Dissertation
Mechanische Materialeigenschaften von Polymerwerkstoffen am Beispiel Polyamid 6.6
Berichte des Instituts für Mechanik (Institut für Mechanik (IfM))
Mechanische Materialeigenschaften von Polymerwerkstoffen am Beispiel Polyamid 6.6
Experimentelle Untersuchungen, physikalische Modellbildung und numerische Parameteridentifikation
Zusammenfassung
Ziel dieser Arbeit ist die Identifikation der makroskopischen phänomenologischen mechanischen Materialeigenschaften des Polymerwerkstoffs Polyamid 6.6 bei Raumtemperatur und Raumfeuchtigkeit (ca. 23°C und 50% rel. Luftfeuchtigkeit). Dabei handelt es sich um einen kommerziell erworbenen teilkristallinen Thermoplast.
Identifikation von Materialeigenschaften bedeutet in diesem Fall, das gemessene Materialverhalten durch mathematische Modelle wiederzugeben. Zur Identifikation der Materialeigenschaften werden zunächst Versuche durchgeführt, aus denen die wesentlichen Eigenschaften des Materials interpretierbar sind. Dies entspricht einer Charakterisierung der Materialeigenschaften.
In einem zweiten Schritt werden mathematische Modelle (Materialgleichungen) konstruiert, die dazu geeignet sind, qualitativ die typischen Merkmale des Werkstoffverhaltens wiederzugeben. Die in den Materialgleichungen vorkommenden Parameter (Materialparameter) sind maßgebend für die untersuchten Materialeigenschaften.
Eine möglichst genaue Übereinstimmung der Materialgleichungen mit den Versuchsdaten entspricht der Lösung des inversen Problems (Parameteridentifikation), welches durch eine Optimierungsaufgabe bezüglich den Materialparametern berechnet wird. Dabei machen die ermittelten Werte der Materialparameter (Materialkennwerte) die Abweichung der Modellantwort von den Versuchsdaten im Sinne einer geeignet definierten Norm zu einem Minimum.
Im Kapitel 2 dieser Arbeit werden die gemessenen Materialantworten des Thermoplasts Polyamid 6.6 bei Raumtemperatur auf dehnungsgesteuerte Zug-/Druck-Belastungen ohne und mit Haltezeiten diskutiert. Hält man nach einem beliebig vorgegebenen Belastungsprozeß die geometrischen Randbedingungen einer Struktur zeitlich konstant (Haltezeit), so strebt der Spannungszustand in jedem Körperpunkt einem zeitlich konstanten Wert zu, der generell vom diesem Prozeß abhängt. Diese zeitlich konstante Spannung entspricht einem Gleichgewichtszustand im Material und wird als Gleichgewichtsspannung bezeichnet. Die Abweichung des gemessenen Spannungszustands von der Gleichgewichtsspannung wird Überspannung genannt. Diese Abweichung hängt im Allgemeinen von der Geschwindigkeit des Belastungsprozesses ab. Ein zeitlich konstanter Wert der Spannung konnte in Relaxationsversuchen während 5stündiger Haltezeiten nicht erreicht werden. Dies motiviert zwei grundsätzlich unterschiedliche physikalische Interpretationen der Relaxationabbruchpunkte und zwar, Interpretation a: Die nach 5 Stunden ermittelten Relaxationsabbruchpunkte entsprechen in erster Näherung den Gleichgewichtszuständen des Materials, und Interpretation b: Die Relaxationsabbruchpunkte entsprechen nicht Gleichgewichtspunkten des Materials.
Die mathematische Beschreibung des in Kapitel 2 experimentell ermittelten Materialverhaltens motiviert die in Kapitel 3 dargestellte Konstruktion zweier unterschiedlicher Materialmodelle. Im Rahmen der Interpretation a wird ein Modell der Viskoplastizität ohne Fließfläche dargestellt und auf der Grundlage der Interpretation b wird ein Modell der nichtlinearen Viskoelastizität konzipiert. Beide Modelle basieren auf der Zerlegung der Spannung in einem geschwindigkeitsunabhängigen Gleichgewichtsanteil und einen geschwindigkeitsabhängigen Überspannungsanteil. Die Überspannungsanteile beider Modelle sind identisch und entsprechen in ihrer physikalischen Bedeutung einem modifizierten rheologischen Modell mit Nicht-Newtonschen Dämpfern und einer Zwangsbedingung, die einen nichtmonotonen Spannungs-Dehnungs-Verlauf ermöglicht.
