels eines Diagonalkreuzes in Form eines X (Andreaskreuz) verknüpft. Das entwickelte Modell berücksichtigt nicht nur die Hierarchie in der Ehe, sondern auch das ‘Leben - geben’ und ‘Sterben - müssen’ als aufeinander bezogene Faktoren. Mit den Rechtsbußen wird die Rechtsordnung Gottes er- weitert, zugleich wird auch der ihr eigene Rechtsfrieden konkretisiert, in dem das Paar neu positioniert wird. Diese Interpretation kann aus den anschließenden Versen der Einkleidung entnommen werden. Gott wird als Schöpfer der Kleider beschrieben, deren Übergabe als Herrschaftsakt mit den Rechtsfiguren Initiation und Investitur entwik- kelt werden kann, mit denen das Paar in neuer Form mit Gott ver- bunden und in ein neues Lehen gesetzt wird. Aufgrund des Urteils muss der Mann Adam das Paradies verlassen, was mit der Rechtsfi- gur Vertreibung beschrieben wird, wodurch er wieder an den Ort der seiner Erschaffung gelangt. Dass der allein auf den Mann konzen- trierte Rechtsakt auch seine Frau einschließt, ist mit der Rechtswir- kung der Ehe erklären. Zu den Rechten und Pflichten der Ehefrau gehörte es, ihrem Mann überall hin zu folgen. Für die Frau aber hat ihr Mitgehen die Konsequenz, dass auch sie sterben muss. Mit der Vertreibung aus dem Paradies beginnt die Zeit der Welt, in der das 159 Paar nunmehr in der weltlichen Rechtsordnung lebt. Das Paar ist die Grundlage dieser Ordnung. Vom Paar berichtet Genesis 4,1 im Zu- sammenhang der Vermehrung. Diese beruht für beide Geschlechter auf Genesis 1 und auf dem Urteil der Frau aus Genesis 3. Genesis 4,1 führt aus, dass die Ehefrau empfangen hat, schwanger wurde und gebar, um Gottes Willen zu folgen. Unter dem Aspekt ihres Bußurteils wird im Rahmen der weltlichen Rechtsordnung dargestellt, dass die Ehefrau Eva ihre Bußen Gebärschmerzen und Subordinati- on erfüllt. Die Aussagen in Genesis 1 bis 4,1 lassen es zu, das Paar mit H. Wunders Terminus ‘Arbeitspaar’ zu bezeichnen. Beide Teile des Paares sind nunmehr sterblich, ihre jeweilige Lebenszeit misst ihnen Gott zu. Der Überlieferungszeitraum bis 1518 spricht dafür, dass die aus Genesis 1 bis 4,1 und den Weisheitsbüchern der EDB erschlossenen Rechtsvorstellungen von den Rezipienten verstanden sein müssen Mit ihnen war die von Gott gesetzte Ordnung im Rahmen seiner Herrschaft als Rechtsordnung der Schöpfung und der Welt unter- scheidbar. Das Ehepaar wird in der Welt mit in Form mit einem Dia- gonalkreuz untrennbar aufeinander bezogen, Die Geschlechterord- nung im Diagonalkreuz ist notwendig, um die Herrschafts- als Rechtsordnung Gottes zu erfüllen. Die Vorstellung einer Rechtsordnung wird in den Büchern Exodus und Levitikus, Numeri und Deuteronomium mit Gesetzen und Gebo- ten Gottes präzisiert, die als gebott gotz vnd sein ee (Exodus 18,16) dargelegt sind. Das erste Glied dieser Paarformel konkretisiert die Rechtsnormen, das zweite gestaltet mit dem Rechtswort ee die Rechtsordnung in Form einer ‘Konstitution’. Mit ihr werden die Men- schen an Gott gebunden und er an sie. Sie kann als die Hilfe Gottes definiert werden, aus der Leben im Heil resultiert, wenn sie willentlich mit Rechtsgehorsam erfüllt wird. In den Weisheitsbüchern der EDB wird die Vorstellung der Rechtsordnung vorausgesetzt. Anhand der Darlegungen war zwischen Rechtsgehorsam und -ungehorsam zu unterscheiden. Diese Kriterien konnten auf Darstellungen angewen- det werden, die im weitesten Sinne weibliche Konstruktionen aufwei- sen. Die systematische Zusammenstellung aller Aussagen war dabei effizient. Es wurden Frauenkonzepte ermittelt, die stets auf die Form eines Paars bezogen werden, zu dem auch der entsprechende Mann gehört. Das bedeutet, dass die Geschlechterdifferenz maßgebend für das Konzept Paar ist in Form von Passendem nicht aber als Begrün- dung des Unterschiedes von Mann und Frau. 160 Das erste weibliche Konzept wird mit der Figur weysheit präsen- tiert, die im Mittelpunkt der Weisheitsbücher, Sprüche, Prediger, Weisheit und Ecclesiasticus (Sirach) steht. Sie ist als hilffen Gottes bei der Schöpfung zu bezeichnen, die vor der Schöpfung als Ge- schöpf erschaffen worden ist. Sie wird als allwissende Verkörperung des Lebens beschrieben. Dies wird anhand der Metaphern Wasser oder Baum des Lebens dargestellt. Das Sinnbild des Baumes zeigt, dass der geschützte Paradiesbaum nun auch im Irdischen vorhan- den ist. Zu ihrem Konzept gehört Sanftheit, ihr wird kein Zorn zuge- schrieben, was sie als weiblich kennzeichnet, da das weibliche Ge- schlecht als ohne Zorn erschaffen definiert wird. Die weysheit ist als ‘Gefäß’ der Rechtsordnung und des Geistes der Vernunft charakteri- siert. Ihre betonte Beständigkeit definiert ihren immerwährenden Rechtsgehorsam. Sie ist sowohl in der himmlischen als auch in der irdischen Sphäre präsent und ist Gott untergeordnet. Aus der Rechtsfigur zů steherin lässt sich ihre Stellung innerhalb der göttli- chen Herrschaft folgern. Ihr wird der Rang einer Fürstin mit der Auf- gabe “Rat und Hilfe” zugeteilt. Sie wird als gekrönte Herrscherin por- trätiert, deren Herrschaft sich über den Landraum der gesamten Schöpfung erstreckt, dies wird mit der Rechtsfigur ‘Umgang’ darge- stellt. Dass damit auch die Herrschaftssubjekte Menschen einge- schlossen sind, ist aus den einzelnen Ausführungen zu schließen. Die Form ihrer Herrschaft kann als ‘Reichslehen’ bezeichnet werden, ihre zweite über Israel als Eigenherrschaft. Beide Herrschaften übt sie gerecht und rechtmäßig aus, denn sie erfüllt ihre Rechtspflicht des Gehorsams innerhalb der Rechtsordnung Gottes. Ihre Herr- schaften definieren in den Weisheitsbüchern die Weltordnung, wäh- rend die von Gott eingesetzten Könige im Rahmen des Amts definiert werden, was mit der Rechtsfigur ambechter (Weisheit 6,3) dargestellt wird. Die Herrschaft der weysheit ‘verwirklicht’ die göttliche Rechtsord- nung. Ihre Weiblichkeit wird als Mutter darstellt, deren ‘Kinder’ die Prinzipien der Rechtsordnung aber auch des Handelns der Gnade sind. Die weysheit ist sichtbar in Form von Licht, das der Spiegel des absoluten Lichtes Gottes ist. Ihr Merkmal ist reine innere und äußere Schönheit, die auch durch ihren Wohlgeruch und ihre Süße wahr- nehmbar. Ihre Beziehung zu Mann und Frau ist unterschiedlich. Die zum Mann wird von ihm willentlich herbeigeführt, indem er sich entschei- det, mit ihr zu leben, was ihn als gottesfürchtigen Mann ausweist. 161 Damit ist die Grundlage eines Anfangs der Gemeinschaft mit ihr ge- schaffen. Die Möglichkeiten dieses Anfangs umfassen ihre Aussen- dung durch Gott, und dass der Mann auf sie wartet, sie sucht und dann findet. Als Formen der Gemeinschaft werden ihre Verspeisung, also Einverleibung oder die einer Paarbeziehung dargestellt. Wech- selseitige Liebe ist die Grundlage des Verhältnisses, in dem sie den Mann leitet und lehrt. Ihre Lehre ist die Rechtsordnung Gottes (orde- nung der ee), deren Kenntnis die Voraussetzung für den um Rechts- gehorsam ist. Die vermittelte Lehre ist kostbarer als Gold und Silber. Leiten und Lehren sind als hilffen zu bezeichnen. Darüber hinaus hat sie für den Mann eigene hilffen zur Verfügung, in Form von nähren- dem Brot und gemischtem Wein. Ihre Gemeinschaft verlängert das Leben des Mannes bis hin zur Unsterblichkeit. Das Motiv Unsterb- lichkeit hebt die göttliche Begrenzung des leiblichen Lebens auf. Ob damit das Urteil Adams außer Kraft gesetzt wird, kann aus der Dar- stellung nicht erschlossen werden. Offensichtlich ist die Unsterblich- keit der Seele gemeint. Als weitere Folge der Beziehung wird darge- stellt, dass der Mann nicht mehr arbeiten muss. Sie kann ebenfalls auf das Urteil Adams zurückgeführt werden, denn der weise Mann wird damit von der Buße Schweiß befreit. Ihm wird die schweißtrei- bende Arbeit folglich von Gott erlassen, aufgrund seiner Gemein- schaft mit der weysheit. Der Handlungsraum der weysheit zeigt, dass sie als hilffen beschrieben wird, obwohl der Begriff nicht verwendet wird. Die Konsequenzen der Beziehung werden sowohl mit wollust als auch mit Heil beschrieben, womit die Gemeinschaft mit Gott her- gestellt wird. Der zuvor gottesfürchtige Mann gewinnt durch die Be- ziehung mit der weysheit das Konzept weiser Mann, dessen Leben im Rechtsgehorsam gegenüber der Rechtsordnung ihm die Gemein- schaft mit Gott in von Form Heil sichert. Für ein solches Leben ge- nügt jedoch die Bindung an die weysheit nicht, erforderlich ist die Paarbeziehung mit dem Frauenkonzept gutes weib. Dieses wurde aus den positiven Epitheta entwickelt, die mit dem Prinzip gut zu fas- sen sind, aus denen das gute weib zu Tage tritt. Sie ist einerseits als Konkretion der weysheit, anderseits aber auch als ihr Gefäß identifi- zierbar. Zu erkennen ist dies an der Metapher ‘Gefäß des Lichtes’, mit der das gute weib zum Behälter erklärt wird, der eine Verbindung zur weysheit als Licht zulässt. Ein gleiches Bild wird entwickelt, dass das gute weib der weysheit ermöglicht zu sprechen. Damit wird die- ses Frauenkonzept auch als hilffen der weysheit definiert. Weitere Korrespondenzen sind in den Darstellungen des guten weibs anhand der steten Harmonie von reiner innerer und äußerer Schönheit fest- zustellen. Ihre Beständigkeit ist als Rechtsgehorsam gestaltet, da die 162 Rechtsnormen der Rechtsordnung in ihrem Herzen verankert sind. Erkennbar ist dieses Frauenkonzept auch an ihren kostbaren selbst gefertigten Kleidern. Es liegt nahe anzunehmen, dass ihre Kleider als Analogie zum Wohlgeruch der weysheit gemeint sind. Das gute weib ist eine Gabe Gottes für den weisen Mann. Die Ehe gehört in den Weisheitsbüchern der EDB nicht in den Bereich der Entscheidungsfreiheit. Die Konzepte weiser Mann und gutes weib sind keine geschlechtsspezifischen Konzepte, sondern aufeinander bezogene, die für das Konzept Ehepaar im Diagonalkreuz (Andreas- kreuz) notwendig sind. Da in den Aussagen über dieses Paar Hin- weise auf männliche Herrschaft fehlen, kann geschlossen werden, dass das gute weib Gott die Buße ihrer Subordination leistet, die dem Mann die Herrschaft über sie bringt. Da auch in den Ausführun- gen über ihre Mutterschaft kein Hinweis auf schmerzfreie Geburten enthalten ist, können die geleisteten Bußen vermehrte Schwanger- schaften und Gebärschmerzen zugrunde gelegt werden. Die dem guten weib zugeteilten Handlungsfelder legen weitere Korrespon- denzen zu den hilffen der weysheit offen: Ihr Mann muss nicht mehr arbeiten. Die zentrale Übereinstimmung aber ist die dem guten weib zugeschriebene Lehre, damit wird die Frau als Lehrerin ausgewie- sen. Diese Position wird ihr weder in der WENZELSBIBEL noch in Lu- thers Übersetzung zugeteilt. Weitere Parallelen sind, dass das gute weib ihren Mann mit der Milch ihrer Brüste nährt und ihre Worte ihm leibliche und seelische Gesundheit geben. Auch vermehrt sie seinen Reichtum, hier konkret um Ackerflächen und Weingärten. Die Besit- zungen haben zugleich ökonomische und spirituelle Komponenten. Die Vermehrung des Reichtums beruht im Gegensatz zu dem der weysheit auf handwerklichem Können und auf ihren marktorientierten Kenntnissen: Das gute weib verkauft ihre selbst gewebten kostbaren Stoffe, deren Garne sie ebenso selbst herstellt. Ihr Merkmal ist Fleiß, der sie als Hausfrau und Mutter auszeichnet, die für die Nahrung und Kleidung des Gesindes sorgt und Arme und Gebrechliche außerhalb ihres Hauses tröstet und ihnen Almosen gibt. Das Handlungsfeld hilffen beschränkt sich nicht nur auf den Ehemann. Das gute weib wird in den Sprüchen mit dem hebräischen Alphabet markiert, die in Handschriften mit roter Schrift hervorgehoben werden. Diese Gliede- rung wird ansonsten nur für Gott verwendet, so dass dies als Aus- druck ihrer Vollkommenheit zu werten ist. Dieser Aspekt ist auch in der Definition der Schwangerschaft des guten weib enthalten, die als Zeit der Reinigung ausgewiesen wird, in der Gott den Menschen formt. Die Tochter entspricht ihr eins zu eins. Ihr Sohn ist gottes- 163 fürchtig, was ihm die Gemeinschaft der weysheit ermöglicht. Die ge- nerativen Beziehungsmuster bedingen einander resultierend aus dem Konzept Ehe im Rahmen der Rechtsordnung. Die hilffen der Ehefrau für ihren Mann werden als hilffen des Lebens präzisiert, die das Wohl seines Leibes und seiner Seele umfassen, womit Heil cha- rakterisiert wird. Das Ehepaar liebt einander ‘rein’, was die Aussage der weysheit (můter der schön lieb) präzisieren könnte. Die gegen- seitige Liebe des Ehepaars vereint ihre Leiber und Seelen in wollust, also wird der paradiesische Zustand der Einheit mit Gott herstellt. Diese Liebe wird im Hohelied der EDB ausführlich beschrieben, sie hat die gleiche starke Gewalt wie der Tod, der hier als der leibliche Tod zu verstehen ist. Das Hohelied ist das dritte Weisheitsbuch und bildet zugleich die Mitte dieser Bücher. Beide Faktoren unterstrei- chen im Zusammenhang der mittelalterlichen Zahlensymbolik, die göttliche Gemeinschaft, die in der Liebe zwischen Frau und Mann zum Ausdruck kommt. Ihre Liebe ist im Rahmen der Rechtsordnung definiert, denn das Paar wird als rechtskräftig verbundenes Braut- paar, also als Ehepaar vorgestellt. Die Orte der Liebe sind das reine Brautbett, der Weinkeller und der Garten, der Parallelen zum Para- dies hat, zumal auch dessen Harmonie, hier mit Füchsen, gestört ist. Aufgefordert vom Bräutigam entfernt die Braut sie, womit die Braut als hilffen des Bräutigams bezeichnet werden kann. Die Paardefiniti- on im Hohelied lässt sich als Bindung in Form eines Diagonalkreuzes konstruieren, da die präsentierte Hierarchie durch die rechtmäßige Geschlechterbeziehung und zusätzlich durch den Standesunter- schied zwischen König und Fürstentochter entwickelt wird. Das Kon- zept der Braut entspricht der des guten weibs, wie auch das Hand- lungsfeld des Braut außerhalb ihres ‘Haushalts’ vorgestellt wird, denn ihr wird die Spitze der geordneten Gesellschaft zugemessen. Die Stellung legt Führung nahe, wobei der Aspekt hilffen in Form ei- nes Vorbildes entwickelt wird. Das herausgearbeitete Konzept gutes weib, als menschliche Kon- kretion der weysheit, ist als Ehefrau definiert, die ihre ihrem Ge- schlecht auferlegte göttliche Buße leistet, indem sie die männliche Eheherrschaft akzeptiert. Dass diese Konstruktion zugrunde liegt kann daraus geschlossen werden, dass die Herrschaft des Mannes in der Ehe im Zusammenhang der Darstellungen des guten weibs nicht thematisiert wird. Bei den Beschreibungen ihres Handlungsfel- des treten die Dimension hilffen zutage, die in der EDB im Referenz- rahmen hilffen zum Heil beschrieben sind. Diese beiden Aspekte las- sen es zu, bei der Geschlechterbeziehung Ehe die Konstruktion Dia- 164 gonalkreuz zugrunde zulegen. Die Eheleute sind infolgedessen auf- einander innerhalb der Rechtsordnung untrennbar aufeinander be- zogen. In den Weisheitsbüchern der EDB wird auch ein Gegenbild der Geschlechterbeziehung Ehe präsentiert. Aus ihren Darstellungen wird deutlich, dass dieser Ehe das Diagonalkreuz fehlt. Diese Art der Ehe wird anhand des Konzepts der Ehefrau entwickelt, mit dem ver- deckt auch das Konzept des Ehemannes einhergeht. Die Ehefrau ist geprägt durch ihr Streben nach Herrschaft in der Ehe, was sie mit Zorn und dessen Varianten durchsetzt. Da Zorn ausdrücklich in der EDB nicht zur der Schöpfung der Frau gehört hat diese Art der Ehe- frau ihrer Schöpfung entsagt. Da diesem Konzept der Ehefrau aber ein größerer Zorn als der des Teufels in Schlangengestalt zuge- schrieben wird, kann geschlossen werden, dass sich die Ehefrau nicht nur ihre Geschöpflichkeit verweigert, sondern auch eine Steige- rung des Teufels charakterisiert. Das alttestamentarische Konzept dieser Ehefrau ist mit dem vorreformatorischen Terminus unweib zu charakterisieren. Diese Ehefrau wird auch nicht als hilffen ihres Mannes beschrie- ben, was zur Folge hat, dass die Abwesenheit von Heil dargestellt wird. Diese Dimension ist auch aus den fehlenden Hinweisen zu re- konstruieren, da sie weder als Mutter noch als Hausfrau ausgewie- sen wird. Ihr wird aber keine Unreinheit unterstellt. Betont wird dage- gen, dass sie faul im Sinne von träge ist. Das unweib hat in der EDB keinen Ort, der einer jenseitigen Sphäre zuzuordnen wäre, da sie als teuflischer als der Teufel selbst beschrieben wird. Sie bleibt auf Bil- der von Krankheit beschränkt. Die Beschreibungen dieser Art von Ehefrau ermöglichen die Darstellungen im Zusammenhang Teufel und Ehefrau in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Eheschriften auf alttestamentarische Bezüge eventuell zu verorten. Mit dem unweib wird verdeckt das Konzept ihres Ehemanns entfaltet, das als ‚unweise’ zu charakterisieren ist. Dem unweib wird zwar das ‘Pro- blem der Herrschaft in der Ehe’ und fehlende hilffen zum Heil zuge- ordnet, also die Verweigerung ihres Teils des Diagonalkreuzes, je- doch legen die Darstellungen offen, dass auch das Konzept des Mannes dafür verantwortlich ist. Diese Aussage ließ sich aus den Darstellungen ermitteln, dass dieser Ehemann nicht in Verbindung mit der weysheit steht, seine Ehefrau ist ihm folglich nicht von Gott gegeben worden. Er hat sie selbst gewählt. 165 In den Weisheitsbüchern der EDB wird außer der Ehe, mit und ohne Bindung im Diagonalkreuz, auch die außereheliche Ge- schlechterbeziehung beschrieben. Sie wird beruhend auf dem Kon- zept des „Zwischenwesens” tumpweib entwickelt, das der weysheit als Negation gegenübergestellt wird. Aus den Ausführungen konnten mit dem Fokus hilffen neue Akzente erkannt werden. Die Figur ist nicht allein mit ‘Torheit’ zu charakterisieren, wird sie doch mit der Paarformel Tod und Hölle beschrieben. Für ihre Beschreibung wer- den Bilder und Aussagen verwendet, die auf den Bereich der römi- schen Prostitution zurückgeführt werden konnten, die im vorrefor- matorischen Zeitraum erkannt sein müssten. Die Figur ist aber nicht als Prostituierte konstruiert, sondern ihr Konzept Tod und Hölle cha- rakterisiert die größtmögliche Gottferne als Unheil in Form des ‘ewi- gen Todes’, der in der Hölle verortet wird. Ob mit ihrem Konzept der ‘Teufel’ imaginiert wurde, erschließt sich nicht aus den Texten. Diese Vorstellung kann aber herstellt werden, weil die Figur selbst nicht ei- ner Hierarchie unterworfen wird wie die weysheit zu Gott. Das tump- weib wird im Referenzrahmen des Rechtsungehorsams dargestellt, der in der EDB als ee-bruch zu bezeichnen ist, der hier ausdrücklich auch den Bereich von negativer Sexualität einschließt. Die Figur ist auf den Mann ausgerichtet, dem sie ihre unreine Schönheit und ihre Unwissenheit präsentiert. Sie kann als seine hilffen zu Tod und Hölle also zum Unheil gewertet werden. Sie kann aber nur den Mann zu einer Paarbeziehung in Form ee-bruch ‘verführen’, der nicht mit der weysheit lebt und darüber hinaus seiner negativen Geschlechtlichkeit als Ausdruck seiner Unreinheit unterliegt. Diese beiden Faktoren entwerfen das Konzept des Mannes, als ee- brecher, womit sein umfassender Rechtsungehorsam erfasst ist. Das tumpweib hat eine eins zu eins Entsprechung, mit der das Konzept gemeines weib entwickelt werden konnte. Sie wurde den pejorativen Epitheta und Metaphern entnommen. Aufgrund der Be- deutungen von gemein im Sinne von allgemein und ‘unrein’ konnte das gemeine weib Rechtsrahmen ee-bruch definiert werden. Das gemeine weib wird an ihrer betrügerischen äußerlichen Schönheit und ihrer vnzimlichen Kleidung erkannt. Auch sie wird mit Bildern der Prostitution dargestellt, aber sie ist ebenfalls keine Prostituierte, denn eine Bezahlung ist den Texten nicht zu entnehmen. Auch sie wird gleichfalls mit der Paarformel Tod und Hölle beschrieben. Sie ist auf das Konzept Manns als ee-brecher ausgerichtet, der in Gemein- schaft mit dem tumpweib lebt. Er wird damit zur ‘Beute’ des gemei- nen weibs; die als Jägerin, Fallenstellerin und Seelenfängerin darge- 166 stellt wird. Ihr Jagdraum ist die Gasse, wo sie dem Mann ihre Zunei- gung suggeriert, die allein eine sexuelle ist, denn sie bringt den Mann in ihr Bett.. Dessen Darstellung es als ‘Lotterbett’ ausweist Ihre un- reine Geschlechterbeziehung charakterisiert den ee-bruch, also um- fassenden Rechtsungehorsam, aus dem Tod und Hölle resultiert. In der Geschlechterbeziehung ee-bruch ist das gemeine weib als hilffen des Mannes zum Unheil zu bezeichnen. Da am Beginn der weltlichen Rechtsordnung das Ehepaar in Form des Diagonalkreuzes verbunden wird, in der die Ehefrau als hilffen ausgewiesen wird. Daher kann diese Paarkonstruktion als Funda- ment der weltlichen Rechtsordnung bezeichnet werden. Die Ehe im Diagonalkreuz wird in den Weisheitsbüchern mit den Konzepten wei- ser Mann und gutes weib entworfen und mit deren gegenseitigen Liebe weiterentwickelt. Die Ehefrau konnte als hilffen für das Heil ermittelt werden. Aus den Konzepten unweiser Mann und unweib ließen sich deren Zusammengehörigkeit erkennen. Als Paar aber fehlt ihnen die Bin- dung im Diagonalkreuz, weil das unweib ihre Subordination und ihre hilffen zum Heil verweigert. Damit ist diese Ehe ohne Heil konstruiert. Auch gemeines weib und ee-brecher werden als Paar präsentiert. In der Paarbeziehung ee-bruch konnte das gemeine weib als hilffen für das Unheil identifiziert werden. Die drei Frauenkonzepte sind an die drei Konzepte von Paar ge- bunden, denn die Frauen treten nicht als einzelne Geschlechtswe- sen auf. Das jeweilige Konzept der Frau aber bestimmt die Qualität des Paares, die im Heil, ohne Heil oder im Unheil besteht. Zu dieser Platzierung gehört aber immer das zum Frauenkonzept gehörige Männerkonzept. Für das Konzept gutes und gemeines weib ist festzustellen, dass sie in Konturen der Frauenfiguren weysheit und tumpweib entfaltet werden. Der jeweilige Referenzrahmen von hilffen für beide Frauen- figuren und die Konzepte von guten und gemeinen weib kann als Ausgestaltung der beiden ‚Zwischenwesen’ gewertet werden. Dass das das personifizierte Unheil in Gestalt des gemeinens weibs eine Parallele zu Genesis 3 bildet, ist anzunehmen. Für die Männerkon- zepte ‚weiser Mann’ und ee-brecher ist zu erkennen, dass die Ge- meinschaft mit weysheit und tumpweib prägend ist. Aus diesen Bin- dungen resultieren die jeweiligen Männerkonzepte. 167 Meine Ausgangsthese, dass Bibelübersetzungen zeitgebundene Übersetzungsvarianten aufweisen, wird nun anhand eines Vergleichs der EDB mit der Übersetzung Luthers mit der Ausgabe von 1545 belegt. Die Diskrepanzen zwischen beiden Übersetzungen schlag- lichtartig offen zu legen ist notwendig, um auszuloten, ob die altte- stamentlichen Gedanken im ACKERMANN AUS BÖHMEN Übereinstim- mungen mit der EDB zu erkennen lassen. Im Folgenden werden Darstellungen über Mensch, Frau, Mann und Paar mit den Überset- zungen Luthers verglichen. Luther beschreibt in Genesis 1 (1. Mose 1) die Schöpfung von Menschen, also nicht wie die EDB als ein Geschöpf. Es sind zwei, die mit ein Menlin vnd Frewlin ausführt werden. Der Terminus Frewlin entwirft eine Jungfrau, der des Mannes gestaltet offensicht- lich eine ‚männliche’. In der Formulierung des Gottesbezugs aber gestaltet er nur einen Menschen1096 als Bild Gottes, womit die in der EDB postulierte innere Entsprechung mit Gott entfällt. Die aufgetra- gene menschliche Herrschaft lautet: macht sie (Erde) euch vntert- han. Vnd herrscht ...Hier kann ein Unterwerfungsmodell verstanden werden. Die Erschaffung des Menschen in Genesis 2 (1. Mose 2) wird mit zwei1097 Schöpfungsakten beschrieben mit denen der Mensch als le- bendige(n) Seele1098 erschaffen wird, während in der EDB drei1099 beschreibt. Die Stätte Gottes wird als einen Garten in Eden bezeich- net, ohne dass dem Garten der Aspekt der wollust wie in EDB zuge- schrieben wird. Die Frau und ihr Handlungsfeld werden anders positioniert. Sie wird als Gehülffen,1100 im Sinne von ‘Mithelfer’1101, erschaffen, womit 1096 Luther: ... ein Bild /das vns gleich sey. Ihm zum Bilde/ zum bilde Gottes schuff er ihn. 1097 Luther: ...machet den menschen aus dem Erdenklos/ vnd er blies jm ein den lebendigen Odem in sein Nasen / Vnd also ward der Mensch eine lebendige Seele. 1098 Der sprachliche Unterschied zwischen EDB und WENZELSBIBEL zu der Luther- übersetzung impliziert eine spannende theologische Differenz, die im Rahmen dieser Untersuchung jedoch nicht erörtert wird, aber einer genaueren Analyse bedarf. 1099 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordung in Genesis 1 bis 4,1, S 51-53, Anm. 80-91. 1100 Luther: VND Gott der HERR sprach/ ES ist nicht gut das der Mensch allein sey / Ich wil im ein Gehülffen machen/ die vmb in sey. 168 sie bereits in untergeordneter Stellung zum Menschen (Mann) fest- gelegt wird. Auch ihre Bezeichnung Mennin, die in der EDB Ver- schiedenartigkeit in Gleichwertigkeit betont, bekommt im Zusam- menhang von Gehülffen die Dimension der Abhängigkeit. Luthers Übersetzung enthält keine Gleichheit mit dem Mann, stattdessen wird ihre Position mit die vmb in sey festgelegt. Der Frau wird folglich ein geringerer Wert zugesprochen und sie ist auf Geselligkeit redu- ziert. Die Formulierung ein Mann wird an seinem Weibe hangen kann als Ehe vorgestellt worden sein, die aber nicht wie in der EDB für alle Männer gültig erklärt wird. Auch die Vorstellung ‘Vertrag’ wird nicht hergestellt. Der Geschlechtsakt: vnd sie werden sein ein Fleisch misst der Leiblichkeit beider Geschlechter dieselbe Qualität1102 zu. Das Paar wird mit der Mensch vnd sein Weib beschrieben. Das Kompositum Hausfrau habe ich in der Übersetzung von 1545 nur dreimal im Buch Sirach1103 gefunden. Ob Luther mit Weib im Zu- sammenhang einer Ehe die Frau zugleich auch als Hausfrau definiert sehen will, bleibt offen. Nimm man dies an, so erhält der Begriff wie- der den Charakter von Gehülfen. Die Übertretung des Verbots löst eine weibliche Schlange aus, die der Frau verspricht: jr ... werdet sein wie Gott. Damit wird die Miss- achtung des Verbots verschärft, während in der EDB nur die Gleich- heit mit Göttern versprochen wird. Die Schlange wird nicht von der Frau,1104 sondern gemäß der Randglosse1105 von Christus getötet 1101 Luther verwendet das Wort auch in Jes 44,24, um Gott als alleinige Schöpfer darzustellen. Jes 44,24: Der den Himel ausgebreitet alleine/ vnd die Erden weit machet on Gehülfen. Der Übersetzer der EDB formuliert diesen Sinn mit: keiner mit mir. In der Ausgabe der Lutherübersetzung von 1985 wird der Begriff auch in Gen. 37,2; Apg 13,5; 2. Kor 1,24 und 3 Jh 8 eingesetzt. 1102 Seine Erklärung von 1556 reduziert die Frauen noch schärfer als in der Über- setzung von Genesis 2: “Die weiber sind nirgend umb geschaffen, denn das sie dem man dienen und ein gehülfe seine frucht zu zeugen.”( Zitiert nach DWb. Bd. 5, Sp. 2555). 1103 Siehe Anhang I, Sirach 36,26-27 und 37,5. 1104 Luther: VND Ich wil Feindschafft setzen zwischen Dir vnd dem weibe/ vnd zwi- schen deinem Samen und jrem Samen c Der selb sol dir den Kopff zntretten/ Vnd Du wirst In in die Verschen stechen. 1105 Randglosse:”(Der selb) Dis ist das erst Evangelium vnd Verheissung von Chri- sto geschehen auff Erden/ das er solt/ Sünd/ Tod vnd helle vberwinden vnd vns von der Schlangengewalt selig machen. Davon Adam gleubet mit allen seinen Nachkomen/ Davon er Christen vnd selig worden ist von seinem Fall.” 169 werden, dort wird sie nun als Teufel präzisiert.1106 In Genesis 3 (1. Mose 3) wechselt Luther von Mensch zu Adam, in der Randglosse erklärt er das Wort als hebräischen Begriff für Mensch.1107 Implizit wird also dargelegt: Mensch ist Mann. Aus den Ausführungen vom Pflücken und Essen der verboten Frucht bis zur Befragung Gottes lassen sich keine Variationen zu der EDB erkennen.1108 Dagegen le- gen Luthers Übersetzung der göttlichen Konsequenzen für Mann und Frau aufgrund der Verbotsübertretung gravierende Unterschiede zur EDB offen. Die Todesankündigung des Mannes ist entschärft, da im Gegensatz zur EDB der Aspekt Staub in der Bedeutung von Nichtig- keit nicht erwähnt ist. Der Fluch Gottes gilt konkret dem Acker. Lu- ther stellt den Fluch nicht in den Zusammenhang mit der Erfüllung des weiblichen Willens, sondern mit dem des männlichen Willens.1109 Der Frau werden Schmerzen nicht nur beim Gebären, sondern auch während der Schwangerschaft1110 auferlegt. Im Unterschied zur EDB werden weder die Schwangerschaften noch die Trauer der Frau vermehrt. Der Frau wird die eigene Trauer genommen, die in der EDB auf den Schlangenbetrug zurückgeführt werden kann. Die ihr auferlegte männliche Herrschaft lautet: Vnd dein wille sol deinem Man vnterworfen sein/ Vnd Er soll dein Herr sein. Herr gibt dem Mann den Titel und die Anrede Gottes. Der Terminus wird im Druck zwar unterschieden: Ist Gott gemeint wird das Wort in Großbuchsta- ben gesetzt, gilt es dem Manne, beginnt es nur mit einem großen H. Das mit einem Großbuchstaben beginnende Pronomen ‘Er’ verstärkt, dass der Mann Herr der Frau sein soll. Auffallend ist, dass das Pro- nomen für Gott immer in Kleinbuchstaben1111 gedruckt ist. Mit Herr wird die Herrschaft des Mannes verstärkt und in die Nähe zu Gottes 1106 Randglosse : Denn so geheits auch Christus zutritt dem Teufels sein Kopff ( das ist sein Reich des Todes/ Sünd und Helle) So sticht der Teufel in die Ver- sen (das ist/ er tödtet vnd martert jn vnd die seinen leiblich). 1107 Randglosse ... darumb mag man mensch sagen, wo Adam stehet/ vnd wider- umb. 1108 Die Stimme Gottes in der Kühle des Tages wird in einer Randglosse erklärt: “Das war vmb den abend/ wenn die hitze vergangen ist. Bedeut/ das nach ge- tanener Sünde/ das Gewissen angst leidet. Bis das Gottesgnedige stim kome vnd wider küle vnd erquicke das hertze. Wie wol sich auch die blöde Natur ent- setze vnd fleucht: dem Euangelio/ weil es das creutz vnd sterben leret.” 1109 ”Verflucht sey der Acker vmb deinen Willen.” 1110 Ich will dir viel schmerzen schaffen wenn du schwanger wirst /Du solst mit schmerzen Kinder geberen. 1111 So in Gen 2,1: ..seine Werck die er [Gott] machet. Gen 3,11: Vnd er [Gott] sprach ... Gen 3,16: VND zum Weibe sprach er, [Gott]. Gen 3,17: VND zum Adam sprach er, [Gott] ... 170 Herrschaft gesetzt. Die Formulierung der Unterstellung des weibli- chen Willens nimmt der Frau zwar nicht den eigenen Willen, wenn er aber nicht dem des Mannes entspricht, hat sie ihn dem Willen des Mannes unterzuordnen. Die Aussage enthält aber auch eine sexuel- le1112 Komponente: Wille war eine der Koitus-Umschreibungen1113, die seit dem 13. Jahrhundert belegt sind.1114 Dass die Frau auf ihn ausgerichtet ist, war ein Topos der Märendichtung1115 und der Fast- nachtsspiele.1116 Er kann als bekannt vorausgesetzt werden. Daher kann mit: Vnd dein wille sol deinem Man vnterworfen auch unterstellt worden sein, dass die weibliche Sexualität der männlichen Regulie- rung bedarf. Luther gestaltet die Frau mit Gehülffen nicht als gleichwertigen Menschen, denn der Begriff konkretisiert ihre untergeordnete Stel- lung. Der festgelegte dominierende männliche Wille betont ihre Ab- hängigkeit. Luther weist der Frau keine Heilskompetenz zu. Dies ist im Vergleich zur EDB eine fundamentale Degradierung der Frau, die ihr ihren geistlichen ‘Mehrwert’ nimmt. Diese Reduktion ist auch in den Weisheitsbücher präsent, die ich mit Beispielen exemplarisch darlege. Die Verse beider Übersetzungen, die Frauen beschreiben, sind im Anhang I aufgelistet. Die göttliche Vollkommenheit, die in der EDB zusätzlich für das gute weib mit der Gliederung der Verse Sprüche 31,10 bis 31,31 mit dem hebräischen Alphabet hergestellt werden, ist in der Lutherüber- setzung nicht vorhanden. Folglich stellen die Aussagen der Verse diese Dimension nicht her. In Sprüche 5,19 nährt die gute Ehefrau nicht ihren Mann mit ihren Brüsten, sondern ihre Liebe sättigt. Den Aspekt ihrer wollust bringenden Liebe, übersetzt Luther mit ergötzen. Der Ehemann einer solchen Frau wird nicht wie in der EDB (Eccle- siasticus 5,11 und 26,1) zum Seligen erklärt, sondern ihm ist nur 1112 Diese ist in der heutigen Übersetzung präsent: “Und dein Verlangen soll nach deinem Manne sein, aber er soll dein Herr sein”. 1113 Formulierung sind z. B.: ” seines willen pflegen oder genüge tun”, welche männlich definiert sind. DWb, Bd. 30, Sp. 137-169, Sp. 138-141. 1114 Belegte Formulierungen sind: ”den willen tuon, den willen vollbringen, den wil- len erfüllen, der wille ergât.” Hoven, Heribert: Studien zur Erotik in der deut- schen Märendichtung (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik, Nr. 256), Göp- pingen 1978, S. 328. 1115 Hoven 1978, S. 329. 1116 Ragotzky, Hedda: »Pulschaft und Nachthunger« Zur Funktion von Liebe und Ehe im frühen Nürnberger Fastnachtsspiel, in: Bachorski 1991, S. 427-446,S. 439, 442. 171 Wol. Auch wollustigt die Ehefrau nicht, wie dieses Ecclesiasticus 26,2 der EDB dem starken weib zuschreibt. Luther charakterisiert die Ehefrau heuslich, zur Freude ihres Mannes. Die wollust bringende Gnade (Ecclesiasticus 26,16-17), die den Mann stärkt und die im Be- zug zur Lehre der Ehefrau als Gabe Gottes steht, übersetzt Luther: Ein freudlich Weib erfreut ihren Mann. Vnd wenn sie vernünftig mit jm vmgehet/ erfrischt sie sein herz. In der Übersetzung Luthers wird weder für Ehefrau die Dimension hilffen entfaltet, noch für die Ehe das Diagonalkreuz, das aus der EDB konstruiert werden konnte. Dass Zorn ausdrücklich nicht zum weiblichen Geschlecht gehört, findet sich in der Übersetzung von Luther nicht, sondern er definiert statt Zorn grimmig für alle Menschen.1117 Dem unweib der EDB, des- sen Zorn sie außerhalb ihres Geschlechtes verortet, wird in der Lu- therübersetzung gleichgesetzt mit dem von Gott nicht erschaffenen Grimm für alle Leute. Folglich entfällt das Konzept unweib der EDB in Luthers Übersetzung. Die Aussagen über diese Art Ehefrau stellen sie zänkisch, böse und zornig dar, also mit nur unangenehmen Ei- genschaften. Das Bestreben des unweibs, die Herrschaft in der Ehe zu übernehmen, wird nicht ausgeführt. Ecclesiasticus 25,21 der EDB beschreibt sie als erstigkeit, die dem Mann widerwärtig ist, Luther übersetzt: WEnn das weib den Man reich macht/ ... Die Ehefrau und die Ehe sind in der Übersetzung Luthers auf welt- liche Dimensionen beschränkt. Diese Reduktion der Frau ist auch in Darstellungen enthalten, die in der EDB dem gemeinen weib als hilffen für die Verortung des Mannes in Tod und Hölle zugeschrieben werden. Nicht vom geringen Wert des gemeinen weibs, wie dieser Sprüche 6,26 der EDB betont wird, sondern der Blick Luthers gilt dem Mann: Denn eine Hure bringt einem ums Brot. Die Bezeichnung Hure kennzeichnet ein Frauenkonzept, welches durch Bezahlung markiert ist. Zwar wird auch als Konsequenz Tod und Hölle be- schrieben, die aber durch die fehlende Positionierung der Frau im Göttlichen und Höllischen nicht logisch abzuleiten sind. Luther wech- selt auch die Geschlechter aus, während Ecclesiasticus 9,6 der EDB vor den vnkeuchern1118, offensichtlich Männern, warnt, denen nicht die Seele gegeben werden darf, übersetzt Luther: Henge dich nicht 1117 Sir 10,22: Das die Leute hoffertig vnd grimmig sind/ das ist von Gott nicht ge- schaffen. 1118 Eccl 9,6: Nichten gib dein sel den vnkeuchern mit all: das du nicht vileicht icht verliesset vnd dein sel vnd dein erbe. 172 an Huren / das du nicht um das deine komest. Die Aussage erwähnt die Seele nicht. Die Beschreibung des Verlustes im Zusammenhang von Huren zielt auf materielle Güter. Der Vergleich der Geschlechter- und Geschlechterbeziehungs- konzepte in beiden Bibelübersetzungen zeigt, dass sie als histori- sche Quellen auf Themen bezogen zu nutzen sind. 173 3 „Ich was ir friedel vnd sie mein amie“: Die Geschlechterordnung im ACKERMANN AUS BÖHMEN 3.1 Herrschafts- und Geschlechterkonzepte Die alttestamentarischen Aussagen über die drei Geschlechter- ordnungen mit ihren Positionen in der göttlichen Rechtsordnung wer- den nunmehr herangezogen, um zu ermitteln, inwieweit sich Über- einstimmungen oder Divergenzen zu ihnen im ACKERMANN finden lassen, obwohl in der Dichtung nur über die Ehe als Geschlechter- ordnung gestritten wird. Dabei wird geprüft, ob die Geschlechterkon- zepte im ACKERMANN Korrespondenzen zu den alttestamentarischen Konstruktionen der wechselseitigen Entsprechung aufweisen. Bei der Untersuchung der Aussagen über die Ehe werden die Beschreibun- gen der Ehefrau einschließlich ihres Handlungsfeldes daraufhin ge- prüft, ob sich Vorstellungen von hilffen finden lassen. Um weitere Entsprechungen oder Unterschiede zur alttestamentarischen weltli- chen Herrschafts- als Rechtsordnung im ACKERMANN zu erschließen, werden im ersten Schritt die Aussagen über die Schöpfung und die Weltordnung unter dem Blickwinkel der göttlichen Herrschaftsord- nung und der Position der Menschen in ihr analysiert.. Die Darstel- lungen von Herrschaft eigenen sich, um daraus ihre Rechtformen zu ermitteln. In diesem Zusammenhang werden auch die Darstellungen über den Menschen in Beziehung zu alttestamentarischen Aussagen untersucht Johannes von Tepl präsentiert im ACKERMANN AUS BÖHMEN ohne Ortsangabe drei Stimmen: einen Witwer, den personifizierten Tod und Gott. Die Stimme des Witwers ackermann und des hern Tots entfalten in je 16 Wechselreden einen Disput über die Stellung des Todes und der Menschen in der göttlichen Ordnung der Schöpfung und der Welt. Kontrovers werden die Ehe und die Ehefrau diskutiert. Die Auseinandersetzung wird vom Witwer aufgrund des Todes seiner Ehefrau ausgelöst. Die Differenzen werden von der Stimme Gottes beendet. Der Text schließt mit einem Gebet des Witwers. Die Spre- cher ackermann und Tot konkretisieren jeweils die Herrschaft Gottes, die von der Gott bestätigt wird. Aus den Stimmen der drei Sprecher werden die ‘Personenkonstruktionen’ und deren Beziehungen mit dem Blick auf Herrschaft ermittelt. Für die Untersuchung des ACKERMANN AUS BÖHMEN werden Zitate 174 aus der EDB hinzugezogen, die in der Analyse von Genesis 1 bis 4,1 und den Weisheitsbüchern nicht berücksichtigt worden sind. Dabei wird auch gefragt, ob in den Argumentationen in Tepls Text auch neutestamentarische Positionen enthalten sind. Darüber hinaus wird die Struktur der Dichtung abermals geprüft, d. h. die in der Acker- mann-Forschung diskutierte Frage nochmals aufgriffen, ob in der Dichtung ein Streitgespräch oder ein Prozess1 gestaltet wird. Die Metaphern im ACKERMANN werden, wie in der Untersuchung der alt- testamentarischen Texte der EDB auf ihren Symbolgehalt analysiert. Vorkommende Reihungen werden ausgezählt, weil ihre Anzahl Aus- kunft über ihren Bedeutung innerhalb der Zahlensymbolik geben kann. Da sich meine Untersuchung auf Aussagen aus Genesis 1 bis 4,1 und die Weisheitsbücher der EDB konzentriert, kommen die be- reits erforschten klerikalen und poetischen Bezüge im ACKERMANN nicht erneut in den Blick. Erschlossene Korrelationen vom AK- KERMANN zur EDB könnten möglicherweise Auskunft geben, warum die (offene) Überlieferung des um 1400 entstandenen Textes 15472 abbricht. Um der Fragestellung nach Bezügen im ACKERMANN zur alttesta- mentarischen göttlichen Herrschafts- als Rechtsordnung nachzuge- hen, werden im ersten Schritt die Bezeichnungen für die Sprecher ackermann und Tot und deren Positionen in der zugrunde gelegten Herrschaft Gottes analysiert. Dabei wird nach deutschrechtlichen Rechtsfiguren und -instituten gefragt. Der Witwer, der sich ackermann aus Böhmen3 nennt, kennzeich- net sich damit auf den ersten Blick als Angehörigen des bäuerlichen Standes aus Böhmen. K. Bertau konstatiert, dass mit der Selbstbe- nennung für die zeitgenössischen böhmischen Rezipienten ein Be- zug zum Herrschergeschlecht hergestellt worden sei,4 zugleich sei auch dargestellt worden, dass der Sprecher sich als Nachfahre Adams5 ausweise. Der auf den ‘Stammvater Adam’ konzentrierte 1 1.1 Ausgangsfrage und Zielsetzung, S. 20, Anm. 76-79. 2 Siehe Anhang II. 3 Kapitel 3. 4 Bertau 1994, Bd. 2, S. 92-95 einschließlich Forschungsstand. 5 Bertau 1994, Bd. 2, S. 94. Auch Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 21, mit Verweis auf Sacharja 13,5 unter Rückbezug auf Gen 2,5 und Gen 3,17-19 und 23. Sa 13,5 lautet in der EDB: Ich bin ein mensch ein ackermann: wann adam ist mein bey- schaft von meiner iugent. Für die Bezeichnung gibt es in der EDB die Variante ‘ackerwerker’: Eccl 37,13: Mit dem ackerwerker vom ein iecklichen werk: ... 175 Blick reduziert den Bezug zur Ehe in ihrer nachparadiesischen Rechtsform. Der Witwer schließt mit seiner Selbstbenennung acker- mann also den ‘Sündenfall’ und dessen Konsequenz der Sterblich- keit ein, zumal der Tod seiner Frau und das Wissen seines eigenen Sterbens6 dargelegt werden. Ch. Kienings7 und K. Bertaus8 For- schungsposition, der Sündenfall komme in Tepls Text nicht vor, greift für die Figur ackermann zu kurz. Die im Text angeführten Daten las- sen die Figur als Fiktion eines in historischer Zeit lebenden Men- schen erkennen. Die Figur konkretisiert sich als armer ackermann,9 also als Beherrschten, der Schutz braucht.10 Der Schützende ist Gott, der als geleiter aus der muter leib in der erden gruft charakteri- siert wird. Diese Formulierung postuliert nicht nur die immerwähren- de Anwesenheit Gottes als Schöpfer, sondern auch Herrschaft, was durch die Rechtsfigur geleiter11 zum Ausdruck kommt. Das Postulat verbindet eine Aussage aus Psalm 21,11-1212 mit der von Gott be- stimmten leiblichen Lebenszeit, die auf Ecclesiasticus 17,1-313 zu- rückgeführt werden kann. Dass allein Gott den Zeitrahmen des leibli- chen Lebens festlegt, wird mit der Aussage, Gott sei des todes und leben gewaltig14, ausgeführt. Die Feststellung entspricht Weisheit 16,13.15 H. Dormeier hat diese Vorstellung als zeitgenössisch16 defi- niert. Der ackermann beschreibt die Herrschaft Gottes17 mit alle irdi- sche herschaft,18 wie sie Ecclesiaticus 10,419 dartut. Der ackermann Wsh 17,16. ... oder ein werker der arbeit des ackers, 6 Kapitel 9: ... muß ich bis auf mein ende harren. 7 Kiening 1998, S. 351. 8 Bertau, Bd.2 1994, S. 467. 9 Kapitel 5. 10 Bosl, Karl: Grundausprägungen gesellschaftlichen Wandels vom 10.-14. Jahr- hundert, in: Stachowiak 1986, Bd 1, S.191-218, S. 206. 11 Lexer, Bd. 2, Sp. 810. 12 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 109, Anm. 636f. Siehe auch . Ps 21,11- 12: Wann du bist es du do hast mich aufgezogen von dem leybe ...Du bist mein gotte von den leyb meiner mutter: .. 13 Eccl 17,1-3: GOtt der beschuff den menschen von der erde: vnd macht in nach sein bilde. Vnd aber kert er in wider in sy: gab im die zahl der tage vnd das zeyt. 14 Kapitel 13. 15 Wsh 16,13: O herre du bist es der do hat gewalt des lebens und des tods. 16 Dormeier, Heinrich: Die Flucht vor der Pest als religiöses Problem, in: Schreiner 1992, S. 331-398, S. 343-348. 17 Kapitel 11. Gott, der mein und euer gewaltig ist, ... 18 Kapitel 15. 176 definiert mit der göttlichen Herrschaft auch das personale Verhältnis Gott-Mensch, das den alttestamentarischen Aussagen entspricht. Aus der beschriebenen Herrschaft Gottes ist zu schließen, dass der ackermann davon ausgeht, der her Tot sei ein ‘beauftragter Amt- mann’,20 folglich in die Rechtsstellung der Könige im Alten Testament der EDB21 eingesetzt worden. Mit der Rechtsfigur Amt war, wie H. Stahleder herausstellt, die treuliche Erfüllung der Anweisungen der Herrschaft22 und der Amtstitel Herr23 verbunden. Dem entspricht der ackermann, indem er den Tot mit her anspricht. Dem Tot wird nicht Herrschaft im Rahmen eines Amtes abgesprochen, jedoch unterstellt ihm der ackermann Amtsmissbrauch. Die Rechtsfigur lässt sich aus den Aussagen über den Zeitpunkt des Todes der Ehefrau rekonstru- ieren: der mit ee der zeit verswunden, zu frü ... entwischt, allzu schier ... enzücket24 entfaltet wird. Auch der Terminus übelhandlung25 defi- nierte nicht nur eine strafbare Tat, sondern auch ein ‘Amtsverge- hen’.26 In dieser Rechtskonstruktion fühlt sich der Witwer sicher, da er Gott als Richter anspricht, den der ackermann in den Wechselre- den mit dem hern Tot sowohl mit Standes- und Ehrentiteln27 als auch mit dem biblischen Du28 anredet. Die Rechtsfigur Amtsvergehen ist die Grundlage der Auseinandersetzung, die vor Gott als Richter aus- getragen wird, welchen der ackermann auffordert: Richte, herre, richte über den falschen richter.29 Der ackermann beruft sich damit auf alttestamentarischen Vorgaben, die Gott als vrteiler und eetrager, damit als Träger der Rechtsordnung ee markieren.30 Die Brisanz der 19 Eccl 10,4: Der gewalt der erden ist in der hand gotz. 20 Lexer, Bd. 1, Sp. 48; DWb, Bd.1, Sp, 280f.; DRWb, Bd. 2 (1932), Sp. 50. 21 2.2.1 Die weysheit, S. 95f, Anm. 498-500. 22 Stahleder, H.: Arbeit in der mittelalterlichen Gesellschaft, (Miscellanea bavarica monacensia, H.42) München 1972, S. 118ff, S. 186. Gurjewitsch 1997, S. 172. 23 DWb, Bd. 10, Sp. 1124-1136, Sp. 1127. 24 Kapitel 13: Alle meine freude ist mir ee der zeit verswunden. Zu frü ist sie mir entwischt, allzu schier habt ir sie mir enzücket. 25 Kapitel 15 und 19. 26 Schröder 1907, S. 131, 181, 187, 363. 27 So z. B. Kapitel 8: Fürste himelischer masserie... Got! aller untat gerecher! 28 Ehrismann, (1901), S. 123; (1903) S. 231; (1903/04) S. 123, 151, 167. 29 Kapitel 15. 30 Ps 49,6: Vnd die himel erkúndent sein gerechtikeit: wann got ist ein vrteiler. Jes 33,22: wann der herr ist vnser vteiler • der herr ist vnser eetrager •der herr ist vnser kúnig •.erselb kumpt vnd macht vns behalten. Wsh 12,13: Wann es ist kain ander gott denn du • dem do ist sorg von allem: das zaigst daz du nit 177 Personenkonstellation Witwer, her Tot und Gott entsteht dadurch, dass der ackermann die Auseinandersetzung mit dem hern Tot aus- gelöst und damit den allwissenden Herrscher- und Richtergott auf den Amtsmissbrauch seines Amtsträgers aufmerksam macht. Der ackermann beruft sich auf die alttestamentarischen Vorgaben über die göttliche Herrschaft und die von irdischen Herrschaftsträ- gern. Er verfügt daher auch über Kenntnisse des Ablaufs der Schöpfung, denn er führt aus, dass got alle ding ... het zumale gut beschaffen.31 K. Bertau verweist auf Genesis 132 als Bezug für diese Feststellung. Der Terminus ding definiert offensichtlich, wie in Gene- sis 1 der EDB33, alles Erschaffene innerhalb der göttlichen Ordnung, wie es auch in Psalmen34 und im Buch Ecclesiasticus35 beschrieben wird. Der ackermann lobt die Schöpfung und schließt eine schlech- te36 und einen ihr entsprechenden Schöpfer37 aus, was der Aussage von Psalm 117,538 entspricht. Dieser Zusammenhang zwischen Schöpfer und Schöpfung stimmt mit auch mit anderen alttestamenta- rischen Aussagen39 überein. Auch der Tot sieht seine Herrschaft im Rahmen der göttlichen Herrschaft, er erläutert sie als von Gott befolhen,40 im Sinne ‘übertra- gen’,41 die er als erbteil42 erhalten habe, womit das Rechtsinstitut ‘Ei- vrteilst daz unrecht vrteil. 31 Kapitel 25:. das got alle ding ... het zumale gut beschaffen. Kapitel 31: Sollten alle irdische ding so böse, snöde und untüchtig sein beschaffen und gewürkert ? Des vom anfang derwerlt er (Gott) nie gezigen. 32 Bertau 1994, Bd. 2, S. 464. 33 2.1 Herrschafts-und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 42. 34 Ps 103,24: O herre wie michelich seint alle deine werck : die du hast gemacht in der weysheit. Ps 103,28: So du in gibst sy sament : vnd so du aufftust dein hand alle ding werdent derfúllet in der gúte. 35 Eccl 39,21: Alle werck des herrn seint gar gut. Eccl 39,39: Alle werck des herrn seint gut. 36 Kapitel 31: Solten alle irdischen dinge böse, snöde und untüchtig geschaffen und gewürket? Des ist vom anfang der werlt er nie gezigen. 37 Kapitel 25: Gott ist kein streflicher, gemeilter würker. 38 So. z.B.: Ps 117,5: BEgeht dem herrn wann er ist gůt. 39 Ps 103,31: die wunniglich des herrn sei in der welt der welt. Der wirt erfreut in seinen werken. Ps 144,13 und 17 Der herre ist ... heylig in allen seinen werken. Wsh 13,5: Von der michelich der gestalt und der geschöffde: mag der kantlicher werden der schöpffer der ding. 40 Kapitel 8: der erden klos und mers streum mit all irer behaltung hat uns got, der mechtig aller werlt herzog befohlen. 41 Lexer, Bd.1, Sp. 248. 178 gen’ behauptet wird. Er bezeichnet sich als her,43 was im Zusam- menhang des beanspruchten Rechtsinstituts seine Autokratie mar- kiert. Diese wird mit herre und gewaltiger44 im Sinne von ‘Macht ha- bend’.45 betont. Der her Tot bezeichnet sich als der werlt ordenung.46 Diese Formulierung hat zwar eine Nähe zu Prediger 3,19, die den Tod von Mensch und Tier als für beide ein gleich ordenung47 darlegt. Die Formulierung definiert jedoch allein das ‘Sterben’, eine Herr- schaft des Todes wird nicht beschrieben, denn zugrunde liegt, dass Gott die Lebensdauer bestimmt. Der her Tot präsentiert sich nicht nur als der werlt ordenung, son- dern darüber hinaus als omnipräsent und allwissend.48 Vor dem Hintergrund der alttestamentarischen Figur weysheit in der EDB49 ist zu schließen, dass der Tot in ihren Konturen gestaltet wird. Während die ordenung der ee als Grundlage der Weltordnung und als Herr- schaft der weysheit dargestellt wird und auf das Leben ausgerichtet ist, bezieht sich der werlt ordenung des Tots auf den Tod als auto- kratischen Ordnung der Welt. Damit geht einher, dass eine die Schil- derungen des Tots über die Schöpfung nicht mit der Bibel überein- stimmen.Der Tot behauptet, er habe alles Überflüssige, allen Zu- wachs und alle Vermehrung zu vernichten,50 ansonsten gäbe es Pla- gen und Nahrungsmangel. Es würde fressen ein mensche das an- der, ein tier das ander, ein jeglich beschaffung die ander, weil die Welt zu klein würde.51 Damit wird die Grundbestimmung der Schöpfung des Lebens ins Gegenteil verkehrt, was im „Vermehrungssegen“52 (Genesis 1,22 42 Kapitel 8. irdische lant hat got uns zu erbteil gegeben. 43 Zu Vorbildern von personifizierten Todesfiguren, Kienling 1998, S. 193-197. 44 Kapitel 16. 45 Lexer, Bd.1 Sp. 972; DWb, Bd. 6, Sp. 4910-5094, 4939-4942. 46 Kapitel 22. 47 Pr 3,19: Dorumb ein tod ist des menschen und der viech: vnd ein ordenung ietweders. 48 Kapitel 18: Wir waren dabei ... 49 2.2.1 Die weysheit, S.98, Anm. 515. 50 Kapitel 8: den worten das wir alle überflüssigkeit sullen ausreuten und ausjeten, ... zuwachsung und merung ausgereutet werden. 51 Kapitel 8: Vor kleinen mücken möchte nu niemant beleiben, vor wolfen tröste nu niemant aus, es würde fressen ein mensche das ander, ein tier das ander, ein jeglich beschaffung die ander die erde würde ihn zu enge 52 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1 S.38f, 179 und 28) seinen Ausdruck findet. Der Tot reduziert zugleich auch die Größe der irdischen Schöpfung Im Zusammenhang seiner Herrschaft beschreibt sich der Tot als gotes hant gezeuge.53 Nach G. Jungbluth muss die Bedeutung “Werkzeug der Hand Gottes” offen bleiben.54 Die Handschrift M schreibt “hantgerät” im Sinne von Waffe.55 Beide Konkretionen stel- len den Tot als von Gott abhängig dar, damit entsteht zwar konforme Definition zur alttestamentarischen Aussagen, gleichwohl wird ein Widerspruch zur Eigenherrschaft des Tots entwickelt. In den Über- lieferungen, die nur gotes hant56 schreiben, wird der Tot als Hand Gottes beschrieben, womit die Schöpferhand eine todbringende wä- re, welche die Schöpfung gestaltet habe. Die Aussagen kennzeich- net Bertau57 als “gänzlich unbiblisch”, was durch die Darstellungen der EDB bestätigt wird.58 Im Widerspruch zur Definition der Tot als Hand Gottes steht, dass der Tot behauptet, das Ziel bei der Erschaffung des Lebens gewesen zu sein: das leben ist durch das sterbens willen geschaffen.59 Diese Aussage60 ändert nicht nur die Position des Lebens in der Schöp- fung, vielmehr mutiert auch die Vorstellung Gottes dahingehend, dass er Leben erschafft, um es dem Tod zuzuführen. Damit wird ein nicht biblischer Schöpfer entworfen. Der Tot schildert, er sei mittels Namensnennung von Gott im irdischen paradiße ‘tirmet’ worden, was er mit Gottes Worten belegt: do er sprach: "Weliches tages ir essen werdet von der verboten speise, so weret ir sterben des todes!"61 Die Sequenz, die auf den ersten Blick Genesis 2,17 mit geändertem Per- sonalpronomen zugrunde legt, zeigt auf den zweiten, dass der Tot Anm. 22- 26. 53 Kapitel 16. 54 Jungbluth 1983, Bd. 2, S.104: “Offen bleiben müsse, ob der Doppelgenitiv gotes hand gezeuge im Sinne “Werkzeug der Hand Gottes” gemeint sei. 55 Lexer, Bd.1, Sp. 1005. 56 Handschrift A, B, C, F, G, N, O, P, Q, Druck a. 57 Bertau, Bd.2 1994, S. 301. 58 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 39f, Anm. 32- 44. 59 Kapitel 22: ... were leben nicht, wir weren nicht, so were nicht unser geschefte; damit were auch nicht der werlt ordenung. 