Date
2004Author
Schrott, AngelaSubject
460 Spanish and Portuguese languages Romanische SprachenHistorische PragmatikHistorische SemantikGeschlechtergerechte SpracheHöflichkeitMetadata
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Teil eines Buches
Paarstrukturen des Typs moros e moras als pragmatisches Verfahren in altspanischen Texten
Abstract
In Hans-Jörg Neuschäfers Übersetzung des "Cantar de mio Cid" findet sich nach Ansicht des Rezensenten K[urt] B[aldinger] (1965: 602) ein „amüsantes Detail“ bei der Übersetzung von (V. 16b-17): "Exiénlo ver mugieres e varones, / burgeses e burgesas por las finiestras son." Neuschäfer übersetzt: „Aus den Häusern kamen, ihn zu sehen, Frauen und Männer; Bürgerinnen und Bürger sind an den Fenstern“. Die Umkehrung von burgeses e burgesas zu „Bürgerinnen und Bürger“ kommentiert der Rezensent mit der Frage „Warum so höflich?". Diese scheinbare Arabeske einer Übersetzungskritik enthält in nuce zentrale Fragestellungen, die Paarstrukturen des Typs „burgeses e burgesas“ oder „moros e moras“ als semantisches und pragmatisches Verfahren aufwerfen. So sind Doppelungen wie Bürgerinnen und Bürger heutigen Lesern des „Cantar de mio Cid“ aus modernen Texten geläufig, wo geschlechtsparitätische Formulierungen wie Studentinnen und Studenten durch explizite Nennung beider Geschlechter eine gleichberechtigte Präsenz von Frauen und Männern signalisieren sollen. Die in solchen Paarstrukturen ebenfalls wirksame Norm höflichen Verhaltens gegenüber Frauen („Ladies first“) bewog den Übersetzer wohl zu der Variante „Bürgerinnen und Bürger“. Die so mit der Paarstruktur verbundenen Konzepte von Höflichkeit und Gleichberechtigung sind jedoch historische Normen, deren Gültigkeit für frühere Kulturgemeinschaften keinesfalls vorausgesetzt werden darf. Sexusdifferenzierende Paarstrukturen des Typs „moros e moras“ können in mittelalterlichen Texten Funktionen erfüllen, die stark von der Alterität mittelalterlicher Traditionen und Lebensformen geprägt sind. In Annäherung an diese Traditionen soll daher durch linguistisch-philologische Textinterpretationen präzisiert werden, in welchen Kontexten und mit welcher pragmatischen Profilierung Paarstrukturen eingesetzt werden und inwiefern ihre rhetorischen Wirkungen nicht nur durch den situativen Kontext, sondern auch durch die kulturellen Traditionen der Texte bedingt sind. Am Beispiel von Paarstrukturen im „Cantar de mio Cid“ und in den „Milagros de Nuestra Señora Gonzalos de Berceo“ werden Paarstrukturen des Typs „moros e moras“ als ein semantisch-pragmatisches Verfahren analysiert, in dessen Strukturen, Funktionen und Traditionen grundlegende Fragestellungen der historischen Semantik und Pragmatik aufscheinen.
Citation
In: Lebsanft, Franz; Gleßgen, Martin-Dietrich (Hrsg.): Historische Semantik in den romanischen Sprachen. Max Niemeyer Verlag: Tübingen 2004, S. 181-192; doi:10.1515/9783110928341, eisbn:978-3-11-092834-1, isbn:978-3-484-30483-3Citation
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