Zur Bestimmung der Materialparameter (Parameteridentifikation) wird ein auf der Evolutionsstrategie basierendes Optimierungsverfahrens verwendet. Auf der Grundlage der ermittelten Materialparameter werden für die bei der Identifikation herangezogenen Prozesse die Modellantworten berechnet. Diese geben im Zusammenhang mit der qualitativen und quantitativen Darstellung der Meßdaten Auskunft über den Erfolg der Parameteridentifikation. Der Vergleich der Ergebnisse der Modellantworten für Prozesse, die bei der Bestimmung der Materialparameter nicht verwendet wurden, mit deren Meßdaten gibt Hinweis auf die Vorhersagefähigkeit der Modelle. In Kapitel 4 werden auf der Basis der gerechneten Materialantworten, die zwei Modelle verglichen und bezüglich der Interpretation der Versuchsergebnisse diskutiert.
In Kapitel 5 wird auf weitere experimentelle Untersuchungen und verfeinerte mathematische Modellmöglichkeiten hingewiesen.
Identifikation von Materialeigenschaften bedeutet in diesem Fall, das gemessene Materialverhalten durch mathematische Modelle wiederzugeben. Zur Identifikation der Materialeigenschaften werden zunächst Versuche durchgeführt, aus denen die wesentlichen Eigenschaften des Materials interpretierbar sind. Dies entspricht einer Charakterisierung der Materialeigenschaften.
In einem zweiten Schritt werden mathematische Modelle (Materialgleichungen) konstruiert, die dazu geeignet sind, qualitativ die typischen Merkmale des Werkstoffverhaltens wiederzugeben. Die in den Materialgleichungen vorkommenden Parameter (Materialparameter) sind maßgebend für die untersuchten Materialeigenschaften.
Eine möglichst genaue Übereinstimmung der Materialgleichungen mit den Versuchsdaten entspricht der Lösung des inversen Problems (Parameteridentifikation), welches durch eine Optimierungsaufgabe bezüglich den Materialparametern berechnet wird. Dabei machen die ermittelten Werte der Materialparameter (Materialkennwerte) die Abweichung der Modellantwort von den Versuchsdaten im Sinne einer geeignet definierten Norm zu einem Minimum.
Im Kapitel 2 dieser Arbeit werden die gemessenen Materialantworten des Thermoplasts Polyamid 6.6 bei Raumtemperatur auf dehnungsgesteuerte Zug-/Druck-Belastungen ohne und mit Haltezeiten diskutiert. Hält man nach einem beliebig vorgegebenen Belastungsprozeß die geometrischen Randbedingungen einer Struktur zeitlich konstant (Haltezeit), so strebt der Spannungszustand in jedem Körperpunkt einem zeitlich konstanten Wert zu, der generell vom diesem Prozeß abhängt. Diese zeitlich konstante Spannung entspricht einem Gleichgewichtszustand im Material und wird als Gleichgewichtsspannung bezeichnet. Die Abweichung des gemessenen Spannungszustands von der Gleichgewichtsspannung wird Überspannung genannt. Diese Abweichung hängt im Allgemeinen von der Geschwindigkeit des Belastungsprozesses ab. Ein zeitlich konstanter Wert der Spannung konnte in Relaxationsversuchen während 5stündiger Haltezeiten nicht erreicht werden. Dies motiviert zwei grundsätzlich unterschiedliche physikalische Interpretationen der Relaxationabbruchpunkte und zwar, Interpretation a: Die nach 5 Stunden ermittelten Relaxationsabbruchpunkte entsprechen in erster Näherung den Gleichgewichtszuständen des Materials, und Interpretation b: Die Relaxationsabbruchpunkte entsprechen nicht Gleichgewichtspunkten des Materials.