60 Bertau,Bd. 2 1994, S. 412 belegt Seneca mit Angaben weiterer Studien zur Textstelle. 61 Kapitel 16. 180 damit sein Argument untermauert Ziel der Schöpfung zu sein. Tirmen transportierte den Doppelsinn ‚formen, bilden und schaffen’ und ‘an einen bestimmten Ort setzen, bestimmen, zuteilen und weihen’.62 Die Änderung des Personalpronomens bezieht die Frau ein, was auch mit “da er sprach zu Adam und zu Eua”63 oder mit “da er sprach zu den ersten menschen”64 präzisiert wird. Diese Formulierung kann auf Auslegungen beruhen, die in den deutschen Laienpredigten von Berthold von Regensburg enthalten sind65 und auch auf Bildwerken ab dem 9. Jahrhundert66 präsentiert werden. Der Tot beansprucht ei- ne Schöpfung Kraft des Wortes zu sein, wie sie in Genesis 1 definiert wird. F. Tschirch belegt, dass die Vorstellung von Schöpfung, Name und Bestimmung auch im Sinn von Weihe67 identisch gesehen wä- ren. Erst im Vergleich mit Genesis 2, 17 der EDB ist der Unterschied zwischen beiden Konstruktionen zu erkennen: In der EDB wird eine Rechtsnorm konkretisiert, mit der eine Strafandrohung verbunden wird, Von der ‘Erschaffung des Todes und seiner Bestimmung’ ist keine Rede.68 Der her Tot erklärt sich als ‘Geschöpf’, das im Para- dies erschaffen worden sei, während Genesis 2 dies allein der Frau zuschreibt. Der Tod ist nicht nur kein Teil der Schöpfung, wie Ch. Kiening69 feststellt, sondern mit seiner Behauptung im Paradies er- schaffen zu sein, geht einher, dass der Ort des Lebens in eine Stätte des Todes gewandelt wird. Auf der alttestamentarischen Folie kann der ackermann der Erschaffung des Tots im irdischen paradiße ver- 62 Kapitel 16: Wir sein von dem irdischen paradiße. Da tirmet uns got und nante uns mit dem rechten namen. 63 Handschrift C, F, G N O, P, Q und Druck a. 64 Handschrift M. 65 “Als Âdam und Êva daz gebot gebrâchen unsers herrn, ... wec geteilt, . V. VON ZWEIN WEGEN; DER BOUZE UNDE DER UNSCHULDE, Bd. 1, S. 65-78, S. 65.: “ Wan dô er Adâme und Êven allez daz obez untertân machte, daz in dem paradîse was, dô wolte er im selben einen boum haben. “dô er Âdamen und Êvam geschuof und in gebot, wie daz sie leben solten,... VIII. VON DER ÛZSETZIKEIT, Bd. 1, S.110- 123. S. 116. 66 So z. B: Bibel von Grandval, Tours 840, Genesisbild, in: Fillitz 1990, Abb. 31, Erläuterungen zur Abb. S. 139f. Das Verbot wird auf dem zweiten Bildstreifen, mit der Abbildung auf der linken Bildhälfte dargestellt. Auf deren rechter Seite befindet sich Gott, er zeigt mit einem Hoheitsgestus auf einen Baum im Zen- trum. Links davon steht das Menschenpaar. Wandmalerei, Gurk, Kärnten um 1260/70, in: Simon, von 1990, Abb. 272, Erläuterungen zur Abb. S.272. Sie zeigt das Menschenpaar, welches das Verbots erhält. 67 Tschirch 1966, S. 12f. 68 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 47f, Anm. 106-109. 69 Kiening 1998, S. 351. 181 neinen.70 Er beruft sich folglich auf Genesis 2 und reagiert keines- wegs “affektiv”, wie K. Bertau71 konstatiert, sondern argumentativ. Ebenso wie der ackermann die Aussagen über die Paradiesschöp- fung Tod widerlegt hat, ist davon auszugehen, dass ebenso die vor- reformatorischen Rezipienten dem Widerspruch erkannt haben, weil sie mit den ‚Fakten’ von Genesis 3 vertraut waren, der für das Paar mit der Verweisung aus dem Paradies72 verbunden war. Es ist da- von auszugehen, dass auch die Behauptung des Tots seiner Eigen- herrschaft über das Leben von den Rezipienten als Falschaussage gewertet worden ist, weil die Lebenszeit73 allein von Gott festlegt werde. Allerdings lässt sich die Vorstellung, dass der Tod im Para- dies anwesend war, für das späte 15. Jahrhundert auf einem Gemäl- de feststellen.74 Die religiöse Verortung der Konstruktion in Tepls Text und auf Boschs Gemälde bleiben offen. In Tepls Text dient die Positionierung des Tots zur Herrschaftsbeschreibung. Der Tot schildert sein Herrschaftsverhältnis zu den Menschen, mit den Worten, dass er75 in feures flammen stetigkeit alles menschliche geslechte getreten76 habe. Die Aussage definiert Jungbluth als Fe- gefeuer,77 also als Reinigungsort der Seelen.78 Die Formulierung konkretisiert jedoch das leibliche Leben der Menschen und legt eine Parallele zum immerwährenden Feuer (Genesis 3,23-24)79 nahe, das Paradies und Welt trennt. Der Tot charakterisiert das Feuer nicht als Grenze, sondern als Aufenthaltsort der Menschen, die er mit dem 70 Kapitel 25: Weret ir in dem paradiße gefallen , so wesset ir , das got... 71 Bertau 1994, Bd. 2, S. 463. 72 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 73f, Anm. 294- 310. 73 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 75, Anm. 311. 74 Auf Hieroymos Bosch (* um 1450, † 1516) Tripychon“ Gatren der Lüste“ ver- schlingt Een Löwe ein Reh, ein Wildschwein jagt ein Tier, eine Katze hat eine Beute im Maul, ein Vogel verschlingt ein Tier. Belting, Hans: Hieronymus Bosch, Garten der Lüste, München/ Berlin/ London/ New York 2002. 75 Kapitel 32. Handschrift A: hab IIh; B: hon Ich; H: hab ich, L: han Ich. 76 Handschrift A, B, L, H. 77 Jungbluth interpretiert, dass sich die “Menschheit in stetigen Fegefeuer” befin- de. Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 217. 78 LeGoff, Jacques: Die Geburt des Fegefeuers, Stuttgart 1984. Angenendt 2000, insbes. S. 705-713. 79 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 47, Anm. 106-109. 182 Herrschaftsgestus Treten in Form von Besiegen80 dort platziert hat. Nahe liegt, dass diese Aussage eine Verbindung zu dem Wächte- rengel herstellen soll. Die Verweisung aus dem Paradies wäre vom Tot in einer Form vorgestellt, die nicht den Aussagen von Genesis 3 entspricht. In den Schilderungen des omnipotenten und omnipräsenten hern Tots als ordenung der werlt sind Motive der Figur weysheit zu erken- nen. Im Gegensatz zu ihr, der in der EDB für die Welt das Rechtsin- stitut ‘Reichslehen’ zugeteilt wird, beansprucht der Tot ein Eigen. Seine Aussagen, er sei das Ziel der Schöpfung, und die Beschrei- bungen seiner Herrschaft verkehren die Aussagen der Schöpfungs- berichte der EDB in ihr Gegenteil. Die Argumente des ackermann können auf die alttestamentarische Schöpfung mit ihrer Ordnung als Rechtsordnung zurückgeführt werden. Die Erklärungen des hern Tots verwandeln den Zweck der Schöpfung des Lebens in ihr Ge- genteil, weil der Tod als Ziel des Lebens dargestellt wird. Mit dieser Position wird der alttestamentarischen Schöpfung mit ihrer Ordnung als Rechtsordnung ihr von Gott bestimmter Zweck entzogen. Ackermann und Tot beschreiben in ihrem Disput auch das Ge- schöpf Mensch. Die Positionen werden mit Aussagen der EDB kon- frontiert, um Übereinstimmungen und Divergenzen im Bezug auf Aussagen über den Menschen herauszuarbeiten. Der ackermann bezeichnet den Menschen als allerliebste creatüre81, die zumale gut beschaffen82 sei, was K. Bertau auf Genesis 183 zurückführt, und was auch der EDB entspricht. Der Witwer definiert den Menschen ferner auch als allerhübschstes werk und werkstück,84 das got im selber geleich gebildet85 hat. K. Bertau sieht in der Formulierung eine “dis- 80 De Chapeaurouge 1984, S. 40-43, DWb, Bd 22, Sp. 183-237, Sp. 185 f. Dinkler-von Schubert, Erika: Fußtritt, in: LCI, Bd. 2, Sp. 67-69. 81 Kapitel 25. 82 Kapitel 25: ... und den menschen zumale gut beschaffen het ... Sollte dann der mensche so böse und so unrein sein, ... so stünde auch nicht, das got alle ding und den menschen über sie alle gut het beschaffen. 83 Bertau, Bd.2 1994, S. 464f. 84 Kapitel 25: im selber geleich hat es got gebildet. Die Handschriften D, F, G, P, Q, Druck b schreiben: “geleich” Handschriften I, K: “gelich”; Handschriften A, L, M, N, O, Druck a: ”gleich.” Beschrieben ist ‘übereinstimmende ‘Leibgestalt und Art’. 85 Kapitel 25. 183 parate” Überlieferung.86 Es liegt nahe, eine Korrespondenz zu bilde vnd gleich in der EDB zu rekonstruieren, die als Konkretion87 be- zeichnet werden konnte, weil die Aussage über ‘Abbild’ hinausgeht. Den Darstellungen des Tots, dass der Mensch so böse und so unrein erschaffen worden sei, wird widersprochen, denn wäre dies der Fall, müsste es Gott ebenso sein.88 Die Reinheit von Schöpfer und Ge- schöpf kann auf Psalm 17,24 zugeführt werden: Vnd ich wird vnfleckhaftig mit im. Die Verneinung der Paarformel böse und unrein gestaltet das Konzept des Menschen aus der Perspektive des ak- kermann in den Dimensionen gut und rein. Sie sind auch in den Schilderungen seiner Schönheit, Würde und leiblichen wie geistigen Geschicklichkeit89 enthalten. Dazu gehört unabdingbar die Ver- nunft90, entsprechend alttestamentarischer Ausführungen,91 und der freie Willen, den der ackermann mit allerfreiest92 betont, mit dem der Bezug zu Genesis 1, der Mensch als Zweiheit von Mann und Frau in Form der Konkretion Gottes hergestellt wird.93 Die Willensfreiheit wird auch in den deutschen Laienpredigten Regensburg im Bezug auf Gott dargelegt.94 Der Witwer verneint dagegen den freien Willen der engel, teufel, schretlein und klagmuter, die als geist in gotes twang lebten.95 Die Charakterisierung belegt G. Jungbluth mit außer- biblischen Texten.96 Aufgrund derBedeutung von twang (beherr- 86 Bertau 1994, Bd. 2, S,.468, mit Bezug auf Jungbluth. 87 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 37, Anm. 8-11. 88 Kapitel 25: werlich , so hete got unreinlich und unnützlich gewürket! Sollte gotes allmechtige und wirdige hat so ein unreines und unfletiges menschwerk haben gewürkt, ... streflicher, gemeilter würker were er, ... 89 “Allerbehendest” Lexer, Bd. 1, Sp. 153. 90 Kapitel 25: allein der mensche hat enphahend der vernunft ... 91 Die weysheit, S. 90f, Anm. 429-448. 92 Kapitel 25: der mensche ist das allerachtberst, das allerbehendest und das allerfreiest gotes werkstück. 93 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 60, Anm. 205. 94 Die Willensfreiheit der Menschen wird auch in den deutschen Laienpredigen Regensburgs als Schöpfungsqualität betont: ”Wande er (Gott) den menschen nâch im selben gebildet hât der edele frîe herre, dâ wolte er im sîne willkür niht binden noch twingen, ... got hât ez dîr frîen willkür bevohlen.” IV. VON DEN SIBEN PLANETEN, Bd.1, S. 48-64, S. 50. Jungbluth hat die Predigten als Quellen für Tepls Text belegt. 95 Kapitel 25. 96 Die Aussage beruhe auf der Vorstellung, das Geistwesen nur den Plan Gottes ausführen könnten.Jungbluth 1983, Bd. 2, S.170. Bertau, Bd.2 1994, S. 470 184 schen97) kann es eine alttestamentarische Konstruktion sein, weil den beherrschten geist[ern] implizit Handlungen unterstellt werden, die im Sinne eines Amtes verstanden werden konnten. Die Erschaffung des Menschen belegt der ackermann mit den Schöpfungsberichten. Sie sind an der Formulierung zu erkennen, die in zwei Variationen überliefert ist: als er auch in der ersten würkung98 und in der ersten vrkunde99 der werlt selbs gesprochen hat.100 Der Unterschied zwischen den Überlieferungen besteht darin, dass wür- kung den Schöpfungsvorgang referiert,101 während vrkunde die Be- deutung von ‘Zeugnis’ im Sinne ‘Beweis’102 definiert. Die vrkunde liegt mit Genesis 1 und 2 vor. Die Beschreibung des Menschen als ‘Konkretion Gottes’ positioniert ihn als Rechtssubjekt in der Schöp- fung, in der der Mensch werke ausübt, die außer ihm geleich niemant dann got gewürken kan.103 Der Terminus werke entspricht wie in der EDB der allgemeinen Definition für Handlungsfeld, mit dem der Be- zug zwischen Schöpfer und Geschöpf konkretisiert wird. 104 Dazu gehöre, dass Gott den Menschen die Herrschaft über Tiere und Früchte im paradiß befolhen und sie seinen fússen vnterlegt105 habe. Verknüpft werden der Genesis 1 mit dem Ort aus Genesis 2 und der Herrschaftsdefinition von Psalm 8,7-8.106 Den Antritt der Herrschaft unterstreicht der ackermann mit als er auch tut. K. Bertau erklärt, die Formulierung sei ein Zitat, für das er keinen Beleg gefunden habe,107 belegt diese Vorstellung auch mit Dekreten zum IV. Laterankonzil und mit Tho- mas von Aquin. 97 Lexer, Bd. 2, Sp. 1602f. 98 Kapitel 25: Handschrift: A, B, D, H, I, K, L, M. 99 Kapitel 25: Drucke a, b, Handschriften: C, G, N, O, P, Q. 100 Kapitel 25. 101 ‘Der etwas ins Werk setzt, hervorbringt, schafft, arbeitet.’ Lexer, Bd. 3, Sp. 929f. 102 Zeichen auch Anweisung, Lexer, Bd. 2, S. 2005f. Jungbluth 1983, Bd. 2, S.171 sieht den Terminus ‘vrkunde’ als Mißdeutung oder Fehldeutung. Bertau, Bd.2 1994, S. 472 meint, dass “vrkunde” nicht den “ersten Schöpfungsbericht meint, “da diese Unterscheidung jünger ist.” 103 Kapitel 25. 104 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 43f, Anm. 68- 76. 105 Kapitel 25: den menschen über alle gesetzt, im ir aller herschaft befolhen und seinen füßen undertenig gemacht hat, den tieren des ertreichs, den vogeln des himels den fischen des meres und allen früchten der erden, also er auch tut. 106 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 169. 107 Bertau, Bd.2 1994, S, 475. 185 es entspricht Ecclesiaticus 17,4.108 Die Rechtsform legt wie in Gene- sis 1 und 2 das Rechtsinstitut Lehen nahe. Auch die Aussage vnter- legt seinen fússen in Psalm 8,7-8 der EDB109 stellt die Herrschaft der Menschen im Bezug zu der Gottes dar, im Sinn von Beschützen und Bewahren. Dass die Schöpfungsqualität des Menschen sein wertbeständiges Konzept ist, wird mit dem Lob des Kopfes und seiner Sinnesorgane entfaltet, die mit dem Herzen verbunden werden. Das Lob wird mit dem Ruhm des Schöpfers eingeleitet.110 Das Haupt wird klos ge- nannt. Die Metapher greift das Schöpfungsmaterial gemäß Genesis 2,7111 auf. Die Sinnesorgane werden einzeln gelobt.112 Von den Au- gen wird gesagt, sie reichten bis an des himels klare zirkel.113 Die Beschränkung auf das Sichtbare ist wie Prediger 11,7114 gestaltet. Die Ohren können das ‘ferne’115 gewürkend wahrnehmen, was die ‚Worte Gottes als Herrschaftsordnung’ definieren kann. Die Ohren dienen auch zur brüfung und merkung unterscheit mangerlei süßes gedönes.116 Sie haben auf süßen Gesang117 zu achten,118 um sich von ihm belehren119 zu lassen. Im Aussagen über die Aufgaben der 108 Eccl 17,4: ... vnd er herrscht die tier und vogel. 109 Ps 8,7-8: vnd du hat in geschickt vber die werk deiner hend vnd vnterlegt sei- nen fússen. 110 Kapitel 25: Wo hat je werkmann gewürket so behendes werkstück und (Hand- schrift B, C, D, F, K ,L , N, 0, P, Q, Druck a.) einen so (reich Handschrift C, D, F, K, L O, P, Q, Druck a) werkberlichen, so kleinen klos als eines menschen haupt? Das ‘und’ konstruiert eine Paarformel, welche die Aspekte des schnellen geistigen Geschicks (behende) mit denen von “werkberlich” im Sinne “hand- werksmäßig betrieben” (Lexer, Bd. 3, Sp. 772) vereint. 111 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 174f. DWb, Bd. 11, Sp. 1244-1248, Sp. 1246. 112 Bertau, Bd.2 1994, S. 472-487 belegt auch literarische Korrespondenzen. 113 Kapitel 25: Da ist in des augen apfel das gesicht, das allergewissest gezeuge, meisterlich in spiegels weise verwürket; biß an des himels klare zirkel würket es. 114 Pr 11,7: Es ist ein súß liecht: vnd ein wollustigs zesehen den sunn mit den au- gen. 115 ‘Ferre’, Lexer, Bd. 3, Sp. 197. 116 Kapitel 25. 117 ‘Brüfung’ im Sinne von ‘nachdenklichem Erkennen bzw. Wahrnehmen’ Lexer, Bd. 2, Sp. 302f. Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 173. 118 ‘Merkung’ in der Bedeutung von’ Achthaben, Aufmerksamkeit’ Lexer, Bd. 1, Sp. 2114. 119 “Underscheit” bedeutete nicht nur ‘Unterscheidung bzw. Unterschied’ sondern auch ‘genaue Auseinandersetzung, Erklärung und Belehrung’ Lexer, Bd. 1, Sp. 773f. 186 Ohren zeigen Parallelen zu alttestamentarischen Ausführungen120, zumal das Hören auf die Worte Gottes als zentral ausgewiesen wird121 für seine Herrschaftsordnung, in der die Rechtsordnung ee im Zentrum steht. Der Nase122 wird das Erkennen des Wohlgeruchs zu- geteilt, der mit narung der sele präzisiert wird. Da die weysheit am Wohlgeruch identifiziert werden kann, kann sie verdeckt als narung der sele charakterisiert sein.123 Das Lob des Mundes gilt Zähnen und Zunge im Hinblick auf den Geschmack,124 der eine Parallele zu Hiob 12,11125 hat. Im Besonderen wird die Zunge gerühmt,126 weil sie Wissen und freundliche Gesinnung mitteilt. Diese Ausführung folgt alttestamentarischen Definitionen.127 Die vier Sinne werden mit dem Herzen128 verknüpft, womit das Fühlen als fünfter Sinn dargestellt wird. Für das Zusammenspiel stellt A. Hübner129 eine Nähe zu Eccle- siaticus 17,5 der EDB fest, die G. Jungbluth verneint.130 Ich folge A. Hübner, da dieser Vers131 die Verbindung zwischen Herz und der 120 So z. B: Eccl 39,19: ...vnd entsamt lobt den gesanck: 20: ... vnd begecht im in der styme ewer lespen • in den gesengen der lespen vnd in den herpffen. 121 Jes. 34,6: Hör das wrot des herrn der herre. 122 Kapitel 25: Da ist in nasen der ruch, durch zwei löcher ein und aus geend, gar sinniglichen verzimert zu behegelicher senftigkeit alles lustsamem und wünne- samen riechens; da ist narung der sele. 123 2.2.1 Die weysheit, S. 87f, Anm. 399-401. 124 Kapitel 25: Da sint in dem munde zene, alles leibfuters tegelichs malende ein- acker; darzu der zungen dünnes blat ... auch ist da des smackers allerlei kost lustsame brüfung. 125 Hi 12,11: Vrteilt denn nit ... : die gumen den geschmack des essenden? 126 Kapitel 25: darzu der zungen dünnes blat den leuten zu wissen bringet ganz der leute meinung; Die Bedeutungen von “meinung” erstreckten sich von ‘Sinn, Be- deutung, Gedanke, Wille’ bis ‘freundliche Gesinnung, Freundschaft’. Lexer, Bd.1, 2062f. 127 Eccl 4,29: Wann in den zungen wirt derkant die weysheit: vnd der syn vnd die wissenheit vnd die lere in dem wort. Hi 27,3: ... mein lespen die redent nit die vngankeyt: noch mein zung die enbetracht die luge. Hi 33,2: Sich ich tet auf meinen mund mein zung die ret in meinem gumen. mein wort mit einfeltigen herzen: vnd mein lespen die redet den lautern syn. 128 Kapitel 25: Dazu sint in dem kopf aus herzen grunde geende sinne, mit dem ein mensche, wie ferre er wil, gar snelle reicht: in die gotheit, und darüber gar, klimmet der mensche mit den sinnen. Die Wortbedeutung von sinne umfaßte das körperlich Wahrnehmbare, aber auch Verstand und Bewußtsein. Lexer, Bd. 2, Sp. 926f .129 Hübner, in: Schwarz 1968, S. 239-344, S. 334 mit Anm. 21. 130 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 172: Die Übereinstimmung sei nicht auffällig genug, um den Bibelvers als “mittelbare oder unmittelbare Quelle” anzusehen. 131 Eccl 17,5: Er [Gott] gab im [dem Menschen] ein hertz zedencken den rate vnd die zungen vnd die augen vnd oren: vnd derfullt sy mit der lere der vernuft. 187 Vernunft herstellt, die der Mensch hat. Das Lob der fünf Sinne durch den ackermann beruht im Ganzen auf alttestamentarischen Aussa- gen. Die mit dem Herzen erreichte Zahl der Sinne ist fünf, die im po- sitiven Bereich der Zahlensymbolik, die Zahl der Tugend war.132 Au- gen, Ohren Nase und Mund sind sieben Öffnungen des Kopfes, die- ser Zahl wurde die Bedeutung Vollkommenheit133 zugemessen. Wird die Fünfzahl der Sinne mit der Siebenzahl der Öffnungen addiert, ist das Ergebnis Zwölf134, deren Symbolwert ebenfalls Vollkommenheit war.135 Die drei Zahlen sind mit dem von F. Tschirch geprägten Be- griff als “verkappte Schlüsselzahlen”136 zu greifen. Der ackermann führt über die Sinne weiter aus, dass der mensch mit ihnen, wenn er wil in die gotheit, ... klimmet, also ‘hinein stei- gen’137 kann. Die Präposition in markiert, dass sich das Geschöpf mit seinem Schöpfer vereinen kann. Diese Vorstellung ist auch in der EDB präsentiert,138 sie wird durch den Einschub und darüber gar er- weitert. K. Bertau erklärt für die Aussage eine entstellte Überliefe- rung, weil sie im Zusammenhang des Gotteslobs des ackermann nicht erklärlich sei.139 Ich übernehme diese Forschungsposition, weil alle Argumente des ackermann, die, wie weiter herausgearbeitet wird, auf alttestamentarischen Aussagen aufbauen. Der ackermann fasst seinen Ruhm des Hauptes zusammen: in ihm sind also behen- de werk, alle kunst und meisterschaft, weil sie mit weisheit sint ge- würkert.140 Weisheit lese ich hier als Gotteseigenschaft, entspre- chend den alttestamentarischen Definitionen.141 Das Menschenlob ist zugleich ein Gotteslob, mit dem einhergeht, dass das Geschöpf, wie sein Schöpfer, rein ist. Daher kann der ackermann behaupten, dass 132 Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 403-442, Sp. 406. 133 Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 479-565, Sp. 480. 134 Enders1985, S.230. 135 Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 620-645,628. 136 Tschirch 1958, S. 30-53. 137 Lexer, Bd. 1, Sp. 1623. 138 Ps 83,3: Mein hertz vnd mein fleisch erfreuten sich in dem lebentigen got. Eccl 31,25: ... vnd sein sel wird gewollustigt in im. 139 Bertau, Bd.2 1994, S.483. Er führt aus, dass der Redegestus des Protagonisten verbiete ihn ironisch auf atheistisch - philosophische Gedanken zu beziehen. 140 Kapitel 25. 141 So. z. B.: Hi 12,13: Bey im ist die weyßheit vnd die sterke ... Eccl 15,10: ... Wann der weysheit gotz zu steht daz lob ... Eccl 15,19. Wann der weysheit gotz ist vil. 188 Verunglimpfungen des Geschöpfs Gott schändeten.142 Damit stellt er den Tatbestand der vorreformatorischen Blasphemie fest, die G. Schwerhoff untersucht hat.143 Das vom ackermann ausschließlich verwendete maskuline Genus für Mensch entspricht Genesis 1,28 der EDB, mit dem die Zweiheit als weiblich und männlich definiert wird.144 Die Ausführungen des ackermann konnten auf alttestamen- tarische zurückgeführt werden, sie berechtigen das Genus auf beide Geschlechter zu beziehen. Mann und Frau werden als rein entfaltet. Diese Beschreibungen erlauben, Rechtsgehorsam gegenüber der alttestamentarischen göttlichen Herrschaftsordnung als Rechtsord- nung zugrunde zu legen Der Tot stellt dagegen sein Menschenkonzept als unrein dar, das Genus wechselt zwischen Maskulinum und Neutrum. Er beginnt mit der Schöpfung des Mannes, die mit ersten von leim gekleckten man145 beschrieben wird. Die Erschaffung der Frau wird nicht kon- kretisiert. Gleichwohl wird ihr unreines Konzept ausführlich dargelegt. Die Formulierung der Schöpfung Adams ist doppeldeutig, weil ge- kleckte einerseits ‘erschaffen’, anderseits auch ‘Flecken verursa- chen’146 bedeutete. Er beschreibt die Zeugung des Menschen. Damit stellt er den Bezug zur nachparadiesischen Zeit her. Die Zeugung wird als in sünden enhangen147 beschrieben, was auch G. Jungbluth und K. Bertau auf Psalm 50,7148 zurückführen. Ebenso entspricht nacket geboren149 alttestamentarischen Aussagen. Im Unterschied zu der alttestamentarischen Definition des Mutterleibs und der Ent- 142 Kapitel 25: wie vernichtet, übelhandelt und uneret ir den werden menschen, domit ir die gotheit swechet. Swechen bedeutete: ‘beschimpfen, erniedrigen, schänden’ Lexer, Bd. 2. Sp. 1348. Zur Intention: Hahn 1964, S. 67. 143 Schwerhoff, Gerd: BLASPHEMARE, DEHONESTARE ET MALEDICERE DEUM. Über die Verletzung der Göttlichen Ehre im Spätmittelalter, in: Schreiner/ Schwerhoff 1995, S. 252-278. 144 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 37f, Anm. 12-21. 145 Kapitel 8. 146 Einerseits von ‘klac machen’ im Sinne einen Fleck verursachen, anderseits auf denen von ‘erwecken, aufrichten’ Lexer, Bd. 1, Sp. 1596. Lexer, Bd. 1, Sp. 1610. 147 Kapitel 24: ein mensche wirt in sünden enhangen. Die weiteren Ausführungen entstammen dem Kapitel. 148 Ps 50,7: Wann sich ich bin entphangen in den vngangheiten: und in den sünden entphieng mich mein mutter. 149 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 162. Wortlaut der EDB: Hi 1,21: Nacket bin ich aus- gegangen von dem leyb meiner mutter. Pr 5,14: Als er nackent aus ging von dem leib seiner mutter. 189 wicklung des Menschen in der EDB150 schildert der Tot, dass der Mensch im Mutterleib mit unreinem und151 ungenantem unflat ge- nährt wird. Unflat charakterisierte den Doppelsinn von konkretem und spirituellem Schmutz, im Sinne von “teuflisch”.152 Dieser wird mit der Paarformel hervorgehoben denn das zweites Glied definierte ‘unheil- bare Krankheit.’153 Die sündhafte Zeugung und die absolut widerwär- tige Nahrung infiziert das Kind mit Unreinheit. Die Verunglimpfung der Schwangerschaft ist eine doppelte Diffamierung, denn sie wird universell als ekelhaft erklärt, womit zugleich jeder Mensch als unrein ausgewiesen ist. Diese Beschreibung verkehrt folglich die alttesta- mentarische, die den Mutterleib als Ort der Reinigung und als Raum der Gestaltung des Kindes durch Gott selbst darstellt. C.Thomassets Untersuchung belegt, dass des Tots radikale Abwertung der Menschwerdung von mittelalterlichen geistlichen Autoren nicht vor- genommen wird.154 In 20 Ausführungen werden die unreinen Konzepte von Mann und Frau mit Schimpfwörtern155 anschließend vom Tot präsentiert. G. Jungbluth und K. Bertau betonen ihre obszöne Bildhaftigkeit, die in den Frauenschimpfwörtern besonders zum Ausdruck käme.156 Sie rufen mit ihren Bildern Augen-, Nasen-, Ohren- und Geschmacksekel hervor, also den Gegensatz zu dem Lob der Kopfsinne des acker- mann. Die Schimpfwörter präzisieren den Leib und das Wesen der Menschen, die nach geschlechtsspezifischen Merkmalen gegliedert, ausgezählt und nach Zahlensymbolik befragt werden. Die Reihe der Schimpfwörter beginnt mit besmirter binstock. Diese Metapher entspricht der zwar zeitgenössischen Imkerei,157 sie ge- staltet aber äußerliche Unreinheit. Da sich diese Darstellung an die 150 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 109f, Anm. 636-638. 151 Handschrift C, N. 152 ‘Schmutz, Unsauberkeit und Unreinheit’, war auch ein Euphemismus für ‘Teu- fel’. Lexer, Bd. 2, Sp. 1975. DWb Bd. 24, Sp. 544-555. 153 Lexer, Bd. 2, Sp. 1852. 154 Thomasset, Claude: Von der Natur der Frau, in: Duby/ Perrot 1993, S. 55-83, S. 67-69. 155 Kapitel 24. 156 So z. B.: Jungbluth 1983, Bd 2, S. 164. Bertau, Bd.2 1994, S. 448-455. 157 Die Bienenkörbe wurden außen und innen mit Kuhdung abgedichtet Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 162 f. Bertau, Bd.2 1994, S. 450. 190 der Schwangerschaft anschließt, wird der Zustand bei der Geburt158 dargestellt, der mit der Nahrung im Mutterleib korrespondiert. Die Metapher binstock deckt sich mit Bienenkorb,159 der gleichgesetzt wurde mit der geordneten Gesellschaft resultierend aus den altte- stamentarischen Beschreibungen, die Bienen mit Leben und Süße in Reinheit verbinden.160 Zwar wurde die ‘Bienengesellschaft’ als ‘männliche’ imaginiert,161 aber das Schimpfwort muss beide Ge- schlechter umfassen, weil es den Zustand der Geburt beschreibt. Wurmspeise definiert die begrabenen Toten, was auf Ecclesiaticus 10,13 hinweist162 und daher ebenfalls für beide Geschlechter gilt. Als männliches Schimpfwort identifiziere ich unlüstiger spülzuber, weil die Überlieferung des Frauenschimpfworts spulnapf163 ein klei- neres Volumen als der zuber charakterisiert.164 Für ein männliches spricht außerdem, dass diese Küchenarbeit nicht nur von Frauen, sondern auch von Männern ausgeübt wurde.165 Das Epitheton unlü- stig charakterisiert Leiblichkeit und innere Verfasstheit, die von ‘un- angenehm bis ekelhaft’ reicht, und auch ‘missvergnügt’166 umfasste. Leimen raubhaus entwirft eine Stätte von der Raub ausgeht oder in der er betrieben wird.167 Da Raub in der EDB nur Männern zuge- schrieben168 wird, ebenso in den deutschen Laienpredigten Bert- 158 Korrespondenzen zu Aussagen Augustinus' [†430] zur Geburt sind gegeben, der sie als Ort “von Urin und Kot” beklagte. Dalarun, Jacques: Die Sicht der Geistlichen, in: Duby/ Perrot 1993, S. 29-54, S. 35 mit Anm. 16. 159 Wehrhahn-Stauch, Lieselotte: Biene, Bienenkorb, in: LCI, Bd. 1, Sp. 299-301, Sp. 300. Lurker 1991, S. 91f. Mohr 1971, S. 51. 160 Ps 80,17: vnd satte sy von dem stain des honigs. Ri 14,8: Samson, der in ei- nem toten Löwen einen Bienenschwarm und Honig findet. Eccl 10,3: Wann die bien ist ein lútzel vnter den vogeln: und ir wucher hat den aneuang der súß. Die mittelalterliche Symbolik erkannte in ihr das Sinnbild der Reinheit. 161 Mohr 1971, S. 51. Ringeler, Siegfried: Die Bienenkirche, in: Ruh, Kurt: Die deutsche Literatur des Mittelalters, Verfasserlexikon, 2Berlin 1987, Sp. 859-863. 162 Eccl 10,13: Wann so der mensch stirbet: er erbet schlangen tyer vnd wurm. 163 Jungbluth 1983, Bd. 2, S.164. 164 Lexer, Bd 3, Sp 1162f. 165 DWb, Bd. 17, Sp. 225. 166 Lexer, Bd. 2, Sp. 1910. 167 DWb, Bd. 14, Sp. 231. 168 Deut 2,33-36: ... .vnd do wir gewunnen alle die stett Wir lissen kein ding ein in| on die vich die do waren zukumme in den dem teil der raubungen:vnd der rau- bungen der stett die wir viengend. Nahum 2,12-13: Der lew hat ... mit raub er- fúllt sein gruben: vnd sein schlaffkamer mit rauberey. Sich ich zu spricht der her gott der here: ... ich wik verwústen von der erde deinen raub. 191 holds von Regensburg169 werte ich raubhaus als männliches Schimpfwort. Dies gilt wie auch für stankhaus,170 welches in Form von horbin heusern in Hiob 4,19171 zum Tragen kommt, dort aber keine Menschenmetapher ist. Aufgrund der entworfenen Größen rechne ich zu den männlichen Schimpfwörtern auch kotfaß hinzu, da Fass auch in der EDB als männliches Leibbild172 verwendet wird. Das Schandwort glanzer unflat173 wird durch das zur Lichtsymbolik gehörende glanze174 verstärkt. Ich unterstelle, dass unflat175 im Zu- sammenhang mit der Aussage steht, dass jeder vollständige Mensch neun Leiblöcher habe,176 die unreinen und unlüstiger unflat abson- dern.177 K. Bertau dokumentiert für diese Löchermetapher nichtbibli- sche Quellen mit der allein der Mann dargestellt werde.178 Auch die Schimpfwörter blasebalg und unreiner lust sehe ich als männliche an, weil ihre Bildbereiche männliche Zuordnungen mehr als weibli- che nahe legen. Blasebalg definiert den Leib179 als Ort der Produkti- on von Luft,180 mit der die Vorstellung von Gestank und vulgären Ge- räuschen hervorgerufen wird, was eine Verbindung zu stankhaus herstellt. Ein unreiner lust konkretisiert umfassend ‘unreine Begier- den’,181 womit dann auch der geschlechtliche Bereich des Mannes 169 “Mit roube möhten sie uich (Frauen) niht hân gevangen...” Berthold von Re- gensburg: XXVI VON DEN VIER STRICKEN, Bd. 1, S. 408-423, S. 414. 170 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 163. 171 Hi 4,19: Wieuiel mehr die die do entwelet in den horbin heisers. 172 Ps 30,14: Ich bin gemacht als ein verlorns vaß| 1. Thess 4,4: Wann ditz ist der will gotz euwer heiligkeit das ir euch enthabt von der gemeinen vnkeusch:| das euwer ieglicher wisse zebesitzen sein vasse in heiligkeit und in eren: 2. Tim 2,21: Wann ob sich etlicher gereinigt von disen: der wirt ein vaß in eren gehei- ligt: vnd nútz dem herrn bereit zu allen guten werk. In verkleinert Form wird es auch für Frauen verwendet: Petri 3,7: Mit teylent die ere als den krenckern weiblichen veslein als auch entsamt den erben der genaden des lebens: ... So auch Maria: Salzer 1963, S. 17 und 565. DWb, Bd. 3, Sp. 1358-1361, Sp. 1360. 173 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 164. DWb, Bd. 24, Sp, 544-555, Sp. 552-555. 174 Lexer, Bd. 1, Sp. 1027f, 1032: ‘hell, schimmern, leuchtend und glänzend’. 175 Lexer, Bd. 2, Sp. 1975f. 176 Vergl. dazu die Replik hinsichtlich des Lobs der fünf Sinne des Kopfes. 177 Kapitel 24: ein jegliches ganz gewurtes mensche hat neun löcher in sinem lei- be, aus den allen so unreiner und unlüstiger unflat fleußet, das nicht unreiners gewesen mag. 178 Bertau, Bd.2 1994, S. 454. 179 DWb, Bd.1, Sp. 1084-1086, Sp. 1085. 180 Inwieweit auch Anblasen als Übertragung von Krankheiten mitgemeint ist, bleibt offen. HWDA, Bd. 1 (1921), Sp. 1354-1360. 181 Lexer, Bd. 1, Sp. 1991. 192 erfasst wird. Folglich wird mit sieben Schimpfwörtern der Mann be- schrieben. Mit der Zahl Sieben wird im Rahmen der negativen Zah- lensymbolik der Bereich der ‘vollkommenen’ Sünde definiert182, also wird absolute Unreinheit beschrieben, die im Neunlöcherbild noch- mals ihren Ausdruck findet. Die Beurteilung der austretenden Kör- persekrete hat zwar Korrespondenzen zu Beschreibungen des altte- stamentarischen Zustandes ‘unreiner Mann’. Dieser aber ist im Alten Testament nicht von Dauer, da er mit Reinigungsritualen zu been- den ist,183 mit denen Rechtsgehorsam gegenüber der Rechtsordnung ee zum Ausdruck kommt. Die Ausführungen des Tots definieren ei- nen Dauerzustand, mit dem das unreine Konzept des Mannes betont wird. K. Bertau bemerkt, die Ohren seien nicht bedacht worden,184 sie werden gleichwohl mit blasebalg konkretisiert. Die männlichen Schandwörter entwickeln mit den Bildbereichen Schmutz und Fäkali- en Vorstellung von Gestank, der das alttestamentarische Merkmal der Unreinheit ist.185 Die Beschreibungen des Mannes entwerfen ihn als widerwärtig für Augen, Ohren und Nase und durch die Verbin- dung zum Raub und seiner negativen Geschlechtlichkeit auch die Dimensionen eines negativen Gefühls, was mit der Verknüpfung der Kopfsinne und mit dem Herzen des ackermann korrespondiert. Das Neunlöcherbild kennzeichnet den Mann neben der negativen Sym- bolzahl Sieben auch mit der Neun, deren negativer Symbolwert als Zeichen des Unglücks, der Strafe und des Leids186 gedeutet wurden. Das unreine Konzept des Mannes vor dem alttestamentarischen Hintergrund der Rechtsordnung ee betrachtet, weist ihn als ungehor- sam aus, der im Bereich der Vergehen gegen die Gesetze der Rein- heit ansiedelt ist, was den Mann als ee-brecher kennzeichnet. Dem weiblichen Geschlecht gelten die verbleibenden elf Schand- wörter. Für die Frau wird die Sphäre der Verwesung gesteigert, was mit gemalte begrübniß ausgeführt wird. Das Bild entstammt dem Neuen Testament, es zeigt die Diskrepanz zwischen äußerem Schein und innerer Verfasstheit.187 Unwahrscheinlich ist, das die vor- 182 Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 484-585, Sp. 487f. 183 Lev 12,1-8; 15,1-32. Ausfluß aus Nase ,Ohren, Mund und Geschlecht. 184 Bertau, Bd.2 1994, S.451. 185 2. Ma 9,10: ... auch mit seinem stanck wart das her beswert. ... den mocht ny- mant getragen durch dez vntreglichen stanks wegen. 186 Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 581-589, Sp. 581. 187 Mat 23,27: seyt geleich den geweyssten grebern• die do seint auswendig scheinent schön den leuten. wann inwendig seint sy vol tottenbein vnd aller en- 193 reformatorischen Rezipienten den Bezug zu Mumienporträts oder bemalten Mumientüchern in der römischen Antike188 hergestellt ha- ben. Dieses neutestamentarische Bild lässt mit gemalte einen Bezug zur weiblichen Schminke zu. Eine weibliche Zuschreibung ist auch betrieglicher totenschein189 bzw. betrieglicher tockenschein190 zu er- kennen, denn tocke191 war ein weibliches Schmeichelwort. Die Hauptüberlieferung ist totenschein, womit eine Korrelationen zum alttestamentlichen gemeinen weib192 hergestellt wird, welches als Diskrepanz zwischen äußerem Schein und innerer Gestalt entworfen ist. Da der Tot aber allgemeingültige Aussagen macht, wird dieses negative Frauenkonzept für alle Frauen festgelegt. Auch das Frau- enschimpfwort faules aß193 ruft die Vorstellung von Verwesung her- vor, wobei die Mehrdeutigkeit von faul von verfault bis träge194 reichte. In ersterer Bedeutungen stellen in Kombination mit den altte- stamentarischen Aussagen zu aß, im Sinne von Ka- daver/Leichnam195 her, womit die Frau auf der ersten Ebene als ver- westen Leichnam beschrieben wird. Auf der zweiten Ebene wird ihr durch den Beisinn von faul auch die Scheu vor Arbeit unterstellt, was eine Parallele zum alttestamentarischen Konzept unweib196 herstellt. Stinkender leimtiegel197 ist wegen des Volumens des Gefäßes als weibliches einzuordnen. Zum Bereich der Fäkalien gehört harm- krug198 bzw. harnkruck (Harnkrug). Er wird als übelrichender199 be- zeúberkeit. Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 165. Bertau, Bd.2 1994, S. 453. 188 Germer, Renate. Die Mumifizierung, in: Schuz, Regine/ Seidel, Matthias (Hg.): Ägypten, Die Welt der Pharaonen, Köln 1997, S. 458-469, Abb. 84 und 87. 189 Alle andern Überlieferungen. 190 Handschrift H. 191 Lexer, Bd. 2, Sp. 1455f. DWb, Bd. 21, Sp. 1208-1213. Auch Schmeichelwort für ‘junges Mädchen’ DWb, Bd. 21, Sp. 1212. Auch als Prädikation der Gottesmut- ter überliefert: Lexer, Bd. 2, Sp. 1455: “dû himelischiu tocke”. 192 2.2.4 Die nichteheliche Geschlechterbeziehung, S. 149f, Anm. 1051-1061. 193 DWb, Bd.1, Sp. 6. 194 Lexer, Bd. 3, Sp. 559f. 195 Im Sinn von Kadaver: Lev 11,8: Noch entrúht die eser wann sie sind unrein”. In Bedeutung von Leichnam: Gen 50,3: Ernstlich ditz was die gewonheit der be- warten esser.. 196 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 137, Anm. 925, S. 138, Anm. 980. 197 Die Gefäßmetapher ist in der EDB keine für Menschen. Der Tiegel ist aus- schließlich Gefäß: Sach 14, 20: tigel; 1. Kön 2,14; Ezech 11,3: tegel. 198 Jungbluth 1983, Bd. 2, S.164. Jungbluth weist auf die Vertauschung von ‘m’ und ‘n’ im Auslaut in der Kanzleisprache hin und belegt die Überlieferung harm- krug als Schimpfwort für Frau. 194 zeichnet, was für die Überlieferung Harnkrug spricht, denn harm im Sinne ‘Schmerz und Leid’200 ist geruchlos. Die weiteren Gefäßmetaphern rücken die geschmähte weibliche Geschlechtlichkeit in den Mittelpunkt. G. Jungbluth legt bodenloser sack201 als Frauenschimpfwort offen, was mit der alttestamentari- schen Beschreibung des unweib202 korrespondiert. Da der Sinn von bodenlos die Bedeutungen ‘unersättlich’203 einschließlich sexueller Konnotationen hatte, erhält das Konzept der Frau die gleiche negati- ve Tendenz wie das alttestamentarische gemeine weib,204 nicht aber das des unweibs.205 Das Frauenschimpfwort Schimmelkast206 diffa- miert die weibliche Brust,207 wodurch das alttestamentarische Lob der Frauenmilch208 in eine Beschimpfung verkehrt wird. Übel- schmeckender eimer variiert das von Jungbluth belegte Frauen- schimpfwort stinkender eimer.209 Schimmelkast und übelschmecken- der eimer sind auf den Geschmacksinn ausgerichtet. Das Schand- wort übelschmeckender eimer stellt entweder den Bezug zu schim- melkast her oder zielt auf den genitalen Bereich, und wäre damit an obszöner Drastik nicht zu überbieten. Die Genitalmetaphern werden mit dem Schandwort locherete ta- sche210 fortgeführt, mit dem nicht nur das Geschlecht,211 sondern auch die Gebärfähigkeit der Frau diskriminiert wird. Gleiches wird auch mit unstetig leschtrog212 abgedeckt, wobei unstæte auf der er- 199 Dieses Epitheton spricht für harnkruck, Lexer, Bd.1, Sp. 1184. 200 Handschrift B, C, G, L, N, O, b. 201 Jungbluth 1983, Bd 2, S. 164. Lexer, Bd. 2, Sp. 562-564, Sp. 564. Das Wortfeld erstreckte von ‘morsch, durch Fäulnis verdorben, stinkend’, über ‘gebrechlich und schwach’ bis hin zu ‘träge’ 202 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 140, Anm. 978. 203 Jungbluth 1983, Bd 2, S. 164. 204 2.2.4 Die nichteheliche Geschlechterbeziehung, S. 151, Anm. 1063-1072. 205 2.2.2 Die Geschlechterordung Ehe, S. 140, Anm. 981. 206 Jungbluth 1983, Bd 2, S.164. 207 Lexer, Bd. 2, Sp. 1527f. Kasten war zwar Körpermetapher, im Besonderen aber für die weibliche Brust. 208 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 112, Anm 673-678. 209 Jungbluth 1983, Bd. 2, S.164. 210 Jungbluth 1983, Bd. 2, S.164. 211 Tasche war eine Umschreibung der Vulva. Lexer, Bd. 2, Sp. 1406f. 212 DWb, Bd. 12, Sp. 1181. 195 sten Ebene die nicht intakte Funktion des Behälters beschreibt. Auf der zweiten wird mit unstæte ‘ausschweifendes Leben’213 beschrie- ben. Das Gefäßbild leschtrog macht deutlich, dass mit ihm seine Funktion gemeint ist, denn er war mit Wasser gefüllt, und diente da- zu, die Temperatur von glühendem Eisen in einem Moment zu sen- ken.214 Mit dem Schimpfwort wird infolgedessen auch ein Ge- schlechtsakt definiert, der besonders obszön dargestellt wird. Unste- tig leschtrog verunglimpft die Geschlechtlichkeit der Frau, wie dies auch geitiger slunt beschreibt, das von G. Jungbluth als Frauen- schimpfwort belegt ist.215 Die Bedeutungen von geitig waren ‘gierig, habgierig und geizig’,216 die in der EDB als Aspekt von Unreinheit ausgewiesen werden.217 Slunt steht hier im Sinne von ‘Kluft und Ab- grund’, der übertragen worden ist auf ‘Kehle und Hals’,218 weil dieser Ausdruck auch für ‘Schlemmer und Schlinger’ benutzt worden ist.219 Geitiger slunt stellt weibliche ‘Abgründigkeit’ dar, die J. Dalarun für mittelalterliche Vorstellungen über das weibliche Geschlecht heraus- gearbeitet hat.220 Die elf Verbalinjurien entwerfen das Konzept der Frau im Rahmen Verwesung, Fäkalien und negativer Geschlechtlichkeit, das analog zum Männerkonzept entwickelt wird. Mit den Schimpfwörtern werden Bilder gezeichnet, die wiederum für Augen und Nase widerwärtig sind. An die Stelle der Ohren beim Konzept des Mannes tritt bei dem der Frau der Geschmack. Mit der Zuschreibung dieses Sinnes wird der Ekel des Frauenkonzepts zusätzlich gesteigert. Die elf Frauen- schimpfwörter markieren mit ihrem Zahlenwert, nicht nur Unvoll- kommenheit, sondern Sünde,221 die im Besonderen mit den Meta- phern der Brust und Vulva beschrieben wird. Diese drei Körperöff- nungen stehen in Verbindung zum negativen Symbolwert der Drei, 213 Lexer, Bd. 3, Sp. 1940. 214 DWb, Bd. 12, Sp. 1181. 215 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 164. 216 Lexer, Bd. 1, Sp. 1024. 217 So z. B.: Eccl 14, 9: Das aug des geittigen ist vnsetzlich :es wirt nit gesatt in dem taile der vnganckheit • biß daz er verwúst zemachen durr sein sele. 218 Lexer, Bd. 2, Sp. 991. 219 Lexer, Bd. 2, Sp. 991. 220 Dalarun, in: Duby/ Perrot, 1993, S. 30. 221 Die 11 gilt von ihrer Stellung in der Zahlenreihe als ad malam partem. Ihr Sinn liegt fest wie bei keiner andern Zahl. Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 678f. Meyer 1975, S.146. Endres 1951, S.202f. 196 als Zahl des Bösen.222 Auf der Folie der alttestamentarischen Rechtsordnung ee betrachtet, kann das Frauenkonzept des Tots als Rechtsungehorsam definiert werden, in dessen Mittelpunkt die Ver- gehen gegen die Gesetze der Reinheit stehen. Damit wird das Kon- zept der Frau in Form des gemeinen weibs analog zum Konzept des Mannes dargelegt. Mit der Beschreibung der toten Ehefrau des ak- kermann macht der her Tot eine Ausnahme von seinem Frauenkon- zept. Die Gottesmutter Maria erwähnt er nicht. Die zur Entschlüsselung der Anzahl der Schimpfworte hinzugezo- gene Zahlensymbolik bestätigt die verbalen Aussagen um die spiri- tuelle Dimension. Mit der Zahl Zwei (besmirter binstock und wurm- speise) präzisiert der Tot beide Geschlechter. Meyer/ Suntrup kon- statieren unter der Voraussetzung die Eins sei nicht als Zahl, son- dern als Ursprung der Zahlen verstanden worden, für die Zahl Zwei, dass sie die Abweichung bzw. die Zerstörung der UNITAS beschrei- be.223 Die zwanzig Verbalinjurien von ein mensche dokumentieren im Rahmen der Zahlensymbolik, dass sie als das „Zeichen des Irdi- schen und des Unglücks”224 verstanden werden konnten. Alle ausge- zählten Zahlen gestalten mit ihren Symbolwerten die alttestamentari- sche Kategorie Unreinheit, die der Tot mit seinen Schimpfwörtern als immerwährend beschreibt. Die Widerwärtigkeit der absoluten Un- reinheit ist mit den vier Sinnen des Kopfes wahrzunehmen, während sie der ackermann dagegen im Bereich der reinen Wahrnehmungen beschränkt. Im Referenzrahmen der Unreinheit bleibt in den Ausfüh- rungen des Tots offen, wie ein mensche den Seelenort himelige wo- nung nach tugend225 erlangen kann, da er sie nicht hat. Konsequent käme für ein mensche also nur der helle pein und strafe nach sün- den226 in Frage. Himmel, tugend und Hölle stellen den Bezug zu Gott her. Gleichwohl entwickelt der Tot mit seinen Schimpfwörtern nicht einen Bezug auf die alttestamentliche Rechtsordnung mit den Optio- nen Rechtsgehorsam oder Rechtsungehorsam, weil er mit ihnen sein allgemeingültiges Menschenkonzept entwickelt, mit denen die Wahl zwischen Rechtsgehorsam oder Rechtsungehorsam entfällt.. Infol- gedessen sind alle Menschen als absolut und immerwährend unrein, 222 Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 214-31, Sp. 229f. 223 Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 94-212, Sp. 97. 224 Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 669 675, Sp. 671. 225 Kapitel 14. 226 Kapitel 8. 197 ohne die Möglichkeit zu haben rein zu sein, denn ihre Konstitution ist mit ihrer Schöpfung festgelegt. Diese Position des Tots widerspricht nicht nur durch die Generalisierung den alttestamentlichen Positio- nen, sondern verkehrt die Schöpfungsqualität der Menschen und die Darstellungen des Schöpfers. Im Widerspruch zu alttestamentari- schen Aussagen ebenfalls, dass der Tot vom Alter227 behauptet: es taug[t] nichts.228 Auf der Grundlage der Konzepte von Mann und Frau erklärt der Tot für alle Menschen, alle ihre kühnste, hübschest und wirdigkeit229 für wirkungslos.230 Er behauptet: Schönheit muss eintweder das alter oder der tot vernichten.231 Schönheit wird folglich nur als äußere ver- gängliche beschrieben. Die alttestamentarische Konstruktion, dass Schönheit zugleich Reinheit zum Ausdruck bringt,232 spielt für den Tot keine Rolle. Schönheit ist für ihn nur augenlust, denn alles, das in der werlt ist eintweder begerung des fleisches oder begerung der augen oder hochfart des leben.233 G. Jungbluth zitiert zwar 1. Joh 2,16 mit dem lateinischen Text, stellt aber fest, dass der Vers nicht die unmittelbare Quelle sei, denn die Formulierung entstammte aus dem Buch der Liebkosungen.234 Der Text der EDB legt nahe, dass durchaus der Bibelvers als Grundlage der Aussage gedient ha- 227 So z. B.: Hi 12,12: Die weysheit ist in den alten: Hi 32,7: Wann ich versach mich das das alter redt lenger: vnd die menig der iar leret die weysheite. Spr 16,31: Das alter ist ein kron der wirdikit: die do wirt funden in den wegen des rechten. Eccl 25,7-8: O wie schön ist die weysheit der alten : vnd wunsam die vernufft vnd der rate. Die kron der alten ist manig lere : vnd ir wunniglich ist die vorcht gotz.. 228 Kapitel 20: Du meinest leicht, das alter sei ein edelhort? Nein, es ist süchtig, arbeitssam, ungestalt, kalt und allen leuten übel gefallen; es taug nicht und ist zu allen sachen entwicht: 229 Kapitel 24. Hier könnten sich die drei Zuordnungen sind auf die Schöpfungs- qualität zu beziehen, die mit der Dreizahl - der Zahl Gottes zum Ausdruck ge- bracht würde. Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 214 331, Sp. 216. 230 Dazu gehört auch Zauberei: Kapitel 6: Alle die meister, die geiste künnen bet- wingen, müßen uns ir geiste aufgeben und antwürfen. Die bilwis und die zaube- rinne künnen vor uns nicht beleiben: sie hilfet nicht, das sie reiten auf den krük- ken, das sie reiten auf den böcken. 231 Kapitel 20: Wann eines jeglichen mensche schöne muß eintweder das alter oder der tot vernichten. 232 2.2.1 Die weysheit, S 86, Anm. 386. 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 108, Anm. 627-629; S.128, Anm. 830-845; S.130, Anm. 855-876. 233 Kapitel 30. 234 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 205. 198 ben kann.235 Die drei Kategorien werden mit negativen Konsequen- zen verbunden: Aus dem Fleisch resultiert, hier im pejorativ sexuel- len Sinn, aus ihr entsteht bosheit wollust und sünde. Aus der Habe erwachse Verwegenheit und Angst, und aus der Hoffart das Begeh- ren nach Ehre, was als Eitelkeit236 markiert wird. Die Argumentati- onskette zeigt eine Nähe zu Markus 7,20-21237, die Verse beschrei- ben den Bereich der Unreinheit. Diese Ausführungen des Tots stim- men im Wesentlichen mit denen in den deutschen Laienpredigten Regensburgs überein.238 Aber auch eine Parallele zu Jakobus 1,15 ist festzustellen, weil der Vers den Zusammenhang zwischen Sünde und Tod herstellt.239 Der Tot stellt im Besonderen dar, dass mensch- liche Künste gegen seine Herrschaft nichts nützten. Er beschreibt sie, indem er neunzehn weibliche und drei männliche Künste perso- nifiziert, die in rechtskonforme240 Künste und in Wahrsagen und Zau- berei241 aufgeteilt sind. Bis auf die Aufnahme des juriste ist die Dar- stellungsform traditionell, wie A. Borst darlegt.242 Die Figuren können aufgrund der alttestamentarischen Unterscheidung zwischen ‘weiser’ Kunst243 und Zauberkunst in EDB244 in diesen Bezug gesetzt werden. 235 1. Joh 2,16: Wann alles das do ist in der werlt daz ist geitigkeit des fleischs: und geitigkeit der augen und hochfart des leben. 236 Kapitel 30: Die begerung des fleisch zu wollust, die begerung der augen zu gut oder zu habe, die hochfart das lebens zu ere geneigt sint. Von gut türstigkeit und forchte, von wollust bosheit und sünde, von ere eitelkeit müßen je komen. (türstigkeit Lexer, Bd. 2, Sp. 1587). 237 Mk 7, 20-21: Wann er sprach: ... die entzeubernt den menschen. Wann inwen- dig von dem hertzen der menschen geend auß bös gedanken: eebrechung• gemein vnkeuch •manschlacht •diebheit •arckheit •schalckheit•treikeit on scham• das bös aug •spott• hochfart•. 238 “Wan ez hôhvertigt einez ... von sîmen guote, einez von sîmen starken lîbe, einez von sîmen schoenen lîbe, ... einez von sîmen von sîner künste. ... Von der hôhvart kumet. manslaht unde vintschaft unde unkiusche, unde roub vil manic ander sünde, wan sie ist der schedlîchsten sünden einiu, die diu werlt ie gewan oder iemer mêr gewinnen mac. Berthold von Regensburg: XIII VON ZWELF SCHARN HERN JÔSUÊ, Bd. 1, S. 182-195, S. 192. 239 Jak 1,15: So die geitigkeit enphecht sy, gebiert die súnde: so die súnde wirt volbracht sy gebiert den tod. 240 Kapitel 26: Grammatica; Rhetorica; Loica; Geometrica; Arismetrica; Astronomica; Musica; Philosophia; Physica; Geomancia. 241 Pyromancia; Ydromancia; Astrologia; Ciromancia; Nigromancia; Alchimia; Notenkunst; Pedomancia, Ornomancia. Augur, Aruspex; Juriste. 242 Borst, Arno: Barbaren, Ketzer und Artisten, Welten des Mittelalters, München/ Zürich 1988, 7. Teil: Erfahrungen mit der Kunst, 21. Bild, Wort und Zahl bei Zer- claere, von, S. 429-447. 243 Eccl 38,36: ... vnd ein ieglicher ist weyse in sein kunst. Eccl 38,39: ... jn der werkung der kunst vnd suchent entsamt in der ee des höchsten. 199 In welchem Verhältnis die Figuren zu den Zwischenwesen weysheit und tumpweib der EDB stehen, konnte nicht ermittelt werden, da dies nicht thematisiert wird. Die Zahl neunzehn entsteht durch Addieren der weiblichen Figuren. Diese Art, die Zahlensumme zu erreichen, entspricht der Zahlensymbolik.245 Die männlichen Künste werden mit drei Figuren beschrieben, zu denen der juriste gehört. Die drei männlichen Künste kennzeichnen den negativen Symbolwert der Drei. Zahl aller Künste ist zweiundzwanzig, damit erreicht die Zahl die zweiundzwanzig Buchstaben des hebräischen Alphabets. 246 Da in der WENZELSBIBEL der verbotene Baum (Genesis 2,16) das holtze der kunst247 genannt wird, liegt es nahe, dass Tepl auf diese Definiti- on anspielt. Damit definiere der Tot die Künste als Folge des Sün- denfalls, womit er ihn nun auch, allerdings verdeckt, nennt. Aufgrund der entwickelten unreinen Konzepte für die Menschen ist das Resümee des Tots in sich nicht schlüssig. Er postuliert, dass al- les Zeitliche248 auf ‘Unbeständigkeit, Wankelmut und Untreue”249 er- richtet sei. Der böse’250 Wandel alle(r) ding251 zeige sich in allem, zumal sich vom recht die viel252 volkes gekert hätten und kennzeich- net damit, dass alle Menschen mehr zur Bosheit als zur Tugend neigten.253 Der Tot behauptet: Tut nu jemant ichts gutes, das tut er vns besorgend.254 Gutes geschieht also aus Frucht vor ihm, dem hern Tot. K. Bertau stellt die Ironie des Satzes heraus, mit der das Gegenteil von Hebräerbrief 2,15255 entfaltet werde. Der Vers lautet in der EDB ... vnd die erlost die in der vorcht des tods warn schuldig dem dienst durch alles leben. Wird die Aussage der EDB herange- zogen, dann setzt sich der Tot an die Stelle Christi., was nicht iro- 244 Wsh 17,7: ... vnd der zauberischen kunst waren zu gelegt die gespött. •vnd der das wuniglich laster ist ein zerbrechung der weysheit. 245 Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 668 f stellen für die Neunzehn fest, dass sie aus den Summanden 7+12 gebildet wird. 246 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S.117, Anm. 719-731. 247 WB Gen 2,9: Aber von dem holtze der kunst saltu nicht essen•. 248 Kapitel 32: die erde und all ir behaltung ist auf unstetigkeit gebaut. 249 Unstetigkeit: Lexer, Bd. 2, Sp. 1940. 250 Lexer, Bd.1, Sp. 499. 251 Kapitel 32. 252 Lexer, Bd.1, Sp. 2027. 253 Kapitel 32. 254 Kapitel 32: Tut nu jemant ichts gutes, das tut er vns besorgend. 255 Bertau, Bd.2 1994, S. 617. 