Die elektronischen Eigenschaften acyclischer Diaminocarbene und ihre Reaktivität gegenüber Kohlenstoffmonoxid
Die Dissertation befasst sich mit der Reaktivität von acyclischen Diaminocarbenen (ADCs; Verbindungen des Typs (R2N)2C:) und deren synthetischem Potential im Sinne einer Carbonylierung mit Kohlenstoffmonoxid (CO). Die Grundlagen zu diesem Vorhaben liegen in den Arbeiten von SIEMELING et. al. (Chem. Sci., 2010, 1, 697) und SCHULZ (Dissertation, Universität Kassel, 2014) und deren Beobachtung, dass ADCs in der Lage sind CO zu aktivieren. Im Einklang mit quantenchemischen Rechnungen durch SIEMELING und FRENKING (J. Am. Chem. Soc. 2011, 133, 3557) konnte belegt werden, dass eine erhöhte Ambiphilie von ADCs diesem Reaktionsvermögen zugrunde liegt. Im ersten Reaktionsschritt werden hierbei Diaminoketene gebildet, welche in Abhängigkeit vom sterischen Anspruch des Carbens zu betainischen Oxyallylspezies ([(R2N)2C]2CO) oder β-Lactamen weiterreagieren können. Ebenso konnte bereits die Inertheit zweier Vertreter gegenüber CO belegt werden. Ziel der Arbeit war die erstmalige umfassende Quantifizierung elektronischer Eigenschaften von ADCs. Darüber hinaus sollten neue ADCs mit hohem sterischen Anspruch synthetisiert werden, um so eine folgende Lactambildung im Zuge einer Carbonylierung zu befördern. Im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen war es möglich 13 neue Formamidiniumsalze zu isolieren und umfassend zu charakterisieren. Zwei von ihnen sind die ersten Vertreter der neuen Klasse ditopischer ADCs. Ein Nachweis des (mindestens) transienten Charakters von 11 neuen ADCs fand anhand der Synthese, Isolierung und Charakterisierung der korrespondierenden Selenoharnstoffe statt. Für einen Großteil der Carbene wurden im Zusammenhang mit ihrer Erzeugung auftretende Neben- und Zerfallsreaktionen untersucht. Dabei konnten zahlreiche Produkte dieser Reaktionspfade identifiziert werden, die ein Verständnis darüber geben, welche Strukturmotive einer geradlinigen ADC-Erzeugung abträglich sind. Darüber hinaus war eine NMR-spektroskopische Charakterisierung von 3 ADCs möglich, von denen sich eines durch eine bislang einzigartige Stabilität auszeichnet und Zersetzungserscheinungen erst bei deutlich erhöhten Temperaturen (> 45 °C) zeigt. Anhand der Selenoharnstoffe war eine belastbare Quantifizierung der Akzeptoreigenschaften von insgesamt 24 ADCs (11 neue und 13 literaturbekannte) möglich. Zusätzlich konnte durch die Messung der 1JCH-Kopplungskonstante für die N2CH-Gruppe entsprechender Formamidinium-Vorläuferverbindungen eine Methode zur Bestimmung der Nukleophile der Carbene erfolgreich angewendet werden. Die Daten der Untersuchungen belegen dabei einen hohen Einfluss der Sterik auf beide Eigenschaften und liefern gleichzeitig eine Erklärung für die Inertheit von 3 ADCs (1 neues und 2 literaturbekannte), welche ihren Grund in einer mangelnden Ambiphilie findet. Die erfolgreichen Carbonylierungen der neuen Carbene, förderten zwei Carbene zu Tage, welche selektiv zu entsprechenden β-Lactamen reagieren. Für ein weiteres Derivat konnte neben der Bildung eines β-Lactam auch die Bildung von γ-Lactamen (es entstehen Diasteromere) belegt werden. Diese Beobachtung ist bislang einzigartig und macht klar, dass das synthetische Potential von ADCs nach erfolgter Carbonylierung noch größer ist, als bislang angenommen.
@phdthesis{urn:nbn:de:hebis:34-2018073055917, author ={Wallbaum, Lars}, title ={Die elektronischen Eigenschaften acyclischer Diaminocarbene und ihre Reaktivität gegenüber Kohlenstoffmonoxid}, keywords ={540 and Carbene and Lactame and Diaminocarbene and Kohlenstoffmonoxid and Reaktivität}, copyright ={https://rightsstatements.org/page/InC/1.0/}, language ={de}, school={Kassel, Universität Kassel, Fachbereich Mathematik und Naturwissenschaften, Institut für Chemi, Fachgebiet Metallorganische Chemie}, year ={2018-07-30} }