Die mathematische Beschreibung des in Kapitel 2 experimentell ermittelten Materialverhaltens motiviert die in Kapitel 3 dargestellte Konstruktion zweier unterschiedlicher Materialmodelle. Im Rahmen der Interpretation a wird ein Modell der Viskoplastizität ohne Fließfläche dargestellt und auf der Grundlage der Interpretation b wird ein Modell der nichtlinearen Viskoelastizität konzipiert. Beide Modelle basieren auf der Zerlegung der Spannung in einem geschwindigkeitsunabhängigen Gleichgewichtsanteil und einen geschwindigkeitsabhängigen Überspannungsanteil. Die Überspannungsanteile beider Modelle sind identisch und entsprechen in ihrer physikalischen Bedeutung einem modifizierten rheologischen Modell mit Nicht-Newtonschen Dämpfern und einer Zwangsbedingung, die einen nichtmonotonen Spannungs-Dehnungs-Verlauf ermöglicht.
Zur Bestimmung der Materialparameter (Parameteridentifikation) wird ein auf der Evolutionsstrategie basierendes Optimierungsverfahrens verwendet. Auf der Grundlage der ermittelten Materialparameter werden für die bei der Identifikation herangezogenen Prozesse die Modellantworten berechnet. Diese geben im Zusammenhang mit der qualitativen und quantitativen Darstellung der Meßdaten Auskunft über den Erfolg der Parameteridentifikation. Der Vergleich der Ergebnisse der Modellantworten für Prozesse, die bei der Bestimmung der Materialparameter nicht verwendet wurden, mit deren Meßdaten gibt Hinweis auf die Vorhersagefähigkeit der Modelle. In Kapitel 4 werden auf der Basis der gerechneten Materialantworten, die zwei Modelle verglichen und bezüglich der Interpretation der Versuchsergebnisse diskutiert.
In Kapitel 5 wird auf weitere experimentelle Untersuchungen und verfeinerte mathematische Modellmöglichkeiten hingewiesen.
Förderhinweis
Graduiertenkolleg Material und Systemeigenschaften, DfGSammlung(en)
kup - kassel university press (Digitale Bibliotheksdienste)Berichte des Instituts für Mechanik (Institut für Mechanik (IfM))
Zitieren
@phdthesis{doi:10.17170/kobra-202003021035,
author={Hübscher, Federico},
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2020-03-09T10:42:01Z 2020-03-09T10:42:01Z 1997-02 doi:10.17170/kobra-202003021035 http://hdl.handle.net/123456789/11471 Graduiertenkolleg Material und Systemeigenschaften, DfG ger Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/ mechanische Materialeigenschaften makroskopisches phänomenologisches Materialverhalten Polymerwerkstoffe teilkristalliner Thermoplast Polyamide PA6.6 Materialparameter Messdaten physikalische Interpretation Viskoelastizität Viskoplastizität geschwindigkeitsunabhängigen Gleichgewichtsanteil geschwindigkeitsabhängigen Überspannungsanteile Identifikation modifizierte rheologische Modelle Thixotropie Mullins-Effekt Nicht-Newtonsche Dämpfer Zwangsbedingung nichtmonotoner Spannungs-Dehnungs-Verlauf nicht lineares Materialverhalten inverses Problem Parameteridentifikation Bestimmung der Materialkennwerte Optimierungsaufgabe Evolutionsstrategie numerische Ergebnisse Erfolg der Parameterbestimmung Vorhersagefähigkeit der Materialmodelle 620 Mechanische Materialeigenschaften von Polymerwerkstoffen am Beispiel Polyamid 6.6 Dissertation Ziel dieser Arbeit ist die Identifikation der makroskopischen phänomenologischen mechanischen Materialeigenschaften des Polymerwerkstoffs Polyamid 6.6 bei Raumtemperatur und Raumfeuchtigkeit (ca. 23°C und 50% rel. Luftfeuchtigkeit). Dabei handelt es sich um einen kommerziell erworbenen teilkristallinen Thermoplast. Identifikation von Materialeigenschaften bedeutet in diesem Fall, das gemessene Materialverhalten durch mathematische Modelle wiederzugeben. Zur Identifikation der Materialeigenschaften werden zunächst Versuche durchgeführt, aus denen die wesentlichen Eigenschaften des Materials interpretierbar sind. Dies entspricht einer Charakterisierung der Materialeigenschaften. In einem zweiten Schritt werden mathematische Modelle (Materialgleichungen) konstruiert, die dazu geeignet sind, qualitativ die typischen Merkmale des Werkstoffverhaltens wiederzugeben. Die in den Materialgleichungen