200 nisch ist, sondern Anmaßung. Wird das Statement im Hinblick auf die alttestamentarische Gottesfurcht betrachtet, so positioniert sich der Tot an Gottes Stelle. Im Bezug zur Welt behauptet der Tot in ihr fände sich nur eitel- keit,256 der alle Menschen verfallen seien,257 wodurch eine Nähe zu Prediger 2,11258 hergestellt wird. Eitelkeit habe negativen Wirkungen auf die Seele.259 Die Aussage entspricht Prediger 1,14.260 Der Tot postuliert auch wann es zu spate wirt, so wellen ... alle frum wer- den,261 was auf Weisheit 5,2-3262 zugeführt werden kann. Beide alt- testamentarischen Verse charakterisieren Rechtsungehorsam, sie entsprechen folglich nicht der allgemeinen Aussage des Tots. Der Tot stellt darüber hinaus fest, dass das Leben des Mannes keine Spuren hinterlasse: Ir leib, ir kinde, ir weib, ir ere, ir gut und alles ir vermügen fleußet alles dahin, mit einem augenblick verswindet es.263 Spurlosigkeit wird allein im Zusammenhang mit Rechtsungehorsam in Weisheit 8,9 entwickelt.264 Die Generalisierung des Tots ist folglich erneut eine Verkehrung alttestamentarischer Positionen. Der Tot verurteilt ebenso das Streben nach materiellem Reich- tum.265 Hier sind Parallelen zu Prediger 2,4-9266 zu erkennen. Der 256 Kapitel 32: Alle menschen (sind) mit all irem gewürk voll eitelkeit wor- den..Handschrift D, J, K, M verwenden den Begriff “uppigkeit”, der auch in der EDB benutzt wird. 257 Kapitel 32. 258 Pr 2,11: Vnd do ich mich het vmbkert zu allen den werken die mein hend hetten gemacht•vnd zu dem arbeiten in dem ich het geswitz vppiglich: ich sach die vppigkeit in allen dingen vnd in die quelung des herzen: vnd nichts zubeleiben vnter dem sunn. 259 Kapitel 32: Das ist alles eitelkeit über eitelkeit und beswerung der sele. 260 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 222. Bertau, Bd.2 1994, S. 618. EDB: Ich sach alle ding die do warn vnter der sun: vnd secht alle ding seint vppig vnd ein quelung des geistes. 261 Kapitel 32. 262 Wsh 5,2-3: Sehent werdent sy betrúbt mit fraißlicher vorcht: vnd wunderent sich in der geche der vnuersehenden behaltsam: vnd sufftzen von der angste des geistes: sy sagent vnter in •wir machen puße • vnd seuftzen von der angst des geistes. 263 Kapitel 32: Ir leib, ir kinde, ir weib, ir ere, ir gut und alles ir vermügen fleußet alles dahin, mit einem augenblick verswindet es, mit dem winde verwischt es; noch kan der schein noch der schate nicht beleiben. 264 Wsh 8,9: Was nutzt vns die hochfahrt: oder die erhebung der reichtum waz bracht sy vns? All ding vber gent als der schat vnd als ein vor lauffender bott. 265 Kapitel 32: große herrensölden bauen, pflanzen und pelzen, baumgarten ma- chen; ackern das ertreich, bauen weinwachs, machen mülwerk, fischerei, 201 Tot stellt fest, dass die Erde nach Gold und Silber durchgraben wer- de,267 was Bezüge zum Buch Hiob268 zeigt. Die Bemerkung, mit Streit und Raub werde das irdische Gut vermehrt,269 zeigt Nähe zu Amos 3,10 und Nahum 2,12.270 Das Argument, dass der Mensch nicht wisse, wann er sterbe,271 entspricht der Aussage von Prediger 2,9272 wie G. Jungbluth und K. Bertau273 belegen. Berücksichtigt werden muss aber, dass die alttestamentarische Aussage auf der Vorstellung beruht, Gott bestimme die Lebensdauer, während der Tot behauptet, diese obliege allein ihm, denn jeder Mensch sei ihm ein sterben schuldig274, ohne Ansehen der Person.275 Hier besteht zwar eine Korrelation zu Weisheit 7,11-12,276 die sich allerdings nur weidwerk und wildwerk; große herte vichs zusammentreiben, vil knechte und meide haben, ... goldes, silbers, edel gesteines, reiches gewandes und allerlei ander habe heuser und kisten vol haben; wollust und wünnen pflegen, darnach sie tag und nacht stellen und trachten. Alles ist es ein eitelkeit. 266 Pr 2,4-9. Ich michelicht mein werck. Ich baute mir heuser vnd pflantzt weinger- ten: ich machte gerten vnd baumgerten vnd ich zweiget sy mit manchicher hant geschlecht der baum: ich macht mir weyer der wasser daz ich wesserte den wald der keimenden holzer. Ich besasse knecht vnd dirnen• vnd het vil ingesin- des: vnd vihs vnd michel herte schaff. Ich hauffte mir das silber vnd das gold: ... Ich machte mir singer vnd singerin vnd die wolluste der sun der leute. 267 Kapitel 30: berg und tal, stock und stein, walt und gefilde, alpen wiltnüß, des meres grunt, der erden tief durchtreiben durch irdisch gutes willen ... schechte, stollen und tiefe funtgruben in die erden durchgraben, der erden adern durch- hauen, durch glanzerze suchen, ... 268 Hi 28,1-2: Das silber hat die anueng seiner adern: vnd die stat ist dem gold in der geschmeltzt. Daz eisen wirt genommen von der erd vnd der stein der do ist entbunden von der hitz der wirt gekert in die speys. Hi 28,9-11: Er strackt sein hand zu dem kysling: er verkert die berg von den wurtzen. er hieb aus die floß in die steinen vnd sein aug daz sach ein ieglich ding. Vnd er ersucht die tieffen ding der floß: vnd fúrfúrt die verborgen ding an das liecht. 269 Kapitel 32: Mit kriege , mit raube gewinnen sie es. 270 Am 3,10: Vnd sy wissent nit zethun das recht spricht der herr: sy schetzten die vngangheit vnd den raub in iren heusern. Auch zu Nah 2,12: Vnd hat mit raub erfúllt sein gruben: vnd sein schlaffkamer mit rauberey. 271 Kapitel 32: Noch ist das allergrößte, das ein mensche nicht gewissen kann, wann wo oder wie wir über es urbüzlich fallen, es jagen zu laufen den weg der tötlichen. 272 Pr 9,12: Der mensch wais nit sein ende: wann als die vische werdent gefangen mit dem angel•vnd als die vogel werdent gefangen mit dem strick• ... 273 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 223. Bertau, Bd.2 1994, S. 641. 274 Kapitel 20: jegliches mensche ist uns ein sterben schuldig und ... angeerbt zu sterbe. 275 Kapitel 30: Die bürde müßen tragen herren und knechte, man und weib, jung und alt, reich und arm, gut und böse ... 276 Wsh 7,11-12 Vnd mit einer gleichen pein wart gequelt der knecht mit dem herr: vnd der gemain mensch der leide gleich ding mit dem kúnig. Darumb zeglei- cherweys hetten sy all vnzehlig tote mit eim namen des dotes. 202 auf die rein formale Aussage beschränkt, denn die Konstruktion des Tots beruht abermals auf den Anspruch seiner Eigenherrschaft. Die Aufforderung des Tots an den ackermann, Jedoch kere von dem bösen, tue das gute, suche den fride und tue in stete,277 ist, wie G. Jungbluth278 darlegt, entsprechend Psalm 33,15279 formuliert. Nach den Ausführungen des Tots kann der ackermann der Direktive nur auf der Konstruktion der Furcht vor dem hern Tot folgen. Mit die- ser auf den Tot konzentrierten Furcht wird die alttestamentarische Furcht vor Gott, die Ausdruck der Herrschaftsakzeptanz ist, abgelöst und damit zugleich auch der Rechtsgehorsam gegenüber der göttli- chen Rechtsordnung. Der Bezug auf Psalm 33,15 legt im Zusam- menhang mit dem Tot abermals seine Anmaßung offen. Allgemein benutzt der Tot alttestamentarische Aussagen über den Rechtsungehorsam, um das Menschengeschlecht generalisierend zu diffamieren, das er mit seinen vulgären Schimpfwörtern als absolut unrein präsentiert. Für verallgemeinerte Beschreibungen über die Menschen werden zwar alt- und neutestamentarische Positionen verwendet, die aber allein die auf menschlichem Willen beruhende Gottferne beschreiben, die im alttestamentarischen Bereich aus dem Rechtsungehorsam resultiert. Mit den Verallgemeinerungen des Tots aber wird der freie Willen der Menschen ausgeklammert, der sie da- zu befähigt sich für die göttliche Herrschafts- als Rechtsordnung zu entscheiden. Folglich stellt das Menschenkonzept des Tots eine Ver- kehrung des biblischen dar. Wie in der EDB charakterisiert der Tot seine Eigenherrschaft im Bezug auf Menschen mit Bildern und mit personalen Beziehungen. Er beschreibt sich als netz.280 Vor dem alttestamentarischen Hinter- grund verdeutlicht das Bild, die Hinterlist des tumpweibs 281 Er nennt sich auch Mäher,282 der Blumen und das Gras 283 schneidet. Hier be- 277 Jedoch kere von dem bösen und tue das gute, such den fride und tue in stete, ... 278 Jungbluth 1983, Bd. 2, S.223. 279 Ps 33,4. Ker dich von dem vbel vnd tu das gut: such den frid vnd nachfolg im. 280 Kapitel 26: ein mensche muß in unsere netze fallen mit unserm garn muß es gezücket werden. 281 2.2.3 Das tumpweib, S. 146, Anm. 1024. 282 Kapitel 16: Rechte würkender meder ... 283 Kapitel 16: Unser sense geet für sich ... und allerlei glanzblumen und gras hau- et sie. 203 nutzt er alttestamentarische Bilder für die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens, die von G. Jungbluth als auf Hiob 5,26 und Jeremia 9,22284 zurückgehende identifiziert hat. In der EDB kommt das Bild an weiteren Stellen des Alten Testaments vor,285 dort wird ‚mähen’ mit ‚das schnitte’286 bezeichnet. Matthäus 13,39-40 charak- terisiert das schnitte als die volendung der werlt und die schnitter das seint die engel. Der Tot beschreibt aber nicht als Todesengel, denn mit dem neutestamentarisches Bild wird der Sinn der Rechtsfigur Amt entworfen. Der Tot aber positioniert sich aufgrund seiner Eigen- herrschaft als autonom. Mit ausreuten und ausjeten287 beschreibt er sich verdeckt als Gärtner, damit mit einer neutestamentarischen Be- zeichnung für Christus.288 Der Tot vergleicht sich mit der Sonne289 und benutzt deren Gestaltung gemäß Matthäus 5,45.290 Die Intention der Sequenz entspricht durchaus auch Psalm 84,12: Die gerechtig- keit schahtet vom himmel,291 was ein Gottesbild darstellt. Für die Darstellungen eines personalen Verhältnisses zum unrei- nen Menschen verwendet der Tot weitere biblischer Aussagen. Er stellt sich verdeckt als Vater dar,292 also mit einer für Gott293 gelten- den Definition. Wie das Kindschaftsverhältnis zustande kommt er- läutert er nicht. Er beschreibt sich als Richter,294 und zwar als 284 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 104 . 285 Ps. 90,6: Sy vbergeht als das kraut an dem morgen: frú blút es vnd am abent vbeget es: es vellt es erhertent vnd es dorrte Ps 102,15 vorhanden:... der mensch ist als das hew, sein tag seint als die blume des ackers alsust nymbt er ab. 4. Kö 19,26: ... Vnd sind geschemlicht sy sint gemacht als das hew des ak- kers•vnd das gröne kraut der decher: das do ist durre ee denn es kumpt zu der zeytlickeit. 286 Jes 17,6. Das schnitt wirt abgenomen an dem tag des erbs: vnd betrúbt sich schwerlich. 287 Kapitel 8. 288 Joh 20,15: ... wann sy wont das es wer ein gartner. Christus als Gärtner ist ein Motiv der bildenden Kunst seit dem 11. Jahrhundert. Diemer, Peter: Gärtner, in: LCI, Bd. 2, Sp. 81f. 289 Kapitel 6: die scheinet über gute und böse: wir nemen gute und böse in unseren gewalt. 290 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 50, Zitat in Lateinisch. Mt 5,45: ... vatters der in den himmeln ist• der seinen sune macht scheinen vber die guten und die vbeln: vnd regent auf die gerechten vnd die ungerechten. 291 Luther: DEnn Gott der HERR ist Sonn vnd Schild ... 292 Kapitel 2: Anrede ‘sun’ für den ackermann . Kapitel 4: Anrede ‘tochter’ für die Verstorbene. 293 So z .B: Wsh 12,7: ... der kinder gots ... Matth 5,9: ... die sún gotz. 294 Kapitel 16: Falsches gerichte bezeichnetu uns; uns tustu unrecht. 204 ‘selbsturteilender Richter’, womit er sich in die Herrschaftsposition Gottes295 positioniert. Diese Stellung wird betont durch rechtfertig296 und rechtfertigkeit,297 die für alle Menschen gleich sei.298 Der Rechtsinhalt von rechtfertig war ‘gerichtlich entscheiden’, rechtfertig- keit definierte ‘Rechtsgleichheit’.299 Auch aus dem Bereich des Handels schöpft der Tot seine Bezie- hungskonstruktionen was mit der Aussage, dass das Leben ein ge- schefte sei, das mit der Geburt durch leikauf300 abgeschlossen wer- de. Die Rechtsfigur ‘Geschäft’ hatte den Sinn von Kaufhandel.301 Leihkauf kennzeichnete den Vertragsabschluss mittels einer Geldga- be, die zur Sicherung der Vertragserfüllung erbracht werden muss- te.302 Der Tot deklassiert hier das Leben als seine Handelsware, was allen biblischen Vorstellungen ebenso widerspricht, wie die des Tots als Händler. Das Leben wird auch als Pacht bzw. Miete charakteri- siert: Was ein mensch entlehent das sol er wider geben. Mit entleh- nen wird die Rechtsfigur mit der Bedeutung ‘entleihen’ und auch im Sinn von ‘borgen’ entworfen.303 Dieses Rechtsgeschäft stellte befri- stet etwas zum Gebrauch zur Verfügung, mit der die Verpflichtung der Rückgabe verbunden war.304 Die Ausführung beschreibt Leih- handel,305 mit dem sich der Tot als ‘Leiher’306 bzw. ‘Entlehner’307 prä- 295 2. 1 Herrschafts- und Geschlechterordung in Genesis 1 bis 4,1, S. 64, Anm. 233-235. 296 Kapitel 2. 297 Kapitel 16. 298 Kapitel 6: Wir wellen beweisen, das wir rechte wegen, rechte richten und rechte faren in der werlt: niemands adels schonen, großer kunst nicht achten, keinerlei schön nicht ansehen, gabe, liebe leit, alter, jugent und allerlei sachen nicht we- gen wir. 299 gerecht’fertig: 1. jemanden vor Gericht ziehen, 2. gerichtlich entscheiden. Ge- rechtfertigkeit: “ wann wir von desheiligen reiches wegen den armen als den reichen recht tun wollen und nit meynen zu staden , daz yman engelichen ge- schehe , dan daz die gerechtfertigkeit glich eyme als den andern wiedervare (1363 )”, zitiert nach DRWb, Bd. 4 (1939), Sp. 270. 300 Kapitel 20: Als balde ein mensche geboren wirt, so hat es den leikauf getrun- ken, das es sterben sol. 301 DRWb, Bd. 4 (1939-51), Sp. 418-424, Sp. 423. 302 DRWb Bd. 8 (1984-1991), Sp. 1174 und 1216-1221. Lexer, Bd. 1, Sp. 1940. DWb. Bd. 12, Sp. 693f. 303 DRWb, Bd. 1 (1932), Sp. 1575f. Sachenspiegel: “wer borgert oder entlehnet...” Zitiert nach DRWb. 304 DRWb, Bd. 8 (1984-1991), Sp. 1166-1170. 305 DRWb, Bd. 8 (1984-1991), Sp. 1173. 205 sentiert, was ebenfalls nicht biblischen Konstruktionen entspricht. Als zolner,308 womit auf eine neutestamentarische Figur zurückgegriffen wird, verlangt er das Leben als Gebühr. Als ‘Walker’309 bezieht er sich auf einen Veredelungsprozess für Wollstoffe, der im Bezug auf den Leib diesem Fett und Wasser entzieht, ihn so auf Haut und Kno- chen reduziert. Der Tot behauptet die Vergänglichkeit von Leben und Leib, was der alttestamentarischen Aussage der Unvergänglichkeit der Schöpfung Gottes widerspricht.310 Der Tot führt aus, er habe weder Leben und Leiblichkeit noch ei- nen Ort, sei aber auch kein geist.311 Er sei vielmehr des lebens ende, des wesens ende, des nicht wesens anfang, ein mittel zwischen ihn beiden.312 Die Verbindung ende und anfang wird von K. Bertau als Opposition interpretiert, wobei die Formulierung ein mittel zwischen den beiden eine sich widersprechende Aussage zu ende und anfang definiere, da die Möglichkeit ein “Mittel-Sein” zwischen “Sein und Nichts” von Aristoteles verneint werde.313 Ch. Kiening sieht dagegen ein mittel als Prinzip eines “transitus”,314 das der Autonegation durchaus “Subtilität”315 gäbe, die sich aber nicht einfach an die Kon- tinuität christlicher oder auch älterer philosophischer Definitionen an- schließe. Er führt für ende, anfang und mittel an, dass möglicherwei- se Darstellung auf neuplatonische Vorstellungen “des absoluten Ei- nen” zurückzuführen seinen.316 Beide Forschungspositionen greifen auf nicht biblische Argumentationen zu, gleichwohl kann die Se- 306 DRWb, Bd. 8 (1984-1991), Sp. 1171. 307 DRWb, Bd. 2 (1932), Sp. 1176. 308 Kapitel 22: dem alle menschen ir leben zollen und vermauten müßen. Zollen in der Bedeutung von ‘zahlen’, Lexer, Bd. 3, Sp. 1148f. Vermauten im Sinne von war ‘bezahlen’. Lexer, Bd. 3, Sp. 184. 309 Kapitel 22: Jeder mensche muß von uns umbgestürzet und in unserm walktroge gewalken und in unserm rollfasse gefeget werden. 310 Pr 3,13-14: Ich lernt das alle die got tet, beliben ewiglich. ... Daz do selb beleib: daz do ist gemacht. 311 Kapitel 16: Wir sein nichts und doch etwas. Deshalb nichts wann wir haben weder leben noch wesen noch gestalt noch unterstand haben, nicht geist sind, nicht sichtig sein, nicht greifbar sein. 312 Kapitel 16: deshalben etwas, wann wir sein des lebens ende, des wesens ende, des nicht wesens anfang, ein mittel zwischen ihn beiden. 313 Bertau, Bd.2 1994, S, 310f. 314 Kiening 1998, S. 218 mit Anm. 123, Bertau, Bd 2 1994, S, 309-131. 315 Kiening 1998, S. 219. 316 Kiening 1998, S. 220 mit Anm. 131. 206 quenz auf biblische Aussagen zurückgeführt werden: Es wird argu- mentiert, mit dem Ende des Lebens gehe auch das Ende des we- sens einher. Das DWb erklärt die Bedeutung von wesen im 14. und 15. Jahrhundert hauptsächlich als ‘Beschaffenheit, Art und Status’, einschließlich der Konnotationen ‘stoffliche Substanz, Stoff, Mate- rie’.317 Die Bandbreite der Bedeutungen von wesen lassen ‚Leiblich- keit’ erkennen. Die Aussage des Tots präzisiert dann Leben und Leib als aufeinander bezogen. Damit ist dann eine Verbindung mit Gene- sis 2,7 der EDB hergestellt, die die beiden Schöpfungsakten Leib und Leben beschreiben.318 Der Tot charakterisiert sich als ein mittel des nicht wesens anfang. Diese Formulierung kann aufgrund der Personifikation des Tots personal im Sinne ‘Mittler’319 verstanden worden sein. Die vom Tot ausgelösten Schlusspunkte markieren den Beginn der Körperlosigkeit, also den anfang des nicht wesens. Mit ihr geht abermals eine Verbindung mit Genesis 2,7 einher, die mit dem Hinzukommen der Seele320 entfaltet wird. Die Formulierung des nicht wesens anfang charakterisiert demnach die durch den Tod freige- setzte Seele. Das entspricht der vorreformatorischen Vorstellung, die auf Abbildungen der Kreuzigung Christi durch die Seelen der beiden Schächer mit kleinen nackten Figuren zum Ausdruck kommen. Sie treten aus deren Kopf hervor und werden von einem Engel und ei- nem Teufel in Empfang genommen. E. Lucchesi Palli bezeichnet dies als “Seeleneinholung”.321 Engel und Teufel wurden, als “Seelen- begleiter”322 vorgestellt. Der Tot als Mittler entspricht also durchaus vorreformatorischen Ansichten, denn der Tod ermöglicht es den „Seelenbegleitern”, die Seelen in den Himmel oder die Hölle zu füh- ren. Der Tot behauptet aber darüber hinaus, dass alle wesen die le- ben haben, müssent von uns verwandelt werden.323 Er präsentiert sich als ‘Wandler’ des Leibes, welcher der Seele des nicht wesens anfang ermöglicht, Vor dem neutestamentarischen Hintergrund ge- winnt der Tot als Wandler eine erweiternde Dimension, die mit 317 DWb, Bd. 29, Sp. 507-581, S. 511. 318 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis1 bis 4,1, S. 45, Anm. 82-87. 319 Lexer, Bd.1, Sp. 2186. 320 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis1 bis 4,1, S. 45f, Anm. 88-91. 321 Lucchesi Palli, Elisabeth: Schächer, in: LCI, Bd. 4, Sp. 56-58. 322 Angenendt 2000, Engel S.149, 151, 246, 254, 669f, 697,701f. Teufel, S. 254. 323 Kapitel 16. 207 Philipper 3,20-21 in Beziehung gesetzt werden kann. Diese Verse beschreiben, die Wiedererschaffung des Leibes im Himmel durch Christus, der ihn dort widerbildet.324 Als Wandler beansprucht der Tot so die Position Christi. Die Gottes- und Christusbilder im Rahmen der Selbstbeschrei- bungen des Tot sind Anmaßung. Seine Ausführungen über die Kon- zepte von Mann und Frau widersprechen den alttestamentlichen Be- schreibungen. Mit seinen Verallgemeinerungen über die Unreinheit der Menschen nimmt er ihnen die Möglichkeit die Gesetze der Rechtsordnung zu befolgen, und lässt ihnen nur den Weg aus Furcht vor dem hern Tot ‘tugendhaft’ zu werden. Welche Bedingungen für Tugend(en) gesetzt werden, wird nicht konkretisiert. Die ‘Todes- furcht’ löst die Furcht vor Gott und seiner Rechtsordnung ab. Die personalen Beziehungen zwischen Mensch und Tot beruhen auf Ei- genherrschaft über das Leben, die im Alten und Neuen Testaments allein Gott zusteht. Damit entfällt auch das personale Verhältnis zwi- schen Gott und Mensch, dem sich der ackermann sicher ist. Anhand der Darlegungen des Tots erkennt der ackermann, resultierend auf alttestamentarischen Aussagen, folgerichtig: under warheit falsch micht ir mir ein.325 Die Feststellung hat eine Nähe zu Psalm 118,42: Ich antwort den die mir itwitzen das wort: wann ich versach mich an deinen (Gottes) worten. Die Positionen der Argumente des acker- mann sind alttestamentarisch begründet. Die des Tots stammen überwiegenden aus dem Alten und Neuen Testament. Bei seinen Selbstdarstellungen kommt dabei die Inanspruchnahme von Gottes-, weysheit- und Christusbildern zum Ausdruck, womit er zugleich seine Eigenherrschaft über das Leben beschreibt. Mit diesem Anspruch werden die biblischen Aussagen ebenso ins Gegenteil gekehrt, wie mit seinem absolut unreinen und obszönen Menschenkonzept, das den alttestamentarischen Rechtsgehorsam ausschließt. Die Herr- schaftskonstruktionen von ackermann und Tot basieren auf der Herr- schaft Gottes. Herrschaft kommt auch in den Anreden in Tepls Text zum Ausdruck. Die Herrschaftsverhältnisse im ACKERMANN werden in den Anre- den präsentiert. Es wird herausgearbeitet, ob sich mit ihnen Bezüge zu Herrschaftsdarstellungen in der EDB erschließen lassen. 324 Phil 20-21: Wann vnser wandelung ist in den himmeln. Douron wir beyten des behalters vnsers hern ihesu christi: derdo widerbildet den leib ... 325 Kapitel 11. 208 Die im ACKERMANN benutzten Anreden und Selbstpräsentationen von ackermann, Tot und Gott verdeutlichen sowohl die im Text zu- grunde gelegten Herrschaftspositionen als auch die Figuren selbst. Wie herausgearbeitet wurde, wird der ackermann auf dem alttesta- mentarische Konzept als weiser Mann entworfen, der Gott als Herr- scher und Richter gemäß der Vorgabe der Bibel mit Du anspricht.326 Mit der Anrede kommt offensichtlich die Verbundenheit zwischen Schöpfer und Geschöpf, wie es Genesis 1 darstellt, zum Ausdruck. Für die Anrede des Tots verwendet der ackermann den ‘Amtstitel’ her an und redet ihn in der 2. Person Plural an, was Ehrismann „Ihr- zen“327 nennt, da er den Tot als Amtmann Gottes betrachtet.328 Eh- rismann belegt für „Ihrzen“,329 dass mit der Anredeform der Standes- unterschied zum Ausdruck gebracht wurde, mit der eine Ehrung330 verbunden gewesen sei. Dieser Aspekt ist aus den Reden des ak- kermann nicht zu entnehmen, denn der ackermann gibt seiner Ab- scheu vor den Positionen des Tots mit Pfei, euch, böser schanden- sack331, (Handschrift I schanden schalk) bekannt. Das „Ihrzen“ des ackermann dokumentiert die Herrschaftsebene zwischen ‘Amtmann’ und Beherrschten und die Tatsache, dass der ackermann die zeitge- nössische Etikette einhält. Der Tot, der sich als Eigenherrscher mit dem Titel her präsentiert, beansprucht für sich den Majestätsplural, der seine Herrschaft332 unterstreicht, wie schon K. Burdach betont hat.333 Ehrismann belegt den Majestätsplural ab Ende des 14. Jahrhunderts, der als schablo- nenhafte Selbstdarstellung fürstlicher Personen diente.334 In Fast- 326 3.1 Herrschafts- und Geschlechterkonzepte S. 176, Anm. 28f. 327 Kapitel 1: her Tot, euch sei geflucht! 328 Kapitel 1: got, euer tirmer; Kapitel 5: Got beraube euch euer macht; Kapitel 11: Got, der ... euer gewaltiger ist. 329 Ehrismann (1903), Bd. 2, S. 145; Bd 5 (1903/04), S. 145. Die Dichtung Tepls ist nicht in den Untersuchungen enthalten, da ihre neuere Forschungsgeschichte erst 1918 beginnt. 330 Ehrismann (1903), Bd. 2, S. 147. Bd. 5 (1903/04), S. 219: “Da die Anrede mit Ihr eine Ehrung war”. 331 Kapitel 25. 332 Kapitel 16: Wir Tot, herre und gewaltiger auf erden, in dem luft und meres streum; Kapitel 33: Dannoch beleiben wir Tot hie herre. 333 Burdach (1926), Bd. 3, 1. Teil, S. 171f. 334 Ehrismann (1903/04), Bd. 5, S. 216-218. Die allgemeine Einführung in die offi- zielle deutsche Geschäftssprache liege am Ende des 15. Jahrhunderts und sei als Einfluss des Frühhumanismus zu werten, der sich wieder am klassischen Rhetorikstil Ciceros orientiert habe. 209 nachtsspielen aber sei er benutzt worden, um Herrschaftskritik zu üben und Anmaßung darstellen. Sein angeführtes Zitat “Wir groß- mächtiger Türk ...”335 hat Parallelen zur Aussage des Tots: Wir Tot, herre und gewaltiger auf erden, ...336 Tepl inszeniert offenbar mit dem Majestätsplural, im Zusammenhang mit den obszönen Aussagen des Tots, eine Diskrepanz, die durchaus als Herrscherkritik zu sehen ist und ironische Aspekte enthält. Das Herrschaftsverhältnis337 des Tots zum ackermann charakterisiert Tepl mit der Anrede „Du“, was der Ständeordnung entspricht. Seine Missachtung gegenüber dem ak- kermann bringt der Tot mit Esel und dorfweiser götling338 zum Aus- druck. Beide Schimpfwörter sollen zugleich die Unwissenheit des ak- kermann herausstellen, die der Tot unterstellt. Mit ihnen wird auch dem alttestamentarischen Konzept ‚weiser Mann’ des ackermann vom Tot eine Absage erteilt, womit einhergeht, dass der Tot alle Ar- gumente des ackermann als dumme entlarven will. Im 33. Kapitel gestaltet der Autor die Selbstdarstellung Gottes mit dem Majestätsplural.339 Dieser entspricht den Aussagen der Schöp- fungsberichte. In den Überlieferungen des ACKERMANN wird der Ma- jestätsplural Gottes wie in der EDB klein geschrieben, er signalisiert dadurch Vertrautheit. Dagegen stellt der Majestätsplural Gottes in der Lutherbibel durch die Großschreibung eine Distanz her. Außer in A. Bernt/ K. Burdachs340 kritischer Ausgabe des ACKERMANN wird in Transkriptionen, bereinigten Texten,341 kritischen Ausgaben,342 Kommentaren und Übersetzungen ins Neuhochdeutsche343 schrei- ben den Majestätsplural mit einem großen Anfangsbuchstaben. Die anachronistische Schreibweise suggeriert eine Kontinuität der Di- 335 Ehrismann (1933), Bd. 5, S. 205: “Ganz protzig tritt der Großtürk auf mit Wirzen: Wir großmächtiger Türk von hoher gepürt, Uns hat kein übel noch nie an gerürt” . 336 Kapitel 16. 337 Ehrismann (1901), Bd. 1, S. 117-149, S. 114. 338 Kapitel 24. 339 Kapitel 33: von Uns sei verlihen, von Uns zu lehen, Uns pflichtig ist zu geben. 340 Bernt/ Burdach 1907, S. 8 5f. 341 Schröder Bd.1 (1987), S 10, 12, 13, 16, 122. 342 Jungbluth 1969, Bd. 1, S. 131f. Bertau, Bd.2 1994, S. 654. 343 Der Ackermann und der Tod, Ein Streitgepräch von Johannes von Tepl, Ins Neuhochdeutsche übertragen von Krogmann, Willy, Frankfurt a.M. 1981 S. 48. Johannes von Tepl: Der Ackermann und der Tod, Text und Übertragung von Genzmer, Felix, Stuttgart 1984 im kritischen Text klein geschrieben, S. 64, da- gegen in der Übertragung groß, S. 65. 210 stanz zu Gott, welche die spätmittelalterliche EDB und der AK- KERMANN nicht herstellen. Im 33. Kapitel spricht Gott den ackermann und den Tot in der 3. Person Singular an. A. Keller belegt, dass die Anredeform im 16. und 17. Jahrhundert eine Auszeichnung344 gewesen sei. Ob dies auch für das frühe 15. Jahrhundert gilt, bleibt offen. Festzustellen ist, dass ak- kermann und Tot als Geschöpfe gewertet werden, weil Gott sie gleichlautend anredet. Damit wird die Herrschaft Gottes über acker- mann und Tot gekennzeichnet. Die Anreden und Selbstdarstellungen dienen zur Differenzierung der personalen Herrschaftsausprägungen auf der Basis der Herrschaft Gottes. Im nächsten Untersuchungs- schritt wird analysiert, auf welche alttestamentarischen Positionen sich ackermann und Tot in ihren Darstellungen über Ehefrauen und Ehe beziehen. 3.2 Ehekonzepte 3.2.1 Margreth, die tote Ehefrau Auf der Folie der alttestamentarischen Konzepte der Ehefrau und der Ehe der EDB werden die Aussagen von ackermann und Tot be- fragt, um nunmehr Übereinstimmungen und Abweichungen bezüglich dieser Konzepte herauszuarbeiten. Dies wird zuerst an den Darstel- lungen der toten Ehefrau des ackermann analysiert. Bei den Aussa- gen über die verstorbene Ehefrau konzentriere ich mich auf das alt- testamentarische Konzept gutes weib, weil alle Aussagen von ak- kermann und Tot über diese Ehefrau positiv sind. Außerdem frage ich, ob sich Verbindungen zur alttestamentarischen Figur weysheit erkennen lassen, die nicht im Konzept gutes weib enthalten sind. Aussagen und Metaphern, die nicht in der EDB vorkommen, werden dahingehend untersucht, ob sie sich als Interpretationen des guten weibs herausarbeiten lassen. 344 Keller, Albrecht: Die Formen der Anrede im Frühneuhochdeutschen, Diss. Frei- burg, Straßburg 1904, S. 37-46. 211 Der Name der toten Ehefrau ist Margreth,345 auch Margret ebenso ‘Margretha’ oder ‘Margaretha’. Der Name wird erst im Gebet ge- nannt. Gefragt wird daher, welche möglichen vorreformatorischen Vorstellungen für das Verschweigen ihres Namens in den Wechsel- reden hinzugezogen werden können.346 Margreth bedeutet ‘Perle’, der in der Symbolik Schönheit, Erleuchtung und Reinheit347 zuge- schrieben wurde. Aus den Schilderungen der Schönheit und Bestän- digkeit der Ehefrau Margreth ist zu erkennen, dass ihr Name und ihr Konzept identisch sind N. Palmer stellt Zusammenhänge mit Matt- häus 13,44-46 und Sprüche 31,10 her.348 Matthäus 13,44-46349 ver- gleicht das Himmelreich mit einem Kaufmann, der die guten Perlen sucht und seine Güter verkauft, um die eine gefundene Perle zu er- werben. Die Verse wurden als Gleichnis ausgelegt, der Kaufmann wurde mit Gott und Himmel, die Perle mit dem Gläubigen gleichge- setzt. Eine Analogie zu Margreth entsteht nicht, denn der Verlust der Perle kann nicht mit ihrem Erwerb gleichgesetzt werden. Um die be- hauptete Übereinstimmung zwischen der Figur Margreth zu Sprüche 31,10 herzustellen, benutzt N. Palmer anachronistisch die Luther- übersetzung,350 während die EDB jedoch nicht von Perlen, sondern vom Lohn am Jüngsten Tag spricht.351 Der Bibelvers kann nicht im Zusammenhang mit Margreth als Perle verstanden werden, dennoch ist der Gehalt von Sprüche 31,10 konstituierend für ihr Konzept, was herausgearbeitet wird. Die Beschreibung seiner verstorbenen Ehe- frau beginnt der ackermann, indem er selbst den Anfangsbuchstaben ihres Namens nur verdeckt preisgibt. Er konkretisiert ihn als zwölften Buchstaben im lateinischen Alphabet mit seinen 23 Buchstaben,352 in 345 Kapitel 34. Eine Nähe zur Heilige Margareta als Schutzpatronin der Bauern (ackermann) ist nur aus ihrer Ikonographie zu konstruieren, da sie den Drachen zertritt. Kimpel, Sabine: Margareta von Antiochien, in: LCI, Bd. 7, Sp. 494-500. 346 Kapitel 33: Mich reuert Margret ... 347 Salzer 1967, S. 8 und 243. 348 Palmer 1998, S. 309. 349 EDB: Aber das reich der himel ist gleich eim kauffman: der do sucht die guten mergrisel. Wann da erhett funden ein teures mergriselin:er ging vnd verkaufft alle ding die er hett vnd kaufft es. In der EDB werden Perlen im ‘mergrisel’ ge- nannt, nur in der Vorrede zu Jesaja steht statt dessen ‘Margariten’, EDB, Bd. 8, S. 353. 350 Luther WEm ein tugendtsam Weib bescheret ist/die ist viel edeler denn die köstlichsten Perlen. 351 EDB, Spr 31,10. Wer find das Srark Weib? Vund des lon ist fer von den junsten enden. 352 A B C D E F G H I K L M N O P Q R S T V X Y Z : Menge, Hermann 1964, S. 212 dem das M353 die Position der Mitte354 hat. Der Buchstabe sei ihm ‘geraubt’ worden, womit sich der ackermann als Schreiber355 zu er- kennen gibt. Aus dem Buchstabenbild im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Schreibers folgt, dass ihm ‘Schreiben’ nicht mehr möglich ist. K. Betau erläutert, dass Buchstabenspiele aus der latei- nischen Tradition überliefert und auch im spätmittelalterlichen Ge- sellschaftslied beliebt gewesen seien.356 Gleichwohl ist für diese Be- schreibung des Buchstabens auch die Symbolik des Alphabets357 als Ausdruck der Schöpfung hinzuziehen. Das Nennen der Zwölf kenn- zeichnet Vollkommenheit.358 Der Buchstabe M bildet die Mitte der 23 Buchstaben des lateinischen Alphabets. Mit der Mitte im Alphabet gewinnt auch der Buchstabe eine symbolische Aussagekraft, weil das Zentrum das Sinnbild Gottes, seiner Fülle und Vollkommen- heit359 war. Vom ackermann wird die Mitte aber als fehlend markiert. Folglich zerfällt damit das Alphabet in jeweils elf Buchstaben, die nun im Zeichen der Unvollkommenheit360 stehen. Die tote Ehefrau wird also in der Mitte der Schöpfung platziert. J. Reitzer misst dem Ver- lustbild geistliche Dimensionen zu,361 die sie aber nicht präzisiert. Das spirituelle Verlustbild erklärt sich mit der auf die Bibel zurückge- henden Alphabetsymbolik.362 Es handelt sich im ACKERMANN nicht nur um ein “Buchstabenspiel”, sondern durch die Verknüpfung von Alphabet und Schreiber wird zugleich das Paar als Ordnung der Schöpfung beschrieben, die durch den Tod der Ehefrau als zerstört 566. 353 Kapitel 3: ir habt mir den zwelften buchstaben, ... aus dem alphabet gar freis- samlich enzücket. 354 Die fehlende Mitte nennt die Handschrift I: ”...mir den zwölfften buchstaben us dem alphabet frais mittenliche entzucket.” 355 Zur Schreibermetapher mit Forschungstand : Schulz - Grobert, Jürgen: [...] die feder mein pflug. Schreiberpoesie , Grammatik- Ikonographie und das gelehrte Bild des ‘Ackermann’, in. Anderson/ Haustein/ Simon,/ Strohschneider 1998, S 323-333. 356 Bertau, Bd.2 1994, S. 97:. Imm ABC der zehent buechstab thuet mir wee ”Zitiert sind Hübner, (1935)und Jungbluth. 357 2.2.2 Die Geschlechterordung Ehe, S. 117-119, Anm. 719- 731. 358 Meyer 1975, S. 148. Meyer/ Suntrup 1987, Sp .620-645, Sp. 627. 359 Öesterreicher-Mollwo 1991, S. 112, Lurker 1991, S.852-854. 360 3. 1 Herrschafts- und Geschlechterkonzepte, S. 192, Anm. 186. 361 Reitzer, Johanna Margaret: Zum Sprachlich-Stilistischen im ‘Ackermann aus Böhmen’ mit besonderer Rücksicht auf Rhythmus und Zahlensymbolik, (Masch.) Diss. Colorado 1954, S.28. 362 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 118, Anm. 729. 213 betrachtet wird. Mit der Nennung des Alphabets ist eine Parallele zum guten weib und ihrer Werkordnung hilffen zu sehen, wird doch beides in Sprüche 31,10-31 der EDB mit dem hebräischen Alphabet ausgezeichnet.363 Das lateinische Alphabet im ACKERMANN zeigt Pa- rallelen zum hebräischen in der EDB. Diese sind auch in Beziehung Margreth zu Gott beschrieben, wird sie doch als seine dienerin bezeichnet. Dienen ist in der EDB Ver- pflichtung gegenüber Gott als Herrscher364 und definiert dabei Treue als wechselseitiges Rechtsverhältnis zwischen Beherrschten und Herrscher. Dass dieses Verhältnis gemeint ist, kann aus der Be- schreibung Gottes als ihr günstiger hanthaber365 abgeleitet werden, der ihn als getreuen Herrscher in Form von Schützer366 markiert. Die Beziehung Gott - Margreth entspricht dem alttestamentarischen Kon- zept gutes weib. Weitere Korrespondenzen entwickelt der acker- mann, indem er schildert, Gott habe seine Ehefrau so mit Tugenden und Ehren ausgestattet, dass er deren Umfang nicht mitteilen kön- ne.367 B. Thum stellt für mittelalterliche Vorstellungen im Rahmen menschlicher Ehre fest, dass sie erworben und bewahrt werden musste, als Voraussetzung für gesellschaftliches und rechtliches Handeln.368 H. Wenzel betont, Ehre sei in höfische Literatur das Ideal gewesen, welches als unerfüllbar dargestellt werde.369 Der acker- mann beschreibt die Ehre seiner Frau als immer makellos, also war sie vollkommen. Welchen Einfluss die Ehre seiner Frau auf ihn ge- habt hat, wird weiter unten dargestellt.370 Die hervorgehobene Ehre der Ehefrau kann vor dem alttestamentarischen Hintergrund wieder- um auf das Konzept gutes weib371 zurückgeführt werden. Ihre Ehre 363 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 119, Anm. 731. 364 So z.B.: Ps 99,1: Alle erd singt got: dient dem herrn in der freud. Ps 118,91: der tag volendt in deiner ordnung: wann alle dienent sy dir. 365 Kapitel 11. 366 Lexer, Bd. 1, Sp. 1175. 367 Kapitel 7: Ich bin zu swach alle ir ere und tugent die got selber ir hat mitgeteilt, zu wol sagen. 368 Thum, Bernd: Öffentlichkeit und Kommunikation im Mittelalter. Zur Herstellung von Öffentlichkeit im Bezugsfeld elementarer Kommunikationsformen im 13. Jahrhundert, in: Radgotzky,/ Wenzel 1990, S. 65-87, S. 68f. 369 Sie sei als “Harmonie von potentia, repraesentatio und confiremato” dargestellt worden. Wenzel, in: Schreiner/ Schwerhoff 1995, S. 345, 360. 370 3.2.1 Margreth, die tote Ehefrau, S.225, Anm. 511. 371 2.2 2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 105, Anm. 590. 214 ist als vorreformatorische Ausprägung des alttestamentarischen Ehefraukonzepts zu werten. Margreth wird im Referenzrahmen reiner Schönheit entwickelt, entsprechend der alttestamentarischen Gestaltung des guten weibs, da sie als licht,372 schön373 und freudeneiches wesen374 beschrieben wird. Ihr hoher Wuchs wird dargestellt mit über alle ir gespilen ge- wachsene persone,375 und ihr Gang, den sie züchtigliches pflag.376 bestätigen die Merkmale des guten weibs, was auch im Lob ihres keusche(n) leib(s)377 zum Ausdruck kommt. Keusch entspricht vnfleckhaftig der EDB.378 Die Schönheitsmetaphern werden mit mein eingeleitet, die das Rechtsverhältnis der Ehe in der EDB charakterisieren.379 Der acker- mann fährt nach der verdeckten Konkretisierung mit dem Buchsta- ben M fort, seine Frau zu schildern. Er nennt sie lichte sumerblume, deren Ort seines herzen anger war.380 Mit anger wird die Blume als ‘Feldblume’ markiert, entsprechend der Metapher im Hohelied. Dies gilt auch für auserwählte turteltaube.381 Auserwählt bestätigt einer- seits das Konzept gutes weib, anderseits den ackermann als weisen Mann, der seine Frau von Gott erhalten hat.382 Die Dreierreihe lichter stern, heiles sunne und lichtbringender morgenstern.383 konkretisie- ren Beständigkeit in Form von immerwährendem Licht. Die Definitio- nen konnten auf die kosmischen Lichtbilder des guten weibs384 zu- rückgeführt werden, wie dies auch bei der Metapher durchlüstig eu- 372 Kapitel 3. 373 Kapitel 7. 374 Kapitel 3. 375 Kapitel 7. 376 Im Sinne von ‘feinem Anstand’, also auch ‘gedeihlich’ zu lesen. Lexer, Bd. 3, Sp. 1171. 377 Kapitel 7. 378 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 105, Anm. 590. 379 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 124, Anm. 780. 380 Kapitel 3. 381 Kapitel 3. 382 2.2 2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 107, Anm 645- 652. 383 Kapitel 5. 384 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 130, Anm. 844- 847. 215 gelweide385 der Fall ist. Nicht zu den alttestamentarischen Metaphern des guten weibs gehört erenreicher falke.386 Nach K. Bertau ist die Falkenmetapher auch für Frauen seit dem 14. Jahrhundert beliebt gewesen.387 Der Falke wird in Psalm 103,17388 der EDB zum Leiter der Sperlinge erklärt. Da im Gebet des ackermann Gott jeger, dem alle spur unverborgen sint,389 angesprochen wird, liegt es nahe, den Bezug Gott - Margreth herzustellen. Damit wäre die Metapher eine Interpretation des gutes weibs, die der ackermann als weiser Mann von Gott erhalten hat. Die Ehefrau wird auch mit Paarformel die reine und zarte390 be- schrieben, was dem Konzept gutes weib entspricht, denn auch das zweite Glied der Paarformel umfasst mit den Bedeutungen von zart ‘zärtlich, liebevoll, wohlwollend’,391 was den Aussagen von senfft der EDB entspricht. Sie wird mit auch mit der Paarformel die erenvol und durchschönen392 beschrieben, die reine Schönheit darstellt. Alle Schönheitsbilder sind gleichzeitig Ausdruck von Beständig- keit, die mit speziellen Metaphern und Zuschreibungen betont wer- den. Die Ehefrau war ein herter steter diamant.393 Dies ist in der EDB keine Metapher für das gute weib, sondern für Propheten, die weis- sager genannt werden.394 Die Symbolik schrieb dem Diamanten ‘Reinheit, Geistlichkeit, Treue und Beständigkeit zu. Mit ihm sollten Krankheit und Unheil abgewendet werden können.395 Die Verwen- dung für die Ehefrau beruht offensichtlich auf der Reinheits-, Bestän- digkeits- und Heilungssymbolik, deren Dimensionen auf das gute weib zurückgeführt werden können. Der ackermann beschreibt seine 385 Kapitel 5. 386 Kapitel 7. 387 Bertau 1994, Bd. 2, S. 158f. 388 Ps 103,16. Die hölzer des libans ... die er pflantzt: do nisten die sperling. Das haus der valcken ist ir leiter.| Luther. Ps 104,17: Da selbs nisten die Vogel/ Und die Reiger wohnen auff den Tannen. 389 Kapitel 34. 390 Kapitel 9. 391 Lexer, Bd. 3, Sp. 1032f. 392 Kapitel 15. 393 Kapitel 5. 394 Hes 3,7: ... vnd ich gab dein antlútz als adamas: ... 395 Cooper 1986, S. 40. Hahn, Karin/ Kaute Lore: Edelsteine, in: LCI, Bd. 1, Sp. 578-580. Oesterreicher-Mollwo 1991, S. 34. Lurker 1991, S. 145. 216 Frau als meiner sterke turn396, was der Frauenmetapher im Hohen Lied entspricht.397 Margreth wird als wandelson398 bezeichnet und in anderen Überlieferungen als wandelsfrey.399 Beide Wörter kenn- zeichneten ‘ohne Fehl’400, womit der Sinn von ‚sündenfreier Bestän- digkeit’ einherging. K. Bertau unterstreicht, dass es im gesamten Text keine Stelle gibt, in der die Ehefrau als sündiger Mensch vorge- stellt werde.401 Beide Termini sind auf der Folie des alttestamentari- schen Konzeptes gutes weib als konsequente Interpretation zu er- kennen,402 die ebenfalls mit vnverruckte tochter,403 tugendhafte fraue,404 die getreue405 und die gute406 entfaltet wird. G. Jungbluths Forschungsposition, dass nicht die gute, sondern die gote, (Patin)407 gemeint sei, ist nicht zu teilen, denn ein Patenschaftsverhältnis wird im Text nicht entwickelt. Zur Charakterisierung seiner Ehefrau lässt der ackermann neun weibliche Personifikationen auftreten: die ere, zucht, keusche, milte, treue, maße, sorge, Verständigkeit408 und scham.409 Letztere trug ei- nen makellosen Spiegel stete vor den augen der Ehefrau. Es wird ausgeführt, dass diese Personifikationen an dem hofe der Ehefrau wohnten. Nach G. Jungbluth liegt ein “origineller Gedanke” des Au- tors vor, der “die leiblich - irdische Frau zum Mittelpunkt eines aus den Tugenden bestehenden Hofhalts” mache.410 K. Bertau legt dar, dass “letztlich nicht der Selbstwert der Frau, sondern ihr Wert für den 396 Kapitel 15. 397 2.2 2 Die Geschlechterordnung Ehe, S.130, Anm. 870-874. 398 Kapitel 15. MM: Salzer 1967, S. 342 und S. 366. 399 Handschrift A, C, F, G, N, O, P, Q und Druck a. MM: Salzer 1967, S. 366. 400 DWb, Bd. 27, Sp. 1546f und 1577. 401 Bertau 1994, Bd. 2, S. 256. 402 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 105f, Anm. 589- 618. 403 Kapitel 9. 404 Kapitel 7. 405 Kapitel 13. 406 Jungbluths kritischer Text folgt der Handschrift E und H, und schreibt: die gute, die reine tochter. Kapitel 9. 407 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 66: Bei ‘gute’ läge hier eine mundartliche Verengung von o >u vor, also ‘gote’ gleich Patin sei gemeint. 408 ‘Bescheidenheit’, Lexer, Bd. 1, Sp. 204. 409 Kapitel 11. 410 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 78. 217 Eheherrn” das Thema sei.411 Dieser Forschungsposition ist nicht zu widersprechen, denn der Text hat den Wert der Ehe und der Ehefrau zum Thema. Gleichwohl ist vor dem alttestamentarischen Hinter- grund der EDB zu berücksichtigen, dass mit dem Konzept der Ehe- frau auch das des Mannes dargestellt wird. Diese alttestamentari- sche Vorstellung ist für die Aussagen des ackermann zugrunde zule- gen. Die neun Personifikationen kennzeichnen Margreth als gutes weib,412 was auch mit der Aussage dargelegt wird, dass sie voll war- haftiger und züchtiger wort413 war. Der her Tot widerspricht dem ackermann nicht in seinen Beschrei- bungen von Margreth, rühmt aber seine Verantwortung für ihre Wer- te. Er schildert nicht ihre Schönheit, bestätigt aber ihre Beständigkeit. Er leitet sie in seiner zweiten Rede mit der Paarformel ganz frum und wandelfrei414 ein. Ganz, also ‘unverletzt, vollständig, heil’415 gilt für beide Glieder der Paarformel. Frum kennzeichnete ‘tüchtig, brav, ehrbar, gut, trefflich, angesehen, vornehm, wacker, tapfer’.416 Nach H. Wunder war frum ein öffentlich festgestellter rechtsrelevanter und geschlechtsneutraler Sachverhalt.417 Die Paarformel definiert damit die öffentlichen Dimensionen der Beständigkeit. Der Tot beschreibt den ‘Charakter’ der Ehefrau Margreth mit fünf Konkretionen: voll gu- ter gewissen, freuntholt, getreu, gewere und zumale gütig war gen allen leuten.418 Für die gewissen erschließe ich ‘Wissen, Kenntnis, Erkenntnis’.419 Der Sinn von freuntholt war ‘Freunden und Verwand- ten’ zugetan, auch besonders ‘freundlich’.420 Gewere umfasste ‘wahr, wahrhaft, zuverlässig, tüchtig’.421 Die fünf Darlegungen werden mit 411 Bertau, Bd.2 1994, S. 224. 412 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 105f, Anm. 589-614. 413 Kapitel 7. 414 Kapitel 4. 415 Lexer, Bd. 1, Sp. 737. 416 Lexer, Bd. 3, Sp. 549. 417 Wunder, Heide: Von der frumkeit zur Frömmigkeit, Ein Beitrag zur Genese bür- gerlicher Weiblichkeit, in: Becher, Ursula/ Rüsen, Jörg, (Hg.): Weiblichkeit in geschichtlicher Perspektive. Fallstudien zu Grundproblemen der historischen Frauenforschung, Frankfurt 1988, S.174-188, S. 180f. 418 Kapitel 4. 419 Lexer, Bd. 1, Sp. 995. 420 Lexer, Bd. 3, Sp. 527. 421 Lexer, Bd. 1, Sp. 977. 218 der Paarformel so stete vnd422 so geheure423 abgeschlossen, die mit stete Beständigkeit424 und mit geheure Sanftheit425 zum Ausdruck bringt. Der her Tot bestätigt also die Vollkommenheit von Margreth, die er in ihrer immerwährenden Beständigkeit bestätigt. Er betont aber, dass ihm eine solche Frau kam zu handen selten.426 K. Bertau konstatiert, dass Hand das Symbol des Besitzes war und in der Rechtssprache stellvertretend für die Person stand, hier “wohl für die des Herrn”. K. Bertau definiert selten als Litotes für “niemals”.427 Der Terminus sagte aber auch ‘nicht häufig’428 aus. Aufgrund der Dop- peldeutigkeit von selten konnten vorreformatorische Rezipienten also ‘nicht häufig’ oder ‚niemals’ verstehen. Wurde der Sinn von ‘nicht häufig’ unterlegt, konnte decodiert werden, dass es nur wenige sol- che Frauen gibt. Wurde dagegen ‚niemals’ zugrunde legt, ist erneut erkannt worden, dass der Tot under warheit falsch micht, denn die immer gleichbleibende Vollkommenheit der Gottesmutter Maria und auch ihr Tod gehörten zum vorreformatorischen Wissen. Selten als Litotes für ‚niemals’ erklärt, warum der Schreiber der Handschrift N, die 1470 datiert ist, nach der Überschrift429 die Formulierung VNICA VIRGO MARIA einfügt, die als Kommentar verstanden werden kann, da er einerseits vom Tod Mariens Kenntnis hat, anderseits die Eigen- schaften von Margreth nur der Gottesmutter zumisst. Seinen Namen Walthisar von der Wag nennt er mit der Datierung am Ende des ge- samten Textes. Er gibt sich darüber hinaus als Angehöriger des ‘al- ten Glaubens’430 zuerkennen. Diese Definition markiert offensichtlich 422 Diese Formulierung ist in alle Überlieferungen, außer der Handschrift E und I belegt. Jungbluts kritischer Text übernimmt an dieser Textstelle die Überliefe- rung der Handschriften E und I, setzt also die Reihung “so stete, so geheuere” ein, Jungbluth 1969, Bd. 1, S. 45. Bernt/ Burdach übernimmt die Paarformel: so stete vnd so geheure kam uns zu handen selten!” Bernt/ Burdach 1917, S. 10. Bertau, der die Handschrift A untersucht, belegt für sie die Paarformel; Bertau 1994, Bd. 2, S. 120. 423 Kapitel 4. 424 Stete umfaßte: ‘was steht und besteht, auch: fest, beständig, anhaltend. ’Lexer, Bd. 2, Sp. 1145. 425 Die Bedeutungen waren ‘sanft, lieblich angenehm’ Lexer, Bd. 1, Sp. 790. 426 Kapitel 4:. 427 Bertau 1994, Bd. 2, S. 120. 428 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 38. Lexer, Bd. 2, Sp. 872. DWb, Bd. 16, Sp. 542-545, Sp. 543. 429 Des tods wider rede das vierd Capptl 430 „Dieser Schreiber ist gnant Waltisar von der wag. des altñ glaubens finiui librū illū feria quarta post Symonis et iude. Anno im. iiii ⊄ lxx.” 219 seine Distanz zum abgeschrieben Text. Ackermann und Tot beschreiben auch die Geburt von Margreth, wobei sie diese aus ihrer Kenntnis heraus schildern. Der ackermann berichtet, dass Margreth von edel der geburt431 war, und der Tot, dass sie bereits bei ihrer Geburt wandelfrei432 gewesen sei. Ihr sei zu diesem Zeitpunkt ein Mantel und ein Ehrenkranz überreicht worden. Beide Gaben werden entweder von einer433 oder von zwei weiblichen Personifikationen überreicht.434 Danach gibt frau Ere den Mantel und frau Selde einen eren kranz. Dass beide Frauenfiguren zur höfischen Motivik gehören, legt G. Jungbluth dar.435 Für zwei Figuren spricht auch, dass mit frau Selde die neun Frauenfiguren des ackermann auf zehn erweitert werden, womit zahlensymbolisch dann der Wert der Vollkommenheit436 erreicht wird. Die Figuren frau Ere und frau Selde lassen es zu, sie vor dem alttestamentarischen Hintergrund der weysheit als Verkörperungen ihrer Handlungsfelder zu interpretieren. Frau Ere repräsentierte die Ehre der weysheit437, Frau Selde ihren Segen als behaltsam/ heyl Gottes. 438 W. Krogmann übersetzt frau Selde ins Neuhochdeutsche mit ‘Frau Glück’439 und entzieht Frau Selde damit aufgrund der heutigen Bedeutungen von Glück die gött- liche Dimension.440 Auch mit den Gaben der Figuren werden Paral- lelen zur weysheit gezeichnet, da die weysheit wie ein Gewand und eine Krone angelegt werden kann.441 Der Mantel korrespondiert mit dem Gewand, der Ehrenkranz mit der Krone. Da nur von der Über- gabe die Rede ist, kann geschlossen werden, dass Margreth sich Mantel und Kranz nach ihrer Geburt selbst anlegte. Damit wird ver- deckt eine Investitur dargestellt, die in den Weisheitsbüchern der 431 Kapitel 7. 432 Kapitel 4,10: Wir mügen wol sprechen wandelfrei, wann wir waren gegenwärtig, do sie geboren wart. 433 Bernt/ Burdach kritischer Text:“Do sante ir fraw Ere einen gerenmantel vnd einen erenkranz.” Bernt/ Burdach 1917, S. 9. 434 Jungbluths kritischer Text übernimmt zwei Figuren. Jungbluth 1969, S. 45. 435 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 36f. 436 Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 591-615, Sp. 591. 437 Lexer, Bd. 2, Sp. 579. 438 2.2.1 Die weysheit, S. 87, Anm. 390-395. 439 Der Ackermann und der Tod, Ein Streitgespräch von Johannes von Tepl, Ins Neuhochdeutsche übertragen von Krogmann, Willy, Frankfurt a.M. 1981, S.8. 440 DWb, Bd. 16, Sp. 511f , Lexer, Bd. 2, Sp. 579. . 441 2.2.1 Die weysheit , S.111, Anm. 522.. 220 EDB für den Mann vorgesehen wird, im ACKERMANN dagegen für ei- ne Frau. Dies kann auf das gutes weib zurückgeführt werden, die be- reits im Mutterleib die weysheit zur Begleiterin hat.442 Damit geht auch der Entwurf der Ehefrau als Tochter eines guten weibs443 ein- her. Der her Tot berichtet, dass die Gaben unverändert geblieben seien,444 dafür sei Gott sein und ihr gezeuge.445Die uneingeschränkte Ehre betont der Tot nochmals: mit ungerenkten eren haben wir sie enphangen.446 Er behauptet allerdings, diese Ehefrau habe es allein seiner genade zu verdanken, dass sie rein und beständig geblieben sei.447 Der Tot stellt seine Verantwortung für die Beständigkeit und Reinheit der Ehefrau heraus, mit der einhergeht, dass beides immer gefährdet war, womit er das Konzept von Margreth als temporär er- klärt. Dagegen beruft sich der ackermann auf das immer konstante alttestamentarische Konzept gutes weib. Ob sich aus den Zuschreibungen des ackermann auch für seine Frau das Handlungsfeld hilffen erschließen lässt, wird im folgenden Untersuchungsschritt herausgearbeitet. Der ackermann bezeichnet seine Frau wünnen nar,448 also als Wonne gestaltenden449 nar, was ‘Heil, Rettung Nahrung Unterhalt’450 beschrieb. Mit selden haft451 wird sie als ‘Band, Fessel, und Kno- ten’452 des Segens und des Heils charakterisiert. Sie wird lichter stern, heiles sunne und lichtbringender morgenstern453 genannt, die verloschen seien, so dass er nunmehr im Dunkeln verbleiben müs- 442 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 109, Anm. 635. 443 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 108f, Anm. 634-641. 444 Kapitel 4: den mantel und den erenkranz brachte sie ganz unzerissen und un- vermeiliget ... in die gruben. 445 Kapitel 4: Unser und ir gezeuge ist der erkenner aller herzen. 446 Kapitel 14. 447 Kapitel 14: Ir ist gütlich und gnediglich geschehen, ... an besten wirden, an be- ster zeit, mit ungerenkten eren haben wir sie in unser genade enphangen. 448 Kapitel 3. 449 Lexer, Bd. 3, Sp. 996. 450 Lexer, Bd. 2, Sp. 34. 451 Kapitel 3. 452 Lexer, Bd. 1, Sp. 1140. 453 Die Verbreitung von Heil in der mittelalterlichen Literatur belegt Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 45. 