Studienarbeit
Praxisbezogene Umsetzung von Ansätzen rassismuskritischer Bildungsarbeit in (außer-)schulischen Lehr-/Lernarrangements: Eine fachdidaktische Analyse ausgewählter Bildungskonzepte
Abstract
Internationale Migrationsbewegungen und unterschiedliche Prozesse der globalen wirtschaftlichen und kulturellen Vernetzung führen dazu, dass sich die Zusammensetzung der Bevölkerung auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland kontinuierlich verändert (Gogolin et al. 2018: 11). Dabei ist die fluktuierende gesellschaftliche Realität kein neuzeitliches Phänomen, sondern ein Grundelement der Menschheitsgeschichte und spielt bereits zu Zeiten der Besiedelung von Territorien eine bedeutende Rolle (Berlinghoff 2018: o. S.). Jedoch bleibt die Anerkennung Deutschlands als eine Migrationsgesellschaft seitens der Politik bis zum Ende der 1990er Jahre aus (Leiprecht/Steinbach 2015: 7).
Folglich ist es nicht verwunderlich, dass eine Negativ- und Defizitperspektive bezüglich Migration in Deutschland weiter fortbesteht (Mecheril 2010a: 8). Aktuell äußert sich dies durch die Verschiebung der öffentlichen und politischen Debatte nach rechts sowie durch den Einzug der Partei Alternative für Deutschland in den Bundestag (Küpper/Becker 2018: 5). So wird ethnische und kulturelle Vielfalt in der Bevölkerung häufig assoziiert mit Armut und Kriminalität sowie mit den Zuschreibungen störend, fremd und bedrohend (Mecheril 2010a: 8). Demnach bestätigen deutsche Studien zur Rechtsextremismusforschung seit Ende der 1990er, dass rassistische Einstellungen oder die Verstrickung in rassistische Diskurse nicht nur an den extremen Rändern der Bevölkerung festzustellen sind, sondern ebenfalls in der gesellschaftlichen Mitte. Die Leipziger Autoritarismus-Studie 2018, einer der aktuellsten Studien aus der deutschen Rechtsextremismusforschung, bestätigt die weitverbreiteten ambivalenten Einstellungsmuster in der Gesellschaft (Decker et al. 2018: 67). In Gegenüberüberstellung untersucht die Studie Einstellungen zu Gleichheits- und Pluralitätsnormen. Zwar werden den Aussagen, dass alle Menschen in der Gesellschaft die gleichen Rechte und Möglichkeiten zustehen, mit einer eindeutigen Mehrheit zugestimmt, jedoch fordern im gleichen Zuge mehrheitlich die Befragten, dass manche Gruppen in ihren Rechten beschränkt werden sollen (ebd.: 99).
Die Autoren der Studie interpretieren den Widerspruch insofern, dass sich die Forderungen für gleichberechtigte Freiheitsrechte nur auf die Angehörigen der „eigenen“ Gruppe beziehen und diese als Privileg der Eigengruppe beansprucht werden. Im Gegensatz dazu werden diese Freiheitsrechte den Angehörigen „anderer“ Gruppen vorenthalten (ebd.: 106 f.). Ebenso gelten nicht nur viele Diskurse und Wissensbestände, sondern auch Praxen oder Regelungen bzw. Verfahrensweisen von Institutionen in Deutschland als unbedenklich, obwohl diese alltäglichen Situationen Menschen benachteiligen und diskriminieren (Melter 2017a: 591). 2
In diesem Kontext besitzt Schule die Aufgabe bzw. den Auftrag eine Anerkennung gegenwärtiger Gesellschaften als Migrationsgesellschaften zu fördern, um die Schüler*innen angemessen auf die komplexen Verhältnisse in der gesellschaftlichen Realität vorzubereiten (Leiprecht/Steinbach 2015: 9). Eine Umsetzung dieser Haltung impliziert eine kritische Auseinandersetzung mit den oben beschriebenen gesellschaftlichen Phänomenen in der aktuellen Zeit und im historischen Kontext.
