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Wie wird die „Wilde Weide“ nicht zum Wald?

Auswirkungen von extensiver Ganzjahresbeweidung und Pflegemanagement auf Pionierbaumarten in der Oranienbaumer Heide vor dem Hintergrund des Klimawandels

Das Ziel dieser Dissertation war es, die Auswirkungen einer Beweidung mit Rindern und Pferden auf initiale Sukzessionsprozesse in einem Heidegebiet zu untersuchen. Der Arbeit liegen folgende übergeordnete Fragestellungen zugrunde: 1. Wie wirkt sich die Beweidung auf die Etablierung von typischen Baumarten einer Heidelandschaft aus? 2. Welche Rolle spielt die Intensität der Beweidung dabei? 3. Inwiefern wird die Etablierung der Bäume durch die zunehmende Niederschlagsreduktion im Zuge des Klimawandels beeinflusst? 4. Wie effizient ist das Nachpflegemanagement an wiederaustreibenden Bäumen? Die Untersuchungen fanden größtenteils auf der DBU-Naturerbefläche Oranienbaumer Heide, einem in Sachsen-Anhalt gelegenen ehemaligen Truppenübungsplatz, statt. Dort wurde seit 2008 auf ca. 800 ha eine extensive Ganzjahresweide mit Heckrindern und Konikpferden eingerichtet, um die naturschutzfachlich bedeutsamen Mosaike aus Heiden, Sandrasen und Birken-Kiefernwäldern zu erhalten. Die dort vorherrschenden Pionierbaumarten Sandbirke, Waldkiefer und Zitterpappel beeinflussen maßgeblich die strukturelle Entwicklung des Gebietes. Daher ist es entscheidend die Sukzessionsprozesse und den Einfluss der Beweidung auf diese Prozesse einschätzen zu können, um die gebietsbezogenen Entwicklungsziele zu erreichen. Auf Übersichts- und Dauerbeobachtungsflächen wurde für drei verschiedene Lebensräume (Heide, Sandrasen und Pionierwald) untersucht, wie sich Verbiss und Tritt auf die Etablierung junger Bäume auswirken. In einem Freilandexperiment wurden die Auswirkungen unterschiedlicher Beweidungsintensitäten auf das Überleben und Wachstum von Birken- und Kiefernkeimlingen getestet. Als zusätzlicher Faktor wurde in einem Gewächshausexperiment der Effekt verschiedenere Niederschlagsvarianten auf junge Birken und Kiefern untersucht. Bezüglich des Pflegemanagements in der Oranienbaumer Heide, wurde bei gefällten Sandbirken das Regenerationsvermögen infolge einer unterschiedlichen Nachpflege erfasst, um die Effizienz der Nachpflege zu prüfen und Verbesserungsvorschläge herauszuarbeiten. Die Untersuchungen auf den Übersichtsflächen ergaben, dass die Zitterpappel das größte Potential aufweist, die progressive Sukzession in der Oranienbaumer Heide voranzutreiben. Die Sandbirke trägt eher in den etwas feuchteren Bereichen der Basenreichen Sandrasen zur Verbuschung bei, wohingegen die Waldkiefer sich gut auf den trockenen Heideflächen etablieren kann. Auf den Dauerbeobachtungsflächen zeigte sich, dass der Verbiss durch die Weidetiere auf Sandbirke und Waldkiefer nur einen geringen Einfluss hat. Die Zitterpappel wurde dagegen so stark durch die Weidetiere verbissen, dass ihr Wachstum größtenteils stark eingeschränkt war. Im Freilandexperiment kam es durch die Sommertrockenheit zu einer starken Beeinträchtigung der Baumkeimlinge. Trotzdem ergaben die Untersuchungen, dass die Größe der durch Beweidung entstehenden Offenbodenstellen die Keimung und anfängliche Etablierung von Birke und Kiefer stark beeinflusst. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die aktuelle extensive Beweidung das Überleben und die anfängliche Etablierung der Birke und Kiefer eher begünstigt als Brache oder eine sehr intensive Beweidung, die größere Offenbodenstellung und mehr Störung verursacht. Die Gewächshausexperimente zeigten, dass die Sandbirke in ihrer anfänglichen Etablierungsphase empfindlicher auf eine Reduktion der Sommerniederschläge reagiert als die Waldkiefer und dass sich Verbiss eher positiv auf die Trockenheitsresistenz der Birken auswirkt. Die Untersuchungen zum Regenerationsvermögen der gefällten Sandbirken zeigten, dass die Stärke des Wiederaustriebs maßgeblich vom Zeitpunkt der Nachpflege abhängt. Wurden die Stockausschläge nicht bereits in der ersten Vegetationsperiode nach dem Fällen abgeschnitten, so zeigten die Birken auch nach bis zu acht Jahren kontinuierlicher Nachpflege noch einen deutlichen Wiederaustrieb. Aufgrund der geringen Schmackhaftigkeit der Sandbirke und Waldkiefer, der Schaffung von günstigen Keim-bedingungen durch von den Weidetieren erzeugte Offenbodenstellen und der zu Anfang der Beweidung bereits weit vorangeschrittenen Gehölzsukzession in der Oranienbaumer Heide kann also davon ausgegangen werden, dass die derzeitige Beweidung nicht ausreicht, um die progressive Sukzession zu verhindern. Ganz ohne ergänzende Pflegemaßnahmen würde sich diese „Wilde Weide“ also langfristig zu einem Wald entwickeln. Allerdings werden die Sukzessionsprozesse durch die zunehmende Trockenheit voraussichtlich langsamer ablaufen. Durch ein geschicktes Weide- und in der Intensität nach und nach abnehmendes Entbuschungsmanagement, wie es in der Oranienbaumer Heide bereits erfolgreich praktiziert wird, kann solch ein Gebiet mit seinem hohen naturschutzfachlichen Wert jedoch durchaus langfristig erhalten werden.

Sponsor
Gefördert durch ein Promotionsstipendium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
Collections
@phdthesis{doi:10.17170/kobra-202105033800,
  author    ={Hopf, Anne},
  title    ={Wie wird die „Wilde Weide“ nicht zum Wald?},
  keywords ={500 and Beweidung and Extensivlandwirtschaft and Gehölze and Sukzession and Wildverbiss and Niederschlagsmenge and Klimaänderung and Baumpflege and Pionierbaumart and Heide},
  copyright  ={http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/},
  language ={de},
  school={Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Architektur, Stadtplanung, Landschaftsplanung},
  year   ={2020}
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