221 se.454 Die dargestellte Situation ähnelt der von Psalm 142,3-5,455 der Dunkelheit schildert, in die der Sprecher vom ‚Feind’ versetzt worden ist. Die Metapher heiles verjüngender jungbrunnen,456 beschreibt den Brunnen, der das heil stets erneuert.457 Die Formulierung kann auf die Brunnen- und Wasserbilder der weysheit zurückgeführt wer- den.458 Das Bild frideschild459 für ungemach verweist auf Ecclesiati- cus 26,1, denn der Vers schildert den Frieden den das gute weib460 bringt. Eine Verbindung Friede zum Bild Gottes als Schild ist mit ent- halten.461 Die Formulierung des ackermann präzisiert den frideschild als Schutz vor ungemach. Der Wortsinn von ungemach war ‘Unruhe’ Übelbefinden, Leid’ und galt im Besonderen für die ‘Qual und Pein der Hölle’.462 Die Bildübertragung der Gottesmetapher Schild463 auf Margreth ist eine Erweiterung des Konzepts gutes weib. Der acker- mann nennt seine Frau leitvertreib.464 Leit war ein Rechtsbegriff, der Unrecht, Schaden und Nachteil’465 definierte. Der Rechtsterminus auf die alttestamentarische Rechtsordnung ee bezogen, definiert die Ehefrau als leitvertreib, dass sie den Schaden beendet, der aus Rechtsungehorsam entstanden ist. Die Konstruktion inszeniert Gna- de, die zu den hilffen des guten weib gehört.466 Ihre Definition trau- erwenderin,467 erklärt sie zur Abwenderin468 bzw. Kehrerin469 von 454 Kapitel 5: die finster nacht allenthalben vor meinen augen. 455 Ps 142,3-5: Wann der veind iagt mein sele: er hat gedemúigt mein leben in dem land. Er satzt mich in den tunckeln: vnd mein geist ist geenstigt ...mein hertz ist betrübt ... Ich was gedenckt der alten tag. 456 Kapitel 5. 457 DWb, Bd. 25, Sp. 610- 612, Sp. 610. 458 2.2.1 Die weysheit, S. 83, Anm. 374-378. 459 Kapitel 5. 460 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 111, Anm. 660, S. 113, Anm. 682. 461 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S.61, Anm. 215. 462 Lexer, Bd. 3, Sp. 1847. DWb, Bd. 24, Sp. 758-763, Sp. 762. 463 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 71, Anm. 282f. 464 Kapitel 5. 465 DRWb, Bd. 3 (1935), Sp. 1140-1143. 466 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 113, Anm. 681. 467 Kapitel 19. Der Terminus ‘trauerwenderin’ ist nur anhand der Dichtung überlie- fert. Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 139. 468 Lexer, Bd. 3, Sp. 761. 469 Lexer, Bd. 1, Sp. 1552f. 222 Trauer. Diese Funktion schreibt der ackermann nach der Rede Got- tes (33. Kapitel) im Gebet mit dem Begriff trauerwender470 Gott zu. Diese Anrede ist auf Psalm 29,11-12 zurückzuführen: Du hast mir gekert mein weinen in freud.471 Die Bezeichnung der Ehefrau als heilsame erzenei für alles we und ungemach472 bezeichnet mit we leibliche,473 mit ungemach seelische Krankheit. Diese Aussage ist erneut auf das gute weib zurückzuführen,474 gleiches gilt für wünne- bringende rente,475 wird so doch ‘Ertrag, Vorteil Gewinn’476 beschrie- ben. Die Metapher freuden hort,477 die in drei Überlieferungen meiner selden hort478 lautet, ist trotz der von G. Jungbluth festgestellten Be- liebtheit von hort in der mittelalterlichen Literatur,479 sinngemäß als Ansammlung von Kostbarkeiten und als Fülle480 zu sehen, was mit höchster hort481 nochmals unterstrichen wird. Der ackermann be- zeichnet seine Frau als rechter führender leitestab.482 Der stab ist wie die rute in der EDB483 ein Trost bringendes Gottesattribut. Seine Symbolbedeutungen waren Führung in Form von Herrschaft, Boten- auftrag, Stütze bis hin zum Zeichen des ewigen Sieges.484 Die Epitheta ‘rechter führender’ lassen die Dimensionen der Ordnung hervortreten. A. Hübner interpretiert hier “Spiritus rector”.485 Die Ehe- 470 Kapitel 34: trauerwender aller dich hoffender, ... 471 Ps 29,11-12: Der herr hat gehort vnd hat sich mein erbarmt: der herre ist mein helffer. Du hast mir gekert mein weinen in freud: du hast zerrissen mein sack• vnd hast mich vmgeben mit freuden. 472 Kapitel 9. 473 Lexer, Bd. 3, Sp. 716f. 474 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 115, Anm. 697f. 475 Kapitel 3. 476 Lexer, Bd. 2, Sp. 406. 477 Kapitel 3. 478 Handschrift D, K, M. 479 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 22f belegen, dass Genetivumschreibungen mit ‘hort’ als regierendem Glied beliebt und verbreitet waren. 480 Lexer, Bd. 1, Sp 1343. DWb, Bd. 10, Sp. 1835f. 481 Kapitel 9. 482 Kapitel 5. 483 Ps 22,4: Dein rute: vnd dein stab sy selb habent mich getröst. 484 De Chapeaurouge 1984, S.56-59; Cooper 1986, S. 181; Voretzsch, Adalbert: Stab, in: LCI, Bd. 4, Sp. 193 198; Oesterreicher-Mollwo 1991, S.160; Lipfert 1981, S. 128f; Lurker 1991, S.702f; Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 44. 485 Hübner, in: Schwarz 1968, S. 239-344, S. 226. 223 frau wird als freuden achtber banier486 beschrieben, also als ‘führen- des Zeichen einer Schar im wörtlichen und übertragenen Sinne’.487 Banier wird in der EDB nicht verwendet, dafür erscheint zaichen, das Gott als Herr der Heere setzt,488 und die in seinem Namen gesetzt werden.489 Die Verknüpfung dieser Frauenmetapher mit Gott ist aus dem Gebet zu entnehmen: Gott ist banierfürer, under des banier ni- mant siglos wirt.490 Die Metapher macht die Ehefrau zum Zeichen der Orientierung des Mannes, die ihn auf Gott ausrichtet. Die Metapher wünschelrute491 ist in Überlieferungen mit wahrsagend492 erweitert. Dies Epitheton befremdet, da eine sinnvolle Verbindung zum altte- stamentarischen Verbot Gottes493 bezüglich der Zukunftsvoraussage nicht herzustellen ist. Infolgedessen muss wahrsagend im Sinne von ‘die Wahrheit sagen’494 interpretiert werden, was sich dann mit der Aussage über ihre ‘guten Worte’ deckt. Die rute ist in der EDB ein Rechtssymbol495 der Herrschaft Gottes, die, wenn sie von ihm über- reicht wird, Ausdruck seiner Herrschaftslegitimation ist, mit der auch 486 Kapitel 5. 487 Lexer, Bd. 1, Sp. 122. 488 So z. B.: Jes 13,4: Der herre der here gebot der ritterschafft des streites: ... Jes 49,22: ...: vnd derhöch mein zaichen zu den volcken. 489 Num 2,2: Die sún israhel ... die setzten alle durch ire schare zaichen vnd fah- nen: in der vmhalbung des tabernackels des gelúbdz. In der Lutherübersetzung steht der Banner für zaichen in der EDB. 490 Kapitel 34. 491 Kapitel 5. 492 Eine Ausnahme ist die Handschrift E, deren Wortlaut ‘mein wa sag¯nte’ lautet. Schröder ergänzt hier “was sag¯nte”. Schröder, 1987, Bd. 2, S. 16. 493 Lev 19,26: Ich bins der herr euwer gott | ... Nit warsagt: nit behalt die treúme. Deut 18,10: ... der do forschet die warsager vnd behelt die troúm vnd die gaug- kelnússen: noch ensey ein vbeltuer noch ein zauberer, noch ratfrag die zaubrer ... Die Trennung zwischen ‘wahrsagen’ und ‘weyssagen’ ist in der EDB nicht durchgängig. Steht aber weyssagen im Sinne von Bruch der Ordnung, stellt der Kontext die Gottferne der Handlung dar. So z. B. :Jer 2,8 : .. Vnd die weissagen weyssagten in baal vnd seint nachgefouolgt den abtgöttern. Jer 5,31: Die weys- sagen weyssagten die luge: Im Gegensatz dazu wird Voraussehen in der Ord- nung mit weyssagen gekennzeichnet. Es resultiert aus der Gemeinschaft mit der ‘weysheit’: Wsh 7,28. [Die Weisheit] Vnd sy schickt die freund gotz vnd die weissagen. Auch in den deutschen Predigten von Berthold von Regensburg werden diese als ‘wîssage’, also noch nicht als Propheten bezeichnet: “Daz ist Êlias, der wîssage,” Berthold von Regensburg: XLI VON DER SÊLE SIECHTUOM, Bd. 2, S. 44-53, S. 45. In der negativen Bedeutung wird der Aspekt im Ackermann mit der Ciromancia figuriert, die als ‘hübsche warsagerin’ dargestellt ist. 494 DWb, Bd. 27, Sp. 970-973, Sp. 971. 495 Ps 44,7: O got dein geseß in den welten der welt: die rut der richt und ist die rut dein reychs. 224 Wunder vollbracht wurden.496 Die wünschelrute galt als Stab, der Außerordentliches bewirkte, und war auch ein Sinnbild für Perso- nen.497 Margreth als Wahrheit sagende wünschelrute greift auf die biblischen Leitungs-, Rettungs- und Labungsbilder zurück, die auch für das gute weib benutzt werden. Dies gilt auch für die Beschrei- bung willens pflegerin,498 denn phlëgen definierte den Sinn von ‘freundlicher Sorge annehmen, behüten und beschützen’.499 Die Grundbedeutung von Pfleger als Amt in Form von ‘Aufseher, Vor- mund und Verwalter’500 ist im Zusammenhang mit dem alttestamen- tarischen Konzept gutes weib aber zu verneinen. Die Definition cha- rakterisiert hier offensichtlich die ‘gute Aufsicht’ über den willen des Ehemannes einschließlich geschlechtlicher Komponenten.501 K. Bertau stellt für die Vorstellung eine Verbindung mit Ecclesiati- cus/Sirach 26,16 gemäß der WENZELSBIBEL502 her. Dieser Vers mar- kiert in der EDB wollust, die verdeckt mit der Metapher wünnebrin- gende anger503 gekennzeichnet wird, denn die geschlechtliche Kom- ponente hat E. Gössmann ohne Abwertung504 für den Terminus an- ger belegt. Als weitere Korrespondenz zum guten weib505 ist die Beschrei- bung leibes auswarterin506 zu erkennen, die auf den ersten Blick al- lein den leiblichen Bereich507 des Ehemannes in Form von ‘achtge- 496 Mit der Rute teilt Moses das Meer, verwandelt bitteres Wasser in süßes, und schlägt Wasser für die Dürstenden aus dem Felsen. .Exd 14,16: Wann du heb auf dein růt vnd steck deine vber das mere: ...Exd 17,6: ... vnd nym die růt in dein hande mit der du hast geschlagen den floß 497 DWb, Bd. 30. Sp. 2035-2038, Sp. 2035f. 498 Kapitel 9. 499 Lexer, Bd. 2, Sp. 252f. ‘Phlëgerîn’ wurde verwendet für eine Frau, die ein Klo- ster ‘pflegte’. Daneben gab es die pejorative Bedeutung ‘Kupplerin’. Lexer, Bd. 2, Sp. 251. DWb, Bd. 13, Sp. 1749. Beide Bedeutungen sind auszuschließen. 500 Lexer, Bd. 2, Sp. 251. 501 DWb, Bd. 30, Sp. 137-170, Sp, 150. 502 Bertau 1994, Bd. 2, S. 222. 503 Kapitel 15. MM: Salzer 1967, S. 3, 15, 319. 504 Gössmann, Elisabeth: Hildegard von Bingen, Versuche einer Annäherung, (= Archiv für philosophie- und theologiegeschichtliche Frauenforschung, Sonder- band) München 1995, S. 54. 505 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 111, Anm. 665-668. 506 Kapitel 9. Auch dieses Wort ist nur anhand des Textes überliefert. Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 77. 507 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 113, Anm. 681. 225 ben, sorgen für, richtig versehen’508 erfasst. Zu berücksichtigen ist, dass dies ein Bild der Gesundheit ist, welches Ausdruck von Heil war.509 Der ackermann erklärt, seine Ehefrau sei seiner und ihrer eh- ren tegliche und nechtliche warterin510 gewesen. Das ihr zugeschrie- bene Handlungsfeld der Aufsicht oder des ‘Schützens’ der Ehre bei- der Ehepartner ist mit ihrem Tod beendet worden, denn der acker- mann beschreibt, dass er entspenet michelner eren511 sei. Ehre steht im Alten Testament in Verbindung mit Gott und der Figur weysheit.512 Die Bedeutungen von entspenen waren ‘entwöhnen, abwendig ma- chen von’ auch im Sinne von Abstillen.513 Für die Handschrift A stellt K. Bertau den Zusammenhang mit der “Mutterbrust” heraus.514 Wird eine Verbindung zum Abstillen hergestellt, entsteht das Bild, dass die Ehefrau ihren Mann nicht mit ihrer Milch, sondern mit ihrer ere gestillt hat. Vor dem alttestamentarischen Hintergrund der tränkenden Brü- ste des guten weibs wurde mit entspenen offenbar ein interpretieren- der Bezug hergestellt.515 Alle Bilder beschreiben das Handlungsfeld der Ehefrau und ent- werfen Formen von Hilfe, welche die Ehefrau ihrem Mann an Leib und ‘Seele’ leistet. Sie sind daher als Konkretionen von hilffen zu fassen, die auf Aussagen über das gute weib zurückzuführen sind, die sie aufgrund ihres Rechtsgehorsam als hilffen für die behaltsam/ heyl gibt. Dieser Zusammenhang erläutert des ackermann Aussage wann ich mich verwürket gen got - als leider oft geschehen ist - ... es hette mir widerbracht die Wandelson.516 Ordnungsverstöße werden also nicht von Gott sanktioniert, sondern von seiner Ehefrau negiert. K. Bertau sieht, dass die Vorstellung von MARIA REPARATRIX auf die 508 Lexer, Bd. 2, Sp. 2018-2036, Sp. 2035. DWb, Bd.1, Sp. 1009f. 509 Flasche, in: Handbuch religiöser Grundbegriffe, Bd. 3 (1993), S. 66-74, S. 67. Richter Reimer, in: WFTh2, 2002, S. 268-270, S. 268. Acklin Zimmermann, in: WFTh2, S. 270f. 510 Kapitel 9. 511 Kapitel 9. 512 2.2.1 Die weysheit, S. 88, Anm. 406-410. 513 Lexer, Bd.1, Sp. 589. 514 Die Schreibung ensprent/ entsprwnt meint entspünt, entpünne, zum mhd. spün- nen “säugen”, welches von spünnen, “Mutterbrust” abgeleitete ist. Bertau, Bd.2 1994, S. 185. 515 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 112, Anm. 673- 678. 516 Kapitel 15. 226 Ehefrau übertragen worden517 sei, die er als ironische Erwiderung auf die Aussage des Tots: „Bürge wolten wir werden’ ir guttat´ wür- destu genissen” ansieht. Eine Ironie erkenne ich aus der Darstellung des ackermanns nicht. Vielmehr ist das Konzept gutes weib zugrun- de zu legen, womit zugleich eine Erweiterung des alttestamentari- schen Konzepts einhergeht. Der ackermann bezeugt, dass seine Ehe mit Margreth sein Leben frunt und fro machte. Die Paarformel deckt mit frunt den ‘rechtlich öffentlichen’ Bereich, auch den von “verständig, weise, klug518 ab, fro markiert den ‘privaten’ als ‘froh, heiter, erfreut, vergnügt, zufrie- den’.519 Beide Glieder der Paarformel sind also keine Synonyme.520 Die Paarformel kurz und lustsam beschreibt den Zeitrahmen in Form ‘keine Langeweile’ mit ‘gering’521 und mit lustsam das vorhandene Wohlgefallen,522 das in der EDB mit wollust bezeichnet wird. Dieses Wohlgefühl wird auch mit der Paarformel freudenreich und523wünnereich beschrieben. Ihr erstes Glied erstreckt schildert ‚Freude, Erfreuliches Frohsinn’,524 damit wird nicht nur die weltliche, sondern auch die spirituelle Dimensionen dargelegt, dessen Ge- meinschaft freude525 bringt. Die drei Paarformeln beschreiben das Wohlbefinden, das auf das Konzept gutes weib als hilffen zurückge- führt werden kann, und sie definieren zugleich das Wohlgefühl, das in der EDB mit wollust526 genannt wird, welche der Ausdruck der Gemeinschaft mit Gott ist. Die Paarformeln dokumentieren den 517 Bertau 1994, Bd. 2, S. 286. Bertau konstatiert zu dieser Sequenz, dass hier vielleicht die Aussage des Tots aus der vorherigen Rede ironisch “wieder auf- genommen” sei: “Bürge wolten wir werden’ ir guttat´ würdestu genissen” Meines Erachtens liegt keine Ironie vor. 518 Lexer, Bd. 3, Sp. 554. Auf diese Bedeutungshorizonte weist auch Jungbluth hin, und fordert eine Bedeutungsgeschichte des Wortes zu schreiben, gleichwohl deutete er die Formel als synonyme Wortwahl. Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 31. 519 Lexer, Bd. 3, Sp. 528. 520 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 30: “Frunt und fro: die beiden Glieder der alliterieren- den Doppelformel sind synonym” . 521 Lexer, Bd. 1, Sp. 1797f. 522 Lexer, Bd. 1, Sp. 1993f. Lexer, Bd. 3, Sp. 537. 523 Handschrift: D, I, K, M. 524 Lexer, Bd. 3, Sp. 537. 525 So z. B.: Ps 15,11: Du hast mir kunt gemacht die weg des lebens: du erfúllt mich mit freuden ... die wollust seint in deiner zwesten (Rechten) vntz an das end. Ps 50,10: Du gibst freud vnd freud ... vnd mein demútig bein die frewent sich. 526 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 113, Anm. 680- 683. 227 Wandel der Konnotationen des Terminus wollust, da er vom hern Tot im pejorativen Wortsinn, im Besonderen dem sexuellen, benutzt wird. Der ackermann beschreibt auch den Zeitraum in dem sein Leben unter den Prämissen der drei Paarformeln gestaltet war: alle stunt, alle weil,527 tag und nacht, jegliches jar was ... ein genadenreiches jar,528 also ‘immer’. Der Verlust seiner Ehefrau veranlasst den ak- kermann fünf Fragen zu stellen: Wes sol ich mich nu freuen? Wo sol ich trost suchen? Wohin solich zuflucht haben? Wo sol ich heilstet finden? Wo sol ich treuen rat finden?529 Forschungspositionen zum Gehalt der Fragen werten sie als rhetorische Fragen auch, dass mit die Bereiche leiblicher und seelischer Geborgenheit erfasst seien.530 Die Fragen können auf das alttestamentarische Konzept gutes weib zurückgeführt werden, beschreibt doch der ackermann mit ihnen die verlorenen hilffen seiner Frau. Der Witwer charakterisiert mit seinen Fragen, die Dimension des verstellten behaltsam/ heyl, welches mit Freude, trost, in den Bedeutungen ‘freudige Zuversicht, Vertrauen, Mut, Schutz und Hilfe’531 waren, zum Ausdruck kommen. Der Bereich behaltsam/ heyl aus rat und heilstet als ‘Stätte zur Genesung und Rettung’532 zu erkennen. Ob die Positionierung zuflucht auf dem ‘Zaunbild für die Ehefrau’533 in der EDB beruht, bleibt offen, denn konkret wird in der EDB nur Gott als Zuflucht534 markiert. Die Aussa- ge des ackermann, Gott sei durch irden willen ihm wohlmeinend ge- wesen, kann auf die alttestamentarische Rechtskonstruktion des Rechtsgehorsam der Ehefrau zurückgeführt werden, ebenso wie die Aussage, dass daraus dem Witwer heil, sende und gelücke535 er- wachsen sei. Dass ‘gelucke’ ein mittelalterlicher Rechtsbegriff im Sinne von “Gebot und Bestimmung Gottes” war, hat W. Sanders be- legt.536 Heil, selde und gelücke hatte der ackermann, weil seine Frau 527 Zeit, Zeitraum, Lexer, Bd. 2., Sp. 886f. 528 Kapitel 3. 529 Kapitel 13. 530 Jungbluth 1983, Bd. 2, S.88. Bertau, Bd.2 1994, S. 256. 531 Lexer, Bd. 2, Sp. 1528f. 532 DWb, Bd. 10, Sp. 858f. 533 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 120, Anm. 741. 534 So z. B.: Ps 90,1: ... vnd mein zuflucht mein gott. Ps 90,9:.. du hast gesetzet dein höchst zuflucht 535 Kapitel 11. 536 Sanders, Willy: Glück Zur Herkunft und Bedeutungsentwicklung eines mittelal- terlichen Schicksalsbegriffs, Köln/ Graz 1965, S. 261. 228 es an got erworben und verdientet537 hatte. Das Handlungsfeld der Ehefrau wird verdeckt als hilffen entwickelt, das wie in den fünf Weisheitsbüchern der EDB auf das behaltsam/ heyl im Bereich des Leibes und der Seele des Mannes bezogen wird. Die Figur Margreth entspricht dem alttestamentarischen guten weib. Warum der acker- mann in den Beschreibungen seiner Frau nicht den Rechtsterminus Hilfe verwendet, wird im später im Untersuchungsschritt Prozess analysiert. Inwieweit in den Ausführungen zu Margreth auch das alt- testamentarische Handlungsfeld ‘Hausfrau’ enthalten ist, wird im Fol- genden herausgearbeitet. Margreth wird als hausfrau538 bezeichnet. Ihr Handlungsfeld wird aber nicht wie in den Weisheitsbüchern der EDB mit einzelnen Tätig- keiten, sondern zusammenfassend mit frütig539 beschrieben. Dieser Begriff charakterisierte ‘Frucht und Nutzen bringend’,540 was den alt- testamentlichen Aussagen entspricht. Diese Dimension beinhaltet auch die Erfahrung, dass alles ihr Anvertraute rein blieb und darüber hinaus noch vermehrt wurde.541 Das menschliches geslechte sagt ihr Dank,542 so bringt der ackermann die Wirkungen der Ehefrau auf Dritte zum Ausdruck. Der Tot konkretisiert dies mit guter gewissen, freutholt, getreu, gewere und zumale gütig ... gen allen leuten. 543 Diese Beschreibungen von Margreth konkretisieren das alttesta- mentarische Handlungsfeld hausfrawe.544 Der ackermann nennt sei- ne Frau auch die reine545 züchtige, getreue und stete hausere.546 Hus-ehre definiert die ‘Gastlichkeit und Sicherheit und Ruhe des Hauses, wie sie die Ehre des Hausherrn gebietet’.547 G. Jungbluth erklärt, dass dieser Begriff im ACKERMANN zum ersten Mal für eine 537 Kapitel 11. 538 Kapitel 34. In der Handschrift B im 12. Kapitel steht statt ‘weib’ ‘hausfraw’. In den Handschriften P, Q und den Drucken a und b im 14. Kapitel ‘Hausfrauen’. 539 Kapitel 7. 540 Lexer, Bd. 3, Sp. 547. 541 Kapitel 11: Was ir enpholen wart, das wart von ir ganz rein und unversert, oft mit merung widerkerert. 542 Kapitel 9: das menschliches geslechte, da lieblich sprechend “Dank ... habe die zarte tochter. 543 Kapitel 4. 544 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 115-117, Anm. 699-718. 545 Kapitel 11. 546 Kapitel 21. 547 Lexer, Bd. 1, Sp. 1402. 229 Frau verwendet werde.548 G. Bertau konkretisiert für diesen Begriff, dass er synonym für die personifizierende Treue stehe, und erst Lu- ther gebrauche das Wort wieder.549 Der Begriff wird in Luthers Bibe- lübersetzung mit einer Randglosse erklärt: “(Hausehre) heisst auff Ebreisch ein Hausfraw.”550 Es liegt nahe, dass Tepl die hebräische Wortbedeutung kannte. Das könnte sowohl auf seinen He- bräischkenntnissen als auch auf seiner Freundschaft mit dem Juden Petrus Rothers beruhen, dem Adressaten des Widmungsbriefes. Mit dem männlich geprägten Begriff hausere wird Margreth in der Positi- on dargestellt, die in den Weisheitsbüchern der EDB dem guten weib zugeschrieben wird. 3.2.2 Das Ehekonzept des ackermann Die Ausführungen über die Ehe von ackermann und Margreth werden danach befragt, ob sich in ihnen alttestamentarische Korre- spondenzen ermitteln lassen. Für die Figur Margreth ist herausgear- beitet, dass sie auf der Grundlage des alttestamentarischen guten weibs entfaltet wird. Die Ehe mit einem guten weib ist in den Weis- heitsbüchern der EDB für den Mann an seine Gemeinschaft mit der Figur weysheit551 gebunden. Dass diese Konstruktion für den Prota- gonisten ackermann verwendet worden ist, lässt sich anhand der Aussage des Tots erkennen: Wir waren dabei, do frau Weisheit dir ir weisheit mitteilet.552 Die Aussage leitet die ironische Auflistung von alttestamentlichen, historischen und mythischen Männergestalten ein. Die Figuren hat G. Jungbluth analysiert,553 und K. Bertau kon- statiert, dass die Rede in ihrer Gesamtheit dem Muster der ironi- 548 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 80. 549 Bertau, Bd.2 1994, S. 230. 550 Luther Ps 68,13: “Und die Hausehre teilte...” In einer Randglosse wird der Be- griff erklärt. Das DWb erläutert dazu, dass das Ansehen, der Glanz und die Eh- re des Hauswesens gelobt werden konnten, “sofern es durch die frau, wirt- schaftlich und sittlich, gestützt wird.” Belege hierzu stammen aus dem 16. Jahr- hunderts: “hausehr ligt am weib, und nit am man (1560).” “Die hausehr ligt mehr am weibe, dann am mann (1591).” DWb Bd. 10, Sp. 656f. 551 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 110, Anm. 645- 648. 552 Kapitel 18. 553 Jungbluth, Günther: Zum 18. Kapitel des ‘ackermann aus Böhmen, in: Märchen, Mythos, Dichtung (= Festschrift F. von der Leyden), München 1963, S. 343-373. 230 schen Rede Gottes an Hiob (Hiob 38) folge.554 Wird die Inanspruch- nahme der Gottesrede an Hiob zugrunde gelegt, wird erneut deutlich, dass der Tot mit dem Redegestus die Stellung Gottes beansprucht. Trotz der Ironie der Rede beschreibt die erste Aussage die alttesta- mentarische Gemeinschaft mit der Weisheit, die vom Tot als Frau genannt wird. Daraus folgt für den ackermann, dass der Tot ihn iro- nisch als weisen Mann etikettiert, während der ackermann sich mit dem alttestamentarischen Konzept verdeckt gestaltet..555 Dieses Konzept wird nicht nur mit dem Wissen über die Schöpfung, dem Er- kennen, dass seine Ehefrau ein gutes weib war, sondern auch in den Ausführungen über das Zustandeskommen seiner Ehe erkennbar. Er führt aus, seine Frau sei die löbliche gabe, die niemant dann got al- lein geben mag,556 gewesen. Mit Gabe wird sie als ‘Geschenk’557 Gottes ausgewiesen, was ebenfalls mit auserwehlten liebsten haus- frauen und auserweltes weib558 zum Ausdruck kommt. Das wechselseitige Verhältnis der Eheleute beschreibt der acker- mann: ich was ir friedel, sie mein amie,559 die in Überlieferungen mit “vnd”560 verbunden werden. Friedel bedeutete ‘Liebster, Buhle, Bräu- tigam und Gatte’.561 Ein Bezug zur ‘Friedelehe’562 ist nicht herzustel- len, da dieses Rechtsverhältnis aufgrund der gabe Gottes und den Bezeichnungen hausfrau und hausere ausgeschlossen werden kann.563 Amie definierte ‘Geliebte, Buhle’.564 Das Wort wird von Sal- zer als Mariensinnbild565 belegt. Die Version ir friedel vnd mein amie 554 Bertau 1994, Bd. 2, S. 348. 555 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 110, Anm. 645-648. 556 Kapitel 7. 557 Lexer, Bd. 1, Sp. 720. 558 Kapitel 34. 559 Kapitel 5. 560 Handschrift D, E, L, M, K, I. 561 Lexer, Bd. 3, Sp. 513f; DWb, Bd. 4, Sp. 188. 562 Die ‘Friedelehe’ beruhte nicht auf dem Vertrag zweier Familien, sondern nur auf der Übereinkunft der Partner. Mikat, P.: Ehe, in: HDRG (1971), Bd 1, Sp. 809- 832, Sp. 808-821; Ogris, W: Friedelehe, in: HDRG (1971), Bd. 1, Sp. 1293- 1296, Sp. 1293; Meyer H: Friedelehe und Mutterrecht, in: ZRG-GA, Bd. 47 (1927), S. 198-286, S. 198f; Ennen 1984, S. 46-48. Goetz 1995, S.199-242; Duby, George: Ritter, Frau, Priester. Die Ehe im feudalen Frankreich, Frankfurt a.M. 1988, S. 51; Angenendt 2000, S. 273. 563 Kapitel 5. 564 Lexer, Bd. 1, Sp.51; DWb, Bd. 2, Sp. 498-503. 565 Salzer 1967, S. 562. Siehe auch Aussage: ”got ist glich dem minnegernden 231 betont nicht nur die gegenseitige Liebe des Ehepaars, sondern be- schreibt auch die Rechtmäßigkeit der Geschlechterbeziehung. Die Formulierung zeigt Korrespondenz mit der Aussage der Braut im Hohelied der EDB: mein lieber ist mir vnd ich im.566 Die Beschrei- bungen der gegenseitigen Liebe von Mann und Frau unterscheiden sich darin, dass die Frau im Hohelied ihre bestehende Liebe zu ih- rem lieben (Bräutigam) beschreibt, während der ackermann den Verlust seiner Ehefrau beklagt. Die von G. Jungbluth und K. Bertau für friedel und amie nachgewiesen literarischen Traditionslinien567 werden mit dem Bezug zum Hohelied erweitert. Die Bezeichnung mein aller liebste568 könnte ebenfalls aus dem Hohelied der EDB stammen.569 Auch aus der Aussage: Ist sie mir leiblichen tot, in mein gedechtnüß lebt sie noch immer570 kann in Beziehung zum Hohelied 8,6 gesetzt werden: die lieb ist stark als der tod. Die vom ackermann dargestellte gegenseitige Liebe entspricht der Konstruktion der Liebe als Fundament der alttestamentarischen Ehe. Für diese Grundlage spricht auch, dass in den Ausführungen des ackermann kein Hinweis auf die Herrschaft des Mannes in der Ehe enthalten ist. Die Herr- schaft des Mannes ist im alttestamentarischem Konzept gutes weib bereits enthalten, die der ackermann mit den Beschreibungen seiner Frau übernimmt. Der ackermann beschreibt auch die Geschlechtlichkeit seiner Ehe. Der Ehevollzug erfährt seine Konkretion mit hab erkant571 und guter und frölicher mitewonung.572 Da er den keuschen leib seiner Frau betont, ist festzustellen, das er damit auch den reinen bzw. keuschen Geschlechtsakt beschreibt, der nach den Aussagen des Alten Te- staments vollzogen werden kann.573 Auch die Metapher reines nest574 zeigt anhand der alttestamentarischen Bezeichnung nest,575 man, der zu siner amie kumpt gegan." zitiert nach: R. Anderson u.a.(Hg.): Früh- neuhochdeutsches Wörterbuch, Berlin/ New York 1989, Bd. 1, Sp. 925f. 566 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 122, Anm. 757f. 567 Jungbluth 1983, Bd. 2, S.39. Bertau 1994, Bd. 2, S. 122. 568 Kapitel 23. Nur die Handschrift B fügt an dieser Stelle ‘hausfrau’ hinzu. 569 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 124, Anm. 778. 570 Kapitel 23. 571 Kapitel 9. 572 Kapitel 7. 573 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 113, Anm. 683-690. 574 Kapitel 9 und 27. 575 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 120, Anm.742. 232 dass die Ehe beschrieben wird. Im Zusammenhang mit nest präsen- tiert der ackermann seine Kinder. Der Text, der die Korrelation zwi- schen kindern und reinem nest herstellt, ist nicht eindeutig überlie- fert. G. Jungbluths kritischer Text schreibt einleite576 mit iren kinden in reinem neste gefallen.577 Der Begriff einleite bedeutete ‘hineinfüh- ren in’.578 Der Begriff stehe im Zusammenhang des im 11. Jahrhun- dert eingeführten Ritus der ‘Aussegnung’579 bzw. des Muttersegens. Bei diesem Ritus wurde die Frau nach ihrem Wochenbett von einem Priester in die Kirche geführt. G. Jungbluth stellt den Bezug zum kirchlichen Ritus her, der mit der Aussage des ackermann einhergin- ge.580 Damit wäre nest die Bezeichnung für Kirche. In zwei Überliefe- rungen steht statt reinem nest, die Formulierung reines vest,581 die Kinder werden dort vestlinge582 genannt. K. Bertau interpretiert rei- nes vest, dass rein im Sinne von ‘heilig’ zu verstehen sei und für vest “Heiligenfeste sprachmöglich” in Betracht kämen. Danach seien vestlinge als “an heiligen Festtagen geboren” im Sinne von “Sonn- tags- oder Festtags- Kinder[n]”583 zu erklären. Reines Vest beschrie- be dann Heiligenfest, einleite den Ritus der Aussegnung. Beide kirchlichen Bezüge sind zwar denkbar, gleichwohl kann einleite auch schlicht die konkrete wörtliche Bedeutung von Zeu- gungsakt haben. Dann ist reines nest das reine Ehebett, womit die Kinder nicht nur als eheliche, sondern auch ihre Zeugung und Geburt als rein ausgewiesen werden. Die Geburten sind mit gefallen, im Sinne von ‘eintreten’584 zu identifizieren. Von diesem Vorgang wird auch mit ausgezogen hat soliche hüner585 berichtet, denn ausgezo- gen meinte ‘erzeugen, hervorbringen, gebären’.586 Auch spricht die Bezeichnung Hühner für die Kinder, denn mit henne und huner bzw. 576 Diese Intention ist in der Handschrift H naheliegend, die schreibt: ”dort her ent- gegent mit iren kinden...” 577 Kapitel 9. 578 Lexer, Bd. 1, Sp. 1436f. DWb, Bd. 3, Sp. 226. 579 Luers, A: Aussegnung, in: HWDA, Bd. 1 (1921), Sp. 729. 580 Jungbluth 1983, Bd. 2, S.66; Bertau, Bd.2 1994, S.190. 581 Handschrift A, L. 582 Handschrift A, B, L. 583 Bertau, Bd.2 1994, S.188. 584 Lexer, Bd.1, Sp 955; Bertau, Bd.2 1994, S. 189. 585 Kapitel 9. 586 DWb, Bd.1, Sp. 1039. Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 66. Bertau, Bd.2 1994, S.189. 233 nestlinge587 wird in Matthäus 23,37588 in der EDB, die der vorbildliche Mutterschaft dargestellt. Das Motiv belegt C. Brinker-von der Heyde auch für den höfischen Roman.589 Das Bild reines neste kommt vor dem alttestamentarischen Hintergrund der Geschlechterordnung Ehe auch in der die Darstellung reine muter590 zum Ausdruck. Die von A. Salzer präsentierten Paarformeln591 für die Gottesmutter Maria zei- gen, dass ‘reiner Mutter’ nicht zugleich jungfräuliche Mutterschaft abgedeckt hat. Reines nest und reine muter betonen Reinheit. Aus der Konstruktion des Ehepaars ‘weiser’ ackermann und ‘gutes weib’ Margreth erschließt sich die alttestamentarische Reinheit beider im Rahmen des Rechtsgehorsams gegenüber den Reinheitsgesetze der Rechtsordnung ee.592 Damit gewinnt die reine Geschlechtlichkeit ih- ren alttestamentarischen Ort, aus dem reine Zeugungsakte, Schwangerschaften und Geburten erwachsen. Die reine muter ist daher das logische Ergebnis im Bezug auf die Reinheit. Die herausgearbeiteten Kriterien für das Ehepaar ackermann und Margreth erwiesen sich als Übernahme der alttestamentarischen Geschlechterordnung Ehe. Daher steht das entworfene Ehepaar in der Bindung des Diagonalkreuzes. Dafür sprechen die Darstellungen der Ehefrau im Referenzrahmen hilffen und ihre betonte Reinheit, die auf das Konzept gutes weib zurückzuführen ist. Aus der Überein- stimmung erklärt sich der fehlende Hinweis auf die männliche Herr- schaft in der Ehe in den Ausführungen des ackermann.. Die hervorgehobene gegenseitige Liebe von ackermann und Margreth entspricht ebenso den Aussagen der Weisheitsbücher der EDB, die sie als Fundament der Geschlechterordnung Ehe auswei- sen. Aus der Bezeichnung göttliche gabe für Margreth und aus der dargestellten Gemeinschaft ackermann mit frau Weisheit konnte für den Witwer das alttestamentarische Konzept weiser Mann erkannt werden. 587 Kapitel 9. 588 Mt 23,37: ... wie offt wolt ich samen dein sún als die henn sament ire húnlein vnter die vettich•. 589 Brinker-von der Heyde 1996, S. 286. 590 Kapitel 21. 591 Einige Beispiele sind: “reiniu mouter unde maget; vil reine muoter unde maget; reiniu muoter diu êwige meit, aber auch: mouter vnd doch reiniu meit.” Salzer 1967, S. 102-110. 592 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 113, Anm. 683-690. 234 Im Folgenden wird herausgearbeitet, wie der ackermann Ehefrau- en und die Ehe allgemein darstellt, um weitere Übereinstimmungen mit der alttestamentarischen Geschlechterordnung Ehe zu erschlie- ßen. Der ackermann lobt nicht nur seine verstorbene Ehefrau als Aus- nahme, vielmehr legt er dar, dass ein züchtiges, schönes, keusches und an eren unverrucktes weib die irdische augenweide vor allen593 andern sei. Mit dieser Sequenz wird das Konzept gutes weib zu- sammenfassend referiert.594 Entsprechend wird ihr Handlungsfeld für ihren Mann als hilffen entfaltet: Wünnesam, lustsam, fro und wolge- mut ist der man, der ein biderweib hat,595 einerlei wo er sich befin- det.596 Die Auswahl dieser Ehefrauen obliegt Gott: wen got mit einem reinen, züchtigen, schönen weibe begabet, die gabe heißet und ist ein gabe vor aller irdischen auswendigen gabe!597 So wird die Ehe- frau als Gottesgeschenk betont, wobei auswendig im Sinne von ‘au- ßerhalb’598 den Bezug zum Geber Gott erneut hergestellt, mögli- cherweise wird auch auf die Erschaffung des weibs gemäß Genesis 2599 hingewiesen. Die Geschlechtlichkeit der Ehefrau wird mit reine bettgenoss beschrieben, wofür der Ehemann zu danken hat, alle tag mit aufgerackten henden.600 Der ackermann betont wie wohl ist dem geschehen, den du mit einem reinen unvermeiligten gatten hast ver- gattet.601 Die reine Geschlechtlichkeit der Ehefrauen sowie die Cha- rakterisierung als Gottesgeschenk kann auf das alttestamentarische gute weib zurückgeführt werden.602 Aus den Beschreibungen der ga- be Gottes ist gleichzeitig zu schließen, dass die Ehemänner in Ge- meinschaft mit der weysheit leben, sie also gleich dem ackermann als ‘weise’ zu bezeichnen sind. Das Ehepaar wird im Rahmen der Freude angesiedelt: freue dich ersamer man, freue dich reines weib, 593 Kapitel 29. 594 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 105, Anm. 589- 603. 595 Kapitel 27. 596 Kapitel 27: “er wander wo er wander.” 597 Kapitel 9. 598 DWb Bd.1, Sp. 1014f. 599 2,1 Herrschafts- und Geschlechterordung in Genesis1 bis 4,1, S. 52, Anm. 151-153. 600 Kapitel 27. 601 Kapitel 9. 602 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 110, Anm. 645. 235 ersamen mannes.603 Freude an einander weist erneut Parallelen zur alttestamentarischen Geschlechterordnung im Diagonalkreuz auf. Dieses kann auch aus der Beschreibung reines weib und ersamer man entnommen werden. Die Ehefrau wird auch mit biderweib604 be- zeichnet, das analog zu ‘biderman’605 zu verstehen ist, wobei bider ‘unbescholten’ und ‘frei von Tadel’606 bedeutete. Für Frauen betont der ackermann im Besondern zucht und ere , die in einer Paarformel zusammengefasst werden, deren Referenz- rahmen in zwei Varianten überliefert ist. Der Ort von zucht und ere ist jeweils ihre schulen. In der ersten Variante lernen die rechte zucht und ere die werden frauen in irer schulen.607 In der zweiten Form lehren608 die rechte zucht und ere die werden frauen in irer schu- len.609 Die zweite Formulierung beschreibt Lehrerinnen, die zucht und ere lehren. Diese Konstruktion stellt erneut eine Übereinstim- mung mit dem guten weib610her. Für die Definition Lehrerin spricht auch die Feststellung des ackermann, dass on das frauen steure ni- mant mag mit selden gesteuert werde,611 denn steure bedeutete ‘Stütze, Unterstützung, Beitrag und Hilfe’.612 Auch die Feststellung, dass keine manneszucht mag wesen sie sei dann mit frauenzucht gemeistert, konstruiert die Aussage einer Lehrerin. G. Jungbluth sieht eine “Antithese”,613 die ich nicht nachvollziehen kann, wird doch dargestellt, dass aus der frauenzucht die manneszucht resultiert. Auch die Formulierung, dass der menliche man, recht mutig werde, wenn er mit frauen troste gesteuert werde, greift auf die gleiche Be- ziehung zurück. Ob hier mit troste der Aspekt des Geschlechtli- chen614 mitgemeint ist, kann nicht erschlossen werden. Die Be- schreibungen des ackermann zum Zusammenhang zwischen weibli- 603 Kapitel 9. 604 Kapitel 27. 605 Lexer, Bd. 1, Sp. 266. 606 DWb, Bd. 24, Sp. 344. 607 Kapitel 29. 608 Überlieferungen L ,M, L, Q, a, b. 609 Kapitel 29. 610 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 111, Anm. 661. 611 Kapitel 29. 612 Lexer, Bd. 2, Sp. 1203. 613 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 199. 614 Hoven 1978, S. 332. 236 cher und männlicher zucht in Verbindung mit der weiblichen Lehre werden Frauen als Lehrerinnen charakterisiert. Sie sind infolgedes- sen als hilffen des Mannes dargestellt, entsprechend dem lehrenden guten weib,615 zumal auch der Bezug zu Gott mit selden hergestellt wird. Eine auf den ersten Blick nicht alttestamentarische Dimension ist in weiteren Beschreibung zu erkennen. Der ackermann stellt fest: dass ein Mann, der in frauen dienste ist, muß sich aller missetaten schamen.616 In der Aussage, dass Einer reinen frauen fingerdroen strafet und züchtigt für alle waffen einen Mann wird mit der betonten Reinheit der Frauen hervorgehoben. Dienst des Mannes und finger- droen der Frau stimmt zunächst nicht mit alttestamentarischen Aus- sagen überein. K. Bertau zitiert die Überlieferungen, die nach frau- wen man schreiben und definiert den Begriff als „Geliebter oder “Ehemann”.617 Wird Ehemann zugrunde gelegt, ist es die Ehefrau in deren dienst er steht und deren fingerdroen ihn straft. Die Ehe ist folglich der Ort, der den Mann steuert. Hier ist trotz dienst der Bezug zur Ehe mit dem guten weib festzustellen und zwar mit dem Bild der Ehefrau als Zaun.618 Das Resultat wird vom ackermann mit gute sa- mung präsentiert, im Sinne von ‘versammelter Menge, Schar, Ge- sellschaft’.619 Sie sei festzustellen alle tag auf allen planen, auf allen hofen, in allen turneien, in allen herferten je das beste.620 Gute sa- mung zeigt eine Parallele zum Hohelied, das die Frau an die Spitze der geordneten Gesellschaft setzt.621 Darüber hinaus erklärt der ak- kermann, dass die Frauen irdische freuden sint gewaltig die frauen. Die irdischen freuden lese ich auf der Folie des guten weibs nicht als profan, sondern als Folge aus ihrem alttestamentarischen Rechtsge- horsam. Der ackermann behauptet, dass Frauen es schaffen, das in zu eren geschieht alle hübheit und kurzweil auf erden.622 Diese Zu- schreibung ist keine alttestamentarische Konstruktion, sondern er- folgt aus der Formulierung aller werlt aufhaltung, festung und merung 615 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 111, Anm.661. 616 Kapitel 29. 617 Bertau 1994 ,Bd.2, S. 558. 618 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 120, Anm. 741. 619 Lexer, Bd. 2, Sp. 598-600, Sp. 599. 620 Kapitel 29. 621 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 129, Anm. 848-852. 622 Kapitel 29. 237 sint die werden frauen.623 Hier kann erneut das Bild der Ehefrau als Zaun der alttestamentarischen Bezug sein.624 Die Beschreibungen über die Wirkungen von offensichtlich Ehefrauen zeigen, dass Frau und Mann nicht als einzelne, sondern als aufeinander bezogene Konzepte in der alttestamentarischen Geschlechterordnung Ehe ausgewiesen werden. Der ackermann legt für die Ehe dar, was sie dem Ehemann be- deute: wann weibes und kinder habe ist nicht das minst teil der irdi- schen selden.625 Mit selden wird die Dimension Heil im Irdischen her- vorgehoben. Um die Allgemeingültigkeit der Aussage zu belegen, wird sie mit der Nennung von Autoritäten eingeleitet und abgeschlos- sen. Am Beginn stehen der geschriften der weisheit meister, was sich hier auf die Autoren der Weisheitsbücher beziehen kann.626 Der ackermann beruft sich abschließend auf den Römer Boecium, dem die warheit von Philosophia, der weise meisterin hintergelegt627 wor- den sei. Die Beziehung konstruiert möglicherweise die Übertragung der Gemeinschaft von weysheit und Mann auf Philosophia und Boe- cium. Den Wert der Ehe weiß aber auch jeglicher ebenteuerlich628 und sinniger man. Die Definition der Männer lässt sich gleichfalls auf die alttestamentarische Gemeinschaft mit der weysheit zurückführen. Alle angeführten ‘Männer’ nennt der ackermann seine gezeug. Er definiert sie damit rechtssprachlich, im Sinne ‘von Zeugnis ablegen und Zeuge’.629 Nicht erklärt wird, auf welchen Kenntnissen der Wert der Ehe beruht. Dies kann zwar Eigenerfahrung sein, aber aufgrund der bisher erschlossenen alttestamentarischen Übereinstimmungen liegt es nahe, dass das alttestamentarische Ehekonzept der Ordnung mit dem guten weib gemeint ist. 630 623 Kapitel 29. 624 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 120, Anm 741. 625 Kapitel 29. 626 EDB Bd. 8, S. 2: “die drew búcher salomonis: masloth•... coelet• ... cantica can- ticorum, das buch das wir heisen ecclesiasticus das ihesus ein sun syrach zu- sammengesetzt hat... vnd ein ander buch pseudographus• das man schreibtdaz buch der weisheit salomonis”. 627 Kapitel 29. 628 ‘Ebenteuerlich’ hatte die Bedeutung von ‘gleich hoher Wert.’ Lexer, Bd. 1, Sp. 504. Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 72. 629 DWb, Bd. 7, Sp. 7007-7025. 630 Deut 5,19: ... • nitt rede falsch gezeúg wider deinen nechsten. 238 Für die Ehe entfaltet der ackermann auch das Handlungsfeld des Ehemanns. Er wird im Gegensatz zum Mann des guten weibs in den Weisheitsbüchern der EDB nicht von seinen ökonomischen Tätig- keiten befreit. Einem jeden solichen man ist auch lieb nach narung zustellen und nach eren zu trachten.631 Trachten bedeutete der Wunsch ‚einen Besitz zu gelangen’.632 Der Bezug zur Nahrung stimmt nicht mit dem alttestamentarischen Konzept der Ehe mit gu- ten weib überein, da dieser Ehemann von der Mühe Adams (Genesis 3,17-19) befreit ist.633 Das trachten nach eren in der Ehe kann auf die von Gott gegebene Rechtsordnung ee zurückgeführt werden., aus deren Befolgen die Ehre erwächst. Ehre wird auch als Wechselwir- kung zwischen Ehemann und seiner Frau beschrieben. Der acker- mann führt aus: Dem Ehemann sei auch lieb, ere mit eren, treue mit treue, gut mit gute zu bezalen und widergelten.634 Auch diese Aus- sage erklärt sich auf der alttestamentarischen Folie des guten weibs. Der ackermann thematisiert in keinen seiner Ausführungen über die Ehe die Herrschaft des Mannes. Dies ist ein starker Hinweis dafür, dass die alttestamentarische Geschlechterordnung in der Bindung des Diagonalkreuzes zugrunde gelegt wird, das die Herrschaft des Mannes als integralen Bestandteil enthält. Daher gilt für den Ehe- mann im Bezug auf seine Frau: er bedarf ir nicht hüten, “wann sie ist die beste hut, die ir ein weib selber tut.”635 G. Jungbluth hat die Aus- sage als Sprichwort636 ermittelt, das als ein Allgemeingut ‘Normwis- sen’ präsentiert. C. Chasagrandes Studie mittelalterlicher Autoren dokumentiert, dass die Aufsicht über die Ehefrauen nicht grundsätz- lich dem Ehemann zugesprochen wurde.637 Der Tenor des Sprich- worts verweist erneut auf das alttestamentarische gute weib, deren hut nie gefordert wird.638 Der ackermann warnt die Ehemänner: Wer 631 Kapitel 27. 632 DWb, Bd. 21, Sp. 995-1006, Sp. 996. 633 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S.114, Anm. 694-696. 634 Kapitel 27. 635 Kapitel 27. 636 Jungbluth 1983, Bd. 2, S.91. 637 Die Quellenanalyse mittelalterlicher Autoren belegt, dass die Autoren von Frau- en fordern, selbst ihr Aufseher zu sein. Chasagrande, Carla in: Duby/ Perrot 1993, S. 86-117, S. 102. 638 Der hut wird allein über eine vnkeusche Tochter verlangt: Eccl 42,11: Festen die hut vber die vnkeuschen tochter: das sy dich villeicht. entwenn ich mache zekumen in ein itwizz des feinds • von der hinderred in der stat vnd von der verwerffung dez volcks: vnd schemlicht dich in der menig des volcks. 239 seinem weibe nicht gelauben und vertrauen will, der muß stecken in steten sorgen.639 Das mangelnde Vertrauen beruht hier nicht darauf, dass der Ehemann auf Verleumder des gutes weibs640 hört, sondern es wird allein zum Problem des Mannes erklärt. Grundsätzlich ist das Ehelob des ackermann als Übernahme des alttestamentarischen Ehekonzepts gestaltet, in dem die Konzepte von Frau und Mann aufeinander bezogen sind. Daher bekennt der ackermann, dass in der ee wollt ich leben, die weil lebend were mein leben.641 Die Formulierung weil lebend were mein leben stellt die Ehe als Ort des Lebens dar. Der Bezug zur Seele wird durch die Formu- lierung das nie so reines göttliches nest und wesen bei der sele kann nimmermer gesein dann eelich leben642 hergestellt. G. Jungbluth bemerkt zu dieser Textstelle, dass Tepl den ackermann im Wider- spruch zur Bibel (Matthäus 22,30643) argumentieren lässt, da dieser Vers des Neuen Testaments beschreibt, dass nach der Auferstehung die Ehe keinen Bestand mehr hat.644 K. Bertau argumentiert, die Aussage sei aufgrund der “gängigen Ehelehren verständlich”, weil die Ehe als “Ordnung durch Gott begründet wurde.”645 Er belegt dies mit Augustinus und dem Dominikaner Wilhelm Peraldus († um 1260). G. Jungbluth argumentiert mit Matthäus 22,30 neutestamentarisch, K. Bertau hingegen mit Klerikeraussagen, die sich auf Genesis 2 des Alten Testament beziehen. Da sich der ackermann in seinen Argu- menten auf keine neutestamentarischen Begründungen beruft, ist der von G. Jungbluth hergestellte neutestamentarische Bezug an dieser Stelle nicht angezeigt, wohl aber das alttestamentliche Ehe- konzept. Dieses wird in den Weisheitsbüchern der EDB als Funda- ment der göttlichen Rechtsordnung ee ausgewiesen. Diese verlangt Rechtsgehorsam, aus dem die Gemeinschaft mit Gott in Form be- haltsam/ heyl resultiert. Die Ehe als Geschlechterordnung beruht auf den Konzepten gutes weib und weiser Mann, wobei das gutes weib als hilffen des Mannes spezifiziert wird. Ihre hilffen leistet sie im Be- 639 Kapitel 27. 640 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 119, Anm. 736. 641 Kapitel 27. 642 Kapitel 27: In meinem sinne finde, wene und gelaube ich für war... 643 EDB: Wann in der auffferstendung gemecheln sy nit • noch werden gemechelt :wann sy seint als die engel gotz in dem himmel. 644 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 190. 645 Bertau 1994, Bd. 2, S. 521. 240 sonderen im Rahmen der leiblichen, geistigen und seelischen ‘Ge- sundheit’ und im Bezug auf den Rechtsgehorsam des Mannes. Die Frauenbeschreibungen des ackermanns über die Ehefrau konnten aufgrund des Konzepts des gute weibs erschlossen werden. Seine allgemeinen Positionierung der Ehe konnte ebenfalls auf die altte- stamentarische Geschlechterordnung zurückgeführt werden. Der Rechtsgehorsam gegenüber der göttlichen Rechtsordnung ist nicht explizit dargestellt, er ließ sich aber vor dem alttestamentarischen Hintergrund erkennen. Diese Konstruktion hat Parallelen zur Prä- sentation der Rechtsordnung ee in den Weisheitsbüchern der EDB. Auch dass die Frau nicht hilffen genannt wird, folgt ihrer Gestaltung in den Weisheitsbüchern der EDB. Ebenso entsprechen die Ausfüh- rungen über die Ehe als Ort der Freude und der Liebe den alttesta- mentarischen Aussagen. Die alttestamentarischen Gestaltung der Ehe und der Ehefrau entwickeln die Gemeinschaft mit Gott, in Form von Heil. So be- schreibt auch der ackermann die Ehe als Gemeinschaft, in der die ir- dischen und spirituellen Aspekte des Heils wirksam sind. Fehlt die Ehefrau, ist dem Mann das Heil verstellt. Die Dimensionen des Heils konnten an den Ausführungen der Freude und Wohlgefühls erkannt werden. Das wird auch im Hinblick auf die Seele ausgeführt. Der ackermann erklärt aber nicht alle Ehefrauen für gute weiber, denn er legt dar: Wie es neben Gold Blei, neben Weizen raten, of- fensichtlich Kornraden, neben Münzen beislege, im Sinne von Falschgeld646 gäbe, so sei dies auch bei Frauen der Fall, denn neben weiben gäbe es die unweib.647 Die Trennung zwischen weib und unweib ist offensichtliche die Unterscheidung von Ehefrauen, weil sie im Rahmen der Ehe dargelegt wird, womit eine Verbindung zu dem Ehefrau- und Ehekonzept der Weisheitsbücher der EDB648 herzu- stellen ist. Die allgemeinen Argumentationen des ackermanns über Ehe und Ehefrau konnten als Übernahme und erweiternde Interpretationen der alttestamentarischen Geschlechterordnung gemäß der Weis- heitsbücher der EDB entschlüsselt werden. Da auch der her Tot wertend Ehe und Ehefrau beschreibt, werden seine Ausführungen 646 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 202. 647 Kapitel 29. 648 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 135-137, Anm. 920-940. 241 befragt, ob sich auch aus ihnen Bezüge zum alttestamentarischen Ehe- und Ehefrauenkonzept erschließen lassen. Seine Darstellungen können dahingehend befragt werden, in welchem Maße alttesta- mentliche Ausführungen referiert oder interpretiert werden. 3.2.3 Das Ehekonzept des hern Tot Der Tot entwickelt seine Ehrkonstruktion indem er feststellt: Als balde ein man ein weib nimt, also balde wirt er selbander in unser gefengnüß.649 Mit der Gefängnismetapher wird die Ehe im Herr- schaftsraum des Tots angesiedelt. Damit wird der Ehe sowohl ihre göttliche Stiftung (Genesis 2) negiert als auch ihr Platz als Funda- ment der alttestamentarischen Rechtsordnung genommen. Das Ge- fängnisbild entwickelt jedoch eine Parallele zu Aussagen der Weis- heitsbücher der EDB, nämlich zu der nicht ehelichen Geschlechter- beziehung mit dem gemeinen weib.650 Darüber hinaus kommt eine Nähe zu 1. Korinther 7,1651 im Neuen Testament in Betracht, wobei aber die Aussage des folgenden Verses unberücksichtigt bleibt.652 Auch der von K. Bertau653 hergestellte Bezug zu 1. Korintherbrief 7,27654 kann zugrunde liegen. Mit der Feststellung ein man ein weib nimt entwickelt der Tot, dass der Mann die Frau wählt, sie wird ihm also nicht von Gott gegeben. Diese Konstruktion entspricht der Wahl des unweibs in den Weis- heitsbüchern, mit der das Konzept unweiser Mann definiert wird.655 Der Tot führt aus, dass der Mann seiner Ehefrau nicht entkommen kann: der er mit recht nicht enberen mag, es sei denn, die weil wir mit im nicht tun unser genade. Die Formulierung unterstreicht den 649 Kapitel 28. 650 2.2.4. Die nichteheliche Geschlechterbeziehung, S. 153, Anm. 1084f. 651 ... gut ist den mannen nit zurúren das weyb. 652 1. Kor 7,2: Wann vmb die gemein vnkeusche ein ieglicher hab sein weyb: vnd ein ierlich hab iren man. 653 Bertau, Bd.2 1994, S.532. Der Vers wird im lateinischen Wortlaut und in der Lutherübersetzung (1545) zitiert. 654 EDB: Bistu gebunden dem weip: nicht entwelst suchen die entpindung. Bistu derlöst von dem weip: nicht entwelst suchen das weip. 655 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 142f, Anm. 988-990. 242 Rechtscharakter der Unauflösbarkeit der Ehe.656 Der Tot deutet die Möglichkeit an, durch seinen Herrschaftsakt Gnade die Ehe zu be- enden. Hier definiert sich der Tot abermals als Alleinherrscher über das Leben, zugleich beansprucht er erneut den göttlichen Herr- schaftsakt der Gnade für sich, den er dem Ehemann gewähren kann. Der Tot charakterisiert die eheliche Beziehung des Mannes zur Frau mit zuhant hat er.657 Diese rechtssprachliche Formulierung defi- niert Herrschaft658 über die Ehefrau, die er mit Schimpfbildern be- schreibt. Der Ehemann hat zuhant ein hantslag, die Handschriften A, D, I ,K M schreiben handslang.659 G.Jungbluth definiert für hantslag, den Zusammenhang mit dem “Eingehen des Eheverlöbnisses.” K. Bertau stellt fest, dass diese Bedeutung schwierig zu klären blei- be.660 Für hantslag liegt auch die Vorstellung einer ‘strafende Hand- gebärde’661 nahe. Wird diese zugrunde gelegt, wird damit ein von der Ehefrau geschlagener Mann dargestellt,662 womit die Herrschaft der Frau beschrieben wird. Hier ist eine Nähe zum alttestamentarischen unweib festzustellen. Handslang führt K. Bertau663 auf das Muster ‘Handwurm’ zurück und definiert auf der Grundlage von literarischen Quellen “eine Art Mittesser in den Händen von Faulen.”664 Die Be- zeichnung kann aber auch die Verkörperung des schlang (Teufel) als Ehefrau charakterisieren. Der handslang (Teufel) Ehefrau ist damit in der Hand des Mannes platziert. Diese Darstellung lässt eine Paral- lele zum alttestamentarischen unweib als Skorpion und deren Herr- schaft zu.665 Dieser Zusammenhang wird auch mit ein joch markiert, das die Ehefrau mit dem alttestamentarischen Herrschaftsbild des unweibs charakterisiert.666 Herrschaft wird auch mit ein kumat dar- 656 Winfried Becker: “Göttliches Wort”, “Göttliches Recht” “göttliche Gerechtigkeit” , Die Politisierung theologischer Begriffe?, in: Blickle 1975, S. 232-263, S. 261f. 657 Kapitel 28. 658 Bertau, Bd.2 1994, S. 120. 659 Handschrift A, D, I ,K M. 660 Zitiert nach Bertau, Bd.2 1994, S. 533. 661 Lexer, Bd.1, Sp. 1178. 662 Hier zeigt sich Ähnlichkeit zu dem um die Mitte des 13. Jahrhunderts datierten Textes ‘Daz buoch von dem übeln wîbe’, hg von Ebbinghaus, Ernst, A., 2Tübingen 1968, (= Altdeutsche Textbibliothek, Nr. 46), S.12. 663 Bertau 1994,Bd..2 , S. 533. 664 Bertau1994, Bd.2, S. 533. 665 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 139, Anm. 963 und 967. 666 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 139, Anm. 964. 