Folglich ist es nicht verwunderlich, dass eine Negativ- und Defizitperspektive bezüglich Migration in Deutschland weiter fortbesteht (Mecheril 2010a: 8). Aktuell äußert sich dies durch die Verschiebung der öffentlichen und politischen Debatte nach rechts sowie durch den Einzug der Partei Alternative für Deutschland in den Bundestag (Küpper/Becker 2018: 5). So wird ethnische und kulturelle Vielfalt in der Bevölkerung häufig assoziiert mit Armut und Kriminalität sowie mit den Zuschreibungen störend, fremd und bedrohend (Mecheril 2010a: 8). Demnach bestätigen deutsche Studien zur Rechtsextremismusforschung seit Ende der 1990er, dass rassistische Einstellungen oder die Verstrickung in rassistische Diskurse nicht nur an den extremen Rändern der Bevölkerung festzustellen sind, sondern ebenfalls in der gesellschaftlichen Mitte. Die Leipziger Autoritarismus-Studie 2018, einer der aktuellsten Studien aus der deutschen Rechtsextremismusforschung, bestätigt die weitverbreiteten ambivalenten Einstellungsmuster in der Gesellschaft (Decker et al. 2018: 67). In Gegenüberüberstellung untersucht die Studie Einstellungen zu Gleichheits- und Pluralitätsnormen. Zwar werden den Aussagen, dass alle Menschen in der Gesellschaft die gleichen Rechte und Möglichkeiten zustehen, mit einer eindeutigen Mehrheit zugestimmt, jedoch fordern im gleichen Zuge mehrheitlich die Befragten, dass manche Gruppen in ihren Rechten beschränkt werden sollen (ebd.: 99).
Die Autoren der Studie interpretieren den Widerspruch insofern, dass sich die Forderungen für gleichberechtigte Freiheitsrechte nur auf die Angehörigen der „eigenen“ Gruppe beziehen und diese als Privileg der Eigengruppe beansprucht werden. Im Gegensatz dazu werden diese Freiheitsrechte den Angehörigen „anderer“ Gruppen vorenthalten (ebd.: 106 f.). Ebenso gelten nicht nur viele Diskurse und Wissensbestände, sondern auch Praxen oder Regelungen bzw. Verfahrensweisen von Institutionen in Deutschland als unbedenklich, obwohl diese alltäglichen Situationen Menschen benachteiligen und diskriminieren (Melter 2017a: 591). 2
In diesem Kontext besitzt Schule die Aufgabe bzw. den Auftrag eine Anerkennung gegenwärtiger Gesellschaften als Migrationsgesellschaften zu fördern, um die Schüler*innen angemessen auf die komplexen Verhältnisse in der gesellschaftlichen Realität vorzubereiten (Leiprecht/Steinbach 2015: 9). Eine Umsetzung dieser Haltung impliziert eine kritische Auseinandersetzung mit den oben beschriebenen gesellschaftlichen Phänomenen in der aktuellen Zeit und im historischen Kontext.