vorkommenden Parameter (Materialparameter) sind maßgebend für die untersuchten Materialeigenschaften. Eine möglichst genaue Übereinstimmung der Materialgleichungen mit den Versuchsdaten entspricht der Lösung des inversen Problems (Parameteridentifikation), welches durch eine Optimierungsaufgabe bezüglich den Materialparametern berechnet wird. Dabei machen die ermittelten Werte der Materialparameter (Materialkennwerte) die Abweichung der Modellantwort von den Versuchsdaten im Sinne einer geeignet definierten Norm zu einem Minimum. Im Kapitel 2 dieser Arbeit werden die gemessenen Materialantworten des Thermoplasts Polyamid 6.6 bei Raumtemperatur auf dehnungsgesteuerte Zug-/Druck-Belastungen ohne und mit Haltezeiten diskutiert. Hält man nach einem beliebig vorgegebenen Belastungsprozeß die geometrischen Randbedingungen einer Struktur zeitlich konstant (Haltezeit), so strebt der Spannungszustand in jedem Körperpunkt einem zeitlich konstanten Wert zu, der generell vom diesem Prozeß abhängt. Diese zeitlich konstante Spannung entspricht einem Gleichgewichtszustand im Material und wird als Gleichgewichtsspannung bezeichnet. Die Abweichung des gemessenen Spannungszustands von der Gleichgewichtsspannung wird Überspannung genannt. Diese Abweichung hängt im Allgemeinen von der Geschwindigkeit des Belastungsprozesses ab. Ein zeitlich konstanter Wert der Spannung konnte in Relaxationsversuchen während 5stündiger Haltezeiten nicht erreicht werden. Dies motiviert zwei grundsätzlich unterschiedliche physikalische Interpretationen der Relaxationabbruchpunkte und zwar, Interpretation a: Die nach 5 Stunden ermittelten Relaxationsabbruchpunkte entsprechen in erster Näherung den Gleichgewichtszuständen des Materials, und Interpretation b: Die Relaxationsabbruchpunkte entsprechen nicht Gleichgewichtspunkten des Materials. Die mathematische Beschreibung des in Kapitel 2 experimentell ermittelten Materialverhaltens motiviert die in Kapitel 3 dargestellte Konstruktion zweier unterschiedlicher Materialmodelle. Im Rahmen der Interpretation a wird ein Modell der Viskoplastizität ohne Fließfläche dargestellt und auf der Grundlage der Interpretation b wird ein Modell der nichtlinearen Viskoelastizität konzipiert. Beide Modelle basieren auf der Zerlegung der Spannung in einem geschwindigkeitsunabhängigen Gleichgewichtsanteil und einen geschwindigkeitsabhängigen Überspannungsanteil. Die Überspannungsanteile beider Modelle sind identisch und entsprechen in ihrer physikalischen Bedeutung einem modifizierten rheologischen Modell mit Nicht-Newtonschen Dämpfern und einer Zwangsbedingung, die einen nichtmonotonen Spannungs-Dehnungs-Verlauf ermöglicht. Zur Bestimmung der Materialparameter (Parameteridentifikation) wird ein auf der Evolutionsstrategie basierendes Optimierungsverfahrens verwendet. Auf der Grundlage der ermittelten Materialparameter werden für die bei der Identifikation herangezogenen Prozesse die Modellantworten berechnet. Diese geben im Zusammenhang mit der qualitativen und quantitativen Darstellung der Meßdaten Auskunft über den Erfolg der Parameteridentifikation. Der Vergleich der Ergebnisse der Modellantworten für Prozesse, die bei der Bestimmung der Materialparameter nicht verwendet wurden, mit deren Meßdaten gibt Hinweis auf die Vorhersagefähigkeit der Modelle. In Kapitel 4 werden auf der Basis der gerechneten Materialantworten, die zwei Modelle verglichen und bezüglich der Interpretation der Versuchsergebnisse diskutiert. In Kapitel 5 wird auf weitere experimentelle Untersuchungen und verfeinerte mathematische Modellmöglichkeiten hingewiesen. open access Hübscher, Federico 1997-05-09 179 Seiten Berichte des Instituts für Mechanik ;; 1997,2 Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Maschinenbau Haupt, Peter (Prof. Dr.) Bledzki, Andrzej K. (Prof. Dr.) 3-88122-905-1 Polyamid 66 Mechanische Eigenschaft Experimentelle Untersuchungen, physikalische Modellbildung und numerische Parameteridentifikation publishedVersion Berichte des Instituts für Mechanik 1997,2 false
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