243 gelegt, die ebenso wie das Joch ein Zuginstrument für Rinder und Ochsengespanne war. Die Ehefrau wird ein fegeteufel genannt, was als ‘quälender Teufel im Verständnis von Quälgeist’667 zu verstehen ist. Auch so wird ihre Herrschaft dargestellt. Für die Definition ein tegliche rostfeilen belegt Bertau die Forschungspositionen, die von “Raspel zum Befeilen der Pferdehufe” über “Striegel zum Putzen der Pferde” bis zur “Birnensorte” reichen. Er stellt fest, dass es nicht ei- nes Gebrauchsgeräts bedürfe, um ein Schimpfwort zu kreieren, und nennt die heutige Bezeichnung “Nervensäge”.668 Das Kompositum rostfeilen weist mit rost das Material der Feile als Eisen aus, das sich durch die Einwirkung von Feuchtigkeit an der Oberfläche zu einer po- rösen braunroten Schicht zersetzt. Die spanabhebende Feile wird zum Bearbeiten von Metall oder Holz gebraucht, sie hat auf der Oberfläche eine Vielzahl von Schneiden. Das Schimpfwort rostfeilen ist also als Herrschaftsinstrument zu identifizieren, mit dem der Ehe- frau unterstellt wird, sie verletze ihren Mann täglich. Die Farbangabe rost kann ihre ‘Zornesröte’ beschreiben. womit die Ehefrau das altte- stamentarische Konzept unweib669 gewinnt. Die Bezeichnung ein an- hang, also Anhänger,670 im Sinne von Last, charakterisiert die Ehe- frau zwar im Rahmen des unweibs, aber nicht mit einem alttesta- mentarischen Bild. Dies gilt auch für ein hantsliten, ein bürde, ein swere last. Die vier Bilder zeigen eine Nähe zum unweib als sack.671 Die mit neun Schimpfworten beschrieben Ehefrau erreicht damit die Zahl des Mannes in der Reihe der Menschenschimpfwörter, die zahlensymbolisch Unglück, Strafe und Leid aussagte.672 Die mit zu- hant charakterisierte Herrschaft des Mannes in der Ehe, wird mit den Herrschaftsbildern handslang, fegeteufel, joch, kumant und rostfeilen für die Ehefrau konterkariert. Der Tot beschreibt den Herrschaftsanspruch der Frau im Einzel- nen und entwirft damit auch das Konzept des Ehemanns, der seine Frau in keiner Weise beherrschen kann. Der Tot behauptet sogar, 667 DWb, Bd. 3, 1417. 668 Bertau 1994, Bd.2 1994, S. 533. 669 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 137, Anm. 940. 670 Lexer, Bd.1, Sp. 74. 671 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 140, Anm. 978. 672 3.1. Herrschafts- und Geschlechterkonzepte, S. 193, Anm. 189. 244 ein weib stellt alle tage danach, das sie man werde.673 Die Aussage hat auch sexuelle Komponenten, siehe w. u. Darüber hinaus wolle sie stets etwas diametral anderes als ihr Mann. Niemals könne der Mann einen Sieg über seine Ehefrau erringen.674 Die Ehefrau sei ih- rem Manne ebenso immer argumentativ überlegen.675 Bosheit und Spott kennzeichneten ihre Worte,676 die Kategorien der Rechtsord- nung bedeuteten ihr nichts.677 Dem Ehemann bleibe nur die Alterna- tive, entweder die Ansprüche seiner Frau zu erfüllen oder ihrem lau- ten bzw. leisen Unmut ausgesetzt zu sein.678 Täglich werde er ge- straft, wenn er ihre jährlichen Forderungen nach neuen Kleidern679 nicht erfülle. Mit strafen wird abermals die Herrschaft der Ehefrau dargestellt. Diese erstrecke sich auch auf die eheliche Geschlecht- lichkeit, denn im Gegensatz zu ihrem Siechtum hinsichtlich der Arbeit ist sie gesunt zur wollust, hier im pejorativen Sinn. Dabei sei sie zam und wilde, wann sie des bedarf. Die Folgen dieser Art von gesunt für den Mann, verschweigt der Tot ‘schamhaft’: Der nacht gebrechen sei aller geswigen, von alters wegen schamten wir uns. Ob mit der nacht gebrechen auf Impotenz oder aber auf die nicht erfüllten Ansprüche der Frau Bezug genommen worden ist, wird nicht erläutert.680 Auch im Bereich der ehelichen Sexualität wird der Mann als von der Frau beherrscht dargestellt, was im alttestamentarischen Rahmen der Ehe mit dem unweib nicht beschreiben wird. Mit diesen Beschreibungen kann eine Parallele zum alttestamentarischen gemeinen weib681 re- konstruiert werden, Während ein gemeines weib zu sein, auf der Willensentscheidung der Frau beruht, stellt der Tot das Handeln der Ehefrau als angeboren dar. Ihr Handeln entspricht im Wesentlichen 673 Kapitel 28. 674 Kapitel 28: zeucht er auf ,so zeucht sie nider, will er so, so wil sie sust, will er dahin, will sie dorthin.- solich spil wirt er sat und siglos alle tag. 675 Kapitel 28: umb werwort zu finden bedarf sie keines ratmannes ... 676 Kapitel 28: Wirt dann icht von ir gelobt, das muß mit schanden in einem drech- selstul gedreet werden; dannoch wirt das loben dicke mit gespötte gemischet. 677 Kapitel 28: geboten ding nicht tun, verbotene ding tun fleißigt sie sich allzeit. 678 Kapitel 28: alle tage neue anmutung (Zumutungen/ Ansinnen, DWb, Bd, 1, Sp. 410) oder keifen, alle wochen fremde aussatzung, (Verordnung, DWb, Bd, 1. Sp. 944) oder murmeln. 679 Kapitel 28: alle jar neues kleiden oder tegeliches strafen muß ein jeglicher be- weibter man haben. 680 Beide Aspekte werden von Frauenseite in Fastnachtsspielen erhoben, Blank, Walter: Ehelehren in mittelhochdeutscher Dichtung. Nürnberger Fastnachtspiele des 15. Jahrhunderts, in: Asheroft u.a. 1987, S. 192-203, S. 196f. 681 2.2.4. Die nichteheliche Geschlechterbeziehung , S. 151f, Anm. 1064-1072. 245 dem des gemeinen weib, denn sie kann triegen, listen, smeichen, spinnen, liebkosen, widerburren, lachen, weinen ... wol in einem au- genblick.682 Die acht Handlungen unterstreichen auch negativ zah- lensymbolisch die Aussage, als “acht Arten der Lüge”.683 Der Tot vermischt in seinen Ausführungen über die Ehefrau das Konzept unweib mit dem des gemeines weib, zumal der Tot die widerwärtige, folglich die unreine Geschlechtlichkeit der Ehefrau mit: alle monat neuen unlüstigen unflat oder granen betont. Wie K. Bertau darlegt, wird die Alternative Menstruation oder Schwangerschaft präsen- tiert.684 Damit stellt der Tot Schwangerschaft erneut negativ dar. Da Schwangerschaft in den Weisheitsbüchern der EDB weder den unweib noch dem gemeinen weib zugeschrieben wird, bleibt diese Aussage ohne alttestamentarischen Bezug. Die Ausführungen des Tots über die Herrschaft der Ehefrau in der Ehe lassen zu, die im Wesentlichen die alttestamentarischen Dar- stellungen der Ehe mit dem unweib zugrunde zu legen. Dafür spricht auch seine Präsentation des Ehelebens: ein beweibter man hat do- ner, schauer, füchs(e) und slangen alle tag in seinem haus.685 Das Unwetter kann eine Gottesstrafe darstellten.686 Schlang und die Füchse sind als alttestamentarische Teufelsbilder687 zu identifizieren, die auf die Ehefrau übertragen werden. Auch diese Zuschreibungen lassen Konturen des unweibs688 erkennen, denn dafür spricht auch, dass die Ehefrau nicht als hilffen des Mannes für seinen Leib und Seele oder als Hausfrau gestaltet wird, denn die Verweigerung des Handlungsfeldes der Hausfrau wird mit siech zu arbeit689 beschrie- ben. Die Generalisierung aller Ehefrauen als Mischung von unweib und gemeinen weib ist vor dem alttestamentarischen Hintergrund eine Verkehrung der Konzepte. Bei der Konstruktion der Ehe wird die Herrschaft der Frau auf der Grundlage des unweibs entwickelt. Alle 682 Kaptitel 28. 683 Meyer/ Suntrup 1987, Sp. 568. 684 Bertau1994, Bd.2, S. 542. 685 Kapitel 28. 686 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 61, Anm. 214. 687 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 127, Anm. 822. 688 2.2.2 Die Geschlechterordnung Ehe, S. 137, Anm . 945-947. 689 Kapitel 29: siech zu arbeit ... 246 seine Aussagen bezieht der Tot auf die biderben frauen, er betont aber, er könne über die unbiderben kunden ... vil mer singen und sa- gen. Im Zusammenhang der zuvor präsentierten elf obszönen Frau- enschimpfwörter und seinen Beschreibungen der Ehefrau wird die Steigerung der vulgären Diffamierungen der unbiderben Frauen dem Rezipienten überlassen. Durch die verallgemeinerten Ausführungen über die Ehe wird der Ehefrau nicht nur jeglicher Wert abgesprochen, sondern es entfällt auch die alttestamentarische Ehe als Ordnung des Paares. Für die Darstellungen der Ehefrau und der Ehe durch den hern Tots trifft abermals die Feststellung des ackermanns zu: under warheit falsch micht ir mir ein. Der her Tot lehnt also die Ehe als Geschlechterbe- ziehung ab. Koch hat für die Befragungen von Ketzern belegt, dass die Ablehnung der Ehe ein Indiz für Ketzerei war.690 Die Aussagen des Tots legen diese Position nahe, der aber im Rahmen meiner Fragestellungen nicht nachgegangen wird. Die Ausführungen des ackermann über Ehefrau und Ehe ließen sich auf die alttestamentarischen Darstellungen des gutes weibs und der Ehe im Rahmen der göttlichen Rechtsordnung zurückführen. Es konnte festgestellt werden, dass die alttestamentarischen Positionen teilweise erweiternd interpretiert werden. Auch in den Argumentatio- nen des hern Tots ließen sich alttestamentarische Definitionen er- kennen, die als Rechtsungehorsam gegenüber der göttlichen Rechtsordnung erkannt werden konnten. Da der her Tot aber seine Konkretionen der Ehefrau und der Ehe verabsolutiert, sind seine Darstellungen aufgrund der alttestamentarischen Unterscheidungs- kriterien erneut falsch. Die Figur ackermann präsentiert die alttestamentarische ‘Wahr- heit’, die des hern Tots ist entsprechend die ‘Unwahrheit’, die er an- hand der Verkehrung der Schöpfung und seiner Menschen-, Ehe- frau- und Ehebeschreibungen entfaltet. Die Ausnahme, die der Tot mit seiner Beurteilung der toten Ehefrau des ackermann macht, schreibt ihr zwar Reinheit und Beständigkeit seit ihrer Geburt zu, die- se seinen ihr aber nur erhalten geblieben, weil er sie durch seine Gnade hat sterben lassen, also bevor sie ihrer Reinheit und Bestän- digkeit entsagt hat. Damit hat der Tot auch diese Ehefrau nur als 690 Koch, Gottfried: Frauenfrage und Ketzertum im Mittelalter, Frauenbewegungen im Rahmen des Katharismus und des Waldensertums und ihre sozialen Wur- zeln (12.-14 Jahrhundert), Berlin (Ost) 1962, S 41-43. 247 temporäres gutes weib beschrieben. Auch diese Darstellung erweist sich vor dem alttestamentarischen Konzept gutes weib als falsch. Der alttestamentarische Hintergrund der göttlichen Rechtsordnung der Welt konnte in den Reden von ackermann und Tot nachgewiesen werden. 3.3 Der Prozess und das Urteil Die Themen in den Wechselreden, insbesondere die Auseinan- dersetzung über die Ehefrau und die Ehe, werden im folgenden Un- tersuchungsschritt daraufhin überprüft, inwieweit mit den Reden ein deutschrechtlicher Prozess gestaltet wird. Dass diese Prozessform auch in Böhmen üblich war, belegt E Werunsky.691 Zugleich werden weitere alttestamentarischen Beziehungen erfragt. Bevor Korrespondenzen zum deutschrechtlichen Prozess er- schlossen werden, wird diese Prozessform knapp vorgestellt. F. Kern und A. von Kries betonen, dass im deutschrechtlichen Prozess nicht zwischen Strafrecht, Privatrecht und Öffentlichem Recht unterschie- den wurden.692 Nach G. Kocher war der Zweck des Prozesses zielo- rientiert auf das Urteil gerichtet, das den gestörten Rechtsfrieden für den Kläger und den Beklagten693 wiederherstellte. Beendet wurde der Prozess auch mit einer entschidunge oder entschait, also einem Schiedsurteil.694 W. Schild konstatiert, dass der Inhalt der Urteilsfor- men nach den Rechtsvorstellungen bereits festgelegt war, der ledig- lich im Referenzrahmen der göttlichen Weltordnung gefunden werden musste.695 Das Gericht war zweigeteilt, es bestand aus Richter und Schöffen, die auch ‘Urteiler’696 genannt wurden. Die Aufgabe der 691 Werunsky, Emil: Der Ordo iudicii terre Boemie, in: ZRG-GA, Bd. 10 (1889), S. 98-167, S. 130. 692 Kern, Fritz: Recht und Verfassung im Mittelalter, 2Darmstadt 1958, S. 7 und 18 Anm. 1; Kries von, August: Der Beweis im Strafprozeß des Mittelalters, Neu- druck der Ausgabe Weimar 1878, Aalen 1975, S. 1. 693 Kocher, Gernot: Abstraktion und Symbolik im Rechtsleben, in: Blaschitz u.a. 1992, S. 191-207, S. 197. 694 DRWb, Bd. 2 (1932), Sp. 1593f, Stichwort: Entscheidung. 695 Schild 1985, S. 126. 696 Schild 1985, S.125; Lenel, P.: Scheidung von Richter und Urteilern in der deut- schen Gerichtsverfassung seit der Rezeption des fremden Rechts, in: ZRG-GA, 248 Schöffen als Urteiler war es, das Urteil zu finden, welches der Richter verkündete.697 Der Richter unterlag dem Richtereid,698 der ihn ver- pflichtete gleiches Recht für ‘Arme wie Reiche’, ‘Lieben wie Leiden’, ‘Freund wie Feind’ zu sprechen.699 Gleichwohl gab es auch den ‘selbsturteilenden’700 Richter. Der Prozess wurde als Zweikampf vor den Augen des Gerichts701 verstanden. Das Rechtswort, das den Prozess charakterisierende war krieg, womit der ‘Rechtsstreit’ im Sinne von handgreiflichem Streit’702 vorgestellt wurde. Der krieg konnte mit Schild und Schwert703 oder mit Worten geführt werden.704 Prozessgegenstand war die sach(e), im ‘Wortkrieg’ unterlag die Mündlichkeit der Verhandlungsmaxime, was bedeutete, dass nur das Vorgetragene existierte und im Urteil berücksichtigt werden durfte.705 Der ‚Wortkrieg’ um die sach erfolgte mit Rede und Widerrede706 bzw. mit Rede und Antwort.707 Die sach wurde mit Paar- und Drillingsfor- meln708 benannt. Das Vorgetragene musste Wort-für- Wort709 aufge- nommen, widerlegt710 und in formstrenger Gerichtssprache ausge- führt werden. Die Formstrenge gehörte zum Bereich des sakralen und magischen Sprechens.711 Innerhalb der Wechselreden waren Beleidigungen und Flüche712 verboten. Die Prozessgegner mussten Bd. 34 (1913), S. 440-443. 697 Schild 1985, S. 125-130. 698 Schröder 1907, S. 590f. 699 Dilcher 1961, S. 48. 700 Schröder 1907, S.45, 177, 270, 561 mit Anm. 28. 701 Schröder 1907, S. 369. 702 Lexer, Bd. 1, Sp. 1726f; DWb Bd. 14, Sp. 1592-1601, Sp. 1593. 703 DWb Bd. 11, Sp. 2216; Burdach 1917, S. 223; Werunsky, S. 130: In Böhmen mußten Kläger und Beklagter selbst mit Waffen kämpfen. 704 Schröder 1907, S. 369. Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte, Bd.1 (2. Aufl. 1906, Neudruck Berlin 1961) Bd. 2 (2. Aufl. bearb. von Frhr. von Schwerin, 1928, Neudruck Berlin 1961), Bd. 1, S. 253. 705 Brunner 1961, Bd. 1, S. 252; Bd. 2, S. 454. 706 DWb Bd. 29, Sp. 1146-1148, Sp. 1146. Bernt/ Burdach 1917, S. 159. 707 “dasz der angeklagte auf die wider ihn erhobene klage antworten müsse, ver- steht sich von selbst, die klage erscheint gewissermaszen als frage, auf die sich antwort gehört.” DWb, Bd. 1, Sp. 508-510. 708 1.2 Quellenauswahl und -diskussion, S 20, Anm. 80. 709 Schröder 1907, S. 86; Brunner 1961, Bd. 2, S. 463 mit Anm. 49. 710 Schröder 1907, S. 788. 711 Amira von, Karl: Germanisches Recht, 2 Bde., hg. u. bearb. von Eckhard, Karl August, 4Berlin Bd. 1 1960, Bd. 2. 1967. Bd.1, S. 164. Schröder 1907, S. 371. 712 “Übelhandeln mit Worten” His, Rudolf: Das Strafrecht des Deutschen Mittelal- 249 als Parteien Gott in ihren Reden einbeziehen. So sollten sie zur Wahrheit gezwungen werden.713 Ihren Vortrag hatten sie zu beeiden. Eide als bedingte Selbstverfluchungen714 sollten die Wahrheit si- chern. Den Prozessgegnern standen Rauner und Eidhelfer zur Seite, die nicht im Sinne von Zeugen einen Sachverhalt beschworen, son- dern mit ihrem Eiden die Glaubwürdigkeit ihrer Partei bekräftigten. Erfolgreich war eine Partei mit den meisten Eidhelfern.715 Ein weite- res Beweismittel war der Urkundenbeweis.716 Die Missetaten Mord, Totschlag, Körperverletzung, Raub und Diebstahl717 waren keine Offizialdelikte, sie wurden als Schaden im Sinne von sach verstanden, der einem Geschädigten entstanden war. Dieser musste das Gericht anrufen, wenn die Missetat über- nechtig718 war, also eine Nacht über die Tat bereits verstrichen war. Der anschließende Prozess war ein peinlicher im Sinne einer Straf- klage, bei der keine Standesgleichheit von Kläger und Beklagten notwendig war. 719 Der längste Zeitrahmen in dem der Geschädigte seinen Schädiger vor Gericht laden konnte war ‘Jahr und Tag’. Die Frist betrug konkret ein Jahr, sechs Wochen und drei Tage oder ein Jahr und sechs Wo- chen.720 War die Frist verstrichen, konnte keine Klage mehr erhoben werden.721 Bei einer übernechtigen Klage durfte der Beklagte nicht gefesselt zum Gericht gebracht werden,722 sondern wurde vor Ge- richt geladen. Die Gerichtsladung erfolgte mit dem formal rechtsgülti- ters in 2 Teilen (1920), Neudruck Weimar/ Aalen 1964, Bd. 2, S. 107, S. 113. 713 Dilcher 1961, S. 30. 714 Speyer, W: Fluch, in : RCA, Bd. 8 (1972), Sp. 1160-1288, Sp. 1259-1261. 715 Schröder 1907, S.370-372. Ruth, R.: Zeugen und Eideshelfer in den deutschen Rechtsquellen, Breslau 1922, S. 209-211. Schild 1985, S. 156. 716 Schröder 1907, S. 275 f, 371f, 393. 717 Schröder 1907, S. 796. 718 Schild 1985, S. 154. 719 Buchda, G: Gerüfte, in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 1586, 1965. 720 Kaufmann, E: Strafprozeß I (bis zu Carolina), in: HRG, Bd. 4 (1990), Sp. 2030- 2034, Sp. 2032. 721 Erst als der Sprachgebrauch ins Wanken geriet, musste man die Frist von sechs Wochen und drei Tagen ausdrücklich hervorheben. Schröder 1907, S. 739, Anm. 61. Klein-Buchschweiger, Franz: Jahr und Tag, Gedachte Formel der Rechtssprache, in: ZRG-GA, Bd. 67 (1950), S. 441-446. 722 Kaufmann, E.: Binden, in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 437-439, Sp. 438. Gebunden konnte der Täter nur auf frischer Tat werden. 250 gen Rechtsakt des gerüftes,723 das auch ‘Zeter- oder Landgeschrei’ genannt worden ist. Der Rechtsakt musste dreimal wiederholt wer- den: das erste gerüfte hatte in einer Entfernung vom Gerichtsort stattzufinden, das zweite und dritte hatte jeweils an einer veränderten Stelle stattzufinden. Der Rufende hatte in unterschiedlichem Wortlaut zu schreien, während er sich langsam dem Gerichtsort zu nähern hatte.724 Bei diesen drei Rechtsakten war der Name des Klägers, der des beklagten Täters, seine Tat einschließlich Tatzeit und -ort zu nennen.725 Das gerüfte musste wie alle Rechtsakte mit ‘Hand und Mund’, bzw. mit ‘Finger und Zunge’726 rechtskräftig ausgeführt wer- den, weil alle verbalen Willenserklärungen erst mit symbolischen Handgesten rechtswirksam wurden.727 Dem Rufenden des gerüfte standen Schreimannen728 bei. Folgte der Geladene dem Gerichtsruf nicht, wurde er als Rechts- verweigerer geächtet, und das Gericht verhängte in Abwesenheit die allgemeine Friedlosigkeit über ihn.729 Wurde der Geladene unter die “schädlichen Leute”730 eingeordnet, also auf biblischer Grundlage als Feind der Rechtsordnung markiert,731 war ihm der ‘Reinigungseid’ verwehrt, mit dem er seine Unschuld belegen und die Klage abwei- sen konnte.732 Ausgeschlossen von Prozesshandlungen waren gei- stig Verwirrte.733 Die Wechselreden um die beanspruchte sach aus einer vernach- teten Tat behandelten ausschließlich die Frage von Schuld oder Un- schuld des Beklagten. Konnte er belegen, dass er die sach nicht mit 723 von Kries 1975, S. 55. 724 Grimm, Jacob: Deutsche Rechtsaltertümer, 2. Bd. Göttingen 1828. 4. vermehrte Ausgabe hg von Heusler, Andreas und Hübner, Rudolf, 2 Bd., Leipzig 1922, Bd. 2, S. 517. Buchda, G: Gerüfte, in: HRG, Bd. 1 (1971), Sp. 1584-1587, Sp. 1586. “der Kläger (ruft) mit veränderter Stimme”. 725 Werunsky 1889, S. 117. 726 Schröder 1907, S 61; 80; 289; 306; 426, 737; 741; 749. 727 DRW, Bd. 4, Stichwort: Handgesten Sp. 1541-1599, Sp. 1544. Schmidt- Wiegand, Ruth: Sprachgebärden aus dem mittelalterlichen Rechtsleben, in: Martin Kintzinger 1991, S. 233-249, S.249; Schröder 1907, S.61. 728 Schröder 1907, S. 372. 729 Schröder 1907, S. 82. 730 Schröder 1907, S. 796. Schild 1985, S. 103f. 731 Schild 1985, S.103. 732 Schröder 1907, S. 788; Berndt/ Burdach, 1917, S. 160f. Schild 1985, S 156. 733 Schröder 1907, S. 752; His 1964, Bd. 1, S. 66. 251 einer Missetat, sondern rechtsmäßig erlangt hatte,734 war der Pro- zess beendet. Gelang dem Kläger der Beweis an der sach, konnte er die Einsetzung in den ursprünglichen Rechtszustand oder einen Er- satz und die Bestrafung des Beklagten verlangen.735 Die Festsetzung eines Sühnegelds ermöglichte dem Täter den Wiedereintritt in den Rechtsfrieden, es bestand aus Bußen, die dem Kläger und an das Gericht zu leisten waren. Bei der Klage wegen Mord oder Totschlag bestimmten Stand, Alter und Geschlecht des Getöteten die Leistun- gen.736 Die Wechselreden um die sach waren beendet, wenn die Urteils- bitte an den Richter737 gestellt wurde. Dem Angeklagten aber stand das ‘letzte Wort’ zu, auch nachstich738 genannt. Dieses Rechtswort weist auf die Kampfsituation hin. Danach wurde das Urteil von den Schöffen gefunden und vom Richter verkündet. Es konnte von den Parteien angenommen oder mit einer ‘Schelte’ belegt’ werden, d.h. das Urteil wurde abgelehnt.739 Während ihrer Wechselreden hatten die Parteien zu stehen. Die Bedeutung dieser Körperhaltung ergab sich aus der Notwendigkeit eine Urteilsschelte stehenden fußes oder unverwandten fußes740 zu erheben. Auch diese Rechtshandlung zeigt, dass die Einheit von Körper und Wort notwendig war, um einen gültigen Rechtsakt zu ge- stalten.741 Wurde aber eine Bewegung gemacht, kündigte diese die Annahme des Urteils. Rede und Widerrede, Urteilsbitte, Urteilsannahme oder Urteils- schelte waren Rechtsinstitute, mit denen die gestörte Rechtsordnung wiederhergestellt worden ist. Im Zentrum des Prozess stand Gott, 734 Schröder 1907, S. 188, 385-387. 735 Schröder 1907, S. 369. 736 Kaufmann, E: Strafe und Strafrecht, I. Von den Anfängen bis zur Carolina, in: HRG, Bd. 4 (1990), Sp. 2011-2019, Sp. 2011. Brunner 1961, Bd. 2, S. 794-809, S. 806f. 737 Brunner 1961, Bd. 2, S. 481; Schröder 1907, S. 86, 372. 738 “Der beklagte hat den nachstich, das letzte wort” Grimm 1922, Bd. 2, S. 491. 739 Schild 1985, S. 125. 740 Grimm1922, Bd. 2, S. 503; Brunner 1961, Bd. 2, S. 475. Brunner nennt die Handlung auch ‘unverrückten Fußes’. Schmidt-Wiegand, Ruth, in: Martin Kint- zinger, u.a. 1991, S. 233-250, S. 245. 741 Diese Körperhaltung ist in der bildenden Kunst der Zeit stets so dargestellt. 252 der in der Vorstellung der Zeit selbst Recht742 war. Das Gericht war folglich in Gott selbst gegründet. Eine Auffassung war, dass auch Gott selbst als Richter tätig wurde, wenn er im Gebet dazu angerufen wurde, damit das Gericht Gottes initiiert wurde. Diese Vorstellungen des Gerichts Gottes wird in den ab dem 10. Jahrhundert überlieferten Berichten über “Vorladungen ins Tal Josaphat”743 präsentiert. Die Texte handeln von unrechtmäßigen Todesurteilen. Die Verurteilten luden öffentlich in ihrer Todesstunde mit feierlichen Verfluchungen ih- re ‘falschen’ weltlichen Richter und Urteiler im Namen Gottes in das Tal Josaphat,744 zum alttestamentlichen Ort des Gottesgerichts.745 Die Art der Gerichtsladung bezeichnet H. Fehr als ‘Fluchzauber’.746 Starben die so Geladenen innerhalb des folgenden Jahres, war be- wiesen, dass das Todesurteil ein Fehlurteil war. Gott hatte mit dem Tod der Geladenen die Rechtsordnung wiederhergestellt.747 In die- sen Texten wird Gott als ‘Helfer’, gemäß der von A. Angenendt748 charakterisierten mittelalterlichen Vorstellung präsentiert, der als Richter seine gebrochene Rechtsordnung wieder herstellt. Auch die- se Vorstellung beruht auf einer alttestamentlichen749 Konstruktion. Das Recht und sein Friede waren im Rahmen eines Prozesses wie- derhergestellt. Im ACKERMANN wird der Ort des Gerichtes nicht genannt, da keine räumliche Situation dargestellt wird. Dieser fehlende Ort wird von G. Jungbluth “Freies Feld”750 bezeichnet. K. Bertau sieht die Stadt Saaz als Gerichtsort.751 Da Gott als selbsturteilender Richter im Text die 742 Schild 1985, S. 10. 743 Carlen, L.: Die Vorladung vor Gottes Gericht nach Walliser Quellen, in: Schwei- zer Archiv für Volkskunde 52, 1956, S. 10. Schild 1985, S. 10. Müller- Bergstrom:Gericht, Prozeß in:HWDA,Bd 3 ( 1930/1931),Sp. 669-677, 671. 744 Peukert: Josaphat, Tal. in: HWDA, Bd. 4 (1932/ 1934), Sp. 770-774. 745 2.2.1. Die weysheit, S.97, Anm. 504. 746 Fehr 1938, S. 595. 747 Diese Ladung soll der verurteilte Großmeister der Tempelherren de Molain ge- gen den Papst und den franz. König ausgesprochen haben, die nach einem Jahr starben. Peukert in: HWDA, Bd. 4 (1934/ 1935), Sp. 773. 748 Angenendt 2000, S. 114. 749 Ps 49,6: Vnd die himel erkúndent sein gerechtikeit: wann got ist ein vrteiler. Jes 33, 22: wann der herr ist vnser vteiler • der herr ist vnser eetrager • der herr ist vnser kúnig •erselb kumpt vnd macht vns behalten. Wsh 12,13: Wann es ist kain ander gott denn du • dem do ist sorg von allem: das zaigst daz du nit vrteilst daz unrecht vrteil 750 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 35. 751 Bertau 1994, Bd.2, S. 111. 253 Auseinandersetzung zwischen ackermann und Tot beendet, liegt es nahe, dass als Gerichtsort das Tal Josaphat imaginiert wird, denn diese alttestamentarische Gerichtsstätte war in Böhmen seit dem 13. Jahrhundert als Ort des Gottesgerichts bekannt.752 Für diesen Ge- richtsort als Gottesgericht753 spricht das Personal des ACKERMANN, das als ackermann, Tot und Gott imaginiert wird. Für die Kontroverse zwischen ackermann und Tot stellt K. Bur- dach Strukturen des deutschrechtlichen Prozesses fest, betont aber, dass dem Text die wesentlichen Elemente Eide, Eidhelfer und Urtei- ler fehlten.754 Die nicht vorhandenen Eide und Eidhelfer der Kontra- henten erklären sich aus der von Tepl gestalteten Gerichtssituation, bei der Gott als Richter eingesetzt ist. Im Alten Testament wird Gott als selbsturteilender vrteiler beschrieben, dessen Urteile Gerechtig- keit sind.755 Tepl verwendet die Rechtsfigur ‘selbsturteilender Richter’ für Gott, entsprechend der alttestamentarischen Beschreibungen Gottes. Diese Rechtsfigur erklärt sowohl die Abwesenheit von Schöffen bzw. Urteilern, als auch das Fehlen von Eiden und Eidhel- fer der Parteien, weil Gott die Wahrheit kennt. Für die Prozessstruktur des ACKERMANN sprechen auch die in den Überschriften genannten Termini clager756 oder ancloger,757 die aber auch von den Kopisten eingesetzt worden sein können. Da clager auch im Text der Rede Gottes verwendet wird, kennzeichnet das Wort nicht nur die Klage um die verstorbene Ehefrau, sondern mar- kiert als Rechtswort die Auseinandersetzung vor Gericht.758 Die Re- de Gottes wird in Überschriften sowohl mit dem Rechtswort urteil759 als auch mit entschait760 gekennzeichnet. Die unterschiedlichen Rechtstermini belegen, dass im Text ein Prozess beendet wird, wo- bei die Form des Abschusses rechtlich unterschiedlich bewertet wur- den. Die Reden von ackermann und Tot werden in den Überschriften 752 Peukert, in: HWDA, Bd. 4 (1933/ 1934), Sp. 773. 753 Rühle: Gottesgericht, in:HDWA, Bd. 3 ( 1930/ 1931), Sp.972- 975, 974. 754 Burdach 1917, S. 157-163, 174-182. 755 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 64, Anm. 234. 756 Kapitel 3, Handschrift C, E, G, N, O, P, Q, Druck a und b. 757 Kapitel 3, Handschrift H. 758 DWb, Bd. 11, Sp. 925f, 925. 759 Handschrift G, H, O, P, Q, Druck a, b. 760 Handschrift I, K, M. 254 als widerrede761 und antwurt762 bezeichnet, beide Termini verweisen auf Gerichtsreden. Für die Prozessform spricht außerdem, dass in der Rede Gottes, in allen Überlieferungen das Rechtswort krieg763 gebraucht wird, das in den Wechselreden764 ebenfalls verwendet wird. Es ist also der Rechtsstreit vor Gericht gemeint. Diese Bedeu- tung wird untermauert, da die heutige Bedeutung von Krieg im Text strit genannt wird.765 Vor dem Hintergrund des deutschrechtlichen Prozesses werden die ersten drei Reden des ackermann und die Antworten des Tots auf Hinweise einer poetischen Gestaltung eines gerüftes untersucht. Die erste Rede des ackermann beginnt mit den Scheltworten: vertil- ger, durchechter, mörder766 und bösewicht, die einen Feind767 der Rechtsordnung markieren, der in die Kategorie der “schädlichen Leute”768 gehört. Er wird mit seiner Rechtsposition her und seinem Namen Tot und seinem Aufenthaltsort, der unbestimmt ist: ir wohnet wo ir wonet, rechtskräftig das erste Mal zu Gericht geladen. Die Scheltworte kündigen eine peinliche Klage an. Der Klagende ruft nicht allein: Von mir und aller menniglich769 sei über euch zeter! Die Formulierung aller menniglich umfasste die Bedeutung “jeder oder jedermann”770 gleichwohl war menniglich männlich geprägt.771 Wird 761 Kapitel 2, Handschrift H, M, Kapitel 3, Handschrift M K D, I. 762 Handschrift A, C, F, H, N, O; Druck a und b. 763 Kapitel 33. 764 Kapitel 14; 32. 765 Kapitel 17. 766 Kapitel 1: Unberücksichtigt bleibt die Forschungsdiskussion über den Stamm- baum der Überlieferungen, ob hier entweder ‘landt’ oder ‘leut’ gestanden hat. Darstellung der Forschungskontroverse: Schrabon Firchow, Evelyn: Wege und Irrwege der Textkritik zum Ackermann aus Böhmen: ein Forschungsbericht, in: McConnell, Winder (HG.): in hohem prise (=Festschrift In Honor of Ernst S. Dick), Göppingen 1989, S. 45-60, S. 52ff. 767 Durchächter bedeutete Verfolger, Feind, auch im theologischen Sinn. DRW, Bd. 2, Sp. 1155. 768 Schröder, Lehrbuch, S. 796. 769 Die Formulierung steht in allen Überlieferungen. Ihre Übertragung ins Neu- hochdeutsche lautet “alle Menschen”. Burdach 1917, S. 164f; Krogmann 1981, S. 5. Eine weitere ist “Menschheit”, Genzmer 1984, S. 5. 770 Lexer, Bd. 1, Sp. 2034, DWb, Bd. 12, Sp. 1591-1593, Sp. 1591, Bertau,Bd. 2 1994, S. 76. 771 “noch in der bedeutung leib, gestalt, ... so dasz sich einst dem sinne nach mit dem erst später erscheinenden mannes bilde, mannsbild berührte” DWb, Bd. 12, Sp. 1591-1993, Sp. 1591. 255 die männliche Bedeutung zugrunde gelegt, ist zu rekonstruieren, dass alles ‘Männliche’ dem Rufenden als erforderliche ‘Schreihelfer’ beisteht. Mit der Formulierung geschriren mit gewundenen henden, wird der verbale Akt mit der Handgeste rechtswirksam dargestellt. Da der Gerufene der immaterielle Tot ist, genügt auch in einer Fiktion der Rechtsakt gerüfte nicht. Tepl bedient sich eines zusätzli- chen Mittels, um das Kommen des Tots zu erzwingen. Er benutzt offensichtliche Elemente der Beschwörung. R. Kieckhefer verweist darauf, dass der Beschwörer die göttlichen Mächte anzurufen hatte, die ihm bei der Handlung beistehen sollte.772 Der ackermann ruft die höchste Instanz an: Got, ... hasse euch ...773 Der Beschworene sollte kraft der Magie der Namen774 zum Erscheinen gezwungen werden. Der Name Tot hat damit auch den der Aspekt Magie des Namens. Zur Beschwörung gehörte der Fluch, der mit Paar- und Drillingsfor- meln zu formulieren war.775 Mit dem Fluch sollte der Beschworene aus der Rechtsgemeinschaft ausgeschlossen werden. G. Dilcher nennt dafür den Bereich “Himmel und Hölle”.776 Der Fluch als Mittel des Ausschlusses hat Parallelen zum Rechtsmittel Fluch in der EDB.777 Der beschworene Tot soll mittels diesem Fluch aus aller Schöpfung778 ausgegrenzt werden, als Rechtsmittel wird die Acht der Gottes gefordert.779 Hier ist eine Parallele zu der Verbannung des schlangs in Genesis 3 zu erkennen.780 E. Meineke legt dar, dass zu einem Beschwörungsakt die Handgeste ‘Hände zusammenschla- 772 Kieckhefer, Richard: Magie im Mittelalter, München 1992, S. 86. 773 Kapitel 1. 774 Alg: Name, in: HWDA, Bd. 4 (1933/ 34), Sp. 550-661,558. 775 Mohr, R,/ Schnackenburg, R: Beschwörung, in: 2LThK, Bd.1 (1957), Sp. 292- 294, Sp. 293. Daxelmüller, Christoph: Beschwörung, in: LexMA, Bd. 1 (1980), Sp. 2061-62; Meineke, E: Fluchdichtung III, Kontinentalwestgermanische Über- lieferung, in: RLGA, Bd. 9 (1995), S. 246-251, S. 247; Sauer, H.: Fluchdichtung I, Altenglische Überlieferung, in: RLGA, Bd. 9 (1995), S. 241f. 776 Dilcher 1961, S. 35-37. 777 2.1 Herrschafts- und Geschlechterordnung in Genesis 1 bis 4,1, S. 73, Anm. 236f. 778 Kapitel 1: Himmel, erde, sunne, monde, gestirne, mere, wag, b236-238.erg, gefilde, tal, auen, der helle abgrunt, auch alles, das leben und wesen hat, sei euch unhold, ungünstig und fluchen euch ewiglichen. 779 Kapitel 1: in der unwiderbringlichen swersten achte gotes, aller leut und jegli- cher schepfung alle zükünftige zeit beleibet. 780 2.1 Herrschafts-und Geschlechterordnung in Gensesis 1 bis 4,1, S.73 Anm. 236f 256 gen’781 gehörte, die aus dem Zeterruf des ackermanns aus der Geste ‚mit gewundenen händen782 geschlossen werden kann. Die Be- schwörung des Tots basiert auf der vom hern Tot erwähnten Bezie- hung des ackermanns mit König Salomon.783 Wie dieser besitzt so- mit der ackermann dann auch Macht über Geister und Dämonen, die Salomon nach mittelalterlicher Vorstellung784 zugeschrieben werden. Diese Macht wendet der Witwer an, um den Tot vor Gottes Gericht zu erscheinen. Tepl kombiniert in der ersten Rede des ackermann den Rechtsakt des ersten Gerichtsrufs mit Elementen einer Beschwörung, um den Tot in einem vorreformatorischen logischen Rahmen auftreten zu lassen. Der Tot bestätigt mit seinen ersten Worten: Höret, höret, hö- ret neue wunder! die Kraft des Gerichtsrufs des ackermanns. Der Tot bezeichnet die Ladung teidinge, damit definiert er die ‘auf einen Tag anberaumte gerichtliche Verhandlung’.785 Der Tot nennt die Ladung aber frevellich,786 also ‘gewalttätig, böswillig und strafbar widersätz- lich’,787 damit rechtswidrig. Er unterstellt dem Rufenden geistige Verwirrtheit,788 infolgedessen Prozessunfähigkeit. Da der Rufende weder seinen Namen, noch seinen Wohnort auch nicht seinen An- lass für seine Ladung genannt hat, fordert der Tot diese Rechtskrite- rien789 nun an. Im Rahmen der Dichtung stehen sich also Tot und le- bender Mensch gegenüber. Damit kommt erneut die Magie der Na- men zum Tragen, nennt der Rufende dem Tot seinen Namen konkret und spezifiziert seinen Wohnort, so gewinnt der Tot die Möglichkeit ihn zu töten. Der gestellten ‘magischen’ Falle entgeht der Rufende, indem er sich mit der Umschreibung ackermann zu erkennen gibt, der in Be- 781 Meineke, E: Fluch, in: RGLA, Bd. 9, S. 238-240. 782 Kapitel 1: sei über euch ernstlich zeter geschriren mit gewunden henden! 783 Kapitel 18: do her Salomon dir sein weisheit an dem totenbette fürrechert; ... 784 Kieckhefer 1995, S.118, 172, 197f. 785 Lexer, Bd. 2, Sp. 1338f. Bertau, Bd.2 1994, S. 79 zitiert Lexer. 786 Kapitel 2: Wir wissen nicht, wes du so frevellichen zeihest. 787 DRW Bd. 3, Sp. 881. Borck 1963, S. 410. 788 Kaptitel 2: Bistu aber tobend, wütend, twalmig oder anderswo on sinne so ver- zeuch und enthalt und bis nicht so snelle so swerlich zu fluchen, den worten das du nicht bekümmert werdest mit afterreue. 789 Kapitel 2: sun wer bist du, ... melde dich und lautmere was dir leides, von uns widerfahren sei. Wiederholt: nenne dich und versweig nicht, mit welicherlei sa- chen dir sei von uns so twenglicher gewalt begegent. 257 hemer land wone. Die Erfordernisse des Rechtsakts gerüfte sind damit erfüllt. Seine Prozessunfähigkeit weist der Rufende ab, indem er sein Anliegen als rechtsmäßig bezeichnet.790 Mit den Rechtsfigu- ren entzücket,791 ausgereutet792 und enphremdet793 wird unwider- bringliche[r] raub präzisiert. Formal ist also nun die sach als Raub definiert. Was dem ackermann geraubt wurde, wird mit dem ver- deckten Buchstaben M beschrieben. Dass mit dem Buchstabe die Ehefrau charakterisiert wird, ist den anschließenden Beschreibungen zu entnehmen. Diese Rede ist das zweite Gerüfte, der Verbalakt wird mit einem Fluch verbunden: Hierumb will ich on ende schreien will: ir Tot, euch sei verflucht.794 Die zuvor ausgeführte Körperhaltung: auf dürrem ast, betrübt, swarz und zerstört beleib ich und heule on underlaß795 begleitet also den Rechtsakt. In der Antwort nimmt der Tot Namen und Wohnort des Klägers auf, wie auch die Umschreibung des Namens der Toten, was der Praxis der Wort-für-Wort-Aufnahme in der Gerichtsrede entspricht, die hier bereits für die Antwort des zweiten gerüftes angewendet wird. In seiner Antwort konkretisiert der Tot seine ‘Tat’, indem er darlegt, dass er in Böhmen nu neulichs796 an einer Frau seine gena- de gewürkt hat. Der Zeitpunkt nu neulichs bestätigt eine übernächti- ge Tat. Er präzisiert mit einem Kryptogramm die Stadt Sacz797 als Tatort. G. Jungbluth bezeichnet die Art der Verschlüsselung als sel- ten.798 Sie kann in den Bereich der Namenmagie einordnet werden; denn wird der Stadtname ausgesprochen, muss der Tot sie vernich- ten. Tatopfer und Tatort bestätigen formal die sach. 790 Kapitel 3: weget es selber, ob ich icht billich zürne, wüte und klage ... 791 Die Bedeutung von “entzücket” umfasste ‘wegnehmen, entziehen, veruntreuen’. Deutsches Rechtswörterbuch, Bd. 3, Sp. 20. 792 “Ausgereutet” bedeutete: ‘vernichten, austilgen mit einem besonderen Bezug zum Acker.’ Deutsches Rechtswörterbuch, Bd. 1, Sp. 1075. Die Wortwahl zeigt Korrespondenz zur Umschreibung ‘ackermann’ und zum Selbstbild des Tots in der Funktion Gärtner. 793 Der Sinn von “enphremden” war etwas dem Eigentum eines anderen entziehen, also Raub. DWb, Bd. 3, Sp. 523. 794 Kapitel 3. 795 Kapitel 3: .... Also treibt mich der wind, ich swim dahin durch des wilden meres flüß, die tunnen haben überhant genommen mein anker haftet niergent. 796 Kapitel 4. 797 Kapitel 4: ... in einer festen hübschen stat auf einem berg werlich gelegen; der haben vier buchstaben: der achzehend, der erst, der drit, der drei und zwein- zigst in dem alphabet einen namen geflochten. 798 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 34 mit Belegen von Hübner und Burdach. 258 In seiner dritten Rede definiert der ackermann sein Verhältnis zu seiner Frau und ihre Wirkungen auf ihn. Dann ruft er über Jahr, Tag und Stunde Zeter! Waffen,799 folglich über die Tatzeit. Er schließt seine Rede mit einer zeitlich unbegrenzten Verwünschung über den Täter Tot. Die Rede stellt den rechtlich erforderlichen Akt der dritten Gerichtsladung dar. Mit dem Waffenruf war die Geste des Schwert- ziehens verbunden.800 Eine Beschreibung der Körperhaltung war nicht nötig, da die Gestik implizit enthalten war. R. His stellt heraus, dass dem Bauernstand801 das Tragen eines Schwertes im Dorf und außerhalb desselben gestattet war.802 Also ist es dem ackermann rechtlich möglich sein Schwert zu ziehen. E. Werunsky belegt für Böhmen, dass zur Wahrheitsfindung zwischen Herrn und Bauer ein gerichtlich ausgetragener Waffenkampf stattfinden konnte, der mit Schild und Schwert ausgetragen wurde.803 Der Tot gibt dem acker- mann den Rat: Hau nicht über dich, so reisen dir die spene nicht in die augen.804 Diese Aussage ist von K. Burdach als Sprichwort iden- tifiziert, das aus der Zimmermannsprache stamme.805 Gleichwohl kann hier der Zusammenhang mit dem gerichtlichen Waffenkampf hergestellt werden, Beschrieben wird die Situation, in der der Schild den Kopf schützt und das Schwert, das nach oben schlägt, vom Schild Späne abhebt, die in die Augen springen können. Die drei Rufe des ackermann gestalten poetisch den Rechtsakt der dreimaligen Gerichtsladung. Die Variationen am Ende der Reden können als Wechsel der Stimmlage und Hinschreiten zum Gerichts- ort interpretiert werden. Die Antworten des Tots haben wohl die glei- che Vorstellung abgerufen. Er begibt sich demnach ungebunden zum Gerichtsort. In den Ladungen und Antworten ist der geforderte For- malismus enthalten: Kläger mit Wohnort, sein Klagegrund im Sinne von sach wird als Töten der Ehefrau definiert, womit der Schaden des Raubes erfüllt ist. Angeklagt wird der her Tot, sein Wohnort ist als unbekannt markiert. Der Tot konkretisiert Tatort und die ver- 799 Kapitel 5: ... über das jahr, den verworfenen tag und die leidige stunde. 800 Grimm, Jacob: Deutsche Rechtsaltertümer, 2 Bde., Darmstadt 1974, Bd. 2, S. 519. 801 His 1964, Bd. 1, S. 120. 802 His 1964, Bd. 1, S. 170. 803 Werunsky 1889, S. 130. 804 Kapitel 6. 805 Das Bild war Sprichwort. Burdach erörtert die Möglichkeit, dass es aus der Zimmermannsprache stammen könnte. Burdach 1926, S 205f. 259 nachtete Tatzeit, was seine Gerichtsladung als formal korrekte kenn- zeichnet. Die folgenden Reden der Kontrahenten charakterisieren die Auseinandersetzung vor Gericht, die einen peinlichen Prozess zu- grunde legt. In den Wechselreden wird das Prinzip der Aufnahme von Worten aus den Reden der Gegenpartei fortgeführt. G. Hahn und J. Weber erklären die Wortwiederholungen als Stilmittel der personalen affekt- haften Dialogführung, mit dem die Kontinuität der Emotionen gestal- tet werde.806 F. Tschirch beschreibt die Wortwiederholung als “hauchdünnen Faden”,807 der die Reden verbinde. Die Wiederholun- gen, mit dem Fokus der deutschrechtlichen Gerichtssprache be- trachtet, weisen auf den Wort-für-Wort-Formalismus hin, der in Ge- richtsreden einzuhalten war. Der Formalismus ist nicht immer eins zu eins eingehalten, aber er ist gleichwohl auch z. B. im Lob der Sin- nesorgane des Kopfes und deren Verknüpfung mit dem Herzen durch den ackermann enthalten, der damit das männliche neun Lö- cherbild des Tots mit seinem verdeckten sieben Löcherbild des Kopfes aufgreift und widerlegt.. Das Kopfbild aber beschreibt beide Geschlechter. Die Dreigliedrigkeit der Sätze und Satzteile in den Wechselreden hat K. Burdach als Kanzleisprache808 identifiziert. Die in den Wech- selreden enthaltenen Paar- und Drillingsformeln können als Merkmal von Gerichtsreden qualifiziert werden. Anhand der Paarformeln wit- wen und weisen und landen und leuten809 ist der von G. Dilcher be- schriebene Aspekte des rechtlichen Erfassens810 zu erkennen, der auch mit den Paarformeln frunt und fro, kurz und lustsam811 darge- stellt wird. Dass der Autor weitere Rechtsformeln verwendet, ist aus einer Formulierung des 17. Kapitels zu entnehmen, die in Überliefe- 806 Weber 1949, S. 30-32. Hahn 1963, S. 30. 807 “Für gewöhnlich geschieht die Verbindung von Rede und Gegenrede im Ak- kermann in der Weise, daß der Partner ein Wort, eine Wendung des anderen aufnimmt und an diesem hauchdünnen Faden das Gespinst seiner Antwort auf- hängt.” Tschirch, Fritz: Kapitelverzahnung und Kapitelrahmung durch das Wort im "Ackermann aus Böhmen", in: Schwarz 1968, S. 490-525, S. 497. 808 Burdach, in: Schwarz 1968, S. 148-238, S. 150. 809 Kapitel 2: davon witwen und weisen, landen und leuten leides genugsamlich ist geschehen. 810 Dilcher 1961, S.38. 811 3.2.1 Margreth, die tote Ehefrau, S. 226, Anm. 518-522. 260 rungen812 steht: nennet mir mit dem munde, mit dem finger weiset mir ... K. Burdach rechnet die Formulierung dem Autor zu, obwohl der Parallelismus gezwungen klinge.813 G. Jungbluth möchte dage- gen Tepl eine solche “Plattheit nicht zuschreiben.”814 Es handelt sich um eine Rechtsformel, die mit Mund und Hand geleistet werden musste.815 Auch der Terminus leit816 spricht für die Prozesssituation, denn er war ein Rechtswort, das ‘Unrecht, Schaden und Nachteil’817 umfasste. Es charakterisiert also den Rechtsinhalt,818 der auch in den Rechtswörtern kumer819 und betrübnis820 zum Ausdruck kommt. Die Verbalinjurien dorfweiser götling821 und üppiger geuknecht822 und die des ackermanns Pfei euch, böser schandensack823 entsprechen nicht der deutschrechtlichen Prozessvorschrift, die das Beschimpfen der Gegenpartei innerhalb der Wechselreden untersagte. Diese Ab- weichungen sind damit Gestaltungselemente Tepls, welche die Dis- krepanz zwischen den Figuren ackermann und Tot unterstreicht. So erreicht die Beschimpfung des ackermanns, dass der Abscheu über das vom Tot entfaltet Menschenkonzept zum Ausdruck gebracht wird. Dagegen verstärken die Beschimpfungen des Tots nicht nur seine Missachtung gegenüber dem Witwer, sondern zugleich auch die gegenüber seinem Rechtsanspruch, der im Prozess einklagt wird. Die Grundlage der gerichtlichen Auseinandersetzung beruht auf der Auffassung vom ackermann, den hern ‘Amtmann’ Tot wegen sei- nes Amtsmissbrauches im Falle seiner Ehefrau anzuklagen. Tepl lässt den ackermann in seinem Zetergeschrei das Sterbedatum zwar 812 Handschrift C, N, O, P, Druck a und b. 813 Burdach 1917, S. 256. 814 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 117. Sein kritischer Text: Jungbluth 1969, Bd. 1, Ka- pitel 17: Nennet mir, mit dem finger weiset mir; ... 815 3. 3 Der Prozess und das Urteil, S. 255, Anm.727f. 816 Kapitel 1, 2, 6, 7, 12, 13, 14, 21, 22, 24, 32, 33. 817 DRWb, Bd. 3 (1935), Sp. 1140-1143. 818 “Auffällig ist, daß hier wie andernorts im Text unter zahlreichen Variationen für den Begriff “leid” das Wort “smerze fehlt. ... Eine überzeugende Erklärung steht noch aus.” Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 149. 819 Rechts- und Vermögensnachteil, DRWb, Bd. 8 (1984-1991), Sp. 60-63, 63. 820 Beeinträchtigung, Schaden, DRWb, Bd. 2 (1932), Sp. 225. 821 Kapitel 24. 822 Kapitel 24. 823 Kapitel 25. 261 formal korrekt, aber unpräzise mit Jahr und den verworfen tag nen- nen. In der Prozesshandlung benutzt der Autor den Wort-für-Wort- Formalismus, um den Tot die Tatzeit konkretisieren zu lassen. Er nennt den Tag: an des himels torwarts kettenfeiertag. A. Hübner macht darauf aufmerksam, dass der 1. August als der größte Un- glückstag824 des Jahres galt. Die Vorstellung von diesem Unglücks- tag hatte ihren Platz im magischen Denken, weil an diesen Tag Lu- zifer vom Himmel gestoßen worden sei.825 Mit dem Sterben an die- sem Unglückstag wird nicht nur der Zusammenhang zwischen der Aussage des unzeitgemäßen Sterbens der Ehefrau verstärkt. Dar- über hinaus wird imaginiert, dass die Seele von Margreth, solange herumirren muss, bis ihre vorbestimmte Lebenszeit vollendet war.826 Dass das Leben von Margreth sie zwar für das himmlische Paradies bestimmte, aber sie dort noch nicht ist, sagt der Tot: das sie solte zu gotes erbe in ewiger freude, in immerwerendes leben und zu unendi- ger rue nach gutem verdienen genediglich komen.827 Diese Kenntnis hat auch der ackermann, allerdings nur auf den ersten Blick. Sie fin- det sich im Gebet mit der Formulierung: enphahe genediglich den geist, enphahe gütiglich die sele meiner auserwelten liebsten haus- fraue828/ frawen829/ weib! 830 Der Tot nennt das Jahr des Sterbens der Ehefrau: Des jares, do die himmelfart offen was, do man zalte von anfang der werlt sechs tausent fünf hundert und neun und neunzig jar derselben bei kindes geburt. In der Handschrift H folgt: tausent vierhundet jar.831 Beide Jahreszahlen entsprechen sich.832 Forschungspositionen sehen in der Formulierung bei kindes geburt eine Geburt der Ehefrau.833 Da 824 Hübner 1935, in: Schwarz 1968, S. 307, Anm. 15. 825 Jungbauer: Unglücktage, in: HWDA, Bd. 8 (1936/ 1937) , Sp. 1427-1440, 1433. 826 Stemplinger, Eduard: Antiker Aberglaube in modernen Ausstrahlungen, Leipzig 1922, S. 61. 827 Kapitel 14. 828 Handschrift H, Q 829 Handschrift A, B, D, G, I, M, P, Druck a. 830 Handschrift F. 831 Kapitel 14. 832 Burdach 1926, S. 1-3; Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 94-96; Bertau, Bd.2 1994, S. 274f; Grotefend, H.: Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, Hannover 2 Bde. 1892, 2. Bd., I. Abt. 833 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 93-96. Bertau 1994, Bd. 2, S. 275: “dies wird wörtlich heißen. bei Geburt eines Kindes.” 262 aber im Text das Motiv ‘Sterben im Kindbett’ nicht ausgeführt wird, liegt es nahe, die Definition in Zusammenhang mit dem Markus - Evangeliums zu stellen, nachdem Christus erst mit seiner Taufe zum Gottessohn834 berufen wurde. Kindes geburt präzisierte damit Christi Geburt im Sinne von ‚anno Domini’. Die Nennung des Tages und Jahres gehörte formal in die Ge- richtsladungen. Diesen Formalismus hält Tepl nicht ein, denn diese Präzisierungen erfolgen während der Prozesshandlung. Die Verle- gung in den Prozess erfüllt das Eingeständnis der Tat des Tots an der vorgesehenen Stelle. Er gibt damit auch Auskunft über den fikti- ven Zeitrahmen des Prozesses, der spätestens nach Jahr und Tag einberufen sein musste, daher im Jahr 1401 sechs Wochen und ei- nen Tag nach dem 1. August vorgestellt wird. Die Wechselreden zwischen ackermann und Tot charakterisieren deutschrechtliche Gerichtsreden der Parteien. Gestritten wird um die Stellung von Ehefrau und Ehe im Rahmen der göttlichen Ordnung. Der ackermann beruft sich auf die alttestamentarische Rechtsord- nung, deren Fundament die Ehe und der Rechtsgehorsam sind, aus denen das Heil resultiert. Er begründet seinen Rechtsanspruch auf das Heil mit seiner Ehe und seiner Ehefrau, die er auf der Folie der hilffen des alttestamentarischen guten weibs beschreibt. Die behan- delte sach im Prozess ist das Heil als Rechtsanspruch, den der ak- kermann erhebt. Dem Witwer ist aufgrund des Todes seiner Frau das Heil verstellt, er hat damit einen Schaden, den er als Rechtsanspruch beim Verursacher gelten macht. Vom Tot verlangt er folglich: ergetzt mich meines schadens oder underweist mich, wie ich widerkome meines großen herzenleids.835 Der Sinn von er-getzen war einerseits ‘vergessen machen’, anderseits ‘entschädigen und vergüten’.836 Die Bedeutungen von widerkomen waren sowohl ‘wieder zu Kräften kommen’ als auch ‘Wiederkunft’.837 Wird die Forderung nach Bewäl- tigung und Vergessen rekonstruiert, ist sie damit nicht relevant inner- halb eines Prozesses. Im Zusammenhang mit einem Rechtsschaden wird eine Ersatzleistung als Rechtsanspruch gefordert, auf die jedoch verzichtet wird, wenn der Kläger vomVerursacher in den Stand ver- 834 Mk 1,11: Und ein styme wart gemacht von den himeln. Du bist mein lieber sun: in dir entzamt geuiel ich mir. 835 Kapitel 19. 836 Lexer, Bd. 1, Sp. 630. 837 Lexer, Bd. 3, Sp. 840. 263 setzt wird, den Schaden selbst zu beheben. Die Alternativen des An- spruchs beschreiben eine Form des Kompromisses. Diesen widerruft der Witwer mit der Forderung: Entweder ir widerbringet, was ir an meiner trauerwenderin, an mir und an meinen kindern arges began- gen.838 An den Rechtsanspruch schließt wieder eine Alternative an: oder kommt mit mir an got, der da ist mein, euer und aller werlt rich- ter.839 Die Drohung des Gegenvorschlags konstruiert hier bereits die Urteilsbitte. Mit der widerbringen wird rechtssprachlich ‘rückgängig machen, wieder herstellen und wieder in Besitz bringen’840 genannt. Es wird die Forderung auf Schadensersatz durch die nach Natural- restitution ersetzt, die im Rechtssprichwort: Selbe taete selbe habe841 zum Ausdruck kommt. Der ackermann appelliert: ir würdet euer ge- rechtigkeit erkennen, darnach mir genügen tun nach großer untat.842 Die Rechtsformel genügen tun umfasste ‘Befriedigung, vollständige Leistung, Genugtuung, Entschädigung, Jemanden zufrieden stellen und Recht tun’.843 K. Burdach (1917) charakterisiert die Forderung des Klägers als nur scheinbar einlenkend,844 während G.. Hahn (1963), R. Natt (1978), A. Haas, (1989), K. Bertau (1994) und Ch. Kiening (1998) in ihnen Mäßigung und Schadenersatzanspruch er- kennen.845 Auch mit genüge tun wird die Wiedereinsetzung in den alten Rechtszustand verlangt. Der Appell ist ein Rechtsvorschlag, der die Möglichkeit des Abbruch des Prozesses einräumt, wenn dem Rechtsanspruch auf Naturalrestitution entsprochen wird. Auch der Schluss der Rede: Berget die bescheidenheit! dokumentiert weder Mäßigung, noch einen Anspruch auf Schadenersatz, denn mit der Formulierung wird verlangt, dass der Tot seiner Verpflichtung nach- kommen soll, wie dies K. Burdach846 feststellt. Der Rechtsanspruch 838 Kapitel 19. 839 Kapitel 19. 840 Lexer, Bd. 3, Sp. 830; DWb, Bd. 29, Sp. 927-934. 841 Zitiert nach Schröder 1907, S. 83, Anm. 53. Die Aussage auch in den deut- schen Predigten: “... Selbe tæte, selbe habe. Daz dû dir selber gebriuwen ha- best, daz trink ouch selber.” XXVII VON FÜNF SCHENDLÎCHEN SÜNDEN, Bd.1, S. 424-441, S. 435. 842 Kapitel 19. 843 DRW, Bd. 4, Sp. 238f. 844 Burdach 1917, 285 f. 845 Hahn 1963, S. 58; Natt 1978, S. 152f; Haas 1989, S. 175; Bertau, Bd.2 1994, S. 370; Kiening 1998, S. 350 . 846 ‘Bescheidenheit’ bedeutete Verstand; gebührliches und kluges Handeln; seiner Verpflichtung nachkommen; Zuerkennung; was für das Bedürfnis ausreicht; richterlicher Entscheid. Lexer, Bd. 1, Sp. 204; DWb Bd. 1, Sp. 1557. Burdach 264 auf Naturalrestitution entspricht deutschrechtlichen Vorstellungen. Der Tot beginnt seine Antwort mit alttestamentarischen Zitaten,847 und verlangt nun seinerseits den Abbruch des Prozesses: Laß faren klagen. Er verweist den Kläger darauf, dass er auf seine Forderung nach Naturalrestitution verzichten soll, weil er seinen Schaden nicht selbst beheben kann: Nicht sene dich nach verlust, die du nicht magst widerbringen.848 Diese Rechtsauffassung des Tots ist rechts- widrig. Der ackermann antwortet ebenfalls mit alttestamentarischen Be- zügen.849 Rechtssprachlich850 wird gefordert, wenn der Tot billiglich handele, müsse er als guter strafer auch ein guter anweiser sein. Die Aussage bezieht sich auf die vom ackermann zugrunde gelegte ‘Amtherrschaft’ des Tots als gute Herrschaft, zu der die Funktionen strafer und anweiser gehören. Anweiser hatte die Bedeutungen ‘Rat- geber und Lehrmeister’, auch ‚Prozessberater und Rechtsbei- stand’.851 Dass der ackermann von dem von ihm angeklagten Tot Beratung fordert, erklärt S. Jaffe als einen Prozessschritt der Täu- schung, mit dem der Kläger den Tot immer tiefer in seine Erhaben- heit und seinen Stolz verwickele.852 Der entlarvende Prozessschritt ist auch in den drei Anträgen um Rat und Hilfe zugrunde zu legen: ratet und underweiset; Ratet helfet und steuret... Hilfe, rates und wi- derbringens seit ir mir pflichtig, wann ir habt mir getan den scha- den.853 B. Thum hat für das 13. Jahrhundert herausgearbeitet, dass Rat ein Handlungsfeld der reziproken Dynamik des Konsenses zwi- schen politisch voll handlungsfähigen Mitgliedern war.854 Mit den drei kommentiert: “... entspricht hier einem mhd. bescheidenheit toun = seiner Ver- pflichtung nachkommend” Burdach 1917, S. 287. 