Citation
@misc{doi:10.17170/kobra-202002191010,
author={Riemann, Kristina},
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2020-03-13T14:40:57Z 2020-03-13T14:40:57Z 2019-03 doi:10.17170/kobra-202002191010 http://hdl.handle.net/123456789/11480 ger Urheberrechtlich geschützt https://rightsstatements.org/page/InC/1.0/ Rassismuskritische Bildungsarbeit Antirassistische Bildungsarbeit GMF-Konzept Anti-Bias-Ansatz Critical Whiteness Diskriminierung 370 Praxisbezogene Umsetzung von Ansätzen rassismuskritischer Bildungsarbeit in (außer-)schulischen Lehr-/Lernarrangements: Eine fachdidaktische Analyse ausgewählter Bildungskonzepte Studienarbeit Internationale Migrationsbewegungen und unterschiedliche Prozesse der globalen wirtschaftlichen und kulturellen Vernetzung führen dazu, dass sich die Zusammensetzung der Bevölkerung auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland kontinuierlich verändert (Gogolin et al. 2018: 11). Dabei ist die fluktuierende gesellschaftliche Realität kein neuzeitliches Phänomen, sondern ein Grundelement der Menschheitsgeschichte und spielt bereits zu Zeiten der Besiedelung von Territorien eine bedeutende Rolle (Berlinghoff 2018: o. S.). Jedoch bleibt die Anerkennung Deutschlands als eine Migrationsgesellschaft seitens der Politik bis zum Ende der 1990er Jahre aus (Leiprecht/Steinbach 2015: 7). Folglich ist es nicht verwunderlich, dass eine Negativ- und Defizitperspektive bezüglich Migration in Deutschland weiter fortbesteht (Mecheril 2010a: 8). Aktuell äußert sich dies durch die Verschiebung der öffentlichen und politischen Debatte nach rechts sowie durch den Einzug der Partei Alternative für Deutschland in den Bundestag (Küpper/Becker 2018: 5). So wird ethnische und kulturelle Vielfalt in der Bevölkerung häufig assoziiert mit Armut und Kriminalität sowie mit den Zuschreibungen störend, fremd und bedrohend (Mecheril 2010a: 8). Demnach bestätigen deutsche Studien zur Rechtsextremismusforschung seit Ende der 1990er, dass rassistische Einstellungen oder die Verstrickung in rassistische Diskurse nicht nur an den extremen Rändern der Bevölkerung festzustellen sind, sondern ebenfalls in der gesellschaftlichen Mitte. Die Leipziger Autoritarismus-Studie 2018, einer der aktuellsten Studien aus der deutschen Rechtsextremismusforschung, bestätigt die weitverbreiteten ambivalenten Einstellungsmuster in der Gesellschaft (Decker et al. 2018: 67). In Gegenüberüberstellung untersucht die Studie Einstellungen zu Gleichheits- und Pluralitätsnormen. Zwar werden den Aussagen, dass alle Menschen in der Gesellschaft die gleichen Rechte und Möglichkeiten zustehen, mit einer eindeutigen Mehrheit zugestimmt, jedoch fordern im gleichen Zuge mehrheitlich die Befragten, dass manche Gruppen in ihren Rechten beschränkt werden sollen (ebd.: 99). Die Autoren der Studie interpretieren den Widerspruch insofern, dass sich die Forderungen für gleichberechtigte Freiheitsrechte nur auf die Angehörigen der „eigenen“ Gruppe beziehen und diese als Privileg der Eigengruppe beansprucht werden. Im Gegensatz dazu werden diese Freiheitsrechte den Angehörigen „anderer“ Gruppen vorenthalten (ebd.: 106 f.). Ebenso gelten nicht nur viele Diskurse und Wissensbestände, sondern auch Praxen oder Regelungen bzw. Verfahrensweisen von Institutionen in Deutschland als unbedenklich, obwohl diese alltäglichen Situationen Menschen benachteiligen und diskriminieren (Melter 2017a: 591). 2 In diesem Kontext besitzt Schule die Aufgabe bzw. den Auftrag eine Anerkennung gegenwärtiger Gesellschaften als Migrationsgesellschaften zu fördern, um die Schüler*innen angemessen auf die komplexen Verhältnisse in der gesellschaftlichen Realität vorzubereiten (Leiprecht/Steinbach 2015: 9). Eine Umsetzung dieser Haltung impliziert eine kritische Auseinandersetzung mit den oben beschriebenen gesellschaftlichen Phänomenen in der aktuellen Zeit und im historischen Kontext. open access Riemann, Kristina I, 134 Seiten Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften Eis, Andreas (Prof. Dr.) Diskriminierung Rassismus Bildungsarbeit publishedVersion false
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