847 Der Beginn der Rede ist durch Vorbilder Spr 15,1; 16,21; 25,15 geprägt. Bertau 1994, Bd.2, S. 384. 848 Kapitel 20. 849 Spr 9,8 und 19,25; Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 148. Bertau, Bd.2 1994, S. 400. Spr 9,8: Nicht beresp den spotter: das er dich icht haß. Berespe den weisen: vnd er hat dich lieb. Spr 19,25: der tumb wirt weiser denn der schelmig gequelt mit kestigung: wann ob du berespest den weisen er vernimmt die lere. 850 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 151. 851 DRW, Bd. 1, Sp. 783f. 852 Jaffe, S. P.: Des Witwers Verlangen nach Rat: Ironie und Stuktureinheit im Ak- kermann aus Böhmen, in: Daphnis 7, 1978. S. 1-53, S. 51. 853 Kapitel 21. 854 “Wer râten will muß grundsätzlich »dazugehören« ... zur gleichen sozialen Schicht ... Rât bedeutete für den Herrn und die Konservativen der Epoche die 265 Anträgen positioniert der ackermann den Tot auf der Handlungsebe- ne von Amtherrschaft, die Forderungen nach hilfe, rat und wider- bringen sind daraus resultierende Rechtsansprüche. Der Tot gibt den rat855 sich der philosophischen Lehren zu erinnern: das unkleglich sein sol, der tot der tötlichen. Der Rat beruht nicht auf alttestamenta- rischen Aussagen. Den Anspruch auf Hilfe verweigert der Tot, denn er übergeht ihn. Gleichwohl räumt der Tot Naturalrestitution ein, wenn es dem Kläger gelänge, vergangene jar, gesprochene wort und verruckten magtum widerbringen, dann widerbringestu die muter deiner kinder. In der Reihe der Unmöglichkeiten bringt der Tot auch hier ein sexuelles Bild unter, welches die Frau verdeckt diffamiert. Die Antwort präzisiert erneut die geforderten Eigeninitiative des Klä- gers, allerdings als nicht erfüllbare Möglichkeit. Zugleich stellt der Tot aber dar, dass auch er dem Rechtsanspruch nach Naturalrestitution nicht entsprechen kann, weil er seine Handlungen nicht umkehren kann. Der ackermann fordert sie zwar rechtswirksam vom Verursa- cher, er wendet sich aber an den falschen Adressaten, da dies bi- blisch nur Gott und Christus möglich ist.856 Der ackermann bleibt Witwer, der nun vom Tot einen Rat in Form eines Eides857 für sein künftiges Leben verlangt: In was wesen sol ich nu mein leben rich- ten? Ich bin vormals in der lieben lüstigen ee gewesen, warzu sol ich mich nu wenden? In werltlich oder in geistlich ordenung? die sint mir beide offen.858 Die Alternative beider Geschlechterordnungen sei Ausdruck des allgemeinen gesellschaftlichen Diskurses gewesen, erklären G. Hahn (1963), R. Natt (1978), A. Haas (1989 und 1994), K. Bertau (1994) und Ch. Kiening (1998).859 Der ackermann charak- terisiert das allgemeine Handeln in den beiden Geschlechterordnun- gen: Ich nam für mich in den sinn allerlei leute wesen, schatzet und wug das mit fleiße: unvolkomen, brüchig und etwi vil mit sünden fant reziproke Dynamik des Konsens, der unter politischen voll handlungsfähigen Mitgliedern der Oberschichten ...zu erzielen ist.” Thum, in: Ragotzky/ Wenzel 1990, S.83. Bosl, Karl: Staat, Gesellschaft Wirtschaft im deutschen Mittelalter, (= Gebhardt: Handbuch der deutschen Geschichte, Bd.1, Frühzeit und Mittelal- ter, Teil VII), 6München 1982, S.79-89. 855 Kapitel 22. 856 Eine Rückkehr ins Leben wird biblisch nur Elias (1. Kön 17,23; 2. Kön 4,36) und Christus zugesprochen, der auch Tote wieder belebt hat. Mk 5,35-43, Lk 7,14: Die Auferweckung der Tochter des Jaïrus. 857 Kapitel 27: Wonet treue bei euch, so ratet mir in treuen, in geschworn eides weise ... 858 Kapitel 27. 859 Hahn 1963, S. 71; Natt 1978, S.160; Haas 1989, S. 175; Haas in: Jetzler 1994, S. 74; Bertau 1994, Bd. 2, S. 515; Kiening 1998, S. 427. 266 ich sie alle! In zweifel bin ich wo sol ich hin keren sol, mit gebrechen ist bekümer aller leut anstalt.860 Die Argumentation könnte auf Weis- heit 14, 21 bis 25861 beruhen. Die Alternativen des Witwers doku- mentieren nicht nur die Möglichkeiten für sein künftiges Leben, son- dern im Bezug auf das Heil wird die alttestamentarische Ehe der aus dem Neuen Testament entwickelten Ehelosigkeit gegenübergestellt. Beide Geschlechterordnungen soll der Tot bewerten. Die Ehe stiftet nach den Weisheitsbüchern Gott. Aus dem Neuen Testament kann gleichfalls entnommen werden,862 wie auch das Leben auf dem Wil- len Gottes beruhen sollte, zu dem diese beiden Geschlechterord- nungen gehörten.863 Diese ordenungen der Geschlechter sind inner- halb der Fiktion keine gleichartigen Möglichkeiten, zumal der acker- mann seine Aussagen über die Ehe wiederholt: In meinen sinn finde, wene und gelaube ich für war, das nie so reines götliche nest und wesen bei der sele kann nimmermer gesein dann eelich leben.864 Die vom Witwer gestellte Frage müsste der Tot im Bezug auf alt- und neutestamentarischen Definitionen bewerten. Aus dem vom Tot ge- forderten Rat ist zu rekonstruieren, dass biblische Positionen zu den Geschlechterordnungen im Bereich der freien Entscheidung abge- fragt werden. Der Tot, der in seiner letzten Rede die Entscheidung dem ackermann überlässt: tritt in welichen orden duwilt, erklärt die Geschlechterordnungen, entgegen den biblischen Aussagen, zum Bereich des Eigenwillens des Mannes. Die den Prozess auslösende sach konnte auf den alttestamentari- schen Rechtsanspruch auf Heil auf der Grundlage der Rechtsord- nung zurückgeführt werden, den die Ehefrau als gutes weib und hilf- fen des Mannes unterstützend ermöglicht. Folglich müssen im Rah- men der deutschrechtlichen Verhandlungsmaxime die Qualitäten der 860 Kapitel 27. Die Bedeutung von “Anstalt” (Handschrift H) und “anstal” (Hand- schrift A) ist nicht geklärt. Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 186. Bertau 1994, Bd. 2,. S. 520, belegt für “anstal” nach Lexer ‘Anstellung, Waffenstillstand. 861 Wsh 10,21-25: Wann ditz was ein betriegung des lebens... 24: yetzunt behúten sy nit rain das leben noch die brautlauff ...25: vnd alle ding die sind vermischt ... 862 Mt 19,6: Darumb das gott alsust gemeinsamt: ... . Mk 10,9: Darumb das gott alsust zesamen fúgt: ... 863 1. Kor 7,17: Neuer als gott hat geteilt ein ieglichen. Vnd als gott hat gerůffen ein ieglichenals gee er: ... 1.Kor 7,20: Ein ieglicher beleib in der rúffung in der er ist gerůffen. 864 Kapitel 27: In meinen sinn finde, wene und gelaube ich für war, das nie so rei- nes götliche nest und wesen bei der sele kann nimmermer gesein dann eelich leben ... 267 Menschen,865 im Besonderen die der Ehefrau866 und die Stellung der Ehe867 in der Welt Gottes vorgetragen werden. Die kontroversen Po- sitionen werden bis zur 16. Rede (31. Kapitel) des ackermann nicht angeglichen, weil sich die Parteien auf unterschiedliche göttliche Herrschaftsordnungen berufen. Daher wendet sich der Kläger ak- kermann in dieser Rede an Gott: Des beruf ich mich an Gott.868 Der ackermann verwendet eine Rechtsformel,869 um den Rechtsstreit zu beenden und stellt so die Urteilsbitte, die mit einer Strafbitte verbun- den wird: Damit gebe euch gott alles übel. Die Strafbitte gehört of- fensichtlich in den Rahmen eines Strafwunders870, das erhofft wird. Die Urteilsbitte verdeutlicht des ackermanns Überzeugung von der Sicherheit seines Rechtsanspruch auf ein ‘gerechtes’ Urteil Gottes, wie dies in den Weisheitsbüchern der EDB871 dargelegt wird, zumal auch in Psalmen872 Gott als Beschützer vor allem Übel bezeichnet wird. In Überlieferungen des ACKERMANN wird Gott als der ewige, grosse, und starke,873 aber auch als mein haylant874 bezeichnet. Auf- grund von mein haylant stellt K. Bertau fest: “Der Richtergott des 33. Kapitels ist also Christus.”875 Illustrationen des Urteils aber belegen, dass als Richter sowohl Gott876 als auch Christus877 dargestellt wird. Christus ist erkennbar an den Wundmalen der Hände und dem sicht- baren Fuß. Die formale Urteilsbitte endet in sechs Handschriften878 mit Amen. 865 Kapitel 23, 24, 25, 26, 30, 31 und 32. 866 Kapitel 29 und 30. 867 Kapitel 27 und 28. 868 Handschrift E, G ohne Definition . 869 DRWb, Bd. 2 (1932), Sp. 50-53; DWb, Bd. 1, Sp. 1531-1533, 1332. 870 Müller-Bergstrom: Strafwunder,in:.HDWA, Bd. 8 (1936/ 1937), S. 515-519, 518. 871 Wsh 12,13: Wann es ist kain ander gott denn du • dem do ist sorg von allem: das zaigst daz du nit vrteilst daz unrecht vrteil. 872 Ps 120,7: Der her behút dich vor aller vbel. Wsh 5,18: Vnd sein lieb entpfecht das geweffen: ... .Wsh 16,8: Wann in disem hastu gezeigt vnsern feinden; das du bist du do derlöst von allen vbeln... 873 Handschrift A, B, P, Druck b. 874 Handschrift C, D, H, I, K, L, M, N, O, Q, Druck a. 875 Bertau 1994, Bd. 2, S. 609. 876 Handschrift P, Blatt: <16v>. 877 Druck a, Blatt: <22v>. 878 Handschrift B, D, I K, L, M. 268 Die Verwendung des Worts hält Jungbluth879 an dieser feierlichen Stelle jedoch für unpassend, weil burschikos. Bertau kommentiert seine Forschungsposition dahingehend, dass Schmerz und Ironie seltsame Verbindungen eingingen.880 Ob das Amen der Hand- schriften vom Autor eingesetzt worden ist, muss offen bleiben. Das Amen bestätigt aber die Überzeugung des ackermanns, dass Gott ihm gemäß Weisheit 12,13881 mit seinem Urteil helfen werde. Die letzte Rede ist dem Tot vorbehalten. R. Brand erschließt aus dieser Rede den Ausdruck der Überlegenheit des Tots.882 G. Hahn erkennt im ersten Satz der Rede die Verbindung zur Streitrede, an- sonsten sei sie eine Predigt und Klage über das Menschenge- schlecht.883 K. Bertau erklärt, dass mit dem ersten Satz das „Schlusssignal” gesetzt werde. In der Rede seien die Gegenthesen des Tots nochmals präsentiert, die mit einem guten Rat zur Lebens- führung an den ackermann und der „Erklärung nun mehr vor Gottes Gericht treten zu wollen” den Dialog beenden.884 Die Rede des Tots ist im Rahmen des deutschrechtlichen Prozesses sein ‚Letztes Wort’. Den ackermann verweist er mit der Formulierung von Psalm 33,15: Jedoch kere von dem bösen und tue das gute, suche den friede und tue in stete! Aber nicht auf die alttestamentarische Rechtsordnung hin, sondern betont, zwar verdeckt, erneut, aus Furcht vor ihm dem Tot, so zu handeln. Entsprechend der Prozesssituation stellt er auch seine Urteilsbitte an Gott, in der seine Sicherheit über seine Herr- schaft zum Ausdruck kommt: Und das wir dir recht geraten haben, des kommen wir mit dir an got, den ewigen, den grossen und star- ken. Die Bezeichnungen des Tots für Gottes sprechen dafür, dass Wortwiederholung des ackermann vorgenommen wird. Beide Pro- zessparteien stellen folglich formal korrekt ihre Urteilsbitten, nach der deutschrechtlichen Prozessvorschrift. . Die Überschriften des 33 Kapitel kennzeichnen die Rede Gottes entweder als urteil oder als entschiduge/ entschait. Diese beiden Rechtswörter charakterisieren ein unterschiedliches Prozessende. 879 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 215. 880 Bertau 1994, Bd. 2, S. 609. 881 Wsh 12,13: Wann es kein ander gott denn du•dem die ist sorg von allem: das du zaigst nit vrteil das vnrecht daz vnrecht vrteil. 882 Brand 1944, S. 37. 883 Hahn 1963, S.83ff. 884 Bertau, Bd. 2. 1994, S.610. 269 Daher ist zu prüfen, ob ein Urteil oder ein Schiedsurteil präsentiert wird. Der Text beginnt mit einer Parabel über die vier Jahreszeiten, die im Rahmen ihrer Herrschaften885 definiert werden und zwitrechtig mit großen kriegen886 geworden waren, hinsichtlich Produktion und Ver- brauch aller frücht, also der Getreidesorten und des Obstes.887 Aus- geführt wird, dass die Jahreszeiten vergessen hatten das sie sich gewaltiger888 herrschafft889 rümpten die ihn von got verlihen was.890 Die Prozessparteien891 vergleicht Gott mit den Jahreszeiten: Eben- geleich tut ir beide. Die vom Tot beanspruchte Eigenherrschaft wird korrigiert: Der Tot berühmet sich gewaltiger herschaft, die er doch allein von uns als le- hen hat emphangen.892 Das Lehen Gottes bedeutet, dass der Tot in Gottes Reich Lehnsmann ist. Sein Lehngut ist das Leben: jeder mensche dem tode das leben... pflichtig ist zu geben. Mit dem Le- hen bleibt das Leben und seine Lebenszeit zwar im Obereigentum Gottes, beides steht aber dem Tot in seiner Substanz zur freien Verfügung, ohne dass Gott eingreift. Vor dem alttestamentlichen Hintergrund löst Tepl die Herrschaft Gottes über das Leben ab und konstruiert einen Lehnvertrag zwischen Gott und Tot. Mit ihm geht einher, das der alttestamentarischen Herrschaftsordnung als Rechtsordnung die Basis entzogen ist. Infolgedessen entfällt auch die Bindung an den Rechtsgehorsam, aus dem der Rechtsanspruch auf das Heil in seinen irdischen und jenseitigen Aspekten resultiert. Daraus folgt, wenn auch nur verdeckt, dass das Lehen der alttesta- mentarischen Figur weysheit keine Gültigkeit mehr hat. Mit dieser 885 erqicker und handhaber des jares. ‘Beleber’ Bertau1994, Bd.2, S. 651. 886 Der lenze, der sumer, der herbest und der winter, die vier erquicker und hand- haber des jares, die wurden zwitrechtig mit großen kriegen. 887 DWb, Bd. 4, Sp. 259-264, Sp. 259ff. 888 Handschrift B, D, H, I, K, L. M. 889 Handschrift A, B, D, F, G, H, I, K, L, M, O, P, Q, Drucke a und b. 890 Handschrift H. 891 Die Beschreibung der Herrschaften der Jahreszeiten als ‘gewaltige’ zu bezeich- nen, lehnt Jungbluth als “arge Übertreibung” ab. Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 226. Die ‘Herrschaften’ der Jahreszeiten sind im Hinblick der Mangelgesellschaften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit von nicht zu überschätzenden Bedeu- tung, weil sie die Nahrungsmengen für Mensch und Vieh bestimmten. 892 Kapitel 33: Der Tot berühmet sich gewaltiger herschaft, die er doch allein von uns als lehen hat emphangen. 270 Konstruktion werden die aus den Reden des Tots herausgearbeite- ten Analogien zu weysheit bestätigt, zumal Tepl Gott feststellen lässt, dass aufgrund der Klage des ackermann der Tot gezwungen war die warheit893 bzw. die weisheit894 zu sagen. Tepl setzt den Tot an jene Stelle, welche die Figur weysheit in der EDB die die Wahrheit Gottes in Form seiner Rechtsordnung verkündet. Nun aber teilt der Tot die Wahrheit Gottes mit. K. Bertau fragt nach dem Gehalt895 der Begriffe Wahrheit und Weisheit und definiert sie als Gottesprädikate: „Es möchte sich hier um die Gottesweisheit handeln, die der Dichter den Tod ja gerade im 32. Kapitel so nachdrücklich predigen ließ.”896 Die Brisanz der Aussage Gottes erschließt sich allerdings dann aus allen Reden des Tots, die er als Gottes Lehnsmann vorgetragen hat. Die Konsequenz ist, dass der Zweck des Lebens das Sterben ist, dass seine Vermehrung Plagen verursacht und das entfaltete obszöne Konzept des Menschen ebenso wie auch das Konzept der Ehe und der Ehefrau die Wahrheit, bzw. Weisheit Gottes künden. Dem ak- kermann wird beschieden: Der klager klagt sein verlust als ob sie897 sein erbrecht were. Verneint wird das Rechtsgut Eigen, dagegen wird das der Leihe hergestellt: das sie im von uns sei verlihn Leihe war in der Grundbedeutung begrenztes dingliches Recht an fremden Im- mobilien.898 Sie konnte auch “unentgeltliche Gebrauchsüberlassung” an beweglichen Objekten sein, im Sinne von ‚borgen’.899 Für die Rückgabe des Geliehenen konnte eine Frist vereinbart, oder es konnte aber auch jederzeit (Willkür) eingefordert werden.900 Leihe war wie Lehen ein Rechtsvertrag. Die Formulierung, die den ‚Leihe- vertrag’ zwischen ‚Gott und ackermann’ konkretisiert, ist in zwei Va- riationen überliefert: er wenet nicht901 und er gedenckt nit.902 In der 893 Handschrift B, D, H, I, M. 894 A, N, O, P, Q, Druck a und b. 895 “Aber was für eine Wahrheit denn? Dass die Menschen in Sünden geboren sind und “unflätig” sind?” Bertau 1994, Bd.2, S. 656. 896 Bertau 1994, Bd.2, S. 656. 897 Die Handschriften D, I, M schreiben: sein verlust an seinem weibe als ob sy sein rechtes (recht I) erb were ... 898 Orgis, W: Leihe, in: HRG, Bd. 2 (1978), Sp. 1820-1824. Rösener, W.: Leihe, in: LexMA, Bd. 5 (1991), Sp. 1856f. 899 Der Sinn von Leihe gilt nach heutigem Recht noch im BGB §§ 598ff. Diese Lei- he kommt in der Umgangssprache mit ‘borgen’ zum Ausdruck. 900 Orgis, W: Leihe als unentgeltliche Gebrauchsüberlassung, in: HRG, Bd. 2 (1978), Sp. 1824-1825. 901 Handschrift B, H, L, N, O, P, Q, Druck a und b. 271 ersten Form entsteht durch wene903 der Sinn von ‘Nichterwarten’. Folglich wird der ackermann mit einer Rechtslage konfrontiert, die ei- ne ‚Richtigstellung’ der Vertragsart offen legt, die er nicht erwartet hatte, weil vom alttestamentarischen ‚Vertrag’ gabe Ehefrau ausging, mit dem Eigen/ erbe einherging. Mit gedenckt nit904 wird die vorhan- dene, aber vergessene Kenntnis über die Vertragsart projiziert. Da im 33. Kapitel die Herrschaftsordnung Gottes dargelegt wird, die der alttestamentarischen widerspricht, verlangt die Textlogik die Formu- lierung wene nicht. Die zeitliche Leihe Gottes ist Ehefrau, die jeder- zeit zurückgefordert werden kann. In der Rechtsform Leihe ist Gott der Eigentümer der Ehefrau. Da aber Gott das Leben dem Tot als Lehen überlassen hat, kann dieser über die Lebenszeit bestimmen. Im Einzelfall der Ehefrau Margreth bedeutet das, dass der Lehns- mann Tot ihren Todeszeitpunkt festlegen kann. Diese Rechtskon- struktion präjudiziert den Urteilstenor. Der Urteilsspruch lautet in sechs Überlieferungen: Darumb clager la her tot, syge,905 in sieben: Darum clager habe ere, tot sig.906 K. Bertau907 Konjektur der ersten Variante lautet: ”Darum: Kläger/ gib her in unsre Hand/ Tod/ Sieg-”908 Er begründet sie mit den neutesta- mentarischen Aussagen, dass Christus909 den Tod besiegt hat. Ge- gen diese Konjektur hat W. Schröder910 Bedenken. Hinzufügen ist, dass der von K. Bertau konstruierte neutestamentarische Zusam- menhang im Widerspruch zum Lehen des Tots in Tepls Urteilstext 902 Handschrift D, F, G, L, M. 903 Wenen: ‘meinen, glauben, vermuten, ahnen, erwarten, hoffen, annehmen.’ Le- xer, Bd. 3, Sp. 678, DWb, Bd. 27 .Sp. 650-663. 904 Gedenken ‘denken, im Sinne von in Gedanken behalten, erinnern’. Lexer, Bd. 1, Sp. 768: “In gedanken behalten” DWb, Bd. 4, Sp. 1995-2010. 905 Handschrift A, B, F, G 1467, I, M. 906 Handschrift H, N, O, P, Q, Druck a und b. 907 Bertau sieht in “la her” im Sinne von ‘Herr’ einen Schreibfehler und charakteri- siert die Formulierung als den Imperativ von “herlassen” und “tod “wie auch “sy- ge” als Akkusative. „Der Gedanke folgt 1. Kor 15,54f.” Als Beleg führt er den Codex Teplensis an. Bertau, Bd.2 1994, S. 657. 908 Bertau 1994, Bd.1, S. 253. 909 Bertau 1994, Bd.2 1994, S. 609: “Der Richter - Gott des 33. Kapitels ist also Christus.” 910 Schröder, Werner: Der echte ‘Ackermann’ oder nur ein bereinigter Text der Handschrift H? in: Schröder 1999, S. 135-154, S. 138. Rezension: Johannes de Tepla, civis Zacensis, Epistola cum Libello Ackermann und Das Büchlein Ak- kermann: hg. und übersetzt von Karl Bertau, in: Schröder 1999, S. 125-134. 272 steht. Ich lese daher die erste Lesart als sieg911 der dem Tot im Rechtsstreit beschieden wird. In der zweiten Lesart bleibt dem Tot der sieg, dem ackermann wird ere als Rechtsgut zugesprochen. Die- se Zuteilung hat Parallelen zu Ecclesiasticus 10,5:: vnd er (Gott) legt sein ere auf das antlútz des schreibers, denn der ackermann hat sich als Schreiber dargestellt. Die Urteilsbegründung konkretisiert den Beginn der Lehnsherr- schaft. Gott spricht: Seit912 jeder mensche dem tode das leben, der erde den leib, die sele uns pflichtig ist zu geben. Seit lese ich sowohl kausal913 als auch temporal,914 also seit der Schöpfung der Men- schen. Rückbezüglich ist anhand der Aussagen des Tots festzustel- len, dass das Lehen mit der Schöpfung des Lebens beginnt.. Mit je- der mensche wird die Gleichheit aller hervorgehoben. Diese Konkre- tion entspricht nun im Wesentlichen der von G. Jungbluth ange- mahnten Aussage von Matthäus 22,30.915 Mit der Definition wird aber bereits im Weltlichen die Geschlechterdifferenz negiert, Mit der Auf- hebung geht einher, dass der Ehefrau das alttestamentarische Handlungsfeld hilffen entzogen wird. Mit dem Wegfall geht einher, dass auch die alttestamentarischen Geschlechterordnung im Diago- nalkreuz aufgelöst wird. Mann und Frau sind nunmehr Einzelwesen, die sich in der Ehe binden können. Die Ehe ist damit die auf die Welt beschränkte Geschlechterbeziehung. Der Mensch wird mit Formulierungen gemäß Genesis 2,7 der EDB beschrieben, allerdings wird die Abfolge Leib und Leben vertauscht, während die Seele entsprechend dem Bibeltext im Achtergewicht bleibt. Ausgeführt aber wird nicht der Moment des Anfang des Le- bens, sondern der des Sterbens: Das Leben ist dem Tod zu geben, der Leib der Erde, die Seele Gott. Der auf die Seele beschränkte An- spruch Gottes bestätigt die Aussage des Tots über sie. Gott ent- scheidet über ihre Verortung im Himmel oder der Hölle. Auf der Grundlage hat der einzelne Mensch keinen Einfluss auf den Seelen- ort des Jenseits. Ihm bleibt ihm nur sein Glaube an die Gnade Got- 911 So z. B. auch: Brand 1944, S. 21-23. Bäuml 1960, S. 113f. 912 Handschrift B: sit; H: Sert ye; I: sider; D, M: seyder; N: sey dez. 913 Jungbluth 1983, Bd. 2, S. 227: Der Urteilsspruch ist der juristischen Form nach- gebildet, mit der auch später noch üblichen formelhaften Ersparung der Artikel”, auch das kausale Seit darf in der Urteilsbegründung nicht fehlen.” 914 DWb, Bd. 16, Sp. 369, 370, 378. 915 3.2.2 Das Ehekonzept des ackermann, S. 239, Anm. 644f. 273 tes. Der Text des 33. Kapitels ist kein Schiedsspruch, sondern ein Ur- teil, das den Rechtsfrieden Gottes beschreibt, der durch den Tod der Ehefrau des ackermann nicht gebrochen worden ist. Der Rechtsfrie- den Gottes findet im Lehen des Tots seinen Ausdruck. Im Text wird die Annahme des Urteils durch den ackermann dar- gestellt, die mit seinem Gebet verdeutlicht wird. Er ist offensichtlich vom ‘stehenden fuß’ auf die Knie gesunken und hat somit die Ge- betshaltung eingenommen, die in der zeitgenössischen bildenden Kunst dargestellt wird. Ich übernehme K. Bertaus Übersicht der 100 Anreden, wie auch seine Unterteilung in zehn Abschnitte, wobei er den neunten dem Inhalt nach als „Fürbitte”, den zehnten als “Amen- Satz” 916 identifiziert. Die Anzahl der Anreden zahlensymbolisch zu interpretieren ist spekulativ, da auch andere Einteilungen möglich sind. 917 Die Anfangsbuchstaben der Abschnitte eins bis acht bilden das Akrostichon Johannes. Sechs Anrufungen bilden jeweils einen Satz, der mit der Bitte erhöre mich schließt. Die siebte Anrufung endet mit der Doppelformel: Erbarm dich918 und erhöre mich. Die sieben An- rufungen bilden die Hinführung zum Anliegen des Gebets, das in der achten erbeten wird: enphahe genediglich den geist, enphahe gütig- lich die sele meiner auserwelten liebsten hausfraue919/ frawen920/ weib!921 Ihre Verortung ist also noch nicht vollzogen, allerdings nicht aufgrund ihres unzeitgemäßen Sterbens am Unglücktag 1. August,922 sondern weil allein Gottes Gnade den Platz im Jenseits bestimmt. Der “Amen - Satz” laute: Alles das under des ewigen fahntragers fanen gehört, es sei welcherlei creatüre es sei, helft mir aus herzen 916 Bertau 1994, Bd. 2, S. 663f. Er belegt biblische, klerikale und literarische Quel- len für die Anreden. S. 666-745. Ihre Bedeutung bleibt innerhalb der Fragestel- lungen unberücksichtigt. 917 Wird innerhalb der Anreden ‘herre’ nur einmal gezählt, reduziert sich die Anzahl auf 95. Die zehn Abschnitte können auch als neun gelesen werden, dann be- steht die Fürbitte aus Abschnitt acht und neun. 918 Handschrift H: mein; Handschrift N: vber mich. 919 Handschrift H, Q. 920 Handschrift A, B, D, G, I, M, P, Druck a. 921 Handschrift F. 922 3.3 Der Prozess und das Urteil, S. 261, Anm. 826-830. 274 grunde seliglich mit innigkeit zu sprechen: Amen! Der Satz stellt eine Korrespondenz mit einem Unterschied zum ‘Beschwörungsgerüfte’ her. Während der ackermann bei seinem ersten Gerüfte das ge- samte männliche Geschlecht aufruft ihn als Schreimannen zu unter- stützen, soll nunmehr alles was lebt als ‚Helfer’ ihm beistehen. DIe Bitte um Hilfe beruht auf der im Urteil von Gott präsentierten Herr- schaftsordnung, die das Lehen des Tots offen legte. Mit dem “Amen- Satz” will der ackermann zugleich seine Einsamkeit mildern. Trost aber findet der Betende nicht. Was ihm bleibt ist der Glaube an die Gnade Gottes, die im gesamten Gebet zum Ausdruck kommt. Tepl wählte als Textsorte den Prozess, für den er die Strukturen des deutschrechtlichen Prozesses zugrunde legte. Es ist davon aus- zugehen, dass der Dichter diese traditionellen Strukturen bewusst wählte, denn als Notar war ihm auch das kanonischen Recht ver- traut, welches die Grundlage für die Prozessdichtung ‘Belial’ war.923 Ch. Kiening stellt fest, dass Tepls Dichtung im Verbund mit dem ‘Be- lial’ “einem dezidiert juristisch - heilsgeschichtlichen Werk”, 924 im Rahmen von Sammlungen überliefert worden ist. Das Heil steht im ACKERMANN AUS BÖHMEN im Zentrum Nach Tepls Urteil gelten die alttestamentarischen göttliche Herr- schafts- und Rechtsordnung nicht mehr. Damit entfällt der Rechtsge- horsam, aus dem der Rechtsanspruch auf das Heil mit seinen irdi- schen und jenseitiges Dimensionen, zu dem die Geschlechterord- nung im Diagonalkreuz und die dazugehörigen Ehefrau als hilffen gehören. Es ist dieser Verlust, den der ackermann beklagt und der im Rahmen eines Prozesses geklärt wird. Beschieden wird ihm von Gott, dass der Tot als sein Lehnsmann die Herrschaftsordnung Got- tes ist. Um diese ‘wahre’ Herrschaftsordnung Gottes zu präsentieren, wird die Prozessform benötigt. Mit dem Prozess und seinem Urteil stellt Tepl abermals einen alttestamentarischen Bezug her, denn er ändert entsprechend Genesis 3 die Herrschaftsordnung Gottes. Während in Genesis 3 von Gott die paradiesische in die weltliche gewandelt wird, lässt Tepl Gott die weltliche nunmehr neu als Lehen des Tots setzten. Damit wird zugleich der Rechtsanspruch auf Heil abgewiesen, damit bleibt den Menschen nur der Glaube an die Gna- de Gottes. 923 Burdach 1926/ 32, S. 460; Kiening 1998, S. 147. 924 Kiening 1998, S. 147. 275 Diese radikale Aussage der Dichtung lässt vermuten, dass sie von Zeitgenossen, die mit alttestamentarischen Texten vertraut waren, im Sinne Tepls verstanden worden ist. Dass ihre verdeckte Botschaft Brisanz hatte, ist anhand des Akrostichon im Gebet zu entnehmen, das so nur verdeckt den Namen des Autors bekannt gibt. Als zweites Indiz spricht für meine These der Adressat des Widmungsschreiben, der als jüdischer Bürger Prags identifiziert wird. Diese Rechtsposition konnte im 14. und 15. Jahrhundert in Form des ‘Judenbürgerrechts’ erworben werden. Diese war begrenzt, die Übernahme von Ämtern und die Teilnahme an Versammlungen der Bürger waren aus- geschlossen. Handwerke auszuüben war gestattet.925 Für Juden galt das jüdische Recht für ihre interne Gerichtsbarkeit.926 Die Juden un- terstanden nicht der kirchlichen Gerichtsbarkeit, folglich konnte ein jüdischer Bürger diesen Text besitzen, ohne eine kirchliche Anklage zu befürchten. Der Text Tepls aber ist so gestaltet, dass seine Bot- schaft nur mit umfassenden alttestamentarischen Kenntnissen zu entschlüsseln war. 3.4 Fazit Die Suche nach dem ‘Biblischen’ im ACKERMANN AUS BÖHMEN hat vor dem Hintergrund der alttestamentlichen Rechtsordnung der EDB und der damit verbundenen Positionierung der Ehe und Ehefrau er- weiternde Befunde erbracht. Auf der Ebene der Auseinandersetzung der Antagonisten wird ein Prozess mit deutschrechtlicher Struktur entfaltet. Der Witwer ackermann wird als zeitgenössische Figur vor- gestellt, die auf der alttestamentarischen Gemeinschaft von weysheit und Mann, also als weiser Mann gestaltet wird. Er beruft sich auf die alttestamentarische Herrschafts- als Rechtsordnung, der das Ehe- paar folgt. Dass Tepl das alttestamentarische Ehekonzept im Diago- nalkreuz der EDB zugrunde legt, konnte anhand der Ausführungen über die Ehefrau als Gabe Gottes, der Darstellungen der gegenseiti- gen Liebe und dem Nichterwähnen der männlichen Herrschaft in der Ehe erkannt werden. Weiter spricht für das alttestamentarische Ehe- 925 Tischler, Maria: Böhmische Judengemeinden 1348-1519 in: Seibt 1983, S. 37- 56, S. 47. Toch, Michael: Die Juden im mittelalterlichen Reich (= Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 44), München 1998, S. 12f. 926 Toch, 1998,S. 46. 276 konzept, dass die gezeichnete Ehefrau auf das Konzept gutes weib zurückgeführt werden kann, denn sie ist als schön, rein und bestän- dig in allen ihren Handlungen gestaltet. Auch wird sie entsprechend ihres alttestamentarischen Vorbildes als immer präsente hilffen ihres Mannes zum irdischen und jenseitigen Wohlergehen dargestellt. Die- se beide Aspekte sind die Dimensionen, die in der EDB behaltsam/ heyl markieren, welches aus dem Rechtsgehorsam der Ehefrau ge- genüber dem Diagonalkreuz und der Rechtsordnung resultiert. Die Aussagen des ackermanns über die reine Ehe basieren auf dem Rechtsgehorsam beider Eheleute. Dass der Witwer betont, seine Ehe und seine Ehefrau seien ein Beispiel unter vielen derselben Art gewesen, lässt erkennen, dass Tepl die alttestamentarische Bindung der Ehe im Diagonalkreuz als vorhandene gesellschaftliche Vorstel- lung präsentieren will. Er veranschaulicht mit der Figur ackermann, dass die auf das Leben im Heil konzentrierte alttestamentarische Rechtsordnung durch das Ehepaar verwirklicht wurde. Das zugrunde gelegte Diagonalkreuz ist durch den individuellen Tod der Ehefrau zerstört worden. Mit dem Verlust des Diagonalkreuzes wird der Rechtsordnung das Fundament genommen. Der ackermann be- schreibt also eine doppelte Destruktion und verlangt die Wiederher- stellung der Rechtsordnung. Für ihre Vernichtung macht er den hern Tot verantwortlich, weil dieser die von Gott bestimmte Lebenszeit der Ehefrau verkürzt habe. Der Vorwurf konnte auf die alttestamentari- sche Rechtsvorstellung zurückgeführt werden, der zufolge allein Gott die Lebenszeit bestimmt. Der ackermann positioniert den Tot in die Rechtsstellung des auftragsgebundenen ‘Amtmannes’, den er des Amtsmissbrauch bezichtigt. Dieser bestehe darin, dass er sich eine Rechtsposition Gottes angemaßt habe, indem er die von Gott be- stimmte Lebenszeit der Ehefrau verkürzte. Die Beweisführung gegen den Tot demonstriert die feste Überzeugung des ackermann, der sich auf die Wahrheit der alttestamentlichen Rechtsordnung beruft. Der Witwer definiert den Verlust seiner Ehefrau als einklagbaren Rechtsschaden am Heil. Diese alttestamentarische Dimension wird erkennbar, in der Entfaltung der Handlungen der Ehefrau ihm Rah- men des irdischen und jenseitigen Wohlergehens. Daher ruft der Witwer den Tot zum Prozess, der vor Gott stattfindet, welcher gemäß der EDB als selbsturteilender Richter dargestellt ist. Die Möglichkeit, Gott als Richter anzurufen, beruht auf der alttestamentarischen Aus- sage, dass nach einem Rechtsbruch Gott den Rechtsfrieden mit sei- nem Urteil wiederherstellt. Den Ort der Prozesshandlung führt Tepl nicht an, da er allein die Reden von ackermann, Tot und Gott prä- sentiert. Er ist für die vorreformatorischen Adressaten der Dichtung 277 offensichtlich als Tal Josaphat vorgestellt, das als Gerichtsstätte Gottes bekannt war. Der vom ackermann angestrengte Prozess beginnt mit der Ge- richtsladung, die formal als dreifacher Zeterruf ausgeführt ist, wobei der erste zugleich eine notwendige Beschwörung darstellt, weil der Gerufene immateriell ist. Das dazu notwendige Wissen wird mit der Verbindung mit dem biblischen König Salomon präzisiert. Der Pro- zessgegenstand sach ist der Rechtsschaden am Heil, resultierend aus dem Verlust der hilffen Ehefrau. Basierend auf dem zugrunde gelegten Rechtsschadens muss auch die Schöpfung und die Schöpfungsqualität der Menschen behandelt werden. Der acker- mann schildert beide Aspekte, indem er sich auf die Aussagen der Schöpfungsberichte bezieht. Er beschreibt die Menschen wie in der EDB, so dass sie als ‚Konkretion Gottes’ bezeichnet werden können. Dementsprechend werden sie als rein erschaffen und mit einem frei- en Willen ausgestattet dargestellt. In den Ausführungen des acker- mann werden keine Unterscheidung zwischen Mann und Frau vor- genommen. Die Geschlechterdifferenz wird im Bezug auf die Ehefrau als hilffen zum Heil gestaltet. Der den Menschen zugemessene Handlungsraum wird dem Text von Genesis folgend als Herrschaft über Land und Tiere beschrieben wird. Da Tepl den ackermann die Herrschaft Gottes über die Welt betonen lässt, ist davon auszuge- hen, dass die Herrschaft der Menschen als Paarherrschaft im nach- paradiesischen Rechtsinstitut Lehen charakterisiert wird. Die Auseinandersetzung um den Prozessgegenstand wird inner- halb der Wechselreden geführt, in denen die Formalia des deut- schrechtlichen Prozesses anhand der Wort-für-Wort-Aufnahme in den Argumenten zu erkennen sind. Die in den Wechselreden ent- haltenen Paarformeln haben die durch von G. Dilcher und R. Wie- gand belegte Funktion eines Rechtsmittels, mit seine Aussage voll- ständig erfasst wird. Die ausgezählten Reihungen wurden mit dem Instrumentarium der Zahlensymbolik befragt, und konnten als Schlüsselzahlen im Sinne F. Tschirchs ermittelt werden, mit denen die sprachlichen Aussagen symbolisch verstärkt werden. Der Autor lässt seine Figur Tot den Prozessgegenstand bestrei- ten. Als Antagonist trägt er vor, dass Gott ihm, dem Tot, die Allein- herrschaft über das Leben gegeben habe. Er führt aus, dass er zur Schöpfung gehöre, er daher auch die Ordnung der Welt sei. Auf der Folie der alttestamentarischen Schöpfungsordnung konnte erkannt werden, dass Tepl die Figur Tot mit Motiven aus Genesis 1 und 2 ar- 278 gumentieren lässt, deren Aussagen aber ins Gegenteil verkehrt wer- den. Als Widerspruch zu Genesis 1 konnte herausgearbeitet werden, dass der Autor den Tot am Ende der Schöpfung positioniert. Folglich werden nicht die Menschen, sondern der Tot zum Ziel der Schöpfung erklärt. Der Vermehrungssegen wird in ein unerträgliches Übermaß verkehrt, welches reduziert werden muss, weil sonst weder der Raum der irdischen Schöpfung ausreiche, noch genügend Nahrung vorhanden sei. Mit der Erschaffung des Tots im Paradies wird zwar der Bezug zu Genesis 2 hergestellt, da aber ausgeführt wird, dass das Lebens zum Sterben geschaffen und bestimmt sei, ist das Ver- bot in Tepls Text nicht der Beginn der gesetzten Rechtsordnung, sondern die Bestätigung der Herrschaft des Tot über das Leben. Folglich gibt es innerhalb dieser Konstruktion nicht die Notwendigkeit der alttestamentarischen geschlechtsspezifischen Urteile, die das Ehepaar in seiner Bindung im Diagonalkreuz vereint. Mit dem Weg- fall der Urteile von Genesis 3 nimmt Tepl der alttestamentarischen Rechtsordnung das Fundament für die Weltzeit, auf dem die Gebote und Gesetze für das Heil verfügt werden. Diese Konstruktion des Tots basisiert nicht auf alttestamentarischen Rechtsordnung, damit entfällt der Rechtsgehorsam , aus dem das Heil resultiert. Dies wird mit den Beschreibungen veranschaulicht, die der Autor seiner Figur Tot zuteilt: Das Geschöpf Mensch wird mit vulgären Schimpfwörtern geschildert, mit denen die innere und äußere Gestalt als absolut un- rein und widerwärtig beschrieben wird. Anhand der Schimpfwörter, konnte zwischen Mann und Frau unterschieden werden. Die Cha- rakterisierung der Frau ist nicht nur misogyn, sondern obszön. Die Schmähwörter lassen zwar den alttestamentarischen Referenzrah- men des Rechtsungehorsams erkennen, der aber durch die Verall- gemeinerungen unterlaufen wird. Mit der Generalisierung entfällt die Wahl zwischen Rechtsgehorsam und Rechtsungehorsam, und damit auch der Rechtsanspruch auf das Heil. Auch wenn der Tot konsta- tiert, die Menschen handelten gut nur aus Furcht vor ihm, wird damit nicht Heil definiert, sondern nur auf die Herrschaftsakzeptanz des Tots rekurriert. Seine Beziehung zu den Menschen stellt er als rechtlich personale dar. Sie wird in unterschiedlichen Konstruktionen und mit den biblischen Gottesbildern Vater, Herrscher und Richter entfaltet. Mit ihnen wird seine Handlungsautonomie hervorgehoben, der Tot wird zugleich verdeckt als arroganter und ordinärer Herrscher porträtiert. Neben den Herrschaftsdarstellungen präsentiert sich der Tot als Händler, dessen Ware das Leben ist. Aus den rechtlich - per- sonalen Beziehungen fällt die Bezeichnung Walker heraus, mit der der Mensch als ‘Stoff’ beschrieben wird, den der Walkler Tot auf 279 Haut und Knochen reduziert. Die Zuständigkeit Gottes wird allein auf die Seele beschränkt, die er dem Himmel oder der Hölle zuweist. Der Tot behauptet, dass die Ehe sein Gefängnis sei, in dem sich jeder Ehemann befindet. In seinen Ausführungen über die Ehe zeig- ten sich Parallelen zum alttestamentarischen Ehepaar, dem, dem die Bindung im Diagonalkreuz fehlt. Dass dieses Ehekonzept zugrunde gelegt werden kann, erschließt sich aus den Darstellungen der dazu- gehörigen Ehefrau. Ihre Konkretionen machen deutlich, dass Tepl für sie Aussagen über das unweib verwendet hat. Die der Ehefrau zu- geteilte negative sexuelle Komponente aber zeigt eine Parallele zum alttestamentarischen gemeinen weib. Mit dieser Korrespondenz ge- winnt zwar das Gefängnismotiv für die Ehe seinen Raum im Unheil, da aber bei der Charakterisierung der Ehefrau das Konzept unweib überwiegt, kann geschlossen werden, dass der Tot die Ehe ohne Heil präsentiert. Dafür spricht auch, dass die in den Weisheitsbü- chern der EDB dargelegte nichteheliche Geschlechterbeziehung des Unheils in Tepls Text nicht thematisiert wird. Von diesen Darstellun- gen bleibt die Ehefrau des ackermann ausgenommen, die auch der Tot als gutes weib beschreibt. Ihre Sonderstellung widerspricht nicht nur seiner misogynen Frauendefinition, sondern auch seiner Be- schreibung der Ehe. Eine Auflösung der Widersprüche wird im Text nicht vollzogen. Das Urteil Gottes verkündet die ‚Wahrheit’ der göttlichen Herr- schaftsordnung der Welt, mit der über die Stellung des Tots, der Menschen und der Ehe beschieden wird. Das Rechtsinstitut Amt, das der ackermann für den Tot zugrunde legt, wird ebenso zurückgewie- sen wie dessen beanspruchte Eigenherrschaft. Der Tot wird aber im Lehen positioniert. Er hat im Auftrag des Lehnsherrn, aber in eigener Verantwortung zu handeln. Sein Lehen ist das Leben, er ist folglich berechtigt dessen Ende zu bestimmen. Mit der Konstruktion eines Lehens verzichtet Gott auf sein alttestamentarisches Recht, die Le- benszeit zuzuteilen. Vor dem Hintergrund des alttestamentarischen ‘Reichslehen’ der weysheit konnte erkannt werden, dass Tepl die Weltherrschaft des Tots analog gestaltet. Diese Position ist auch aufgrund der ihm zugemessenen warheit, bzw. weisheit zu rekon- struieren. Mit dem ‘Reichslehen’ des Tots wird zugleich die Herr- schaftsordnung Gottes für die Welt offenbart, mit der alle Aussagen des Tots bestätigt werden. Dementsprechend sagte der Tot die Wahrheit über das Leben und dessen Vermehrung, über die Qualität der Menschen und der Ehe. Sein verdeckt entfaltetes widerwärtiges 280 Herrscherporträt findet im göttlichen Lehen seinen Raum, mit dem auch Gott als Herrscher gespiegelt wird. Das damit entworfene Herr- scherbild Gottes widerspricht dem biblischen. Tepl lässt Gott die alttestamentliche Rechtsordnung als entweder nicht mehr gültig oder als nie existent erklären. Beide Möglichkeiten beinhalten, dass auch der Rechtsgehorsam der Menschen mit dem Rechtsanspruch auf Heil entfällt. Das Lehen des Tots konstruiert ei- ne göttliche Ordnung für die Welt, die ohne Rechtsordnung bleibt und folglich auch ohne Rechtsanspruch auf Heil ist. Dem Anspruch des ackermann wird beschieden, dass er seine Frau nur als Leihe von Gott erhalten hat. Diese Rechtsfigur löst die alttestamentarische Rechtsfigur der gabe ab, indem die Ehefrau zum Gut Gottes erklärt wird, das jederzeit zurückgefordert werden kann. Da ihr Leben aber zum Lehen des Tots gehört, hat dieser die Kom- petenz, es jederzeit zu beenden. Das Urteil beschreibt nicht Ehefrau im Rahmen der hilffen zum Heil . Der fehlende Bezug entzieht der Frau die alttestamentarische Rechtsposition zu Gott mit ihrer daraus abgeleitete Position in der Geschlechterordnung Ehe. Das mit der Aussage Gottes entworfene Paar ist ohne Heil. Das Ehepaar ist nicht länger eine untrennbare Einheit als Fundament der alttestamentari- schen Rechtsordnung. Mann und Frau sind nunmehr Einzelne, die die Geschlechterbeziehung Ehe eingehen können. Aufgrund des Prozesses gibt Gott dem ackermann die Ehre, die mit seinem Leid begründet wird. Dies definiert offensichtlich nicht die Rechtsfigur, sondern nur das Gefühl des schmerzhaften ausschließ- lich irdischen Verlustes. Der Tot gewinnt als Lehnsmann Gottes den gegen ihn angestrengten Prozess, ihm wird der Sieg beschieden. Im Mittelpunkt des Urteilstenors steht der einzelne Mensch, dessen Gleichheit mit allen anderen betont wird. und die mit dem Schöp- fungsakt des Einzelgeschöpfs gemäß Genesis 2,7 begründet wird. Die Erschaffung des Menschen erfolgt aber nicht in der Reihenfolge Leib, Leben und Seele, sondern das Leben steht an erster Stelle, während die Seele entsprechend dem Bibeltext im Achtergewicht bleibt. Der Dreischritt dient nicht dazu den Moment des Anfangs des Lebens zu charakterisieren, sondern des Todes. Der Dreischritt wird mit seit eingeleitet, daher kann geschlossen werden, dass damit der Mensch bereits mit seiner Schöpfung als sterblich dargestellt. Der auf die Seele beschränkte Anspruch Gottes bestätigt die Aussage des Tots über sie und ihre Verortung in Himmel oder Hölle. Aus dem Urteil lässt sich rekonstruieren, dass die Menschen weder beeinflus- 281 sen können, in welchen Ort im Jenseits ihre Seelen platziert werden, noch ob Gott sie im Bereich des irdischen Heils, des Unheils oder ganz ohne Heil leben lässt. Es bleibt ihnen also allein ihr Glaube an die göttliche Gnade. Die Vorstellung findet im Gebet des ackermanns mit der siebenfachen, also damit auch symbolisch umfassenden Bitte um Erhörung ihren Ausdruck. Die Bitte, die Seele der Ehefrau ins Pa- radies aufzunehmen, demonstriert den Glauben an die Gnade Got- tes. Diese Bitte wird folglich aber nicht mehr mit dem alttestamentli- chen Rechtsanspruch gestellt. Auf der formal rechtlichen Ebene bestätigt das Gebet die zugrun- de gelegte deutschrechtliche Prozessstruktur des Textes. Ein solcher Prozess wurde nicht mit dem Urteil, sondern mit seiner Annahme durch die Parteien beendet, was mit der Änderung der Körperhaltung einhergehen musste. Diese wird durch das Gebet demonstriert, bei dem der ackermann offensichtlich kniet. An den Formalia des deut- schrechtlichen Prozesses konnten die Rezipienten des ACKERMANN AUS BÖHMEN erkennen, dass mit dem traditionellen Rechtsinstitut die alttestamentarische Rechtsordnung eingefordert wird. Das ausge- wählte Fallbeispiel dient nicht nur dazu, das formalrechtliche Verfah- ren zu eröffnen und dessen Ablauf zu rechtfertigen, vielmehr wird es benötigt, um die rechtlichen Dimensionen des Heils in der Welt und im Himmel einzufordern. Dieses wird gleichsam für einklagbar er- klärt, wenn die alttestamentliche Rechtsordnung der Welt mit der da- zugehörigen Ordnung des Paares erfüllt ist, in der die Ehefrau dem Manne dazu die hilffen gibt. Im Urteil Gottes gestaltet Tepl die ‘wahre’ Ordnung der Welt, wo- mit er auch auf die Urteilssituation von Genesis 3 zurückgreift, wel- che die Grundlage der alttestamentlichen Rechtsordnung markiert. Diese Ordnung wird in Tepls Urteil verneint, die auf den alttesta- mentlichen Rechtsanspruch auf Heil zurückgreift, der auf dem Rechtsgehorsam gründet. Das Ehepaar ist nicht mehr die Grundlage der göttlichen Weltordnung, sondern der Einzelmensch, der auf Le- ben, Materie und Seele reduziert ist. Der fehlende Bezug zu Gott im Text des Urteils nimmt dem Menschen folglich seine Zweiheit von Genesis 1 der EDB und damit offensichtlich auch seine Schöpfungs- qualität als Konkretion Gottes. Dem Menschen bleibt allein sein Glaube an die Gnade Gottes. Im Urteil wird eine radikale Umdeutung vorgenommen: Die auf Leben im Heil konzentrierte alttestamentarische göttliche Herr- schaftsordnung wird abgelöst von der auf den Tod zentrierten. Damit 282 wird ein Paradigmenwandel deutlich. Damit gewinnt der ACKERMAN AUS BÖHMEN eine Dimension, die Brisanz in seiner historischen Zeit vermuten lässt, die durch das Lehen des Tots deutlich wird. Das Le- hen des Tots kann als poetische Reaktion Tepls auf zeitgenössische gesellschaftliche und politische Zustände angesehen werden. Da Tepls Text bis 1547 gedruckt worden ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Botschaft des ACKERMANN AUS BÖHMEN von Rezi- pienten verstanden wurde, die das Alte Testament der EDB kannten. Da mit der vollständigen Bibelübersetzung Luthers, die seit 1545 vorlag, erstens eine nur auf das weltliche ausgerichtete Geschlech- terordnung präsentiert wird und zweitens mit der Reformation die Vorstellung einher ging, dass der Glaube allein selig macht, ist dar- aus durchaus der Schluss erlaubt, dass der Text Tepls aufgrund bei- der Faktoren seine Bedeutung verloren hat. 283 4 „Mein lieber ist mir vnd ich im Ich was ir friedel vnd sie mein amie“ 4.1 Resümee Die vergleichenden Analyse der alttestamentarischen Texte der EDB und des ACKERMANN AUS BÖHMEN haben ein Ehekonzept offen- gelegt, in dem Mann und Frau untrennbar aufeinander bezogen sind. Hier zeigten sich für den vorreformatorischen Zeitraum Parallelen zu H. Wunders frühneuzeitlichen Ehekonzept. In der alttestamentari- schen Geschlechterordnung der EDB wurde deutlich, dass ihre Grundlage die Liebe ist und zwar als wechselseitige Liebe von Mann und Frau. Diese wechselseitige Liebe ist im ACKERMANN zentral. Sie wird z. B. mit den beiden Zitaten dieser Kapitelüberschrift dokumen- tiert. Ein Unterschied findet sich in der Inszenierung des Themas. Im Text des Hohelied ist es die Ehefrau im Brautstand, im ACKERMANN der Witwer. Die Erschließung des Frauenbegriffs hilffen in der EDB hat neue Dimensionen der Ausgestaltung und Bewertung des alttestamentari- schen weiblichen Handlungsraumes erbracht. Hilffen bezeichnet die Ehefrau und zwar als menschliche Hilfe Gottes zum Heil des Ehe- mannes. Dieser positive Gehalt von hilffen wird im ACKERMANN vom Witwer als Verlust präsentiert. Damit wird deutlich, dass die alttesta- mentarische hilffen Ehefrau zum Heil der EDB im ACKERMANN nicht verloren gegeben werden soll. Damit ist die Signifikanz der alttesta- mentarischen Geschlechterordnung der EDB etwa ein Jahrhundert nach der ihr zugeschriebene Entstehungszeit, erkennbar. Belegt ist, dass die EDB und der ACKERMANN bis zur Mitte des 16. Jahrhundert rezipiert worden sind. Die Überlieferungen können als Indiz für eine Tradierung der alttestamentarischen Geschlechterordnung der EDB angesehen werden. Meine Ausgangsthese, dass Bibeltexte übersetzungsbedingte Aussagevarianten haben, wurde anhand der Texte von Genesis 1 bis 4,1 und den Weisheitsbüchern aus der Übersetzung Luthers von 1545 nachgewiesen. Entsprechend können Bibeltexte zeit- und the- menbezogen als historische Quellen herangezogen werden. 284 4.2 Göttliche Herrschaft als verfasste Rechts- ordnung in der ERSTEN DEUTSCHEN BIBEL Für die Frage nach den Konstrukten von Mann, Frau und Ehe in den Schöpfungsberichten und den Weisheitsbüchern der EDB hat sich das von Griesebener entwickelte Untersuchungsinstrument „Ge- schlecht als mehrfach relationale Kategorie“ mit „interagierende[n] Differenzen“ bewährt, um aus der EDB und dem ACKERMANN Herr- schafts-, Geschlechter- und Ehekonzepte zu erkennen. Die zugrunde gelegte Differenz zwischen Gott und Menschen und die Geschlech- terdifferenz Mann und Frau ermöglichten meine acht Relationen aus den Texten der EDB und dem ACKERMANN als immanente Konzepte zu greifen, auf denen die göttliche Weltordnung beruht. Die Frage nach den Interaktionen der Differenzen hat Antworten ermöglicht, die Bedeutung der EDB in neue vorreformatorische Zusammenhänge stellen. Im Einzelnen hat die Frage nach den interagierenden Diffe- renzen in den acht zugrunde gelegten Relationen in der EDB folgen- des erbracht: Die erste grundlegende Differenz ist die zwischen dem Schöpfer- gott und seinen Geschöpfen. Innerhalb der Geschöpfe bekommt das Geschöpf Mensch von Gott eine Sonderstellung eingeräumt. Diese kommt als Konkretion (bilde vnd gleichsam) Gottes zum Ausdruck, mit der zugleich die Differenz zu Gott dargestellt wird. Mit ihr wird auch eine Gleichartigkeit mit Gott dargestellt, die in der geschlech- terdifferenten Zweiheit von Mann und Frau als Gegenüber von Gott und in dem freien Willen von Mann und Frau zum Ausdruck kommt. Beide Geschlechter sind gleichartig und gleichwertig und werden in der Geschlechterordnung Ehe verbunden, mit der die Vermehrung der Menschen und ihre Herrschaft über die Schöpfung der erde ver- knüpft wird. In Genesis 2 werden die Handlungsfelder von Mann und Frau erweiternd präzisiert. Die männliche umfasst ‘werken’ ein- schließlich ‘arbeiten’ und beschützen. Die Werkordnung der Frau ist es, hilffen des Mannes zu sein. Beide Werkordnungen sind auf Mann und Frau aufgeteilte göttliche Handlungsfelder, die in der Ge- schlechterordnung Ehe zu erfüllen sind. Das Ehepaar ist mit dem von H. Wunder geprägten Begriff „Arbeitspaar“ zu greifen. Ein zusätzli- cher Unterschied zwischen Mann und Frau besteht in der EDB darin, dass der Frau kein Zorn gegeben wird. 285 Gott ist Herrscher über die Schöpfung. Seine Herrschaft ist zu- gleich die Herrschaftsordnung, in der Mann und Frau die Stellung von Beherrschten haben. Die Herrschaftsordnung ist die von Gott gesetzte Rechtsbeziehung zwischen Gott und Menschen, die Men- schen zu achten haben. Der freie Willen der Beherrschten gibt ihnen jedoch die Möglichkeit, sich für oder gegen die Herrschaftsordnung zu entscheiden. Der Blick auf die erste Relation, die Gottesherrschaft, zeigt, dass zwischen der Herrschaft Gottes in der Zeit der Schöpfung und der Weltzeit unterschieden wird. In beiden Zeiten ist mit der Herrschaft Gottes seine rechtsverbindliche Herrschaftsordnung für Mann und Frau verbunden, zu der die Geschlechterordnung Ehe gehört. Diese ist unterschieden in die paradiesische und diejenige für die Welt. In beiden Formen ist das Ehepaar als Lehnsträger Gottes ausgewie- sen. Die Herrschaftsordnung Gottes und die Geschlechterordnung Ehe sind aufeinander bezogen und Ausdruck der Reinheit Gottes. Die zweite Relation, die Treue, ist auf der Seite Gottes absolute Herrschaftstreue gegenüber den Menschen. Sie erweist sich im Kon- zept Herrschaftsordnung als Form von Rechtsordnung. Die Treue der Menschen beruht auf ihrem Willen. Die Treue ist eine Wechsel- beziehung zwischen Gott und Menschen, die als solche eine Rechtsbeziehung ist. Im Paradies wird diese Treue durch den Bruch der Rechtsnorm des Essverbots zerstört. Rechtsungehorsam wird in der EDB auch ‘Sünde’ genannt. Gott ahndet den Rechtsungehorsam, indem er über Frau und Mann geschlechterspezifische Urteile fällt, mit denen die Geschlechterordnung Ehe ‘in der Welt’ neu festgelegt wird. Aufgrund der Urteile müssen Frau und Mann das Paradies verlassen. Damit beginnt die Zeit der Welt, in der die neue Ge- schlechterordnung zur Herrschaftsordnung Gottes gehört. Wie zuvor ist auch die weltliche Geschlechterordnung eine Rechtsbeziehung der Treue zwischen Mann und Frau. Im Befolgen der neuen Ge- schlechterordnung zeigt sich die gegenseitige Treue des Paares zu- einander und die zu Gottes Herrschaftsordnung. Die Herrschaftstreue Gottes in der ‘Zeit der Welt’ erweist sich als Bild des vorreformatorischen Konzepts sowohl von Schutz und Schirm als auch von Rat (Lehre) und Hilfe (Rechtsordnung ), die als Herrschaftsordnung mit Geboten und Gesetzen präzisiert wird. In- nerhalb der Gesetze haben die Gesetze zur Wiederherstellung ihrer Reinheit für Frau und Mann zentrale Bedeutung, denn nur in diesem Zustand ist ihr Rechtsgehorsam vollkommen. Die Rechtsordnung 286 wird mit dem Rechtsterminus ee, auch ewige ee beschrieben, die als immer gleichbleibende ‘Verfassung’ bezeichnet werden kann. Das sechste Gebot markiert diese umfassende Rechtsbedeutung. Es geht also nicht nur um den heutigen Sinn von Ehe, sondern in der ee zu leben bedeutet den Rechtsgehorsam des Paares, der sich in Reinheit gegenüber Gott entfaltet. Schutz und Schirm, Lehre und Rechtsordnung ee werden in den Weisheitsbüchern mit der Figur ‘Frau’ weysheit personalisiert. Sie ist die von Gott erschaffene Manifestation des Lebens, die den Men- schen die Lehre Gottes gibt, mit der die Rechtsordnung ee einher geht. ‘Frau’ weysheit wird als Herrscherin über die Welt beschrieben. Ihre Herrschaftsform ließ sich als Rechtsinstitut eines ‘Reichslehen’ rekonstruieren, was aus der Rechtsfigur zusteherin neben Gottes ‘Thron’ ermittelt wurde. ‘Frau’ weysheit hat zu Mann und Frau unter- schiedliche Beziehungen, die in der vierten und fünften Relation be- schrieben werden. Die dritte Relation‚ die Gemeinschaft zwischen Gott und den Men- schen ist das Heil (behaltsam/ heyl), das in der Zeit der Welt aus dem Rechtsgehorsam gegenüber der Rechtsordnung ee in der Ge- schlechterordnung Ehe resultiert. Aus dem Rechtsgehorsam entsteht der Rechtsanspruch auf Heil. Das Heil ist erkennbar an körperlichem und seelischen Wohlbefinden, das mit dem Begriff wollust, der Be- schreibung der Gemeinschaft von Gott und Paar im Paradies, darge- stellt wird. Gott als Herrscher kann auch Heil mit dem Herrschaftsakt der Gnade geben, damit tritt Gnade anstelle von Recht. Die vierte Relation, die Wechselbeziehung zwischen Gott und Frau zeigte, dass sie mit dem Begriff hilffen in der EDB zu fassen ist. Hilffen beruht nicht auf der Geschöpflichkeit der Frau, sondern auf ih- rem Schöpfungszweck hilffen zu sein, mit der ihr Handlungsfeld als Werkordnung präzisiert wird. Hilffen wird in zwei Richtungen konkre- tisiert: Die Frau mit ihrer Werkordnung ist die menschliche hilffen Gottes, die dem Ehemann als göttliche hilffen gegeben wird. In den Weisheitsbüchern werden die hilffen der Ehefrau mit dem Konzept gutes weib entfaltet, das als ‘Gefäß’ von ‘Frau’ weysheit beschrieben wird, womit die untrennbare Beziehung zwischen ‘Frau’ weysheit und gutem weib beschrieben wird. Die hilffen des guten weibs für ihren Ehemann hat sie als Ehefrau in der weltlichen Geschlechterordnung Ehe zu geben. Die Bandbreite der hilffen wird innerhalb der sechsten Relation, dem Verhältnis zwischen Mann und Frau, dargestellt. 287 Das Dilemma meiner Untersuchung hat sich bestätigt, denn der zentralen Terminus hilffen konnte nicht durch einen Forschungsbe- griff ersetzt werden. In der EDB beinhaltet hilffen die Wechselbezie- hung zwischen den Hilfen Gottes und denen der Ehefrau. Worte, wie Fürsorge, Obsorge, Unterstützung etc. reduzieren seine Bandbreite und stärken eher das von Luther geprägte Verständnis von Gehülfen. Es zeigt sich, dass die heutige Sprache keine Begriffe für etwas bil- den kann, das jenseits ihrer gesellschaftlichen Wirklichkeit liegt. Der Begriff hilffen für Ehefrau ist in der EDB der positive Terminus, der den Bezug zu Gott konkretisiert. Die EDB lässt eine Übereinstim- mung mit der Forschungsposition von H. Schüngel-Straumann er- kennen, die sie aus hebräischen Bibeltexten für den Begriff Hilfe her- ausgearbeitet hat. Für die fünfte Relation, die Beziehung zwischen Gott und Mann, ist grundlegend, dass sich der Mann für die Gemeinschaft mit ‘Frau’ weysheit entscheidet, womit das Konzept ‘weiser Mann’ einhergeht. Aufgrund der Gemeinschaft mit ‘Frau’ weysheit ist der ‘weise Mann’ der Rechtsordnung ee innerhalb der Geschlechterordnung Ehe ge- horsam. Aus dieser Doppelbeziehung resultiert die Verbindung des Mannes mit Gott. Ein Zeichen dafür ist, dass Gott ihm ein gutes weib als Ehefrau gegeben hat. Die sechste Relation, das Verhältnis zwischen Mann und Frau, kommt in der im Diagonalkreuz (Andreaskreuz) angeordneten Ge- schlechterordnung zum Ausdruck, die sich in der Akzeptanz der ge- schlechterspezifischen Urteile Gottes (Genesis 3) äußert. Im Diago- nalkreuz werden die männliche Herrschaft in der Ehe und weibliche Unterordnung jeweils diagonal mit der weiblichen hilffen des Gebä- rens und dem ‘Sterben - müssen’ aufeinander bezogen. Von den vier Faktoren des Diagonalkreuzes darf keiner fehlen, soll das Paar in der Herrschaftsordnung Gottes, d. h. im Heil leben. Garant ist jedoch in besonderer Weise die hilffen Ehefrau, die als gutes weib die Herr- schaft ihres ‘weisen Mannes’ in der Ehe akzeptiert. Es ist der Status als Paar, der Frau und Mann definiert. Damit ist die Geschlechterdif- ferenz für die Geschlechterordnung im Diagonalkreuz konstitutiv. Das Diagonalkreuz beruht auf der konstituierenden Geschlechterdif- ferenz, die in geschlechterspezifischen Handlungsfeldern (Werkord- nungen) zum Ausdruck kommen.. In den Weisheitsbüchern wird die Geschlechterordnung um die wechselseitige Liebe von Mann und Frau erweitert. Ihre Liebe vereint ihre Leiber und Seelen, was mit wollust beschrieben wird und damit den paradiesischen Zustand der 288 Gemeinschaft mit Gott im Sinne von Heil darstellt. Die hilffen der Ehefrau für ihren Ehemann werden in den Weisheitsbüchern spezifi- ziert. Sie bestehen darin, dass sie ihrem Ehemann leibliche und gei- stige Gesundheit gibt. Hinzu kommt die hilffen für die Seele, so dass auch der spiritueller Aspekt zu erkennen ist. Damit haben ihre hilffen in ihrer Gesamtheit die Form von Heil. Diese Dimension wird auch mit ‘Mutter’ zum Ausdruck gebracht, mit der ‘das Sterben - müssen’ durch die Weitergabe des Lebens relativiert wird. Die siebte Relation, die aus den Beschreibungen des Handlungs- feldes des gutes weibs im Bereich Haushalt und den Beziehungen zu Menschen außerhalb des Haushalts erschlossen wurde, kann mit dem in der EDB verwendeten Rechtswort hausfrawe definiert wer- den. Es erstreckt sich von der Versorgung ihres Mannes und ihrer Kinder, über die des Gesindes, das von ihr Nahrung und selbst ge- fertigte Kleidung erhält, bis zum Verkauf der Produkte ihrer Spinn- und Webkunst. Den Erlös ihrer Waren nutzt sie, um den Wohlstand des Haushalts zu vergrößern. Außerhalb ihres Haushalts Lebenden gibt sie ihren Rat und beschenkt sie mit Gaben. Beide Aspekte sind als hilffen der hausfrawe zu bezeichnen. Die achte Relation, die Wertung der Geschlechterordnung Ehe durch andere Menschen, zeigt, dass ihre gesellschaftlichen Stellung und Qualität auf dem Diagonalkreuz und den Konzepten ‘weiser Mann’ und gutes weib beruhen. Dieser Geschlechterordnung wird nicht nur Lob gezollt, vielmehr wird sie als beste Form menschlicher Beziehungen beschrieben. Als „interagierende Differenzen“ erwiesen sich die Unterschiede zwischen Gott und Paar, in der Geschlechterdifferenz Mann und Frau. Diese waren in acht Relationen zu untergliedern, die untrenn- bare Bedingungen sind. Die „interagierenden Differenzen“ in acht Relationen sind die ordenung Gottes für die Welt, deren Beständig- keit als Harmonie zwischen den Differenzen zum Ausdruck kommt. Göttliche Herrschaftsordnung Eheherrschaft hilffen zum Heil und Gebären Sterben Unterordnung 289 Eine nicht gottgewollte Diskrepanz zwischen Gott und Paar in Form von Dissonanzen kommt durch zwei Paarkonzepte zustande, die auf den Konzepten von Frau und Mann entfaltet werden. Grund- lage ist der freie Willen von Mann und Frau, den sie dazu nutzen, die Geschlechterordnung Ehe im Diagonalkreuz zu brechen. Der Treue- bruch als Rechtsungehorsam zeigt sich in zwei Ausprägungen. In der ersten bleibt die Rechtsform Ehe gewahrt. Diese ist aber ohne Dia- gonalkreuz, damit entfallen die hilffen der Ehefrau zum Heil und die Herrschaft des Mannes in der Ehe. Zu dieser Form von Ehe gehört das Konzept des Mannes als ‘unweiser’ Mann, das aus seiner feh- lenden Gemeinschaft mit ‘Frau’ weysheit resultiert, was zur Folge hat, dass der Mann selbst seine Frau aussucht. Damit wählt er das Konzept unweib, das auf ihrem Zorn basiert, der nicht dem weibli- chen Geschlecht entspricht. Ihr Zorn übersteigt sogar den des ‘Teu- fels’. Sie benutzt ihn, um die Herrschaft in der Ehe zu erlagnen und zu sichern. Darüber hinaus wird sie weder als Mutter noch als Haus- frau beschrieben. Dieser Art der Ehe werden keine Verstöße gegen die Gesetze der Reinheit zugeschrieben. In dem zweiten Bruch der Geschlechterordnung, der nichteheliche Geschlechterbeziehung, steht die Unreinheit des Paares im Mittelpunkt, wobei sich die Kon- zepte ee-brecher und gemeines weib einander entsprechen. Das gemeine weib ist die Verkörperung von Tod und Hölle, womit diese Frau als personifiziertes Unheil gestaltet wird. Als solches ist die Frau die hilffen des Mannes zu seinem Tod und zu seiner Verortung in der Hölle. Beide Geschlechterbeziehungen agieren mit Differenz zur Herrschaft Gottes und seiner Rechtsordnung ee. Für die drei Formen von Geschlechterbeziehungen sind aus- nahmslos Paarkonzepte konstituierend, in denen Mann und Frau entsprechend auf einander bezogen sind: Gutes weib Frau und ‘wei- ser’ Mann, unweib und ‘unweiser’ Mann sowie gemeines weib und ee-brecher. Nur aus der Geschlechterordnung in der Bindung des Diagonalkreuzes resultiert Heil. Die Ehe zwischen unweib und ‘un- weisen’ Mann und die nichteheliche Geschlechterbeziehung sind folglich Rechtsbrüche der Rechtsordnung ee, die Gott auch nicht mit Gnadenakten aufhebt, denn solche werden nicht im Zusammenhang dieser Geschlechterbeziehungen beschrieben. 290 4.3 Die konträren göttlichen Ordnungen im ACKERMANN AUS BÖHMEN Die drei an der Analyse der EDB ermittelten Paarkonstellationen haben sich als außerordentlich hilfreich erwiesen, um den Dialog zwischen ackermann und Tot im Hinblick auf die göttliche Ordnung in Schöpfung und Welt, die Geschlechterordnung Ehe sowie die Kon- zepte von Frau und Mann im ACKERMANN zu analysieren. Erstens konnte eine Verbindung zwischen der aus der EDB ent- wickelten Diagonalkreuzbindung aus Genesis 3 (weltliche Ge- schlechterordnung) und der Verlustklage im ACKERMANN AUS BÖHMEN hergestellt werden, denn im Zentrum der Dichtung und den unter- suchten Texten der EDB steht das Paar von Mann und Frau als Ehepaar. Der Protagonist ackermann beruft sich auf das Diagonalkreuz der Geschlechterordnung, wenn er seine Ehefrau als Verlust anklagt. Hilffen zum Heil zu sein wird in der EDB wie in der Dichtung der Ehefrau zugeschrieben. Diese Dimension von Heil im ACKERMANN zeigt, dass die alttestamentarischen Vorstellungen von der Ge- schlechterordnung Einfluss auf das gesellschaftliche Bewusstsein um 1400 gehabt haben, die bis zur zweiten Hälfte des 16. Jahrhun- dert reichten, was die Rezeption des ACKERMANN vermuten lässt. G. Pamme-Vogelsang hat anhand von Zuschreibungen für Königinnen herausgearbeitet, dass diesen Leib- und Seelenfürsorge für ihren Ehemann zugemessen worden ist. Allerdings müsste ihre Wertung, dass diese Ehefrauen in die Stellung von Heiligen aufgerückt seien, vor dem Hintergrund der alttestamentarischen Aussagen der Vulgata überprüft werden. Wie in der EDB werden auch im ACKERMANN Männer ohne Ehe- frau beschrieben. In Tepls Text ist es der Witwer, der um seinen Verlust weiß und ihn beklagt, in der EDB findet Adam keinen ihm ‘Gleichen’. Den unverheirateten Mann schildern die Weisheitsbücher anschaulich mit Bildern von einem Menschen ohne Halt. Die Selbst- darstellung des Witwers basiert auf diesen Bildern und schreibt sie fort. Die Frau wird im Gegensatz zum Mann weder in der EDB noch in der Dichtung als singuläres Wesen thematisiert. In der EDB ist sie genuin Teil des Paares, im ACKERMANN kreist der gesamte Text um die Unvollständigkeit des Witwers nach ihrem Verlust. Das Paar im Diagonalkreuz ist die einzige richtige und rechtmäßige Geschlech- 291 terordnung. Sowohl aus der Sicht des Protagonisten ackermann als auch in den alttestamentarischen Texten der EDB gibt es keine Kon- zepte von Mann und Frau als Einzelmenschen, vielmehr werden bei- de Geschlechter immer als aufeinander bezogen dargestellt. Das Problem, dass die Geschlechterdifferenz von Frau und Mann auf Hierarchie beruht, wird weder in den alttestamentarischen Beschrei- bungen der ‘richtigen’ Geschlechterordnung Ehe, noch in den Argu- menten des ackermann thematisiert. Vielmehr gewinnen beide Ge- schlechter ihren jeweiligen Wert aus ihrer Verbindung als Ehepaar. Daraus ist zu schließen, dass mehrere ‘Geschlechter’ wie z. B. Jungfrau und Hagestolz (hage-stalt) nicht nur soziale Rollen charak- terisierten, sondern zugleich Rechtsverhältnisse ohne Paarstatus markieren. Auch für den ackermann verkörpert das Paar mit seinen Werkordnungen geschlechterspezifische Aspekte des göttlichen Handelns in der Welt im Rahmen des Rechtsgehorsams gegenüber der göttlichen Rechtsordnung. Für den ackermann untersteht das Paar innerhalb der Rechtsordnung ee, die als solche das Rechtsver- hältnis zwischen Gott und dem Paar ist, der Herrschaft Gottes. Die Geschlechterordnung Ehe wird in der EDB und vom ackermann nicht als Erscheinungsform einer Ordnung begriffen, sondern als Grundge- rüst der ordenung. In der EDB ist es die Rechtsordnung Gottes, mit der das Ehepaar im Diagonalkreuz in der Ordnung der Welt veran- kert ist. Der ackermann rekurriert auf die alttestamentliche Ge- schlechterordnung im Diagonalkreuz als einzige richtige und recht- mäßige Form der Ehe, mit der die Konzepte gutes weib und weiser Mann im Diagonalkreuz verbunden sind. Die Frage nach den Geschlechterbeziehungen führt also ins Zen- trum der gesellschaftlichen Ordnung. Mit ihr ist die Matrix für alle vor- kommenden Rechtsverhältnisse festgelegt, die auf der Geschlech- terordnung des Ehepaars basiert. Mit dieser Rechtskonstruktion ge- winnt das von Dallapiazza unverortete „bestimmte bestimmbare ideologische Muster“ im ACKERMANN seine Rechtsposition. Im ACKERMANN beansprucht der Witwer den alttestamentarischen Rechtsanspruch auf Heil, der auf dem ‘alten göttliche Recht’ gründet. Zweitens konnte erkannt werden, dass auch in den Ehebeschrei- bungen des Tots alttestamentarische Aussagen enthalten sind, in- dem auf das Ehekonzept ohne Diagonalkreuz zugriffen wird. Der Tot stellt die Ehefrau, die auf der Grundlage der EDB als unweib identifi- ziert werden konnte, wie in der EDB in den Mittelpunkt dieser Art der Ehe. Die alttestamentarischen Darstellungen ihres Zorns werden 292 vom Tot zwar abgeschwächt, aber ihre Durchsetzung der Herrschaft in der Ehe werden breiter als in der EDB entfaltet. Allerdings bedient sich der Tot für sein Ehefraukonzept nicht nur des unweibs, sondern fügt auch Aspekte der Unreinheit des gemeinen weibs ein. Während die Schwäche des Ehemanns in der EDB nicht ausführlich beschrie- ben werden, konkretisiert der Tot sie vielfachen Aspekten. Den Aus- sagen des Tots über diese Form der Ehe ist zu entnehmen, dass sich Mann und Frau, auf denen sein Paarkonzept beruht, und wel- ches im Wesentlichen auf das alttestamentliche von unweib und un- weiser Mann zurückgreift, ebenfalls entsprechen. Drittens stehen sich im ACKERMANN nicht nur die Ehebeschreibun- gen, sondern auch zwei Konzepte des Menschen polar gegenüber. Der ackermann entfaltet das seine auf der Folie der Schöpfungsbe- richte und den bestätigenden alttestamentarischen Aussagen. Er setzt so den Menschen in Bezug zu seinem reinen Schöpfer. Da der ackermann den Menschen als im gleich beschreibt, kann die Paar- formel bilde und gleichsam der EDB zugrunde gelegt werden, die ei- ne Konkretion Gottes gestaltet. Mit der Betonung der Reinheit von Mann und Frau wird ihr Rechtsgehorsam gegenüber der göttlichen Rechtsordnung umfassend dargestellt. Die Beschreibungen des Menschen durch den ackermanns lassen erkennen, dass damit bei- de Geschlechter erfasst sind, deren Gleichartig- und -wertigkeit auf Genesis 1 hinweisen. Der Tot beschreibt sein Menschenkonzept im alttestamentari- schen Rechtsungehorsam, das besonders im Bereich der Unreinheit verortet wird. Diese Platzierung gilt grundsätzlich für alle Menschen, außer für die tote Ehefrau des ackermann. Damit negiert der Tot zu- gleich die alttestamentliche Rechtsordnung, auf die der Witwer rekur- riert. Stattdessen behauptet der Tot, es sei die von Gott gesetzte Ordnung der Schöpfung und Welt, und setzt die Todesfurcht an die Stelle der Gottesfurcht, die in der EDB als Herrschaftsakzeptanz Gottes und seiner Rechtsordnung beschrieben wird. Ackermann und Tot berufen sich beide auf die Ordnung Gottes für die Welt: Der ak- kermann sieht sich unter die alttestamentarischen Herrschaft Gottes lebend. Daher geht er davon aus, dass der Tot ein Amtsträger Gottes ist, der sein Amt missbraucht hat, weil er seine Frau vor dem Ende ihrer Lebenszeit hat sterben lassen. Diese Position ist alttestamenta- risch, da allein Gott die Lebenszeit bestimmt. Der Tot aber bean- sprucht Eigenherrschaft über das Leben, die ihm Gott gegeben habe. Mit dem Herrschaftsanspruch des Tots werden, wie mit der vom ak- 293 kermann zugrunde gelegten alleinigen Herrschaft Gottes, Rechtspo- sitionen vertreten, die in Form eines Prozesses vorgetragen werden. 4.4 DER ACKERMANN AUS BÖHMEN: Paradigmen- wandel als Ergebnis von Prozess und Ur- teil Der Zusammenhang zwischen der alttestamentarischen Rechts- ordnung ee in der EDB und im ACKERMANN ist auch aus der Prozess- struktur der Dichtung zu erschließen. Der Witwer als Kläger und der Tot als Angeklagter präsentieren die Geschlechterordnung in positi- ver und negativer Ausprägung. Der Kläger erklärt die weiblichen hilffen seiner Ehefrau als seinen Rechtsanspruch. Diesen Rechtstitel leitet er aus dem Rechtsverhältnis zwischen Gott und Paar der EDB ab, das die hilffen der Ehefrau als Teil der Werkordnung weib ein- schließt. Tepl folgt einem bekannten deutschrechtlichen Muster, nämlich die ‘Sache’ (sach) zu beschreiben, um dann die entspre- chenden Rechtszusagen einzufordern: Der Kläger fordert Rechtssi- cherheit und beruft sich auf die Rechtsordnung ee der EDB. Nicht, weil Gott im Sinne eines Gnadenakts helfen soll, sondern weil er sei- nen Teil der Rechtsordnung zu erfüllen hat. Der Kläger sieht seinen Rechtsgehorsam durch seine Ehe mit seiner Ehefrau gegeben, die als alttestamentarisches gutes weib dargestellt wird. Der Tot negiert die Rechtsansprüche seines Anklägers und charakterisiert das Paar ohne Diagonalkreuz. Den Zugriff auf das alttestamentarische Ehe- konzept ohne Diagonalkreuz und damit ohne Heil nutzt der Tot dazu, dieses Ehekonzept für allgemeingültig zu erklären, und um damit den Rechtsanspruch des Klägers als unbegründet abzuweisen. Indem der Tot auch das Konzept Mensch im unreinen Rechtsungehorsam gestaltet, wird die alttestamentarische Rechtsordnung und die dazu- gehörige Geschlechterordnung negiert. Die Rechtsgrundlage des ackermann, die hilffen seiner Frau zum Heil einzuklagen und der Anspruch des Tots auf Eigenherrschaft werden im Urteil Gottes abgewiesen. Gott wird als Lehnsherr des Tots präsentiert, und dieser wird damit im Lehen verortet. Das Lehnsgut des Tots ist das Leben, folglich erhält der Tot die Verfü- gungsrechte über das Leben. Der Kläger wird im Urteil damit kon- frontiert, dass er keinen Rechtsanspruch auf seine Ehefrau hat, da- 294 mit auch keine auf hilffen zum Heil. Mit dem negierten Rechtsan- spruch auf Heil findet ein Paradigmenwechsel vom ‘göttlichen Recht’ zur ‘göttlichen Gnade’ statt. Tepl gestaltet mit dem göttlichen Urteil die ‘wahre’ bzw. ‘gültige’ Ordnung der Welt als Lehen des Tots, in der der Rechtsanspruch auf Heil keinen Raum hat. Gott bleibt Gott, er zieht sich jedoch als ‘Ver- tragspartner’ der alttestamentarischen Rechtsordnung zurück. Gott räumt anstelle von ‘Frau’ weysheit, der Verkörperung des Leben in der EDB, dem hern Tot die Weltherrschaft als Lehen ein. Damit stimmt die Herrschaftsform im Urteil Tepls mit der von ‘Frau’ weysheit überein. Die Zielsetzung des Lehen aber wird von der auf das Leben konzentrierten ‘Frau’ weysheit auf den Tod zentriert. Vor dem alttestamentarischen Hintergrund wird mit dieser Rechtsstellung dem hern Tot offensichtlich auch der Platz als zusteher’ an Gottes Thron eingeräumt, da er als Lehnsmann Gottes inszeniert wird, wäh- rend in der EDB ‘Frau’ weysheit in dieser Rechtsstellung beschrieben wird. Durch diesen Austausch wird, nachdem zuvor die menschliche Konkretion der weysheit, das gute weib als tot ausgewiesen ist, auch das Weibliche - personifiziert als ‘Frau’ weysheit - sowohl aus der Sphäre Gottes als auch aus der Schöpfung und Welt im Zusammen- hang des Heils entfernt. Tepl wechselt aber nicht nur die Figuren aus, sondern er kehrt sie in ihrer Zielsetzung um, da dem Leben, das die weysheit verkörpert, die alttestamentarische ordenung der ee entzogen wird. Damit ist die im Urteil präsentierte Ordnung rechtlos, also auch gesetzlos, d.h. ohne bindende Rechtsnormen. Mit dem Wegfall der alttestamentarischen Rechtsordnung ee geht einher, dass auch ihr Fundament, das Diagonalkreuz der Geschlechterord- nung gegenstandslos wird: Der Mensch wird nicht mehr als Paar, sondern als Einzelwesen definiert. Tepls Konstruktion Gottes negiert die alttestamentarische Herrschaftsordnung als Rechtsordnung. Tepl beschreibt Gott somit nicht im Rahmen der absoluten Treue, sondern als einen Gott, der seine Herrschaftsordnung ändert. Tepl lässt Mann und Frau als Konkretion (bilde vnd gleichsam) Gottes entfallen, denn im Urteilstext fehlt jeder Hinweis auf den Be- zug zwischen Gott und Menschen. Dagegen wird die Gleichheit aller Menschen als Einzelne herausgestellt, die Leben, Leib und Seele haben. Mit dieser Gleichheit werden die alttestamentarischen ge- schlechterspezifischen Handlungsfelder der Werkordnungen aufge- hoben. Konkret entfällt damit die Ehefrau als hilffen für das Heil ihres Mannes. Sie ist nicht mehr gemäß der EDB die Gabe Gottes, son- 295 dern wird dem Manne nur geborgt. Ihr Leben aber ist Lehen des Tots. Die Ehe ist nun eine temporäre Geschlechterbeziehung ohne Heil. Das Urteil bestätigt letztlich die Definition des Tots, der das Ehepaar ohne Diagonalkreuz beschrieb. Nach dem Urteil im ACKERMANN sind Mann und Frau allein und einzeln denkbar, sie sind nicht länger miteinander verbundene Rechtswesen, sondern Ge- schlechtswesen. Von ihnen beansprucht Gott für sich nur die Seele. Auf deren Verortung hat nunmehr der Einzelne weder Einfluss noch Rechtsanspruch, denn allein Gott bestimmt den Ort im Jenseits. Die- ser ist folglich nur von seiner Gnade oder Ungnade abhängig, weil der aus dem Rechtsgehorsam der alttestamentarischen Rechtsord- nung resultierende Anspruch entfällt. Dem Lebenden bleibt also nur die Hoffnung auf die Gnade Gottes, um die er für Verstorbene und für sich selbst bitten kann. Das Bitten um Gnade wird im Gebet des ackermann dargestellt. Dem Witwer bleibt darüber hinaus seine Lie- be zu seiner Ehefrau erhalten, die er zuvor als gegenseitige geschil- dert hat. Im Urteil des ACKERMANN, dem Ziel des Prozesses, findet ein radikaler Paradigmenwandel von der auf das Leben im Heil kon- zentrierten alttestamentarischen Rechtsordnung ee in der EDB zur Herrschaft des Todes statt. Mit dem Paradigmenwandel Gottes geht einher, dass an die Stelle des Paares der einzelne Mensch tritt und das Recht durch Gnade ersetzt wird. Tepl greift auch bei diesem von Gott vollzogenen Paradigmen- wandel auf ein alttestamentarisches Motiv zurück, nämlich auf Ge- nesis 3. Dort ändert Gott die paradiesische Geschlechterordnung in das Diagonalkreuz für das Leben des Paars in der Welt. An den Be- zügen zur EDB und an den Formalia des deutschrechtlichen Prozes- ses war für entsprechend ausgebildete Rezipienten des ACKERMANN AUS BÖHMEN die Botschaft Tepls erkennbar: Die Verlustklage um die Ehefrau liest sich so als Klage um eine verlorene Ordnung: Sowohl die traditionelle deutschrechtliche Prozessordnung wie die alttesta- mentarische Rechtsordnung haben keine Gültigkeit mehr. Tepl ver- wendet hier offensichtlich die deutschrechtliche Prozessordnung als Teil des „alten göttlichen Rechts“, die durch die Rezeption des römi- schen Rechts allmählich abgelöst wurde, als Parallele für das Ende der alttestamentarischen Rechtsordnung ee. Sicher ist, dass dem Notar Tepl beide Prozessordnungen geläufig waren. Damit gewinnt der poetische Text gesellschaftspolitische Dimensionen. Die untersuchten Texte der EDB und der ACKERMANN zeigen die ‘Geschichte’, die sie beschreiben nicht als Beispiele für eine Ord- 296 nung, sondern als die ordenung. Sie konstituiert das Paar als Ge- schlechterordnung, mit der zugleich die Gesellschaftsordnung defi- niert ist. Das Diagonalkreuz in Form eines X garantiert Stabilität, Be- ständigkeit und Dauer, die mit dem mittelalterlichen Terminus Stæte zu fassen ist. 4.5 Neue Konturen und Perspektiven Die alttestamentlichen Ehekonzepte der EDB im Bezug zum ACKERMANN zeigen unter meinen Fragestellungen neue Konturen: Die alttestamentarischen Texte erscheinen als Rechtskodex. Der poetische Text offenbart eine gesellschaftspolitische Positionierung, die bis ins 16. Jahrhundert rezipiert wurde. Mit der EDB liegt eine deutsche Fassung der Vulgata mit starkem deutschrechtlichen Rechtsaspekt vor. Diese Bedeutung zu erkennen, setzt voraus, dass eine Bibelübersetzung als historischer Text mit Entstehungskontext und Zielrichtung verstanden wird. Die exegeti- sche Analyse einzelner Textschichten, wie sie die theologische Ex- egese betreibt, greift für die Verwendung der EDB als geschichtswis- senschaftliche Quelle nicht. Die EDB richtet sich explizit an die Laien (heilig pawerschaft oder einueltikeit) für deren Sozial- und Arbeits- verfassung die Geschlechterordnung im Diagonalkreuz angemessen war. Unter zwei Aspekten konnten die alttestamentarischen Texte der EDB neu betrachtet werden. Ihre Aussagekraft als Quelle für die vorreformatorischen Gesellschaften ist mit der vorliegenden Untersu- chung bei Weitem nicht erschöpft. Die erschlossene Bedeutung der EDB als Rechtskodex ließ erkennen, dass Bibelübersetzungen zeit- gebundene Zielrichtungen haben, die sich in der Wortwahl nieder- schlagen. Die Einschätzung der EDB in der Forschung als „mangel- hafte und fehlerhafte Bibelübersetzung“ greift nicht, da die EDB von ihren Rezipienten genutzt worden ist. Darüber hinaus konnte aus Werken der bildenden Kunst erschlossen werden, dass sie Motive verbildlichen, die auch in der EDB dargestellt werden. Die Untersuchung der alttestamentarischen Texte der EDB als Rechtstext ermöglichen neue Überlegungen zur ihrer Datierung: Ihre Rechtsfiguren zusteherin, vmgang und ee, ebenso wie z. B. der po- sitive Begriff wollust und die Worte zeswe und winster für rechts und 297 links lassen eine Übersetzung vermuten, die vor dem von der For- schung behaupten Zeitrahmen des 14. Jahrhundert liegen könnte. Neue Konturen konnten auch für den ACKERMANN AUS BÖHMEN herausgearbeitet werden. In der Dichtung werden die alttestamenta- rischen Rechtspositionen des Protagonisten ackermann im Urteil Gottes verworfen, und es wird ihm eine neue Ordnung präsentiert. Allerdings hat der Text auf der ersten, der Textebene Entsprechun- gen zu anderen poetischen Texten des Mittelalters: Der alttesta- mentarische Referenzrahmen Recht im Zusammenhang mit dem Frauenlob eröffnet eine neue Perspektive. Die Forschungspositio- nen, Tepl habe aus dem Fundus des Marienpreises, des höfischen Frauenlobs und dessen Adaptionen (G. Hahn, A. Hübner) geschöpft, können um den alttestamentarischen Topos gutes weib erweitert werden, mit dem die Ehefrau und Hausfrau gekennzeichnet wird. Dieser Zusammenhang konnte an der Figur Margreth im ACKERMANN erkannt werden, an der das Frauenlob deutlich wird, denn sie ist als gutes weib und in ihrer alttestamentarischen Rechtsform hilffen dar- gestellt. Die Einschätzungen ihrer Position als „Mittlerrolle zwischen Gott und dem Manne“ (G. Hahn), oder als „kosmisches Lebensge- setz“ (Ch. Huber) basieren dagegen eher auf außerhalb des Textes liegenden Vorstellungen. Auch die im Text präsentierte Frauen- schelte erwies sich auf der Grundlage der alttestamentarische Aus- sagen über das gemeine weib und das unweib als entlehnt, was sie gegenüber der Verortung in Fastnachtsspielen (G. Jungbluth, K. Bertau) als Verbindung zweier alttestamentarischer Frauenkonzepte der EDB charakterisiert. Daher ist zu prüfen, ob und inwieweit die Beschreibungen ‘der Frau’ und Ehefrau in Fastnachtsspielen, sowie in Darstellungen der ‘Verkehrten Welt’ oder im ‘Kampf um die Hose’ auf dem alttestamentarischen Frauenkonzept unweib aufbauen, das durch seinen Zorn teuflischer als der Teufel ist, da das Thema ‘Teu- fel in der Ehe’ in Texten dieser Provenienz behandelt wird. Beim Blick auf die zweite, die gesellschaftspolitische Ebene im ACKERMANN, zeigt sich jedoch ein anderer Befund: Es geht nicht um Lob oder Schelte von Frauen, sondern um Einklagen (ackermann) oder Negieren (Tot) ihrer Position im gesellschaftstragenden selbst- verständlichen Konzept Paar. Die Verlustgeschichte ist nicht indivi- duell, sondern umfassend geschildert. Unter der ‘Geschichte des ak- kermanns’ verfasst Tepl eine radikal-kritische Bestandsaufnahme der religiösen und gesellschaftlichen Verhältnisse seiner Zeit. Um sie zu charakterisieren, schöpft er seine Argumentationen aus den rechts- 298 relevanten alttestamentarischen Texten der EDB. Dabei fungiert die alttestamentarische Rechtsordnung als verlorene Welt des Heils. Die Klage über deren Verlust markiert ihr Ende. Auch auf der Seite des Antagonisten Tots sind Bezüge zur EDB zu erkennen, die im Rah- men des Rechtsungehorsam mit erweiterten Bildern entfaltet werden. Mit dem Lehen des Tots im Urteil wird die alttestamentarische Schöpfungs- und Weltordnung aufgelöst. Der Tot wird zwar in der Forschungsliteratur als ‘lex naturalis“ (G. Hahn) oder „gesamtmun- dale ordo“ (Ch. Kiening) bezeichnet, aber das Lehen des Tots ist die Verneinung seiner alttestamentarischen Position. Das Lehen gibt dem Tot ein bisher nicht berücksichtigtes Gewicht. Es ist mit dieser Positionierung verbunden, dass auch das ‘alte Recht’ und damit die göttliche weltliche Rechtsordnung nicht mehr besteht. Tepls Dichtung ist nur auf der ersten Ebene eine religiöse Welt- deutung. Sein Text muss jedoch mit seiner zweiten Ebene als gesell- schaftlich-politisches ‘Manifest’ gewertet werden. Die Suche nach den alttestamentarischen Bezügen im ACKERMANN AUS BÖHMEN hat gezeigt, dass sein Autor diese für eine Zeitkritik nutzte. Um seine Botschaft zu übermitteln, verbirgt Tepl sie im Offensichtlichen, d. h. er stellt sicher, dass der Subtext von Gleichgesinnten verstanden wird. Dazu benutzt Tepl die alttestamentarischen Aussagen der EDB als ‘bekannten Geheimtext’. Dieses Vorgehen lässt eine Brisanz des Textes in seiner historischen Zeit vermuten. Weitere Belege für diese Einschätzung sind die verdeckte Namensnennung des Autors im Text des Gebets und der Widmungsbrief an einen jüdischen Adres- saten, der aufgrund seiner rechtlichen Stellung diesen Text besitzen und möglicherweise auch verbreiten konnte. Dieser Zusammenhang müsste erforscht werden. Es zeigt sich nun eine bisher nicht be- merkte Intention des Textes. Er ist kein Werk für klerikale, seelsorge- rische Bemühungen (H. H. Menge, H. Rosenfeld), sondern der Text charakterisiert die lebensweltliche Erfahrung, die doppelt versteckt literarisch artikuliert wurde, aber so nicht justiziabel gemacht werden konnte. Diese Hermetik im ACKERMANN AUS BÖHMEN konnte durch die Folie EDB lesbar gemacht werden. Wenn schon die Bestätigung W. Spiewoks gegenüber dem Forschungsstand eine Entschlüsselung des ‘Gemeinten’ war, so enthüllt die Ebene Gesellschaftsordnung die tiefer liegende ‘eigentliche’ Zielsetzung des Textes. Der Bezug auf das ‘alte’ Recht wird durch die Struktur des deutschrechtlichen Pro- zesses unterstrichen. Hier wurden bisher Unstimmigkeiten gesehen, war doch vermeintlich kein eindeutiger Prozessgegenstand zu er- kennen. Tatsächlich ist ein Prozess um die tote Ehefrau sinnlos, weil 299 sie nicht wieder lebendig werden kann. Der Sinn des Prozesses er- schließt sich erst, wenn es um die verlorene Frau als konstituieren- den Bestandteil der Gesellschaftsordnung geht. A. M. Haas legt dar, dass in Tepls Text trotz seiner religiösen Positionen das innere Scharnier des Todes Christi fehle. Die scheinbare Diskrepanz dieses Problems verweist auf ein Desiderat in der Ackermannforschung und möglicherweise auf eines der Untersuchungen zur Vor- und Frühre- formation. Es ist zu erklären, warum in christlichen Gesellschaften des 15. bis zur Mitte des 16. Jahrhundert sich ein Text ausdrücklich auf das Alte Testament bezieht und damit nicht genuin mit dem Neu- en Testament argumentiert. Es ist zu fragen, ob der Rückgriff mögli- cherweise auf Brüchen in den Gesellschaften basiert, die aus Span- nungen zwischen Stadt und Land, Herrschaft und Recht, Ehe und Kloster resultieren. Für den Abbruch der Rezeption des ACKERMANN in der Mitte des 16. Jahrhundert kann die Übersetzung des Alten Testaments von Luther verantwortlich sein, denn sie setzt nicht nur andere die Ge- schlechter- und Geschlechterbeziehungskonzepte ein, sondern es fehlt auch die Dimension der Frau, hilffen zum Heil oder Unheil zu sein. Daher ist erneut zu fragen, auf welche Konzepte sich Luther konkret bezieht, um seine alttestamentarischen Darstellungen zu verorten. Um Geschlechter- und Geschlechterbeziehungskonzepte zu ana- lysieren, die im Zusammenhang der göttlichen Weltordnung in Tex- ten des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit beschrieben wer- den, ist es notwendig, dass alle neutestamentarischen Aussagen der EDB zusammengestellt und analysiert werden. Die Darstellungen der EDB müssten mit denen in der Übersetzung Luthers verglichen wer- den. Die möglichen Unterschiede zwischen beiden Übersetzungen des Neuen Testaments könnten dazu genutzt werden, in überliefer- ten Texten anhand der biblischen Argumentationen gesellschaftliche Bedürfnisse, Entwicklungen oder Zielsetzungen zu erkennen. 300 5 Anhang 5.1 Anhang I Überlieferungen der ERSTEN DEUTSCHEN BIBEL Siglen, Datierungen der Handschriften und Drucke, mit Druckorten und Schreibsprache nach der Edition von W. Kurrelmeyer. Bd. 1, S. IX - XXX, Bd. 10, XVI - L Handschriften B Pergament, 1436, (nach Wulf 1991, S. 26 Schreibsprache bairisch) Ma Papier und Pergament, 1437 (nach Wulf, 1991, S. 22) Schreibsprache nordbai- risch mit mitteldt. Einschlägen, Raum Nordbayern -Franken - Nordböhmen) Ng Pergament und Papier, 1443. Diese Handschrift stammt von einer Frau: „pitt gott für die schrey-|berin die dicz puch ge| schriben hat k. n.“ T Pergament, der sog. Codex Teplensis, ca 14. - 15. Jahrhundert We Papier, 15. Jahrhundert (nach Wulf, 1991, S.34 Entstehungsort wahrscheinlich bairisch -alemannisches Grenzgebiet) F Pergament, der sog. Codex Fribergensis, ca. 1515 W Papier, 2. Viertel 15. Jahrhundert (Datierung nach Wulf, 1991, S. 33) N Papier (Kopie des Drucks von Mentel), ca. 2.Hälfte 15. Jahrhundert Drucke: M Erste Ausgabe, Johann Mentel, ca. 1466 Strassburg . Der Druck beruhe auf einer verloren gegangenen Handschrift, die aus dem 14.Jahrhundert stamme. E Ausgabe von Heinrich Eggensteyn, ca. 1470 Strassburg Einrichtung genau wie M. Die Wörter zeswe und winster werden durch gerechte und lincke ersetzt. P Ausgabe von Jodocus Pflanzmann, ca. 1473 Augsburg Vorlage bildet Eggensteyn. Z Ausgabe von Günther Zainer, ca. 1475 Augsburg Die Ausgabe nimmt Änderungen am Text von Eggensteyn vor. Manchmal seien die abgeänderten Stellen als neue Übersetzung zu betrachten. Zc Zweite Ausgabe von Günther Zainer, 1477 Augsburg. Vorlage wie Z. A Die sogenannte Schweizerbibel, Drucker Johann Sensenschmidt und Andeas Frisner, zwischen 1476 und 1478, Nürnberg (Datierung nach Wulf, 1991, S. XI) 301 S Ausgabe von Anton Sorg, 1477 Augsburg. Sa 2. Ausgabe von Anton Sorg, 1480 Augsburg. Vorlage nach Zc. K Ausgabe von Anton Koburger, 1483 Nürnberg G Ausgabe von Grüninger, 1485 Straßburg Sb Ausgabe von H. Schönsperger, 1487 Augsburg Sc 2. Ausgabe von H. Schönsperger, 1490 Augsburg. O Ausgabe von Hans Otmar, 1507 Augsburg.(Abdruck von Sb) Oa= Ausgabe von Silvanus Otmar, Augsburg 1518. 302 5.2 Anhang II Überlieferungen ACKERMANN AUS BÖHMEN Siglen, Datierungen der Handschriften und Drucke mit Druckorten und Schreibsprache nach Hahn Forschungsbe- richt 1984, S. 10-12 Handschriften: A 1449, Schreibsprache ehestens ostmitteldeutsch. B Um 1480, Schreibsprache schwäbisch. C Um 1470, Schreibsprache schwäbisch-bayerisch. D 1468, Schreibsprache schwäbisch-bayerisch. E Ausgehendes 15. Jahrhundert, Schreibsprache bayerisch. F = 1467, Schreibsprache bayerisch, (Abschrift von G). G = Schreibsprache bayerisch H Um 1465, Schreibsprache ostmitteldeutsch I 1475 oder 1485, Schreibsprache alemannisch. K Ausgehendes 15. Jahrhundert, Schreibsprache alemannisch. L etwa 1460-1470, Schreibsprache alemannisch. Unvollständig. M Um 1500, Schreibsprache schwäbisch. N 1470, Schreibsprache bayerisch-fränkisch. O Letztes Viertel des 15. Jahrhunderts, Schreibsprache schwäbisch- bayerisch. P Um 1470, Schreibsprache schwäbisch.. Q Um 1470, Schreibsprache bayerisch. Drucke a Etwa 1463, Bamberger Pfisterdruck, ohne Angabe von Drucker, Druckort und Jahr, mit 5 Holzschnitten Schreibsprache, Ostfränkisch - bambergisch b Etwa 1460, Bamberger Pfisterdruck, ohne Angabe von Drucker, Druckort und Jahr, Schreibsprache ostfränkisch-bambergisch. c 14]74, Heinrich Eggenstein, Straßburg d um 1474, Martin Flach, Basel e 14]74, Martin Flach ,Basel e1 14]73, Martin Flach, Basel: ( = KROGMANN o) 303 e2 14]74: Martin Flach, Basel ( = KROGMANN p). f um 1490 Konrad Kachelofen, Leipzig. g 14]84: Anton Sorg, Augsburg. g1 um 1480 [Augsburg, (= JUNGBLUTH), um 1483/84 Lienhard Holle, Ulm (=MENGE: KROGMANN q). h 14]90, Heinrich Knoblochtzer, Heidelberg i 1500 Johannes Schott Straßburg:. j = 14]77. Heinrich Knoblochtzer ,[Straßburg k 1502 Matthias Hüpfuff, Straßburg l 1520, Martin Flach, Straßburg m 1547, Rudolf Deck, Basel n = um 1520-1543, Straßburg Die Drucke c-n stammen über e1 sämtlich von der Handschrift I ab. 304 5.3 Anhang III Gegenüberstellung der Aussagen von Genesis 1-4,1 und der Weisheitsbücher der ERSTEN DEUTSCHEN BIBEL und der Lu- therübersetzung von 1545 Gen 1,26 EDB: Vnd sprach. Wir machen einen menschen zů vnserem bild vnd zů vnser gleichsam• vnd er wirt vor sein den vischen des meres LB: UND Gott sprach /Lasst vns Menschen machen /ein Bild /das vns gleich sey/ Die da herrschen vber die Fisch im Meer/ ... Gen 1,27 EDB: Vnd gott der beschůff den menschen zů seinem bilde vnd zu seine gleich- sam• zů dem bilde gottes beschůff er in • vnd er beschůff sy mennlichs vnd weiplichs. LB: UND Gott schuff den Menschen Im zum Bilde/ zum bilde Gottes schuff er in/ Vnd schuff sie ein Menlin vnd Frewlin. Gen 1,28 EDB Vnd got der gesegent sy• vnd sprach: Wachst vnd werd gemanigueltigkt und erfúllent die erde•vnd vnderlegt sy• LB Vnd Gott segnete sie/ vnd sprach zu jnen/ Seid fruchtbar vnd mehert euch vnd fůllet die Erden / vnd macht sie euch vnterthan. Gen 2,5 EDB Wan der herre het nit geregnet auf die erde, vnd der mensch was nit worscht die erd. LB Denn Gott der Herr hatte noch nicht regenen lassen auff Erden/ /vnd war kein Mensch der das Land bawete/ Gen 2,7 EDB Dorumb der herre got bildet einen menschen von lietiger erd • vnd ine- tempt an sein antlitz die ettung des lebens • vnd der mensch wart ge- macht in ein lebendig sele. LB VND Gott der HERR machet den menschen aus dem Erdenklos/ vnd er blies jm ein den lebenigen Odem in sein Nasen/ Und also ward der Mensch eine lebendige Seele. Gen. 2,8 EDB Wann der herre got het gepflantzet ein paradeis der wolust an dem ane- gen • in dem saczt er den menschen den er het gepildet LB VND Gott der HERR pflantzet einen Garten in Eden/ gegen dem morgen / vnd setzet den Menschen drein / den er gemacht hatte. 305 Gen 2,15 EDB Dorumb der herr got nam den menschen• vnd saczt in in das paradise der wolust• daz ers worscht vnd behůte•| LB: VND Gott der HERR nam den Menschen vnd satzt jn in den garten Eden/ das er jn bawet vnd bewaret. Gen 2,16 EDB vnd er gebot im sagent. Isse von eim iegelichen holtz des paradises• LB Vnd Gott der HERR gebot dem Menschen / vnd sprach/ Du solt essen von allerley Bewen im Garten. Gen 2,17 EDB wan von dem holtz der wissenheit des gůt vnd des vbels nichten esse. Wann an welchen tag du isest von im du stirbest des todes. LB Aber von dem Bawen des Erkenntnis gutes vnd böses soltu nicht essen Denn welches tages du da von issest/ wirstu des Todes sterben. Gen 2,18 EDB Vnd der herre got sprach. Es ist nicht gůt dem menschen zů sein allein • wir machen einen hilffen im gleich. LB VND Gott der HERR sprach/ ES ist nicht gut das der Mensch allein sey / Ich wil im ein Gehůlffen machen/ die vmb in sey. Gen 2,20 EDB Wann adam wart nicht funden sin geleich. LB Aber fur den Menschen ward kein Gehůlffe funden/ die vmb jn were. Gen 2,21 EDB Dorumb der herre got sante einen schloff in adam. Vnd do er was entsloffen er nam eins von seinen rippen • vnd derfúlt fleisch vmb es. LB Da lies Gott der HERR einen tieffen Schlaff fallen auff den Menschen/ vnd er entschlief. Vnd nam seiner rieben eine/ vnd schlos die stet zu mit Fleisch. Gen 2,22 EDB Vnd der herre got macht das rip das er het genomen von adam. in ein weib vnd zůfurt sy zu adam LB Vnd Gott der HERR bauet ein Weib aus der Riebe/ die er von dem Men- schen nam/ vnd bracht sie zu jm. 306 Gen 2,23 EDB Vnd adam sprach Nun dis bein ist von meinen beinen • vnd diß fleisch ist von minem fleisch. Dise wird gerůffen ein mennin wann sy ist genommen von dem man. LB Da sprach der Mensch/ das ist doch Bein von meinem Beinen /vnd fleisch von meinem fleisch/ man wird sie Mennin heissen /darum/das sie vom Manne genommen ist. Gen 2,24 EDB Vmb dis ding lest der man vatter und můter vnd zů hafte seinem weip• vnd es werdent zwei in eim fleisch. LB Darumb/ wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen/ vnd an seinem Weibe hangen vnd sie werden sein ein Fleisch. Gen 2,25 EDB Wann iedt weders was nackent das ist zů wissen adam vnd sein haus- frouwe. vnd sy schamten sich nicht. LB Und sie waren beide nacket/ der Mensch vnd sein Weib/ vnd schemeten sich nit Gen 3,1 EDB Wan auch der schlang waz listiger allen seligen dingen der erde• die der got het gemacht. Er sprach zů dem weip. Warum hat euch got verbotten das ir nit essent von eim yegelichen holtz des paradises? LB UND die schlange war listiger denn alle Thier auff dem felde/ die Gott der HERR gemachet hatte/ vnd sprach zu dem Weibe/ Ja/ solt Gott haben / Jr solt nicht essen von allerley Bewen im Garten? Gen 3,2 EDB Das weip antwurt wir essent von dem wůcher des holtzes LB DA sprach das Weib zu der Schlangen/ Wir essen von den früchten der bewen im Garten. Gen 3,3 EDB daz do ist in mitzt des paradises vorboten vns got daz wir nichten essent• vnd sin nicht růrten• daz wir vilicht icht sterben. LB Aber von den früchten des Bawes mitten im Garten hat Gott gesagt/ Esset nit da von / rürets auch nit an/ Das jr nicht sterbet. Gen 3,4 EDB Wann der schlang sprach zů dem weip. in keiner weis sterbt ir des todes. LB Da sprach die Schlang zum Weibe/ Ir werdet mit nicht des tods sterben Gen 3,5 EDB Wan got der weis daz an wellichem tag ir esset von im• ewer ougen wer- dent auff getan : vnd ir werdent als die götter wissent das gůt vnd das úbel. 307 LB: Sondern Gott weis/ das/ welchs tags jr da esset/ so werden ewre augen auffgethan/ vnd werdet sein wie Gott/ vnd wissen was gut und böse ist. Gen 3,6 EDB Darumb daz weip sach das holtz daz es was gůt zů essen• vnd schen den augen vnd wollustiger angesicht • vnd sie nam von seim wucher vnd aß• vnd gab ierem man. Er aß• LB UND das Weib schawet an/ das vin dem Bawm gut zu essen were/ vnd ieblich anzusehen/ das ein lüstiger Bauwm were/ weil er klug mechte/ Und nam von der Frucht/ vnd a∫s/ vnd gab jrem Man auch da von/ Vnd er a∫s. Gen 3,7 EDB vnd ir beider ougen wurden auff geton. Vnd do sie hetten derkant zů sin nackent• sy heften zů samen die lober der fygbaum; vnd machten in wan- del. Vnd bedeckten sich• LB Da wurden jr beider Augen auffgethan/ vnd wurden ewar/ das sie nackent waren / Vnd flochten Feigenblätter zusamen/ vnd machten inen Schürze. Gen 3,8 EDB vnd sy hetten gehort die stim des herrn gottes gen in dem paradise• zů dem wetter oder der stund nach mittem tage: adam verbarg sich vnd sin hausfrouw inmitzt des paradises vor dem antlitz des herrn gotz. LB VND sie höreten die stimme Gottes des HERRRN / der im Garten gieng/ da der atag1 küle worden war. Vnd bAdam versteckt sich mit seinem Wei- be/ fur dem angesicht Gottes des HERRRN unter die Bewmen im Garten Gen 3,9 EDB Vnd der herre got riefft adam• vnd sprach zů im Wo bistu LB Vnd Gott der HERR rieff Adam/ und sprach zu jm/ Wo bistu? Gen 3,10 EDB Vnd er sprach. Ich hört dein stim in dem paradise • vnd forscht mir do- rumb das ich nackent was: vnd verbarg mich. LB Und er sprach/ Ich hörete deine stimme in dem Garten/ vnd furchte mich/ Denn ich bin nacket/ darumb verstecket ich mich Gen 3,11 EDB Got der sprach zů im. Wer hat dir gezeiget daz du werst nackent: nuer daz du hast gegessen von dem holtz von dem ich dier verbot das du nicht essest? LB Vnd er sprach/ Wer hats dirs gesagt/ das du nacket bist: Hastu nicht ges- sen von dem Bawm/ da ich dir gebot/ Du soltest nicht da von essen 1 Randglossea ( Tag kühle war) Das war vmb den abend/ wenn die hitze vergan- gen ist. Bedeut/ das nach getanener Sünde/ das Gewissen angst leidet Bis das Gottesgnedige stim kome vnd wider küle vnd erquicke das hertze. Wie wol sich auch die blöde Natur entsetze vnd fleucht: dem Euaangelico/ weil es das cretz vnd sterben leret. 308 Gen 3,12 EDB: Vnd adam sprach. Das weip das du mir gabst zů einer gesellin• die gab mir von den holcze:vnd ich aß. LB: Da sprach Adam/ Das Weib/ das du mir zugesellet hast/gab mir von dem Bawm/ vnd ich ass Gen 3,13 EDB Vnd der herre got sprach zů dem weip. Worumb hastu das geton? Sy antwurt. Der schlang betrog mich• vnd ich aß. LB Da sprach gott der HERR zum weibe/ warumb hastu das getan? das Weib sprach/ Die Schlang betrog mich also/ das ich ass. Gen 3,14 EDB Vnd der herre got sprach zů dem schlangen. Das du hast getan dis ding• du bist verflůcht vnder allen seligen dingen• vnd vnter den tier der erd. du geist auf diner brust• vnd issest die erde alle die tage dines lebens. LB Da sprach Got der HERR zu der Schlangen/ Weil du solches gethan hast/ seistu verflucht fur allem Vie vnd fur allen Thieren auf dem Felde / Auff deinem Bauch solstu gehen/ vnd erden essen dein leben lang. Gen 3,15 EDB: Ich setze veintschaft zwisten dir vnd dem weib: vnd dinem samen vnd ierem samen. sy selb zerknitst dein houbt: vnd du wirst langen ir versen | LB: UND Ich wil Feindschafft setzen zwischen Dir vnd dem weibe/ vnd zwi- schen deinem Samen und jrem Samen c 2/ Der selb sol dir den Kopff zntretten/ Vnd Du wirst In in die Verschen stechen Gen 3,16 EDB Vnd zů dem weip sprach er. Ich manigueltig dein iamerigkeit• und dein entpfohunge. du gebierst dein sún in schmertzen•vnd du wirst vnder dem gewalt dez manes: vnd er selb wirt din herschen. LB VND zum Weibe sprach er/ Ich wil dir viel schmerzen schaffen wenn du schwanger wirst/ Du solst mit schmerzen Kinder geberen/ Vnd dein wille sol deinem Man vnterworffen sein. Vnd ER sol dein herr sein. 2 Randglosse c ( Der selb) Dis ist das erst Evangelium vnd Verheissung von Christo geschehen auff Erden/ das er solt/ Sünd/ Tod vnd helle vberwinden vnd vns von der Schlangengewalt selig machen. Davon Adam gleubet mit allen seinen Nachkomen/ Davon er Christen vnd selig worden ist von seinem Fall. 309 Gen 3,17 EDB Wann zů adam sprach er. Daz du hast gehört die stim dines weibs• vnd hast gegessen von dem holtz von dem ich dir verbot daz du nicht enesset• die erd ist verflůcht in dinem werk. Du issest von ir in arbeit• alle tag deines lebens LB VND zu Adam sprach er/ Dieweil du hast gehorchet der stimme deines weibes/ Vnd gessen von dem Bawm da ich dir gebot/ vnd sprach du solst nicht da von essen/ Verflucht sey der Acker vmb deinen willen/ mit kum- mer soltu dich drauff neeren dein Leben lang. Gen 3,18 EDB Sie gebirt dir dorn vnd tisteln• vnd du isset die kreuter der erde. LB Dorn vnd Distel sol er dir tragen /vnd solt das Kraut auff dem felde essen. Gen 3,19 EDB In dem schweis dines antlitz wirstu gefůret mit dinem brot• Vntz das du wider kerst zů der erde von der du bist entpfangen : wan du bist ein ge- stupp• vnd wirst wider kert in gestupp. LB Im schweis deines Angesichts soltu dein Brot essen/ Bis du wider zu Er- den werdest/ da von du genomen bist/ denn du bist Erden/ vnd solt zu Er- den werden. Gen 3,20 EDB Vnd adam rieff den namen sines weibs eua• darumb das sie waz ein můter aller lebendigen dinge. LB VND adam hies sein Weib Heua/ darumb/ das sie eine Mutter ist aller Lebendigen. Gen 3,21 EDB Vnd der here got macht adam vnd seiner hausfrouwen vellin röck . vnd vast sie  LB Vnd Gott der HERR machet Adam vnd seinem weibe Röcke von Fellen/ Vnd zog sie an. Gen 3,22 EDB vnd sprach• secht adam ist gemacht als einer von vns wissent das gůt vnd das vbel. Darumb nu secht daz er villicht icht lege sein hande• vnd nem ouch von dem holtze des lebens• vnd ess: vnd lebe ewiglichen. LB VND Gott der HERR sprach/ Sihe/ Adam ist worden als vnser einer/ vnd weis was gut vnd böse ist/ Nu aber/ das er nicht austreckes eine hand / vnd breche auch von dem Bawm des Lebens/ vnd esse vnd lebe ewiglich. 310 Gen 3,23 EDB Der herre got ließ in aus von dem paradise der wollust: das er worcht die erde von der er waz enpfangen• LB DA lies jn Gott der HERR aus dem garten Eden/ das er das Feld bawet/ davon er genomen ist/ Gen 3,24 EDB Vnd warff aus adam• vnd satzt fúr das paradise der wolust ein cherubin• vnd ein fewrin waffen vnd ein ein wandelbers: zů behieten den weck des holtzes des lebens. LB Vnd treib Adam aus/ vnd lagert fur den garten Eden den Cherubin mit einem blossen hawenden Schwert/ zu bewaren den weg zu dem Bawm des Lebens. Gen 4,1 EDB Wan adam der kant. sein hausfrawe: sy enpfing vnd gebar cayn sagent. Ich hab besessen einen menschen vmb gott. Vnd anderweid gebar sy abel sein bruder. LB VND Adam erkandte sein Weib Heua/Und sie ward schwanger /vnd gebar den Kain / Vnd sprach. Ich habe den f3 Man des HERRN. Vnd sie fur fort / vnd gebar Habel seinen bruder Weisheitsbücher Spr 1,6 EDB |Wann der herr gibt weisheit: vnd aus seim mund wissenheit vnd vernuft. LB DEnn der HERR gibt Weisheit/ vnd aus seinen Munde kompt erkennnis vnd verstand Spr 1,7 EDB Er behút die behaltsam der rechten: vnd beschirmte die do gend einual- tiglichen. LB Er lesst den Auffrichtigen gelingen/ vnd beschirmet die Fromen/ Spr 1,8 EDB: er behelt die steig der gerechtigkeit: vnd behut die wege der heiligen LB: und behütet die so recht thun/ vnd bewaret den weg seiner Heiligen. Spr 1,10 EDB Ob die weisheit get in dein hertz vnd die wissentheit gefelt deiner sele: 3 Die Randglosse f lautet: Ey Gott sei gelobt / da hab ich den HERRN den Man/ den Samen/ der dem Satan oder Schlangen den Kopff zu=tretten sol/ Der wirds tun. 311 LB Wo die Weisheit dir zu hertzen gehet/ das du gerne lernst. Spr 1,11 EDB |der rat behutte dich• vnd die fúrsehung behelt dich: LB So wird dich guter Rat bewaren/ vnd verstand wird dich behüten/ Spr 1,12 EDB daz du werdest derlöst von dem bößen weg vnd vor dem menschen der do redt die verkerten ding. LB Das du nicht gerates auff den weg der Bösen/ noch unter die verkekerten Schwetzer. Spr 1,15 EDB Der weg seint verkert• vnd ir geng seint verpannen. LB Welche jren weg verkeren/ Vnd folgen jrem abwege. Spr 1 ,16 EDB Das du werdest derlost von dem fremden weib vnd von der auswendigen die do macht linde ir wort: LB Das du nicht geratest an eines andern Weib/ vnd die nicht dein ist/ die glate wort gibt/ Spr 1,17 EDB: vnd hat gelaßen den laitter ir keusch• vnd hat vergessen des gelúbdes irs gotz. LB: Vnd verlesst den Herrn4 jrer Jugent/ vnd vergisset den Bund jres Gottes. Spr 1,18 EDB Wann ir haus ist geneigt zů dem tode: vnd ir geng zů der helle. LB Denn jr haus neiget sich zum tod/ vnd jre genge zu den verlorenen. Spr 1 ,19 EDB Alle die do ein gent zů ir die kerent nit wider: noch begreiffent den steig der gerechten. LB Alle die zu jr eingehn / komen nicht wider/vnd ergreiffen den weg des Lebens nicht. Spr 5,3 EDB Nit vernym dich an die trugheit dez weibs wann die lespen der gemein seint als ein drieffender saim • vnd ir kele ist senfter denn das ole. LB Denn die lippen der Huren sind süsse wie honigseim/ vnd ire Kele ist gel- ter denn öle 4 Randglosse: „ ( Herrn) Jren Ehemann / den sie jung genommen hat.“ 312 Spr 5,4 EDB Wann ir iungsten ding seint bitter als die wermůt: vnd ir zunge ist schneitig als das waffen scharff in ietwed enthalb. LB Aber hernach bitter wie Wermut/ vnd scharff wie ein zweischneitig Schwert. Spr 5,5 EDB: Ir fúß steigen ab zů dem dot: und ir geng durchbrechet zů der helle. LB Jre füsse lauffen zum Tode hinunter/ Jr genge erlangen die Hell. Spr 5,6 EDB Sy gend nit durch den steig des lebens: ir geng seint vppig vnd vnersuch- lich. LB Sie gehet nicht stracks auff dem wege des Lebens/ vnstete sind jre tritt/das sie nicht weis/ wo sie gehet. Spr 5,8 EDB Mach dein weg verr von ir: vnd genachen dich nit zů den dúrn irs hauses. LB Las deine wege ferne von jr sein/ vnd nahe nicht zur thüre jres Hauses Spr 5,18 EDB Dein eidsucht sy gesegegnet: vnd frew dich mit dem weib deiner iugent. LB Dein born sey gesegne/ Vnd frewe dich des Weibs deiner jugent./ Spr 5,19 EDB Die hinde ist die liebste: vnd das hindenkalb das edelst der genemest. Ir bruste die trencken dich in eim ieglicher zeit•vnd du wollustig dich emßig- lich in ir lieb. LB Sie ist lieblich wie eine aHinde5 vnd holdselig wie ein Rehe/ Las dich jre liebe allzeit settigen/ vnd ergetze dich alle wege in jrer liebe. Spr 6,20 EDB Mein sun behút die gebot deins vatters vnd la nit die ee deiner mutter LB Mein Kind /Beware die gebot deines Vaters/ vnd las nicht faren das ge- setze deiner Mutter 5 Randglosse: a (Hinde) Dass ist auff Sprichworts weise geredt/ also viel Bleibe bey deim Weib/ vnd halt dein Gut/ das du es nicht umbbringest mit Huren/ son- dern anderen da mit helffest. Denn kein lieblicher wesen auff Erden ist/ wo sich Man vnd Weib freundlich zusamen halten. 313 Spr 6,23 EDB Wann das gebot des herrn ist ein liechtuas vnd die ee ist ein liecht: vnd die kestigung der lere ist ein weg des lebens: LB Denn das gebot ist eine leuchte/ vnd das Gesetz ein licht/ vnd die straff der zucht ist ein weg des Lebens. Spr 6,24 EDB das sy ich behúten : vor dem bössen weib. vnd vor der liebkossenden zungen der auswendigen. LB Auff das du bewaret werdest fur dem bösen Weibe/ fur der glatten zungen der Frembden. Spr 6,25 EDB Dein hertz begitig nit ir schöne: das du icht werdest geuangen in irem blick. LB LAs dich jre schöne nicht gelüsten in deinem hertzen/ vnd verfahe dich nicht an jren Augenlieden. Spr 6,26 EDB wann der werd der gemeinen ist kaum eines brotes: wann daz weip fecht die edeln sele dez manns. LB Denn eine Hure bringt einen vmbs Brot6/ Aber ein Eheweib7 fehet das edle Leben. Spr 6,27 EDB Mag denn der man das feur verbergen in seiner schoße daz sein gewand nit brunnen: LB Kan auch jemand ein fewr im bosen behalten/ das seine Kleider nicht brennen: Spr 6,28 EDB: oder zegen auf die glůt• das sein versen nit werden verbrant? LB Wie solt jemand auff Kolen gehen/ das seine füsse nicht verbrand wür- den: Spr 6,28 EDB Also ist der der do ein get zů dem weip seins nechsten: ob er sy rúrt er wirt nit rein. LB Also gehets/ wer zu sein Nehesten weib gehet/ Es bleibt keiner vngestrafft der sie berüret. 6 Randglosse: (Hure) Wer sich mit huren neeret/ vnd mit Karren feret/ Dem ist vnglück beschertet. 7 Randglosse: Quia adulte rium est capitale. 314 Spr 7,4 EDB Sprich zů der weysheit du bist mein schwester: vnd die fúrsechung rúff dein freunden. LB Sprich zur Weisheit/ Du bist meine Schwester/ vnd nenne die Klugheit deine Freundin. Spr 7,5 EDB Das sy dich behúte vor dem auswendigen weib vnd vor der fremden die do macht súß ire wort. LB Das du behüt werdest fur dem frembden Weibe/ fur einer Andern die glatte wort gibt. Spr 7,6 EDB Wan ich schauwet durch die höler von den fenstern meins hauses: LB DEnn am fenster meins hauses/ kucket ich durchs gegitter Spr 7,7 EDB vnd ich sich die lutzeln. Vnd merk den torn iungling LB vnd ich sahe vnter den Albern/ Vnd ward gewar vnter den Kindern eins nerrischen Jünglings/ Spr 7,8 EDB der do vberget durch die gassen bei den winckeln: vnd get bey dem weg seins hauses: LB Der gieng auff der gassen an einer ecken/ vnd trat da her auff dem wege an jrem Hause/ Spr 7,9 EDB: in verborgen an dem abent des tages: in der vinster der nacht vnd in der dunckeln. LB: in der demmerung am abend des tages/ da es nacht ward vnd tunckel war/ Spr 7,10 EDB: Vnd sich daz weip begegent im in gemeiner weib gezierd vor bereit zefa- chen die selen. Eytel vnd uppig LB Vnd sihe/ da begegent jm ein Weib im Hurenschmuck/ listig/ wild/ Spr 7,11 EDB vngefridsam der růwe: noch enmag sitzen mit iren fússen in dem hause. LB vnd vnbendig /das jre füsse im jrem Hause nicht bleiben können Spr 7,12 EDB Nu ist sy als vssen in den gassen: nu lagt sy bey den winkeln./ LB Jtzt ist sie haussen/ jtzt auf der gassen/ vnd lauert an allen ecken. 315 Spr 7,13 EDB Vnd so sy begreifft ein iungling: sy kust in vnd liebkost mit vnschemigen antlitz sagent. LB Vnd erwisscht jn/ vnd küsset jn vnuerschampt/ vnd sprach zu jm Spr 7,14 EDB Ich scholt das oppfer vmb die behaltsam: vnd heut vergilt ich meine ge- lubde 8 LB Ich habe Danckoffer fur mich heute bezahlet für mein Gelübde/ Spr 7,15 EDB Dorumb bin ich aus gegangen dir engegen ich merckt dich zesehen: vnd hab dich funden. LB Darumb bin ich er ausgangen/ dir zu begegen/ dein angesicht früe zu suchen/ vnd hab dich funden. Spr 7,16 EDB Ich knupffte oder webte mein pett mit sailen. ich brait es mit gemalten tebten von egibt• LB Ich habe mein Bette schön geschmückt/ mit bundten Teppichen aus Egypten. Spr 7,17 EDB ich besteuwt mein schlaffkamer mit myrren vnd mit aloe vnd mit syna- mum. LB Ich habe mein Lager mit Myrren/Aloes/ vnd Cinnamen bespengt Spr 7,18 EDB Kum wir werden truncken in den prusten: vnd gewonen in der vmfachung der arme bys daz der tag entleuchte LB: Kom/ las vns gnug bulen/ bis an den morgen/vnd las vns der liebe pfle- gen. Spr 7,19 EDB Wan der man ist nit in seim hause: er ist gegangen ein verren weg. LB Denn der Man ist nicht da heime/ er ist einen fernen weg gezogen. Spr 7,20 EDB er hat genomen mit den sack des schatzes: an dem tag der vollen menyn kert er wider in sein haus. LB Er hat den Geldsack mit sich genomen/ Er wird erst auffs Fest wider heim komen. 8 Überlieferungen K-Oa: vmb daz heil 316 Spr 7,21 EDB sy bestrickt in mit manigen worten: vnd zů zeucht in mit dem liebkosen der lespen. LB Sie vberredet jn mit vielen worten/vnd gewan jn ein mit jrem glatten mun- de. Spr 7,22 EDB Zehant nachuolgt er ir als der ochs der do wirt gefurt zů der schlacht vnd als ein spilendes lamp: vnd der tor miskennt vnd wais nit das er wirt gezo- gen zů dem bande: LB Er folget jr balde nach/ wie ein Ochse zur fleischbank gefürt wird/ vnd wie zum fessel da man die narren züchtiget. Spr 7,23 EDB bys das geschutz durch get sein leber. Als ob der vogel eilt zû dem strick: vnd der weis das er tůt die verderbunge seiner sele. LB Bis sie jm mit den pfeil die Lebbern spaltet/ Wie ein Vogel zum strick eilet/ vnd weis nicht das jm das leben gilt. Spr 7,24 EDB Dorumb nu min sun höre mich: vnd vernym dich an den worten meins mundes. LB SO gehorchet mir nu/ meine Kinder/ vnd merket auff die rede meins mun- des Spr 7,25 EDB Dein hertze werd nit abgezogen in iren wegen. noch du enwerdest betro- gen in iren steigen. LB Las dein hertz nicht weichen auff jrem weg/ vnd las dich nicht verfüren auff jrem bahn. Spr 7,26 EDB Wann sy hat manig verwunten nider geworffen: vnd die stercksten v seint geuallen von ir LB Denn sie hat viel verwund vnd gefellet/vnd sind allerley Mechtigen von jr erwürget Spr 7,27 EDB Ir haus seind wege der helle: sy durch prechen die nidersten ding des todes. LB Ir Haus sind wege zur Helle/ da man hinunter feret in des Todes kamer Spr 9,1-12 beschreiben die Figur weysheit und ihre Einladung an die lutzeler, die sie mit ihrer Nahrung speist-Ab Vers 9,13 wird die Figur tumpweib mit einer Einladung gegenübergestellt. 317 Spr 9,13 EDB Das tumpweib vnd das růffent: vnd vol der vnzimlichen ding vnd mit all nichtz wissent• LB ES ist aber ein töricht/ wild Weib/ vol schmetzes vnd weis nichts. Spr 9,14 EDB die sitzt zwischen den turn irs hauses auf eim sessel•an der hochen stat der stat• LB Die sitzt in der thür jres Hauses auffm stuel/ oben in der Stad/ Spr 9,15 EDB das sy rieffe den vbergehenden den weg: vnd die do durch gend an irem weg LB zu laden alle die fur vber gehen/ vnd richtig auff jrem wege wandeln. Spr 9,16 EDB Wer ist ein lutzeler? Der neig sich zů mir Vnd sy red zů den torn. LB Wer ist Alber: Der mache sich hie her. Vnd zu den Narren spricht sie/ Spr 9,17 EDB Wann der ir wirt zů gefúgt der steigt ab zů der helle: vnd der sich schaid von der wirt behalten. Die verstoln wasser die seind sússer: vnd das ver- borgene brot ist senfter. LB Die Verstolen wasser sind süsse/ vnd das verborgene brot ist niedlich. Spr 9,18 EDB Vnd er miskant daz da seind die risen: vnd ir geselschaft in der tieffen der helle. LB Er weis aber nicht/ das daselbs Todten sind/ vnd jrer geste in der tieffen der Hellen. Spr 11,16 EDB Das genem weip vindt die wuniclich: vnd die kreftigen haben reichtum LB Ein holdselig Weib erhelt die Ehre Aber die Tyrannen9 erhalten den reichthum Spr 11,16 EDB Als ein guldin ring in dem grantz des sweins: also ist das weip schon und vppig. LB Ein schön Weib on zucht/ Ist wie ein Saw mit einem güldenen harband 9 Randglosse: „(Tyrannen) Ein from Weib erhelt bey ehren/obs gleich nicht reich ist. Tyrannen trachten nach Gut vnd achten keiner Ehren. 318 Spr 12,4 EDB Das weip daz do lieb hat ist ein krone irem mann : vnd die feul in den bainen der die do tregt die wirdigen ding in der schanden. LB Ein b vleissig10 Weib ist ein krone jres Mannes/ Aber ein cvnvleissige11/ ist ein Eiter in seinem gebeine. Spr 14,1 EDB Das weyse weip pauwet ir haus. und das vnweise verwust das gepauwen mit den henden. LB Durch weise Weiber wird das Haus erbawet/ Eine Nerrin aber zubrichts mit irem thun. Spr 18,22 EDB Der do vint ein gůt weip der vint das gůt: vnd schöpfft die freid vom herrn: Der do verdribt das gůt weip der verdribt das gůt: der do helt die eebre- cherin der ist tum vnd nicht weise. LB Wer ein Ehefrau findet/ der findet was guts/ Und kan aguter12 ding sein im HERRN Spr 19,13 EDB Der tum sůn ist ein ein schmertze des vatter: vnd die dache die do emßig- lich durch trieffen vnd das kriegisch weip. LB Ein nerrischer Sons seins Vaters hertzenleid/ Vnd ein zenckisch Weib ein stetiges trieffen. Spr 19,14 EDB Heuser vnd reichtum werdent gegeben von vatter vnd můter: wann aigen- lich vom herrrn ein witzigs weip. LB Haus vnd güter erben die Eltern/ Aber ein vernünfftig Weib kompt vom HERRN. Spr 21,9 EDB Besser ist zesitzen in dem winckel des lerers• Denn mit dem kriegischen weip in dem haus der wirtschaft. LB Es ist besser wohnen im winkel auff dem Dach/ Denn bey eim zencki- schem weibe im einem Hause beysamen. 10 Randglosse: b Heuslich. 11 Randglosse: c Vnheuslich/ Die sich sich nichts annimpt/ als were sie ein Gast im hause. 12 Randglosse a (Guter Ding) Wens gleich zu weilen gar vngleich zugehet/ so weis er doch/ das sein Ehestand Got gefellig ist/ als sein geschepff vnd ordnung/ vnd was er drinnen thut oder leidet/ heisst/ für Gott wol getan.vnd gelidden. 319 Spr 21,17 EDB den wein vnd die faisten ding der wirt nit gereicht. LB Wer gern in wollust lebt/wird mangeln/Vnd wer Wein vnd Ole liebet/ wird nit Reich. Spr 21,19 EDB Besser ist zeentwelen in dem wusten lande: denn mit dem kriegischen vnd dem zornigen weibe. LB Es ist besser wonen im wüsten Lande/ Denn bey eim zenckischen vnd zornigen Weibe. Spr 23,27 EDB Wann die gemain ist ein tieff grůbe: vnd die fremde ein enger brun. LB Denn die Hure ist eine tieffe grube/ Vnd die Ehebrecherin ist ein enge grube. Spr 23,28 EDB Sie lagt an dem weg als ein diep: vnd derslecht welch sy sicht vnsicher an dem weg. LB Auch lauret sie wie ein Rauber/ Vnd die Viechen vnter den Menschen samlet sie zu sich. Spr 27,15 EDB Die durch trieffende decher an dem tag der kelt•vnd das kriegische weip die werdent zesamen geleicht. LB Ein zenckisch Weib vnd stetigs trieffen wens seer regent / Werden wol mit einander vergleicht. Spr 27,16 EDB Der sy helt der ist als der do helt den windt vnd verwúst das öl seiner zeswen. LB Wer auff sie helt/ der helt den Wind/ Vnd wil das Ole mit der hand fassen. Spr 30,16 EDB Drew ding seint vnersetlich: vnd das vierd spricht nymer begnug. Die hell• vnd der munt dez purdleins• vnd die erde die do nit wirt gesatt mit was- ser• wann das feur spricht nymmer benug. LB Drey ding sind nicht zu settigen/ vnd das vierde spricht nicht/ Es ist ge- nug. Die Hell/ Der frawen verschlossen Mutter/ Dei Erde wird nicht was- sers satt/ Vnd das Fewr spricht nicht/ Es ist genug. Spr 30,18 EDB Drew ding seint mir vnseft: vnd daz vierd miskenn ich mit all LB Derey sind mir wünderlich/ vnd das Vierde weis ich nicht 320 Spr 30,19 EDB Den weg adlars in den luften• den weg des schlangen auf dem stain: den weg des schifs in der mitzt des meres: vnd den weg des manns in der iu- gent. LB des Adelers weg im Himel/ Der Schlangen weg auff eim Felsen/ Des Schiffes weg mitten im meer/ Vnd eins Mans weg an einer Magd Spr 30,20 EDB Als ist auch der weg des vnkeuschen weibs die do isst vnd trinckt: vnd wischt jren mund sagent ich habe nit gewerckt das vbel: LB Also ist auch der weg der Ehebrecherin / die verschlinget vnd wischet jr maul/ vnd spricht / Ich hab kein vbel gethan Spr 30,21 EDB durch drew ding wirt bewegt die erde vnd das vierd mag sy nit der leiden. LB Ejn Land wird durch dreierley vnrügig/ vnd das vierde mag es nicht ertra- gen. Spr 30,22 EDB durch den knecht so er wirt herschent• durch den torn so er wirt gesatt mit den essen: LB Ein Knecht wenn er König wird/ Ein Narr wenn er zu satt ist/ Spr 30,23 EDB durch das heslich weib das do wirt entpangen zü der ee: vnd vmb die diern so sy wirt ein erbe ir frauwen LB Eine Feindseligen/ wenn sie geehelicht wird/ Vnd eine Magt / wenn sie jrer Frauwen Erbe wird. Spr 31,3 EDB Nicht gib dein gůt den weiben vnd dein enthabung zevertilgen die kunig LB Las nicht den Weibern dein vermügen/ vnd gehe die wege nicht/ darin sich die Könige verderben Spr 31, 10-31 EDB ALEPH. Wer vint das starck weip? vnd des lon ist fer von den iungsten enden LB: Wem ein tugentsam Weib bescheret Ist / Die ist viel Edler13 denn die köst- lichen Perlen. 13 Randglosse: „(Edler) Nichts liebers ist auff Erden Denn Frawlieb/ wenns kan werden. 321 EDB BETH. Das hertz irs manns versach sich an sy: und sy bedarff nit der reu- be. LB Jrs Mans hetz thar sich auff sie verlassen / vnd an narung wird jm nicht mangeln/ EDB: GIMEL. Sy gibz i das gůt vnd nit das vbel: alle die tag irs lebens. LB Sie thut jm liebs vnd kein leids/ sein leben lang. EDB DELETH. Sy sůcht die woll und den flachß: und hat gewirkt mit dem rade ir hende. LB Sie gehet mit Wolle vnd Flachs vmb/ Vnd erbeitet gerne mit jren henden EDB HE. Sy ist gemacht als ein schiff des kauffmanns: tragent ir brot von fer LB Sie ist wie ein Kauffmans schiff/ Das seine Nahrung von ferne bringet. EDB: VAU. Vnd sy stund auf von der nacht •vnd teilte den raube14 iren in gesin- den: vnd die essen iren dirn LB: Sie stehet des nachsts auff/ vnd gibt Futter jrem Hause/ Vnd essen jrem Dirnen. EDB ZAI. Sy merckt den acker vnd kauffte in: vnd pflantzt den weingarten von dem wůcher ir hende. LB Sie denkt nach eim Acker/ vnd keufft jn/ Vnd pflantzt einen Weinberg von den früchten jren Hende. EDB: HETH. Sy begurt ire lancken mit stercke: vnd krefftigt iren arme. LB: Sie gürtet jre lenden fest/ vnd sterckt jre arme.15 EDB THETH. Sy bekart vnd sach das ir gescheffte was gůt: ir lichtuaß wirt nit verlecht in der nacht. LB Sie merckt wie jr Handel fromen16 bringet/ Jr Leuchte verlesscht des anachts17 nicht. EDB: IOTH. Sy legt ir hant zů den starken dingen. vnd ir finger begriffen ir spin- deln. LB Sie streckt jre Hand nach dem Rocken/ vnd jre Finger fassen die Spindel. EDB KAPH. Sy tet auf ir hand dem gebresten: vnd starkt ire dener zů dem ar- men. LB: Sie breitet jre Hende aus zu den Armen/ vnd reichet jre hand dem Dürffi- gen. 14 Ertrag von Acker-, Vieh-und Milchwirtschaft. DWb , Bd. 14, Sp. 217. 15 Randglosse: „Das ist/ Sie ist rüstig im Hause“ 16 Randglosse: „(Fromen) Verhütetschaden/ vñ siehet was fromet 17. Randglosse: aDes nachts) Jn der Not hat sie notdurfft. 322 EDB LAMETH. Sy furcht nit irs haus von der kelt des snees. wann alles ir in gesind sind ist gevasst mitzwifaltigen.  LB Sie fücht jres Hauses nicht fur dem schnee/ Denn jr gantzes Haus hat zwifache Kleider. EDB MEM. Sy macht ir ein gestraiffts gewant18:peise vnd purpur ist ir gefezzt. LB Sie macht jr selbs Decke/ Weisse seiden vnd purpur ist jr Kleid EDB NUN. Ir mann der ist edel in den torn: so er sitzt mit den altn der erde. LB JR Man ist berhümpt in den Thoren Wenn er sitzt bey den Eltesten des Landes EDB SAMECH. Sy macht ein sindal19 vnd verkauft in: vnd antwurt den gurtel dem chananeer. LB SJe macht ein Rock vnd verkeufft jn/ Einen Gürtel gibt sie dem Kremer. EDB Ayn. Sterck vnd gezierd ist ir gefeß: vnd sy wird lachen in dem iungsten, LB Jr Schmuck ist/ das sie reinlich vnd vleissig ist/ Vnd wird hernach lachen. EDB HE. Sy tet auf den mund der weisheit: vnd die ee der miltikeit ist ir zun- gen. LB Sie thut jren mund auff mit Weisheit/ Vnd auff jrer zungen ist holdselige Lere20 EDB SADE. Sy merckte die steig irs haus: vnd aß das brot nit mússiglich. LB Sie schawet/ wie es in jrem hause zu gehet/ vnd isset jr Brot nicht mit faulheit EDB COPH. Ir sún stunden auf vnd predigten sy die aller seligst: vnd ir mann der lobt sy LB Jre Söne komen auff vnd preisen sie selig/ Jr man lobt sie. EDB RES. Manig töchter samenten den die reichtum: du hast sy all vbersti- gen. LB Viel Töchter bringen Reichthum/ Du aber vbertrifft sie alle. EDB SYN. Die schön ist ein treglich gnad vnd ein vppich: das weip das do furcht got sy selb wirt gelobt.  LB Lieblich vnd schöne sein ist Nichts/ Ein Weib das den HERRN fücht/ sol man loben. 18 Lesarten sind auch ir kleyd. 19 Sindal istein leichter Seidenstoff, DWb.Bd.31, Sp.631 20 Randglosse: „ (Mund) Zeucht jr Kindlin vnd Gesind fein zu Gottes Wort. 323 EDB THAU. Gebt ir von dem wůcher ir hende: vnd ir werk die lobet sy vnter den toren. LB Sie wird gerümbt werden von den früchten jrer Hende/ Vnd jre werck wer- den sie loben in den Thoren.21 Pr 2,12 EDB Ich ging zu schawen die weisheit: vnd die irrtum vnd die torheite. Ich sprach: Was ist der mensch: das er múg folgen dem kunig seim schöpfer? LB DAwand ich mich zu sehen die Weisheit/ vnd Klugheit vnd Torheit/ denn der weis/ was der fur ein Mensch werden wird/ nach dem König/den sie schon bereit gemacht haben: Pr 2,13 EDB Vnd ich sach das die weisheit also groslich furging der torheit: als sich das liechte schaid von der vinster. LB Da sahe ich/ das die Weisheit die Torheit vbertraf/ wie das Liecht die Fin- sternis. Pr 2,26 EDB Dem gütten menschen hat got geben die weisheit in seiner beschaid• vnd die wissenheit: vnd die freude: LB Da sahe ich/ das die Weisheit die Torheit vbertraf/ wie das Liecht die Fin- sternis. Pr 2, 27 EDB wann dem sunder gab er die quelung vnd die vberflüsig sorg: das er zů lege vnd samen vnd antwort es dem der got gevelt. Wann ditz ist auch ein vppigkeit: vnd ein eytel sorg des hertzen. LB Aber dem Sünder gibt er vnglück/ das er samle vnd heuffe/ vnd doch dem geben werde / der Gott gefelt/ Darumb ist das auch eitel jamer. Pr 7,25 (Verzählung 25-30 nach der EDB) EDB Ich sprach. Ich werde gemacht weise : vnd sy schied sich ver von mir | vil mer denn sy wa. Vnd die höch tieffe: wer vint sy. LB Ich gedacht/ Ich wil weise sein/ Sie kam aber ferner von mir. Es ist ferne/ was wirds sein: Vnd ist seer tieffe/ wer wils finden 21 Randglosse für Vers 30 und 31: „Das ist/ eine fraw kan bey einem Manne ehr- lich vnd göttlich wonen/ vnd mit guten gewissen Hausfraw sein/ Sol aber dar- über vnd darneben Gott füchten/ gleuben vnd beten. 324 Pr 7,26 EDB ch vmbgieng alle ding in meim hertzen: das ich wist vnd merckt vnd sůcht die weisheit vnd die beschaidenheit: vnd das ich derkante die vnmiltikeit des torn vnd den irtum der vnweisen. LB ICH keret mein hertz zu erfaren vnd erforschen vnd suchen Weisheit vnd Kunst/ zu erfren/ der gottlosen Torheit/ vnd jrrthumb der Tollen. Pr 7,27 EDB Vnd ich fand ein weip bitterer denn der tod: die do ist ein strick der jeger: vnd ir hertz ist ein netze, Wann ir hend seint bande, Wann der got geuellt der fleucht sie: wann der do ist ein sùnder der wirt gefangen von ir. LB Vnd ich fand/ das ein solch weib/ welchs hertz netz22 vnd stick ist/ vnd jre hende bande sind/ bitterer sey als denn der Tod .Wer Gott gefelt der wird jr entrinnen/ Aber der Sünder wird durch sie gefangen. Pr 7,28 EDB Sich ditz habe ich funden sprach ecclesiastes • den ein vnd den andern: LB SChaw das habe ich funden/ spricht der Prediger/ Eins nach dem andern / Pr 7,29 EDB daz ich fund die redlichkeit| die do sůcht mein sele: vnd fant [sein nit]23 einen man von tausent:ein weib fant ich nit von allen. LB das ich Kunst erfünde. Vnd meine Seele sucht noch/ vnd hat nicht funden/ Vnter tausent habe ich einen Menschen funden/ Aber kein Weib24 vnter den allen funden. Pr 7,30 EDB Ditz fand ich allein: das got macht den menschen gerecht: vnd er selb ver mischt sich in vngeeten reden. Wer ist alsust das er ist weise. Vnd wer der kant die enpindung des wortz LB Alleine schaw das / Ich hab funden/ das Gott den Menschen hat auffrich- tig gemacht/ Aber sie suchen viel aKunste.25 Wer ist so weise: vnd wer kan das auslegen. 22 Randglosse: „(Netz) Denn Ehebruch verwirkt den Tod.“ 23 Überlieferungen: Z-Oa. 24 Randglosse: “(Kein Weib) Es gehöret zu kein weibischer/ wehmütiger Mensch/ sondern ein Mans mut/ der solch alles wogen/leiden vnd tragen kan/ wie es ge- ret. Aber die selben sind seltzam Denn wenn sie hören/ das es nicht in jrer macht stehet/werden sie vnwillig/vnd wöllen nichts thun. Thun sie aber vnd ge- ret nicht/ werden sie noch vnwilliger/ Es sind Weiber/vnd nicht menner.“ 25 Randglosse: „a (Kunste) Sie wöllens trefen/vnd meinen/ Es müsse wolgeraten.“ 325 Pr 9,9 EDB Zegebruchen in dem leben mit deim weib die du lieb hast: alle die tag der vnstettikeit deins lebens: vnd in deiner arbeit in der du arbeitetst vnter dem sunn. Was dings dein hant mag getůn das werk stetlich• wann nach daz werk nach die redlikeit• nach wissenheit nach weisheit werdent bei der hel do du hin eilst. LB Brauch des Lebens mit deinem Weibe/ das du lieb hast/ so lange du das eitel Leben hast/ das dir Gott dem teil im leben vnd deiner erbeit/ die du thust vnter der Sonnen. Alles was dir furhanden kompt zu thun/ das thu frisch/ denn in der Helle da du hin fehrest/ ist weder werk/ kunst/vernufft noch weisheit. Hl 1,6 EDB Zaig mir den der do lieb het mein sele. LB Sage mir an du/ den meine Seele liebet. Hl 3,1 EDB ICh sucht in durch die nacht an meinem bette den do lieb het mein sele. LB ICH sucht des nachts in meinem Bette/ den meine Seele liebet Hl 3,2 EDB ich sůcht den der do lieb het mein sele LB nd suchen/ den meine Seele liebet Hl 3,3 EDB Habt ir den nit gesehen den der do lieb het mein sele LB Habt jr nicht gesehen den meine Seele liebet Hl 3,4 EDB Ich fand den der do lieb het mein sele LB: / da fand ich den meine Seele liebet Wsh 3,11 EDB Wann der do verwirfft die weisheit vnd die lere der ist unselig• vnd ir zů versicht ist vppig• vnd ir arbeit on wucher• vnd ir werk seint vnentwelich. LB Denn wer die Weisheit vnd die rute veracht/ der ist vnselig/ Und jr Hoff- nung ist nichts/ vnd jr Erbeit ist vmb sonst/ vnd jr Thun ist kein nütze. Wsh 3,12 EDB Ire weib seint unsinnig: vnd ie sún sein die schalkhaftigen. LB Jre bWeiber26 sind Nerrin/ vnd jr Kinder boshafftig/ 26 Randglosse: „b (Weiber) Was hie bis zum ende des Capitel Von Weobern vnd 326 Wsh 7,2 EDB wann ich bin gebildet ein fleisch in dem leib der můtter: ich bin gereinigt in dem plůt in dem zeit x moned• von dem samen des menschen: der wol- lust des schlaffs der entsampt kumenden LB vnd bin ein Fleisch gebildet/ zehen mond lang im Blut/ zusamen gerun- nen/aus Mans samen durch lust/ im beyschlaffen. Wsh 7,17 EDB: Vnd wie das sy [die Weisheit] ist ein• sy vermag alle ding: vnd beleibet in ir sy dernewert alle ding: vnd sy vbertregt sich durch die geburt in die hei- ligen seln. Vnd sie schickt die freund gotz vnd die weissagen. LB Sie ist einig/ vnd thut doch alles/ Sie bleibt was das sie ist/ vnd ernewert doch alles. Vnd fur vnd fur gibt sie sich in die heiligen seelen/ vnd macht Gottes freunde vnd Propheten. Wsh 8, 2 EDB Dise het ich lieb vnd vnd versûcht sy von meiner iugent: vnd sucht sy mir zenemeb zû einer braut: vnd ich bin gemacht ein liebhaber irs pildes. LB Dje selbige hab ich geliebt/ vnd gesucht von meiner Jugent auff/ vnd ge- dacht mir sie zur Braut nemen/ Denn ich hab jre Schöne lieb gewonnen.27 Wsh 8,3 EDB Der do hat die gesellschaft gotz der wuniglicht ir edelkeit: wann auch der herr aller dinge het sy lieb LB sie ist herrlichst adels/ Denn jr wesen ist bey Gott/ vnd der HERR aller ding hat sie lieb. Wsh 8,4 EDB sy ist ein lererin der zuchte gotz: vnd ein derwelerin seiner werk LB Sie ist der heimlicher Rate im erkentnis Gottes/ vnd ein Angeber seinr Werk Wsh 8,5 EDB Vnd ob die reichtum werdent geaischt in dem leben: was ist reicher denn die weisheit die do werck alle ding? LB Jst Reichthum ein köstlich ding im Leben? Was ist reicher den die Weis- heit/ alles schafft? Kindern gered wird / sol man verstehen Propherich / das ist/von Landen vnd Leuten. Wie die Propheten Babylon/ Jerusalem/ Jstael/ eine Tochter/ oder Weib nennen/ vnd Hurerey/ Abgötterey/ Bette Kirchen vnd Altar. 27 Randglosse: „Weisheit“ 327 Wsh 8,6 EDB Wann ob der sin werckt: wer ist ein mehrer maister der ding e die do seint denn dise. LB Wer ist vnter allen ein künstlicher Meister/ denn sie? Wsh 8,7 EDB Vnd ob etlicher liebhat die gerechtigigkeit: der arbeit habent michel tugent. Wann sy lern die meßikeit vnd die witzikeit• vnd das recht vnd die kraft: in dem nichtz ist nutzer den leuten in dem leben. LB Hat aber jemand Gerechtigkeit lieb? Jr arbeit ist eitel tugend/ Denn sie leret zucht/ klugheit/ gerechtigkeit vnd sterke/28 welche das aller nützest sind im Menschen leben. Wsh 8,9 EDB Dorumb dise fursatzt ich mir zů zufuren ze gemeinsamen: [vnnd mit ir zeleben 29; zu wirtschaften ]30 jch wais daz sy gemeinsamt mit mir von den gůtten dingen: vnd sy wirt ein liebkosung des gedanken: vnd meiner verdriessung. LB ICH habs beschlossen/ mir sie zum Gespielen ze nemen/ denn ich weis/ das sie mir ein gutr Ratgeber sein wird/ vnd ein Tröster in sorgen vnd tra- wrigkeit. Wsh 8,10 EDB Vmb sie wirt ich haben die klarheit zů den scharen: vnd die ere bei den alten. LB Ein Jüngling hat durch die selbigen herrlichkeit bey dem volck/ vnd ehre bey den Alten. Wsh 8,13 EDB Dorumb vmb sy wird ich haben die vntötikeit: vnd ich las ewig ewig ge- denkung den do seint kunfftig nach mir. LB Ich werde ein vnsterblichen Namen durch sie bekommen/ vnd ein ewiges Gedechtnis bey meinen Nachkomen lassen. 28 Randglosse: „ (Stercke) Das ist/ manlich/ mütig/ getrost vnd freidig sein“ 29 Drucke Z- Oa 30 Handschrift W 328 Wsh 9,10 EDB Sende sy von deinen himmeln•vnd von dem gesse deiner michlich: das sy sei mit mir vnd arbeit mit mir: vnd daz ich wis waz do sei am enpfenck- lich bei dir. LB SEnde sie herab von deinen heiligen Himel/ vnd aus dem Thron deiner herrlichkeit/ Sende sie/ das sie bey mir sey/ vnd mit mir erbeite/ Das ich erkenne/ was dir wolgefalle.31 Eccl/ Sir 1,16 EDB: Die vorcht des herrn ist ein anuand der weysheit: vnd ist entsamt ge- schaffen mit den getrewn im leibe: vnd get mit den derwelten wyben: vnd wirt derkant mit den gerechten vnd den getrewen. LB Dje furcht des HERRN ist der weisheit anfang/ vnd ist im hertzen grund allein bey den Gleubigen / vnd wohnet allein bey den auserwelten Wei- bern/ Vnd man findet sie allein bey den Gerechten vnd Gleubigen Eccl/ Sir 7,21 EDB Nichten wölst dich schaiden von dem synnigen vnd dem gůten weyb das du hast gelost in der vorcht gotz: wann die gnad irr schame ist vber das gold. LB Scheide dich nicht von einer vernünfftigen vnd fromen Frawen/ denn sie ist edler weder kein Gold. Eccl/ Sir 7,28 EDB Ob daz weyp ist nach deiner sel nit verwirff sy: vnd glaub dich nit dem hassenden in allen deim hetzen. LB HAstu ein Weib/ das dir liebet/ so las dich nicht von jr wenden/ sie zu uer- stossen/ vnd vertrau der Feindseligen nicht.32 Eccl/ Sir 9,1 EDB Nichten haß das weyb der schoß: daz sie icht zaige vber dich die bösen schalkhaffigen ler. LB Ejuer nicht vber dein fromes Weib/ Denn solch hart auffsehen /bringt nichts guts. Eccl/ Sir 9,2 EDB: Nichten gib dem weyb den gewalt deiner sel: das sy icht gee in deiner krafft vnd du werdest geschemlicht. LB Las deinem Weibe nicht gewalt vber dich/ Das sie nicht dein Herr werde. 31 Randglosse: „On Gottes wort kan der Mensch nicht wissen/ was Gott gefelt/ Sondern feret vnd thut alles im zweifel/ vnd auffs vngewis.“ 32 Randglosse: „ (Feindseligen) das ist auff Jüdisch gered / da ein Eheweib das ander ausbeis. Aber bey vns heisses so viel/ als gleube nicht/ was dir furgebe- blewt wird/ wider dein weib von bösen meulern / die dir heucheln / vnd jr gram sind. 329 Eccl/ Sir 9,3 EDB Nichten schawe das vil redent weyb: daz du villeicht icht vallest in den strick. LB Fleuch die Bulerin / das du nicht in jre stricke fallest. Eccl/ Sir 9,4 EDB Nichten biß emsig mit der springerin nach erhör sy: dasdu vileicht icht verderbst in ir gleichsam. LB Gewene dich nicht zu der singerin/das sie dich nicht fahe mit jren reitzen. Eccl/ Sir 9,5 EDB Nichten schaw die meyd: das du villeicht icht werdest geergert in irr schö- ne. LB Sihe nicht nach den Megden/ das du nicht entzündest gegen sie. Eccl/ Sir 9,6 EDB Nichten gib dein sel den vnkeuchern mit all: das du nicht vileicht icht verliesset vnd dein sel vnd dein erbe. LB Henge dich nicht an die Huren/ das du nicht um das deine komest. Eccl/ Sir 9,8 EDB Abker dein antlútz von dem gezierten weyb: vnd nit umb sich das fremde bild. LB Wende dein angesicht von schönen Frawen/ vnd sihe nicht nach der ge- stalt anderer Weiber. Eccl/ Sir 9,9 EDB Vmb das bild des weybs seint mannig verdorben: LB Denn schöne Weiber haben manchen betöret/ Eccl/ Sir 9,10 EDB vnd von disen brint die geitikeit als das feur. Ein ieglich weyb die do ist ein gemeine vnkeuscherin: die wirt vertretten als das hobe an dem wege. LB vnd böse lust entbrennet dauon / wie ein fewr. Eccl/ Sir 9,11 EDB Manig die verwunderten sich vmb das bild des fremden weybs• sy sein gemacht versprochen: wann ir rede brint als das feur. LB: Keine Entsprechung 330 Eccl/ Sir 9,12 EDB Nichten sitz mit dem fremden weyb mit all: nach enneige dich mit ir vber den elenbogen| [Nichten sicz mitall bey dem fremden weybe noch růwe oder yß mit ir auf dem elenbogen ]33 LB Sitz nicht bey eins andern Weib/ Eccl/ Sir 9,13 EDB vnd nit schilt oder krieg mit ir zů dem wein daz sich vileicht dein hertz icht naig zů ir: vnd du velst von deim blůt in verleuse. LB vnd hertze dich nicht mit jr/ vnd prasse nicht mit jr/ das dein hertze nicht an sie gerate/ vnd deine sinn nicht betöret werden. Eccl/ Sir 10,22 EDB Die hochfart ist nit geschaffen dem menschen: noch der zorn dem ge- schlecht der weib LB Das die Leute hoffertig vnd grimmig sind/ das ist von Gott nicht geschaf- fen. Eccl/ Sir 10,23 EDB Der same der menschen wirt geert der do furcht den herrn. wann der sa- me wirt gevnert der do vber get die gebot gots. LB Der mensch ist nicht böse geschaffen / Sondern welher Gott fürchtet der wird mit ehren bestehen. Welcher aber Gottes Gebot vbertritt/ der wird zu schanden. Eccl/ Sir 17,1 EDB: Gott der besch°ff den menschen von der erde: vnd macht in nach seim bilde. LB: Gott hat den Menschen geschaffen /aus der Erden/ Eccl/ Sir 17, 2 EDB Vnd aber kert er in sy: vnd vasst in mit tugent nach im selb. Vnd gab im die zal der tage vnd der zeyt LB vnd macht jn wider zur Erden vnd bestimpt jenen die zeit jres Lebens, Vnd schuff sie beide, ein jgliches zu seiner Art34/ vnd macht sie nach seinem Bilde 33 Drucke K- Oa 34 (Art) Menlin vnd Frewlin 331 Eccl/ Sir 17,4 EDB Er satzt sein vorchte vber alles fleisch: vnd er herscht die tier vnd vogel. LB Er gab ijenen das alles Fleisch sie fürchten musten / vnd sie herrschen sollten vber Thier vnd Vogel Eccl/ Sir 17,5 EDB er beschůff von im ein hillfen im gleich: vnd gab im ein hertz zudencken den rate .., LB Keine weibliche Entsprechung Eccl/ Sir 23,6 EDB Nyme ab von mir die geitikeit des bauchs: vnd die begerungen der vnkeusch begreifft mich nit: vnd nit antwurt mich der tobigen sele vnd der vnweisen. LB Las micht nit in Schlemmen vnd Vnkeuscheit geraten/ vnd behüte mich fur vnuerschamptem Hertzen Eccl/ Sir 23,32 EDB Alsust ist auch ein ieglich weip die do lest iren man: vnd schickt das erbe von einer fremden ee LB also wirds auch gehen dem Weibe/ die jren Man verlesst// vnd einen Er- ben von einem andern krieget. Eccl/ Sir 23,33 EDB Wan zem ersten was sie vngelaubig in der ee des höchsten: zům ander mal ließ sie iren man: zům dritten mal vnkeucht sy in der eebrechung• vnd schickt ir sùn von eim anderen man. LB Erstlich/ ist sie dem gebot Gottes vngehorsam. Zum anderen / sündigt sie wider jren man. Zum dritten/ bringet sie durch jren Ehebruch/ kinder von einem andern Eccl/ Sir 23,34 EDB Dise wirt zů gefurt in die kirchen: vnd wird gesehen an iren sùnen. LB Diese wird man aus der Gemeinde werfen/vnd jrer Kinder müssen jr ent- gelten. Eccl/ Sir 23,35 EDB Ir sún antwurtent nit die wurtzeln. ir esste gebent nit den wůcher LB Jre kinder werden nicht wurzeln/ vnd jrer zweige werden nicht Frucht bringern. Eccl/ Sir 23,36 EDB: Sy lassent ir gedenkung in dem flůch: vnd ir laster wirt nit vertilgt. LB Sie lesst ein verflucht Gedechtnis hinder sich/ vnd jre schande wird nimer mehr vertilget. 332 Eccl/ Sir 25,1 EDB In dreyen dingen was geuelich mein geist: die do seint bewert vor gott vnd vor den leuten. LB DRey schöne ding sind / die beide Gott vnd den Menschen wolgefallen Eccl/ Sir 25,2 EDB Die gehellung der brúder: vnd die lieb der nechsten: vnd der man vnd daz weyp die in selb entzampt wol gehellent, LB Wenn Brüder eins sind/ vnd die nachbar sich liebhaben/vnd Man vnd Weib sich miteinander wol begehen. Eccl/ Sir 25,11 EDB: Er ist selig der do entwelt mit dem synigen weyp. LB Wohl dem/ der ein vernüftig Weib hat Eccl/ Sir 25,1735 EDB Ein ieglich wunde ist ein trurikeit des hertzen: Vnd alles vbel ist die schalkheit des weybs. LB Es ist keine wehe so groß /als hertzenleid.(Vers 18) Eccl/ Sir 25,18 EDB Vnd sy sicht ein iegliche plag vnd nit die plage des hertzen: LB Keine Entsprechung Eccl/ Sir 25,19 EDB wann ein iegliche schalkheit vnd nit die schalkheit des weybs: LB Es ist keine list vber Frawen list.36 Eccl/ Sir 25,20 EDB vnd ein ieglich betriegung vnd nit die betriegung des hassenden: LB Es ist kein lauren/ vber Neidharts lauren Eccl/ Sir 25,21 EDB vnd ein ieglich rach vnd nit die rach der Feind. LB Es ist kein Rachgir/ vber der Feinde rachgir. 35 Die Verszählung ab 17-36 nach der EDB . 36 Randglosse: „ Frawen list/ zorn. 333 Eccl/ Sir 25,22 EDB Es ist nit schackhafftigeres haubte vber daz haubt des schlangen:|:vnd es ist nit zorn vber den zorn des weybs. LB Es ist kein kopf so listig/ als der Schlangen kopff. Vnd kein zorn so bitter / als der Frawen zorn. Eccl/ Sir 25,23 EDB Es gefellt mer zeentwelen mit dem lewn vnd mit dem dracken denn mit dem vngengen weyb LB ich wolt lieber bey lewn vnd trachen wonen/ denn bey einem bösen weibe. Eccl/ Sir 25,24 EDB Die schalkheit des weybs verwandelt ire gestalt: vnd verkert ir antlútz als der bere: vnd sy zaigt sich als ein sack in mitzt ir nechsten. LB Wenn sie böse wird/so verstellet sie jr geberde/ vnd wird so scheuslich/ wie ein sack. Eccl/ Sir 25,25 EDB Ir man der seuftzet: vnd sy hort es vnd seuftzt ein lútzel. LB Jr man mus sich jr schemen/ Vnd wenn mans jm furwirft/ so thuts jm im hertzten weh. Eccl/ Sir 25,26 EDB: Alles vbel ist kurtz vber das vbel des weibs: das los der súnder vellt auf sy. LB Alle bosheit ist geringe/ gegen der weiber bosheit/ es geschehe jr/ was den Gottlosen geschicht. Eccl/ Sir 25,27 EDB Als der aufeigent sant an den fússen des alten: also ist das kriegisch weyp mit dem gůten menschen. LB Ejn wesschaftig weib ist einem stillen man/ wie ein sandiger weg hinauf/ einem alten man. Eccl/ Sir 25,28 EDB nichten schawe an das bilde des weybs: vnd nit begeitig das weyb an dem bild. LB Las dich nicht betriegen/ das sie schöne ist/ vndd geger jr nicht darumb. Eccl/ Sirach 25,29 EDB Des weybs zorn• vnd vnersamkeit ist ein michel laster LB Keine Entspechung 334 Eccl/ Sir 25,30 EDB Wann ob das weyp behellt die erstigkeit• sy ist widerwurtig irem man. LB WEnn das weib den Man reich macht/ Soist da eitel hadder/ verachtung vnd grosse schmach. Eccl/ Sir 25,31 EDB Ein demůtigs hertze• vnd ein traurigers antlútz vnd ein wunde des dottes: ist daz schalckhafftig weyp. LB Ein böse weib/ macht ein betrübt hertz/ traurig angesicht/ vnd das hertz- teleid. Eccl/ Sir 25,32 EDB Als die krancken hende vnd die enpunden knye: also ist das weyp die do nit gesegnet iren man. LB Ejn weib da der Man keine freude hat/ die macht jn verdrossen zu allen dingen. Eccl/ Sir 25,33 EDB Von dem weyp ist gemacht der aneuanck der súnde: vnd durch sie ster- ben wir alle. LB Dje Sünde kompt her von einem Weibe/ vnd vmb jrere willen müsen wir alle sterben.37 Eccl/ Sir 25,34 EDB Nicht gib deim wasser den ausganck noch ein lutzel: noch dem schalk- haften weyb die genad vmb die ausgeung38 LB wie man dem wasser nicht raum lassen sol/ Also sol man dem weibe sei- nen willen nicht lassen. Eccl/ Sir 25,35 EDB: Ob sy nit get zů deiner hant: sy schemlicht dich in der bescheud der fein- de. Schneit sy ab von deinem fleischen: daz sie dich icht nútze zeallen zeyten. LB Wil sie dir nicht zur hand gehn/ scheide dich von yr.39 37 Randglosse: “Gen. 3.“ 38 Die Drucke Z-Oa schreiben „ fúrzegeen“ 39 Randglosse:„(Scheide) Das ist nach dem gesetz Mosi gesagt“. 335 Eccl/ Sir 26,1 EDB Selig ist der man des gûten weybs: wann die zall ie jar ist zwifaltig. LB Wol dem/ der ein tugendsam Weib hat/ Des lebet er noch einest so lan- ge.40 Eccl/ Sir 26,2 EDB DAs starck weyp wollustigt iren man: vnd derfullt die jar seins leben in fride LB Ein heuslich Weib ist jrem Manne eine freude/ Vnd macht jm ein fein rügig Leben. Eccl/ Sir 26,3 EDB Das gůt weyb ist ein gůter tail: in dem gůten tail der die gott furchtent wirt gegeben dem man vmb sein gûte werke. LB EJN tugendsam Weib/ ist eine edle gabe/ vnd wird dem gegeben der gott füchtet/ Eccl/ Sir 26,4 EDB Wann das gůt hertz des reichen vnd des armen ist frölich in eim ieglichen zeyt irs antlútz. LB Er sey Reich oder Arm /so ists jm ein trost/vnd macht jn allzeit frölich. Eccl/ Sir 26,8 EDB Das vngetrew weyb ist wee vnd schmertz dez hertzen LB Das ist aber das hertzeleid/ Wenn ein Weib wider das ander einert/ vnd schendt sie bey jedermann. Eccl/ Sir 26,9 EDB: In den vngetrew weyb ist die geisel der zungen: sy gemainsampt sich in allen dingen. LB: Keine Entsprechung - Eccl/ Sir 26,10 EDB Als das ioch der ochsen das do wirt bewegt: also ist auch das vngeng weyb: wer sy hellt• der ist also begreift ein scorpion. LB: Wenn einer ein böse Weib hat/ so ist das eben/ als ein vngleich par Och- sen41/ die neben ander ziehen sollen .Wer sie krieget/ der krieget ein Scorpion. 40 Randglosse: „Tugend sam weib. 41 Randglosse: „ ( Vngleich) Die werden selten reich.“ „ Böse weib“ 336 Eccl/ Sir 26, 11 EDB Daz truncken weyb ist ein micheler zorne: vnd ein lasster vnd ir entzeu- berkeit wirt nit bedeckt. LB EJN truncken weib ist eine grosse Plage/ Denn sie kan jre schande nicht decken Eccl/ Sir 26,12 EDB die vnkeusch des weybs ist ein erhebung ir augen: vnd sy wird derkant in iren prawen. LB EJn hürisch Weib/ kennet man bey jrem vnzüchtigen Gesicht/ vnd an jren Augen. Eccl/ Sir 26,13 EDB Festen die hůt an die tochter die sich nit abkert• so sy wirt funden daz sy sich icht vbe in dem vall. LB Ist deine Tochter nicht schamhafftig / So halt sie hart/ Auff das sie nicht jren mutwillen treibe/ wenn sy so frey ist Eccl/ Sir 26,14 EDB Behùt dein augen vor aller vnzimlichkeit: vnd ob sy dich begreifft daz du icht nachoulst. LB Wenn du merckest/ das sie [die Tochter] frech vmb sich sihet/ so sihe wol darauff/ Wo nicht/ vnd sie thut darüber wider dich/ So las dich auch nicht wundern Eccl/ Sir 26,15 EDB Als der dúrstig weg fertig thůt auf den mund zů den brunen• vnd trinckt von eim ieglichen nachenden wasser: vnd sitzt gegen eim ieglichen pfal: vnd thût auf den kocher gegen eim ieglicen geschoß bis daz er zerbrist LB Wie ein Fussgenger/ der durstig ist/ lechtzet sie/ vnd trinckt das nehest wasser/das sie krieget/ vnd setzet sich /wo sie einen Stock findet/ vnd nimpt an/ was jr werden kan. Eccl/ Sir 26,16 EDB Die emssig gnad des weyp die wollustig emssiglich irem man: vnd der- faisstet sein bain. LB Ein feundlich weib erfreuet jren Man/ Eccl/ Sir 26,17 EDB In ir lere ist der gib gotz LB Vnd wenn sie vernünfftig mit jm vmgehet/erfrisscht sie sein hertz. 337 Eccl/ Sir 26,18 EDB Daz synig weyp und daz schweigent: ist nit verwandlung der gelerten sele. LB EJn Weib das schweigen kan/ das ist eine gabe Gottes/ Ein wolgezoge- nes weib ist nicht zubezalen. Eccl/ Sir 26,19 EDB Das heilig weyp und das enthebig: ist eine gnad vber genad. LB ES ist nichts liebers auff erden/ denn ein züchtig Weib/ Eccl/ Sir 26,20 EDB: Vnd alle die gewicht ist nicht wirdig der enthebigen sele. LB Vnd ist nichts köstlichers / denn ein keusches Weib. Eccl/ Sir 26,21 EDB Als der sunn wirt geborn in der welt• in den höchen gotz: also ist dir ge- stalte des gůten weybs in ein gezierd irs haus. LB Wje die Sonne /wenn sie auffgegangenist/ in dem hohen Himmel des HERRN ein zierde ist/ Also ist ein tugendsam Weib eine zierde in jrem Hause. Eccl/ Sir 26,22 EDB Als ein liechtenz liechtuas auf eim heylg kertzstal: also ist die gestalt des antlútz vber das stete alter LB Ejn schön Weib/ das from bleibt/ Ist wie die helle Lampe auff dem heiligen Leuchter Eccl/ Sir 26,23 EDB Als die guldein pfeiler auf die silberein gruntfesten: vnd also seint die fúß veste: vber die versen des stetten weybs. LB Ejn Weib / das ein bestendig gemüt hat/ Ist wie gülden Seulen auff den silbern Stülen.42 Eccl/ Sir 26,24 EDB Als die ewigen gruntfesten auf ein vesten stein: vnd also seint die gebot gotz in dem herzen des heyligen weybs. LB Keine Entsprechung 42 Randglosse: „Er redet vom Leuchter vnd Seulen in der Hütten Mosi.“ 338 Eccl/ Sir 28,19 EDB Die drit zung hat ausgeworffen die gesworn weib: vnd hat sie beraubt ir arbeit. LB Ein böse Maul/ verstösset redliche Weiber43/ vnd beraubt sie alles/ das jnen sauer worden ist/ Eccl/ Sir 28,20 EDB Der sy schaut hat nit růe: noch enhat ein freund in dem er růe. LB Wer jm gehorcht/ der hat nimer ruge/ vnd kan nirgend mit frieden bleiben. Eccl/ Sir 36 ist bei Luther in Sirach XXXVII: Eccl/ Sir 36,23 EDB: Das weip enfecht ein iegichen menlichen: vnd die tochter ist besser denn der sun. LB DJe Mütter haben alle söne lieb/ Vnd geret doch zu weilen eine Tochter bas/ denn der son. Eccl/ Sir 36,24 EDB Die gestalt des weibs derfrewt das antlútz irs mans: vnd zůfúrt die bege- rung vber ein ieglich geitigkeit des menschen. LB Ejn schön Fraw erfrewt jren Man/ Vnd ein Man hat nichts liebers. Eccl/ Sir 36, 5 EDB: Ob sy ist ein zung der gesuntheit sy ist auch der sentung vnd der erbemd: ir man ist nit nach den sún der menschen. LB Wo sie dazu freundlich vnd from ist/ So findet man des mans gleichen nicht. Eccl/ Sir 36,26 EDB Der do besitz daz gůt weip der fecht an die besitzung: sy ist ein hilff nach im: vnd ein seúle als die růe. LB Wer ein Hausfrawen hat/ der bringet sein Gut in rat/ Vnd er hat ein trewen Gehülffen/ vnd ein e Seule/ der er sich trosten kan. Eccl/ Sir 36,27 EDB Do nit ist ein zaune do wirt zerrút die besetzung: vnd do nit ist daz weip do derseúftzt der gebrestig | LB WO kein Zaun ist/ wird das Gut verwüstet/ Vnd wo kein Hausfraw ist/ da gehets dem hauswirt/ als gieng er in der irre. 43 Randglosse: „(Weiber) Nach Mose Gesetz/ da der Scheidebrieff galt/ wird manch weib on schild / verstossen gewest sein/ durch solche bösen Meuler.“ 339 Eccl/ Sir 36,28 EDB Wem gelaubt der der nit hat das neste? vnd allenthalben do er sich neigt do derdunckelt er: als ein begúrter diep springent von der stat in die stat LB Wje man nicht vertrawt einem Strassenreuber/ der von einer Stad in die ander schleicht/ Also trawt man auch nicht einem Man der kein Nest hat/vnd enkeren mus/ wo er sich verspattet. Eccl/ Sir 40,19 EDB Sùnlein die bawung der stat sterkt den namen: vnd vber dies wise wirt auch geacht daz weip vnfleckhaftig. LB Kinder zeugen vnd Stad bessern/ machet ein ewig gedechtnis/ Aber ein ehrliches Weib/ mehr denn die alle beide Bei Luther sind die Verse 19 und 23 in Sirach 41 enthalten. Eccl/ Sir 40,23 EDB Der freud vnd der gesell kument zůsamen in dem zeyt: vnd vber ietwe- dern ist daz weyb mit dem man LB EJn Freunde kompt zum andern in der not/ Aber Man vnd Weib viel mehr. Eccl/ Sir 41,21 EDB Schamt eúch vor dem vatter vnd vor der můtter von der gemeinen vnkeusch• vnd vor dem richter vnd vor dem gewaltigen von der lüge: LB ES scheme sich Vater vnd Mutter der Hurerey. Ein Früst vnd Herr/ der lügen. Eccl/ Sir 41,25 EDB [Schamt eúch] vnd vor dem grússenden vor der schweigung: vor dem angesicht des vnkeuschen weibs• vnd von der abkerunge des antlútz des nefen. LB vnd nicht danckest / wenn mann dich grüsset. scheme dich / nach Huren zusehen/ vnd dein angesicht von deinen Blutsfreunden zu wenden. Eccl/ Sir 42,27 EDB: Nit schawe das weip des fremden mans: vnd nit forsch sein diern: noch entstee zů irem bet. LB: [Scheme dich] vnd eines anderen Weib zubegeren. Scheme dich/ eines andern Magd zubegern/ vnd vmb jr bette zustehen. Eccl/ Sir 42,12 EDB Nit enwölst dich vernemen eim ierglichen menschen an das bilde: vnd zeentwelen in mitzt der weib. LB Sje dich nicht vmb nach schönen Menschen/ vnd sey nicht so gern vmb die Weiber. 340 Eccl/ Sir 42,13 EDB Wann von den gewanden fúrget die milb. vnd von dem weib die vnganck- heit des mans. LB Denn gleich wie aus den Kleidern Motten komen/ also kompt von Weibern viel böses. Eccl/ Sir 42,14 EDB Besser ist die vngangackheit des mans den das wolthůnd weip: vnd das weip schemlicht in den itwiß• LB Es ist sicherer bey einem bösen Man zu sein/ denn bey eim freundlichen Weibe/ die jn zu hohn vnd spot macht. 341 6 Quellen- und Literaturverzeichnis 6.1 Abkürzungsverzeichnis Am Amos [AT] 1. Ko 1. Korinther (NT) 3. Kö 1 Das erste Buch der Chronik [AT] Deut Deuteronomium (5. Buch Mose) [AT] DRWb Deutsches Rechtswörterbuch, Wörterbuch der älteren deutschen Rechtssprache, Bd. 1-3 hg. von der Preußischen Akademie der Wis- senschaften, Bd. 4 hg. von der Deutschen Akademie der Wissen- schaften, Bd. 5-7 in Verbindung mit der Akademie der Wissenschaften der DDR, hg. v. der Heidelber-ger Akademie der Wissenschaften, Bd. 8-11 Weimar 1914-2003, unvollständig. D Daniel [AT] DU Der Deutschunterricht DWb Deutsches Wörterbuch, hg. von Jacob und Willhelm Grimm 33. Bde., Nachdruck der Erstausgabe 1864-1984, München 1991. Eccl Das Buch Ecclesiasticus (Sirach) [AT] EDB Die erste deutsche Bibel, 10 Bde., hg. von Kurrelmeyer, W., Tübingen 1904-1915 (= Bibliothek des litterarischen Vereins in Stuttgart, Nr. 234, 238, 243, 246, 249, 252, 254 , 258, 259, 266). EKL Evangelisches Kirchenlexikon, Internationale theologische Enzyklo- pädie, hg. von Fahlbuch, Erwin, 5 Bde. und Registerbd. 2 Göttingen 1986-1997. EvLThG Evangelisches Lexikon für Theologie und Gemeinde, hg. von Burk- hardt, Hellmut, 3 Bde. und Regi sterbd. Wuppertal/ Zürich 1992-1994. Exd Das Buch Exodus (2. Buch Mose) [AT] Gen Genesis (Das 1. Buch Mose) [AT] Hes Der Prophet Hesekiel, (Ezechiel) [AT] Hi Das Buch Hiob [AT] Hl Das Hohelied Salomons [AT] HRG Handwörterbuch der deutschen Rechtsgeschichte, hg. von Erler, Al- bert, 5 Bde., 1971-1998. HWDA Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, hg. von Bächthold- Stäubli, H., 10 Bde. Berlin/ Leipzig 1921-1942. HWbPh Historisches Wörterbuch der Philosophie, hg. von Ritter, Joachim: 11 Bde. (unvollständig), Basel/ Stuttgart 1971-2001. Jes Der Prophet Jesaja [AT] 342 Jo Joel [AT] Joh Das Evangelium nach Johannes [NT] Klg Klagelieder [AT] KfemB Kompendium feministische Bibelauslegung, hg von Schottroff, Luise/ Wacker, Marie-Theres, Gütersloh 1998 LB BIBLIA GERMANICA 1545, Biblia, Das ist: Die gantze Heilige Schrifft / Deudsch / Auffs new zugegricht. D. Mart. Luth. Begnadet mit Kur- fürstlicher zu Sachsen Freiheit. Gedruckt zu Wittemberg / durch Hans Luft, M D X L V, leicht verkleinerte Faksimileausgabe, 2Stuttgart 1983 LCI Lexikon der christlichen Ikonographie, hg. von Kirschbaum, Engelbert, 8 Bde., Freiburg i.Br. 1990. Lev Levitikus (3. Buch Mose) [AT] Lexer Lexer, Matthias: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, 3 Bde. Repro- grafischer Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1876, Stuttgart 1979. LexMA Lexikon des Mittelalters München hg. von Bautier, Robert-Henri, Zü- rich, 9 Bde. 1980-1998. Lk Das Evangelium nach Lukas [NT] LMk Lexikon der Marienkunde, hg. von Algemissen K, u.a., Regensburg 1957. LThK2 Lexikon für Theologie und Kirche, 10 Bde. u. Registerband, hg. von Kasper, Walter, 2Freiburg/ Basel/ Rom/ Wien 1957-1965. LThK3 Lexikon für Theologie und Kirche, 10 Bde. u. Regi-sterband, hg. von Kasper, Walter, 3Freiburg/ Basel/ Rom/ Wien 1993-2001. Ma Makkabäer [AT] Mk Das Evangelium nach Markus [NT] MM Marienmetapher Mt Das Evangelium nach Matthäus [NT] Nah Nahum [AT] Num Numeri (Das 4. Buch Mose) [AT] Off Die Offenbarung des Johannes) [NT] Pr Der Priger Salomo ( Kohelet) [AT] Ps Der Psalter [AT] RCA Reallexikon für Antike und Christentum, Sachwör-terbuch zur Ausein- andersetzung des Christentums mit der antiken Welt, hg. von Klauser, Theodor, 20 Bde., Stuttgart 1950-2004, RDL2 Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, hg. von Kohlschmidt, Werner/ Mohr, Wolfgang , 4, Bde., Berlin 1955-1988. 343 RGG Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Handwörterbuch für Theologie- und Religionswissenschaft, hg. von Freiherr von Cam- phausen u.a. 6 Bde und Registerbd. 3Tübingen 1957-1962. RLGA Reallexikon der Germanischen Altertumskunde hg. von Hoops, Jo- hannes, 2Berlin/ New York 17 Bde., unvollst. 1973-2001. RGG Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Hand-wörterbuch für Theologie und Geschichte, hg. von Galling, Kurt, 6 Bde., 3Tübingen 1957-1962. RUB Reclams Universialbibliothek. Sa Sacharja [AT] Spr Die Sprüche Salomo (Sprichwörter) ([AT] To Das Buch Tobias [AT] TRE Theologische Realenzyklobädie, hg. von Balz, Robert u.a. unvollst. 33 Bde. Berlin, New York 1977-2001. VISL Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Sprache und Literatur. WB WENZELSBIBEL: König Wenzels Prachthandschrift der deutschen Bibel, Nach dem Original in der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien Cod. 2759. Auf ein Drittel verkleinerte Ausgabe des Faksimiles der Akademischen Druck- und Verlagsanstalt Graz, Reihe Codices Selek- ti, Erläutert von Appuhn, Horst, Einführung: Kramer, Manfred, Dort- mund 1990. WFTh2 Wörterbuch der Feministischen Theologie, hg. von Gössmann, Elisabeth/ Kuhlmann, Helga/ Moltmann-Wendel, Elisabeth/ Präetorius, Ina/ Schottroff, Luise/ Schüngel-Straumann, Helen/ Strahm, Doris/ Wuckelt, Agnes, 2Gütersloh 2002. Wsh Die Weisheit Salomo (AT) ZDPh Zeitschrift für deutsche Philologie. ZfdA Zeitschrift für deutsches Altertum. 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Ohne ihre Geduld wäre die Arbeit sicherlich nicht in dieser Form zustande gekommen. Ich bin Frau Professor Dr. Helen Schüngel-Straumann dankbar für die Übernahme des Coreferates. Ihre Hinweise auf biblische Kon- struktionen erleichterten mir den Zugang zu den Bibeltexten erheb- lich. Vielmals danke ich meiner Familie. Mein Mann und meine Töchter Ylva und Katharina waren meine ‚Helfer’. Sie haben sich stets gedul- dig mein Gejammer angehört, meine Manuskripte in zahlreichen Fassungen kritisch gelesen und mir und meiner Arbeit viel Zeit ge- opfert. Darüber hinaus haben sie mich liebevoll unterstützt und nie einen Zweifel daran aufkommen lassen, dass die Arbeit eines Tages abgeschlossen vorliegen würde. Zugleich sage ich Dank meinen Freundinnen Katja und Annelisa für ihren Beistand und ihre Fragen. Meinem Freund Jürgen danke ich für die Bereitstellung seines Com- puters zur Formatierung der Arbeit. Herrn Bernd Kleinert danke ich ausdrücklich für die Formatierung.